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Demonstrationsprojekt Virtuelles Kraftwerk Neckar-Alb

Demonstrationsprojekt Virtuelles Kraftwerk Neckar-Alb

Forschungsbericht BWPLUS

Demonstrationsprojekt Virtuelles Neckar-Alb

von

F. Truckenmüller

Hochschule Reutlingen Reutlinger Energiezentrum (REZ)

Förderkennzeichen: BWSGD 15004 - 15012

Die Arbeiten des Baden-Württemberg-Programms Lebensgrundlage Umwelt und ihre Sicherung (BWPLUS) werden mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg gefördert

Oktober 2019 Kurzbeschreibung der Forschungsergebnisse

Im Rahmen des Demonstrationsprojektes Virtuelles Kraftwerk Neckar-Alb wurde an der Hochschule Reutlingen ein Virtuelles Kraftwerk aufgebaut. Das Ergebnis ist ein funktionsfähiges, Smart Grid-konformes Virtuelles Kraftwerk, das den Partnern die Möglichkeit bietet, Komponenten und Kompetenzen in einer komplexen Umgebung zu testen und zu vertiefen. Das Projekt bietet nun eine anbieterunabhängige Testumgebung für Kommunikation, Optimierung, Steuerung und Betrieb von Energieanlagen in Microgrids und Virtuellen Kraftwerken. Steuerbaren Anlagen auf dem Campus der Hochschule Reutlingen und Anlagen im realen Betrieb bei externen Teilnehmern wurden lokal als Microgrids verknüpft und an die zentrale Leitwarte des Virtuellen angebunden. Es läuft ein kontinuierliches Energie Monitoring der Anlagen und Prozesse, von der die Teilnehmer im Rahmen von Potentialanalysen für die Beteiligung an Virtuellen Kraftwerken mit ihrer bestehenden und zukünftigen Flexibilität profitieren. Die Potentialanalysen sind aufgrund von Verzögerungen bei der Datenaufnahme noch nicht abgeschlossen.

Die aufgebaute Infrastruktur wird weiterhin bei der Kooperationsforschung mit Forschungs- und Industriepartner aus der Branche eingesetzt. Sie soll stets auf dem aktuellen Stand der Technik bleiben und weiterhin den flexiblen Test- und Demonstrationseinsatz verschiedenster Produkte – technisch wie ökonomisch – erlauben, so dass diese eine zügige Optimierung, Verifizierung und Markteinführung erreichen können. Sowohl reguläre Studierende an der Hochschule Reutlingen als auch externe Besucher erhalten Zugang zu Informations-, Weiterbildungs- und Lehrveranstaltungen in denen sie aus erster Hand und im Live-Betrieb die neuesten Entwicklungen kennenlernen können.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 1|48 72762 Reutlingen Inhaltsverzeichnis

Kurzbeschreibung der Forschungsergebnisse ...... 1

Inhaltsverzeichnis ...... 2

Abbildungsverzeichnis ...... 4

1. Motivation des Projektes ...... 6

2. Aufgabenstellung ...... 7

3. Stand der Technik ...... 8

4. Planung und Ablauf ...... 9

5. Ergebnisse ...... 11

5.1 Leitwarte ...... 11

5.1.1. Leitsystem...... 11

5.1.2. Prognosemodul und Optimierungsmodul ...... 12

5.2 Kommunikation und Sicherheit ...... 14

5.3 Verbundsteuerungen ...... 14

5.4 Kontrollraum ...... 15

5.5 Anlagen im Microgrid 1 ...... 15

5.5.1 Thermische Komponenten ...... 15

5.5.2 Elektrischen Komponenten ...... 16

5.5.3 Ladesäulen ...... 17

5.6 Anlagen im Microgrid 2 ...... 18

5.7 Batterielektrischer Speicher ...... 21

5.8 Wetterstation und Raumtemperatur...... 22

5.9 Gebäude als Energiespeicher ...... 24

5.10 Digitaler Zwilling ...... 26

5.11 Externe Teilnehmer ...... 27

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 2|48 72762 Reutlingen 5.12 Exponat zum Virtuellen Kraftwerk Neckar-Alb ...... 28

5.12.1 Gestaltung des Exponats ...... 28

5.12.2 Desktop-Variante des Exponats ...... 30

5.13 Öffentlichkeitsarbeit ...... 31

6. Ausblick ...... 33

7. Publikationen und Links ...... 35

Anhang ...... 36

Erweiterte Bericht zum Abschnitt 5.7: Batterielektrischer Speicher ...... 36

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 3|48 72762 Reutlingen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1. Integrierte Microgrids auf der Oberfläche des AVAT-Leitsystems ...... 11

Abbildung 2. AVAT-Prognosesoftwaremodul: Raumtemperaturprognose ...... 12

Abbildung 3. AVAT-Optimierungsmodul: Flussdiagramm von Anlagen ...... 13

Abbildung 4. links: Schaltschrank mit dezentralen enisyst-Verbundsteuerungen. rechts: Webbrowser mit Anlagenübersicht des Microgrid 1 ...... 15

Abbildung 5. Thermische Komponenten des Microgrid 1 im Ausstellungsaum auf dem Campus der HS Reutlingen: Adsorptionskältemaschine, Wärmepufferspeicher und Blockheizkraftwerk ...... 16

Abbildung 6. Einspeiseleistung und Energieertrag der installierten Photovoltaikmodule auf den Gebäuden 3 und 4 der Hochschule Reutlingen ...... 17

Abbildung 7. Links: Besetzte Ladepunkte auf dem Campus der HS Reutlingen. Rechts: Durchschnittliche Ladeleistung der installierten Ladesäulen an Arbeitstagen im Wintersemester 2018 ...... 17

Abbildung 8. Gesamt-Energieverbräuche und Anzahl der Ladevorgänge ...... 18

Abbildung 9. Verteilung der gesamten Ladeleistung über die zugehörigen Betriebsstunden von Mai 2018 bis Mai 2019 ...... 18

Abbildung 10. Die thermischen Komponenten des Microgrid 2 auf dem Campus der HS Reutlingen: Oben: PVT-Kollektoren; Unten: Niedertemperatur-Heizkörper, Niedertemperatur-Pufferspeicher, Wärmepumpe mit Eisspeicher...... 19

Abbildung 11. Wärmepumpe COP-Verhalten bei verschiedenen Betriebsbedingungen .. 20

Abbildung 12. Wetterstation auf dem Dach von Gebäude 4...... 23

Abbildung 13. Raumtemperaturmessungen an einem Beispieltag ...... 23

Abbildung 14. Lastgang (blau) und Temperaturgang (rot) beim Anheiz-Vorgang und exemplarische Darstellung von Strategien („vorgezogen“ und „verzögert“), welche die Lastspitze im Netz vermeiden. (Abbildung von Prof. C. Kahlert, ebök Institut) ...... 25

Abbildung 15: Model des Digitalen Zwillings mit erstelltem Fahrplan für das BHKW. 26

Abbildung 16: Exponat zum Virtuellen Kraftwerk Neckar-Alb ...... 29

Abbildung 17. Desktop-Variante des Exponats ...... 30

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 4|48 72762 Reutlingen Abbildung 18. Rekonfigurierbarer Zellenstapel, der die vollständige Auslastung aller Zellenkapazitäten ermöglicht...... 37

Abbildung 19. Vergleich der nutzbaren Batteriekapazität eines festen und eines rekonfigurierbaren Batteriestapels mit 12 LiFePo4-Zellen. Es werden normalverteilte Batterien mit einer Kapazität von 100 Ah und δ= 3,3 Ah angenommen. Der Batteriestapel mit festen Anschlüssen gilt als erschöpft, wenn eine Zelle vollständig entladen ist. Der rekonfigurierbare Batteriestapel kann entladen werden, solange noch mindestens 6 von 12 Zellen Energie enthalten ...... 38

Abbildung 20. Überblick über ein rekonfigurierbares Batteriemodul ...... 39

Abbildung 21. Fotografie des implementierten RBM...... 39

Abbildung 22. Monte-Carlo-Simulationsergebnisse für ein System mit 12 Zellen, die den Einfluss der Zellkapazität mit Standardabweichung zeigt und den Strom für die nutzbare Kapazität...... 41

Abbildung 23. Nutzbare Kapazität in Abhängigkeit von der Anzahl der Zellen, die umgangen werden können. Insgesamt elf Batterien wurden mit 10 A konstantem Strom entladen. 42

Abbildung 24. Spannungsabfall über den Transistoren für verschiedene Zellenverbindungen. Der (Ent-) Ladestrom wurde auf 25 A eingestellt...... 43

Abbildung 25. Untersuchung der Wärmeleistung des auf einer Zelle montierten RBM. (a)Thermische Draufsicht auf ein RBM während a Ladezyklus mit 50 A.(b) Thermische Seitenansicht von drei Batterien während eines Ladezyklus mit 50 A ...... 43

Abbildung 26. Temperaturverlauf an den Elektroden...... 46

Abbildung 27. Demo-Speicher ...... 46

Abbildung 28. Zellenverbund ...... 47

Abbildung 29. Typisches Zyklierdiagram einer schlechten Zelle ...... 47

Abbildung 30. dito mit Tabelle ...... 48

Abbildung 31. Eine Zelle geht ihrem Ende entgegen ...... 48

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 5|48 72762 Reutlingen 1. Motivation des Projektes

Das Demonstrationsprojekt Virtuelles Kraftwerk Neckar-Alb (VKNA) stärkt die Innovationskraft der Region durch Wissenstransfer zwischen Hochschulen, KMU, Stadtwerken und der Bevölkerung. Es handelt sich um innovative Technologien und Verfahren, die in ihrem komplexen Zusammenwirken noch keine Marktreife erreicht haben und bis dato einzeln, aber nicht in Verbund eingesetzt wurden. Der Demonstrator schafft eine komplexe Testumgebung für Komponenten eines VKs, um diese in einer realen Umgebung testen und optimieren zu können. Heutige Anforderungen an Komponenten für moderne Energieversorgungssysteme sind nur bedingt durch Simulationen abbildbar, für die geforderte Zuverlässigkeit bei der Integration in eine komplexe Softwareumgebung sind Tests und Optimierungen unter realen Bedingungen notwendig.

Für das Reutlinger Energiezentrum (REZ) der Hochschule Reutlingen (Lehr- und Forschungszentrum für Dezentrale Energiesysteme und Energieeffizienz) stellt der Demonstrator VK Neckar-Alb eine Basis für die aktuellen Lehr- und Forschungsaufgaben dar. Mit den Verbundpartnern wurde auf dem Gelände der Hochschule Reutlingen eine unabhängige Testumgebung sowie ein Experten- und Informationszentrum geschaffen.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 6|48 72762 Reutlingen 2. Aufgabenstellung

Das Demonstrationsprojekt „Virtuelles Kraftwerks Neckar-Alb“ an der Hochschule Reutlingen solle die vorhandenen Kompetenzen der Verbundpartner bündeln und eine Plattform für die Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung bieten. Das funktionsfähige Virtuelle Kraftwerk solle den Partnern folgende Möglichkeiten eröffnen:

• Integration von Systemen in zukünftige Smart Grids; • Demonstration eines VKs mit Aufzeigen unterschiedlicher Lösungswege; • Aufbau einer komplexen Testumgebung für Komponenten; • Testen von Optionen der Querverbundoptimierung zwischen Strom-, Gas- und Wärmemarkt unter Berücksichtigung realer Marktdaten; • Unterstützung der Markteinführung durch Öffentlichkeitsarbeit und sozioökonomische Untersuchungen; • Aus- und Weiterbildung von Spezialisten in realer Umgebung; • Sensibilisierung der Öffentlichkeit durch ein „anfassbares“ Virtuelles Kraftwerk.

Sicherheit, Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit werden berücksichtigt. Darüber hinaus werden die in diesen Bereichen gewonnenen Erkenntnisse auf ähnliche Anwendungsfälle übertragen und angepasst.

Die Verbundpartner im Projekt bündeln ihre unterschiedlichen Kompetenzen, um die komplette Wertschöpfungskette abzubilden:

• Energieberatung nach DIN EN ISO 50001 und DIN EN 16247-1; • Installation und Automatisation durch ein modernes Energiemanagementsystem; • Informationstechnische Zusammenfassung auf der IKT-Ebene; • Integration und Aufbau der Leittechnik eines VKs; • Anbindung an Fahrplanoptimierung und Prognose; • sowie die Kopplung an reale Marktdaten.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 7|48 72762 Reutlingen 3. Stand der Technik

Einige Ansätze im Bereich Smart Grid und Virtuelle Kraftwerke werden bereits umgesetzt und finden kommerzielle Anwendung. Als Beispiel für den Einsatz von überregionalen Virtuellen Kraftwerken bündeln die Firmen „Next“ und „Lichtblick“ (kleinere) Einzelanlagen wie Biogasanlagen, Blockheizkraftwerke etc., um den Anlagenbesitzern die Möglichkeit zu bieten über den gemeinsamen Pool kommerziell an unterschiedlichen Märkten wie z.B. Regel-, Spot- und Intradaymarkt teilhaben zu können. Ein weiteres Beispiel ist der Verbund „SüdWestStrom“, ein unabhängiger Verbund von kleinen und mittleren Stadtwerken, der die einzelnen VKs der Stadtwerke bündelt, um einen kommerziellen Vorteil für die Partner an der EEX-Börse zu erzielen. Im Bereich des Smart Grid gibt es eine Vielzahl von Modellregionen und kommerziell erhältlichen Dienstleistungen für Privathaushalte. Smart Metering, ein Messsystem mit elektronischem Basiszähler und Fernauslesung, ist für Neubauten und große Renovierungen bei einem Jahresverbrauch über 6.000kWh für Erzeuger von KWK- und EEG-Anlagen ab 7kW, sowie Bestandsanlagen ab 0,25kW Anschlussleistung und unterbrechbaren Verbrauchseinrichtungen in der Niederspannung, verpflichtend. Ein Demonstrationsprojekt Virtuelles Kraftwerk in realer Umgebung für das Testen von Komponenten und mit den oben aufgelisteten Zielsetzungen mit einem nicht kommerziellen Betrieb war den Beteiligten nicht bekannt.

In den vergangenen Jahren haben sich verschiedene Flexibilitätsoptionen auf Haushaltsebene erschlossen, die in Virtuelle Kraftwerke mündeten bzw. münden können. Hierzu gehören Li-Ionen Speichersysteme, Wärmepumpen (Smart Grid Ready), Elektrofahrzeuge und dazugehörige Ladestationen sowie Blockheizkraftwerke. Rechtlich ist in diesem Kontext §14a EnWG von Bedeutung, in dem ein reduziertes Netzentgelt vorgeschrieben ist, wenn im Gegenzug die netzdienliche Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen vereinbart wird (1).

Die Vernetzung autonomer Agenten zu einem Virtuellen Kraftwerk in einer Industrie 4.0- Umgebung mittels Distributed Ledger Technology (DLT) und Maschine-zu-Maschine- Kommunikation (M2M) ermöglicht das Erschließen von Flexibilitäten im Lastgang und den Einsatz von netzdienlicher Erzeugung. Die Kommunikation erfolgt mittels einer DLT, z.B. Ethereum Blockchain oder tangle (IOTA), über welche die Akteure Liefer- und Abnahme- Verträge aushandeln und überwachen. Der Ansatz lässt sich direkt mit einem anderen Zukunftsthema, der Elektromobilität verbinden. Intelligente Ladesäulen können als Teilnehmer am Netzwerk die Flexibilität ihrer Aufträge einbringen, dabei setzen sie die realen Batteriespeicher der Fahrzeuge netzdienlich ein.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 8|48 72762 Reutlingen 4. Planung und Ablauf

Die Projektidee entstand im Herbst 2014 im Rahmen des ZIM-Kooperationsnetzwerks „Virtuelles Kraftwerk Neckar-Alb“ bestehend aus 15 Partnern aus Industrie, Wissenschaft und Gesellschaft. Im Mai 2015 wurde der Projektantrag gestellt und im Oktober 2015 genehmigt. Das Projekt startete am 15.10.2015 mit einer Laufzeit von 3 Jahren. 2018 wurde es aufgrund zeitlicher Verzögerungen in der Planungs- und Umsetzungsphase kostenneutral um 12 Monate verlängert und schließlich am 15. Oktober 2019 abgeschlossen.

Die Partner trafen sich im Laufe des Projektes 11 Mal, um sich in großer Runde über den Stand der Arbeiten auszutauschen, das weitere Vorgehen abzustimmen und sich über neue Entwicklungen zu informieren. Darüber hinaus erfolgte die Zusammenarbeit und Koordination in zahlreichen Besprechungen und Telefonkonferenzen einzelner Partner. Zwei Partner verließen das Konsortium im Laufe des Projektes. Ihre Leistungen konnten im Rahmen der Verlängerung und durch stärkeres Engagement der verbliebenen Partner kompensiert werden.

Am Anfang des Projektes war geplant, eine Komponentenausstellung und eine Leitwarte einzurichten. Verschiedene Möglichkeiten, wie z.B. feste und mobile Container oder die Ladefläche eines Trucks wurden untersucht. Diese Ideen mussten jedoch im Wesentlichen aus Kostengründen verworfen werden. Als Alternative für die Ausstellung wurde ein schon vorhandenes und grundausgerüstetes Labor (Raum 1-001) auf dem Campus der HS Reutlingen gefunden. Für die Unterbringung der Leitwarte konnte ebenfalls ein geeigneter Raum gefunden und für Schulungen ausgestattet werden (Raum 1-115).

Im Sommer 2016 wurde die Verwendung der kombinierten Erzeugung und Nutzung von Wind- und Sonnenenergie, wie z.B. das Turbina Tower der Firma TURBINA ENERGY AG, mit einem geeigneten System aus vertikalen Kleinwindanlagen, Photovoltaikanlagen, integrierter E-Tankstelle und Beleuchtung, erwogen. Im September 2016 wurde die Idee abgelehnt, aufgrund der hohen Kosten der Anlage und des Fehlens eines geeigneten schattenfreien und windigen Aufstellungsortes. Die detaillierten Planungen einer Photovoltaikanlage auf dem Fahrradabstellplatz mit Lademöglichkeiten für Elektrofahrräder wurden aufgrund der geringen zu erwartenden Erträge und zu Gunsten der leistungsstärkeren Photovoltaikanlage auf Gebäude 3 und 4 verworfen.

Im Zeitraum von November 2017 bis Januar 2018 wurden folgende Geräte innerhalb der Ausstellung in Betrieb genommen: Wärmepumpe, Blockheizkraftwerk, Adsorptionskältemaschine und Photovoltaisch-Thermischer Kollektor (PVT). Im Herbst 2018 wurden die Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Gebäude 3 und 4 mit einer Leistung von 213kWp in Betrieb genommen und im Herbst 2019 weitere Photovoltaikanlagen mit einer vergleichbaren Leistung. Die Photovoltaikanlagen wurden vom Vermögen- und Bauamt Tübingen des Landes Baden-Württemberg im Rahmen des Programms VIRE (Verwaltungsinterne Refinanzierung) aufgebaut und betrieben. Ihre Erzeugungsdaten werden jedoch an das VK übermittelt.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 9|48 72762 Reutlingen Studierende verschiedener Fachrichtungen lernten und arbeiteten an dem Projekt im Rahmen ihrer Forschungs- und Entwicklungs- sowie Abschlussarbeiten. Zusätzlich waren 10 studentische Hilfskräfte während verschiedener Projektphasen an Planung, Aufbau, Untersuchung und Wartung des Virtuellen Kraftwerks beteiligt.

Während der Projektlaufzeit und darüber hinaus wurde und wird die Infrastruktur des Virtuellen Kraftwerks Neckar-Alb für verschiedene Forschungs- und Entwicklungsprojekte genutzt. Unter anderem sind dies:

• Einbindung eines digitalisierten BHKW-Prüfstandes in die Leitwarte des VKNA zur Weiterentwicklung von Prüf- und Optimierungssoftware (Prof. Dr.-Ing Bernd Thomas); • Entwicklung und Aufbau einer Virtual Reality Umgebung zur digitalen Darstellung technischer Zustände von Energieanlagen zur vereinfachten Wartung und Lehre (Prof. Dr.-Ing. Debora Coll-Mayor (mit Fakultät Informatik) Untersuchung der Anwendungsfälle und Potentiale Virtueller Kraftwerke als Kooperationsmodell zwischen Unternehmen (Prof. Dr.-Ing. Löbbe); • Aufbau und Einbindung einer Wetterstation in die Leitwarte des VKNA zur Unterstützung von Prognosen (Prof. Dr.-Ing. Frank Truckenmüller) • Aufbau und Einbindung einer mobilen Raumtemperaturüberwachung zur Untersuchung der Hochschulgebäude (Prof. Dr.-Ing. Frank Truckenmüller).

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 10|48 72762 Reutlingen 5. Ergebnisse

Das Gesamtergebnis des Projektes ist die Demonstration eines Virtuellen Kraftwerks mit der informationstechnischen Zusammenfassung unterschiedlicher dezentraler Energiewandlungsanlagen (Erzeuger, Verbraucher, Speicher) und ihrer direkten oder indirekten Steuerung über die Leitwarte. Hierbei wurden Komponenten, Prozesse, Verfahren und Technologien der Verbundpartner entwickelt und eingesetzt. Die unterschiedlichen DER (Distributed Energy Resources wie z.B. BHKW, Wärmepumpen, PV- Anlagen, Batteriespeicher, Ladeinfrastruktur, Industrieanlagen, Flexibilitäten, Wärmespeicher, Solarthermie etc.) sind mindestens durch deren Datenerfassung in die Leitwarte eingebunden.

Im Folgenden beschreiben die Projektpartner ihre im Rahmen des Demonstrationsprojektes erzielten Ergebnisse.

5.1 Leitwarte

5.1.1. Leitsystem

Am Rechenzentrum der HS Reutlingen wurde ein zentraler Server eingerichtet und mit der AVAT-Leitsystem-Software des Virtuellen Kraftwerks ausgestattet und konfiguriert. Das Leitsystem wurde auf die Anforderungen eines Demonstrators an einer Hochschule angepasst. Als unterlagerte Systeme wurden dezentrale AVAT- Optimierungssteuerungen (Prüfstand der HS Reutlingen), enisyst-Verbundsteuerungen (Microgrid 1 und 2, sowie externe Teilnehmer am VK), eine Wetterstation, sowie Raumtemperaturerfassungsgeräte der HS Reutlingen integriert und sind auf Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1. Integrierte Microgrids auf der Oberfläche des AVAT-Leitsystems

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 11|48 72762 Reutlingen 5.1.2. Prognosemodul und Optimierungsmodul

Für die Erzeugung der Fahrpläne der angeschlossenen Erzeuger und Verbraucher wurden das KI-basierte AVAT-Prognosesoftwaremodul sowie das AVAT-Optimierungsmodul installiert und mit den vorhandenen Systemen verknüpft. Es wurden digitale Modelle erstellt, parametrisiert und getestet. Abbildung 2 zeigt eine Raumtemperaturprognose.

Abbildung 2. AVAT-Prognosesoftwaremodul: Raumtemperaturprognose

Steuergeräte weiterer Anlagen können schnell integriert und getestet werden. Die laufende Datenerfassung und zusätzlichen Messgrößen helfen, die Prognosen weiter zu verbessern. Die Abstimmung der Fahrpläne zwischen zentralem Leitsystem und dezentralen Microgridsteuerungen unter Berücksichtigung von aktuellen Prognosen und Börsenpreisen wurde im Livebetrieb optimiert.

Das AVAT- Optimierungsmodul konnte mit realen Anlagen validiert werden. Beliebige Anlagen können modelliert, gesamtkostenoptimierte Fahrpläne erstellt und somit

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 12|48 72762 Reutlingen börsenpreisgeführt betrieben werden. Das Flexibilitätspotential kann optimal genutzt werden. Die Oberfläche des AVAT-Optimierungsmoduls ist in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung 3. AVAT-Optimierungsmodul: Flussdiagramm von Anlagen

Strombörsenpreisprognosen wurden von der Firma Next Kraftwerke GmbH bezogen und in die Leittechnik des Virtuellen Kraftwerks integriert.

Ergebnisse:

• Mit dem Demonstrator konnte gezeigt werden, wie mit dezentralen AVAT- oder enisyst-Steuerungen ausgestattete Microgrids automatisiert auf ein VK aufgeschaltet und angesteuert werden können. Die Aufschaltung einer zusätzlichen Anlage erfolgt, unabhängig vom konkreten Aufbau, mit wenigen Mausklicks. Die technische Anlageneinbindung in ein virtuelles Kraftwerk wurde vereinfacht, standardisiert und damit wirtschaftlich optimiert. • Mit dem AVAT-Prognosetool können beliebige auf dem VK-Leitsystem archivierte Messwerte (z.B. Wärmelastgänge, Stromlastgänge…) in die Zukunft prognostiziert werden. Es konnten damit wichtige Erkenntnisse für die Validierung des Softwaremoduls gewonnen werden Die erreichte Prognosegüte ist stark anlagenabhängig und beträgt bei Wärmelastgängen zwischen 20% und 25% bezogen auf den MAPE. • Auf das VK-Leitsystem am Demonstrator kann von bis zu 16 Arbeitsplätzen gleichzeitig für Schulungszwecke zugegriffen werden. • Es ist auf Leitsystemebene eine umfangreiche Softwareumgebung entstanden, welche für Demonstrationszwecke genutzt werden kann. Für die Flexibilitätsvermarktung interessante Anlagen können damit in ein Virtuelles Kraftwerk einbezogen und auf Eignung untersucht werden. • Die in diesem Projekt erlangten Erfahrungen gingen direkt in die Weiterentwicklung des AVAT-Prognosetools sowie des AVAT-

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 13|48 72762 Reutlingen Optimierungsmoduls ein. Die Tools können eingesetzt werden in den Bereichen Flexibilisierung von Heizkraftwerken und Biogasanlagen sowie Planung und Optimierung von flexiblen Stromerzeugern und Stromverbrauchern in der Industrie (Demand-Side-Management).

5.2 Kommunikation und Sicherheit

Zur Kommunikation der Mess- und Steuerboxen mit dem Leitsystem wurde durch die Universität Tübingen ein Virtual Private Network (VPN) auf Basis von OpenVPN konzipiert.

OpenVPN ist eine Plattformunabhängige VPN-Implementierung, welche durch die Verwendung von TCP oder UDP als Transportprotokoll im Praxisbetrieb unproblematisch in bestehende Infrastrukturen integriert werden kann. Das VPN authentifiziert die Teilnehmer anhand von X.509-Zertifikaten, die von einer lokalen PKI am Rechenzentrum der HS Reutlingen ausgestellt werden und schützt die übermittelten Mess- und Steuerdaten durch einen verschlüsselten Tunnel gegen Manipulation oder Abhören. Zudem ermöglicht OpenVPN dem Leitsystem die Mess- und Steuereinrichtungen zu erreichen, deren IP- Adressen durch Network Adresse Translation maskiert sind (z.B. bei externen Teilnehmern über den kundeneigenen Internetzugang).

Für die Übermittlung von Zustandsdaten und Fahrplaninformationen zwischen Anlagensteuerungen und Leitsystem kommt eine HTTP-Schnittstelle mit JSON als Datenformat zum Einsatz. Die Datenübermittlung zwischen der Anlagensteuerung und den einzelnen Anlagen basiert auf den anlagenspezifischen Schnittstellen.

Der Betrieb des OpenVPN-Servers erfolgt durch das Rechenzentrum der Hochschule Reutlingen, die Universität Tübingen unterstützte die Planung, Konfiguration, Fehlersuche und setzte die Anbindung des Leitsystems um.

5.3 Verbundsteuerungen

Dezentrale enisyst-Verbundsteuerungen wurden an der HS Reutlingen installiert und passend zu den Microgrids 1 und 2 konfiguriert. Dies umfasst insbesondere die Anbindung der entsprechenden Energieanlagen über die herstellerspezifischen Schnittstellen, sowie die Kommunikation mit dem AVAT-Leitsystem. Die enisyst-Verbundsteuerungen bieten neben der Informationsübermittlung zwischen Leitsystem und Energieanlagen zusätzlich die Möglichkeit einer manuellen oder autonomen dezentralen Steuerung der Anlagen. Die Konfiguration und Bedienung dieser dezentralen Steuerungen erfolgt remote über einen Webserver direkt auf den Steuergeräten. Die Webserver bieten neben der Anlagensteuerung auch umfassende Möglichkeiten für Anlagenüberwachung, Datenanalyse und Verbrauchsmonitoring. Die Verbundsteuerungen und der Webserver sind in Abbildung 4 dargestellt.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 14|48 72762 Reutlingen

Abbildung 4. links: Schaltschrank mit dezentralen enisyst-Verbundsteuerungen. rechts: Webbrowser mit Anlagenübersicht des Microgrid 1.

5.4 Kontrollraum

Im Kontrollraum des Virtuellen Kraftwerks an der HS Reutlingen wurden 16 Computerarbeitsplätze eingerichtet und mit dem zentralen AVAT-Leitsystem verbunden. Diese kommen in regulären Vorlesungen sowie studentischen Projektarbeiten zum Einsatz. Zur gemeinsamen Arbeit am Virtuellen Kraftwerk im Rahmen von Schulungen und Lehrveranstaltungen wurde der Kontrollraum renoviert und mit Beamern zur Visualisierung von Messwerten und Anlagen des Virtuellen Kraftwerks ausgestattet.

5.5 Anlagen im Microgrid 1

Das Microgrid 1 an der HS Reutlingen besteht aus einem BHKW mit 44kW thermische und 20 kW elektrische Leistung mit 1871 Liter Pufferspeicher, einer Adsorptionskältemaschine, 6 Gebläsekonvektoren à 4 kW Kühlleistung und 9 kW Wärmeleistung, 4 Ladepunkten für Elektrofahrzeuge à 22kW und einer 213kWp Photovoltaikanlage.

5.5.1 Thermische Komponenten

Die ursprünglich geplante Kompressionskältemaschine wurde durch eine Adsorptionskältemaschine mit 6-22 kW Leistungsbereich Kälte ersetzt um die Wärme des BHKWs nicht nur im Winter zum Heizen, sondern auch im Sommer zum Kühlen nutzen zu können. Dies ermöglicht einen deutlich flexibleren Betrieb und eine höhere Energieeffizienz innerhalb des Virtuellen Kraftwerks.

Die thermischen Komponenten des Microgrid 1 wurden mit zusätzlichen Messpunkten ausgestattet, um genauere Aussagen über die Energieeffizienz der Anlagen machen zu können und um vorgegebene Lastprofile genauer abfahren zu können.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 15|48 72762 Reutlingen

Abbildung 5. Thermische Komponenten des Microgrid 1 im Ausstellungsaum auf dem Campus der HS Reutlingen: Adsorptionskältemaschine, Wärmepufferspeicher und Blockheizkraftwerk.

5.5.2 Elektrischen Komponenten

Die landeseigene Photovoltaikanlage mit einer Spitzenleistung von 213kW auf den Gebäuden 3 und 4 der Hochschule Reutlingen speist seit November 2018 Strom in das Stromnetz der Hochschule ein. Die Staatssekretärin Gisela Splett nahm die Anlage am 15. Februar 2019 im Beisein von Beteiligten und Vertretern aus Politik und Gesellschaft in Betrieb. Das Forschungsprojekt Demonstrator Virtuelles Kraftwerk Neckar-Alb wurde den Besuchern im Rahmen der Feierlichkeiten für diese Pilotphotovoltaikanlage des Landes Baden-Württemberg vorgestellt. Die Leistungs- und Energiedaten der Photovoltaikanlage sind in die Leittechnik des Demonstrationsprojektes Virtuelles Kraftwerk Neckar-Alb integriert. Weitere Photovoltaikanlagen mit gleicher Spitzenleistung auf dem Campus der HS Reutlingen sind geplant und teilweise auch bereits realisiert. Diese sollen ebenfalls noch auf die Leittechnik des Virtuellen Kraftwerks aufgeschaltet werden. Abbildung 6 zeigt die Einspeiseleistung und den Gesamtenergieertrag der installierten Photovoltaikmodule an einem Beispieltag.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 16|48 72762 Reutlingen

Abbildung 6. Einspeiseleistung und Energieertrag der installierten Photovoltaikmodule auf den Gebäuden 3 und 4 der Hochschule Reutlingen.

Die Anschaffung des vorgesehenen Batteriespeichers war im Rahmend des Projektes aus technischen Gründen nicht mehr möglich (vgl. Kapitel 5.7). Die Aufstellung und Systemintegration eines Batteriespeichers im Virtuellen Kraftwerk wird trotzdem weiterhin vom REZ angestrebt.

5.5.3 Ladesäulen

Die installierten Ladesäulen sind auf Abbildung 7 dargestellt. Alle 4 Ladepunkte sind regelmäßig voll besetzt. Die Gleichzeitigkeit der Ladevorgänge und das Nutzerverhalten wurden in studentischen Arbeiten untersucht. Die enisyst-Microgridsteuerung konnte zur Überwachung der Ladepunkte und für manuelle Tests zum Lastmanagement der Ladeströme genutzt werden.

47 kWh Bezug

Abbildung 7. Links: Besetzte Ladepunkte auf dem Campus der HS Reutlingen. Rechts: Durchschnittliche Ladeleistung der installierten Ladesäulen an Arbeitstagen im Wintersemester 2018.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 17|48 72762 Reutlingen Innerhalb des ersten Nutzungsjahrs der Ladesäulen hat sich der monatliche Energieverbrauch und die Anzahl der Ladevorgänge mehr als verdoppelt. Die Zunahme der Anzahl an Ladevorgängen stagnierte in den letzten Monaten, was ein mögliches Zeichen maximaler Nutzerauslastung ist. Abbildung 8 zeigt die Energieverbräuche pro Monat von Mai 2018 bis Mai 2019.

Abbildung 8. Gesamt-Energieverbräuche und Anzahl der Ladevorgänge

Die Betrachtung der aufsummierten Ladeleistungen aller Ladepunkte zeigt, dass maximal nur 30 kW erreicht wurden (Abbildung 9). Die geringen Energieverbräuche ermöglichen eine zeitliche Flexibilität für intelligentes Lastmanagement.

Abbildung 9. Verteilung der gesamten Ladeleistung über die zugehörigen Betriebsstunden von Mai 2018 bis Mai 2019.

5.6 Anlagen im Microgrid 2

Das Microgrid 2 an der HS Reutlingen besteht aus einer Solarwärmepumpe (6,9 kW Heizleistung und 4,4 Heizzahl (COP) bei B0/W35) mit integrierter Eisspeicher, 560L Pufferspeicher, und 6 PVT-Kollektoren à 340Wp elektrische Leistung, sowie Wandheizelementen (Höhe: 1800 mm, Breite: 550 mm, Vorlauftemperatur (VL): 35 °C, Rücklauftemperatur (RL): 30 °C) und einem Heizkonvektor (Höhe: 900 ,Breite:1600, VL: 35°C, RL: 30°C). Die Anlagen sind in Abbildung 10 dargestellt. Die Steuerung der unterschiedlichen Betriebsmodi dieser autonomen Heizzentrale übernimmt die interne

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 18|48 72762 Reutlingen Steuerung des Herstellers. Die AVAT-Leitwarte kann zur Überwachung einerseits über ein herstellerspezifisches Protokoll auf die internen Mess- und Zählwerte der Anlage und andererseits über die Verbundsteuerung auf zusätzliche Mess- und Zählwerte der Anlage zugreifen. Mit Hilfe einer Sperre für Energieversorgungsunternehmen (EVU) kann die Wärmepumpe von der Verbundsteuerung außer Betrieb gesetzt werden. Die herstellerspezifische Schnittstelle ermöglicht zusätzlich die Vorgabe von Smart Grid Ready- Zuständen um den Leistungsbezug der Heizzentrale an die verfügbare Leistung innerhalb eines Virtuellen Kraftwerks anzupassen.

Abbildung 10. Die thermischen Komponenten des Microgrid 2 auf dem Campus der HS Reutlingen: Oben: PVT-Kollektoren; Unten: Niedertemperatur-Heizkörper, Niedertemperatur-Pufferspeicher, Wärmepumpe mit Eisspeicher.

Die Regelung der Heizzentrale und ihre Effizienz wurden in studentischen Arbeiten untersucht. In den Praxisversuchen konnten Erkenntnisse über das Zusammenspiel der Anlagenkomponenten und Schwachstellen bei der automatisierten Datenverarbeitung gewonnen werden. Diese Erkenntnisse, Fehler und aufgezeigte Verbesserungspotentiale flossen in die Weiterentwicklung der Softwarelösungen für den Betrieb Virtueller

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 19|48 72762 Reutlingen Kraftwerke mit ein. Abbildung 11 zeigt das Verhalten des COP als Ergebnis studentischer Praxisversuch durch die verschiedenen Betriebsbedingungen der Wärmepumpe.

Abbildung 11. Wärmepumpe COP-Verhalten bei verschiedenen Betriebsbedingungen

Aufgrund der sehr stark schwankenden Temperaturen, gestaltete es sich schwierig den COP bei einem Arbeitspunkt zu messen. Dies würde Laborbedingungen voraussetzen.

Trotzdem, auf Abbildung 11 ist gut erkennbar, dass der COP bei einem SGRdy Signal von 4 (forcierten Betrieb) sich in einem deutlich niedrigeren Bereich bewegt als bei einem SGRdy Signal von 2 (effizienter Normalbetrieb). Somit wird bei einer Eisspeichertemperatur von 0 °C und einer Vorlauftemperatur von 55°C ein COP von 1 bis 2 (Herstellerangabe: COP bei B0/W50 =3) und bei einer Eisspeichertemperatur von 5 °C und einer Vorlauftemperatur von 35 °C ein COP von 2,5 bis 3,5 (Herstellerangabe: COP bei B0/W35 = 4,4) erreicht.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 20|48 72762 Reutlingen 5.7 Batterielektrischer Speicher

Als Ergänzung zu den Anlagen des Microgrid 1 sollte ein batterieelektrischer Speicher installiert werden. Die Aufgabe umfasste im Wesentlichen folgende Arbeitspakete:

• Auswahl einer geeigneten Zellentechnologie für Gebäudespeicher; • Prüfung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen; • Entwicklung eines optimierten Batteriemanagementsystems (BMS) aus den beim Projektpartner gewonnenen Messergebnissen und Erkenntnissen; 1 • Einbindung des Speichers in die Smart Grid-Umgebung des Demonstrationsprojektes;2 • Betrieb eines oder mehrerer Speichermodule an einem handelsüblichen Wechselrichter.3

Es wurden mehrere Derivate auf Lithiumbasis untersucht, u.a. LiIon, LiFePo, LiPolymer, und LiSchwefel. Unter Berücksichtigung aller technischen und wirtschaftlichen Aspekte fiel die Entscheidung auf die LiFePo-Technologie. Durch Zyklieren einzelner Zellen konnte das grundsätzliche Verhalten ermittelt werden. Wirklich spannend ist das Verhalten der Zellen im Verbund, d.h. serielle oder parallele Verschaltung bzw. beides zusammen.

Einzelzellen und Zellenverbände wurden bis zur Zerstörung getestet um das Grenzwertverhalten zu studieren. Das war mitunter nicht ungefährlich.4 Aus den Ergebnissen lernten wir die richtige Erfassung und Verarbeitung der Messgrößen Strom, Spannung und Temperatur sowie die Wahl und Dimensionierung der Sicherheitskomponenten. Die wichtigste Erkenntnis für das Design eines BMS ist, dass man jede einzelne Zelle im Verbund unter Kontrolle halten muss, solange dies wirtschaftlich lösbar ist.5

Aufgrund der rasanten Entwicklung neuer elektronischer Bauteile wurde das Schaltungskonzept mehrfach revidiert.6 Eine sehr große Herausforderung sind die zu definierenden Designregeln für das Layout der Schaltung. Das Schalten hoher Ströme in Verbindung mit hochauflösender Messtechnik und digitaler Verarbeitung auf engstem Raum setzt extrem hohe Anforderung an das Schaltungslayout um die naturgemäß starken Störfelder in den Griff zu bekommen. Um den Gesamt-Wirkungsgrad des Speichermodules

1 Firma Mack Electronic Systems (MES): Ist gelöst, näheres im erweiterten Bericht (siehe Anhang). 2 MES: Ist nicht gelöst. Es ist lediglich ein Labormuster vorhanden. Aufgrund der zwischenzeitlich erheblich verschärften Sicherheitsbedingungen müsste eine Art Vorseriengerät aufgebaut werden um die zusätzlichen mechanischen wie elektrischen Sicherheitselemente mit zu integrieren. 3 MES: Da wir im Hause eine eigene PV-Installation haben (aus 2010) sind die vorhanden 4 Wechselrichter leider nicht tauglich um einen Speicher anzuschließen. Wir haben lediglich aus Kostengründen ein en 700W Kleinleistungswechselrichter betrieben, um prinzipiell erste Erfahrungen zu sammeln. 4 MES: Wir haben Zellen aus verschiedenen Technologien bis zum Bersten betrieben um die von außen messbaren Vorgänge zu ermitteln, die zur Zerstörung führen. Dabei ist uns ein kompletter Versuchsaufbau abgebrannt. Dieser musste dann für die weiteren Versuche neu und in verbesserter Ausstattung erstellt werden. 5 MES: Ergebnisse sind im erweiterten Bericht enthalten. 6 MES: Die ausgewiesenen Messergebnisse sind mit dem letzten Release erstellt.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 21|48 72762 Reutlingen zu erhöhen soll die erforderliche Elektronik so wenig Energie benötigen wie möglich. Das Wärmemanagement von BMS und Zellenverbund erhöht die Komplexität zusätzlich.

Der Markt für speicherfähige Wechselrichter wächst stetig. Leider gibt es für die Anbindung von Speichern weder auf der Leistungsseite noch auf der Kommunikationsebene einheitliche Schnittstellen. Offensichtlich ist das ein Mittel der Hersteller, um den eigenen Markt zu sichern.7 Auch sind derzeit die Anforderungen der Wechselrichterhersteller an die Speicherhersteller sehr unterschiedlich.

Eine neue Technik bringt auch bei diesen Produkten mit sich, dass ständig neue Änderungen und Updates verfügbar sind, auf die die Peripheriehersteller reagieren müssen. Dieser Teil ist noch im Fluss und nicht abgeschlossen. 8Das batterieelektrische Speichersystem konnte deshalb nicht im Rahmen der Projektlaufzeit fertig gestellt und in das Virtuelle Kraftwerk integriert werden.9

5.8 Wetterstation und Raumtemperatur

Auf dem Dach von Gebäude 4 der HS Reutlingen wurde eine Wetterstation mit verschiedenen Sensoren zur lokalen Messung von Umgebungsbedingungen und solarer Strahlung installiert. Die Wetterstation ist auf Abbildung 12 dargestellt. Die Datenerfassung wird von einem Raspberry Pi übernommen. Dieser ist über das WLAN in das OpenVPN des Virtuellen Kraftwerks integriert. Seine Messdaten stellt er der Leitwarte wie die übrigen Verbundsteuerungen über einen Webserver zur Verfügung.

7 MES: Hardwaremäßig basiert die Schnittstelle bei den uns nahmhaft bekannten Herstellern auf einem Ethernet-Standard. Jedoch gibt es auf der Befehlsebene keine einheitlichen Definitionen. 8 MES: In erster Linie sind es Personalprobleme, da einige Kollegen im Projektzeitraum das Unternehmen verlassen haben und sich die beiden Geschäftsführer selbst für die Fortführung des Projektes kümmern mussten. Durch die ständige Einarbeitung in deren Themenwelt und die mehrfachen technischen Änderungen sind uns die Kosten davongelaufen.

9 MES: Die Kosten wurden eingesetzt für: • Wiederaufbau des Abgebrannten Versuchsaufbaues • Wir gingen ursprünglich davon aus, dass der Laboraufbau ausgeliefert werden kann. Durch die verschärften Sicherheitsbestimmungen ist dies jedoch nicht möglich.

• Der erhöhte Einarbeitungs- und Fortführungsaufwand durch das Verlassen mehrerer Kollegen Fazit: Das Projekt ruht seit 2020, da wir unsere noch verbliebenen Ressourcen für unseren Hauptkunden Bundeswehr einsetzen. Dort gibt es z.Zt. eine Projektausschreibung für die Energieversorgung des zukünftigen Soldaten (danach Roboter). Die gewonnen Erkenntnisse aus dem geförderten Batterie- projekt können wir vollumfänglich dazu nutzen. Unsere Projektkonzeption ist hauptsächlich aufgrund unseres Batteriemanagentsystems in der engen Auswahl. Sobald es uns wirtschaftlich wieder möglich ist, werden wir auch das geförderte Batterieprojekt wieder aktivieren und zur Verkaufsreife bringen.

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Abbildung 12. Wetterstation auf dem Dach von Gebäude 4

Im Rahmen studentischer Arbeiten wurden in 9 Musterräumen auf dem Hochschulcampus Temperaturmessvorrichtungen installiert, die minütliche Messwerte via WLAN verschlüsselt an die VK-Leitwarte übermitteln. Die Datenerfassung und Kommunikation erfolgt über einen Raspberry Pi, der sich in einem Gehäuse mit dem Temperatursensor befindet.

Abbildung 13. Raumtemperaturmessungen an einem Beispieltag

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 23|48 72762 Reutlingen 5.9 Gebäude als Energiespeicher

Für neun Räume unterschiedlicher Nutzung, welche repräsentativ für die Campusgebäude stehen, wurden einfache dynamische Temperaturmodelle entwickelt, welche sich an die EN837 anlehnen und die folgende Einflüsse auf die Raumtemperatur abbilden:

• Transmission über Bauteile; • Konvektion durch Lüftung und Leckagen; • Heizung; • solare Einträge; • innere Wärmequellen wie Personen und Geräte; • Wärmespeicherung in Bauteilen und Inventar.

Das Modell wird durch eine inhomogene lineare Differentialgleichung erster Ordnung beschrieben

( ( ( ) ( )) + ( )

𝐶𝐶𝐶𝐶퐶 𝑡𝑡) = − ∑𝐿𝐿𝑖𝑖 𝑇𝑇 𝑡𝑡 − 𝑇𝑇𝑎𝑎 𝑡𝑡 ∑𝑃𝑃𝑗𝑗 𝑡𝑡 𝑖𝑖 𝑗𝑗 hierbei handelt es sich um die Leistungsbilanz des Raums, dabei ist C die thermische Kapazität und T die Temperatur des Raums, Ta ist die Außentemperatur, die Li sind die Leitwerte für Transmission durch die verschiedenen Bauteile und für Konvektion, Pj sind die Leistungen der Wärmequellen (Heizung, solar, Personen, Geräte etc.). Der Quotient von Kapazität und Gesamtleitwert stellt die thermische Zeitkonstante des Raums dar.

=

𝜏𝜏 𝐶𝐶⁄∑ 𝐿𝐿𝑖𝑖 Die Lösungen der Netzwerk-Gleichung sind Exponentialfunktionen,𝑖𝑖 die durch den zeitlichen Verlauf der Außentemperatur und der Quellen modifiziert werden. Ist deren Verhalten analytisch gegeben, lässt sich eine geschlossene Lösung nach der Methode der „Variation der Konstanten“ angeben. In der Praxis werden Datenreihen für die Inhomogenitäten vorliegen, dann wird der Temperaturverlauf mittels numerischer Integration bestimmt.

Für eine konstante Außentemperatur lautet die Lösung des Anfangswertproblems für eine Starttemperatur T0=T(0):

/ ( ) = + ( 0 ) −𝑡𝑡 𝜏𝜏 Der Zustand der Räume (aktuell𝑇𝑇 nur𝑡𝑡 die𝑇𝑇𝑎𝑎 Temperatur)𝑇𝑇 − 𝑇𝑇𝑎𝑎 𝑒𝑒 wird durch Logger erfasst und über einen sicheren Kanal im WLAN der Hochschule an die Leittechnik des Virtuellen Kraftwerks übermittelt. Durch Simulation der Modellgleichungen (digital twin), was für die nächste Ausbaustufe geplant ist, kann die Leittechnik die verfügbaren Speicherkapazitäten errechnen und ggf. aktivieren.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 24|48 72762 Reutlingen Abbildung 14 zeigt exemplarisch, durch Nutzung der analytischen Lösung der Modellgleichung für konstante Heizleistung, wie die hohe Leistung bei einem Anheizvorgang nach der Nachtabsenkung verschoben werden kann, um die allgemeine Lastspitze im Netz zu vermeiden. Bei der Strategie „vorgezogen“ müssen anschließend noch die Speicherverluste wieder ausgeglichen werden. Beim verzögerten Anheizen wird dagegen auch Energie gespart, hierbei nutzt man die Möglichkeit, dass manche Räume erst später belegt werden.

Die entscheidende Einschränkung beim Einsatz der thermischen Massen stellt der relativ kleine erlaubte Temperaturhub dar. Zwischen der Tag-Solltemperatur und dem Absenkziel liegen typischerweise 5K und während der Nutzungszeit werden Abweichungen von ±1K noch als komfortabel empfunden. Dabei wirkt sich die Qualität der thermischen Hülle an zwei Stellen aus:

• auf die Heiz- und Kühllast, welche die elektrische Anschlussleistung der Wärmepumpe bestimmt; • auf die Speichergüte, die bestimmt, welche Zeitverschiebungen im Hinblick auf die Verluste noch akzeptiert wird.

Abbildung 14. Lastgang (blau) und Temperaturgang (rot) beim Anheiz-Vorgang und exemplarische Darstellung von Strategien („vorgezogen“ und „verzögert“), welche die Lastspitze im Netz vermeiden. (Abbildung von Prof. C. Kahlert, ebök Institut)

Da die VK-Leittechnik momentan nicht mit der Gebäudeleittechnik verbunden ist und der Wärmebedarf des Campus mit Fernwärme statt mit Wärmepumpen gedeckt wird, erfolgte in der Realität kein steuernder Eingriff.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 25|48 72762 Reutlingen Das Ziel der Untersuchungen war es, eine systematische Herangehensweise zu entwickeln, um beim Betrieb der sehr trägen Gebäude die Lastspitzen, z.B. durch Anheizen, in Zeiten niedriger Netzbelastung zu verschieben. Bei diesem Beispiel einer Sektorkopplung wurde eine Wärmepumpe als Wärmequelle unterstellt, was mit der vorhandenen Wärmeverteilung (Temperaturniveaus) auf dem Campus allerdings nicht kompatibel ist.

5.10 Digitaler Zwilling

Basierend auf den technischen Daten der realen Komponenten von Microgrid 1, wurde ein digitaler Zwilling in der Softwareumgebung MATLAB-Simulink implementiert. Die Simulation des Microgrid läuft in Echtzeit auf einem separaten Server und ist mit der Leitwarte verbunden.

Der digitale Zwilling besteht aus einem Hauptmodell in Simulink, mehreren Hilfsmodellen und einer Reihe von MATLAB-Skripten, die eine digitale Repräsentanz der installierten Energiegeräte zusammenfassen. Das Hauptmodell Digitaler Zwilling ist in Abbildung 15 dargestellt.

Abbildung 15: Model des Digitalen Zwillings mit erstelltem Fahrplan für das BHKW.

Die Anbindung des digitalen Zwillings an das Energiemanagement- und Steuerungssystem der Demonstrationsplattform spielt eine wichtige Rolle für die Forschungsziele. Der digitale Zwilling kann sowohl von Studierenden als auch von Unternehmen für Tests und Untersuchungen verwendet werden. Innerhalb des Modells können verschiedene Stromverbrauchsprofile gewählt werden und die Leistung der Geräte kann erhöht oder verringert werden, um Optimierungsmöglichkeiten zu testen und Flexibilität bei der Gerätesteuerung und Arbeitszeitplanung zu schaffen.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 26|48 72762 Reutlingen 5.11 Externe Teilnehmer

Die Firma PATAVO kümmerte sich um den Anschluss von Unternehmen als externe Teilnehmer ans Virtuelle Kraftwerk. Dazu wurde im ersten Schritt ein Vertriebskonzept im Rahmen einer Masterarbeit erstellt. Mit einem daraus resultierenden Fragebogen wurden gezielt Unternehmen angesprochen und vorqualifiziert. Die gewonnenen Interessenten wurden vor Ort über das Projekt informiert. Gemeinsam wurden die nächsten Schritte und Aufgaben bei einer Teilnahme diskutiert.

Es stellte sich heraus, dass vielen potentiellen externen Teilnehmern Virtuelle Kraftwerke noch nicht bekannt waren und sie darin wenig wirtschaftliche Vorteile sahen. Aus der Vielzahl an Gesprächen und Kontakten konnten dennoch sieben externe Teilnehmer für eine Beteiligung am Virtuellen Kraftwerk gewonnen werden. Bei diesen wurde im Anschluss eine detaillierte energetische Untersuchung der Gebäude bzw. der Produktion durchgeführt geeignete Anlagen für Virtuelle Kraftwerke zu identifizieren.

Es handelt sich bei den externen Teilnehmern am Virtuellen Kraftwerk um folgende Arten von Liegenschaften:

• Wohnheim (Wärme und Strom); • Wohn- und Geschäftsgebäude (Wärme und Strom); • Handwerksbetrieb und Ingenieurbüros (Wärme, Raumtemperaturen, Strom); • Hersteller von Nahrungsmitteln (Raum- und Prozesswärme, Kälte, Strom); • Hersteller im Komponentenbau (Wärme, Strom, Produktion); • Hersteller im Maschinenbau 1 (Wärme, Strom, Produktion); • Hersteller im Maschinenbau 2 (Wärme, Strom, Produktion).

Im Anschluss wurden individuelle Mess- und Regelkonzepte entwickelt und vorgeschlagen. Bei jedem Teilnehmer waren vor Ort die Bedingungen unterschiedlich und es musste das Konzept immer auf den Teilnehmer zugeschnitten werden. Je nach Stromversorgungssystem wurden unterschiedliche Stromzähler benötigt und je nach Heizungssystem unterschiedliche Erfassung der physikalischen Werte. Diese wurden gemeinsam mit der Firma enisyst konkretisiert.

Die Firma enisyst hat bei diesen Liegenschaften Mess-, Steuerungs- und Kommunikationstechnik verbaut und in Betrieb genommen. Es wurde der enisyst Energiecontroller mit verschieden Eingabebaugruppen und Sensoren verbaut. Die Verbindung wurde immer über das Netzwerk des Kunden als VPN Zugang eingerichtet. Der remote Zugriff auf die Steuergeräte bei fünf dieser Liegenschaften ist bereits möglich. Bei zwei weiteren müssen noch bauseitige Installationen abgeschlossen werden. Der Erfassung und zeitverzögerten Publikation ihrer Energiedaten auch über die Projektlaufzeit hinaus wurde seitens der Unternehmen zugestimmt. Hilfestellung bei der Benutzung und Auswertung der Daten erfolgte durch die Firmen enisyst und PATAVO.

Die Einrichtung der Verbundsteuerungen und die Anbindung an die Leittechnik müssen teilweise noch abgeschlossen werden. Einige weitere externe Teilnehmer sind in

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 27|48 72762 Reutlingen Vorbereitung. Hierzu muss festgestellt werden, dass dies ein sehr zäher und langwieriger Prozess ist.

Bei den angeschlossenen Unternehmen werden seit Installation Messwerte gesammelt. Dies bietet die Gelegenheit, reale Verbrauchsdaten aus Unternehmen ins Virtuelle Kraftwerk einzuspeisen, was einen enormen Mehrwert darstellt. Auf Basis realer Daten können Simulationen durchgeführt werden, z.B. zur internen Optimierung oder für die Evaluation von Vermarktungsstrategien an den Energiemärkten.

5.12 Exponat zum Virtuellen Kraftwerk Neckar-Alb

5.12.1 Gestaltung des Exponats

Zur Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen des Demonstrators Virtuelles Kraftwerk Neckar-Alb wurde auf Initiative der Fa. ENERGIEFREY ein interaktives Exponat konzipiert, geplant und aufgebaut. Als Basis für eine realistische Energieversorgung im Regierungspräsidium Tübingen der Zukunft wurden die Ergebnisse einer Studie des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt in Stuttgart herangezogen. An der Universität Tübingen wurden diese Ergebnisse analysiert, ergänzt, in den spielerischen Kontext gesetzt und ansprechend visualisiert. Darüber hinaus gestalteten die Partner der Universität Tübingen das Exponat sowohl konzeptuell als auch inhaltlich mit. Das Exponat soll Studierenden, Industrievertretern und einem Fachpublikum die Rolle Virtueller Kraftwerke im Rahmen der Energiewende spielerisch und interaktiv aufzeigen. Zur Vertiefung der spielerisch vermittelten Inhalte des Exponats arbeitete die Universität Tübingen einen Vortrag über das Energiesystem aus. Dieser geht ausführlich auf die technischen und administrativen Herausforderungen der Energiewende ein und beschreibt die Rolle Virtueller Kraftwerke im Energiesystem der Zukunft.

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Abbildung 16: Exponat zum Virtuellen Kraftwerk Neckar-Alb

Das Exponat hat folgende Inhalte:

• Der Besucher kann spielerisch die regionale Stromversorgung nachbauen; • Das Spiel hat drei Phasen: früher, jetzt und morgen; • In der ersten Phase (früher) setzt der Besucher die konventionellen Energieträger aufs Spielfeld; • Verschiedene Bausteine mit erneuerbaren Energieträgern markieren den Umbau des Energiesystems in der zweiten Phase. Die Volatilität der erneuerbaren Energieträger ist jedoch noch ein Problem, so dass die konventionellen Kraftwerke noch nicht vom Netz genommen werden können; • Durch Integration eines Virtuellen Kraftwerks in der dritten Phase kann die Energiewende vollendet werden; • Die Daten zur lokalen Stromerzeugung basieren auf einer Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Stuttgart. Die Auswirkungen der Energiewende auf den Ausstoß von Treibhausgasen wurden mit der gemeinnützigen Gesellschaft KlimAktiv zur Förderung des Klimaschutzes mbH aus Tübingen abgestimmt.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 29|48 72762 Reutlingen 5.12.2 Desktop-Variante des Exponats

• Der Druckbildschirm der Desktop-Version des Exponats ist auf Abbildung 17 dargestellt. Zusätzlich zum Exponatmöbel wurde eine Desktop-Variante erarbeitet, damit die Partner Kunden den Nutzen Virtueller Kraftwerke auch in ihrer täglichen Arbeit spielerisch vermitteln können. • Auf einem normalen Computer (PC, Laptop, …) kann das Spiel des physischen Exponats nachgespielt werden; • Die Umsetzung dieser zusätzlichen Komponente konnte trotz des knappen Budgets erfolgreich realisiert werden.

Abbildung 17. Desktop-Variante des Exponats

Die Kosten für die Bildrechte an den Darstellungen in der Desktop-Variante hätten im Falle eines Onlinezugangs oberhalb des Budgets gelegen, deshalb konnte ein Onlinezugang zum Spiel nicht realisiert werden. Auf Anfrage wird die Desktop-Version von den Projektpartnern gerne weitergegeben.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 30|48 72762 Reutlingen 5.13 Öffentlichkeitsarbeit

Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit erfolgten insbesondere folgende Aktivitäten:

• Öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen mit Vertretern aus Politik und Gesellschaft zum Kick-Off, sowie zur Inbetriebnahme des Demonstrators (05.02.2018) und der Photovoltaikanlage (15.02.2019); • Präsentation des Projektes vor Studierenden und Besucherinnen der HS Reutlingen, bei Studieninformationstagen und Tagen der Offenen Türe an der Hochschule sowie im Rahmen von Veranstaltungen und Führungen der IHK Reutlingen; • Individuelle Führungen für Interessierte Industrievertreterinnen; • Erstellung einer Website und Verteilung von Flyern zum Projekt an Interessierte; • Präsentation des Projektes beim REZ-Energiediskurs (20.11.2018) und dem Jubiläumsfeier des Reutlingen Research Institute (29.11.2018) sowie beim hochschulinternen „Research-Live“; • Mehrere öffentliche Reportagen sowie ein Image-Film über das REZ; • Präsentation des Projektes auf Fachtagungen und in wissenschaftlichen Publikationen.

Eine Untersuchung im sozioökonomischen Bereich war während der Projektlaufzeit nur sehr begrenzt möglich. Das lag daran, dass sich die Aufschaltung von externen Teilnehmern als deutlich schwieriger herausgestellt hat, als anfangs gedacht. Das lag vor allem an folgenden Punkten:

• Aufgrund der Inhomogenität der vorgefundenen Bestandstechnologien und - strukturen bei den externen Teilnehmern und der sehr neuen Produkte und Lösungen der Verbundpartner, war anfangs noch nicht abzusehen, wie konkret die Anbindung an das VKNA erfolgen kann und welche Vorteile dies bieten wird. Das hing u.a. auch mit dem Wegfall von zwei Projektpartnern, der kompensiert werden musste, und der Insolvenz bzw. Neufirmierung eines anderen Projektpartners zusammen; • Die beteiligten Partner sind anfangs davon ausgegangen, dass die erforderliche Technik dem Kunden kostenlos zur Verfügung gestellt werden kann. Je nach lokalen Gegebenheiten waren jedoch mitunter weitreichende mit Zusatzkosten verbundene Maßnahmen an der technischen Infrastruktur (Zählerschrank, Internetverbindung) erforderlich; • Auch die politischen Rahmenbedingungen haben sich während der Projektlaufzeit wider Erwarten nicht so entwickelt, dass die Aufschaltung für die befragten Unternehmen interessanter geworden wäre. Beispielsweise müssen Teilnehmer eines virtuellen Kraftwerks nach wie vor die vollen Netzentgelte, etc. bezahlen. Darüber hinaus werden Stromspeicher nach wie vor als Letztverbraucher eingestuft und mit den entsprechenden Abgaben belastet. Sie verbrauchen den Strom jedoch nicht, sondern stellen ihn dem System mit einer zeitlichen Verzögerung wieder zur Verfügung.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 31|48 72762 Reutlingen Das Thema „Virtuelles Kraftwerk“ war bei den allermeisten kontaktierten Unternehmen nicht bekannt. Sie konnten sich auch wenig unter dem Thema vorstellen und unter den aktuellen wirtschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen meist noch keinen Nutzen aus der Beteiligung an einem Virtuellen Kraftwerk für ihr Unternehmen ableiten. Sie zeigten sich grundsätzlich offen für das Thema, warten jedoch noch ab. Der grundsätzliche Tenor der Unternehmen war: „Sobald es wirtschaftliche Vorteile bringt, ist es grundsätzlich interessant.“

Im Kontext des Demonstrators Virtuelles Kraftwerk Neckar-Alb führten mehrere Studierende Forschungs- und Entwicklungs- sowie Abschlussarbeiten durch. Vor dem Hintergrund der gestiegenen medialen Präsenz des Klimawandels wurden Virtuelle Kraftwerke von Projektpartnern im Rahmen von „LecturesForFuture“- und „ScientistsForFuture“-Vorträgen an der Universität Tübingen und der Hochschule Reutlingen als wichtige Bausteine der Energiewende der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 32|48 72762 Reutlingen 6. Ausblick

Die aufgebaute Infrastruktur wird weiterhin bei der Kooperationsforschung mit Forschungs- und Industriepartner aus der Branche eingesetzt. Sie wird auf dem aktuellen Stand der Technik gehalten und weiterhin den flexiblen Test- und Demonstrationseinsatz verschiedenster Produkte – technisch wie ökonomisch – erlauben, so dass diese eine zügige Optimierung, Verifizierung und Markteinführung erreichen können. Weiterhin dient das „Virtuelle Kraftwerk Neckar-Alb“ der Weiterbildung zu den verschiedenen Aspekten einer modernen, dezentralen Energieversorgung. Informationen und Ausstattung werde dazu im Rahmen von Folgeprojekten stets aktuell gehalten. Sowohl reguläre Studierende an der Hochschule Reutlingen als auch Fachpublikum und die Öffentlichkeit haben Zugang zu Informations-, Weiterbildungs- und Lehrveranstaltungen, in denen sie aus erster Hand und im Live-Betrieb die neuesten Entwicklungen kennenlernen können.

Der Demonstrator hat mit seinen wertvollen Praxiserfahrungen die Technik der dezentralen Energieerzeugung erweitert. Durch die Forschungsergebnisse ergeben sich folgende Fortschritte für Wissenschaft und Technik:

• Umfangreiche Datenbank realer Energiedaten aus Unternehmen als Basis für weitere Untersuchungen und Optimierungen; • Bewusstsein, wann was in Betrieb ist und wie eingegriffen werden kann, um Flexibilitäten auszunutzen und somit technische und ökonomischer Effizienz zu erreichen;10 • Identifizierung von flexiblen Anlagen und Verbrauchern für den Anschluss an ein VK;11 • Simulationsbasierte Optimierung z.B. für die Teilnahme am Regelleistungsmarkt.12

Microgridsteuerungen können in vielen Anwendungsfällen bei Industrie und Wohnbau eingesetzt werden. In Zukunft können diese Systeme einen wertvollen Beitrag zur Erzeugung von Strom in Dunkelflauten bringen.

Die Microgridsteuerungen werden weiterhin vermehrt in Projekten verwendet und können im Praxisbetrieb an der Hochschule noch laufend verbessert werden. Ein kluges

10 Firma PATAVO: Hier geht es um gezielte Effizienzsteigerung. Zum einen um erst mal das Bewusstsein zu schaffen, wann überhaupt etwas läuft und benötigt wird. Oftmals wird morgens alles angeschaltet, obwohl die Anlage erst später oder auch gar nicht benötigt wird. Teilweise wären auch Abstimmungen möglich, dass die Maschine nicht nur morgens kurz und dann erst wieder nachmittags benutzt wird. Vielleicht wäre es möglich, die 2 Bearbeitungen nacheinander auszuführen. Falls es diese Flexibilitäten gibt, wären diese neben der Effizienzsteigerung und der Energieersparnis auch ein Potenzial für ein VK. 11 Firma PATAVO: Es ging darum herauszufinden, welche Anlagen generell ein Potenzial für ein VK bzgl. Flexibilität darstellen. Dazu hat man mal bei „Null“ angefangen und geschaut, was Möglichkeiten birgt. Welche Anlagentechniken, nur Produktionsanlagen und -prozesse oder auch die Querschnittstechnologien etc. So wurde nach und nach eine Vorgehensweise entwickelt bzw. Erfahrung gesammelt, welche Bereiche Potenziale bieten können, welche Leistungsklassen mind. vorhanden sein sollten etc. So muss man nicht bei jedem neuen Projekt wieder von vorne anfangen, sondern weiß schon besser, was sich lohnt und was nicht. Hierzu waren eben auch entsprechende Messungen nötig, um qualifizierte Aussagen treffen zu können. 12 Firma PATAVO:Es wurde eine Software entwickelt, um zu simulieren, wie sich Veränderungen verhalten würden, wenn etwas im Prozessablauf angepasst wird. Bzw. um den optimalen Betrieb für die Teilnahme am Regelleistungsmarkt herauszufinden, bei dem am meisten Geld verdient werden kann.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 33|48 72762 Reutlingen Lastmanagement erspart Investitionen, Ressourcen und laufende Kosten. Von daher kann das Konzept der flexiblen Speicher bei der Optimierung zahlreicher Prozesse zum Einsatz kommen, auch außerhalb von elektrischen Anwendungen.

Durch die Integration von Vorhersagen (Wetter und Strompreise) lassen sich sowohl Netzdienlichkeit als auch Energieeffizienz verbessern. Die entwickelten Strategien können sowohl die Betriebskosten senken als auch das Raumklima verbessern, da sie Überhitzungen und tiefe Temperaturen vermeiden helfen.

Nicht nur in der Anwendung hat das Verbundprojekt viele Vorteile aufgezeigt. Der Lehrstuhl Kommunikationsnetze an der Universität Tübingen war vor Projektbeginn mit dem Thema Energie vor allem über Arbeiten zur Kommunikationsinfrastruktur für Smart Grids befasst. Durch die Arbeit im Demonstrationsprojekt wurden die Themen Energieoptimierung und Virtuelle Kraftwerke erschlossen. Dies ermöglichte die erfolgreiche Teilnahme am ZIM- Projekt VK-Regelarchitektur sowie die Beantragung weiterer Projekte.

Im Kontext Virtuelle Kraftwerke konnten mehrere Abschlussarbeiten durchgeführt werden. Ein Vortrag zum Energiesystem und den Herausforderungen der Energiewende floss in die Lehre im Fach Informatik ein. Verschiedene Möglichkeiten des Transfers von Ergebnissen und Forschung in projektfremde Anwendungen und Branchen sind möglich, wie z.B.:

• Nutzung der Erkenntnisse in vom DBU geförderten Projekt „Virtuelles Kraftwerk als Kooperationsmodell“; • Know-how für die Analyse und Bewertung zur Teilnahme zukünftiger Interessenten; • Bestandteil der Energieeffizienz-Analysen bei zukünftigen Kunden; • Bei der Anbindung der externen Teilnehmer sind die Praxiserfahrungen und gelösten Problematiken wertvolle Erfahrungen, die späteren Projekten zugutekommen.

Der Aufbau des Demonstrationsprojektes bietet folgenden Nutzen für die praktische Verwertung und soll folgendermaßen weiter genutzt werden:

• Identifizierung von flexiblen Anlagen und Verbrauchern für den Anschluss an ein Virtuelles Kraftwerk; • Simulationsbasierte Optimierung z.B. für die Teilnahme am Regelleistungsmarkt; • Sobald die von der EU forcierten flexiblen Stromtarife in Deutschland umgesetzt werden, wird sich hier ein weiterer Bedarf ergeben; • Die entwickelten Steuer- und Regelalgorithmen im Smart Grid eignen sich auch für andere Speichertechnologien wie z.B. Redox-Flow, Elektrolyse zur Wasserstoffgewinnung und Speicherung, Umkehrprozess zur Gewinnung von Elektrischer- und Wärmeenergie durch Brennstoffzelle oder BHKW; • Durch den offenen Zugang zum Gesamtsystem VKNA, können neue Ideen erprobt, innovative Technologien verifiziert und moderne Produkte optimiert werden, so dass weitere effiziente Lösungen für die Energiewende schnell dem Markt zur Verfügung gestellt werden können.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 34|48 72762 Reutlingen 7. Publikationen und Links

o F. Heimgärtner, M. Höfling, M. Menth, E. Schur, F. Truckenmüller, H. Hagenlocher, J. Zunke, A. Frey, D. Ebinger, S. Jägers, L. Dürr, T. Röger, K. Lindner und C. Kahlert, Das Demonstrationsprojekt Virtuelles Kraftwerk Neckar-Alb, VDE Kongress, Mannheim, , November 2016 o F. Heimgärtner, E. Schur, F. Truckenmüller und M. Menth, A Virtual Power Plant Demonstration Platform for Multiple Optimization and Control Systems, VDE ETG Kongress, , Germany, November 2017 o F. Heimgärtner und M. Menth, Distributed Controller Communication in Virtual Power Plants Using Smart Meter Gateways, IEEE International Conference on Engineering, Technology and Innovation (ICE/ITMC), Stuttgart, 17.-20.06.2018 o B. Nold und F. Truckenmüller, Testumgebung für Virtuelle Kraftwerke, 6. VDI- Fachtagung Energiesysteme und Energieversorgung für Gebäude, Quartiere und Industrieanlagen, Nürnberg, 23.-24.11.2018 o H. Frey, B. Nold und F. Truckenmüller, Dezentral: Virtuelles Kraftwerk, Energiediskurs 2018: Energie3 Energiediskurs zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, Reutlingen, 20.11.2018 o B. Nold, Demonstrator Virtuelles Kraftwerk Neckar-Alb, Netzwerktreffen Virtuelles Kraftwerk der IHK, Reutlingen, 14.12.2018 o B. Nold, Virtuelles Kraftwerk, Popup Labor BW, Balingen, 30.1.2019 o P. Tugarinov, F. Truckenmüller und B. Nold, „Digital twin of energy devices,“ Forum of Mining Engineers, Dniepro, 26.09.2019. o P. Tugarinov, F. Truckenmüller and B. Nold, "Virtual Power Plant Demonstration Platform," Forum of Mining Engineers, Dniepro, 26.09.2019. o F. Heimgärtner, B. Nold, F. Truckenmüller und Michael Menth, „Virtuelles Kraftwerk Neckar Alb: Eine Demonstrations und Versuchsanlage“, Smart Energy and Systems 2019, Dortmund, 04.11.2019

Offizielle Internetseite des VKNA: http://www.virtuelles-kraftwerk-neckar-alb.de/demonstrator/

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 35|48 72762 Reutlingen Anhang

Erweiterter Bericht zum Abschnitt 5.7: Batterielektrischer Speicher

Eine effiziente Implementierung eines rekonfigurierbaren BatterieStapel mit optimaler Zellennutzung

Abstrakt

Als Ergänzung zu den Anlagen des Microgrid 1 sollte ein batterieelektrischer Speicher installiert werden. Die Aufgabe umfasste im Wesentlichen folgende Arbeitspakete:

• Auswahl einer geeigneten Zellentechnologie für Gebäudespeicher; • Prüfung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen; • Entwicklung eines optimierten Batteriemanagementsystems (BMS) aus den beim Projektpartner gewonnenen Messergebnissen und Erkenntnissen; • Einbindung des Speichers in die Smartgrid-Umgebung des Demonstrationsprojektes; • Betrieb eines oder mehrerer Speichermodule an einem handelsüblichen Wechselrichter.

Es wurden mehrere Derivate auf Lithiumbasis untersucht, u.a. LiJon, LiFePo, LiPolymer, und LiSchwefel. Unter Berücksichtigung aller technischen und wirtschaftlichen Aspekte fiel die Entscheidung auf die LiFePo-Technologie. Durch Zyklieren(Laden und Entladen mit Gleichstom) einzelner Zellen konnte das grundsätzliche Verhalten ermittelt werden. Einzelzellen und Zellenverbände wurden bis zur Zerstörung getestet um das Grenzwertverhalten zu studieren. Das war mitunter nicht ungefährlich. Aus den Ergebnissen lernten wir die richtige Erfassung und Verarbeitung der Messgrößen Strom, Spannung und Temperatur, sowie die Wahl und Dimensionierung der Sicherheitskomponenten. Die wichtigste Erkenntnis für das Design eines BMS ist, dass man jede einzelne Zelle im Verbund unter Kontrolle halten muss, solange dies wirtschaftlich lösbar ist.

In diesem Dokument wird eine effiziente Implementierung eines rekonfigurierbaren Batteriestapels vorgestellt, der die volle Ausnutzung der Kapazität jeder einzelnen Zelle ermöglicht. Im Gegensatz zu allen uns bekannten Ansätzen im Weltmarkt ist dies mit unserem Konzept möglich. Es erlaubt, eine oder mehrere Zellen elektrisch aus dem Batteriestapel auszugliedern. Dadurch wird die Funktionalität des Systems nicht durch die schwächste bzw. schwächeren Zelle(n) und Zellen mit sehr unterschiedlichen Zuständen eingeschränkt. Zudem wird das Batteriesystem nicht durch viele ,sich aufsummierende Ausgleichsströme(Ladungen) belastet. Diese Ausgleichsmechanismen können durchaus die Lebensdauer eines Gesamtsystems merklich reduzieren. Andererseits kann unser Konzept für ausgetauschte Zellen sehr attraktiv machen. Unser Labormodell wurde mit einer Gesamtkapazität von bis zu 10,5 kWh in 3 Modulen mit je 3,5 kWh und einer Nennspannung ab 36 V und Strömen bis zu 200A gebaut.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 36|48 72762 Reutlingen 1. Einleitung

Um die inhärenten Schwankungen erneuerbarer Energiequellen zwischen zu speichern, wurden für das Energiespeicher-system LiFePo4-Batteriestapel vorgeschlagen. Aufgrund von Schwankungen in der Produktions-qualität und der Alterungseffekte der Batteriezellen(insbesondere wenn gute und gebrauchte Zellen verwendet werden), driftet der Gesundheitszustand der Zellen im Batteriestapel schließlich auseinander. Um diese Effekte auszugleichen, werden i.A. Batteriemonitore und Balancer eingesetzt.

In unserem Konzept wird zur Steigerung der Batteriestapelleistung eine Neukonfiguration des Akkus vorgestellt indem Strompfade zwischen Zellen im Stapel variabel sind. Daher können die bereits vollgeladenen oder entladenen Batterien beim Laden bzw. Entladen umgangen werden. Die restlichen Batterien können weiter genutzt werden, während getrennte Zellen in einem sicheren Zustand gehalten werden. Systeme mit re- konfigurierbaren Zellstapel mit vergleichbarer Funktionalität wurden von [Ref.2–4] vorgeschlagen. Im Gegensatz zu ihnen bietet unser Konzept eine effizientere Implementierung der re-konfigurierbaren Verbindungen in der die Zellenpegel mit nur zwei Halbleiterbausteinen, einer zum Verbinden der Zelle im Stapel und einer zum Umgehen der Zelle im Stapel. Re-Konfigurierbare Batteriesysteme werden in Kap. 2 und unsere Umsetzung in Kap. 3 beschrieben. Die Auswirkungen auf die Leistung des Batteriestapels aufgrund des erhöhten Widerstands der re-konfigurierbaren Verbindungen wurde untersucht und ein optimales Zellnutzungsschema experimentell ermittelt. Dieses Zellnutzungsschema ist in Kap. 4 beschrieben. Die Ergebnisse eines Prototyps sind in Kap. 5 beschrieben.

2. Systemkonzept.

Um die Kapazität aller Zellen im Stapel voll auszunutzen, muss jede Zelle im Stapel enthalten sein oder umgangen werden, siehe Abbildung 18. Es ist zu beachten, dass reale Schalter einen bestimmten Widerstand haben, so könnte es vorteilhafter sein, mehrere Zellen in Reihe als nur eine zu verwenden, obwohl es sein kann daß nicht alle Zellen vollständig ausgenutzt werden.

Solche Konfigurationsaspekte werden diskutiert in [Ref. 4].

Abbildung 18. Rekonfigurierbarer Zellenstapel, der die vollständige Auslastung aller Zellenkapazitäten ermöglicht.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 37|48 72762 Reutlingen Um den Vorteil eines rekonfigurierbaren Zellenstapels für die nutzbare Batteriekapazität zu demonstrieren, wurde eine Monte-Carlo-Simulation durchgeführt zusammen mit Robert Bosch Zentrum für Leistungselektronik. Abbildung 19 zeigt, dass für einen 12- Zellen-Batteriestapel eine 5,1%ige Erhöhung der nutzbaren Kapazität zu erwarten ist, wenn währenddessen bis zu sechs Zellen beim Entladen umgangen werden können. Rekonfigurierbare Zellenstapel verbessern auch die Robustheit des Systems, weil schlechte Zellen umgangen werden, bzw. ein Ausfall einer einzelnen Zelle ist nicht für das gesamte System tödlich.

Abbildung 19. Vergleich der nutzbaren Batteriekapazität eines festen und eines rekonfigurierbaren Batteriestapels mit 12 LiFePo4-Zellen. Es werden normalverteilte Batterien mit einer Kapazität von 100 Ah und δ= 3,3 Ah angenommen. Der Batteriestapel mit festen Anschlüssen gilt als erschöpft, wenn eine Zelle vollständig entladen ist. Der rekonfigurierbare Batteriestapel kann entladen werden, solange noch mindestens 6 von 12 Zellen Energie enthalten.

3. Re-konfigurierbare Batterie Module (RBM) 3.1. Switch-Implementierung

Abbildung 20(a) zeigt das vereinfachte Schema eines rekonfigurierbaren Batteriemoduls (RBM) Jede Zelle ist mit zwei Halbleiterkomponenten verbunden, die gegensinnig zueinander geschaltet sind. Die Ausrichtung der Halbleiterkomponenten ermöglicht einen bidirektionalen Stromfluss durch die Zelle, so dass es geladen und entladen werden kann. Während der (obligatorischen) Totzeit, kann der Strom weiterhin kontinuierlich durch die notwendige „Body Diode“ fließen, während der Ladezyklen bzw. während der Entladezyklen. Das vorgeschlagene System bietet eine sehr effektive Lösung, um eine Serien- oder Bypass-Verbindung zu erreichen unter Verwendung von nur zwei geigneten Halbleiterschaltern pro RBM. Zusätzliche Schutzdioden wie in [Ref.5] werden nicht

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 38|48 72762 Reutlingen benötigt. Ein RBM, das für LiFePo4-Zellen mit 100 Ah und einem Spitzenstrom von 200 A ausgelegt ist, ist in Abbildung 21 gezeigt.

Abbildung 20. Überblick über ein rekonfigurierbares Batteriemodul

Die Bereitstellung der Versorgungsspannung für die Treiber der Halbleiterschalter und für die Zellenüberwachungsschaltung ist schwierig, da das Potenzial eines RBM in Bezug auf Masse vom Ladezustand des Batteriestapels abhängt und sich ändert während des Betriebs. Frühere Lösungen erhielten die Gate-Spannung VGS entweder von der Batteriezelle selbst (was besonders für entladene Batterien problematisch ist) oder gebrauchten isolierte DC / DC-Wandler, was eine teure Lösung ist. Der präsentierte Ansatz nutzt die gemeinsame Quellverbindung zwischen zwei benachbarten Modulen. Dann ist nur eine schwimmende Ladungspumpe ähnlich [Ref.6] pro RBM ausreichend.

Abbildung 21. Fotografie des implementierten RBM

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 39|48 72762 Reutlingen 3.2. Zellüberwachung

Das Halten der Batteriezellen in ihrem sicheren Betriebsbereich ist entscheidend für die Langlebigkeit der Zellen, daher sind genaue Spannungsmessungen erforderlich. Ein einfacher Fensterkomparator wie in [Ref.7] vorgestellt liefert nicht genügend Informationen, um den Ladezustand genau vorherzusagen(vgl. [Ref.8]). In dieser Arbeit wird ein Kondensator verwendet, um die Zellenspannung abzutasten. Um die zu messende Zelle auszuwählen, werden optisch isolierte Halbleiterrelais (SSR) verwendet. Durch diesen Ansatz wird der Pegel verschoben, ist unkompliziert und der gleiche hochpräzise ADC kann für alle Zellen verwendet werden. Durch eine richtige Auswahl des Abtast- und Haltekondensators sowie des ADC , wird eine Genauigkeit von plus/minus 1 mV erreicht.

Der Ansatz zur Pegelverschiebung ist auch gut geeignet, um die Batterietemperatur abzutasten. Es werden zwei Temperatursensoren verwendet, jeweils eine für jede Elektrode. Damit ist der Sensor weit entfernt von dem aktuell schaltenden Leistungsschalter, wodurch der Temperatureinfluss durch die Verlustleistung des Leistungsschalters bei der Zelltemperaturmessung reduziert wird.

4. Optimale Systemkonfiguration

Das vorgeschlagene System zielt auf Batterien mit großen Kapazitätsschwankungen ab, wie es gebrauchte oder überholte Batterien tun. Während eine Vorauswahl möglich sein könnte, muss berücksichtigt werden, dass sich die Zellen-Kennlinien im Laufe der Zeit unterschiedlich entwickeln. Daher ist es schwierig, die Zellkapazitäten über die gesamte Betriebsdauer vorherzusagen. Dies impliziert, dass jede Zelle ihr eigenes RBM für volle Flexibilität haben sollte. Jedes RBM führt jedoch einen zusätzlichen Serienwiderstand in den Stapel ein. Dies reduziert effektiv die verfügbare Kapazität, und es könnte ratsam sein, Zellen trotzdem zu gruppieren. Aus diesem Grund wurde in [Ref. 5] vorgeschlagen, mehrere Zellen pro RBM zu verwenden.

Die beste Wahl, wie viele Zellen in jedem RBM verwendet werden sollen, hängt natürlich vom der Standardabweichung „Sigma“ der Zellkapazität ab. Abbildung 22 untersucht dies mit einer Monte-Carlo-Simulation. Der untersuchte Batteriestapel besteht aus 12 Zellen. Es wurde angenommen, dass die Anzahl der Zellen für alle RBMs und Bereiche von 1 bis 12 dieselbe ist. Beachten Sie, dass 12 Zellen pro RBM dem vollständiger Stapel entsprechen, daher ist in diesem Fall kein RBM erforderlich.

Abbildung 22(a) zeigt die erreichbare Kapazität für unterschiedliche Anzahlen von Zellen pro RBM und für unterschiedliche Variation der Zellkapazität. Hierbei wurden die Verluste über die RBM-Widerstände für einen Entladestrom von 25A berücksichtigt. Für δ= 5 Ah bietet das vorgestellte System eine Erhöhung der nutzbaren Kapazität um über 200 Wh, was 7% entspricht.

Abbildung 22(b) zeigt Zellenzahlen pro RBM für verschiedene Entladeströme. Die Simulation geht von δ= 2 Ah aus. Es ist deutlich zu erkennen, dass ein RBM pro Zelle die höchste Flexibilität bietet und nutzt jede Zelle optimal aus, die ohmschen Verluste

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 40|48 72762 Reutlingen (insbesondere bei hohen Strömen) wirken sich auf die Nutzung der verfügbaren Kapazität in erheblichem Maße aus.

Abbildung 22. Monte-Carlo-Simulationsergebnisse für ein System mit 12 Zellen, die den Einfluss der Zellkapazität mit Standardabweichung zeigt und den Strom für die nutzbare Kapazität.

5. Versuchsergebnisse

Um die Leistung des vorgeschlagenen rekonfigurierbaren Batteriestapels zu demonstrieren, wurde ein Prototyp mit elf 100 Ah-Batterien gebaut. Da diese neu waren, war die Standardabweichung δ nur 4,5 Ah.

Dennoch, wurde eine übliche Kapazitätszunahme von 11% beobachtet wenn 6 von 12 Zellen umgangen wurden. Beim Verwenden aller Zellen bis zu ihrer maximalen Kapazität (d. H. Umgehen von bis zu 10Zellen) wurde ein weiterer Anstieg von 0,5% erreicht. Darüber hinaus wird erwartet, dass mit zunehmender Zykluszahl die Zellen unterschiedlich altern und δ mit der Zeit zunimmt.

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Abbildung 23. Nutzbare Kapazität in Abhängigkeit von der Anzahl der Zellen, die umgangen werden können. Insgesamt elf Batterien wurden mit 10 A konstantem Strom entladen.

Der Widerstand der Leiterplatte selbst beträgt 0,3 mΩ für die Bypass-Verbindung und 0,7 mΩ für die Reihenschaltung. Eine signifikante Reduzierung des PCB-Widerstands ist mit zu erwartender dickerer Kupferschicht möglich.

Da die Kühlung ausschließlich auf der passiven Wärmeabfuhr beruht, wurden die thermischen Fähigkeiten des Systems untersucht. Hierzu wurde ein Ladestrom von 50 A (doppelt so hoch wie der Nennstrom) verwendet. Abbildung 25(a) zeigt das Temperaturprofil der Leiterplatte nach 30 Minuten Betrieb. Es wird festgestellt, dass nur eine minimale Wärmemenge erzeugt wird.

Um den Einfluss des Halbleiterschalter-Widerstands zu bewerten, wurde ein (Ent-) Ladestrom von 25A gewählt. Der resultierende Spannungsabfall an den Transistoren ist in Abbildung 24 zu sehen. Obwohl der Serien-Leistungsschalter die Ausgangsspannung der Zelle reduziert, ist der Effekt minimal in der Praxis. Abbildung 24 zeigt, dass der Spannungsabfall selbst im schlimmsten Fall weniger als 0,2% beträgt, sogar im schlechtesten Falle a mit niedriger Zellenspannung wie VBat = 3V. Im Vergleich zur Energieeffizienz von LiFePo4- Batterien von typischerweise 93% bis 97% [Ref.9] ist der Einfluss des Leistungsschalter-Spannungsabfalls gering.

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Abbildung 24. Spannungsabfall über den Transistoren für verschiedene Zellenverbindungen. Der (Ent-) Ladestrom wurde auf 25 A eingestellt.

Es ist zu beachten, dass Transistor 1 während des Batterieladens im Betriebsmodus des dritten Quadranten betrieben wird, d.h. IDS <0 A und VDS <0 V. Gleiches gilt für Transistor 2 während der Entladung. Trotz des asymmetrischen Designs von Source und Drain in Leistungsschalter, die Messungen bestätigen, dass der Betrieb im dritten Quadranten kein Problem ist. VDS (T1) liegt deutlich unter der Durchlassspannung der Body-Diode. Daher kann geschlossen werden, dass der Gesamtstrom vom Kanal getragen wird. Beachten Sie, dieser Betriebszustand kann auch an anderer Stelle gefunden werden, d. h. in synchronen Buck-Boost-Wandlern.

Abbildung 25. Untersuchung der Wärmeleistung des auf einer Zelle montierten RBM. (a)Thermische Draufsicht auf ein RBM während a Ladezyklus mit 50 A.(b) Thermische Seitenansicht von drei Batterien während eines Ladezyklus mit 50 A.

Etwas Hitze ist wird innerhalb des Leistung Schalters sowie in den Leiterplatten- Strompfaden erzeugt. Das Bild wurde 30 Minuten nach Beginn des Ladevorgangs aufgenommen. Keine erzwungene Kühlung wurde verwendet

6. Schlussbemerkungen

Es wurde eine effiziente Implementierung eines re-konfigurierbaren Batteriestapels, ausgearbeitet, ausgebaut und getestet, um eine signifikante Erhöhung der nutzbaren Kapazität des Batteriestapels zu erreichen. Durch Verwendung eines einfachen Halbleiter- basierten Schalters kann jede Zelle elektronisch ausgegliedert werden, d. h. vom Batteriestapel umgangen werden. Dies ermöglicht es, die Kapazität jeder Zelle vollständig auszunutzen, auch wenn sie sich erheblich unterscheiden. Messungen mit 100-Ah-

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 43|48 72762 Reutlingen Batterien und Niederspannungs-Hochstrom-Schalter haben sich auf Auswirkungen auf die Gesamteffizienz der Batterie als vernachlässigbar erwiesen. Wir sind zuversichtlich, dass die zusätzlichen Kosten des vorgeschlagenen Systems durch die Vorteile einer größeren nutzbaren Kapazität gut kompensiert werden. Höhere Robustheit gegenüber Zellausfällen, vor allem aber durch die Möglichkeit, preiswerte oder sogar ausrangierte Produkte(Autobatterien) zu verwenden.

Aufgrund der rasanten Entwicklung neuer elektronischer Bauteile wurde das Schaltungskonzept mehrfach revidiert. Eine sehr große Herausforderung sind die zu definierenden Designregeln für das Layout der Schaltung. Das Schalten hoher Ströme in Verbindung mit hochauflösender Messtechnik und digitaler Verarbeitung auf engstem Raum setzt extrem hohe Anforderung an das Schaltungslayout um die naturgemäß starken Störfelder in den Griff zu bekommen. Um den Gesamt-Wirkungsgrad des Speichermodules zu erhöhen soll die erforderliche Elektronik so wenig Energie benötigen wie möglich. Das Wärmemanagement von BMS und Zellenverbund erhöht die Komplexität zusätzlich.

Der Markt für speicherfähige Wechselrichter wächst stetig. Leider gibt es für die Anbindung von Speichern weder auf der Leistungsseite noch auf der Kommunikationsebene einheitliche Schnittstellen. Offensichtlich ist das ein Mittel der Hersteller um den eigenen Markt zu sichern. Auch sind derzeit die Anforderungen der Wechselrichterhersteller an die Speicherhersteller sehr unterschiedlich.

Eine neue Technik bringt auch bei diesen Produkten mit sich, dass ständig neue Änderungen und Updates verfügbar sind, auf die die Peripheriehersteller reagieren müssen. Dieser Teil ist noch im Fluss und nicht abgeschlossen. Das batterieelektrische Speichersystem konnte deshalb nicht im Rahmen der Projektlaufzeit fertig gestellt und in das Virtuelle Kraftwerk integriert werden.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 44|48 72762 Reutlingen Referenzen zum erweiterten Bericht

[1] J. Cao, N. Schofield, and A. Emadi. Battery balancing methods: A comprehensive review. In Vehicle Power and Propulsion Conference, pages 1–6, September 2008.

[2] Taesic Kim, Wei Qiao, and Liyan Qu. Series-connected self-reconfigurable multicell battery. In Applied Power Electronics Conference and Exposition, pages 1382–1387, March 2011.

[3] A. Manenti, A. Abba, A. Merati, S. M. Savaresi, and A. Geraci. A new BMS architecture based on cell redundancy. IEEE Transactions on Industrial Electronics, vol. 58(9):4314– 4322, September 2011.

[4] Yuang-Shung Lee and Ming-Wang Cheng. Intelligent control battery equalization for series connected lithium-ion battery strings. IEEE Transactions on Industrial Electronics, vol. 52(5):1297–1307, October 2005.

[5] F. Baronti, G. Fantechi, R. Roncella, and R. Saletti. Design of a module switch for battery pack reconfiguration in high-power applications. In IEEE International Symposium on Industrial Electronics, pages 1330–1335, May 2012.

[6] Shihong Park and T. M. Jahns. A self-boost charge pump topology for a gate drive high- side power supply. In Applied Power Electronics Conference and Exposition, pages 126– 131, February 2003.

[7] Ui Seong Kim, Chee Burm Shin, and Chi-Su Kim. Effect of electrode configuration on the thermal behavior of a lithium-polymer battery. Journal of Power Sources, vol. 180(2):909 – 916, June 2008.

[8] F. Codeca, S. M. Savaresi, and G. Rizzoni. On battery state of charge estimation: A new mixed algorithm. In IEEE International Conference on Control Applications, pages 102– 107, September 2008.

[9] Pei Zhang, Changqing Du, Fuwu Yan, and Jianqiang Kang. Influence of practical complications on energy efficiency of the vehicle’s lithium-ion batteries. In International Conference on Electric Information and Control Engineering, pages 2278–2281,April 2011

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 45|48 72762 Reutlingen Anhang zum erweiterten Bericht

Abbildung 26. Temperaturverlauf an den Elektroden während eines Ladevorgangs.

Abbildung 27. Demonstrationsaufbau des Speichersystems mit intelligentem BMS als Prototyp.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 46|48 72762 Reutlingen

Abbildung 28. Zellenverbund im Prototyp mit Bypasselektronik.

Abbildung 29. Typisches Zyklierdiagram einer schlechten Zelle.

Hochschule Reutlingen Alteburgstr. 150 47|48 72762 Reutlingen

Abbildung 30. dito mit Tabelle.

Abbildung 31. Eine Zelle geht ihrem Ende entgegen.

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