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STUDIEN zur Ostmitteleuropaforschung 24/II

Gerhard Seewann

Geschichte der Deutschen in Ungarn

Band 2: 1860 bis 2006 Gerhard Seewann, Geschichte der Deutschen in Ungarn Band 2: 1860 bis 2006 STUDIEN ZUR OSTMITTELEUROPAFORSCHUNG Herausgegeben vom Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung – Institut der Leibniz-Gemeinschaft

24/II

Gerhard Seewann

Geschichte der Deutschen in Ungarn Band 2: 1860 bis 2006

VERLAG HERDER-INSTITUT  MARBURG  2012

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© 2012 by Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung – Institut der Leibniz-Gemeinschaft, 35037 Marburg, Gisonenweg 5-7 Printed in Alle Rechte vorbehalten Satz: Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung – Institut der Leibniz-Gemeinschaft Druck und Bindung: KN Digital Printforce GmbH, Stuttgart Umschlagbilder: rechts: Haus der Familie Jakob und Magdalena Sadorf, erbaut 1908, Lenauheim im Banat (Rumänien), aus dem Bestand des Donauschwäbischen Zentralmuseums, hergestellt von Jakob Breitkopf, Nürtingen links: Erster Schwabenball nach dem Weltkrieg in der Gemeinde Nagynyárad (Baranya) 1974, Familienalbum János Hábel, Pécs ISBN: 978-3-87969-374-0 Inhalt

I Einleitung ...... 1 1 Ungarn im Zeitalter des Nationalstaats ...... 1 2 Der klassische Nationalstaat und sein Umgang mit Minderheiten ...... 2 II Der Nationalstaat Ungarn 1867-1914 ...... 5 1 Der schwierige Weg zum österreichisch-ungarischen Ausgleich 1860- 1867 ...... 6 2 József Eötvös und seine Lösungsvorschläge zur „Nationalitätenfrage“ 11 3 Das ungarische Nationalitätengesetz von 1868 ...... 14 3.1 Vorgeschichte ...... 14 3.2 Das Gesetz und seine Bestimmungen ...... 16 3.3 Auswirkungen ...... 19 4 Ungarische Nationalitätenpolitik 1868-1914 ...... 20 5 Politisches System, Parlament und Wahlrecht ...... 24 6 Schule, Schulgesetze und die Regelung der Unterrichtssprache ...... 26 6.1 Die gesetzlichen Regelungen der Unterrichtssprache 1879-1908 .. 31 6.2 Fachliche und ethnopolitische Problematik der Gesetze von 1879- 1908...... 33 6.3 Ergebnisse ungarischer Schulpolitik 1879-1914 ...... 37 6.4 Die Mittelschulen ...... 40 6.5 Schulbildung und Chancengleichheit ...... 42 7 Maßnahmen und Ergebnisse der Nationalisierung außerhalb des Schul- bereichs ...... 45 7.1 Verwaltung ...... 45 7.2 Freie Berufe ...... 46 7.3 Wirtschaft ...... 46 7.4 Presse ...... 47 7.5 Die Magyarisierung von Orts- und Personennamen ...... 50 7.6 Die Tätigkeit nationaler Schutzvereine ...... 52 7.7 Assimilation und Mehrsprachigkeit ...... 55 8 Zeitgenössische Beurteilung der ungarischen Nationalitätenpolitik ...... 63

III Die Deutschen in der Dualismus-Periode ...... 71 1 Siedlungsstruktur ...... 71

V 2 Bevölkerungsbewegung ...... 74 3 Migration ...... 78 4 Assimilation oder statistischer Bevölkerungsverlust? ...... 79 5 Die Konfessionsstruktur der Deutschen in Ungarn ...... 85 5.1 Die katholische Kirche und „ihre Schwaben” ...... 86 6 Strukturmerkmale der Deutschen in Ungarn – eine Zwischenbilanz ..... 91 7 Sozialstruktur und Wirtschaft deutscher Bürger und Bauern ...... 95 8 Die bäuerliche Gesellschaft der „Schwaben“: Integration, Mobilität, Mentalität im langen 19. Jahrhundert ...... 102 8.1 Vertikale Mobilität und sozialer Aufstieg ...... 103 8.2 Die Dorfgemeinschaft: Angleichungsprozesse nach innen und außen ...... 106 8.3 Mentalität und Wertordnung ...... 110 9 Vereine, Öffentlichkeit, Presse in der Stadt und auf dem Land ...... 113 9.1 Der Bauernbund von Bonyhád ...... 117 9.2 Presse ...... 120 10 Deutschungarn und Ethnopolitik 1875-1914 ...... 122 10.1 Edmund Steinacker ...... 122 10.2 Die Ungarländische Deutsche Volkspartei ...... 125 10.3 Schutzvereine rund um die UDVP ...... 135 10.4 Der „Deutschungarische Katechismus“ ...... 136 10.5 Die karpatendeutsche Initiative Raimund Friedrich Kaindls ...... 139 11 Bilanz der „deutschen Bewegung“ ...... 140 12 Die Siebenbürger Sachsen ...... 146 12.1 Die Nationalität der Siebenbürger Sachsen im ungarischen Nationalstaat ...... 156 12.2 Gesellschaft und Wirtschaft der Sachsen 1850-1914 ...... 159

IV Die Periode der politischen Mobilisierung 1914-1945 ...... 167 1 Weltkrieg, Revolutionen und ihre Folgen 1914-1919 ...... 173 1.1 Die Autonomieangebote der Revolutionsepoche 1918/19 ...... 177 1.2 Jakob Bleyer, der Sprecher der „Deutsch-Ungarn“ ...... 181 1.3 Das Intermezzo der Räterepublik ...... 185 1.4 Bleyer als Nationalitätenminister 1919/20 ...... 186 2 Der Minderheitenschutz des Pariser Friedenskongresses 1919 ...... 188 2.1 Die Entstehungsgeschichte der Minderheitenschutzverträge 1919 191 2.2 Grundzüge grenzüberschreitender Minderheitenpolitik 1919-1939 ...... 195 2.3 Minderheitenpolitik als Problem der Titularnationen ...... 201 2.4 Versuche der Konfliktlösung ...... 204 2.5 Der Völkerbund und seine Aufgaben ...... 206

VI 3 Trianon und seine Folgen: Das Horthy-Regime 1920-1944 ...... 208 3.1 Ungarn auf der Pariser Friedenskonferenz 1919/20 ...... 208 3.2 Die Auswirkungen des Friedensvertrags auf Ungarn...... 209 3.3 Ungarische Außenpolitik nach Trianon ...... 212 3.4 Deutsch-ungarische Beziehungen 1920-1944: Verbündete in Niederlage und Revision ...... 214 3.5 Die Patronagerolle Deutschlands in den deutsch-ungarischen Beziehungen ...... 222 4 Die Minderheitenpolitik des Horthy-Regimes bis zum Sturz Bethlens 1931 ...... 232 4.1 Der Ungarländische Deutsche Volksbildungsverein ...... 232 4.2 Die Schulfrage als Angelpunkt „deutschungarischer“ Ethnopolitik . 237 4.3 Krisenstimmung in der ethnopolitischen Sackgasse – Faktoren der Krise ...... 242 4.3.1 Die Namensmagyarisierung ...... 251 4.3.2 Deutsche Schutzvereine 1918-1938 ...... 253 4.4 Ethnopolitischer Kurswechsel und offene Konfrontation 1932/33 256 4.5 Der Kampf um Bleyers Erbe 1934-1938...... 260 5 Der Volksbund der Deutschen in Ungarn (VDU) ...... 274 5.1 Der Volksbund als nationalsozialistische Volksgruppenorganisa- tion ...... 281 5.2 Nationalsozialistische Umsiedlungspläne und ihre Folgen ...... 284 5.3 Der ungarndeutsche Beitrag zur deutschen Kriegswirtschaft ...... 286 5.4 Die SS-Rekrutierung 1941-1944 ...... 288 5.5 Unruhen, Auflösungserscheinungen und Widerstand ...... 290 5.6 Franz Anton Basch ...... 296 6 Die Loyalität der Deutschen in Ungarn: Horthy oder Hitler – Eine Zusammenfassung ...... 312

V Die Vertreibung der Deutschen aus dem östlichen Europa ...... 331 1 Konzepte der Vertreibung: – London – Prag – ...... 331 1.1 Berlin ...... 331 1.2 London ...... 333 1.3 Prag ...... 336 1.4 Prag und Budapest: Gemeinsamkeiten und Unterschiede ...... 337 2 Die Vertreibung der Deutschen aus Ungarn ...... 342 2.1 Die Verantwortung für die Vertreibung ...... 349 2.2 Die Folgen der Vertreibung ...... 350 2.3 Die Wahrnehmung der Verantwortung für die Vertreibung ...... 353 2.4 Die Verschleppung von Ungarndeutschen in die Sowjetunion ...... 354 2.5 Die nach Ungarn „zurückgeflüchteten“ Vertriebenen – Vertriebene und Heimkehrer. Diskurs und Erinnerung ...... 357 2.6 Die Rückkehr ungarndeutscher Vertriebener 1946-1950 ...... 364

VII VI Die Periode des Sozialismus 1949-1989 ...... 369 1 Grundzüge der Lenin’schen Nationalitätenpolitik ...... 369 2 Die Anwendung der sowjetischen Nationalitätenpolitik in den Ländern Ostmitteleuropas ...... 373 3 Grundmerkmale sozialistischer Nationalitätenpolitik ...... 374 4 Rahmenbedingungen und Zäsuren des ethnischen Überlebens ...... in Ungarn ...... 378 4.1 Rechtliche Rahmenbedingungen ...... 382 5 Die Periode 1949-1968: Automatismuserwartungen anstelle von Politik ...... 383 5.1 Volksaufstand und Revolution 1956 ...... 388 6 Die Periode 1968-1983: Halbherzige Maßnahmen mit ambivalenter Wirkung ...... 390 7 Liberalisierung und Rehabilitierung, 1983-1989 ...... 393 8 Ungarndeutsche Identitäten am Ende einer Epoche ...... 398 9 Nach der Wende 1989 ...... 401 9.1 Das System der Minderheitenselbstverwaltung 1994-2006 ...... 403 9.2 Nationalitätenschule und Sprachkompetenz nach 1989 ...... 407

VII Quellen zur Geschichte der Deutschen in Ungarn, Band 2 ...... 416

VIII Quellen- und Literaturverzeichnis ...... 510 1 Quellen ...... 510 2 Literatur ...... 523

IX Register 1 Toponymenregister ...... 632 2 Ortsnamenkonkordanz ...... 639 3 Personenregister ...... 648

VIII

I Einleitung

1 Ungarn im Zeitalter des Nationalstaats

Aus der Märzrevolution von 1848 ging der erste ungarische Nationalstaat hervor, der schließlich durch militärische Intervention von außen blutig unterdrückt und aufgelöst worden war. Knapp 20 Jahre später jedoch setzte er sich im Rahmen der mit dem Kö- nig und Kaiser Franz Joseph I. (1848-1916) ausgehandelten Staatsordnung des Dua- lismus, der Personal- und Realunion Ungarns mit Österreich, endgültig durch. Bis zum Ersten Weltkrieg war er politisch so weit stabilisiert, dass seine Infragestellung durch die Nationalitäten von seinen Eliten mit ganz wenigen Ausnahmen wie bei- spielsweise Oszkár Jászi (1875-1957) niemals für möglich gehalten wurde. „Abgese- hen von ein bis zwei sehr Klarsichtigen oder eher Instinktsicheren rechnete niemand mehr mit der Möglichkeit, dass die Monarchie und mit ihr der ungarische Staat zerfal- len könnte.“1 Der ungarische Historiker Zoltán Szász zieht daraus die Schlussfolge- rung: „Das System des Dualismus war eine Fallgrube. Es verlieh den ungarischen herrschenden Klassen ein falsches Sicherheitsgefühl und verschleierte alle Gefahren, die ihnen selbst wie dem historischen Ungarn drohten.“2 Der bereits erwähnte Oszkár Jászi veröffentlichte 1909 ein Buch über das zeitgenössische Ungarn, in dem er eine Zuschrift von Otto Bauer (1881-1938), dem führenden sozialistischen Theoretiker des Nationalitätenproblems, über die damals heftig diskutierte ungarische Wahlrechtsre- form veröffentlichte. Auch Bauer sah durch die politische Marginalisierung der Na- tionalitäten, aber auch der Arbeiter und des Agrarproletariats die Existenz des König- reichs und dadurch seinen Fortbestand in Frage gestellt: „[…] the continuance of the exclusion of the non-Magyar nationalities from political par- ticipation will push into a course which will lead inevitably toward political catas- trophes. […] The rise of the working-classes and of the nationalities will be accomplished in any case; but if the road of a calm parliamentary evolution will be closed, then it will come to the general strike of the industrial workers, to the revolts of the landed proletariat, and to irredentistic agitations. Such an evolution will become, for the Hungarian state more dangerous since the state constitutions of Eastern Europe are by no means so rigid as the nationally homogenous states of the West. […] Then, in the coming political catastrophes

1 SZÁSZ, Politik, S. 606. 2 Ebenda.

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with the infatuation of the ruling class conjures up in Hungary, nothing less will be at stake than the very existence of the Hungarian State.“3 Weil die politische Elite alles daran setzte, „ihren“ Staat so weit wie möglich zu nationalisieren, zu zentralisieren, zu „magyarisieren“, setzte schon früh ein Entfrem- dungsprozess der Nationalitäten ein, die, jeglicher politischer Mitsprache beraubt, sich immer mehr an den Rand gedrängt und als Bürger zweiter Klasse fühlten. Doch erst der militärische Zusammenbruch der Habsburgermonarchie am Ende des Ersten Weltkriegs offenbarte, dass die noch bis 1914 zu beobachtende, wenn auch bereits ge- schwächte Loyalität der nichtungarischen Bürger zum Königreich der Stephanskrone endgültig erschüttert war. 1918 zogen diese es daher vor, dem Ruf nach Selbstbe- stimmung folgend sich aus diesem Staat zu verabschieden und konnationalen Staaten anzuschließen, die ihrerseits nach dem Nationalstaatsprinzip gebildet oder gar neu begründet wurden und sich als Nachfolgestaaten der Habsburgermonarchie bis 1989/ 1991 zu behaupten vermochten. In den folgenden Abschnitten werden die Hauptfak- toren dieses Entfremdungsprozesses im Zeitraum von 1867 bis 1914 eingehender un- tersucht und in einem ersten Schritt die allgemeinen historischen Voraussetzungen der Nationalstaatsbildung in Europa skizziert.

2 Der klassische Nationalstaat und sein Umgang mit Minderheiten

Die französische Revolution von 1789 und ihre Bannerträger, die Jakobiner, prokla- mierten den einheitlichen, ethnisch und sprachlich homogenen Nationalstaat und sie begründeten dadurch ein Prinzip, das sich indirekt gegen jeglichen ethnischen Plura- lismus richtete, der bis zu diesem Zeitpunkt im staatlichen Zusammenleben verschie- dener Völker in den dynastisch geprägten Reichen der Osmanen, der Habsburger und der Romanovs, aber auch auf anderen Kontinenten die Regel war, innerhalb der Stän- degesellschaft freilich nur eine untergeordnete Rolle spielte.4 Im Unterschied zu Mit- tel- und Osteuropa betrachteten die Franzosen „Nation“ jedoch nicht als etwas De- terminiertes, als etwas Unveränderliches, sondern als einen Gegenstand der Wahl, als ein politisches Prinzip und Ausdruck des gemeinsamen Willens von Menschen, in ei- nem bestimmten Staat zusammen zu leben. Hier ist an den berühmten Ausspruch des französischen Soziologen Ernest Renan (1823-1892) zu erinnern, der auf die Frage „Was ist eine Nation?“ 1882 die Antwort gab: „L’existence d’une nation est un plé- biscite de tous les jours.“5 Die Nation basiert auf einer täglichen Volksabstimmung, d.h. auf dem politischen Willen, fortwährend einen Konsens im Zusammenleben aus- zuhandeln, auf den sich ihre Träger als „Solidargemeinschaft“ und „Wertegemein- schaft“ einigen können.

3 La Hongrie contemporaine et le suffrage universel, S. 229 f. 4 Zur Nationalstaatsbildung siehe HROCH, S. 11-48 eine zusammenfassende Übersicht über die Begriffsbildung und die bisherigen Versuche der Typologie und Periodisierung, auf S. 245-268 auch eine kommentierte Bibliografie der Forschungsliteratur. 5 RENAN.

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Doch bestanden die Jakobiner darauf, dass nur eine gemeinsame Kultur und Spra- che, eben die französische, die unentbehrliche Grundlage für das Zusammenleben im Nationalstaat sein konnte. 1794 erklärte der Revolutionär François Barrère: „Wir haben die Regierung, die Gesetze, die Gewohnheiten, den Handel und das Denken revolutioniert. Lasst uns nun auch die Sprache revolutionieren, denn sie ist unser tägliches Instrument. Bürger, die Sprache eines freien Volkes sollte nur ein und dieselbe sein für al- le.“6 Auf den Trümmern des ancien régime hat Napoleon Bonaparte (1769-1821) die- sen neu geschaffenen Nationalstaat durch ein zentralisiertes System der Verwaltung ergänzt und gefestigt. Dieses Frankreich wurde zum unumstrittenen Modell aller Na- tionalstaaten, die im Verlauf des 19. und auch noch des 20. Jahrhunderts entstanden sind. Unter dem Einfluss vor allem Johann Gottfried Herders wandelte sich jedoch der westeuropäische, territorial gebundene politische Nationsbegriff in Deutschland und im östlichen Europa zu einem ethnozentrischen. Ist der französische mit dem ius solis und dadurch mit dem bereits seit Jahrhunderten über eine deutliche Abgrenzung ver- fügenden Territorialstaat verknüpft, so wird der östliche mit dem ius sanguinis, mit der Abstammung und der Blutsgemeinschaft, identifiziert, weil an die Stelle des für den westeuropäischen Typus konstitutiven Faktors des Territoriums infolge der ethni- schen Gemengelage und der Herrschaft der multinationalen Reiche der primordial interpretierte Faktor der Ethnizität, des Volkes, trat. Das Bewusstsein, eine aus einem Volk hervorgegangene Nation zu sein, musste erst durch Nationalbewegungen „ge- weckt“ werden, die sich das Ziel der Selbstregierung in einem Nationalstaat, in „ih- rem Staat“, auf ihr Banner schrieben und dieses Ziel durch Separation von den multi- nationalen, dynastisch definierten Reichen der Habsburger, Osmanen und Romanovs zu erreichen suchten.7 Der in Nordamerika und in Westeuropa gültigen politisch defi- nierten Staatsbürgernation lässt sich also das Nationskonzept gegenüberstellen, das Nation an „objektive“ Kriterien bindet, wie Abstammung, Sprache, Geschichte und Religion, wobei diese Kriterien sehr unterschiedlich ausgefüllt werden können. Man kann hier also ein objektives von einem subjektiven Nationsverständnis unterschei- den, wobei Letzteres „kraft Zustimmung durch jeden Einzelnen“8 generiert wird. Mit den Kriterien der Abstammung und des ius sanguinis ist für den einzelnen Bürger keine Wahl möglich wie bei dem französischen ius soli; hier ist seine Zugehö- rigkeit zu einem Mehrheitsvolk oder zu einer ethnisch unterschiedlichen Minderheit determiniert und ein Wechsel von der einen zur anderen Gruppe ausgeschlossen, es sei denn um den Preis der bisherigen Identität, die zugunsten eines solchen Wechsels aufgegeben wird. Dieser Vorgang wird in den zeitgenössischen Quellen als Assimila- tion bezeichnet und meist mit Sprachwechsel gleichgesetzt, weil Sprache im osteuro- päischen Entwurf von Nation untrennbar mit dieser verbunden war. Ein solcher Iden-

6 CALVET, S. 15. 7 Vgl. HIRSCHHAUSEN/LEONHARD; SUNDHAUSSEN, Nationsbildung; SEEWANN, Minderheiten und Nationalitätenpolitik. 8 LANGEWIESCHE, S. 25.

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titäts- und Sprachwechsel erschien vor allem denjenigen nützlich und notwendig zu sein, die sich infolge ihrer Nichtzugehörigkeit zur Titularnation ausgegrenzt und dis- kriminiert fühlten und ihre vorgegebene Chancenungleichheit durch einen solchen Wechsel zu beseitigen suchten. Denn die Nationalstaaten strebten von Anbeginn da- nach, sich ethnisch und damit auch sprachlich zu homogenisieren, um dadurch ihrem Anspruch als Staat „ihres Volkes“ und damit ihrem primordialen Ursprung gerecht zu werden, wobei ein solcher Ursprung in der Regel historisch mit einer romantisch ver- klärten Gründungsepoche „ihres“ Staates im Mittelalter legitimiert wurde. Die nicht zur Titularnation hinzugerechneten ethnischen, sprachlichen oder religiösen Minder- heiten waren deshalb stets das Objekt einer Politik, die sie mit der Staatsnation zu verschmelzen, zu assimilieren oder aus der Welt zu schaffen suchte. Auf solche Grenzziehungen im Kopf, im Bewusstsein, sind letztlich alle Diskriminierungen und Verfolgungsmaßnahmen zurückzuführen. Die im östlichen Europa dominierende Variante des Nationalstaats führt gesell- schaftlich und politisch zur Ausgrenzung aller Gruppen, die sich von der Titularnation ethnisch unterscheiden. Die langfristig wirksamen Resultate solcher Ausgrenzungs- prozesse sind: 1. Assimilation, d.h. aus dem Blickwinkel der Minderheit Angleichung an die Mehrheit und – verbunden mit Sprachwechsel – Aufgabe der eigenen Grup- penidentität; 2. Marginalisierung der Minderheiten im öffentlichen, kulturellen und wirtschaft- lichen Leben des Nationalstaats, Diskriminierung bei der Zuteilung von Res- sourcen, mangelnde Chancengleichheit im Bereich von Bildung und Adminis- tration sowie das Fehlen jeglicher politischer Partizipation; 3. Vertreibung und Abwanderung oder Separation und Sezession; 4. Geno- oder Ethnozid. Wie sich in einem Nationalstaat des östlichen Europas der Umgang der Titularna- tion mit ethnisch, sprachlich oder religiös unterschiedlichen Minderheiten entwickelt hat, dafür bietet historisch gesehen das Land Ungarn ein frühes Beispiel, dessen Min- derheitenpolitik der „Magyarisierung“ für die Nachfolgestaaten der Habsburgermo- narchie geradezu zum Modell geworden ist, z.B. für Rumänien und Jugoslawien nach 1918 oder gar für die Slowakei nach 1991.

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II Der Nationalstaat Ungarn 1867-1914

In der Auseinandersetzung mit der Wiener Regierung des Habsburgerreichs, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Sinne des aufgeklärten Absolutismus eine einheitliche und zentralisierte Gesamtmonarchie schaffen wollte und deshalb auch 1784 Deutsch als Verwaltungssprache in Ungarn einführte (das damals Latein als sol- che ablöste), entstand am Ende des 18. Jahrhunderts die ungarische Nationalbewe- gung.1 Ihr Ziel war die Errichtung eines modernen Nationalstaats. Ob aus sicherheits- politischen Gründen innerhalb der Habsburgermonarchie oder als völlig unabhängiger Staat, darüber gingen die Meinungen stets auseinander.2 In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stand die ungarische Nationsidee der französischen näher als der deut- schen. Denn ihren Protagonisten war sehr wohl bewusst, dass Ungarn ein Staat mit vielen Völkern und mehreren Religionen war. Deshalb sprachen sie von der ungari- schen politischen Nation, der jede Nationalität ungeachtet ihrer ethnischen Anders- artigkeit angehören konnte. Als Ungarn beanspruchten sie jedoch die Suprematie, die Herrschaft über alle im Land lebenden Völker, und sie sprachen von der Notwendig- keit einer Magyarisierung ihres Landes. Der Sprachnationalismus wurde deshalb zu einem der wichtigsten Programmpunkte der ungarischen Nationalbewegung. So sprach der Präsident der lutherischen Kirche Ungarns, Graf Károly Zay im Jahre 1840 davon: „Unsere gemeinsame Sache ist die Entwicklung unserer Nationalität und die Magyarisierung unseres Landes, denn nationales Leben ist unmöglich ohne nationale Sprache.“3 Das bis heute populäre Schlagwort dieser Epoche: „Die Nation lebt in ih- rer Sprache. – Nyelvében él a nemzet“, wird mehreren Personen, u.a. auch István Szechényi, zugeschrieben. 1844 wurde Ungarisch zur Amtssprache erklärt. Aus der Märzrevolution von 1848 ging Ungarn unter eigener Regierung und einem gewählten Parlament als National- staat hervor, in dem nun unter ganz neuen Rahmenbedingungen die Frage nach der Stellung der Minderheiten akut geworden war.

1 Zur Geschichte Ungarns im 19. Jahrhundert siehe CSORBA; 19. századi magyar történelem 1790-1918; HOENSCH, Geschichte; GRATZ, Dualizmus kora; JANOS; GYÁNI/KÖVÉR, insbe- sondere das Kapitel „Kultúra és etnicitás“, S. 138-162; GYURGYÁK; KLIMÓ, Nation; GERŐ. – Zum ungarischen Liberalismus siehe KECSKEMÉTI, Hongrie. 2 Vgl. SZABAD, Kérdése. 3 Zit. nach HORVÁTH, Jahre, S. 90.

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Die politische Elite Ungarns verfolgte 1848 wie auch 1867 das Ziel, einen strikt ungarischen Nationalstaat zu errichten, und in Bezug auf Minderheiten ging sie von der Überzeugung aus, dass „ihr“ Staat so attraktiv sein sollte, dass der ungarische Charakter dieses Staates auch von den nichtungarischen Völkern innerhalb des Lan- des nicht in Frage gestellt werden könnte. Die Generation von Gyula Andrássy (1823- 1890), József Eötvös und Ferenc Deák (1803-1876), die den Ausgleich mit Österreich herbeigeführt hatte, war sich noch dessen bewusst, dass die politische Loyalität der nichtungarischen Minderheiten nur durch eine Haltung des Kompromisses und der Toleranz gesichert werden könne, wie das Ferenc Deák in seiner Parlamentsrede von 1872 deutlich machte: „Wenn wir wünschen, die Nationalitäten zu gewinnen, dann sollten wir sie nicht gänzlich zu magyarisieren suchen; das kann nur geschehen, wenn wir die ungarischen Rahmenbe- dingungen für sie attraktiv gestalten. Für mich sind zwei Dinge klar: Sie zu vernichten wäre ein gottloser Akt der Barbarei. […] Und sie zu unseren Feinden zu machen liegt nicht in unserem Interesse.“4

1 Der schwierige Weg zum österreichisch-ungarischen Ausgleich 1860-1867

Die Jahre 1860 bis 1867 sind in die Geschichtsschreibung als Periode der kurzlebigen und missglückten Verfassungsexperimente eingegangen.5 Diese Zeit des Übergangs wurde durch die dualistische Lösung des „österreichischen Reichsproblems“ abge- schlossen, die sich dann für das letzte halbe Jahrhundert der Habsburgermonarchie als endgültig erwies. Das erste, von Kaiser Franz Joseph erlassene Oktoberdiplom vom 20. Oktober 1860 beendete endgültig die Periode des Neoabsolutismus und markierte den ersten, allerdings sehr halbherzigen Versuch, zum Konstitutionalismus zurückzukehren. Die Niederlage im Krieg gegen Frankreich und Piemont 1859 – nach der Schlacht von Solferino besiegelt durch den Friedensvertrag von Villafranca –, die damit verbunde- ne außenpolitische, militärische Katastrophe und der drohende Ruin der Staatsfinan- zen machten der Wiener Regierung die Notwendigkeit eines Regimewechsels klar. Finanzminister Karl Ludwig von Bruck (1798-1859) wies schließlich darauf hin, dass das für die Sanierung des Staatshaushalts so dringend benötigte Geld nur auf der Grundlage einer neu zu schaffenden Volksvertretung mit Budgetrecht zu beschaffen sei. Diese Forderung kostete ihn zwar sein Ministeramt, doch sein Nachfolger, der Liberale Ignaz von Plener (1810-1908), vertrat noch entschiedener diesen Standpunkt.

4 Deák Ferenc beszédei, Bd. VI, S. 339-340: „Ha mi a nemzetiségeket megnyerni akarjuk, ennek nem az az útja, hogy őket minden áron magyarosítsuk, hanem az, hogy velök a magyar viszonyokat megkedveltessük. Mert kettő tisztán áll előttem: kiírtani akarni őket is- tentelen barbárság volna még akkor is, ha nem volnának oly számosan minélfogva őket megsemmisiteni lehetetlen. Ellenségeinkké tenni őket:nem fekszik érdekünkben.“ 5 Zuletzt dazu RUMPLER, Geschichte, S. 373-402; REDLICH, Das österreichische Staats- und Reichsproblem.

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Das Oktoberdiplom stellte die Parlamente der Länder, der historisch-politischen Indi- vidualitäten des Reiches wieder her, der Zentralismus wurde von einem Föderalismus abgelöst, der gesamtstaatliche Vorrang der deutschen Sprache aufgehoben und Un- garn nicht nur die Einberufung des ungarischen Landtags, sondern auch die „definiti- ve Regelung der staatsrechtlichen Verhältnisse des Königreichs“ und deren Besiege- lung durch die Krönung des Monarchen in Aussicht gestellt. Die schweren antiösterreichischen Ausschreitungen, die die Wahlen zum unga- rischen Landtag begleiteten, und der von den Komitatsbehörden organisierte Steuer- boykott offenbarten jedoch die tiefgehende politische Unzufriedenheit, ja den ent- schlossenen Widerstand Ungarns gegen jegliche Regelung, die nicht zur Wiederher- stellung der staatsrechtlichen Unabhängigkeit des Landes im Sinne der Aprilgesetze des Jahres 1848 führte.6 Daran konnte auch die Auflösung der Serbischen Woiwod- schaft und deren territoriale Eingliederung in Ungarn am 27. Dezember 1860 nichts ändern und noch weniger das am 26. Februar 1861 vom Kaiser erlassene Februar- patent, das als Gesamtparlament des Reiches einen Reichstag schuf, der für Heeres- und Finanzfragen des Gesamtstaats zuständig sein sollte. Von den 343 Abgeordneten waren 120 für die Länder der Stephanskrone vorgesehen. Der aufgrund des Februar- patents gewählte ungarische Landtag wie auch der kroatische Landtag weigerten sich jedoch, an diesem Reichsparlament teilzunehmen, obwohl das Februarpatent die Wiederherstellung der territorialen Integrität des Königsreichs in Aussicht stellte. Die Mehrheit im ungarischen Landtag erlangte die von Ferenc Deák angeführte liberal-nationale „Adresspartei“7, die als gesetzliche Grundlage der habsburgischen Herrschaft die Pragmatische Sanktion anerkannte und daraus die Legitimität „ge- meinsamer Angelegenheiten“ (közös ügyek) Ungarns mit Österreich ableitete. In sei- nem berühmten „Osterartikel“ vom 26. April 1865 im Pesti Napló (Pester Tageblatt) hat Deák diese közös ügyek ausdrücklich bestätigt und damit den Weg freigemacht für die daraufhin aufgenommenen Ausgleichsverhandlungen, die das Land vom soge- nannten Provisorium, der nach der Auflösung des Landtags im Sommer 1861 wieder eingeführten absoluten Herrschaft des Königs, befreien sollten. Die Aufhebung des Februarpatents machte den Weg frei für Neuwahlen zum ungarischen Landtag, der am 14. Dezember 1865 vom König feierlich eröffnet wurde. Seine wichtigste Aufga- be war der Abschluss des direkt mit dem König verhandelten Ausgleichs, der unter Beteiligung der vom Herrscher am 20. Februar 1867 ernannten ungarischen Regie- rung des Grafen Gyula Andrássy seine endgültige Fassung erhielt und am 30. März vom ungarischen Abgeordnetenhaus angenommen wurde. Mit der am 8. Juni erfolg- ten Krönung des Monarchen und dem am 28. Juli 1867 vom König sanktionierten un- garischen Gesetzesartikel Nr. 12/1867 über den Ausgleich wurde der österreichische Einheitsstaat von einer Doppelmonarchie, einer Realunion zweier Staaten, abgelöst,

6 Zur Geschichte Ungarns in den 1860er Jahren vgl. ESTÓK, Magyarország története; SOMO- GYI, Abszolutizmus; SZABAD, Forradalom. 7 Noch immer grundlegend über die Entstehung der ungarischen Parteien TÓTH, Partei- en, hier insbes. S. 19-37; ferner BOROS/SZABÓ; über Deák vgl. ESTÓK, Deák Ferenc; KATUS, Deák; TAKÁCS.

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für die Kaiser Franz Joseph am 14. November 1868 die Bezeichnung „österreichisch- ungarische Monarchie“ verfügte. Der ungarische Gesetzesartikel XII vom 12. Juni 1867 bildet zusammen mit den Gesetzen des Wiener Reichstags vom Dezember 1867 (Dezemberverfassung) den Ausgleich. Seine Entstehungsgeschichte verweist darauf, dass der eigentliche Aus- gleich nur zwischen der Krone und dem ungarischen Parlament als Vertretung der ungarischen Nation geschlossen wurde und die darin getroffenen Regelungen nach- träglich vom Wiener Reichsrat sanktioniert und für die „im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder“, also für die österreichische Reichshälfte, in Kraft gesetzt wurden, was wiederum im ungarischen Ausgleichsgesetz zur Vorbedingung der Gül- tigkeit des Ausgleichs gemacht worden war. Dieser daher nur dem Ergebnis nach staatsrechtliche Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn bestand aus zwei paralle- len, vom Kaiser sanktionierten Gesetzeskomplexen im Verfassungsrang, die die kon- stitutionelle Ordnung beider Staaten und ihr gegenseitiges Verhältnis sowie die Stel- lung des Monarchen regelten. Gleichgerichtet im Inhalt, aber nicht gleichlautend im Text, schufen beide – ungarische wie österreichische – Ausgleichsgesetze von Anfang an Raum für verschiedene, auch divergierende Interpretationen, die bis 1918 das ge- genseitige Verhältnis belasteten.8 Im Kern beinhaltete der Ausgleich die Verbindung zweier unabhängiger und gleichberechtigter Staaten, die einen als Kaiser in Österreich und als König in Ungarn gemeinsamen Herrscher besaßen. Diese dualistischen Staaten – daher die im Aus- gleich verwendete Bezeichnung Dualismus – besaßen die im Ausgleich festgelegten gemeinsamen Angelegenheiten.9 Der Ausgleich besiegelte daher nicht nur eine Per- sonalunion, sondern auch eine Realunion. Es gab die stets gemeinsamen, die „prag- matischen“ Angelegenheiten, bezeichnet nach der für die Gemeinsamkeit maßgeben- den Pragmatischen Sanktion von 1713, nämlich die Gemeinsamkeit des Herrscher- hauses, die gemeinsame Außenpolitik, für die das Außenministerium zuständig war, und die gemeinsame Armee, die unter der Befehlsgewalt des Monarchen stand und vom gemeinsamen Kriegsministerium verwaltet wurde. Als Prärogativ der Krone blieb somit ihre unumschränkte Führung der Armee und der Außenpolitik bestehen. Der Monarch hatte das Recht, Verträge abzuschließen, den Krieg zu erklären, und nur bei Handelsverträgen bestand ein Zustimmungsrecht beider Parlamente. Daneben gab es die „dualistischen“ gemeinsamen Angelegenheiten, für die mit Ausnahme der Entscheidung über die Rekrutenkontingente (worüber beide Parlamen- te zu beschließen hatten) das gemeinsame Finanzministerium zuständig war. In seine Kompetenz fielen das einheitliche Währungssystem, die Notenbank, die „Österrei- chisch-ungarische Bank“, die Regelung der vor 1867 entstandenen Staatsschulden, die Fortführung der Zollunion beider Staaten sowie eine gemeinsame Zollgesetzge-

8 Aus der Fülle der Literatur über den Ausgleich sind hervorzuheben die Beiträge von Stefan Malfér, Wilhelm Brauneder und László Péter über die Verfassungsentwicklung der Habs- burgermonarchie, Zisleithaniens und Ungarns: MALFÉR; BRAUNEDER; PÉTER; HANÁK, Európai térben; SOMOGYI, Ausgleich; HANÁK, Donaumonarchie. 9 Vgl. dazu KOZÁRI; SOMOGYI, Kormányzati; GALÁNTAI, Dualismus.

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bung nach außen, die Gesetzgebung über die indirekten Steuern und über die durch beide Staatsgebiete führenden Eisenbahnen. Die dualistischen gemeinsamen Angele- genheiten waren durch jeweils auf zehn Jahre abzuschließenden Ausgleichsverträge zu regeln. Im Mittelpunkt dieser Ausgleichsverhandlungen stand die Festlegung der Quote, die den Finanzierungsanteil beider Reichshälften für die gemeinsamen Ausga- ben bestimmte: 1867 wurde sie mit 70 zu 30 (für Ungarn) festgesetzt und hat bis 1918 den ungarischen Anteil von 36,4 Prozent (von 1907) niemals überschritten. Darüber hinaus gab es noch zwei gemeinsame Institutionen: den gemeinsamen Mi- nisterrat, der aus den gemeinsamen Ministern und den Ministerpräsidenten beider Staa- ten unter dem Vorsitz des Außenministers gebildet wurde, und die Delegationen, die von den Parlamenten beider Staaten gewählten, aber in der Regel voneinander getrennt tagenden Ausschüsse mit je 60 Mitgliedern, die abwechselnd in Wien und Budapest zu- sammentraten, das gemeinsame Budget bewilligten und die Arbeit der gemeinsamen Ministerien kontrollieren sollten, dazu jedoch über keine wirkungsvollen Kompetenzen verfügten, da die gemeinsamen Minister nur dem Kaiser verantwortlich waren. Unabhängig von Wien wurde die staatsrechtliche Stellung Kroatiens als einziges Nebenland der ungarischen Krone, das über eine national begründete Territorialauto- nomie verfügte, ein Jahr später durch den ungarisch-kroatischen Ausgleich (Gesetzes- artikel [GA] 30/1868) geregelt.10 Für das bisherige Kronland Siebenbürgen votierte der siebenbürgische Landtag im Vorfeld des Ausgleichs am 9. Dezember 1865 für die Union des Landes mit Ungarn, die aufgrund des Gesetzes 43/1868 vom 6. Dezember 1868 vollzogen wurde.11 Die 1848 begonnenen und nach Aufhebung des neoabsolutistischen Systems 1860 intensivierten Debatten um die Reichsreform wurden mit dem Ausgleich endgültig entschieden. Er machte allen Versuchen ein Ende, Österreich-Ungarn in einen födera- listischen Staat, der sich auf die historisch-politischen Einheiten seiner Länder grün- dete, umzuwandeln oder in einen Bundesstaat seiner Völker, wie das unter dem Ein- druck der verschärften Nationalitätenkämpfe nach der Jahrhundertwende von Karl Renner (1870-1950) oder Aurel Constantin Popovici (1863-1917) vorgeschlagen wurde.12 Der Ausgleich als Grundgesetz des bis 1918 währenden Dualismus garan- tierte und zementierte die magyarische Vorherrschaft in der östlichen und die deutsche in der westlichen Reichshälfte. Er verhinderte von vornherein jede weitere Verfassungsreform, die in Gestalt des Trialismus eine politische Partizipation des numerisch stärksten, nämlich des slavischen Bevölkerungselements der Doppelmo- narchie in irgendeiner Weise ermöglichen wollte, sei es den um 1870/71 versuchten und folgerichtig gescheiterten Ausgleich mit den Tschechen oder einen nach 1900 vielfach diskutierten Ausgleich mit den Südslaven. Im Kern ging es um einen Interessenausgleich zwischen dem Herrscher und der ungarischen Nation: Letztere erhielt ihre vollständige Unabhängigkeit nach innen un- ter Fortbestand des mit Österreich gemeinsamen (durch die Pragmatische Sanktion

10 KATUS, Horvát kiegyezés; GROSS, Anfänge; DIES., Character. 11 FOLBERTH, Auswirkungen. 12 RENNER; POPOVICI.

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1713/23 begründeten) Verteidigungssystems, das den Sicherheitsinteressen des Ge- samtstaats entsprach. Der Herrscher wiederum behielt seine absolute Verfügungs- gewalt über die militärischen und außenpolitischen Angelegenheiten. So koexistierte mit dem Konstitutionalismus beider Reichshälften ein transnationaler Absolutismus traditioneller Prägung, der dem Monarchen eine Schiedsrichterrolle in Fragen zuwies, die sich in der politischen Praxis des Dualismus als nicht anders lösbar erwiesen. Das System des Dualismus ermöglichte einen jeweils völlig unterschiedlichen An- satz zur Lösung der Nationalitätenfrage in beiden Reichshälften. Während die öster- reichische sich zu einem föderalistisch strukturierten Nationalitätenstaat umwandelte, formierte sich Ungarn als eindeutiger Nationalstaat mit einer stark zentralistischen Verwaltungsstruktur. Hier sollen nur die für beide Konzepte ausschlaggebenden Aus- gangspositionen miteinander verglichen werden. Im Grundrechtkatalog der 1867 verabschiedeten Dezemberverfassung der öster- reichischen Reichshälfte wurde in Paragraf 19 der Grundsatz der Gleichberechtigung der Volksstämme wie folgt verankert: „Alle Volksstämme des Staates sind gleichberechtigt, und jeder Volksstamm hat ein unver- letzliches Recht auf Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache. Die Gleichbe- rechtigung aller landesüblichen Sprachen in Schule, Amt und öffentlichem Leben wird vom Staate anerkannt. In den Ländern, in welchen mehrere Volksstämme wohnen, sollen die öffentlichen Unterrichtsanstalten derart eingerichtet sein, dass ohne Anwendung eines Zwanges zur Erlernung einer zweiten Landessprache auch die Volksstämme, welche in der Minderheit sind, die erforderlichen Mittel zur Ausbildung in ihrer Sprache erhalten.“13 Im Gegensatz zu Ungarn, wo Ungarisch als Staatssprache festgeschrieben wurde, musste daher in Österreich, dem Prinzip der Gleichberechtigung aller Sprachen fol- gend, auf die Festlegung des Deutschen als allgemeine Staatssprache verzichtet wer- den. Die in Österreich eingerichtete Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit durch das 1869 eingerichtete und den 1876 seine Arbeit aufnehmenden Verwaltungsgerichtshof ermöglichte es auch jedem Staatsbürger, Rechtsverletzungen der in diesem Paragrafen festgelegten Normen einzuklagen.14 In Ungarn wurde eine solche Möglichkeit erst über ein Jahrhundert später, nämlich 1990 geschaffen. Im Vergleich mit dem Grundrechtekatalog der österreichischen Dezemberverfas- sung ist die zeitlich ein Jahr später, 1868, vorgenommene ungarische Normierung der Gleichberechtigung der Nationalitäten als ein von vornherein gescheiterter Versuch anzusehen, den Anspruch auf Gleichberechtigung mit dem nationalen Charakter der ungarischen Staatlichkeit zu vereinbaren. Das in der ungarischen Fachliteratur weit verbreitete Selbstlob des Nationalitätengesetzes von 1868 als einer für ganz Europa einzigartigen liberalen Errungenschaft15 ist mit einer die ungarische Historiografie kennzeichnenden Tendenz der Überbewertung des Eigenen verbunden.

13 Reichsgesetzblatt Nr. 142/1867; zit. nach BURGER, Sprachenrecht, S. 37. 14 Siehe dazu STOURZH, Gleichberechtigung; KANN, Problematik; DERS., Nationalitätenproblem. 15 So beispielsweise László Katus, der unter Berufung auf den amerikanischen Historiker Arthur May das Nationalitätengesetz als die „aufgeklärteste und liberalste Regelung“ sei- ner Zeit bewertete. – KATUS, Magyarország, S. 674.

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2 József Eötvös und seine Lösungsvorschläge zur „Nationalitätenfrage“16

Baron József Eötvös (1813-1871) war einer der bedeutendsten politischen Denker Ungarns im 19. Jahrhundert und hat sich zeit seines Lebens mit dem Problem eines gedeihlichen Zusammenlebens von Mehrheit und Minderheit im modernen National- staat auseinandergesetzt.17 Seine darauf bezogenen Ideen und Lösungsvorschläge sind bis heute aktuell geblieben, auch wenn sie nach seinem Tod in seinem Heimatland immer weniger Beachtung gefunden haben. Bereits 1848 hatte er sich mit seinen Entwürfen zum Schulgesetz 1848 und zum Minderheitensprachgesetz 1849 als Ver- mittler zwischen Mehrheit und Minderheit profiliert. Doch erst nach der Niederschla- gung der Revolution begann Eötvös in seinem Münchner Exil das Problem der modernen Staatsorganisation und der Minderheiten von Grund auf zu studieren. Er analysierte die „herrschenden politischen Ideen“ seiner Zeit, die Demokratie, den Na- tionalstaat und föderalistische Lösungen des Nationalitätenproblems. Basierend vor allem auf Pierre Joseph Proudhon (1809-1865), John Stuart Mill (1806-1873) und Alexis de Tocqueville (1805-1859) schrieb er eine Reihe wichtiger Studien, in denen das Problem Mehrheit–Minderheit stets eine Schlüsselrolle einnahm.18 Eötvös war davon überzeugt, dass der Grundstein der demokratischen Verfassung die kommunale Autonomie und Selbstverwaltung seien und nur diese das nötige Ge- gengewicht gegen die absolutistischen Tendenzen des Staates und damit den demo- kratischen Kern des Staates bilden könnten. Die Idee der nationalen Gleichberechtigung (in Form der Territorialautonomie) führte seiner Meinung nach in eine Aporie, in einen unauflöslichen Widerspruch, denn dieses Prinzip löse nicht das Problem der dominanten Stellung einer Nation in einem multinationalen Staat, sondern führe zu dessen Auflösung. Die Gleichberechti- gung ethnisch verschiedener Gruppen ließe sich nach Eötvös nur verwirklichen, wenn diese mit den individuellen Rechten und nur mit diesen verknüpft würden, was auf eine Personalautonomie hinauslief. Eötvös berief sich hier auf John Stuart Mills „Considerations on representative government“: „There is no course open to them (multinational territories) but to make a virtue of necessity, and reconcile themselves to living together under equal rights and laws.“19 Eötvös propagierte die Institutionalisierung der Nationalitäten als freie Verbände im kulturellen Bereich, separiert von jeglicher staatlichen Organisation aufgrund des individuellen Rechtsprinzips, als Keimzelle für eine föderalistische Verfassung des

16 Der in Ungarn bis heute nicht nur in der Publizistik, sondern auch in der Historiografie üb- liche Begriff nemzetiségi kérdés – „Nationalitätenfrage“ ist aus der nationalstaatlichen Perspektive untrennbar mit der suggestiven Konnotation verbunden, dass für die Titularna- tion die Nationalitäten als Problem zu betrachten sind. 17 Über Eötvös siehe KATUS, Eötvös; BAKA, Eötvös; SCHLETT, Eötvös; BÖDY; FELKAI; WEBER, Eötvös. 18 EÖTVÖS, Einfluss; DERS., Nationalitätenfrage; DERS., Gleichberechtigung. 19 MILL, S. 141; auf S. 151 zieht Mill die Schlussfolgerung: „It is an essential part of demo- cracy that minorities should be adequately represented.“

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Staates. In seiner Parlamentsrede vom 25. November 1868, die er im Rahmen der De- batte über das zur Beratung anstehende Nationalitätengesetz hielt, fasste Eötvös seine Grundsätze wie folgt zusammen: Die Nationalitäten fordern erstens die Organisation der Provinzen entsprechend dem ethnischen Prinzip; zweitens in solchen Provinzen die Herrschaft einer Sprache, drittens die Aufteilung von Legislative und Exekutive entsprechend dem Bevölke- rungsanteil der Nationalitäten, also einen Nationalitätenproporz. Eötvös lehnte diese Forderungen mit folgenden Argumenten ab: 1) Es gibt kein Rechtsprinzip, demzufol- ge die Nationalitätenzugehörigkeit des Einzelnen definiert werden kann; 2) es gibt keine Rechtskörperschaft, die über eine solche Zugehörigkeit legal entscheiden kann; 3) die ethnische Mischlage der Bevölkerung macht eine territoriale Aufteilung des Landes nach dem nationalen (ethnischen) Prinzip unmöglich.20 Er warnte die Ungarn insbesondere davor, dass das nationale Prinzip nur dann mit der Idee der Freiheit vereinbart werden könne, wenn die Gewährleistung der Spra- chenrechte und der Nationalitätenrechte auf den freien Willen und der Selbstbestim- mung des einzelnen Bürgers beruhe. Die Funktion des nationalen Prinzips bestünde darin, durch das gemeinsame Engagement für die Freiheitsrechte die Unterdrückung durch andere Nationen zu verhindern. Wenn das nationale Prinzip aber dazu diene, Nationalstaaten zu errichten, dann bedeute das Unterdrückung und nicht Freiheit. Eötvös war davon überzeugt: Wenn wir nationale Selbstbestimmung auf ethnischer Basis akzeptieren, dann schaffen wir eine Unzahl kleiner Tyrannen, die nach der Macht streben und über alle anderen ethnische Gruppen herrschen wollen. Sein politi- sches Ziel war es, in Mitteleuropa eine multinationale Konföderation auf der Basis kommunaler Selbstverwaltung und des freien kulturellen Vereinigungsrechts der ein- zelnen Bürger zu errichten. Vom liberalen Freiheitsgedanken ausgehend lehnte Eöt- vös jegliche Kollektivrechte von Minderheiten als Einschränkung der individuellen Freiheit ab, da er darin auch einen Rückschritt in die Epoche des an solchen Privile- gien reichen Mittelalters erblickte: „Meiner Ansicht nach ist die Nationalitätenfrage nicht die Frage der einen oder anderen Nationalität unseres Vaterlandes, sondern die gemeinsame Frage unser aller. Wer da glaubt, dass die Einheit des Vaterlandes, von der seine Existenz abhängt, nur im Interesse derer liegt, die in diesem Land magyarisch sprechen, oder wer glaubt, dass Zivilisation und Wohlstand unserer serbischen, rumänischen und slavischen Mitbürger nur eine serbische, rumänische oder slavische Frage ist, der versteht diese Frage nicht. Meiner Überzeugung nach ist die Lösung der Nationalitätenfrage unsere gemeinsame Aufgabe, die in unserem gemeinsamen Interesse liegt. Aber eben deshalb, weil wir diese Aufgabe lösen müssen und weil die Erfahrungen der Weltgeschichte uns lehren, dass jede Frage nur dann endgültig gelöst werden kann, wenn die Art und Weise, wie sie gelöst wird, sich nicht im Gegensatz zu den Prinzipien und Ideen unseres Jahrhunderts befindet, müssen wir diese Frage auch nach den Ideen unseres Jahrhunderts lösen. Dieses Jahrhundert aber, Dank dem Allmächti- gen, ist das Jahrhundert der Freiheit. Und es gibt keine Redekunst, und es gibt keine Macht,

20 Iratok a nemzetiségi kérdés történetéhez, Bd. 1, S. 138-141.

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die uns veranlassen könnte, uns vom Boden der Freiheit, des freien Wettbewerbs wieder hinter die Schanzen der Privilegien zurückzuziehen.“21 Letztlich schwebte Eötvös ein ethnisch neutraler Staat vor, nach dem Muster des säkularisierten Staates des 19. Jahrhunderts, in dem die konfessionell unterschiedli- chen Staatsbürger grundsätzlich die gleichen Rechte besitzen. Der Staat sollte sich genauso wenig in ethnische wie in konfessionelle Probleme einmischen und die Frei- heit der ethnischen Selbstbestimmung sollte nach dem Modell der Religionsfreiheit gewährleistet sein. Das Konzept von Eötvös war zu visionär, als dass es 1:1 in Politik umgesetzt wer- den konnte; und es war – wie sich rasch herausstellte – auch den Nationalitäten zu weit entgegenkommend, als dass es politisch durchsetzbar war. Mit den Zielen des 1867/68 allmählich seine endgültige Form annehmenden ungarischen Nationalstaats war es gerade in einem seiner zentralen Punkte, nämlich der Trennung des national- kulturellen Bereichs vom Bereich der Machtausübung, grundsätzlich unvereinbar. Es gibt auch keinen Beweis, dass Eötvös entgegen der Meinung vieler Historiker an der Abfassung des Nationalitätengesetzes von 1868 beteiligt war.22 „Dennoch beruhte das Nationalitätengesetz von 1868 im wesentlichen auf den von Eötvös formulierten Grundsätzen“23, das gilt jedoch nur für den ersten und zweiten Gesetzesentwurf, der 1861 und sechs Jahre später im Juni 1867 vorgelegt wurde, und nur mehr sehr einge- schränkt für den dritten vom Sommer und den endgültigen Gesetzestext vom Novem- ber 1868, obwohl der Letztere ausdrücklich die Zustimmung von Eötvös erhalten hat. Der Theoretiker ist hier keinesfalls mit dem Politiker gleichzusetzen. Denn theore- tisch schloss Eötvös zwar jegliche magyarische Suprematieansprüche über die Bevöl- kerungsmehrheit der Nationalitäten aus, als Politiker jedoch rechnete er in diesem Punkt mit der Durchsetzungskraft seiner Nation. So schrieb er 1861 in einem an Fri- gyes Pesty (1823-1889) gerichteten Brief: „Die Idee der Freiheit ist in unserem Vaterlande mit dem Magyarentum verbunden, und ich weiß, dass unsere Rasse in Bildung, Tatkraft, im Reichtum und in geistiger Fähigkeit die anderen übertrifft, weshalb ihr der erste Platz in jeder Hinsicht gebührt, und deshalb bin ich auch überzeugt, dass sie nur die Freiheit braucht, um diesen natürlichen Platz einzuneh- men. Aus diesem Grunde sehe ich in der vollen Freiheit und Gleichberechtigung die für die Magyaren vorteilhafteste Lösung der Nationalitätenfrage, die, wie immer, den Stärkeren begünstigt.“24

21 Ebenda, S. 140. 22 So PÉTER, S. 358 f. Eötvös gehörte dem am 26. April 1866 gewählten 40-köpfigen Aus- schuss, der für die Behandlung des Nationalitätengesetzes eingesetzt wurde, bis zu seiner Ernennung zum Minister für Kultus und Unterricht im Februar 1868 an. Den Text der Ge- setzesvorlagen bereitete ein Unterausschuss unter dem Vorsitz von Pál Nyáry (1806-1871) vor. 23 PUTTKAMER, Schulalltag, S. 75. 24 [EÖTVÖS], Báró Eötvös összes munkái, S. 41.

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3 Das ungarische Nationalitätengesetz von 1868

3.1 Vorgeschichte Nach der Beendigung des neoabsolutistischen Experiments stimmte die politische Eli- te Ungarns Anfang der 1860er Jahre darin überein, dass die einzige Lösung der Na- tionalitätenfrage in der vollständigen Durchsetzung der bürgerlich-liberalen Freiheits- rechte zu finden sei, und zwar im Rahmen einer nach dem Prinzip der Selbstverwal- tung aufgebauten Staatsorganisation. Der Staat selbst sollte als das gemeinsame Haus, das Vaterland aller in Ungarn lebenden Völker und Nationen verstanden werden. Der am 6. April 1861 einberufene ungarische Landtag setzte zur Lösung der Na- tionalitätenfrage einen Ausschuss ein, der in seinem am 1. August vorgelegten Geset- zesentwurf „die individuellen Freiheitsrechte jedes Staatsbürgers anerkannte und die- se durch das Vereinigungsrecht der als Körperschaft anzuerkennenden Nationalitäten innerhalb der Selbstverwaltung der Komitate und Kommunen einerseits, der Autono- mie der Konfessionen andererseits gewährleisten sollte“.25 Die im selben Jahr erho- benen Forderungen der serbischen und slowakischen Nationalversammlung nach ei- ner Territorialautonomie lehnte er jedoch unter Hinweis auf die ethnische Gemenge- lage in den Siedlungsverhältnissen des Landes ab. Die Sprachenfrage sollte nach dem Grundsatz gelöst werden, dass jeder Staatsbürger in seiner Muttersprache mit den staatlichen Behörden verkehren könne und die Konfessionen das Recht erhalten, die Unterrichtssprache ihrer Schulen frei zu bestimmen. Den Konfessionen und Nationa- litäten sollte auch das Recht eingeräumt werden, Mittel- und Hochschulen in ihrer Sprache einzurichten.26 Wegen der am 22. August 1861 vom König Franz Joseph be- fohlenen Auflösung des Landtags konnte der Gesetzesvorschlag jedoch nicht mehr verhandelt werden. Der am 14. Dezember 1865 vom Herrscher selbst eröffnete ungarische Landtag bestimmte am 26. April 1866 einen 40-köpfigen Ausschuss zur Ausarbeitung des Na- tionalitätengesetzes, in dem auch Abgeordnete der Serben, Slowaken, Rumänen und Siebenbürger Sachsen vertreten waren. Der daraus gewählte Unterausschuss erhielt die Aufgabe, den Gesetzestext vorzubereiten. Seine Arbeit wurde wiederholt durch den im Sommer 1866 ausgebrochenen Krieg mit Preußen und die parallel laufenden Verhandlungen über den ungarisch-österreichischen Ausgleich verzögert. Der von ihm im Juni 1867 vorgelegte erste Textentwurf stieß auf großen Widerstand sowohl in der ungarischen Öffentlichkeit als auch bei den Nationalitäten, freilich aus ganz un- terschiedlichen Gründen. Das Leitprinzip dieser ersten Vorlage war „die Gleichheit der Nationalitätenrechte der das Land bewohnenden Völker“, um zu gewährleisten, „ihre Nationalitätenforderungen bis zu jener Linie zu verfolgen, die durch die politi- sche Einheit des Landes, d.h. dessen territoriale Integrität, einheitliche Gesetzgebung

25 Az 1861. Április 6-ra hirdetett országgyűlés képviselőházának irományai, S. 130; Text der Gesetzesvorlage auch in A magyar állam és a nemzetiségek, S. 47-51. 26 KATUS, Magyarország története, S. 334.

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und staatliche Verwaltung, unvermeidlicherweise gezogen wird“.27 Im Gegensatz zu der Gesetzesvorlage aus dem Jahr 1861 werden die Nationalitäten als Korporationen nicht anerkannt. Die Nationalitätenabgeordneten des Ausschusses arbeiteten daraufhin auch in Reaktion auf die parallel laufenden Ausgleichsverhandlungen einen Gegenentwurf aus, der vom Nationalitätenausschuss jedoch ignoriert und erst in die Plenardebatte am 24. November 1868 eingebracht wurde. Die Abgeordneten der Nationalitäten leg- ten in ihrem Entwurf großen Wert darauf, „Ungarn als gemeinsamen Staat seiner his- torischen Völker, der Magyaren, Rumänen, Serben, Slowaken, Ruthenen und Deut- schen“, zu definieren, indem die genannten sechs Nationen eine vollkommene politi- sche Gleichberechtigung erhalten sollen, soweit dies die territoriale Integrität und die politische Einheit des Staates zulassen. In jeder Verwaltungseinheit soll die Sprache der jeweiligen Mehrheit und als zweite Sprache die Sprache der Minderheit als Amts- sprache gelten. Die Sprachen der sechs staatstragenden Nationen seien auch im Par- lament zuzulassen. In den Schulen sei die Geschichte aller sechs Nationen zu unter- richten. Die Lehrveranstaltungen an den Universitäten und Hochschulen seien in den Sprachen der sechs Nationen zu halten, was auch für die Abschlussprüfungen zu ge- lten habe. Den Nationen/Nationalitäten wird das Recht eingeräumt, ihr Schulwesen und ihre Nationalkultur frei zu gestalten und nationale Versammlungen oder Kon- gresse abzuhalten.28 In der ungarischen Öffentlichkeit wurden nach der Veröffentlichung der vom Un- terausschuss überarbeiteten Gesetzesvorlage29 im Sommer 1867 die Alarmglocken geläutet: „Nemzetisegi ürügyek alatt hazánk feldarabolása céloztatik!“ – „Unter dem Nationalitätenvorwand wird die Zerstückelung unseres Vaterlandes beabsichtigt!“ lautete die Parole. Vor allem den ungarischen Abgeordneten und den der Gentry an- gehörenden politischen Repräsentanten der Komitate mit Nationalitätenbevölkerung ging diese Vorlage viel zu weit und stieß daher auf heftigste Ablehnung. Erzogen und aufgewachsen im und mit dem ungarischen Sprachnationalismus konzentrierte sich ihre Kritik vor allem auf die den Nationalitäten eingeräumten Sprachenrechte, durch den sie den „ungarischen Charakter“ der Komitate in Frage gestellt sahen. Der Ent- wurf sah nämlich unter Fortschreibung der bereits 1861 vorgelegten Vorschläge vor, dass die Amtssprache in den Gemeinden und Komitaten auch eine Minderheitenspra- che sein könne, wenn dies von einem Fünftel der gewählten Gemeinde- bzw. Komi- tatsvertreter gefordert werde. Voller Empörung stellte die als exemplarisch anzusehende Protestnote des nord- ostungarischen Komitats Zemplén an das ungarische Parlament fest: „Es ist ein solches Gesetz, das die großen politischen Körperschaften ihres ungarischen nationalen Charakters berauben und einen polyglotten Staat schaffen würde, der auf diese

27 Az 1865-dik évi deczember 10-dikre hirdetett országgyűlés képviselőházának irományai, Bd. 2, S. 251. 28 Der Text des alternativen Gesetzesvorschlags der Nationalitätenabgeordneten in: A magyar állam és a nemzetiségek, S. 51-54. 29 Ebenda, S. 54-59.

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Weise eine Zeitlang frei sein, vielleicht auch blühen könnte, doch ungarisch ist er auf kei- nen Fall, und auf die Dauer ist er wegen seiner polyglotten Natur notwendigerweise zum Untergang verurteilt.“30 Solche Proteste und die mit ihnen artikulierte, offenbar weit verbreitete Überzeu- gung von der untrennbaren Einheit von Staat, Nation und Nationalsprache als eines Axioms, dessen Aufgabe den Untergang des Staates heraufbeschwören würde, blie- ben nicht ohne Wirkung. Der Ausschuss für die Vorbereitung des Nationalitäten- gesetzes änderte im Oktober 1868 den Textvorschlag seines Unterausschusses dahin- gehend ab, dass er für alle Körperschaften der Selbstverwaltung (Munizipien) Unga- risch als erste Amtssprache bestimmte. Außerdem strich er aus dem Text alle Aus- drücke, die als rechtliche Anerkennung der Nationalitäten interpretiert werden könn- ten, insbesondere den Begriff „nemzetiségek“ = „Nationalitäten“, und änderte deshalb auch den bisherigen Titel der Gesetzesvorlage von „A nemzetiségek egyenjogúságá- ról“ = „Über die Gleichberechtigung der Nationalitäten“ in „A nemzetiségi egyen- jogúságról“ ab, wodurch der Begriff „Nationalitäten“ adjektivisch gebraucht und of- fenbar damit auch als harmloser eingestuft wurde. Ins Deutsche lässt sich das nur wie folgt übersetzen: „Über die Nationalitätengleichberechtigung“.31 In die Plenardebatte des Landtags brachte Ferenc Deák am 24. November einen neuen Entwurf ein32, der schließlich vom Landtag als Gesetzesartikel Nr. 44/1868 un- ter Beibehaltung des vom Ausschuss vorgeschlagenen Titels am 28. November vom Abgeordneten- und dem Oberhaus angenommen wurde.33 Eötvös hatte sich noch kurz vor der Abstimmung für die Gesetzesvorlage von Deák ausgesprochen.34

3.2 Das Gesetz und seine Bestimmungen Der von Deák entworfene und schließlich vom König am 6. Dezember 1868 sanktio- nierte Gesetzestext unterschied sich von dem im Unterausschuss erarbeiteten Geset- zesvorschlag inhaltlich nicht wesentlich; in seinem Aufbau war er allerdings besser durchdacht und die einzelnen Paragrafen waren begrifflich präzisiert und vereinheit- licht.35 Die absolute Neuerung stellte die von Deák eingefügte Präambel dar, mit der

30 „Oly törvény amely e nagy politikai testületeket magyar nemzeti jellegükből kivetkőztetné, egy oly polyglott államot teremtene, mely lehetne ugyan egy ideig szabad, talán virágzó is, de magyar semmi esetre sem – kesőbben pedig polyglott természeténél fogva szükségkép- pen felbomlanék.“ MOL, ME 1867 – Ib-156. Zit. nach KATUS, Magyarország története, S. 337. 31 Die von László Péter vorgeschlagene Übersetzung: „Über die nationelle Gleichberechti- gung“ ist nicht nachvollziehbar, da der Begriff „nationell“ eine unglückliche, unbrauchbare Neuschöpfung darstellt. – PÉTER, S. 360. 32 Text in: A magyar állam és a nemzetiségek, S. 64-68. 33 Ebenda, S. 92-96. 34 Text des Gesetzes siehe auch http://www.hhrf.org/kisebbsegkutatas/kk_1999_01/cikk.php ?id=20. 35 Zum Gesetz vgl. MACARTNEY, Nationalitätengesetz; GOGOLÁK, Nationalitätengesetze, S. 1271-1279; KATUS, Születése; NAGY, Nemzetiségi.

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er – allerdings aus sprachlichen Gründen nicht eindeutig – den politischen Nationsbe- griff als Verfassungsprinzip des ungarischen Staates definierte: „[...] dass sämtliche Staatsbürger Ungarns gemäß den Grundprinzipien der Verfassung in politischer Hinsicht eine einzige Nation bilden, die unteilbare einheitliche ungarische Na- tion, deren Mitglieder alle Bürger des Vaterlandes, welcher Nationalität immer angehören, mit den gleichen Rechten ausgestattet sind.“36 Welche Schlüsselrolle dabei der Sprache zukam und wie sehr sich die ungarische öffentliche Meinung in diesem Punkt durchgesetzt hat, zeigt bereits der dieser Defini- tion hinzugefügte Satz, dass „diese Gleichberechtigung bloß bezüglich des amtlichen Gebrauches der im Lande übli- chen verschiedenen Sprachen und nur insoweit eigenen Vorschriften unterliegen kann, als dies die Einheit des Landes, die praktische Möglichkeit der Regierung und Verwaltung, sowie eine pünktliche Justizpflege nothwendig machen.“37 Dazu bemerkte der Verfassungsjurist Ludwig Gumplowicz (1838-1909), dass „diese zwei Clauseln den Begriff der Gleichberechtigung aufheben“38. Um alle dies- bezüglichen Zweifel von vornherein zu beseitigen, bestimmte Paragraf 1 des Gesetzes Ungarisch zur Amtssprache des Landes, wodurch an die Stelle einer sprachlichen Gleichberechtigung eine Hierarchisierung der Sprachen trat, die dem Ungarischen den allerersten Rang einräumte und dadurch ganz dem Suprematieanspruch der Magyaren entsprach. Denn Ungarisch war die Sprache des Parlaments, der Regierung, der Ge- setze und der Rechtspflege. Auch die territorialen und kommunalen Selbstverwaltun- gen (Munizipien = törvényhatóság) wurden nun dazu verpflichtet, mit der Regierung in Ungarisch zu korrespondieren, und erhielten nur das Recht, als innere Amtssprache eine Sprache der Nationalitäten zu wählen. In der Praxis hatten – mit ganz wenigen Ausnahmen – gerade die Komitate mit einer ins Gewicht fallenden Nationalitätenbe- völkerung ihren ungarischen Charakter durch besondere Anstrengungen im Bereich der Magyarisierung hervorgehoben, so dass die vom Gesetz gebotene Möglichkeit ei- ner regional oder kommunal eingegrenzten zweiten Amtssprache von den Komitaten kaum, von den Kommunen etwas häufiger genutzt wurde. Weitgehende, auch sprachliche Autonomierechte wurden den Religionsgemein- schaften, den Konfessionen und ihren Kirchen eingeräumt, was sich vor allem für die- jenigen Nationalitäten sehr vorteilhaft auswirkte, die eine „Nationalkirche“ besaßen, wie die Rumänen, die Serben und die Ruthenen. Bis 1900 waren über 90 Prozent der Schulen in kirchlicher Hand und die Konfessionen verfügten als Schulträger über die Wahl der Unterrichtssprache. Die Nationalitäten, die über keine eigene Kirchenorga- nisation verfügten, wie die Slowaken und die Deutschen (mit Ausnahme der Sieben- bürger Sachsen, die seit der Reformation eine eigene, protestantische Kirche besa-

36 Zit. nach GUMPLOWICZ, S. 226. 37 Ebenda. 38 Ebenda, S. 227. Ungarischer Text dieser Bestimmung: „Ezen egyenjogúság egyedül az országban divatozó többféle nyelvek hivatalos használatára nézve, és csak annyiban eshetik külön szabályok alá, amennyiben ezt az ország egysége, a kormányzat és közigazgatás gyakorlati lehetösége s az igazság pontos kiszolgáltatás szükségessé teszi.“

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ßen), waren schulisch gesehen Kirchen ausgeliefert, die es wie die protestantische, die reformierte und die katholische Kirche als ihre patriotische Pflicht ansahen, dem un- garischen Staat nicht zuletzt auch mit Maßnahmen der Magyarisierung dienstbar zu sein, um gerade in diesem Bereich ihre Loyalität zu bezeugen. Die Autonomie der serbischen, rumänischen und griechisch-orthodoxen Kirchen wurde durch ein eigenes, von Eötvös entworfenes Gesetz (Nr. 11/1868) geregelt. Gegen die Bestimmung des Paragrafen 17, in zusammenhängenden Minderheiten- siedlungsgebieten eine muttersprachliche Schulausbildung bis zur Hochschulreife zu- zulassen, wurde in den nachfolgenden Schulgesetzen ab 1879 am häufigsten und ge- radezu systematisch verstoßen, auch wenn den Nationalitäten und ihren Verbänden das Recht eingeräumt wurde, Schulen zu gründen und zu unterhalten, ein Recht, das freilich in der Praxis auf die kirchlichen Schulträger beschränkt blieb. In welch gerin- gem Ausmaß der Anspruch auf Gleichberechtigung in der Rechtssprechung umge- setzt wurde, zeigt die Regelung, dass demjenigen, der der jeweiligen Prozesssprache nicht mächtig war, das Recht eingeräumt wurde, in seiner Muttersprache eine Über- setzung anfertigen bzw. das Verfahren dolmetschen zu lassen. Schließlich wurde je- dem Bürger das Recht eingeräumt, Eingaben an kommunale, staatliche und kirchliche Stellen in seiner Muttersprache zu richten. Positive Auswirkungen hatte allerdings die Bestimmung, dass „zur Förderung von Sprache, Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft, In- dustrie und Handel“ Vereine, Gesellschaften und Stiftungen gegründet werden konn- ten, womit den Nationalitäten indirekt auch Kollektivrechte eingeräumt wurden. In der Parlamentsdebatte stieß dieses Gesetz vor allem bei den serbischen und ru- mänischen Abgeordneten auf entschiedene Ablehnung, da ihrer Überzeugung nach die gewährleisteten individuellen Freiheitsrechte die von ihnen geforderten Kollektiv- rechte keinesfalls ersetzen könnten. Selbst die in Pest erscheinende und um Zusam- menarbeit mit den Magyaren bemühte slowakische Zeitung Slovenské Noviny kriti- sierte, dass dieses Gesetz „uns individuelle Gleichberechtigung verspricht, als ob man uns gar nichts versprechen würde“.39 Die 26 Nationalitätenabgeordneten, die bereits Monate vorher ihren ganz und gar unberücksichtigt gebliebenen Alternativvorschlag ausgearbeitet hatten, verließen da- her in der Schlussdebatte am 28. November 1868 demonstrativ den Sitzungssaal. Das Gesetz wurde mit 267 Stimmen angenommen, 24 Abgeordnete der Nationalitäten stimmten dagegen und eine hohe Zahl von Abgeordneten, nämlich 113, zogen es vor, der Abstimmung fern zu bleiben. Von einer „großen Mehrheit“ der Zustimmung, wie sie László Katus feststellt40, kann bei insgesamt 400 Abgeordneten nicht die Rede sein, vielmehr von einer eindeutigen Ablehnung seitens der wenigen Abgeordneten, die der Nationalitätenbevölkerung angehörten. Doch auch in den Reihen der magyari- schen Abgeordneten stieß das Gesetz auf eine sehr geteilte Aufnahme, worauf ihr Ab- stimmungsverhalten hinweist. Wer von ihnen das Gesetz aus ganz anderen Gründen als die Nationalitäten ablehnte, konnte deren Abstimmungsverhalten nicht mit einer

39 Slovenské Novinyi Nr. 27, 1868, zit. nach KATUS, Magyarország története, S. 339. 40 KATUS, Magyarország története, S. 339; das Abstimmungsergebnis bei GUMPLOWICZ, S. 226.

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Gegenstimme bestätigen und zog es daher vor, der Abstimmung fern zu bleiben. Der repressive nationalitätenpolitische Kurs, der nur sechs Jahre später einsetzte, machte deutlich, dass diese Abgeordneten das Gesetz als zu weit gehende Konzession an die Nationalitäten betrachteten und bereits 1868 mit dem Suprematieanspruch der Ma- gyaren für unvereinbar hielten.41

3.3 Auswirkungen Die von Deák verfasste Definition des Staates Ungarn als „einheitliche magyarische politische Nation“ war zwar als Zugeständnis an die Nationalitätenforderungen ge- dacht und wahrscheinlich von der Idee eines über den Nationen stehenden Staates in- spiriert. Denn der Begriff „ungarisch“ ließ sich territorial im Sinne des ius soli inter- pretieren, doch gibt es in der ungarischen Sprache für „ungarisch“ kein anderes Wort als „magyar“.42 Dieser Begriff ließ sich daher in seiner Zweideutigkeit auch ethnisch im Sinne des ius sanguinis und damit als Anspruch auf die unumschränkte Hegemo- nie des Staatsvolkes interpretieren. Das machte der spätliberale Theoretiker des un- garischen Nationalstaats der Dualismuszeit, Gusztáv Beksics (1847-1906), unmiss- verständlich klar: „Ein einheitlicher, ungeteilter Staat, eine einheitliche, ungeteilte Nation: Das ist der Ausgangspunkt, das Ziel unserer Bestrebungen, die Norm unserer Taten. Das ist der kategorische Imperativ, dem jede unserer Reformen unterliegt.“43 Eine solche staatsrechtliche Auffassung bot keine Grundlage für eine Politik des Ausgleichs mit den Nationalitäten, wie sie noch von Deák und Eötvös intendiert war. Die vom Nationalitätengesetz proklamierte Gleichberechtigung schuf Chancengleich- heit nur in dem begrenzten Raum der Autonomie der Konfessionen, die vor allem von den orthodoxen Kirchen, gestützt auf ihre Schulträgerschaft, tatsächlich im Sinne eines Minderheitenschutzes genutzt wurde. Das Gesetz bildete für die Nationalitäten immerhin die Legitimationsinstanz für ihre Forderungen und die Rechtsgrundlage ih- rer Kritik an den Nationalisierungsmaßnahmen der ungarischen Regierung, die sich jedoch immer weniger an die Regelungen des Gesetzes gebunden fühlte. Da sie kei- nerlei Ausführungsbestimmungen zu dem Gesetz erließ, gab es auch keine Handhabe, solche in der Verwaltungspraxis einzufordern oder gar umzusetzen.

41 Die staatsrechtliche Opposition, die den Ausgleich von 1867 ablehnte und für einen star- ken, von Wien gänzlich unabhängigen ungarischen Nationalstaat eintrat, war im Parlament der Wahlperiode 1866-1869 mit 105 Abgeordneten vertreten. – TÓTH, Parteien, S. 96. 42 Dazu PÉTER: „Die Schwäche des GA XLIV/1868 lag in seiner Zweideutigkeit, die notge- drungen mit dem Gebrauch des Wortes ‚ungarisch‘ einherging, das – wie von vielen unab- hängigen Außenstehenden richtig bemerkt wurde – auf alle Bürger Ungarns angewandt wurde, aber als die sprachlich-kulturelle Gemeinde der Magyaren verstanden werden konn- te. Diese Verschmelzung von Bedeutungen war ein charakteristisches Merkmal des ungari- schen liberalen nationalistischen Diskurses seit der Reformära gewesen.“ – PÉTER, S. 366. 43 BEKSICS, Kemény, S. 307.

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4 Ungarische Nationalitätenpolitik 1868-1914

Das von der Kompromissbereitschaft Deáks geprägte Nationalitätengesetz hatte nie- mals eine Chance, in größerem Umfang rechtswirksam zu werden, denn es gab ab den 1870er Jahren auf der Seite der Titularnation keine politische Kraft mehr, welche die von Eötvös und Deák, später noch von Lajos Mocsáry (1826-1916) und wenigen an- deren propagierten Tugenden der Toleranz und des Kompromisses in Politik umset- zen wollte, obwohl eine solche nicht nur den demografischen Verhältnissen, sondern auch dem Interesse nach Bewahrung des nach wie vor multiethnisch strukturierten Staatsgebildes entsprochen hätte. Die politischen Repräsentanten der Nationalitäten besaßen laut Gesetz weder auf Regierungs- noch auf regionaler Ebene irgendwelche Mitspracherechte. Mit Hilfe der individualrechtlichen Orientierung des Gesetzes suchte die ungarische Elite die pränationale, unpolitische Mentalität der Nationalitä- tenbevölkerung zu bewahren und deren politische Mobilisierung von vornherein zu verhindern. Ungarische Nationalitätenpolitik war nur ein, allerdings sehr wichtiger Teil des Nationalisierungsprojekts, nämlich den ungarischen Staat zu vereinheitlichen, seine Bevölkerung zu homogenisieren und eine Nationalkultur aufzubauen, die nicht zuletzt im kulturellen Gedächtnis den Staat und seine Politik zu legitimieren und auch in die- sem Bereich präsent zu machen suchte.44 Es gab daher viele Akteure, die im öffentli- chen und gesellschaftlichen Bereich der Nationalisierung dienten und damit direkt oder indirekt das Verhältnis der Titularnation und ihrer Gesellschaft zu den Nationali- täten prägten: Politiker im Parlament und in der Regierung; leitende Verwaltungsbe- amte in den Ministerien, Komitaten und Kommunen; Richter und Advokaten an den Gerichten; Schulinspektoren und Lehrer an den Schulen; Journalisten in der von der Regierung unterstützten Presse; Schriftsteller und Historiker, die sich ganz in den Dienst der Nationalkultur stellten; Bischöfe und Kleriker der großen (katholischen, evangelischen und reformierten) Kirchen, denen das Wohl der zu magyarisierenden Seelen und deren Vermehrung sehr am Herzen lag; Protagonisten der ungarischen Gesellschaft, die sich in Vereinen (auch Schutzvereinen) engagierten, und Honoratio- ren als Amts- und Würdenträger auf dem flachen Land. Diese Auflistung ließe sich sicherlich noch verlängern und macht zugleich deutlich, wie viele Bereiche nationali- tätenpolitische Relevanz besaßen. Von diesen können hier nur einige in Auswahl skizziert werden. Demgegenüber stand auf der Seite der Nationalitäten eine zunächst nur geringe, doch allmählich zunehmende Anzahl von Politikern, Lehrern, Geistlichen, Intellek- tuellen und Wirtschaftsunternehmern, die sich als Interessenvertreter der Nationalitä- ten zu profilieren vermochten. Geprägt von einer grundsätzlichen Protesthaltung und allgemeinen Unzufriedenheit beschränkten sich die wenigen weltlichen und religiösen Führerpersönlichkeiten der Nationalitäten von vornherein auf kirchlich, kommunal oder regional realisierbare Maßnahmen und Aktionen der Selbsterhaltung, die ihre

44 PUTTKAMER, Sonderfall; KING, Nationalization; FREIFELD; SZÁSZ, Relations; DERS., Poli- tik; DERS., Ziele; GOTTAS, Nationalitätenpolitik; BÁRÁNY, Hungary; MIKÓ.

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politische Marginalisierung im Staat allerdings zementierten. Den politischen Akteu- ren wie dem Staatsapparat wussten sie zunächst außer Passivität und Wahlboykott wenig entgegenzusetzen. Erst Anfang der 1890er Jahre setzten Bestrebungen ein, eine gruppenübergreifende, politische Plattform und Aktionseinheit der Nationalitäten zu begründen, die sich dann in Gestalt des Nationalitätenkongresses von 1895 in Buda- pest ein zwar angemessenes, jedoch wenig beständiges Forum schufen. Für eine Aus- einandersetzung um politische Autonomie „entstand im engeren Ungarn kein politi- scher Raum. Für solche Gedanken vermochten die Nationalitäten in der ungarischen Politik keinen Partner zu finden.“45 Das Nationalitätengesetz von 1868 war staatsrechtlich wie politisch ungeeignet, ein gedeihliches Zusammenleben der Titularnation mit den Nationalitäten im Verlauf der 51 Jahre währenden Dualismus-Periode zu gewährleisten. Es war inhaltlich gese- hen ein Sprachengesetz, über drei Viertel seiner Bestimmungen beschäftigten sich mit Sprachregelungen. In der Folgezeit stand daher auch weiterhin die Sprache im Brenn- punkt der ungarischen Nationalitätenpolitik. In ihrer Strategie war diese ganz und gar darauf ausgerichtet, in all den sprachlich relevanten Bereichen Normen zu setzen und Maßnahmen zu treffen, von denen sich die Elite eine nationalisierende Wirkung ver- sprach. Diese Bereiche waren allen voran die Institutionen der schulischen Erziehung vom Kindergarten bis zur Hochschule, der Staatsapparat, die Medien, öffentlich wahrnehmbare Bezeichnungen wie Toponyme jeglicher Art: die Bezeichnung der Or- te, Straßen, Plätze und Fluren, schließlich auch Personennamen. In der Periodisierung der ungarischen Nationalitätenpolitik sind drei Perioden zu unterscheiden:  die Periode des Hochliberalismus, die keineswegs zufällig mit der Regie- rungszeit des autoritären ungarischen Staatsmannes Kálmán (1830- 1902) 1875-1890 zusammenfiel und durch Gesetze sehr wirksame Maßnah- men der Nationalisierung im Bereich von Schule und Verwaltung in Gang setzte;  die chauvinistische Periode im Jahrzehnt 1890 bis 1899 mit einer deutlichen Verschärfung des nationalitätenpolitischen Kurses, der unter der Regierung des Grafen Dezső Bánffy (1843-1911, Ministerpräsident 1895-1899) immer repressivere Züge annahm, die Magyarisierung der Namen von Orten und Personen forcierte und seinen Höhepunkt 1907 mit dem Apponyischen Schulgesetz erreichte, und schließlich,  zeitlich teilweise dazwischen geschaltet zaghafte Versuche eines modifizier- ten, gemäßigteren Kurses unter den Ministerpräsidenten Kálmán Széll (1843- 1915, Ministerpräsident 1899-1903) und István Tisza (1861-1918, Minister- präsident 1903-1905 und 1913-1917), der vor dem Hintergrund der Krise des Dualismus am Vorabend des Ersten Weltkriegs vergeblich einige Kompro- misse vor allem mit den Rumänen zu erreichen suchte.

45 SZÁSZ, Autonómiavágyak, S. 174.

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Die Jahre von 1869 bis 1874 waren von Konsolidierungsbestrebungen des Natio- nalstaats im dualistischen System geprägt, in deren Rahmen sich allmählich ein unga- risches Parteiensystem herauskristallisierte und Nationalitätenpolitik noch keine grö- ßere Rolle spielte. Die von Eötvös und Deák angeführte Politikergeneration wurde Mitte der 1870er Jahre von einer neuen abgelöst, dominiert von Kálmán Tisza (1830- 1902), der mit der 1875 von ihm geschaffenen Liberalen Partei die Mehrheit im Par- lament erlangte und das Land mit starker Hand vom Oktober 1875 bis zum März 1890 regierte. Diese neue Generation baute ganz konsequent einen voll zentralisierten ungarischen Nationalstaat auf, beseitigte alle noch aus dem Mittelalter stammenden Privilegien der Autonomie und Selbstverwaltung (z.B. der Siebenbürger Sachsen) und war darum bemüht, möglichst viele Bereiche des öffentlichen Lebens, insbesondere das Unterrichtswesen, zu nationalisieren. Eine der ersten Maßnahmen der Regierung Tisza war die Schließung der drei slowakischen Gymnasien Oberungarns und die Auflösung des slowakischen Kulturvereins Matica Slovenská wegen „staatsfeindli- cher Tätigkeit“ und „panslavistischer Agitation“. Eine weitere Verfolgungsmaßnahme richtete sich gegen den populären Anführer der Serbischen Nationalliberalen Partei (Szerb Nemzeti Liberális Párt), Svetozar Miletić (1826-1901), und dessen Sprachrohr, der in Neusatz/Novi Sad erscheinenden Zeitschrift Zastava (Die Fahne). Als 1875 der gegen die osmanische Herrschaft ge- richtete Aufstand in Bosnien ausbrach, unterstützte Miletić die Aufständischen mit Hilfslieferungen. Am 16. Juni 1876 wurde er wegen „gefährlicher Machenschaften und Aufwiegelung der Neusatzer Einwohner“ unter Missachtung seiner Immunität als Parlamentsabgeordneter verhaftet. Die ungarische Regierung beschuldigte ihn, dass er die Woiwodschaft mit Serbien vereinigen wolle, und ließ ihn nach eineinhalb Jahren Untersuchungshaft wegen Hochverrats zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurtei- len. Den Kerker verließ er als gebrochener Mann, der seine ursprüngliche Führungs- rolle nicht mehr auszuüben vermochte.46 Die vom Gesetz 1868 gewährleisteten Sprachenrechte fanden immer weniger Be- rücksichtigung, die unter der Regierung Tisza verabschiedeten Schulgesetze von 1879 und 1883 richteten sich ganz offen gegen sie. Die Unzufriedenheit der Nationalitäten nahm zu und deren Honoratioren-Führungsschicht wurde im Verlauf der 1880er Jahre von selbstbewussteren, radikaleren Politikern und Intellektuellen abgelöst. Die unga- rische öffentliche Meinung stimmte mit den Nationalitäten in der immer entschlosse- neren Ablehnung des Nationalitätengesetzes überein, eine aus ganz unterschiedlichen Gründen gespeiste, im Prinzip jedoch gefährliche Gemeinsamkeit, da sie vergessen machte, wie sehr dieses Gesetz von der Motivation bestimmt war, eine Ausgangsbasis für einen Interessensausgleich zwischen Staatsvolk und Nationalitäten zu schaffen.47 1884 gründete der rumänische Schriftsteller Ioan Slavici (1848-1925) in Her- mannstadt eine moderne rumänische Tageszeitung, die Tribuna, die zum Sprachrohr der rumänischen Memorandum-Bewegung wurde. Diese brach mit der altliberalen

46 PETROVIĆ. 47 Vgl. dazu JÁSZI, Nemzeti, hier den Abschnitt über den Richtungswechsel in der öffentlichen Meinung der Magyaren wie der Nationalitäten gegen das Nationalitätengesetz, S. 142-144.

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Beschwerdepolitik der rumänischen Nationalbewegung. Der von ihr eingeleitete Poli- tikwechsel als Antwort auf die immer repressiver auftretende ungarische Nationalitä- tenpolitik führte zu einer Radikalisierung sowohl der Methoden als auch der Zielset- zung der rumänischen Ethnopolitik. Ganz offen formulierte sie die Alternative, wenn der von ihr gewünschte Ausgleich der rumänischen Nationalität mit der ungarischen Regierung nicht zustande käme: „Falls die Stärkung des rumänischen Ethnikums im ungarischen Staate unmöglich ist […], bleibt uns keine andere Rettung als die Beseitigung eines solchen ungarischen Staates und der Kampf um diese Beseitigung; das Bündnis mit den Gegnern des ungarischen Ethni- kums erscheint uns als eine organische Notwendigkeit.“48 Mit Unterstützung aus Bukarest erarbeitete der Tribuna-Kreis eine an den König Franz Joseph adressierte Denkschrift, das „Memorandum“ aus, das alle Beschwerden der Siebenbürger Rumänen von 1867 bis 1891 zusammenfasste und 1892 auch in französischer, deutscher und italienischer Sprache veröffentlicht wurde. Gegen die Urheber des Memorandums leitete die Staatsanwaltschaft von Klausenburg ein Pres- seprozessverfahren ein, das 1894 zur Verurteilung von 15 Personen zu einer Haftstra- fe von zwei Monaten bis zu zweieinhalb Jahren führte. Dieser Skandal erregte erst- mals die Aufmerksamkeit einer breiten europäischen Öffentlichkeit, die die ungari- sche Nationalitätenpolitik einhellig verurteilte.49 Die Anfang 1895 gebildete Regierung des siebenbürgischen Politikers Graf Dezső Bánffy (1843-1911) setzte in der Behandlung der Nationalitäten neue, noch schärfere Akzente. Sie richtete im Amt des Ministerpräsidenten eine „Nationalitätensektion“ ein, die sie mit dem Monitoring aller relevanten Vorgänge und Ereignisse beauftragte mit dem Ziel, die ungarische Politik gegenüber den Nationalitäten mit nunmehr weni- ger gesetzlichen als administrativen Methoden systematischer und konsequenter als bisher fortzuführen. Bánffy genehmigte zwar den nach Budapest 1895 einberufenen Nationalitätenkongress, der sich in seinem Beschluss vom 10. August 1895 zur terri- torialen Integrität des Landes bekannte und die Beschwerden der Nationalitäten auf- zählte. Die serbischen, slowakischen und rumänischen Teilnehmer forderten freilich vergeblich die politische Anerkennung des ethnischen Pluralismus in Ungarn und die Einführung der Nationalitätenautonomie in den dafür in Frage kommenden Komita- ten.50 Doch die mit der Regierung geplanten Beratungen der zu diesem Zweck einge- richteten Koordinierungskommission kamen nach einigen Anläufen zum Stillstand. Beide Seiten waren in der bereits wechselseitig vergifteten Atmosphäre nicht mehr zu einer politischen Zusammenarbeit bereit. Diejenigen Nationalitäten, die von ihrem Mutterland aus Unterstützung erfuhren, wie die Rumänen und die Südslaven, fühlten sich aus diesem Staat zunehmend aus- gegrenzt und unterdrückt. Ihre Nationalbewegungen bekamen allmählich einen irre-

48 Tribuna vom 26. September 1884, zit. nach SZÁSZ, Politik, S. 615. 49 SZÁSZ, Politik, S. 619; die inhaftierten Verurteilten des Prozesses wurden 1895 allerdings begnadigt. 50 Die Beschlüsse in: Iratok a nemzetiségi kérdés történetéhez, Bd. 2, S. 377 f.; HASLINGER, Ungarnbild; KRAJČOVIČ; – http://istorie.uab.ro/publicatii/colectia_auash/annales_7/03.pdf.

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dentistischen Charakter, der sich freilich erst in den Jahren des Weltkriegs ganz klar herauskristallisierte und 1918 zur Aufkündigung des ungarischen Staatsverbandes führte. Zwei bedeutende Minderheiten schlugen allerdings einen ganz anderen Weg ein: Die Juden und die in den Städten lebenden Deutschen assimilierten sich. Beide trugen dadurch entscheidend dazu bei, dass sich der ungarische Anteil an der Ge- samtbevölkerung (in Ungarn ohne Kroatien) im Verlauf von 30 Jahren, nämlich von 1880 bis 1910, von 46 Prozent auf 54 Prozent erhöhte.

5 Politisches System, Parlament und Wahlrecht

Kennzeichnend für den oligarchischen, undemokratischen Charakter des politischen Systems der Dualismuszeit war die Tatsache, dass im ungarischen Parlament weder die breiten Bevölkerungsschichten der Bauern, Arbeiter und Kleinbürger vertreten waren, noch – mit wenigen Ausnahmen – die Nationalitätenbevölkerung, die – soweit wahlberechtigt – ihrer unpolitischen Mentalität folgend häufig Regierungskandidaten ihre Stimme gab und nur vereinzelt Kandidaten, die aus ihrer Mitte hervorgingen. Das 1874 revidierte ungarische Wahlrecht51 beschränkte durch die Einführung des Steuer- zensus (der den vorher praktizierten Vermögens- und Einkommenzensus ablöste) den Prozentsatz der Wahlberechtigten auf ca. 6,1 Prozent der Gesamtbevölkerung (der 1848 noch bei 10 Prozent gelegen hatte), im Deutschen Reich waren es vergleichs- weise 1879 20 Prozent, in Frankreich 1875 27 Prozent.52 Durch den hohen Zensus waren die Arbeiter, die Bauern und das städtische Kleinbürgertum und damit breite Bevölkerungsschichten von der Wahl ausgeschlossen und nicht im Parlament vertre- ten. Dieses Wahlrecht sicherte der herrschenden ungarischen Schicht, der Oligarchie von Großgrundbesitzern, Großbürgertum und besitzendem Adel, die Vorherrschaft. Der Modus der Kandidatenaufstellung (es reichte die Empfehlung von 10 Wählern eines Wahlkreises, die auch spätestens eine Stunde nach Eröffnung der Wahl, also am Wahltag selbst, den Wahlvorsitzenden überreicht werden konnte), die Einteilung der Wahlbezirke und auch das Wahlverfahren garantierten, dass Repräsentanten opposi- tioneller Kreise wie auch der Nationalitäten nur in ganz geringer Zahl in das Parla- ment gelangen konnten. Die Nationalitätenbevölkerung stellte deshalb nur ca. 5 Pro- zent der Abgeordneten, obwohl die nichtungarische Bevölkerung noch 1910 einen Anteil von 46 Prozent an der Gesamtbevölkerung ausmachte. Erst die 1913 verab- schiedete Wahlrechtsreform erweiterte die Zahl der Wahlberechtigten um das Dop- pelte, kam jedoch infolge des Weltkriegs niemals zur Anwendung. Im ungarischen Parlament besaßen die aristokratischen Großgrundbesitzer und die Schicht der adeligen Grundbesitzer mittlerer Größe anfänglich zwei Drittel bis drei Viertel aller Mandate, 1865 79 Prozent, 1892 58 Prozent und 1910 noch immer 56

51 RÉVÉSZ, Nationalitätenfrage. 52 RÉVÉSZ, Parlament, S. 1024. Steuerrückstände bewirkten bis 1899 die Suspendierung des Wahlrechts.

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Prozent.53 Die gegen die Nationalitäten und die politische Opposition gerichtete Ein- teilung der Wahlkreise schuf ein zweites Ungleichgewicht: Es gab auf dem flachen Land Wahlkreise, in denen ein paar hundert, leicht kontrollierbare Wähler einen Ab- geordneten ins Parlament entsandten54 gegenüber 12 000 Wähler in einem Budapester Wahlkreis. Drei Viertel aller Wahlkreise hatten weniger als 3 000 Wahlberechtigte. Die 413 Wahlkreise waren so konstruiert, dass die nichtungarischen Wähler in weni- ger als einem Viertel eine Mehrheit bildeten.55 So zählte man im Hermannstädter Komitat 108 413 Rumänen, von denen 1905 nur 1 523 (1,4 Prozent) wahlberechtigt waren, und 47 678 Sachsen, von denen immerhin 2869 (6,0 Prozent) im selben Jahr zur Wahl gehen konnten.56 Zu diesem Zeitpunkt waren auf Landesebene 57 Prozent der Wahlberechtigten ungarischer Muttersprache, obwohl deren Bevölkerungsanteil an der Gesamtbevölkerung die Marke von 48 Prozent gerade überschritt. Die seltsamsten Bestimmungen gab es jedoch zum Wahlverfahren. Die offene, kollektive Stimmabgabe an nur einem Ort (meist im politischen Zentrum des Wahl- kreises, das häufig abseits vom geografischen Zentrum lag, oft waren Wegstrecken bis zu 100 km zurückzulegen, worauf verständlicherweise viele verzichteten) und zu einem bestimmten Zeitpunkt mit all den Möglichkeiten der Wahlmanipulation (bei- spielsweise durch Transport der Wähler zum Wahlort und deren Bewirtung seitens der Kandidaten, was diesen hohe Kosten verursachte) sowie auch die Möglichkeit der Wahl durch Akklamation trugen dazu bei, dass das ungarische Wahlrecht als das kor- rupteste in ganz Europa angesehen wurde.57 Ein Abgeordnetenkandidat berichtet über seine Erfahrungen bei der Parlamentswahl 1878 im Banat, „zu der die Wähler der einzelnen Gemeinden von Gendarmen eskortiert einrückten und auf Kommando das ihnen diktierte Votum auf einen ganz unbekannten fremdnationalen madjarischen Kandidaten abgeben mussten“58. Gab es nur einen Kandidaten, dann wurde dieser in- nerhalb einer halben Stunde nach Eröffnung der Wahl für gewählt erklärt, trat im Ver- lauf des Wahlverfahrens ein Kandidat zurück, dann wurde der zweite automatisch für gewählt erklärt. Noch dazu wurde das Recht auf Versammlungsfreiheit in Vorberei- tung auf die Wahlen vorzugsweise in Wahlkreisen mit Nationalitätenbevölkerung durch gesetzwidrige Eingriffe der Komitatsverwaltung oft genug eingeschränkt oder ganz aufgehoben. Gegen solche Übergriffe vorzugehen, wurde erst 1899 durch die Eröffnung eines bis zum Obersten Gericht führenden Instanzenwegs ermöglicht. Bis

53 MACARTNEY, Habsburg Empire, S. 725. 54 Gustav Gratz berichtet in seinen Memoiren von dem in Siebenbürgen gelegenen Wahlkreis Leschkirch, der bei der Parlamentswahl von 1906 428 Wähler zählte. – GRATZ, Augenzeu- ge, S. 68. 55 KATUS, Magyarország története, S. 562. 56 KORODI, Rhapsodien, S. 69. 57 Berühmtheit erlangte die erste zu dieser Problematik im Ausland erschienene Studie des britischen Historikers SETON-WATSON, Racial. In dieser zog er auf S. 204 folgendes Fazit: „The non-Magyar nationalities are the victims of a policy of repression which is without any parallel in civilized Europe.“ 58 STEINACKER, Lebenserinnerungen, S. 96.

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dahin scheiterten solche Einsprüche an der Instanz des Komitatsgerichts, das somit als Täter und Richter fungierte. Politik war eine Angelegenheit der „Herren“ und die Masse der Bevölkerung blieb außen vor, obwohl bei der Parlamentswahl von 1910 62 Prozent der Wahlberechtigten Bauern und 16 Prozent Kleingewerbetreibende und Kleinhändler waren.59 Die man- gelnde politische Mobilisierung der Bevölkerung spiegelte sich in der Wahlbeteili- gung wider: 1896 gingen 424 000 zur Wahl, das waren 2,7 Prozent der Bevölkerung, auf die damals gewählten Abgeordneten entfielen 260 000 Stimmen, so dass streng genommen nur 1,6 Prozent der Bevölkerung tatsächlich im Parlament vertreten wa- ren. Erst 1910 stieg die Zahl derer, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, auf 670 000 an, das waren damals 3,7 Prozent der Bevölkerung, wobei 2,2 Prozent für die gewählten Abgeordneten stimmten.60 Die Zahl der Wähler ging tendenziell auch des- halb zurück, weil die Nationalitätenparteien in den von Nationalitäten dominierten Wahlkreisen häufig zum Wahlboykott aufriefen, so 1869 die Rumänische National- partei oder 1884 die Slowakische Nationalpartei, die bis 1902 darauf beharrte. Die Serben boykottierten erstmals 1892 die Parlamentswahlen.61 Der Abgeordnete (1853-1936) meinte in seiner Ignoranz noch 1883 in der Parlamentsdebatte zum Mittelschulgesetz feststellen zu können: „Ungarn ist in der glücklichen Lage, dass hier keine politische Partei besteht, deren Basis durch die Konfession oder Nationalität gebildet würde“; worin er übrigens den ersten Schritt „zur Auflösung der politischen Einheit unserer Nation“ gesehen hätte.62 Auf den politischen Foren des Parlaments und der Selbstverwaltungsgremien in den Munizipien waren nur Aristokraten, der grundbesitzende Adel und Mitglieder der Mittelklasse, Vertreter der Intelligenz und der Gentry, des deklassierten Kleinadels, aktiv. Zur Wahl standen weniger Parteien als vielmehr Personen, die entweder der Regierung nahe standen bzw. der immer wieder neu gebildeten Regierungspartei an- gehörten (was ihre Wahlchancen ungemein erhöhte) oder der Opposition zugerechnet wurden.63

6 Schule, Schulgesetze und die Regelung der Unterrichtssprache

Das 1868 von Eötvös vorgelegte allgemeine Volksschulgesetz (GA 38/1868) ver- pflichtete jede Gemeinde dazu, ab 30 Schulkindern eine Schule einzurichten und den

59 KATUS, Magyarország története, S. 362. 60 RÉVÉSZ, Parlament, S. 1027 f. 61 Ebenda, S. 1028. 62 Der Mittelschulgesetzentwurf im ungarischen Reichstage, S. 127. – Berzeviczy war 1887- 1894 Staatssekretär im Kultus- und Unterrichtsministerium, 1903-1905 im Kabinett Tisza Kultus- und Unterrichtsminister, 1905-1936 Präsident der Ungarischen Akademie der Wis- senschaften. 63 Ebenda.

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Unterricht in der jeweiligen Muttersprache der Kinder zu erteilen, sofern diese zu den in der Gemeinde gesprochenen Sprachen gehörte. Paragraf 58 legt fest: „Jedem Schüler soll der Unterricht in seiner Muttersprache erteilt werden, wenn diese Sprache in der Gemeinde eine der gebräuchlichsten ist. In den Gemeinden mit gemischter Sprache soll ein Lehrer beschäftigt werden, der in der Lage ist, in den Sprachen zu unter- richten, die gesprochen werden. In dicht bevölkerten Gemeinden, wo unterschiedliche Sprachen gebraucht werden, sollen – soweit es die Möglichkeiten der Gemeinde zulassen – Hilfslehrer angestellt werden, die verschiedener Sprachen mächtig sind.“64 In den Lehrerbildungsanstalten waren die Muttersprache, Ungarisch und Deutsch obligatorische Unterrichtsfächer. Das Gesetz führte die allgemeine Schulpflicht für den sechsjährigen Besuch der Elementarschule und der dreijährigen Wiederholungs- schule ein. Dadurch wurde die Zahl der zu unterrichtenden Kinder mit einem Schlag verdoppelt. Wie dringlich die mit diesem Gesetz in Gang gesetzten Modernisierungs- bestrebungen des Staates im Schulbereich waren, verdeutlichen einige Zahlen, die die erste genauere landesweite Erhebung der Schulverhältnisse von 1869 zu Tage förder- te. Nur 48 Prozent aller schulpflichtigen Kinder gingen tatsächlich zur Schule, von denen wiederum die Hälfte nur im Winter am Unterricht teilnahm; von der Gesamt- bevölkerung über sechs Jahre waren nur 32,8 Prozent alphabetisiert. Die regionalen Unterschiede insbesondere in den peripheren Gebieten waren bedeutend: So lag der Schulbesuch in den siebenbürgisch-sächsischen Stühlen deutlich über 90 Prozent, in den westungarischen Komitaten Sopron, Moson und Vas zwischen 70 Prozent und 80 Prozent, in den Zipser Städten bei 65 Prozent, doch im Komitat Pressburg außer- halb der Stadt bereits nur mehr bei 35,5 Prozent. Das Schlusslicht bildeten mehrheit- lich rumänisch besiedelte Schulbezirke Siebenbürgens mit weniger als 30 Prozent, im Komitat Hunyad nur mehr 14 Prozent.65 Es gab in der Dualismus-Periode zahlreiche strukturelle Probleme zu lösen: die Zahl der funktionsuntüchtigen Schulgebäude durch modernere zu ersetzen, wobei die Standards, die das Gesetz von 1868 hier vorschrieb, zeigen, welche Art von Kom- promissen mit der Schulwirklichkeit hier einzugehen waren, denn es sollten nicht mehr als 80 Kinder auf einen Lehrer und in Neubauten nicht mehr als 60 Kinder auf ein Klassenzimmer kommen. Schulräume, in denen sich im Winter mehr als 100 Kin- der drängten, waren durchaus keine Seltenheit. Ein weiteres Problem war die Ausstat- tung der Schulen mit Lehrmitteln wie Büchern, Karten, Tafeln etc. Das schwierigste Problem war der Mangel an qualifizierten Lehrern, denn landesweit besaßen 20 Pro- zent überhaupt keine Ausbildung, in vielen Komitaten überschritt diese Quote jedoch häufig die 50 Prozent. Im Komitat Zemplén wurden 1869 17 Lehrer gezählt, die selbst nicht einmal lesen oder schreiben konnten.66

64 Der Text in: A magyar állam és a nemzetiségek, S. 79. 65 Die Zahlen bei PUTTKAMER, Schulalltag, S. 100 f. Im Zeitraum von 1869 bis 1877 konnte der Anteil der Kinder mit Schulbesuch von 48 Prozent auf 73 Prozent aller schulpflichtigen Kinder erhöht werden. – Ebenda, S. 105. 66 Ebenda, S. 103. 1884 waren landesweit noch immer 14,5 Prozent aller Lehrer ohne Di- plom. – Ebenda, S. 105.

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1868 gab es 26 Lehrerausbildungsanstalten, davon waren neun königlich-katholisch (in Gran, Raab, Kalocsa, Tyrnau/Trnava, Fünfkirchen, Pest, Ödenburg, Sathmar/Satu Mare und Großwardein/Oradea), die aus dem Religionsfonds finanziert wurden, drei römisch-katholisch (Erlau, Csiksomyló/Şumuleu, Kirchdrauf/Spišské Podhradie), drei griechisch-katholisch (Ungvár, Großwardein und Blasendorf/Blaj), zehn von anderen Konfessionen unterhalten und nur eine staatlich. Die Zahl der staatlichen Lehrerbil- dungsanstalten erhöhte sich ab diesem Zeitpunkt allerdings sprunghaft, bis 1896/97 auf 25; zu diesem Zeitpunkt waren 10 königlich-katholisch, 29 römisch-katholisch, 5 grie- chisch-katholisch und 14 von anderen Konfessionen unterhalten.67 Als das Volksschulgesetz 1868 beschlossen wurde, gab es fast nur Schulen in kirchlicher Trägerschaft, die Autonomie der kirchlichen Schulträger blieb unangetas- tet.68 Das änderte sich 1876, als sich vor dem Hintergrund der bisher gesammelten Er- fahrungen der Ruf nach stärkerer staatlicher Kontrolle durchsetzte. Die Kompetenz der 1868 eingerichteten und jetzt in die Komitatsverwaltung eingegliederten Schul- inspektoren wurde präzisiert und die Kirchengemeinden dazu verpflichtet, aus ihrer Mitte Schulstühle zu wählen, denen auch der jeweilige Pfarrer angehörte. „Mit dem Gesetz von 1876 machte sich der Staat nunmehr zum Antreiber, der bei den kirch- lichen Schulträgern die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben anmahnte.“69 Die staatlichen Modernisierungsbestrebungen im Bereich Schule verbanden sich ab der Regierungsperiode Kálmán Tiszas immer stärker mit den nationalisierenden Zielsetzungen der ungarischen politischen Elite. Das Volksschullehrer-Blatt, mit Pa- rallelausgaben in ungarischer, slowakischer, rumänischer, kroatischer, serbischer und ruthenischer Sprache, erschien seit 1874 nur mehr auf Ungarisch (als Néptanitók Lap- ja) und die damit verbundene Monopolisierung des Ungarischen zeigte bereits die Richtung an, die fortan in immer stärkerem Ausmaß im schulischen Bereich zur Gel- tung kommen sollte. Einer solchen Monopolisierung stand gerade in den von Nationalitäten bewohnten Siedlungsgebieten die kirchliche Schulträgerschaft insofern im Wege, als sie die Vor- gaben des Staates in puncto Unterrichtssprache aus vielerlei, nicht nur nationalpoliti- schen, sondern häufiger noch aus strukturellen Gründen nur halbherzig und zögerlich, oft auch gar nicht, in die Praxis umsetzte. Deshalb gingen die Behörden ab den 1870er Jahren in immer stärkeren Maß dazu über, staatliche Schulen in Orten einzu- richten, in denen bislang überhaupt keine Schule bestand, was im Allgemeinen auf periphere, rückständige und häufig von nichtungarischer Bevölkerung bewohnte Ge- biete zutraf, aber auch in Orten besonderer Bedeutung mit nichtungarischer Bevölke- rung, um „nationalpolitisch Flagge zu zeigen“.70 Eine der Ersten wurde deshalb 1874 im Zentrum der slowakischen Nationalbewegung, in Túrócszentmárton/Turčiansky Sv. Martin (heute Martin) errichtet. Als drittes Ziel war die Einrichtung staatlicher Schulen in Gemeinden mit ungarischer Streuminderheit maßgebend, die sonst über

67 CSÁKY, Kirche, S. 278. 68 Zum katholischen Schulwesen siehe ebenda, S. 276-280. 69 PUTTKAMER, Schulalltag, S. 104. 70 Ebenda, S. 112.

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keine Schulen mit ungarischer Unterrichtssprache verfügten. Die Verbreitung dieses Schultyps war eines der Hauptziele bei der Einrichtung staatlicher Schulen, die 1892 einen Anteil von 4,9 Prozent aller Elementarschulen erreichten und bis 1905 auf die Zahl von 2 045 und damit auf 12,3 Prozent angestiegen war. Im Zeitraum von 1868 bis 1907 wurden 70 Prozent aller staatlichen Schulen in Orten mit nichtungarischer Bevölkerung eingerichtet.71 Unter dem im Jahr der Milleniumsfeiern 1896 noch gesteigerten Druck der öffent- lichen Meinung entwickelte der Kultus- und Unterrichtsminister Gyula Wlassics (1852-1937) 1897 das Konzept der „Parallelaktion“ (párhuzámos akció), in den nächsten fünf Jahren tausend staatliche Volksschulen vor allem in Gebieten einzurich- ten, in denen „das magyarische Element eine große, anziehende Kraft darstellen“ soll- te. Im Rahmen dieses Programms wurden bis 1903 in 578 der benannten 1 693 Ge- meinden 728 staatliche Volksschulen neu eingerichtet und 1 605 Lehrer neu einge- stellt.72 Die programmatischen Zielsetzungen dieser Aktion lassen sich anhand der 1898 zu diesem Zweck durchgeführten systematischen Befragung in allen Gemeinden des Landes am Beispiel des Komitats Baranya aufgrund der Forschungsarbeit von László Szita73 sehr gut verdeutlichen. Die 1898 vom Ministerium genannten Prioritätskriterien, nach denen staatliche Volksschulen eingerichtet werden sollten, wurden wie folgt definiert: 1. Gemeinden mit einer ungarischen Minderheit und bislang ohne Schule mit ungarischer Unterrichtssprache (in der nachfolgenden Tabelle als Orte der Kategorie 1) 2. Orte mit ungarischer Mehrheit, doch bislang ohne Schule mit ungarischer Unterrichtssprache (Orte der Kategorie 2) 3. Orte mit rein ungarischer Bevölkerung mit konfessionellen oder kommunalen Schulen, die jedoch „einen blühenden Volksunterricht nicht gewährleisten“ (Orte der Kategorie 3) 4. Orte mit reiner Nationalitätenbevölkerung, die die Einrichtung einer unga- rischsprachigen Schule wünschten und bereit sind, dazu einen finanziellen Beitrag zu leisten74 (Orte der Kategorie 4). Aus den Einträgen der Beamten in den Erhebungsbögen ging hervor, dass die El- tern in den Dörfern der Baranya mehrheitlich in der Zweisprachigkeit eine den Schu- len aufzutragende Lösung erblickten.75 Für Südosttransdanubien und die Baranya lässt sich für die Zeitspanne von 1898 bis 1906 feststellen, dass die 1897 ins Leben gerufene Parallelaktion im Unterschied zu Gebieten wie Siebenbürgen, Oberungarn, Batschka und Banat nur in zehn der 127 für Schulgründungen ausgewählten Gemein-

71 SZITA, Dualizmuskori, S. 447. 72 PUTTKAMER, Schulalltag, S. 115. 73 SZITA, Dualizmuskori. 74 SZITA, Dualizmuskori, S. 448. 75 Ebenda, S. 453.

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den tatsächlich erfolgreich war. Um dieses Defizit zu beheben, wurde Ende 1906 eine zweite Parallelaktion gestartet, die jedoch – um das vorauszuschicken – auch nicht viel veränderte. Die stichwortartige Qualifikation aller in den 124 Gemeinden erfass- ten Schulen ergibt jedoch ein zuverlässiges Bild der Schulverhältnisse für das Jahr 1898 aus der Sicht von Beamten, die das Nationalisierungsziel des Staates bereits voll internalisiert hatten.

Tabelle 1: Klassifikation der Gründe für die Einrichtung staatlicher Schulen in 124 Gemeinden des Komitats Baranya 189876 Orte der Orte der Orte der Kategorie 1 Kategorie 2 Kategorie 3 Aspekt der Nationalität 12 – – Aspekt der Magyarisierung 47 – – Strukturelle und gesetzliche 17 12 1 Gründe Armut der Gemeinde 11 4 – Deutsche Unterrichtssprache 3 – – Zwei Unterrichtssprachen 4 – – Drei Unterrichtssprachen 5 – – Nur Geistliche als Lehrer – 6 3 Summe 99 22 4

In die vierte Kategorie wurde nur eine einzige Gemeinde eingetragen, nämlich Hi- dor (Bevölkerung: 324 Deutsche, 4 Magyaren), die 1894 einen Antrag auf Verstaatli- chung ihrer Schule gestellt hatte.77 In den Orten der ersten Kategorie dominierten ganz eindeutig nationalitätenpolitische Gründe, die für 71 der 99 Orte als ausschlag- gebend für die Einrichtung von staatlichen Schulen aufgelistet wurden. Aus der im Januar 1907 zusammengestellten Liste von 29 Gemeinden mit 45 Volksschulen78, in denen der Obergespan die Errichtung einer staatlichen Volksschule für dringlich einstufte, geht hervor, dass rund 40 Prozent der zur Nationalitätenbevöl- kerung zählenden Schulkinder Ungarisch konnte. Die mit April 1907 datierte und an das Ministerium für Kultur und Unterricht (VKM) eingereichte detaillierte Erhebung des Obergespans über den Stand der Magyarisierung berücksichtigte nur die Orte, in denen die Einrichtung von staatlichen Volksschulen als besonders wichtig angesehen wurde, und zwar in „Gemeinden, in denen die Stärkung der ungarischen Sprachgren- ze und im Interesse der Verbreitung [der ungarischen Sprache] eine solche wün-

76 Ebenda, S. 462-466. 77 Der betreffende Antrag der Gemeinden Gödre, Jakabfalu und Kiskőszeg wurde wegen feh- lenden Eigenbeitrags zurückgestellt. – Ebenda, S. 451. 78 Ebenda, S. 482-484.

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schenswert wäre“79. Hier artikulierte sich bereits die Wahrnehmung der Grenze als Potenzial einer Bedrohung ethnischen Besitzstandes, der durch offensive Maßnahmen abgesichert werden sollte. Das bezog sich explizit auf die Gemeinden Petárda, Bere- mend, Torjáncz und Alsoszentmárton im Bezirk Siklós und die Gemeinden Las- kó/Lug, Várdarácz/Vardarac, Albertfalu/Grabovac, Laskafalu/Čeminac, Jenőfalva/ Podravlje, Kisdárda/Trdjavica, Dárda/ Darda, Lácsfalu und Bolmány/Bolman im Be- zirk Baranyavár, bei denen ausdrücklich auf die Nähe der Grenze zu Slawonien hin- gewiesen wurde. Hinzu kamen jedoch auch strategische Überlegungen, in deren Rahmen für drei deutsch besiedelte Gemeinden (Pécsvárad, Püspöknádasd/Mecsek- nádasd und Hidas), weil sie an der eminent wichtigen Staatsstraße Fünfkirchen– Budapest lagen, die Einrichtung staatlicher Schulen vorgeschlagen wurde, da von sol- chen „zweifellos gute Ergebnisse für die Magyarisierung ihrer Bevölkerung erwartet werden könnten“80. Hier spiegelten sich offenbar die Ansichten von Ferenc Halász (1849-1910) wider, der im Kultus- und Unterrichtsministerium als Abteilungsleiter für Volksschulangele- genheiten tätig war, den Bau von Staatsschulen „als eine gleichsam militärstrategi- sche Aufgabe verstand“81, die Schulen als „Bollwerke“ der Nation bezeichnete und sie unter einem „verteidigenden“ und „erobernden“ Gesichtspunkt betrachtete: „Die magyarische Kultur wird nur dann assimilierende Kraft besitzen, wenn der magyari- sche Stamm in möglichst großem Maßstab seine kulturelle Fähigkeit entfaltet und sein Übergewicht unwiderstehlich auf der Kultur der übrigen Stämme lastet.“82

6.1 Die gesetzlichen Regelungen der Unterrichtssprache 1879-1908  Das Volksschulgesetz von 1879 (GA 18/1879) bestimmte die ungarische Sprache als obligatorisches Unterrichtsfach an allen Volksschulen gleich welcher Konfession oder Unterrichtssprache.83 Von nun an wurde die Ma- gyarisierung des Unterrichts, die Verbreitung und Ausweitung des Ungari- schunterrichts, eine immer wichtigere Aufgabe der Institution Schule, zuerst der Volksschule 1879, sodann der Mittelschule 1883, 1891 schließlich auch des Kindergartens.  Das Mittelschulgesetz (GA 30/1883) bestimmte die Einführung der ungari- schen Sprache und Literatur als obligatorische Lehrfächer in den Gymnasien und Realschulen.84 In den Gymnasien waren weitere Pflichtsprachen Deutsch, Latein und Griechisch, in den Realschulen Deutsch und Franzö-

79 Ebenda, S. 484: „[…] a melyekben az állami iskola szervezése a magyar nyelvhatár mege- rösítése, illetöleg kiterjesztése érdekében volna kivánatos.“ 80 Ebenda, S. 485: „kétségkivül jó eredménynyel kecsegtetne a község népességének magya- rosodására nézve“. 81 PUTTKAMER, Schulalltag, S. 116. 82 HALÁSZ, S. 35, 26 und 28. 83 Text in: A magyar állam és a nemzetiségek, S. 105-108. 84 Ebenda, S. 108-121.

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sisch. Die Autonomie der Schulträger wurde eingeschränkt, insofern die Lehrpläne, die auf Ungarisch zu absolvierende Abschlussprüfung (Abitur) und die Schulaufsicht unter staatliche Kontrolle gestellt wurden und sich alle angehenden Gymnasiallehrer einer staatlichen Ungarisch-Prüfung unterzie- hen mussten.  Das Kindergartengesetz (GA 15/1891 machte die ungarische Sprache und Literatur zum obligatorischen Lehrfach in der Ausbildung der Kindergärtne- rinnen.85 Diese wurden verpflichtet, die Kinder mit Grundkenntnissen der ungarischen Sprache vertraut zu machen. Es ist das erste Gesetz, das keine Regelung über den Pflichtunterricht in einer nichtungarischen Muttersprache enthält.  Das nach dem damaligen Kultusminister Grafen (1846-1933) benannte Schulgesetz von 1907, die Lex Apponyi, bestand genau genommen aus zwei Gesetzen, nämlich GA 26/1907 über die Regelung der Bezüge der Lehrenden an staatlichen Elementarschulen sowie die örtliche Aufsicht über die staatlichen Elementarschulen und GA 27/1907 über die Rechtsverhältnis- se der nichtstaatlichen Elementarschulen und die Bezüge der Lehrenden an solchen.86 Das Gesetz erhöhte die Lehrergehälter erheblich und setzte damit die Schulträger unter starken finanziellen Druck. Diese standen bei finanziel- len Schwierigkeiten vor der Alternative, entweder ihre Schulträgerschaft an den Staat abzutreten oder finanzielle Unterstützung beim Ministerium zu be- antragen. Doch mit der Gewährung staatlicher Unterstützung waren erheb- liche Auflagen verbunden, „die auf eine Zurückdrängung des nichtmagyari- schen Charakters der Schule hinausliefen“87. Die Politik der finanziellen Aushöhlung nichtstaatlicher Schulen wurde fortgesetzt durch den GA 46/1908, der in allen staatlichen, gemeindlichen und kirchlichen Ele- mentarschulen die Schulgeldfreiheit einführte sowie die Schulen dazu verpflichtete, das Abgangszeugnis kostenlos und in ungarischer Sprache auszustellen. Mit den bei- den Gesetzen von 1907 wurden die Lehrer auf disziplinarrechtlichem Weg zur Ma- gyarisierung ihrer Schüler angehalten und die Äußerung jeden Gedankens, der auf Gewährung von Sonderrechten für die Nationalitäten abzielte, verboten. So beging ein Lehrer einen Disziplinarverstoß, wenn er den Unterricht der ungarischen Sprache vernachlässigte, nicht vom Minister erlaubte Lehrbücher und -materialien benutzte oder Handlungen beging, die sich gegen die territoriale Integrität des ungarischen Staates, gegen den gesetzlichen Gebrauch seiner Staatssprache oder gegen seinen na- tionalen Charakter richteten. Darüber hinaus wurden die Lehrer verpflichtet, die Kin- der zur Liebe zum ungarischen Vaterland und zum Bewusstsein der Zugehörigkeit zur ungarischen Nation zu erziehen und jeden nichtmagyarischen Schüler zu befähigen,

85 Text in: A magyar állam és a nemzetiségek, S. 125-134. 86 Text von GA 27/1907 ebenda, S. 186-200. 87 KÜPPER, S. 70 f.

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nach Ablauf der vierten Klasse seine Gedanken in ungarischer Sprache schriftlich und mündlich verständlich auszudrücken. (Paragrafen 17 und 19, GA 27/1907).

6.2 Fachliche und ethnopolitische Problematik der Gesetze von 1879-1908 1879 war die Unterrichtssprache in 43 Prozent der Elementarschulen nicht Unga- risch.88 Alle seit 1872 eingestellten Lehrer wurden mit dem Gesetz von 1879 dazu ver- pflichtet, sich innerhalb von vier Jahren hinreichende ungarische Sprachkenntnisse an- zueignen. Die seit Beginn der 1870er Jahre eingeführten Sommerkurse zur Nachschu- lung der Lehrer wurden deshalb um ungarische Sprachkurse erweitert. Ab Ablauf dieser Frist, ab 1883, suchte die staatliche Unterrichtsverwaltung dem weiterhin sehr spürba- ren Mangel an Ungarischkenntnissen der Lehrer mit disziplinarrechtlichen Maßnah- men zu begegnen. Doch die zunehmenden Forderungen nach Entlassung von Lehrern mit mangelnden Ungarischkenntnissen stieß bei den kirchlichen Schulträgern auf Wi- derstand. Diese beriefen sich vor allem darauf, dass sie solche Lehrer wegen des noch immer vorherrschenden Mangels an diplomierten Lehrern nicht ersetzen könnten.89 „Wo ausgewiesene Fachleute über mangelnde Ungarischkenntnisse der Schuljugend klag- ten, sahen sie die Ursachen dafür fast durchweg in der allgemeinen Unterentwicklung des Volksschulwesens, nicht jedoch in einer nationalpolitisch motivierten Verweigerungshal- tung der slowakischen, rumänischen oder siebenbürgisch-sächsischen Lehrerschaft und Geistlichkeit.“90 Doch in der Öffentlichkeit war eine ganz andere Wahrnehmung ausschlaggebend: Die staatlichen Schulbehörden und die magyarische Öffentlichkeit meinten zu erken- nen, dass sich die kirchlichen Schulträger aus nationalpolitischen Gründen dem ge- setzlich vorgeschriebenen Unterricht widersetzten, während die Vertreter der Natio- nalitäten beklagten, dass es den ungarischen Behörden ausschließlich um die Magya- risierung der Schulen gehe. Beide Standpunkte, die eine Reihe der mit den Schulge- setzen einhergehenden Probleme eher verschleierten als klärten, finden wir in den Parlamentsdebatten über diese Gesetze dokumentiert, die in der Regel in erbitterten Konfrontationen kulminierten und zugleich deutlich machten, dass die Vertreter der Titularnation – mit ganz wenigen Ausnahmen wie z.B. Lajos Mocsáry – keineswegs darum bemüht waren, mit den Vertretern der Nationalitäten (die noch immer die Mehrheitsbevölkerung stellten) irgendeinen Konsens zu finden, sondern auf die rück- sichtslose Durchsetzung ihrer Gesetzesvorhaben und der damit verbundenen Maß- nahmen der – primär sprachlichen – Nationalisierung „ihres Landes“ bestanden. Wer auch immer sich diesem Vorhaben entgegenstellte, musste ab den 1890er Jahren damit rechnen, kriminalisiert und mit Zivil- wie Strafprozessen überzogen sowie in

88 RADÓ-ROTHFELD, S. 133 f. 89 Im Schuljahr 1896/97 konnten landesweit noch 22 Prozent aller nichtmagyarischen Lehrer – das waren 1998 Personen – kein Ungarisch. Bis 1907 konnte dieser Anteil noch einmal halbiert werden, er betrug damals 11 Prozent. – PUTTKAMER, Schulalltag, S. 203. 90 Ebenda, S. 108 f.

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Parlament und Öffentlichkeit als Vaterlandsverräter, Pangermanist oder Panslavist angeprangert zu werden. In der Parlamentsdebatte zum Schulgesetz von 1879 sprach der serbische Ab- geordnete Mihály Szabovljevics die Überzeugung aus, dass „mit diesem Gesetz die Ära solcher Bestrebungen beginnt, welche die Sprachen der Nationalitäten aus dem öffentlichen Leben, aus den Kirchengemeinden und schließlich aus der Schule und aus der Kirche selbst stufenweise verdrängen wird“91. Der rumänische Abgeordnete Partenie Cosma (1837-1923) übertraf diese Feststellung noch mit seiner an die unga- rischen Abgeordneten gerichteten Kritik: „Sie wollen die nichtmagyarischen Nationa- litäten mit Feuer und Schwert um jeden Preis magyarisieren. Das ist ihre Politik und als erster Schritt zu dieser Aktion betrachten sie den in Verhandlung befindlichen Ge- setzesentwurf.“92 Der einzige ungarische Abgeordnete, der zeit seines Lebens ein konsequenter Ge- gner der ungarischen Nationalitätenpolitik geblieben war, nämlich Lajos Mocsáry, kritisierte ganz nüchtern die Zielsetzung und Wirkung des Gesetzes von 1879: „Und nachdem es keinen Zweifel geben kann, dass man den Personalstand der magyari- schen Rasse nicht anders vermehren kann als auf Kosten des Personalstandes der übrigen Nationalitäten, so ist es sehr natürlich, dass die übrigen Nationalitäten in diesem Bestreben notwendigerweise einen Angriff auf die Grundlage ihrer eigenen Existenz erblicken.“93 Als 1883 das Mittelschulgesetz verabschiedet wurde, war dafür die von vielen Abgeordneten geteilte Überzeugung des ungarischen Abgeordneten Béla Grünwald (1839-1891) maßgebend, der in seinem 1878 erschienenen Buch über Oberungarn der Mittelschule die Funktion einer Magyarisierungsmaschine zuwies: „Die Mittelschule ist wie eine große Maschine, an deren einem Ende die slowakischen Jünglinge zu Hunderten hineingeworfen werden und an deren anderem Ende sie als Magyaren he- rauskommen.“94 Dahinter stand die Zielsetzung, durch die sprachlich magyarisierte Mittelschulbildung eine einheitliche Nationalkultur zu schaffen und diese auch in der Nationalitätenbevölkerung zu verankern. Die Intention des Mittelschulgesetzes ver- deutlichte der bereits erwähnte Abgeordnete Béla Grünwald in der Parlamentsdebatte von 1883 wie folgt: „Durch die Hebung des Niveaus der Mittelschulen steigern wir die geistige Kraft der ma- gyarischen Rasse und sichern ihr die Fähigkeit, die große Arbeit der Staatserhaltung zu verrichten, gegenüber den nichtmagyarischen Volksstämmen des Landes, von welchen – mit Ausnahme der Deutschen – sich kein einziger auf eine in Betracht kommende Literatur stützen, kein einziger die Bedingungen der geistigen Fortentwicklung aus eigenen Mitteln herbeiführen kann.“95 Grünwald formulierte hier die in der ungarischen Öffentlichkeit allgemein geteilte Überzeugung, den ungarischen Führungsanspruch auch aus der kulturellen Minder-

91 Magyarisirung in Ungarn, S. 146. 92 Ebenda, S. 272. 93 Ebenda, S. 68; Iratok a nemzetiségi kérdés történetéhez, Bd. 1, S. 603. 94 GRÜNWALD, Felvidék, S. 140. 95 Der Mittelschulgesetzentwurf im ungarischen Reichstage, S. 169.

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wertigkeit der nichtmagyarischen Nationalitäten ableiten und die Nationalisierungs- bestrebungen damit sowohl kulturell als auch politisch legitimieren zu können. Der- selbe Abgeordnete hat auch den politischen Kern des Gesetzes auf den Punkt ge- bracht: „Die Mission der magyarischen Nation ist die Aufrechterhaltung des einheitlichen, selb- ständigen ungarischen Staates. Aus diesem Satze müssen die strengsten logischen Konse- quenzen gezogen werden. Die Erhaltung des ungarischen Staates ist das Ziel, welches mit allen Mitteln anzustreben ist, soll nicht die magyarische Rasse ihrer nationalen Existenz verlustig gehen und durch andere unterdrückt werden. […] Das Schicksal der magyari- schen Nation ist entweder die Herrschaft, oder die Knechtschaft, eine dritte Eventualität gibt es nicht.“96 Die Debatte führte der serbische Abgeordnete Mihailo Polit-Desančić (1833-1920)97 dann wiederum auf den eigentlichen Gegenstand, nämlich das Ziel der Schulbildung, zurück und kritisierte, dass aufgrund dieses Gesetzes für den Schulabschluss (Abitur) die Kenntnis der ungarischen Sprache mehr ins Gewicht fiele als irgendein anderer Un- terrichtsgegenstand. Hervorzuheben ist seine die gesamte ungarische Kulturpolitik die- ser Zeit in Frage stellende, freilich polemisch zugespitzte Schlussfolgerung: „Das System, nach welchem wir durch Verbreitung der magyarischen Sprache die Kultur- einheit schaffen wollen, ist meiner Ansicht ein Phantom, ein leerer Wahn, welcher nicht realisiert werden kann. Diesem Phantom wird von der ungarischen Staatsgewalt, von der ungarischen Regierung jedes Interesse untergeordnet. Seit einigen Jahren gilt als Haupt- grundsatz, nur die magyarische Sprache zu verbreiten. Die Kultur ist eine Nebensache.“98 Das Mittelschulgesetz legte endgültig die „Negierung der Nationalitätenkultur“ und die „Negierung der Nationalität als politische Einheit“99 als ein politisches Axiom fest, das am deutlichsten in dem Pamphlet eines südungarischen Lehrers, Győző Morvay (1863-1938), zum Ausdruck kam: „Es gibt in keinem Land zwei-drei Kulturen, sondern immer nur eine, die eigentliche Na- tionalkultur. Die vielsprachigen Mittelschulen von heute müssen aufgelöst und ihre Stellen im ganzen Land mit Mittelschulen mit ausschließlich ungarischer Unterrichtssprache be- setzt werden.“100 Inwieweit die Regierungspolitik den durch das Nationalitätengesetz von 1868 ge- zogenen rechtlichen Rahmen bereits gesprengt hatte, demonstrierte die Parlamentsde- batte zum Kindergartengesetz von 1891. Das Bestreben, die Magyarisierungswelle mit diesem Gesetz nunmehr auf die 4- bis 6-jährigen Kinder auszudehnen, hielt der siebenbürgisch-sächsische Abgeordnete Josef Filtsch (1844-?), der einige Jahre in Nordamerika verbracht und 1883 als Chefredakteur die Kronstädter Zeitung über-

96 Ebenda, S. 165. 97 Polit-Desančić war 1873-1913 Abgeordneter im ungarischen Parlament und Autor der Stu- die: Die Nationalitätenfrage in Ungarn, Novi Sad 1879. – MIKAVICA. 98 Der Mittelschulgesetzentwurf im ungarischen Reichstage, S. 296. 99 BELLÉR, Schulpolitik, S. 439. 100 MORVAY, S. 9.

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nommen hatte, von vornherein für eine aussichtslose und den Frieden des Landes ge- fährdende Politik: „Wie kann man es für möglich halten, dass ein Land die Sprache und Nationalität einer Minderheit der [Nationalitäten-]Mehrheit aufzwingen könnte? Diesen Glauben halte ich für einen grundsätzlichen Irrtum. […] wenn sie darum bestrebt sind, mit den Mitteln der Ge- walt die ungarische Sprache zu verbreiten, dann wird das nur umso stärkeren Widerstand und größere Abneigung hervorrufen.“101 Daraufhin drohte der Abgeordnete Ottó Herman (1835-1914)102, „dass jetzt die Zeit gekommen ist, in Ungarn endgültig Ordnung zu machen, so dass solche Stimmen gegen die heiligsten Rechte des ungarischen Staates niemals mehr erhoben werden können“, und fügte hinzu: „Wir müssen das Nationalitätengesetz daher aufheben. Denn wer tat- sächlich Patriot ist, wem die Zukunft Ungarns nicht nur verbal und politische Phrase, sondern ein wirkliches Anliegen ist, dem kann kein Vertrag, auch kein anderer Weg das Recht geben, […] die Rechte des ungarischen Staates anzugreifen.“103 Mit seiner Forderung nach Aufhebung des Nationalitätengesetzes befand sich Ottó Herman allerdings in bester Gesellschaft. Auch Ministerpräsident Graf Stefan Tisza hat am 26. Januar 1905 den Nationalitätenführern mit einer sehr ähnlichen Begrün- dung mit der Aufhebung des Nationalitätengesetzes gedroht: „Die magyarische Na- tion hätte niemals ein bindendes Versprechen bezüglich der ewigen Aufrechterhal- tung und Befolgung des Nationalitätengesetzes gegeben, auch kein Versprechen, dass dieses Gesetz nie verändert werden könnte, wenn man sehe, dass die in diesem Gesetz zugesicherten Freiheitsrechte gegen den Staat Ungarn verwendet würden, gegen den Staat, der eine Schöpfung der ungarischen Nation ist.“104 Eine weitere Zuspitzung in der Schulgesetzgebung bedeutete die 1907 verabschie- dete Lex Apponyi, die als der Höhepunkt der repressiven Nationalitätenpolitik der Ausgleichsperiode betrachtet werden kann.105 Ihre Wirkung beruhte neben ihrer Sprachregelung vor allem darauf, dass sie den kommunalen Schulträgern ein überaus günstiges Angebot offerierte, deren Schulen zu verstaatlichen und ihnen dadurch de- ren Finanzierung abzunehmen, ein Angebot, dem beispielsweise zahlreiche schwäbi- sche Gemeinden des Banats Folge leisteten. Das Gesetz machte die staatliche Unter- stützung der konfessionellen Schulen, die noch immer die überwiegende Mehrheit aller Schulen ausmachte, davon abhängig, dass Lehrer wie Schüler dieser Schulen die ungarische Sprache in Wort und Schrift beherrschten.106 Die Schulinspektoren waren

101 Iratok a nemzetiségi kérdés történetéhez, Bd. 1, S. 793. 102 Zu Ottó Hermann vgl. ERDŐDY. 103 Ebenda, S. 800. 104 GOGOLÁK, Nationalitätengesetze, S. 1302. 105 PUTTKAMER, Schulalltag, S. 128. 106 Hier ist daran zu erinnern, dass damit historisch gesehen der damalige Kultusminister Graf Albert Apponyi auf die Regelung des Grafen Thun in der Neoabsolutismus-Periode zu- rückgriff, die Finanzierung von Schulen von ihrem Erfolg im Sprachunterricht abhängig zu machen, wie das Thun zugunsten der deutschen Sprache in den Mittelschulen – allerdings schon damals mit zweifelhaftem Erfolg – versucht hatte.

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dazu aufgerufen, diese Kenntnis regelmäßig zu kontrollieren. Auch die Schulbücher, die an staatlich unterstützten Schulen in Gebrauch waren, mussten von nun an vom Ministerium gebilligt werden. Im Inland wie auch im Ausland stieß die Lex Apponyi auf heftige Proteste. Die Konfessionen verurteilten den damit legalisierten Eingriff in ihre Autonomie, die evangelische Landeskirche der Siebenbürger Sachsen und die beiden orthodoxen Kir- chen (die rumänische und die serbische) die Einschränkung des muttersprachlichen Unterrichts. Das Gesetz trug ganz wesentlich zur Entfremdung der Nationalitäten vom ungarischen Staat bei. Deshalb bezeichnete die slowakische Národnie Noviny (Slowakische Nationalzeitung) die Lex Apponyi als „Janitscharengesetz“, das wie einst die osmanische Knabenlese die Kinder ihren Eltern und damit auch ihrer Natio- nalität entfremde.107 Der Sachsenbischof Friedrich Teutsch verurteilte Apponyi als Urheber des Gesetzes rückblickend als „Totengräber Ungarns“.108 Diese ethnopolitisch akzentuierte Empörung greift bei der Beurteilung der Lex Apponyi allerdings zu kurz, denn nicht zu übersehen sind die mit ihr verbundenen Modernisierungsbestrebungen gerade auch der konfessionellen Volksschulen. Inner- halb von vier Jahren verdreifachte sich die Summe der staatlichen Subventionen für die konfessionellen Volksschulen von 3,5 auf 10,7 Millionen Kronen im Schuljahr 1910/11, die sowohl für die Anhebung der Lehrerbezüge als auch für die Modernisie- rung insbesondere der kleinen und Zwergschulen auf dem flachen Land genutzt wur- den.109 Andererseits äußerten sich die schädlichen Folgen der Lex Apponyi „vor al- lem in der Verwahrlosung der Nationalitätenschulen, an der abnehmenden Zahl der Nationalitätenschulen, der Schüler und Lehrer, und damit im Zusammenhang an dem Analphabetismus und dem zähen Weiterleben der kulturellen Rückständigkeit der Na- tionalitäten“110.

6.3 Ergebnisse ungarischer Schulpolitik 1879-1914 1914 waren nach Angaben von Oszkár Jászi 93,4 Prozent der Universitätslehrer, 79,9 Prozent der Gymnasiallehrer und 82,5 Prozent der Volksschullehrer ungarischspra- chig.111 Als Fazit der ungarischen Schulpolitik ist bis zur Jahrhundertwende festzuhal- ten: „Seit 1879 aber war ein erfolgreicher Unterricht der Staatssprache zum wichtigsten Grad- messer dafür geworden, inwieweit eine Schule den gesetzlichen Vorgaben entsprach und ihre Schüle im patriotischen Geist zu treuen Bürgern Ungarns erzog. Die gesetzliche Ga- rantie muttersprachlichen Unterrichts stand somit um die Jahrhundertwende nur noch auf dem Papier.“112

107 Národnie Noviny vom 28. Februar 1907. 108 TEUTSCH/TEUTSCH, S. 172; vgl. DOLMÁNYOS. 109 Siehe dazu detailliert PUTTKAMER, Schulalltag, S. 131-138. 110 BELLÉR, Schulpolitik, S. 440. 111 JÁSZI, Dissolution, S. 329 f. 112 PUTTKAMER, Schulalltag, S. 167.

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Diese Entwicklungslinie fand in der Schulgesetzgebung Apponyis ihre kontinuier- liche und verstärkende Fortsetzung. Dabei verschmolzen die nationalpolitischen Vor- gaben so sehr mit den Modernisierungsmaßnahmen, dass Letztere weder die Gegner noch die Anhänger dieser Schulpolitik richtig wahrnehmen konnten, da der Diskurs über ethnopolitischen Verlust für die Nationalitäten oder nationalen Gewinn für die Magyaren alle anderen Aspekte überschattete. Dem Historiker Joachim von Puttka- mer ist zu verdanken, dass er aufgrund seiner Detailforschungen ein differenziertes Bild vom Zusammenwirken dieser beiden Faktoren und den daraus resultierenden Er- gebnissen gezeichnet hat. Denn in diesem Prozess gab es Gewinner, nicht nur auf der Seite der Magyaren, und Verlierer. Zu den Gewinnern gehörte neben dem ungari- schen das Schulwesen der Siebenbürger Sachsen, der Rumänen und der Serben, zu den Verlierern das Schulwesen der Slowaken, der Deutschen außerhalb Siebenbür- gens und der Ruthenen: „Am Vorabend des Ersten Weltkrieges wurden somit die Grundzüge einer zukünftigen Ordnung erkennbar, bei der Siebenbürger Sachsen, Rumänen und mit Abstrichen auch Ser- ben innerhalb des ungarischen Nationalstaates ein konsolidiertes und in sich weitgehend abgeschlossenes Minderheitenschulwesen besaßen.“113 Dieser Befund wird auch von der nachfolgenden statistischen Übersicht über die Entwicklung der Volksschulen und ihrer Unterrichtssprache im Zeitraum von 1869 bis 1905 unterstrichen.

Tabelle 2: Die Unterrichtssprache der Volksschulen Ungarns (ohne Kroatien) 1869 bis 1905 Ungar. Dt. Slowak. Rum. Ruth. Kroat., Serb. Übrige Nicht- Slowen. ungar. insgesamt einsprachig 1869 5 818 1 232 1 822 2 569 473 93 159 7 6 355 1880 7 342 867 1 716 2 756 393 68 245 7 6 052 1905 11 664 272 326 2 433 45 1 155 14 3 246 zwei- oder mehrsprachig 1869 1 455 856 333 204 119 27 65 180 1 784 1880 2 287 919 597 394 246 52 79 150 2 437 1905 1 598 331 599 413 113 41 113 10 1 620 alle Schulen 1869 7 273 2 088 2 155 2 773 592 120 224 187 8 139 1880 9 629 1786 2 313 3 150 639 120 324 157 8 489 1905 13 262 603 925 2 846 158 42 268 24 4 866 Index 1905 138 34 40 90 25 35 83 15 57 1880=100 Nichtungar. Sprachen als Ergänzung 1905 653 944 111 320 136 3 51 2 218

Quelle: KATUS, A modern Magyarország születése, S. 553.

113 Ebenda, S. 168.

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Die Zahl der einsprachigen Nationalitätenschulen hat sich im Zeitraum von 1869 bis 1905 halbiert, dennoch konnten sich die Schulen mit rumänischer und serbischer Unterrichtssprache in diesem Zeitraum weitgehend behaupten. Die Deutschen jedoch verloren beinahe tausend und die Slowaken noch mehr, nämlich rund 1 500 Schulen. Die 272 Schulen mit deutscher Unterrichtssprache, die 1905 noch existierten, waren zu diesem Zeitpunkt zu rund 90 Prozent Schulen der Siebenbürger Sachsen. So gab es ein paar Jahre später im Banat 1912 für rund 387 000 Deutsche nur mehr 31 Schulen mit Deutsch als Unterrichtssprache und in der angrenzenden Batschka für rund 190 000 Deutsche ganze 19 Schulen im Schuljahr 1914/15.114 Die Zahl der zweisprachigen, von vielen Eltern befürworteten Schulen mit Deutsch und Ungarisch als Unterrichtssprache hat sich im Zeitraum von 1880 bis 1905 gleichfalls um zwei Drittel reduziert. Dieser Schultyp wurde bis 1910 aufgelöst, wodurch die Zahl deutschsprachiger Volksschulen bis 1913 auf 449 zunahm.115 Einer anderen Berechnung folgend gab es 1906 in Ungarn mit Kroatien insgesamt 16 618 Volksschulen, davon waren 2 153 staatlich, 1 450 kommunal, 12 705 konfes- sionell und 300 privat. Von diesen war in 12 223 Schulen die Unterrichtssprache Un- garisch (73,5 Prozent), in 492 Deutsch (2,55 Prozent), in 737 Slowakisch (4,4 Pro- zent), in 2 760 Rumänisch (16,6 Prozent), in 107 Ruthenisch (0,6 Prozent), in 270 Serbisch/Kroatisch (1,6 Prozent), in 10 Italienisch und in 19 Schulen wurde in sonsti- gen Sprachen unterrichtet.116 Dieser Statistik zufolge mussten 475 000 Kinder mit nichtungarischer Mutterspra- che ungarische Schulen besuchen, davon waren 180 000 Slowaken und 185 000 Deutsche. Nur 70 000 slowakische (28 Prozent) und 52 000 deutsche Schulkinder (22 Prozent) konnten den Unterricht in ihrer Muttersprache erhalten. Eine Statistik, die alle Schultypen berücksichtigt, stellte Béla Bellér zusammen: Tabelle 3: Nationalitätenunterricht im Schuljahr 1910/11 Unterrichts- Bev.- 1 2 3 4 5 6 7 8 sprache Anteil in % Zahl der Schulen in % Magyarisch 54,5 13026 633 466 88 228 14441 71,1 89,4 Deutsch 10,4 436 12 7 3 9 467 8,5 4,3 Slowakisch 10,7 418 – – – – 418 2,1 0,6 Rumänisch 16,1 2301 2 4 6 6 2319 15,8 3.8 Ruthenisch 2,5 61 – – – – 61 0,1 0,0 Kroatisch 1,1 1 – – – – 1 1,9 – Serbisch 2,5 269 – 3 2 1 275 – 1,1 Italienisch – 11 2 2 – 1 16 – – Sonstige 2,2 – – – – – 7 0,5 0,4 Summe 100,0 16530 649 482 99 245 18005 100,0 100,0

114 SCHÖDL, Am Rande, S. 378. 115 Ebenda, S. 377. 116 MACARTNEY, Habsburg Empire, S. 724.

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1 = Volksschulen, 2 = Berufsschulen für Lehrlinge, 3 = Bürgerschulen, 4 = Ausbil- dungsanstalten für Lehrer und Kindergärtnerinnen, 5 = Gymnasien und Realschulen, 6 = Schulen insgesamt, 7 = Anteil der Abschlussprüfungen an Gymnasien in Prozent, 8 = Anteil der Schüler in Prozent.

Quelle: BELLÉR, Die ungarische Nationalitätenschulpolitik, S. 440.

6.4 Die Mittelschulen Auch bei den Mittelschulen war die konfessionelle Trägerschaft ein wesentliches Strukturelement. Mit dem Mittelschulgesetz von 1883 wurde die Autonomie der Schulträger allerdings eingeschränkt, da Lehrplan, Abschlussprüfung (Abitur) und Schulaufsicht unter staatliche Kontrolle gestellt wurden. Dieses Gesetz weitete auch den Unterricht in ungarischer Sprache erheblich aus. Die Funktion der Mittelschule, nationale Eliten auszubilden für führende Positionen, die ihre Absolventen in den Na- tionalbewegungen der Nationalitäten einerseits, im magyarischen öffentlichen Leben andererseits einnehmen sollten, erhöhte Rang und Bedeutung der Mittelschule nicht zuletzt unter dem ethno- bzw. nationalpolitischen Aspekt. Auf dem ersten Blick ist es verwunderlich, dass die Mittelschule im Gegensatz zur Volksschule von magyarisie- renden gesetzlichen Regelungen mit der Ausnahme von 1883 verschont geblieben ist. Anderseits belegt der statistisch erfassbare Stand des Mittelschulwesens aus dem Jah- re 1906, dass auch dieses von der Magyarisierung keineswegs ausgenommen blieb und ähnlich wie bei den Volksschulen nur die Rumänen und Siebenbürger Sachsen ein wenn auch wesentlich eingeschränkteres Netz von muttersprachlichen Gymnasien behaupten konnten. Es gab im Schuljahr 1906/07 in Ungarn ohne Kroatien insgesamt 205 Gymnasien und Realschulen, davon117 189 mit ungarischer (92 Prozent aller Gymnasien), 8 mit deutscher (die alle in Siebenbürgen gelegen waren), 6 mit rumänischer, 1 mit italieni- scher und 1 mit gemischt ungarisch-rumänischer Unterrichtssprache. Ferner gab es 400 Bürgerschulen, davon waren unter dem Aspekt der Unterrichtssprache 386 unga- risch (= 96,5 Prozent), fünf deutsch, vier rumänisch, drei serbisch und zwei italie- nisch. Von den 89 Lehrerbildungsanstalten waren 84 ungarisch, eine rumänisch, zwei ungarisch-rumänisch, zwei deutsch und eine serbisch. Slowaken und Ruthenen besa- ßen keinerlei höhere Schulen. Die drei ab 1860 gegründeten slowakischen Gymnasien wurden 1874 von der Regierung „wegen panslavistischer Umtriebe“ aufgelöst. Als Ergebnis dieser Struktur waren 1906 4 400 und damit 65,1 Prozent der deut- schen Schüler von insgesamt 6 750 gezwungen, ungarische höhere Schulen zu besu- chen, 1 400 (35,8 Prozent) der 3 900 Rumänen und 750 (68,1 Prozent) der 1 100 Ser- ben und Kroaten sowie alle Slowaken und Ruthenen.118 Letzteres galt auch für die Deutschen, die außerhalb Siebenbürgens lebten. Gustav Gratz (1875-1946) erzählt in seinen Erinnerungen, dass in dem von ihm 1885-1887 besuchten Gymnasium von

117 MACARTNEY, Habsburg Empire, S. 724, aufgrund des Ungarischen Statistischen Jahrbuchs 1906/07. 118 Ebenda.

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Zipser Neudorf/Spišska Nová Ves in den unteren Klassen noch überwiegend deutsch, in den höheren Klassen jedoch nur mehr ungarisch unterrichtet wurde. „Die Lehrer dieses Gymnasiums „verkörperten den ‚Zipser‘ Geist, der die Liebe zur deutschen Kultur und zur deutschen Muttersprache mit einer durchaus staatstreuen und patrioti- schen Gesinnung harmonisch vereinigte“119. Hingegen waren die Professoren des Klausenburger unitarischen Gymnasiums, das er wegen der Berufung seines Vaters zum Stadtpfarrer von Klausenburg von Februar 1887 bis 1889 besuchte, „Magyaren durch und durch und es fehlte der regelmäßige Kontakt mit allem, was nicht magya- risch war“120. Für die Mittelschulen und noch mehr für die Hochschulen und Univer- sitäten, die für die Elitenbildung zuständig waren, „hatte das Ungarische als Unter- richtssprache seit 1867 fast eine Monopolstellung“121. 1910 boten nur noch 16 von 168 Mittelschulen mit Abiturabschluss nicht oder nicht nur das Ungarische als Unter- richtssprache an122, während auf Hochschul- und Universitätsebene das Monopol der Staatssprache zur Gänze durchgesetzt war. Die Mittelschulen (secondary schools), in der statistisch gesehen Bürgerschule, Gymnasium, Realschule, Handelsschule, Lehrerbildungsanstalt und Kadettenanstalt zu- sammengefasst waren, dienten der Berufsausbildung und einige von ihnen auch der Vorbereitung auf die Hochschule. Allerdings gelang es nur rund einem Fünftel der Schüler der 205 Gymnasien und Realschulen (1906/07), ein Abschlussdiplom zu er- werben.123 Die Schüler selbst kamen zu 90 Prozent (1894) aus Familien des städtischen Bürgertums. Eine Reihenuntersuchung der Schüler aller Sekundärschulen aufgrund ih- rer sprachlichen und konfessionellen Zugehörigkeit ergibt folgendes Resultat:

Tabelle 4: Sprachliche und konfessionelle Zugehörigkeit der Schüler in den Sekun- därschulen Ungarns 1870-1915 in Prozent Sprache 1870/71 1880/81 1890/91 1898/99 1908/09 1914/15 Schülerzahl 36 464 38 567 42 116 54 676 67 699 76 856 insgesamt = 100% Ungarisch 73,56 70,56 72,38 75,55 79,92 83,93 Deutsch 12,35 15,30 14,72 12,70 8,83 6,75 Rumänisch 7,37 6,39 6,42 5,67 6,24 5,37 Slowakisch 4,13 4,76 3,77 3,27 2,56 1,85 Serbokroat. 1,74 2,20 1,89 1,96 1,87 1,45 Ruthenisch 0,86 0,60 0,22 0,19 0,12 0,05 Andere – – 0,61 0,66 0,45 0,59

119 GRATZ, Augenzeuge, S. 31. 120 Ebenda, S. 32. 121 KARÁDY, S. 1110. 122 Ebenda. 123 MAZSU, S. 92. Von 7 338 Schülern in Gymnasien und Realschulen, registriert im Jahr 1884, erreichten nur 2 198 im Jahr 1891 die achte Klasse.

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Konfession 1870/71 1880/81 1890/91 1898/99 1908/09 1914/15 Röm.-Kath. 45,99 44,08 44,50 43,43 43,46 45,39 Uniert 5,30 4,44 4,51 4,32 4,55 4,23 Griech.- 5,74 5,00 5,34 5,06 5,48 4,82 Orthodox Lutherisch 12,37 10,81 10,76 10,05 9,20 8,85 Reformiert 18,36 14,15 14,02 14,30 14,29 13,99 Unitarier 0,97 0,85 0,71 0,71 0,79 0,73 Juden 11,26 20,26 20,16 22,13 22,23 22,16

Quelle: MAZSU, The Social History of the Hungarian Intelligentsia, S. 110.

Der Rückgang der Anzahl deutschsprachiger Schüler ist weniger mit deren Assi- milation als mit der Zunahme jüdischer Schüler zu erklären, die ab der Jahrhundert- wende offenkundig in immer geringerem Maß deutsch sprachen.

6.5 Schulbildung und Chancengleichheit Nimmt man den Alphabetisierungsgrad der Bevölkerung und seine Veränderung als wichtiges Leistungskriterium der Elementarschulbildung, dann belegen die entspre- chenden Zahlen die trotz aller ethnopolitischen Auseinandersetzungen gelungene Modernisierung dieses Bereichs, denn im Zeitraum von fünfzig Jahren hat sich der Alphabetisierungsgrad der Gesamtbevölkerung Ungarns von 27,2 Prozent auf 58,2 Prozent mehr als verdoppelt. Dabei war der Alphabetisierungsgrad bei den Deutschen von Anfang an wesentlich günstiger, was auf den hohen, bereits im 18. Jahrhundert begründeten Standard des Schulwesens der Deutschen in Ungarn zurückzuführen ist.

Tabelle 5: Der Alphabetisierungsgrad nach Muttersprache 1890-1910 (in Prozent der Gesamtbevölkerung) 1890 1910 Magyaren 53,6 57,1 Deutsche 63,0 70,7 davon in Siebenbürgen 68,0 75,9 Slowaken 43,2 58,1 Rumänen 14,1 28,2 Ruthenen 9,7 22,2 Kroaten 42,4 62,5 Serben 30,9 51,3 Sonstige 33,9 44,5 Gesamtbevölkerung 44,5 58,2

Quelle: PUTTKAMER, Schulalltag, S. 169.

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Auf die Frage, ob der über alle Maßen forcierte Unterricht in ungarischer Sprache sein Ziel erreicht hat, fand das Kultus- und Unterrichtsministerium im Jahre 1902 nur eine unbefriedigende Antwort. Es musste sich nämlich eingestehen, dass das ge- wünschte Ergebnis der Magyarisierung in knapp der Hälfte der nichtmagyarischen Volksschulen nicht erreicht worden war.124 „Denn die oft beklagten Mängel im Volksschulwesen und der vielerorts geringe Gebrauch der Staatssprache im Alltag bildeten ein hohes Hindernis für einen erfolgreichen Sprachunterricht, das nur unter günstigen Umständen überwunden werden konnte. Auch dem besten Ungarischunter- richt waren in geschlossen nichtmagyarischen Gebieten enge Grenzen gesetzt.“125 In der Schulpraxis wurde daher häufig auf die nichtungarische Muttersprache zu- rückgegriffen. So behauptete sich sehr lange der zweisprachige Unterricht, indem je- weils eine Nationalitätensprache als „Hilfssprache“ gebraucht wurde, was von den Ministerialbehörden ignoriert wurde, die solche Schulen statistisch trotzdem als rein ungarische Schulen führten. In Gymnasien waren auch sprachlich orientierte Vorbe- reitungsklassen dazu ausersehen, die Ungarischkenntnisse zu fördern. Sie wurden in Oberungarn allerdings nur von einem Zehntel der Schüler besucht.126 Die verfügbaren statistischen Angaben lassen „vermuten, dass sich die meisten Lehrer an Staatsschu- len auch weiterhin in der Muttersprache der Kinder verständlich machten“127. Im Gegensatz zu der noch immer praktizierten sprachlichen Vielfalt auf dem Dorf domi- nierte in den Städten eine magyarisch-national motivierte Kompromisslosigkeit, wie sie in der Stellungnahme eines oberungarischen Schulinspektors, nämlich Gusztáv Libertiny (1835-1914), 1887 zur Frage, ob ein privater Deutschunterricht in den Räu- men einer staatlichen Volksschule zuzulassen sei, zum Ausdruck kam: „Mein prinzipieller Standpunkt in dieser Sache ist der, dass ganz allgemein in den ungar- ländischen Volksschulen keine fremde Sprache unterrichtet und keine fremde Kultur ver- breitet werden soll, weil das ungarische Volk, um dessentwillen die Volksschulen beste- hen, vollständig mit der ungarischen Kultur auskommen soll und einen anderen, fremden Weg nicht einschlagen darf.“128 Nach den Angaben der Volkszählung vom Jahre 1910 haben sich im Zeitraum von 1880 bis 1910 die Ungarischkenntnisse der nichtungarischen Bevölkerung von 11,1 Prozent auf 22,4 Prozent verdoppelt. Die Aufschlüsselung nach Altersgruppen zeigt, dass die Ungarischkenntnisse in der Altersgruppe der schulpflichtigen Kinder am höchsten waren. „Offenbar lernte am Vorabend des Ersten Weltkriegs etwa ein Drittel jeden Jahrgangs in der Schule erfolgreich Ungarisch – zu großen Teilen allerdings erst in den höheren Volksschulklassen.“129 Allerdings gab es in diesem Punkt erhebli- che Abweichungen bei einzelnen Nationalitäten, worauf die nachfolgende Tabelle hinweist.

124 PUTTKAMER, Schulalltag, S. 210. 125 Ebenda. 126 Ebenda, S. 216. 127 Ebenda, S. 221. 128 Zit. ebenda, S. 221. 129 Ebenda, S. 229.

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Tabelle 6: Ungarische Sprachkenntnisse der nichtungarischen Bevölkerung nach Al- tersgruppen und Muttersprache 1900 und 1910 (Angaben in Prozent) Altersgruppe Nichtungarische Deutsche Slowaken Rumänen Bevölkerung insgesamt 1900 1910 1910 1910 1910 3-5 Jahre 4,0 4,6 9,0 3,8 2,6 6-11 Jahre 15,0 25,0 43,1 25,3 13,3 12-14 Jahre 22,2 35,9 61,4 37,2 19,4 15-19 Jahre 23,5 32,5 57,9 33,0 18,5 20-29 Jahre 23,9 30,5 54,0 30,8 17,8 30-39 Jahre 20,8 27,9 49,0 25,9 20,0 40-49 Jahre 18,8 22,3 40,9 20,0 12,3 50-59 Jahre 16,7 19,6 34,6 17,0 11,0 60-69 Jahre 15,3 16,3 29,2 13,6 8,7 70-79 Jahre 13,8 14,8 26,5 12,1 7,2 Über 80 Jahre 11,8 13,0 23,7 9,6 6,7 Summe 16,9 22,4 39,8 21,4 12,7 Quelle: A magyar szent korona országainak 1910. évi népszámlálása. KSH Budapest, Bd. 6: Végeredmények összefoglalása [Volkszählung von 1910 der Länder der Heiligen Ungarischen Krone 1910. Bd. 6: Zusammenfassung der Endergebnisse], Budapest 1920, Tab. 41.

Die Frage, ob die Chancengleichheit im Bildungswesen für die nichtungarische Bevölkerung infolge der Dominanz der ungarischen Sprache gefährdet oder gar in Frage gestellt wurde, hat Puttkamer in seiner detaillierten Analyse der ungarischen Schulverhältnisse in der Dualismusperiode wie folgt beantwortet: „Für eine beträchtliche Minderheit von Schülern blieb die ungarische Unterrichtssprache jedoch ein unüberwindbares Hindernis, das ihnen den Besuch auch nur der unteren Gym- nasialklassen unmöglich machte und damit den Weg in einen mittleren Verwaltungs- oder Angestelltenberuf versperrte. Erst als der gesetzliche Ungarischunterricht an Volksschulen mit dem Heranwachsen einer neuen Lehrergeneration massiv zu greifen begann, wurde diese Bildungshürde allmählich niedriger.“130 Wie aus der oben stehenden Tabelle hervorgeht, reagierten die Deutschen (und die Juden) auf solche Hindernisse am flexibelsten, indem sie die ungarischen Sprach- kenntnisse ihrer nachwachsenden Generation durch außerordentliche Maßnahme wie beispielsweise durch Kindertausch ganz systematisch und durchaus erfolgreich för- derten. Mit ihrem Anteil an Ungarischkenntnissen von über 60 Prozent in der Alters- gruppe der 12- bis 14-Jährigen wurden sie nur noch von den Juden übertroffen.131 Andererseits stellte sich im Verlauf des Weltkriegs anhand des Briefwechsels ungarn-

130 Ebenda, S. 239. 131 KARÁDY, S. 1111, stellt fest, dass „die Juden mit ungefähr fünf mal mehr hochgebildeten Männern als der Durchschnitt unter den Christen“ an der Spitze der Bildungsrangordnung standen.

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deutscher Frontsoldaten mit ihren Eltern heraus, dass die Schulbildung auf dem Dorf durch die forcierte Magyarisierung erheblich gelitten und eine Halbalphabetisierung hervorgebracht hat, so dass die jungen Deutschen weder Deutsch schreiben noch Un- garisch richtig verstehen konnten. Das mit ungarischen Buchstaben meist in der Dia- lektvariante geschriebene Deutsch konnten ihre Eltern nicht verstehen, und die deutsch geschriebenen Briefe ihrer Eltern konnten die jungen Soldaten weder lesen noch verstehen. Im höheren Schulwesen war gerade für Deutsch als europäische Kultur- und Wis- senschaftssprache die Lage wesentlich besser, da Deutsch in den Gymnasien seit 1879 ab der dritten Klasse mit insgesamt 19 Wochenstunden und an den Realschulen seit 1875 ab der ersten Klasse mit insgesamt 22 Wochenstunden (ab 1899 mit 25 Wo- chenstunden) unterrichtet wurde.132 Aus den Volksschulen hingegen wurde Deutsch vom Ungarischen immer mehr verdrängt oder gar – besonders in den Städten – zur Gänze abgelöst. So bestand beispielsweise in Budapest, das selbst 1910 noch eine deutsche Bevölkerung von rund 80 000 aufwies, überhaupt keine deutsche Volksschule mehr.

7 Maßnahmen und Ergebnisse der Nationalisierung außerhalb des Schulbe- reichs

In der Fachliteratur ist es üblich, so gut wie alle Maßnahmen nicht nur der ungari- schen Nationalitätenpolitik, sondern auch der Aktivitäten, das ungarische Nationspro- jekt zu verwirklichen, als „Magyarisierung“ zu kennzeichnen, womit im Allgemeinen weder Zielsetzung noch Wirkung, weder passive Anpassungsleistung oder aktive Überzeugungsarbeit der von solchen Maßnahmen Betroffenen unterschieden wird. Hier soll der Begriff der „Magyarisierung“ auf den sprachlichen Bereich eingegrenzt werden. Der Begriff der „Nationalisierung“ erscheint wesentlich besser geeignet, den historischen Prozess nationaler Homogenisierung und Mobilisierung vor allem in den Bereichen Kultur und Bildung, Administration und Medien hervorzukehren, wobei dieser Prozess in der Regel eng mit Modernisierungsbestrebungen verbunden war. Zunächst ist auf den dominierenden Anteil von Magyaren in den Bereichen des öf- fentlichen Lebens, in der Staatsverwaltung, im Schulwesen, in den freien Berufen, in der Wirtschaft, in der Presse etc. hinzuweisen, ferner auch auf Assimilationsbewe- gungen, die vor allem in den Städten festzustellen sind.

7.1 Verwaltung Entgegen der Bestimmung des Nationalitätengesetzes, Positionen der Staatsverwal- tung auch mit Angehörigen der Nationalitäten zu besetzen, waren am Ende der Aus- gleichsperiode 95,6 Prozent der Staatsbeamten, 92,9 Prozent der Komitatsbeamten

132 PUTTKAMER, Schulalltag, S. 245.

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und 90,6 Prozent der Justizbeamten Personen ungarischer Muttersprache.133 In den oberungarischen Komitaten beispielsweise waren 1910 die Positionen der Verwaltung zu 94 Prozent mit magyarischen Angestellten besetzt.134 Die ab 1876 immer stärker zentralisierte Verwaltung veränderte vor allem in Siebenbürgen die bis dahin gültigen Grenzen der Verwaltungsbezirke, um solche mit einer magyarischen Mehrheit zu schaffen oder Mehrheitspositionen einzelner Nationalitäten zu verhindern. Die unter dem Ministerpräsidenten Bánffy in seinem Amt eingerichtete Nationalitätenabteilung bekam die Aufgabe, die politische Tätigkeit der Nationalitäten streng zu überwachen und Personen aus der Verwaltung und auch aus dem Schul- und Hochschulbereich „wegen nationalistischer staatsfeindlicher Agitation“ zu entfernen. „Allgemein kann man von einer förmlichen ‚Hexenjagd‘ auf ‚antipatriotische Elemente‘ in allen Sphä- ren des öffentlichen und zum Teil auch des privaten Lebens sprechen.“135

7.2 Freie Berufe Die Ethnostruktur einiger freier Berufe zeigt ein der Verwaltung ähnliches Bild, hier waren 89,1 Prozent der Advokaten und gleichfalls 89,1 Prozent der Ärzte unga- rischsprachig.136 Anzumerken ist hier jedoch, dass wiederum mehr als die Hälfte de- rer, die diese beiden Berufe ausübten, jüdischer Herkunft waren. Ähnliches gilt auch für den Bereich der Wirtschaft.

7.3 Wirtschaft Im Jahr 1915 waren 97,4 Prozent aller Wirtschaftsunternehmen aufgrund ihres Sprachgebrauchs und ihres Führungspersonals ungarischsprachig, 1,1 Prozent rumä- nisch, 0,9 Prozent slowakisch und 0,5 Prozent siebenbürgisch-sächsisch. Von den 2 884 Fabrikeigentümern waren 2 228 ungarischsprachig, ferner 83 Prozent der unge- lernten Arbeiter, 63 Prozent der Facharbeiter und 71 Prozent der Handwerker, die Lehrlinge beschäftigten.137 Auch hier ist darauf hinzuweisen, dass ungarischsprachige Juden vor allem in den Bereichen Handel und Finanzen einen Anteil von über 30 Pro- zent erreichten (bei einem Anteil von 5,6 Prozent an der Gesamtbevölkerung 1910), der bei den Eigentümern der einschlägigen Unternehmen noch wesentlich höher lag.138 Unter den Facharbeitern waren in den Industriebetrieben viele aus Böhmen und Österreich stammende Meister und Vorarbeiter vertreten. Von den 1 657 Großgrund- besitzern mit einem Besitz über 1 000 Joch waren nur 237 (14 Prozent) nichtunga- risch.139

133 MACARTNEY, Habsburg Empire, S. 725. 134 PAZMANDI, Industrialisierung, S. 191. 135 HASELSTEINER, S. 130. 136 MACARTNEY, Habsburg Empire, S. 725. 137 Ebenda. 138 DON, S. 132. 139 MACARTNEY, Habsburg Empire, S. 725.

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Die liberale ungarische Wirtschaftspolitik suchte 1881-1907 durch vier Gesetze Industrie und Industrieansiedlung (durch zinslose Darlehen, Steuerbefreiung und Subventionen) zu fördern und machte – allerdings nur hinsichtlich ihrer Subventionen – das Gebiet der heutigen Slowakei „zum regionalen Schwerpunkt der staatlichen In- dustrieförderung“.140 Dennoch ging der Anteil Oberungarns an der gesamtungari- schen Industrieproduktion in der Dualismuszeit allmählich zurück, da die aus diesem Gebiet stammenden Rohstoffe (Eisenerz, Holz, Edelmetalle) häufig nicht mehr vor Ort, sondern vor allem in Budapest verarbeitet wurden, so dass „in dieser Region trotz dynamischer Industrieentwicklung kein großes Industriezentrum entstand“.141 Gesell- schaftlich betrachtet haben im Prozess der ungarischen Verbürgerlichung in Oberun- garn „die neuen Schichten und Klassen der bürgerlichen Gesellschaft sich nicht aus den traditionellen Klassen der bodenständigen Gesellschaft“ gebildet, sondern kamen „von außen“ und „setzten sich aus jüdischen, deutschen und tschechischen Einwande- rern bzw. aus magyarisierten Deutschen zusammen“142. Die Nutznießer der Industrie- förderung waren vor allem das ungarische und deutsche Großbürgertum. „Die Slowa- ken hatten als dominante Bevölkerung Nordungarns einen sehr kleinen Anteil am Wirtschaftswachstum und einen ebenso geringen Nutzen davon, besonders weil ihre Kapitalstärke nicht ausreichte.“143 Die ungarische Wirtschaftspolitik trug zwar durch- aus zur Abnahme des Modernisierungsgefälles vom Zentrum zur Peripherie und da- durch zur Wirtschaftsentwicklung der mehrheitlich von Nationalitäten bewohnten Randgebiete des Königreichs bei, doch war sie eng mit Maßnahmen verknüpft, „die darauf abzielten, die Nationalitäten gezielt und konsequent vom Wirtschaftsleben auszuschließen, anstatt ihre wirtschaftliche Position innerhalb der Monarchie zu stär- ken.“144 Zu solchen Maßnahmen gehörten die Bedingungen für die Gewährung von Subventionen, die staatliche Kontrolle von Banken und Genossenschaften in den Siedlungsgebieten der Nationalitäten sowie die ausschließliche Förderung nur der landwirtschaftlichen Betriebe, deren Eigentümer von der magyarisch dominierten Verwaltung vor Ort als „loyal“ eingestuft wurden.145

7.4 Presse Das ungarische Pressegesetz von 1848, ein Teil der Aprilgesetze und damit der unga- rischen Verfassung, sah in Paragraf 6 vor, „die Aufreizung zur faktischen Auflösung der vollkommenen Staatseinheit des unter die heilige Krone gestellten Gebietes“ unter Strafe zu stellen. 1867 wurden die Aprilgesetze wieder in Kraft gesetzt, darunter auch das Pressegesetz, zu dem der Justizminister Boldizsár Horvát (1822-1898) am 17. Mai 1867 eine Verordnung erließ, der zufolge Schwurgerichte eingeführt wurden, die

140 HOLEC, S. 130. 141 PAZMANDI, Industrialisierung, S. 193. 142 Ebenda, S. 190. 143 HOLEC, S. 134. 144 Ebenda. 145 Näheres dazu siehe ebenda, S. 134-138.

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über Verstöße gegen das Gesetz zu richten hatten. Im Gegensatz zu der Parallelver- ordnung von Ferenc Deák 1848 bestanden Schwurgerichte nur mehr am Sitz der Ta- felgerichte, „womit eine Zentralisierung und zugleich eine Magyarisierung der Preß- gerichtsbarkeit erreicht wurde, da sich fast alle Tafelgerichte auf magyarisch besiedel- tem Gebiet befanden.“146 Paragraf 172 des Strafgesetzes von 1878 stellte Personen unter Strafe, die durch Verbreitung eines Druckwerks eine Klasse der Bevölkerung, eine Nationalität oder Religionsgemeinschaft zum Hass gegen andere aufreizten. In der Praxis wurde diese Bestimmung fast immer nur gegen Nichtmagyaren angewen- det.147 1913 zählte man in Ungarn 1 500 ungarische Zeitungen und Zeitschriften, 236 deutsche, 39 rumänische, 33 serbisch-kroatische, 35 slowakische und 2 rutheni- sche.148 Diesem Stand ist ein Verdrängungswettbewerb vorausgegangen, der sich vor allem gegen die noch im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts in den Städten zahlreich vertretenen deutschen Tages- und Wochenzeitungen richtete. Es war nicht zuletzt ein wirtschaftlicher Kampf um Abonnenten. Damit verbunden setzte bereits Anfang der 1870er Jahre eine zielstrebige, von den ungarischsprachigen Blättern geführte Kam- pagne ein, die es den Bürgern von Städten wie Güns, Fünfkirchen oder Nagykanizsa als ihre patriotische Pflicht nahe legte, im ungarischen Staat und in ungarischer Ge- sellschaft ungarische Zeitungen zu lesen. So wurde die Fünfkirchner Zeitung, obwohl sie politisch stets den Regierungsstandpunkt einnahm, von den ungarischen Zeitungen dieser Stadt des „Versuchs der Germanisierung“ beschuldigt, was die ungarischspra- chige Konkurrenz als „Attentat auf die ungarische Sprache und die ungarische Nati- on“ verurteilte.149 Die Fünfkirchner Zeitung stellte schließlich 1906 ihr Erscheinen ein, nachdem allein im Zeitraum von 1867-1890 255 gegen sie gerichtete deutsch- feindliche, für die Magyarisierung eintretende Artikel und Stellungnahmen in den un- garischen Blättern der Stadt publiziert worden waren, mit einer zeitlichen Konzentra- tion auf die Jahre 1882 und 1885.150 Die deutschen Zeitungen verloren im ganzen Land immer mehr Leser und stellten häufig um die Jahrhundertwende oder schon in den 1890er Jahren ihr Erscheinen ein. Deutsche Zeitungen konnten sich danach – mit wenigen Ausnahmen in Pressburg, Westungarn und der Zips151 – nur in Siebenbürgen und in Südungarn (Banat, Batschka, Syrmien) behaupten. In Südungarn schlug die Regierung allerdings einen anderen Weg ein. Sie subven- tionierte in erheblichem Ausmaß die deutschsprachige Presse dieser Region mit der Auflage, gegenüber den oppositionellen Strömungen der dort beheimateten Nationali- täten den Regierungsstandpunkt und nationalliberal-ungarische Meinungen zu vertre- ten, was insbesondere vor Wahlen von erheblicher Bedeutung war. So erhielten

146 OLECHOWSKY, S. 1521. 147 Ebenda, S. 1523. 148 KATUS, Magyarország története, S. 554. 149 Pécsi Lapok vom 21. Mai 1871. 150 MÁRKUS, Asszimilációja, S. 148 f. 150 GOGOLÁK, Problem. 151 MEIER, Kultur.

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deutsche Lokalblätter in Großbetschkerek, Großkikinda/Kikinda, Pantschowa, Te- mesvár, Werschetz, Weißkirchen, Großsanktnikolaus/Sînnicolau Mare und Neusatz im Zeitraum von 1875 bis 1914 häufig jährliche Subventionen im Umfang von eini- gen hundert bis 1 500 Gulden, um ihr Erscheinen zu garantieren und der Regierung eine gute Presse zu sichern.152 Auf dieser Linie lag auch der in der Hauptstadt er- schienene Pester Lloyd, der als offiziöses deutschsprachiges Presseorgan die Aufgabe hatte, der deutschsprachigen Leserschaft im In- und Ausland (insbesondere in der ös- terreichischen Reichshälfte) den Standpunkt der Regierung nahe zu bringen.153 Politisch unliebsame Blätter, die sich der von ihnen gewünschten Meinungskon- formität verweigerten, wurden mit administrativen und juristischen Mitteln unter Druck gesetzt. Ein finanzielles Druckmittel war die Kaution, die der Gründer einer Zeitung mit politischer Orientierung stellen musste. Nach der Jahrhundertwende wur- de diese Kaution auf 20 000 Kronen erhöht154, was ein großes wirtschaftliches Risiko und damit eine unglaublich hohe Hürde für die Gewährleistung von „Meinungsfrei- heit“ darstellte. Wenn solche Zeitungen an der Nationalitätenpolitik Kritik übten, wurden sie häufig „wegen Aufreizung gegen die ungarische Nation“ oder „Anstiftung zu nationalem Hass“ mit Presseprozessen überzogen und die haftbar zu machenden Redakteure zu hohen Geldstrafen, zu Haft oder gar zur Ausweisung aus Ungarn ver- urteilt.

Tabelle 7: Verurteilungen durch Presseprozesse 1886-1908 Zahl der Dauer der Freiheitsstrafen Geldstrafen Prozesse Jahre Monate Tage in Kronen Slowaken 1896-1906 560 91 7 26 42 000 Rumänen 1886-1908 353 131 10 26 93 000 Deutsche 1898-1903 14 2 10 10 2 000 Ruthenen 1904 7 5 – – 2 000 Serben 1898-1906 4 1 1 – 2 000

Quelle: JÁSZI, Dissolution, S. 335.

Da die Presselizenz für politisch ausgerichtete Zeitungen nur nach Begleichung hoher Gebühren erteilt wurde, führten der Entzug dieser Lizenz bzw. die durch Pres- seprozesse verhängten Geldstrafen kleinere Lokalzeitungen häufig in den wirtschaft- lichen Ruin. Die Kurzlebigkeit im Erscheinen der Lokalpresse in den Nationalitäten- gebieten belegt den Druck, dem sie seitens der Behörden ausgesetzt war und dem sie in der Regel nicht standhalten konnte.

152 KRESTIĆ, Presse. 153 BALOGH, Literatur. 154 SENZ, S. 81; mit dem Pressegesetz von 1914 wurde die betreffende Kaution bis auf 50 000 Kronen in Budapest und bis auf 20 000 in der Provinz erhöht. – OLECHOWSKY, S. 1526.

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7.5 Die Magyarisierung von Orts- und Personennamen Die Magyarisierung von Familiennamen, wobei Familiennamen als solche erst von Joseph II. „zur Vermeidung aller Unordnungen“ 1787 eingeführt worden waren, ist bereits in der Reformzeit ab 1834 zu beobachten. Die Träger nichtungarischer Namen wollten durch deren Veränderung ihre Herkunft kaschieren und ihre Zugehörigkeit zur Titularnation unterstreichen. Es war noch ein mehr oder weniger freiwilliger Schritt, obwohl der von der Gesellschaft ausgeübte Magyarisierungsdruck allmählich zunahm. In den Revolutionsjahren von 1848/49 erreichte die Namensmagyarisierung mit 684 Namensänderungen ihren ersten Höhepunkt und überschritt im Jahrzehnt 1870-1880 erstmals die tausend, nämlich mit insgesamt 1 938 Änderungen. In der Zeit von 1834 bis einschließlich 1880 sind insgesamt 4 767 Magyarisierungen von Personennamen aktenkundig, ein großer Teil von solchen übrigens in den beiden Städten Buda und Pest, ab 1873 vereinigt zu Budapest. 20 Prozent aller Namensände- rungen wurden von Juden beantragt.155 Die am 4. April 1881 gegründete Központi Névmagyarosító Társaság, die Zentral- gesellschaft für Namensmagyarisierung, bewirkte mit ihrer Agitation eine regelrechte Mobilisierungswelle, allein in den beiden Jahren 1881 und 1882 ließen 2 286 Perso- nen ihren Familiennamen in ungarisch klingende umwandeln. Im Zeitraum von 1881 bis 1894 registrierte man insgesamt 11 455 Namensänderungen, für die ab 1881 die Regierung Kálmán Tizsa die administrative Registrierungsgebühr von 5 Gulden auf ein Zehntel, nämlich auf 50 Kreuzer, ermäßigte. Unter dem Aspekt der Berufsstruktur standen im Zeitraum von 1835 bis 1893 Beamte und Militärs mit 32,2 Prozent an der Spitze der Namensmagyarisierungsbewegung, gefolgt von 14,4 Prozent aus den Rei- hen der Freiberuflichen, 13,9 Prozent steuerte die Gruppe der Kleinhändler, Gastwirte und Händler bei, 13,5 Prozent entfielen auf die Gruppe der Pfarrer, Lehrer und Land- wirte, 10 Prozent auf die selbständigen Wirtschaftsunternehmer und 6,7 Prozent auf die Arbeiter; nur 2,7 Prozent waren Studenten und Schüler sowie 1,4 Prozent Bauern. Eine zweite, noch stärkere Welle der Namensänderung löste die Regierung Bánffy aus, deren Verordnungen diese nach Kräften förderte, ja die Arbeitnehmer im öffent- lichen Sektor (Behörden, Eisenbahn, Schule) dazu zu verpflichten suchte. Auf die be- treffende Interpellation des siebenbürgisch-sächsischen Abgeordneten Oskar Meltzl im Parlament, ob es solche Verordnungen gäbe, verleugnete der zuständige Minister Baron Ernő Dániel (1843-1923) in seiner Antwort vom 4. Februar 1898 deren Exis- tenz. 1898 erreichte die Zahl der Änderungen mit 6 722 (wovon 16 500 Personen ein- schließlich der Familienmitglieder betroffen waren) einen bis 1933 nicht mehr er- reichten Höhepunkt; 72,4 Prozent der Anträge dieses Jahres wurden von Angestellten der Ungarischen Eisenbahn gestellt.156 Der staatliche Sektor der Beschäftigung war deshalb 1898 mit 88,3 Prozent überproportional vertreten, was auf den Assimilations- druck seitens der Regierung zurückzuführen ist. Dieser wurde jedoch von der nach- folgenden Regierung Kálmán Széll (1843-1915, Ministerpräsident 1899-1903) spür-

155 KARÁDY/KOZMA, S. 28. 156 Ebenda, S. 70-76.

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bar verringert, so dass sich bis 1914 die Zahl der jährlichen Anträge auf Namensände- rung auf durchschnittlich 2 700 einpendelte, von denen nur mehr zwischen 38 Prozent (im Jahre 1900) und 14,5 Prozent (im Jahre 1914) dem staatlichen Beschäftigungssek- tor zuzurechnen waren. Hingegen nahm er in diesem Zeitraum im nichtstaatlichen Sektor der Beschäftigung zu und erreichte Werte zwischen 40,45 Prozent um die Jahrhundertwende und 73,7 Prozent in den Jahren 1911-1914.157 Das weist auf einen Anstieg des Assimilationsdrucks hin, der nun als Anpassungsdruck an die Erwar- tungshaltung der ungarischen Gesellschaft wirkte. Betrachtet man die Namensänderungen unter dem Aspekt ihrer ethnischen Her- kunft, so ist unter der nichtjüdischen Bevölkerung ganz eindeutig eine überdurch- schnittliche Beteiligung der Deutschen auszumachen, wie die folgende Tabelle zeigt.

Tabelle 8: Namensänderungen der christlichen Bevölkerung aufgrund des ethnischen Charakters der aufgegebenen Familiennamen 1850-1918 (in Prozent)158 Ethnische Struktur der aufgegebenen Namen 1850-1893 1894-1918 1898 Deutsche 53,2 42,4 48,9 Slaven 38,7 43,0 39,3 Rumänen 0,5 9,0 7,2 Übrige 7,6 4,6 4,6 Insgesamt 100,0 100,0 100,0

Tabelle 9: Geografische Verteilung der Namensmagyarisierung im Zeitraum von 1850 bis 1918 (in Prozent)159

Regionen Christliche Bevölkerung Juden 1850-1893 1894-1918 1894-1918 Transdanubien 19,9 15,4 12,0 Westl. Oberungarn 10,5 11,8 6,1 Donau-Theiß-Region 14,3 13,7 13,5 Budapest 28,3 20,5 45,0 Östl. Oberungarn 8,5 9,8 7,0 Transtiszien 5,6 9,3 8,7 Tisza-Maros-Region 8,4 8,8 4,1 Siebenbürgen 4,5 10,4 3,4 Fiume – 0,2 0,2 Summe 100,0 100,0 100,0

157 Ebenda, S. 106. 158 Ebenda, S. 78. 159 Ebenda, S. 84.

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Sowohl bei Angehörigen der christlichen wie der jüdischen Konfession(en) nahm Budapest bei der Namensmagyarisierung die erste Stelle ein. Die Hauptstadt des Kö- nigreichs war Brennpunkt der Industrialisierung wie der Urbanisierung und übte of- fenbar auf die zugewanderten Angehörigen der Nationalitätenbevölkerung den stärks- ten Assimilationsdruck aus. War die Magyarisierung der Familiennamen ein Akt, der aus eigenem Antrieb er- folgte, um Karriereaussichten und soziale Aufstiegsmöglichkeiten zu verbessern und damit gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen, so war das Gesetz zur Na- mensmagyarisierung der Orte von 1898 (GA IV/1898) ein Diktat, dem sich alle Orte mit bislang nichtungarischen Namen fügen mussten. Sie wurden gezwungen, einen ungarischen Namen anzunehmen, ihr ursprünglicher durfte zwar in Schulbüchern in Klammern noch erwähnt werden, im öffentlichen Bereich wurde er jedoch nicht mehr geduldet. In der Praxis bedeutete das eine Magyarisierung aller Ortsnamen in den nichtungarischen Siedlungsgebieten, der auch die Magyarisierung aller Toponyme auf Kartenwerken, Grundbuchauszügen, Stadtplänen etc. im Jahrzehnt nach der Jahrhun- dertwende folgte.

7.6 Die Tätigkeit nationaler Schutzvereine Am 27. Januar 1882 benutzte der Abgeordnete Ottó Herman die Budgetdebatte des Parlaments dazu, in seiner Interpellation die Tätigkeit des Allgemeinen Deutschen Schulvereins als eine „gegen die magyarische Nation gerichtete“ und von Schulver- eins-Agenten hauptsächlich im Kreise der Siebenbürger Sachsen betriebene „Wühlar- beit“ zu verurteilen. Er äußerte die Überzeugung, dass „wir gegen diese Bewegung etwas thun müssen“160. Das treibende Motiv nationaler Schutzvereine war die möglichst wirksame Unter- stützung des Nationsprojekts durch Propaganda und primär auf die Förderung von Schulen konzentrierte Maßnahmen, wobei die Vereine ihre Vorstellungen in ihrer Ansicht nach „bedrohten“, in ihrem „nationalen Besitzstand“ gefährdeten Grenzge- bieten und in sozialen Schichten durchzusetzen suchten, die wie z.B. Bauern oder Handwerker noch einem pränationalen Denken verhaftet waren. Diese „Wächter der Nation“ wurden fast ausnahmslos in den beiden letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhun- derts aktiv, als der politische Liberalismus von radikaleren Nationalismusvarianten abgelöst wurde.161 Am 13. Mai 1880 wurde in Wien der Deutsche Schulverein gegründet, um in Ge- bieten und Orten der österreichischen Reichshälfte, in denen die Deutschen als Min- derheit lebten, deutsche Schulen zu gründen und zu erhalten, vor allem in Grenzge- bieten, die durch eine Sprachgrenze definiert wurden und in denen Schulen als „Fes- tungen der Nation“ zur Verteidigung dieser Sprachgrenzen ausersehen wurden, der Staat jedoch aus finanziellen oder politischen Gründen nicht eingreifen konnte oder

160 Die Debatte vom 27. Januar 1882, S. 2. 161 Die grundlegende historische Aufarbeitung der Tätigkeit solcher nationaler Schutzvereine bei JUDSON, Guardians; DERS., Schutzvereine.

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wollte. Der Schulverein war eine nationale Selbsthilfeorganisation, der vor allem die ländliche Bevölkerung der Grenzgebiete für nationale Ziele zu mobilisieren suchte. Als Zusammenschluss von 50 Ortsgruppen, die als Teil des Schulvereins im Deut- schen Reich entstanden waren, wurde am 15. August 1881 in Berlin der Allgemeine Deutsche Schulverein gegründet, der die Betreuung der deutsch besiedelten Gebiete der zur ungarischen Reichshälfte gehörenden Länder übernahm, da die österreichische Rechtslage es österreichischen Vereinen nicht gestattete, Zweigvereine im Ausland zu gründen und zu unterhalten.162 In dem vom Abgeordneten Herman angeprangerten, als „Kriegserklärung“ an Un- garn interpretierten Aufruf des Berliner Vereins wurden vor allem die gegen die Sie- benbürger Sachsen gerichteten Maßnahmen der Regierung Kálmán Tisza kritisiert: „Die ganze Verfassung der Sachsen ist gegen die feierlichsten Zusicherungen zerstört, der Sachsenboden zerschlagen und in verschiedene Comitate vertheilt, in Amt und Gericht wird, gegen den klaren Wortlaut der noch bestehenden Gesetze, immer ausschließlicher die magyarische die einzige geduldete Sprache; […] alles gegen den klaren Wortlaut des Na- tionalitätengesetzes von 1868, welches nur dazu dient, fremde Leser irre zu führen.“163 Der Autor des Aufrufs, der Historiker Wilhelm Wattenbach (1819-1898), folgerte daraus: „Es ist offenbar, dass bei solchen Grundsätzen das Fortbestehen der Schulen ganz unsicher ist; das Vermögen kann jeden Augenblick ganz eingezogen werden, und es ist auch schon damit gedroht worden.“164 In Reaktion auf die Rede Hermans zog der siebenbürgisch-sächsische Abgeordne- te Josef Gull (1820-1899) eine Bilanz der ungarischen Nationalitätenpolitik und ver- teidigte im ungarischen Parlament die von Herman zusammen mit dem Schulverein angegriffene Schrift von Rudolf Heinze (1825-1896)165: „Das Gesagte ist genügend, um darzuthun, dass die Staatsbürger nichtmagyarischer Zunge Grund haben, sich für nicht gleichberechtigt mit ihren Mitbürgern magyarischer Zunge zu halten und dieses als Unrecht zu empfinden.“166 Der Abgeordnete der Siebenbürger Sachsen, Adolf Zay (1850-1907), wies in sei- ner Stellungnahme zu Herman darauf hin, dass es in Ungarn Magyarisierungsvereine gebe, „deren in den Statuten unverhohlen ausgesprochener Zweck es ist, die nichtma- gyarischen Bürger dieses Vaterlandes ihres Namens, ihrer Muttersprache, ihres gan- zen Stammesbewusstseins zu berauben“.167 Er verurteilt die Genehmigung solcher

162 WATTENBACH, Schulverein, S. 25. Wattenbach war auch der Autor der Studie über „Die Germanisierung der östlichen Grenzmarken des deutschen Reichs“, in der er „die Ausbrei- tung deutscher Herrschaft, deutscher Sitte und deutscher Bevölkerung über die östlichen Grenzländer des Reichs“ als eine „fast unscheinbare, stille, aber nachhaltige, […] außeror- dentliche folgenreiche Entwicklung“ bezeichnete, die zu den „einzig bleibenden Eroberun- gen des deutschen Volkes geführt“ hätte (WATTENBACH, Germanisierung, S. 387 ff.). 163 WATTENBACH, Schulverein, S. 11 f. 164 Ebenda, S. 14. 165 HEINZE, Hungarica. 166 Die Debatte vom 27. Januar 1882, S. 9. 167 Ebenda, S. 45.

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Statuten seitens der ungarischen Regierung „als ministerielle Autorisierung“ eines „den Nichtmagyaren angekündigten, unblutigen, aber umso gefährlicheren Bürger- kriegs“. Schließlich wies Zay darauf hin, dass hier im Parlament offenbar mit doppel- tem Maß gemessen werde: „Das ganze Verbrechen des deutschen Schulvereines ist: dass er zur Unterstützung des deutschen Schulwesens in Ungarn auffordert […] Nun ist dies meines Erachtens nichts an- deres, als was hier der Sankt-Ladislaus-Verein thut“, nämlich die Schulen der katholischen Magyaren in Rumänien zu unterstützen, „damit ihr Glaube und ihre Nationalität nicht un- tergehe.“168 Der an der Debatte teilnehmende Ministerpräsident Kálmán Tisza stellte in seiner polemischen Antwort auf Zay die Legitimation der Schulvereinstätigkeit in Frage, in- dem er den von ihm wörtlich zitierten Vorwurf des Schulvereins, „Die Zahl der deut- schen Volksschulen wird von Jahr zu Jahr vermindert“, zurückwies: „Hat etwa die Regierung oder die Legislative auch nur eine einzige unterdrückt? Nein. Was also da ausgesprochen wird, ist entweder eine grundlose Anklage, oder aber, wenn die Zahl der Schulen in der That abnimmt, dann kann man darob keine Anklage erheben, denn es ist dies eine Folge der Entwicklung des nationalen Lebens, daraus aber kann man im eigenen Lande gegen Niemanden ein Verbrechen formuliren.“169 Was Tisza unter der „Entwicklung des nationalen Lebens“ verstand, präzisierte er mit der Feststellung, dass der ungarische Staat niemals Andersnationale unterdrückt habe, sondern „für jeden Andersnationalen des Vaterlandes, seien sie Magyaren, Sachsen oder zu einer Nationalität gehörende Einwohner, jene Gesetze schaffen wer- de, die für alle da sind und die vom Standpunkt des Staatslebens aus notwendig sind.“170 Wahrscheinlich fiel die Reaktion auf die Kritik des Schulvereins deshalb so heftig aus, weil das Modell des Schulvereins als Schutzverein in Ungarn selbst gerade Schu- le machte und die angestrebte Monopolstellung der ungarischen Schutzvereine im ei- genen Land in Frage stellte. Denn der 1880 gemachte Vorschlag des Grafen Jenő Zi- chy (1837-1906), Vorsitzender des Landesgewerbevereins, ungarische Schutzvereine nach dem Vorbild des Deutschen Schulvereins zu gründen, „da eine große, nationale und konkurrenzfähige Industrie nicht möglich ist ohne ein gesundes wohlorganisiertes Schulwesen“171, wurde schnell aufgegriffen und es entstand in der Folgezeit ein dich- tes Netz größerer und kleinerer, vom Staat wie den Lokalbehörden großzügig unter- stützter Kulturvereine, die sich die Verbreitung der ungarischen Sprache und Kultur auf ihre Fahnen schrieben: 1882 der Oberungarische Magyarische Kulturverein (Fel- vidéki Magyar Közmüvelődési Egyesület, FEMKE), 1885 der Siebenbürgische Ma- gyarische Kulturverein (Erdélyrészi Magyar Közmüvelődési Egyesület, EMKE), 1887 der Südungarische Magyarische Kulturverein (Délvidéki Magyar Közmüvelődési Egyesület, DEMKE), als einer der ersten im Komitat Sáros der Verein zur Verbrei-

168 Ebenda, S. 46. 169 Ebenda, S. 77. 170 Iratok a nemzetiségi kérdés történetéhez, Bd. 1, S. 658. 171 Schul- und Kirchenbote 15 (1880), S. 283, zit. nach PUTTKAMER, Schulalltag, S. 207.

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tung des Magyarentums und der Volksbildung (A Magyarságot és Népmüvelési terjesztő Egyesület), der Széchenyi-Kreis in Eperies, der vom Lehrerverein des Komi- tats Nyitra gegründete Oberungarische Schulverein, schließlich weitere Schutzvereine im Komitat Szathmár, in Temesvár, Budapest und Pressburg. Sie alle strebten danach, die Kenntnis der Staatssprache bis in die letzten Winkel des Landes zu tragen. „Dabei legten die Vereine in Oberungarn mitunter ein ausgesprochen missionierendes Ver- halten gegenüber der slowakischen, ruthenischen und deutschen Bevölkerung an den Tag.“172 1886 erschien eine anonyme Schrift: „Die Kulturvereine und die Nationalitä- tenfrage“.173 In ihr kritisierte der Autor, es war Lajos Mocsáry, dass sich diese neuen Vereine hinter dem Titel „kulturell“ versteckt hielten, tatsächlich aber nur ein Ziel verfolgten, nämlich die Magyarisierung der Nationalitäten.174 Als ein Beispiel dafür sei hier aus der Rede des ungarischen Domherrn Jenő Szentkláray (1843-1925) zitiert, der bei der Gründungsversammlung des Temesvárer Geselligkeitsvereins 1897 hervorhob: „Alle unsere anderssprachigen Mitbürger sind uns willkommen, hauptsächlich Jene, die dankerfüllt die in unserem Vaterland erlangte Heimatberechtigung und reichen Güter be- reits mit Herz und Seele die Interessen der Magyarisirung zu den ihrigen gemacht haben. Sie begriffen das Mahnwort der Zeit und blicken mit kluger Voraussicht in die Zukunft. […] Wir und die uns nachfolgenden Generationen müssen unentwegt dazu beitragen, den nationalen Charakter unseres Vaterlandes je nachdrücklicher hervorzuheben. […] Wer sich für die ungarische Sprache nicht begeistern kann, der wird auch für das Vaterland und die Nation ein Opfer zu bringen schwerlich bereit sein.“175 In den deutschen Siedlungsgebieten Ungarns entstanden keinerlei deutsche Schutzvereine. Solche waren außerhalb des Landes, vor allem in Wien, konzentriert, um von dort aus – wohl aus Sicherheitsgründen – ihre Schutzvereinstätigkeit für die Deutschen in Ungarn zu betreiben.

7.7 Assimilation und Mehrsprachigkeit Die keineswegs automatisch mit einem Sprachwechsel verbundene Assimilationsbe- wegung war vor allem in den größeren Städten des Landes erfolgreich. Allein im Jahrzehnt von 1880 auf 1890 hat der Anteil der Ungarisch Sprechenden in den 25 größten Städten des Landes um 29 Prozent, in den 101 kleineren Städten um 16 Pro- zent zugenommen. Am spektakulärsten war die diesbezügliche Veränderung in der Hauptstadt Budapest: Im Zeitraum von 1873 bis 1910 ist der Bevölkerungszuwachs von Budapest in Höhe von 583 500 zu 73 Prozent auf Zuwanderung (und nicht auf

172 PUTTKAMER, Schulalltag, S. 208; DERS., EMKE. 173 MOCSÁRY. 174 GOTTAS, Nationalitätenpolitik, hier S. 101. 175 [JENŐ] EUGEN SZENTKLÁRAY: Die nationalen Aufgaben der Gesellschaft in Südungarn, in: Temesvárer Zeitung vom 14. und 15. September 1897 in deutscher Übersetzung; zit. nach: Die katholischen Donauschwaben, S. 579. – Szentkláray schrieb übrigens eine Reihe von Studien zur Geschichte und Kirchengeschichte des Banats und Südungarns im 18. Jahr- hundert.

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Assimilation!) zurückzuführen, wodurch der ungarische Bevölkerungsanteil im Zeit- raum von 1851 bis 1910 von 33 Prozent auf 86 Prozent zunahm.176

Tabelle 10: Die Bevölkerung von Budapest 1873-1910 Jahr Insgesamt Deutsche Anteil in % Juden Anteil in % 1873 296 867 – – 48 306 16,3 1880 370 767 123 308 34,2 71 940 19,4 1900 733 358 104 520 14,3 168 985 23,0 1910 880 371 78 882 9,0 203 687 23,1

Quelle: DON/MAGOS, S. 208; GOTTAS, Die Deutschen, S. 348.

Tabelle 11: Der Anteil einzelner Nationalitäten an der Stadtbevölkerung Ungarns in Prozent 1880 1890 1900 1910 Deutsche 18,4 15,7 12,4 9,7 Magyaren 63,2 67,0 72,5 76,6 Slowaken 7,3 6,3 5,2 4,3 Rumänen 3,8 3,7 3,7 3,6 Serben 4,4 2,4 2,3 5,2 Kroaten 0,6 0,4 0,5 Ruthenen 0,2 0,1 0,3 0,1

Quelle: SZÁSZ, Die Ziele, S. 336.

Das Beispiel von Budapest wie auch anderer Städte zeigt, dass die Assimilations- bewegung von der Zuwanderung und Urbanisierung nicht zu trennen ist und die aus den Nationalitätengebieten zugewanderten Deutschen, Slowaken etc. sich rasch an ih- re ungarische Sprachumgebung anpassten, selbst wenn eine deutsche oder slowaki- sche Subkultur mit zahlreichen Vereinen fortbestand. Inwieweit hier Sprachwechsel tatsächlich mit einem Identitätswechsel verbunden war, ist eine offene, noch wenig untersuchte Frage. Der slowakische Historiker Ludwig Gogolák brachte den von der älteren Forschung zur Assimilation vertretenen Standpunkt auf folgende Formel: „Das Phänomen der Assimilation umfasst im allgemeinen den Verlust der ursprüng- lich ererbten nationalen Eigenart und den zunächst rein sprachlichen, dann aber auch gefühlsmäßigen Übergang in ein anderes Volkstum und das ideologische Bekenntnis zu der anderen Nation.“177 Die neuere Forschung zur Mehrsprachigkeit weist hinge- gen darauf hin, dass die von Gogolák angesprochenen „Übergänge“ einerseits sich viel fließender ausgestalten, andererseits eine Hierarchisierung der Sprachen im Rah-

176 HANÁK, Magyarország társadalma, S. 417. 177 GOGOLÁK, Problem, S. 1.

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men einer beibehaltenen Zwei- oder Mehrsprachigkeit eintritt178, worauf auch der Fortbestand nichtungarischer Subkulturen und damit korrespondierender Identitäts- formen und deren Pflege in Vereinen, Kultur- und Wissenschaftsorganisationen, Wirtschaftsverbänden etc. hinweist. Diesen Befund bestätigt auch eine genaue statis- tische Untersuchung der im Jahre 1900 bestehenden 12 686 Orte in Ungarn, die zu dem Ergebnis kommt: „Der große Teil der Orte des Landes ist polyglott, kaum ein Viertel von ihnen ist einsprachig.“179 Aus der Analyse der relevanten Angaben der ungarischen Volkszählungen betref- fend „Muttersprache“ und die Kenntnis anderer Sprachen im Zeitraum von 1880 bis 1910 geht hervor, dass bei gleichzeitiger Zunahme der ungarischen Sprecher die Zahl der Sprecher landesüblicher Sprachen als Zweitsprache gleichfalls zugenommen hat, und zwar mit ungefähr dem gleichen Anteil wie die Zahl der „Magyarisierten“, was eine Hierarchisierung der Sprachen belegt, in der das Ungarische in immer stärkerem Ausmaß den ersten (von der Statistik einseitig akzentuierten) Platz errang, die ande- ren gesprochenen Sprachen – als Zweitsprachen – jedoch bestimmten Situationen und sozialen Schichten zuzuordnen sind. Eine indirekte Bestätigung dieses Sachverhalts liefert László Katus, der aus den Angaben der Volkszählung von 1910 folgerte, dass sich 77 Prozent der Juden, 23 Prozent der Deutschen, 17 Prozent der Slowaken, 19 Prozent der Serben und Kroaten, 5 Prozent der Rumänen und 10,5 Prozent der Ruthe- nen und der übrigen Nationalitäten zur ungarischen Muttersprache bekannt hatten. Die dafür entscheidende Frage nach der Muttersprache in den Fragebögen der ungari- schen Volkszählungsstatistik veränderte sich zweimal. Als sie zum ersten Mal 1880 eingeführt wurde, lautete die Frage lapidar: „Was ist Ihre Muttersprache?“ Ab der Volkszählung von 1900 wurde sie umgeändert in: „Was ist Ihre Muttersprache oder die Sprache, welche Sie sich zu eigen gemacht haben und die Sie am häufigsten und am liebsten sprechen?“. Das wiederum entsprach eher der österreichischen Statistik, die von vornherein nach der „Umgangssprache“ fragte.180 Die Sprache der „Herren“ war uneingeschränkt Ungarisch und besaß ein entspre- chendes Sozialprestige. „Das Ungarische galt als Sprache der Öffentlichkeit, als unangefochtene Sprache der politischen und administrativen Eliten sowie als vorherr- schende Sprache von Bildung und Wissenschaft, Handel und Gewerbe.“181 Der unga- rische Schriftsteller Sándor Márai berichtet in seiner Autobiografie von den diesbe- züglichen Verhältnissen in seiner Heimatstadt Kaschau/Košice im Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg, die wahrscheinlich auch auf viele andere Städte Ungarns zutrafen: „Konversationssprache der ortsansässigen besseren Gesellschaft war offiziell das Ungari- sche, aber zu Hause, in der Familie, sprachen selbst die zugewanderten Ungarn lieber Zip- serdeutsch. In alledem war wenig Absicht. Das Fluidum der Stadt war ungarisch, aber in

178 KREMNITZ, S. 27-33 und 74-80. 179 BALOGH, Népfajok, S. 145. „Az ország helységeinek nagy része poliglott, alig a negyede egyajkú.“ Dieses sehr detaillierte Werk wurde vom ungarischen Kultus- und Unterrichts- ministerium herausgegeben. 180 GYÁNI/KÖVÉR, S. 133. 181 PUTTKAMER, Schulalltag, S. 248; vgl. auch DERS., Mehrsprachigkeit.

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Pantoffeln und Hemdsärmeln, nach dem Abendessen, wechselten auch die Herren zum Deutschen über.“182 Diese nicht nur in der Zips und im nordöstlichen Oberungarn anzutreffende, dort jedoch besonders ausgeprägte Mehrsprachigkeit kommentierte auch ein zeitgenössi- scher Berichterstatter im Zipser Boten als eine Selbstverständlichkeit: „In unserer Ge- gend werden ohnehin an das Sprachtalent große Anforderungen gestellt; da muß man das Deutsche als Muttersprache, das Ungarische als Patriot, das Slavische aber als Dienstbotensprache erlernen.“ Doch nicht die Mehrsprachigkeit war seiner Überzeu- gung nach das Wesentliche, sondern die sie tragende Haltung, der Staatspatriotismus: „Wir Zipser wissen ja sehr gut, dass der Patriotismus seinen Sitz nicht auf der Zunge hat, sondern im Herzen.“183 Im Bereich der Familie, im lokalen Lebensumfeld, aber auch in der Kirche be- hauptete sich daher noch lange eine andere „Muttersprache“ oder besser gesagt Um- gangssprache als die von der amtlichen ungarischen Statistik als solche registrierte. Assimilation ist daher keineswegs ein unumkehrbarer Vorgang, der den Status be- stimmter Sprachen in bestimmten Situationen bzw. gesellschaftlichen und politischen Strukturen markiert. Assimilation kann daher auch nicht wie bislang von vornherein mit ethnischem Verlust oder Gewinn in Zusammenhang gebracht und als solcher ver- bucht werden. Änderte sich dieser Status in Verbindung mit den politischen Verhält- nissen, wie das beispielsweise 1918 mit neuen Grenzziehungen und der Entstehung neuer Staaten geschah, dann änderten sich auch das Sprachverhalten und das Sozial- prestige von Sprachen: Aus der „Dienstbotensprache“ Slowakisch wurde eine Staats- sprache, zu der sich mit einem Schlag viele Bewohner des Landes und nicht nur Slo- waken bekannten.184 Vor diesem Hintergrund ist es nur eine Fortschreibung traditioneller Vorstellun- gen, die „natürliche“ von einer gewalttätigen, politisch forcierten Assimilation zu un- terscheiden. Anpassung und Integration an und in vorgegebene Strukturen und der damit verbundene Sprachwechsel im öffentlichen Bereich – wie das offenbar auf das Ungarn der Dualismuszeit zutraf – waren eine von Interessen geleitete Überlebens- strategie, die auf ein Bündel völlig unterschiedlicher Faktoren wie die Modernisie- rung (Industrialisierung, Urbanisierung, sozialer Wandel), gesellschaftlicher im öffentlichen Diskurs ausgehandelte Regeln und schließlich auch politische Maßnah- men angemessen zu reagieren suchte. Politik war hier nur ein Faktor unter vielen, und dieser Faktor war nur dann erfolgreich, wenn er mit den übrigen Faktoren sozialen

182 MÁRAI, S. 18. 183 Zipser Bote vom 31. März 1883, Nr. 13, S. 1 f.; zit. nach GOTTAS, Vereine, S. 1222. 184 So verzeichnete die tschechoslowakische Volkszählung auf dem Gebiet der Slowakei, des ehemaligen Oberungarns, 739 000 Magyaren gegenüber den 1 055 000 von der Volkszäh- lung 1910 registrierten. Da ca. 100 000 Magyaren damals nach Ungarn optierten, bleibt hier noch immer eine Gruppe von mehr als 200 000 Personen, die mit einem Schlag ihre „Muttersprache“ wechselten. Dazu bemerkt Zoltán Dávid: „In the first postwar census of 1920, entire Slovak-inhabited villages declared themselves Hungarian, while in others Slo- vak national consciousness had been awakening.“ – DÁVID, Statistics, S. 336.

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Handelns in Übereinstimmung zu bringen war. Assimilation hat daher eine sprachli- che, gesellschaftliche, wirtschaftliche und nicht zuletzt auch politische Komponente. Die Frage ist nicht die, welche Faktoren der Assimilation als „natürlich“ beurteilt werden können, sondern welche Überlebensstrategie aus welchen Gründen erfolg- reich war oder nicht. Ähnlich verhält es sich mit der unbrauchbaren, weil inadäquaten Metapher vom „schwebenden Volkstum“. Diese vermeintliche Unentschiedenheit ethnischer Identi- fikation wird als Potenzial ethnischer Mobilisierung gesehen, wobei die situations- bedingte ethnische Indifferenz nicht als Teil solcher Überlebensstrategien, sondern davon isoliert betrachtet und unter moralischer Wertung als „drohender Verrat am Volkstum“ begriffen wird. Assimilation ist daher Teil gesamtgesellschaftlicher Prozesse, die Assimilation in die eine oder andere Richtung fördern können. Auf das Ungarn der Dualismuszeit an- gewendet bedeutet dies, dass Prozesse der Anpassung und Integration auch in nicht magyarisierender Richtung, weniger als Prozesse der Dissimilation, sondern vielmehr der ethnisch-sprachlichen Angleichung an nichtungarische Mehrheitsverhältnisse, in mehrsprachigen Orten oder Kleinregionen zu beobachten sind. Darauf hat als einer der Ersten der ungarische Journalist Pál Balogh 1902 aufmerksam gemacht. Seinen Berechnungen zufolge gab es zu diesem Zeitpunkt insgesamt 12 686 Gemeinden, die sich ihrer ethnischen Mehrheit nach wie folgt aufgliederten: 4 718 ungarisch, 2 981 rumänisch, 2 711 slowakisch, 1 114 deutsch, 612 ruthenisch (orosz), 149 serbisch, 237 kroatisch, 147 slowenisch (vend) und 17 übrige. Unter dem Aspekt ihrer Sprach- struktur gesehen waren 3 784 Gemeinden einsprachig, 8 902 (= 70,1 Prozent) mehrsprachig, davon wiederum 4 391 zweisprachig, 3 248 dreisprachig, 1 073 vier- sprachig, 167 fünfsprachig, 21 sechssprachig und 2 siebensprachig.185 Laut seinen sta- tistischen Forschungen wechselten im Zeitraum von 50 Jahren 1 109 Gemeinden (= 8,7 Prozent aller Gemeinden) ihren ethnischen Charakter, den größten Verlust ver- zeichneten die Magyaren, den größten Gewinn die Rumänen, wobei der Wechsel vor allem Streuminderheiten betraf, die sich sprachlich/ethnisch an lokale Mehrheiten anglichen.

185 BALOGH, Népfajok, S. 146 f.

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Tabelle 12: Wechsel des ethnischen Charakters von Gemeinden 1850-1900186 Verlust Gewinn Bemerkung Magyaren 465 261 Davon 89 Gewinn von den Slowaken, Verlust v.a. an Rumänen und Deutsche Rumänen 64 362 Gewinn v.a. von den Magyaren in Siebenbürgen Slowaken 106 253 Gewinn v.a. von den Ruthenen Deutsche 116 168 Gewinn v.a. in der Baranya Ruthenen 217 4 Verlust zumeist an die Slowaken Serben 87 8 Verlust infolge niedriger Geburtenrate Kroaten 46 46 Slowenen 5 3

Quelle: BALOGH, Népfajok, S. 949 f. Die Rubrikenbezeichnungen „Verlust“ und „Gewinn“ sind von dort übernommen.

Unabhängig von solchen kleinräumigen Angleichungsprozessen lokaler Minder- heiten- an lokale Mehrheitsgruppen ist im Zeitraum von 1880 bis 1910 eine allmähli- che Zunahme des Anteils der Magyaren festzustellen, die vor allem auf die Assimila- tionsbewegung der urbanen jüdischen und deutschen Bevölkerung zurückzuführen ist. Das geht, wie die nachfolgende Tabelle zeigt, mit einer rückläufigen Entwicklung des Bevölkerungsanteils nicht nur der Deutschen, sondern auch des Anteils der gesamten nichtungarischen Bevölkerung und aller einzelnen Nationalitäten an der Gesamtbe- völkerung einher, was einerseits auf die Assimilationsbewegung und die entsprechen- den Magyarisierungserfolge, andererseits auf die überdurchschnittliche Auswande- rung der nichtungarischen Bevölkerung zurückzuführen ist. Im Zusammenhang mit der Assimilationsbewegung im Allgemeinen ist auch die räumliche Verteilung der 14 in Ungarn lebenden Nationalitäten (mit mehr als 10 000 Angehörigen, aufgeteilt auf sieben Konfessionen) zu berücksichtigen: 1910 gab es in Ungarn 439 Bezirke (járás, eigentlich Kreise), von denen nur 144 und damit 32,8 Prozent eine Mehrheit einer ethnischen Gruppe von über 90 Prozent aufwiesen. Von solchen Bezirken waren 108 magyarisch, 18 rumänisch, 17 slowakisch und 1 kroa- tisch. In 45 Bezirken gab es wiederum keine ethnische Gruppe, die eine Mehrheit über 50 Prozent erreichte.187

186 Ebenda, S. 949 f. 187 KATUS, Multinational, S. 113.

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Tabelle 13: Die ethnische Struktur Ungarns ohne Kroatien und Fiume 1880-1910, nach der Muttersprache Zivilbevölkerung Gesamtbevölkerung 1880 1890 1900 1910 Magyaren 6 403 687 7 356 874 8 648 678 9 938 134 Deutsche 1 869 877 1 988 589 1 997 115 1 901 642 Slowaken 1 855 442 1 896 641 2 002 136 1 901 642 Rumänen 2 403 035 2 589 066 2 798 536 2 948 049 Ruthenen 353 226 379 782 424 727 464 259 Kroaten 183 642 183 935 181 882 Serben 631 995 437 682 461 091 495 105 Bunjevatzen 87 278 88 209 Slowenen 63 261 70 912 76 815 75 072 Zigeuner 78 759 91 603 142 351 210 834 Übrige 69 340 81 280 Nichtungar. Bev. 7 324 935 7 776 620 8 150 622 8 276 593 Gesamtbev. 13 728 662 15 133 494 16 799 300 18 214 727

In Prozent Magyaren 46,65 48,61 51,48 54,56 Deutsche 13,62 13,14 11,89 10,44 Slowaken 13,52 12,53 11,92 10,68 Rumänen 17,50 17,11 16,66 16,18 Ruthenen 2,57 2,51 2,53 2,55 Kroaten 1,21 1,09 1,00 Serben 4,60 2,61 2,53 3,27 Bunjewatzen 0,52 0,48 Slowenen 0,46 0,47 0,46 0,41 Zigeuner 0,57 0,61 0,85 1,16 Übrige 0,51 0,54 Nichtungar. Bev. 53,35 51,39 48,42 45,44

Quelle: KATUS, Adatsorok, S. 195.

Über die Assimilationsbewegung und die mit ihr verbundenen Magyarisierungs- erfolge gibt es einige Schätzungen, die keine großen Abweichungen voneinander aufweisen. Péter Hanák hat für den Zeitraum von 1787 bis 1840 den quantitativen Umfang der Magyarisierung auf 700 000 Menschen geschätzt mit einer jährlichen Zuwachsrate von 13 000, für den Zeitraum von 1840 bis 1870 auf 600 000 (jährlich 20 000), für das Jahrzehnt 1871 bis 1880 auf 250 000 (jährlich 25 000) und für den

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Zeitraum von 1880 bis 1910 auf 1 Million, das wären jährlich 33 300 gewesen und für den gesamten Zeitraum von 1787 bis 1910 2,55 Millionen.188 László Katus wiederum schätzt für den kleineren Zeitraum von 1850 bis 1910 den gesamten Assimilationsgewinn zugunsten der Magyaren auf 2 Millionen Menschen und berechnet, dass dieser Gewinn zu 35 Prozent auf Juden (mit 700 000), zu 25 Pro- zent auf Deutsche (mit 500 000), zu 20 Prozent auf Slowaken (mit 400 000) und zu jeweils 7,5 Prozent auf Rumänen und Südslaven (Serben und Kroaten) zurückgeht.189 Solchen Verlust- und Gewinnrechnungen liegt ausschließlich das statistische Krite- rium der „Muttersprache“ zugrunde, deren quellenkritische Bewertung wohl noch einmal hinterfragt werden sollte. Das gilt auch für die nachfolgende Tabelle.

Tabelle 14: Tatsächliche und natürliche Bevölkerungszunahme in Ungarn nach Na- tionalitäten 1890-1914 Tatsächliche Natürliche Bevölkerungszunahme Bevölkerungszunahme 1890-1914 1896-1900 1911-1914 in Tausend in Prozent in Promille Magyaren 3 605 56,0 13,0 12,2 Deutsche 83 4,0 11,8 9,3 Slowaken 104 5,5 13,8 12,7 Rumänen 544 23,0 5,8 9,3 Ruthenen 117 33,0 15,5 13,9 Serben 588 25,0 8,2 7,6 Kroaten 11,3 13,5 Übrige 204 77,0 – – Zusammen 5245 33,5 11,6 11,6

Quelle: HANÁK, Magyarország társadalma, S. 416.

Untersucht man schließlich den Erfolg der Magyarisierung unter geografischen Aspekten, dann ist festzustellen, dass diese im Gegensatz zu Zentralungarn (vor allem Budapest und seine Umgebung) in den von vornherein nichtungarischen Randgebie- ten kaum Veränderungen bewirkt hat. László Katus hat dieses Phänomen auf die Formel gebracht: „Die Magyarisierung hat überwiegend im ungarischen Sprachgebiet und in den Städten stattgefunden.“190 Der britische Historiker Carlyle Aylmer Macartney wies in Zusammenhang damit auf die nach 1918 wirksam gewordenen Folgen hin: „Thus the potential danger to Hungary’s territorial integrity presented by the non-Magyar ethnic character of its pe-

188 HANÁK, Polgárosodás, S. 513-514. 189 KATUS, Nemzetek; DERS., Adatsorok. 190 KATUS, Népszaporulat, S. 20. „A magyarosodás tehát túlnyomórészt magyar nyelvterületen és a városokban ment végbe.“

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riphery had not even diminished, much less disappeared.“191 Die ungarische Nationa- litätenpolitik erwies sich damit als ungeeignet, eines ihrer Hauptziele, nämlich die Si- cherung der territorialen Integrität des Nationalstaats, zu erreichen. Die in den Randgebieten Ungarns feststellbaren demografischen und ethnostruktu- rellen Veränderungen sind daher kaum auf Magyarisierung, sondern vor allem auf Migrationsbewegungen, auf Binnenwanderung und Auswanderung, zurückzuführen.

Tabelle 15: Die Auswanderung aus Ungarn (mit Kroatien) nach Ländern außerhalb der Habsburgermonarchie, nach Muttersprache, im Zeitraum von 1899 bis 1913

Zahl der Anteil Anteil an der Anteil an der Auswanderer auf 100 000 Gesamtzahl Gesamtbevölkerung Einwohner der Aus- im Jahre 1900 in % wanderer in % Magyaren 401 123 280 28,9 45,4 Deutsche 232 591 747 16,7 11,1 Slowaken 300 432 1008 21,6 10,5 Ruthenen 54 980 811 3,9 2,2 Kroaten 137 266 9,9 8,7 469 Serben 64 180 4,6 8,7 Rumänen 184 512 423 13,3 14,5 Sonstige 15 441 – 1,1 2,1 Insgesamt 1 390 525 458 100 100 Quelle: A Magyar Szent Korona, Tabelle 11.

Magyaren hatten einen Anteil von 28,9 Prozent an der Auswanderung, die nicht- ungarische Bevölkerung kam jedoch auf den eindeutig überdurchschnittlichen Anteil von 71,1 Prozent. Innerhalb der Nationalitätenbevölkerung war der Anteil der Slowa- ken am größten, sehr hoch auch bei den Ruthenen und bei den Deutschen, etwas über dem Durchschnitt liegend bei den Serben und Kroaten und erstaunlich gering bei den Rumänen.

8 Zeitgenössische Beurteilung der ungarischen Nationalitätenpolitik

1912 erschien in Ungarn ein Buch mit dem Titel „Die Entstehung der Nationalstaaten und die Nationalitätenfrage“. Der Herausgeber der 1986 neu verlegten, allerdings ge- kürzten Neuausgabe, György Litván, bezeichnete es als das „erste Werk mit wissen- schaftlichem Anspruch, das das Nationalitätenproblem Ungarns wahrgenommen, be-

191 MACARTNEY, Habsburg Empire, S. 727.

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schrieben und Vorschläge zu dessen Lösung vorgelegt hat“192. Es war nicht nur das erste und lange Zeit einzige Buch, das eine fundierte Kritik der ungarischen Nationa- litätenpolitik vorlegte, sondern neben Otto Bauer und wenigen anderen auch der erste Versuch, durch eine vergleichende Analyse des politischen Systems der Nationalstaa- ten innerhalb Europas eine Antwort auf die Frage zu finden, wie der grundsätzliche Konflikt zwischen Titularnation und Nationalitäten (Minderheiten) gelöst werden könnte.193 Lajos Mocsáry, der einzige ungarische Politiker von Rang, der in der ge- samten Dualismus-Periode für die Gleichberechtigung der ungarischen Nationalitäten eintrat und die ungarische Politik als ebenso schädlich wie erfolglos verurteilte, schrieb in anerkennender Reaktion auf das ihm gewidmete Werk an den Autor, den linksliberalen Oszkár Jászi (1864-1957): „Es ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie ewig neu.“194 Als einer der wenigen Zeitgenossen, die wie Endre Ady (1877-1919), Pál Szende (1879-1934) und Róbert Braun (1879-1937) das Werk positiv beurteilten, bezeichnete László Boross in seiner in der Zeitschrift Nyugat (Westen) erschienenen Rezension das Buch von Jászi als einen „Tabubruch“, als eine bahnbrechende Vorla- ge für weitere Studien insbesondere über die Frage der Assimilation in der Stadt und auf dem Lande.195 Die von Jászi positiv bewertete „friedliche“ Assimilation und die von ihm zutiefst abgelehnte Zwangsassimilation bildeten den thematischen Schwerpunkt, den Jászi in drei Hauptbereiche gliederte: 1. Verwaltung und Justizwesen; nach Jászi lief der ausschließlich ungarische Sprachgebrauch in diesen Bereichen auf eine Entrechtung der Nationalitäten- bevölkerung hinaus; 2. Wirtschaft; 3. Schule und Kultur. Wirtschaft, Schule und Kultur haben nach Jászi in den Siedlungsgebieten der Na- tionalitäten das Kennzeichen der Rückständigkeit, ja Verwahrlosung gemeinsam. Da- für gibt es seiner Meinung nach eine Reihe von politisch und ökonomisch bedingten Gründen wie Kapitalmangel, das Fehlen genossenschaftlicher Selbsthilfeorganisatio- nen, die auf die Entwertung der Agrarprodukte ausgerichteten Preisdiktate, die exor- bitante Erhöhung der Preise für Grund und Boden, die Pachtverhältnisse, die Sied- lungspolitik, die Durchsetzung der Interessen des Großgrundbesitzes etc. „Eine groß

192 JÁSZI, Nemzeti, mit einer Einleitung von GYÖRGY LITVÁN: Egy régi könyv időszerűsége, S. 9-57, Zitat auf S. 9. 193 „Minderheit“ wurde erst 1919 durch die Minderheitenschutzverträge der Pariser Friedens- konferenz als Rechtsbegriff eingeführt. Siehe dazu das entsprechende Kapitel weiter unten. 194 „Oly régi e kis történet, de mindig új marad.“ – Brief von Lajos Mocsáry an Oszkár Jászi vom 18. Mai 1912, zit. nach LITVÁN, Egy régi könyv időszerűsége, in: JÁSZI, Nemzeti, S. 10. 195 BOROSS, Nemzeti.

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angelegte und durchdachte Wirtschaftspolitik allein wäre in der Lage, alle Nationali- täten und die Magyaren in ihren gemeinsamen Interessen zu vereinigen.“196 Schließlich erblickt Jászi in der Zwangsmagyarisierung eine der wichtigsten Ursa- chen für die kulturelle Rückständigkeit der Nationalitäten. Einerseits könne ein vier- stündiger Ungarisch-Unterricht in den Volksschulen der Nationalitätengebiete, fern jeglicher ungarischer Kultur, unmöglich das Ziel der Magyarisierung erreichen, ande- rerseits verhindere der massive Magyarisierungsdruck den Erwerb nützlichen wie notwendigen Wissens in der Muttersprache, was im Ergebnis auf grundlegende Bil- dungsmängel der Nationalitätenschulkinder hinauslaufe. Die kümmerliche Kenntnis einiger ungarischer Worte und Sätze müsse daher das Schulkind „mit dem Verlust des kulturellen Existenzminimums bezahlen“.197 Die Verurteilung der Zwangsmagyarisierung begründet Jászi mit folgenden The- sen: 1. „Die Politik der Zwangsassimilation führt bei dem unterdrückten Volk zur Stärkung seines Nationalgefühls und -bewusstseins“ und in den häufigsten Fällen zu einem halbgebildeten „Mitläufertum“198 der kleinbürgerlichen De- magogen und Protagonisten dieser Politik. 2. Eine unvermeidbare Konsequenz der Zwangsassimilation bildet die Demora- lisierung der herrschenden Nation und deren politischen Akteure, hingegen stärkt sie die lebensfähigeren Elemente des unterdrückten Volkes moralisch und geistig. 3. Die Zwangsassimilation bewirkt die Solidarisierung der unterdrückten Natio- nalität und beseitigt dadurch alle Klassenunterschiede. 4. Die sprachlichen Ergebnisse der Zwangsassimilation führen dort, wo die wirtschaftliche und die Verkehrslage die Arbeit der Schule nicht unterstüt- zen, zu einer Senkung des allgemeinen geistigen Niveaus. Hingegen kommt der durch Zwangsassimilation be- oder verhinderten Verbreitung von Zweisprachigkeit ein großer kultureller Mehrwert zu, da Zweisprachigkeit eine große intellektuelle Überlegenheit begründet. 5. Nicht nur der unpädagogische Sprachunterricht im Rahmen der Zwangsassi- milation verdirbt die Bildungserfolge, sondern auch die Instrumentalisierung der Schule für die Heranbildung eines patriotischen Gefühls. 6. Die Zwangsassimilation erschwert nicht nur den wirtschaftlichen und kultu- rellen Fortschritt der unterdrückten Nationalität, sondern wirft das ganze Land in seinem Streben nach Fortschritt zurück. Das gilt insbesondere für die von Nationalitäten besiedelten Peripherien, die deshalb nicht „in den Blut- kreislauf der Kultur und des Tauschverkehrs“ geraten, wodurch der Nationa-

196 JÁSZI, Nemzeti, S. 221. 197 Ebenda, S. 224. 198 Ebenda, S. 234.

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litätenbürger erst in die Lage versetzt würde, am Tauschverkehr des Landes als gleichrangiger Anbieter und Konsument teilzunehmen. 7. Aus all diesen Gründen verunmöglicht die Zwangsassimilation überall die Assimilation, auch sprachlich, doch insbesondere gefühlsmäßig.199 Daraus zieht Jászi die Schlussfolgerung: „Aus all dem folgt, dass die Ergebnislo- sigkeit der Zwangsassimilation keiner und nirgendwo verbergen kann, auch nicht in Ungarn.“200 Jászi verweist hier u.a. auf das Beispiel der Polen in Russland und Deutschland. Wirft man einen Blick auf den Nationalisierungsdiskurs, in dem das Spannungs- feld von Nationalstaat und ethnischem Pluralismus im Ungarn der Dualismusperiode thematisiert wurde, so ist festzustellen, dass sich dieser parallel zur Politik ab den 1890er Jahren gleichfalls radikalisierte.201 Wenn einer der führenden ungarischen Staatstheoretiker, Gusztáv Beksics (1847-1906), 1892 noch einräumte, dass in Ungarn auf absehbare Zeit „die Einheit der Grammatik“202 – womit er die Sprache meinte – nicht zustande kommen werde, so ist in seinen späteren Werken „die Bereitschaft, die multinationalen Realitäten des damaligen Ungarn zumindest bis zu einem Grad zu akzeptieren, bereits weitgehend verschwunden“203. Ausgehend von dem Dogma der tausendjährigen geografisch-wirtschaftlichen und staatlich-kulturellen Einheit Un- garns und seines Territoriums setzte Beksics 1905 im Rahmen einer historischen Ana- logie mit dem spätmittelalterlichen Reich des Königs Matthias Corvinus der ungari- schen Politik das programmatische Ziel, denselben ungarischen Bevölkerungsanteil wie damals, nämlich 70-80 Prozent, zu erreichen204, ohne sich darüber auszulassen, wie die Einschmelzung von mindestens der Hälfte der Nationalitätenbevölkerung ge- lingen sollte. Rechtliche Bedenken oder gar Hindernisse für die Realisierung einer solchen na- tionalen Missionsidee hatte bereits knapp 30 Jahre vorher Béla Grünwald beseitigt. Für ihn reduzierte sich die Nationalitätenfrage zu einer bloßen Machtfrage, die wiede- rum von vornherein nach dem Prinzip des einheitlichen Nationalstaats aufgrund fran- zösischen Vorbilds zu lösen war.205 Das Prinzip des Rechtsstaats, nach Grünwalds Diktion des „liberalen Verfassungsstaats“, war dem Ziel, einen möglichst starken, un-

199 Ebenda, S. 235-238. 200 Ebenda, S. 293. 201 HASLINGER, Spannungsfeld. 202 BEKSICS, Dualizmus, S. 294. – Beksics war ab 1870 als Journalist tätig, ab 1874 mehrmals Abgeordneter der Liberalen Partei,1894-1896 Berater des Ministerpräsidenten, ab 1896 Redakteur der Magyar Nemzet und ab 1905 des Amtsblattes der Regierung, des Budapesti Közlöny. 203 HASLINGER, Spannungsfeld, S. 71. 204 BEKSICS, Mátyás király, S. 204. – Diese Einschmelzung war als Vorbedingung dafür ge- dacht, die territorialen Expansionspläne Ungarns zu verwirklichen. Denn das „geografische Gesetz“ zwinge die österreichischen Erblande, die Länder der böhmischen Krone, Rumä- nien, Serbien, Bosnien und Dalmatien, zu Ungarn zu gehören.“ – Ebenda, S. 61-62. 205 BAKA, Teoretikusai, S. 332.

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garischen Nationalstaat zu schaffen, von vornherein untergeordnet und sollte diesem dienstbar sein: „Die zukünftigen Generationen werden unsere politische Weisheit mehr lobpreisen, wenn sie von uns einen starken ungarischen Staat erben werden, und zwar ohne einige uns liberal erscheinende Institutionen, als wenn wir ihnen den Liberalismus hinterließen – ohne unga- rischen Staat.“206 Grünwald wurde von Beksics in der von ihm verfassten Geschichte der Liberalen Partei auch dafür gelobt, „dass sein Name verbunden ist mit der Beachtung des natio- nalen Kriteriums im System der Ernennung [von Beamten]“.207 Die Staatsverwaltung wurde nach Grünwald, der großen Einfluss auf die politische Elite seiner Zeit, ja eine Deutungshoheit im Diskurs über die „Nationalitätenfrage“ erlangte, zum Instrument, den Willen der Nation, die Einheit des Staates durchzusetzen, denn „das 19. Jahrhun- dert fordert die nationale Einheit auf der Grundlage des Staates“208. Grünwalds „Auf- fassung nach ist das Überleben, die Zukunft einer Nation nur im Rahmen eines star- ken Nationalstaats garantiert: Alle Bestrebungen, die dagegen gezielt sind, dürfen nicht geduldet werden“209. Als gelehriger Schüler Grünwalds plädierte auch der Ministerpräsident der Mille- niumsepoche, Dezső Bánffy, für die Zurückstellung bürgerlicher Rechte und den Vor- rang nationaler Ziele: „Wenn wir vor der Schaffung des einheitlichen ungarischen Nationalstaats das Ideal des Rechtsstaats zu verwirklichen suchen, können wir viel- leicht ein Staat, vielleicht ein Rechtsstaat sein, doch wir können keinen einheitlichen ungarischen Nationalstaat bilden.“210 Schließlich hing seiner Meinung nach von der Lösung der Frage, ob „denn der ungarische Staat fähig sein [wird], zu einem nationa- len Staat zu werden“, dessen weitere Existenz ab. Die zu idealistischen Politiker des Ausgleichs, Eötvös und Deák, seien den ungarischen Nationalitäten zu weit entge- gengekommen, denn „sie merkten nicht, dass […] ein nicht lebensfähiger polyglotter ungarischer Staat entstehen würde“211. Diese Kritik an den Vätern des Nationalitäten- gesetzes teilte Bánffy übrigens mit Grünwald und Concha. Der konservative Rechtsgelehrte Győző Concha (1846-1933) ging nämlich unter Zurückweisung der liberalen Prinzipien von Eötvös davon aus, dass der „Staat nur Ausdruck einer einzigen Nationalität sein kann“212, und proklamierte die von ihm na- turrechtlich begründete „Hegemonie der ungarischen Rasse“: „Die Überlegenheit ei- ner Rasse über eine andere kann also nicht als Ausnahmeerscheinung und auch nicht

206 GRÜNWALD, Közigazgatásunk, S. 102. 207 BEKSICS, Szabadelvű Párt, S. 45. – „Grünwald Béla nevéhez füződik a kinevezés rendszer nemzeti tartalmának fölismerése.“ 208 GRÜNWALD, Magyarország, S. 50. 209 PÓK, S. 218. 210 BÁNFFY, S. 6. 211 Ebenda. 212 CONCHA, S. 545. – Concha war 1892-1928 Professor für Verfassungs- und Verwaltungs- recht an der Budapester Universität und 1913-1918 und 1927-1933 Mitglied des Oberhau- ses.

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als ein mit den heutigen Lebensprinzipien der Menschheit unverträgliches Phänomen bezeichnet werden“. Im Umkehrschluss folgerte Concha daraus: „Die politische Gleichberechtigung verschiedener Volksrassen auf dem Territorium eines Landes ste- hen tatsächlich in Gegensatz zu den heutigen Grundprinzipien des Lebens der Menschheit“213. Concha lehnte daher jede politische Partizipation der Nationalitäten und eine damit verbundene Föderalisierung Ungarns kategorisch ab.214 Die Überlegenheit der „magyarischen Rasse“ war nach Ernő Baloghy (1866-1943) vor allem eine kulturelle, die auch die territoriale Einheit ungarischer Staatlichkeit in seinen „tausendjährigen“ und damit ewig gültigen Grenzen geschaffen habe. „Ver- schiedene Kulturen und eine unterschiedliche politische und wirtschaftliche Ordnung sind hier [in Ungarn] bei einer normalen gesellschaftlichen Entwicklung nicht vor- stellbar“215. Die postulierte kulturelle Unterlegenheit der in Ungarn lebenden Nationa- litäten beweise den Exklusivitätsanspruch ungarischer Kultur, was auf einen Zirkel- schluss hinausliefe: „Unsere Nationalitäten schaffen es nicht, eine andere Kultur an die Stelle der ungarischen Kultur zu stellen, weil es keine eigenständige serbische, rumänische oder slowakische Kul- tur gibt und geben kann. Sie müssen daher die existierende und höherwertige ungarische Kultur annehmen.“216 Daraus leitete Baloghy die missionarische Aufgabe Ungarns ab, „mit seiner zum eigenständigen staatlichen Leben völlig geeigneten geografischen Lage“ alle hier le- benden Nationalitäten in seine nationale Kultur zu integrieren, „so dass der Nations- körper, um einige Millionen bereichert, sich für die großen nationalen und damit gleichzeitig für die großen menschlichen Kulturaufgaben einsetzen kann.“217 Aber nicht genug damit, dass Baloghy den Nationalitäten jegliche kulturelle Krea- tivität absprach, er nahm ihnen auch die letzte Qualität, nämlich Nationalität zu sein: „Unsere Nationalitäten sind keine Nationalitäten – im soziologischen Sinn des Wortes –, sondern verstreut lebende Volksgruppen“218, denen schon deshalb keinerlei Rechte zustünden und keine andere Alternative bleibe, als sich in die nationale und kulturelle Einheit Ungarns einzufügen: „Die ungarische nationale Einheit ist also kein Angriff, sondern die einzige Art und Weise, wie Ungarn im weltweiten Wettbewerb seine Rol- le ehrenvoll erfüllen kann.“219

213 Ebenda, S. 543. 214 BAKA, Teoretikusai, S. 345. 215 BALOGHY, S. 11. – Baloghy war Chefredakteur der in Zombor/Sombor erschienenen Zei- tung Bácska, 1906-1919 Abgeordneter des Wahlkreises Neuwerbaß/Újverbász, 1917-1918 Obergespan des Komitats Bács-Bodrog, in der Károlyi-Regierung Staatssekretär im Amt des Ministerpräsidenten und in der Berinkey-Regierung bis zur Proklamation der Rätere- publik Ernährungsminister. 216 Ebenda, S. 210. 217 Ebenda, S. 3. 218 Ebenda, S. 231. 219 Ebenda, S. 226 f.

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In Reflexion solcher, die öffentliche Meinung Ungarns in den letzten zwei Jahr- zehnten vor dem Ersten Weltkrieg durchaus bestimmender Aussagen wird erst deut- lich, welchen qualitativen Perspektiv-, ja Paradigmenwechsel Oszkár Jászi mit seinem Werk über die Nationalitäten vorgenommen hatte. Denn Jászi „sah die Nationalitäten als mündige Gesellschaften mit eigenständigen kulturellen und auch politischen Bedürfnissen, deren gerechte Erfüllung eine der unabdingbaren Voraussetzungen für jede weitere gesamtnationale Entwicklung sei“220. Doch auch Jászi konnte sich der Euphorie der Assimilationserfolge auf friedlichem oder „natürlichem“ Weg nicht ent- ziehen. Bei der Lektüre seines Werkes entsteht der Eindruck, dass er die „Zwangsas- similation“ nur deshalb verdammte, weil diese den Prozess der friedlichen Assimila- tion gefährdete oder gar in Frage stellte. Ebenso wenig blieb Jászi von der Faszination des territorial großen, starken, national geeinten Staates unberührt, den er durch föde- ralistische Lösungen keineswegs in Gefahr bringen wollte. Hier konnte sich Jászi – den Autonomievorschlägen Karl Renners folgend – nur eine „kleine“ Lösung auf re- gionaler Ebene vorstellen, nämlich die Demokratisierung der Komitate und ihrer Selbstverwaltung nach Zerschlagung dieser „kleinen Adelsrepubliken“221 und die Umgestaltung der Wahlkreise nach ethnischen Kriterien. So blieb auch Jászi teilweise dem Nationalisierungsdiskurs seiner Zeit verhaftet, auch wenn er einige ihrer erstarrten Dogmen aus der Perspektive der Nationalitäten erstmals kritisch hinterfragte. Selbst als Nationalitätenminister hielt Jászi noch 1918 trotz der überall greifbaren Auflösungserscheinungen des Königreichs an der territo- rialen Integrität Ungarns fest und lehnte zunächst jeglichen Föderalisierungsvorschlag nach dem Nationalitätenprinzip ab, da er die Teilung dieses „lebensfähigen Staatswe- sens“ als eine „moralische und physische Unmöglichkeit“ betrachtete.222 Das Grundproblem, das die ungarische Gesellschaft mit der nichtungarischen Na- tionalitätenbevölkerung in der Dualismus-Periode hatte, konnte man jedoch auch ganz woanders verorten. Im Jahre 1908 erschien in der Zeitschrift Nyugat, dem für Ver- westlichung Ungarns eintretenden Forum der bürgerlich-radikalen Avantgarde, klein gedruckt und unter „Vermischtes“ abgedrängt, ein wenige Seiten umfassender Arti- kel, der unter dem Titel „Die ungarische Kultur und die Nationalitäten“ die Frage aufwarf, was in der damaligen Gesellschaft nicht als ungarisch und damit als fremd und bedrohlich empfunden wurde: „Es wäre interessant zu zeigen, worüber alles in den letzten zehn Jahren sogar von gebilde- ten Vertretern des Magyarentums gesagt wurde, es sei nicht ungarisch. Budapest ist nicht ungarisch. Die Sprache der Hauptstadt ist nicht ungarisch. Nicht ungarisch ist die Börse, nicht ungarisch der Sozialismus und der Internationalismus. Die Organisation der Landar- beiter ist nicht ungarisch und genausowenig das bewegliche Kapital. Weder die Sezession

220 HASLINGER, Spannungsfeld, S. 79. 221 JÁSZI, Nemzeti, S. 246. 222 JÁSZI, Zusammenbruch, S. 35.

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noch der Symbolismus sind ungarisch […] Nicht ungarisch ist die Satire. Nicht ungarisch ist die freizügigere Liebesmoral.“223 Der Verfasser, der unter Pseudonym publizierende Literaturkritiker, Begründer und Chefredakteur des Nyugat 1908-1929, Ignotus, mit dem bürgerlichen Namen Hu- go Veigelsberg (1869-1949), spitzte dann seine Dekonstruktion des ungarischen Na- tionalismus wie folgt zu: „Und überhaupt nicht Ungar ist der, den unsere Verhältnisse nicht glücklich machen.“224 Festzuhalten bleibt, dass im magyarischen Nationalisierungsdiskurs spätestens ab den 1890er Jahren jegliches Beharren auf eine sprachlich-ethnische Eigenständigkeit der Nationalitäten, auf eine „Nationalitätenkultur“, als ein Akt der Loyalitätsverwei- gerung bewertet wurde, als ein Hindernis für die missionarische Durchsetzung der staatlichen und sprachlich-kulturellen Einheit des ungarischen Nationalstaats. Eth- nisch-kulturellen Pluralismus galt es daher unter bewusster Zurückstellung oder gar Ausblendung rechtlicher bzw. rechtsstaatlicher Normen mit aller Entschlossenheit zu- rückzudrängen oder gar – in einer noch radikaleren, nach 1918 sich durchsetzenden Variante – zu beseitigen.

223 IGNOTUS: A magyar kultúra és a nemzetiségek [Die ungarische Kultur und die Nationalitä- ten], in: Nyugat (1908), 4, S. 226. 224 Ebenda.

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III Die Deutschen in der Dualismus-Periode

1 Siedlungsstruktur

Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen hier zunächst demografische Prozesse in den Siedlungsgebieten der Deutschen, die im Verlauf des langen 19. Jahrhunderts, zum Teil jedoch schon davor, deutliche Konturen erlangt haben. Siebenbürgen wird in die- sem Kapitel nur vergleichsweise berücksichtigt, da der Geschichte der Siebenbürger Sachsen wegen ihrer gesonderten Entwicklung ein eigenes Kapitel gewidmet ist.1 „Magyaren gibt es in allen Gebieten [Ungarns], Deutsche in beinahe allen.“2 Deutsche waren um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert im ganzen Land sesshaft. In Transdanubien waren sie in jedem Komitat ansässig, in Oberungarn in fünf, im Tiefland (Alföld) in 13, in Siebenbürgen in 14 Komitaten; sie waren somit auf 371 Landkreise (von insgesamt 413 Landkreisen oder Bezirken, ungar. járás) verstreut und nur in 32 Landkreisen (= 7,7 Prozent) nicht anzutreffen.3 Die Deutschen in Un- garn können daher in 249 Landkreisen als Streuminderheit oder Diaspora-Minderheit gekennzeichnet werden, doch gab es elf Regionen mit 132 Landkreisen (= 32 Prozent aller Landkreise), in denen sie um 1900 über 10 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachten: 1. der Heideboden (Leitha-Gebiet, Lajtavidék) als Teil des Kleinen Tieflands im Komitat Moson mit durchschnittlich 56 Prozent Bevölkerungsanteil (in den betreffenden Landkreisen); 2. das Raab-Gebiet (Rábaság) in den Komitaten Sopron und Vas, mehr oder weniger identisch mit dem Gebiet des heutigen Burgenlands mit durch- schnittlich 65 Prozent; 3. der Buchenwald (Bakonyi Erdő) im Komitat Veszprém mit weniger als 20 Prozent; 4. das Schildgebirge (Vértesség) und die Umgebung von Budapest in den Ko- mitaten Fejér, Komárom, Esztergom und Pest (im Pester Komitat mit durch- schnittlich 40 Prozent);

1 Siehe dazu Kapitel III.12 „Die Siebenbürger Sachsen“. 2 BALOGH, Népfajok, S. 82. 3 Ebenda.

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5. die Schwäbische Türkei (Mecsekvidék), Komitate Baranya und Tolna mit durchschnittlich 67 Prozent; 6. die südungarischen Regionen Batschka und Banat, Komitate Bács-Bodrog, Torontál, Temes, Arad, Krassó-Szörény mit durchschnittlich 45 Prozent; 7. der Königsboden in den Komitaten Szeben, Nagy-Küküllő und Brassó; 8. das Gebiet um Klausenburg und Bistritz in den Komitaten Kolozs und Beszterce; 9. Sathmar (Krasznavidék), Komitat Szatmár; 10. die Zips (Tátravidék) im Komitat Szepes mit durchschnittlich 37 Prozent; 11. die Bergstädte und ihre Umgebung (Fátravidék) in den Komitaten Turócz, Nyitra und Bars mit durchschnittlich 31 Prozent Bevölkerungsanteil. 1900 zählte man im gesamten Königreich (ohne Kroatien) 1 114 Gemeinden (von insgesamt 12 686), in denen deutsche Bevölkerung eine Mehrheit ausmachte. Von diesen lagen allein 575 in Transdanubien. In der Schwäbischen Türkei erreichten die Deutschen einen Bevölkerungsanteil über 50 Prozent in den Landkreisen Bonyhád (81 Prozent) und Pécsvárad (71 Prozent), in Oberungarn nur im Landkreis Käsmark/ Késmárk (60 Prozent), im Komitat Pest in den Landkreisen Alsópilis (68 Prozent) und Felsőpilis (53 Prozent), in Südungarn in den Landkreisen Kula (58 Prozent), Né- metpalánka (58 Prozent), Apatin (50 Prozent), Hódság (53 Prozent), Hatzfeld/Zsom- bolya/ 62 Prozent, Perjámos und Csenej jeweils 61 Prozent, Új-Arad 59 Prozent und Temesvár 53 Prozent.4 Von den oben erwähnten 1 114 Gemeinden mit deutscher Mehrheit waren 1 016 mehrsprachig und nur 98 einsprachig, also zu 100 Prozent deutschsprachig, von de- nen wiederum 25 Gemeinden eine Bevölkerung von 1 000 bis 5 000 und 73 Gemein- den von unter 1 000 aufwiesen. In den 1 016 mehrsprachigen Gemeinden lebte die deutsche Mehrheit in 530 mit Magyaren, in 229 mit Rumänen, in 70 mit Slowaken, in 52 mit Serben, in 44 mit Kroaten, in 11 mit Slowenen und in 8 mit Ruthenen (im Komitat Máramaros) sowie in 72 Gemeinden mit übrigen Nationalitäten zusammen.5 Wenn wir die zeitgenössische Kritik der ungarischen Statistik von Rudolf Brandsch (1880-1953) heranziehen, dann ist vor allem die Zahl der homogenen deutschen Ge- meinden in Frage zu stellen und wahrscheinlich höher anzusetzen, denn „nach den amtlichen Anweisungen können Deutsche, die in den Schulen magyarisch gelernt ha- ben, als Magyaren gezählt werden“6. Unter dem konfessionellen Aspekt waren von den 1 114 deutschen Mehrheitsge- meinden 790 katholisch, 299 evangelisch, 12 griechisch-orthodox, 5 reformiert, 5 is- raelitisch und 3 griechisch-katholisch.7 In diesen Mehrheitsgemeinden lebten als

4 BALOGH, Népfajok, S. 83 f.; vgl. GOTTAS, Die Deutschen, S. 342. 5 BALOGH, Népfajok, S. 158 f. 6 BRANDSCH, Volkszählung, hier S. 49. – Brandsch schätzte daher die Gesamtzahl der Deut- schen in Ungarn im Jahre 1910 um 200 000 Personen höher ein, also auf ca. 2,2 Millionen. 7 BALOGH, Népfajok, S. 166.

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zweitgrößte konfessionelle Minderheit in 249 Gemeinden Griechisch-Orthodoxe, in 144 Evangelische, in 146 Juden, in 97 Griechisch-katholische und in 65 Reformierte. Rudolf Brandsch ergänzte diese Angaben, allerdings für das Stichjahr 1910, indem er die Statistik über die Kirchensprachen in den einzelnen Kirchengemeinden Un- garns heranzog: „Nach einem amtlichen Ausweis des Jahres 1910 war in 1 035 Gemeinden das Deutsche ausschließliche Kirchensprache, in 176 Gemeinden mit einer anderen Sprache gleichbe- rechtigt, in 82 Gemeinden kam das Deutsche mit mehreren Sprachen gemeinsam als Kir- chensprache in Gebrauch, wobei bemerkt werden muss, dass die Magyarisierungswelle schon längst auch die Gestade des kirchlichen Lebens bespült. Um diese eben angeführten Zahlen richtig einschätzen zu können, muss angeführt werden, dass die Gesamtzahl der Kirchengemeinden, in denen die magyarische Sprache verwendet wurde, 4 653 betrug. Während also im Vergleich mit dem Magyarischen in 28,3 Prozent der Gemeinden das Deutsche Kirchensprache war, machte nach der amtlichen Zählung die deutsche Bevölke- rung nur 20,2 Prozent der magyarischen aus.“8 Untersuchen wir die beinahe über das ganze Land verstreuten deutschen Sied- lungsgebiete unter dem historischen Aspekt ihrer Entstehung, dann sind einige mit ei- ner bis ins Mittelalter zurückreichenden historischen Kontinuität hervorzuheben: ‒ in Westungarn das Siedlungsgebiet der „Hienzen“ oder „Heinzen“ in den Ko- mitaten Vas und Sopron (territorial im Wesentlichen mit dem heutigen Burgen- land identisch) mit den Zentren Güssing im Süden und Ödenburg im Norden; ‒ das Siedlungsgebiet der Heidebauern, der Heideboden, mit den Zentren Wie- selburg/Moson und Altenburg/Magyaróvár; ‒ die Deutschen in Pressburg und Umgebung; ‒ die niederungarischen Bergstädte Kremnitz, Schemnitz und Neusohl; die im Mittelalter dazu gehörenden Bergstädte Pukanz, Königsberg, Libethen und Bries waren im 19. Jahrhundert bereits slowakisiert; ‒ in den Komitaten Bars, Nyitra und Turóc (das Fátra-Gebiet) drei noch existente Sprachinseln mit den Zentren Kremnitz und Krickerhau/Handlová in den Ko- mitaten Bars und Nyitra sowie Deutsch-Proben gleichfalls in Nyitra und einige Orte im Komitat Turóc wie Münichwiesen/Vrícko und Deutsch-Pilsen, deren Bewohner als „Häuer“ (und ihre Dörfer als „Hauerland“) bezeichnet wurden, die schon im Mittelalter den Wald zu roden begannen, meist von der Holzwirt- schaft lebten und bereits im 19. Jahrhunderts ein äußerst kärgliches Dasein fris- teten; ‒ das Siedlungsgebiet der Zipser Sachsen; ‒ die Deutschen in den oberungarischen Bergstädten (Zipser Neudorf, Schmöl- nitz, Stooß/Štós, Schwedler/Švedlár, Einsiedel/Mnišek nad Hnilcom, Göllnitz und Wagendrüssel; auch als Zipser Unterland bezeichnet; einschließlich der bereits isolierten Sprachinseln Dobsina und Ober- und Unter-Metzenseifen;

8 BRANDSCH, Volkszählung, S. 53.

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‒ die Deutschen in der Stadt Kaschau und einigen Dörfern ihrer Umgebung und in der Stadt Eperjes; Bartfeld und Zeben bewahrten nur mehr ihrer Architektur nach ihren deutschen Charakter und verloren in den 1870er Jahren ihr Stadtrecht; ‒ das Siedlungsgebiet der Siebenbürger Sachsen. ‒ Alle übrigen Siedlungsgebiete sind im 18.9, einige wenige im 19. Jahrhundert entstanden. Zu Letzteren gehörten die Deutschen im Turjatal der Waldkarpa- ten10 und die Deutschböhmen im Banater Bergland.11

2 Bevölkerungsbewegung

Die Bevölkerungsbewegung bezieht sich auf die natürliche Bevölkerungszu- oder -abnahme (mit den Komponenten Mortalität, Natalität und Fertilität). Werden die Kom- ponenten der Migration (Abwanderung und Zuwanderung) und der Assimilation hinzu- genommen, dann ergibt sich ein zutreffendes Bild der demografischen Entwicklung. Bis 1900 ist bei den Deutschen in Ungarn in absoluten Zahlen eine Bevölkerungs- zunahme festzustellen, die ab 1900 von einer Bevölkerungsabnahme abgelöst wird. In Relation zur Gesamtbevölkerung nahm die Zahl der Deutschen seit 1880 jedoch kon- tinuierlich ab. Diese Abnahme kann auch mit den Methoden der ungarischen Bevöl- kerungsstatistik zusammenhängen, die jedenfalls darum bemüht war, die Zahl der Magyaren unter Anwendung nicht ganz einwandfreier Zählmethoden zu erhöhen.

Tabelle 15: Zahl der Deutschen und ihr Bevölkerungsanteil im Königreich Ungarn (ohne Kroatien) Jahr Gesamtbevölkerung Deutsche ihr Anteil in % 1851 11 544 000 1 356 652 11,8 1880 13 749 603 1 870 772 13,6 1890 15 162 988 1 990 084 13,1 1900 16 838 255 1 999 060 11,9 1910 18 264 533 1 903 357 10,4 Quelle: GOTTAS, Die Deutschen, S. 345.

9 Eine Sonderstellung nimmt hier die josephinische Besiedlung 1786-1788 der Zamagura am Dunajec im nördlichsten Winkel der Zips durch Siedler aus Württemberg ein. Vgl. dazu CAMMANN; PODOLÁK. 10 HOLOVČAK/MELIKA. – Die Siedler kamen ab 1802 aus dem Böhmerwald und wurden den- noch als „Schwaben“ bezeichnet. Ihre Nachfahren wurden 1945 nach Sibirien deportiert. – Ferner MELIKA, Entstehung. 11 LOZOVIUK; KLAUBE, Gemeinden; DERS., Siedlungen; GRASSL; BAUMANN. – Die Ansied- lung im Banat erfolgte 1827/28 durch die Banater Militärgrenzverwaltung. Zur weiteren Entwicklung des Banats siehe NEUMANN, Identities. Eine Geschichte der Banater Schwa- ben auf S. 88-124 enthält auch die Monografie von CASAGRANDE. – Ab 1865 kamen Sied- ler aus dem Böhmerwald auch nach Slawonien. Siehe dazu LENDL, Kolonisten; DERS., Deutschtum.

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Den geringeren Anteil an dieser Entwicklung hatte die natürliche Bevölkerungs- bewegung, die sowohl bei den Geburten- wie bei den Sterberaten im Vergleich zu al- len übrigen Völkern Ungarns bei den Deutschen am niedrigsten war und im Zeitraum von 1880 bis 1910 eine stark sinkende Tendenz aufwies. Die Geburtenraten sanken von 37 Promille im Jahr 1880 auf 32,8 im Jahr 1910, die Sterberaten von 25,1 Promil- le 1880 auf 21,3 1910. Der Geburtenüberschuss lag mit 10,6 Promille jedoch unter dem Landesdurchschnitt von 11,2 im Zeitraum von 1896-1914 und ging im Zeitraum von 1896 bis 1914 von 11,3 auf 9,3 Promille zurück (siehe Tabelle 16). Das war in diesem Zeitraum vor allem auf die abnehmende Fertilität und weniger auf die Säug- lings- und Kindersterblichkeit zurückzuführen. Letztere war bei den Deutschen mit einem Index von 272 auf 1 000 Lebendgeburten im Jahr 1910 geringer als beispiels- weise bei den Magyaren (mit einem Index von 291).12

Tabelle 16: Entwicklung der Fertilität (Fruchtbarkeit) 1900-1910. Zahl der Lebend- geborenen bezogen auf 1 000 im Berichtsjahr lebende Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren Allgemeine Fertilität Eheliche Fertilität 1900 1910 1900 1910 Magyaren 156 143 223 207 Deutsche 142 128 198 173 Slowaken 173 156 241 219 Rumänen 152 149 193 190 Ruthenen 172 162 236 227 Kroaten 173 168 244 236 Serben 167 161 217 207 Ungarn insgesamt 156 144 217 201 Kroatien 161 149 224 207 Cisleithanien 152 130 242 216

Quelle: KATUS, Magyaren, S. 425.

Betrachten wir die regionale zahlenmäßige Entwicklung, so bleibt festzuhalten: In jeder Region mit deutschen Siedlungsschwerpunkten nahm der Anteil der Deutschen an der Gesamtbevölkerung im Zeitraum von 1880 bis 1910 deutlich ab, in absoluten Zahlen nahm die deutsche Bevölkerung jedoch in vier Regionen leicht zu: in Sieben- bürgen, in der Schwäbischen Türkei, im Banat und in der Batschka. Auffällig ist, dass mit Ausnahme von Budapest und Siebenbürgen die Zahl der Deutschen im Jahr 1900 in allen übrigen Regionen ihren Kulminationspunkt erreichte.

12 KATUS, Magyaren, S. 418.

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Tabelle 17: Der Bevölkerungsanteil der Deutschen in ihren Siedlungsgebieten 1880- 1910 Gesamtbevölkerung Deutsche in Zahlen Anteil in % Westungarn 1880 1 003 154 338 686 33,8 1900 1 155 917 345 805 29,9 1910 1 203 532 332 148 27,6 Banat 1880 1 308 337 346 842 26,5 1900 1 528 605 410 359 26,8 1910 1 582 133 387 545 24,5 Batschka 1880 638 063 170 823 26,8 1900 766 779 192 267 25,1 1910 812 385 190 697 23,5 Schwäbische Türkei 1880 528 057 176 721 33,5 1900 587 946 188 344 32,0 1910 629 737 186 673 30,1 Budapest 1880 360 551 123 308 34,2 1900 732 322 104 520 14,3 1910 880 371 78 882 9,0 Siebenbürgen 1880 2 084 049 211 748 10,2 1900 2 476 998 233 019 9,4 1910 2 678 367 234 085 8,7

Quelle: GOTTAS, Die Deutschen, S. 346-348. Westungarn: Komitate Vas, Sopron, Moson und Pozsony mit den Städten Ödenburg und Pressburg. Banat: Komitate Torontál, Temes, Krassó- Szörény mit den Städten Pancsova, Temesvár, Werschetz. Batschka: Komitat Bács-Bodrog mit den Städten Baja, Szabadka, Neusatz/Újvidék, Sombor. Schwäbische Türkei: Komitate Tolna und Baranya mit der Stadt Pécs.

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Tabelle 18: Bevölkerungsanteil der Deutschen in ausgewählten Städten 1880-1910 1880 1910 1880 1910 Region Stadt In % In absoluten Zahlen Budapest 33,0 8,9 119 902 75 882 Oberungarn Kaschau 16,7 7,2 4 358 3 189 Neusohl 20,0 8,9 1 434 879 Schemnitz 10,3 3,0 1 572 453 Tyrnau 26,4 15,0 2 861 2 280 Zips Käsmark 74,4 51,4 3 326 3 242 Göllnitz 73,8 54,7 3 210 2 095 Zipser Neudorf 31,2 17,0 2 348 1 786 Westungarn Pressburg 65,6 41,9 31 492 32 790 Ödenburg 73,7 51,1 17 115 17 318 Güns 74,8 36,4 5 460 3 066 Südungarn Fünfkirchen 18,0 13,5 5 121 6 356 Neusatz 25,1 17,6 5 353 5 918 Werschetz 57,5 49,6 12 839 13 556 Weißkirchen 69,4 52,6 6 825 6 062 Temesvár 56,6 43,6 18 539 31 644 Siebenbürgen Kronstadt 32,4 26,5 9 599 10 841 Hermannstadt 72,3 50,2 14 061 16 832 Mediasch 53,4 44,8 3 470 3 866 Bistritz 61,4 45,0 4 954 5 835 Quelle: Für das Jahr 1880 (mit Angabe der Zivilbevölkerung): A magyar városok statisztikája évkönyve [Statistisches Jahrbuch der ungarischen Städte 1] (1912), S. 84-99; für das Jahr 1910 (mit Angabe der Gesamtbevölkerung): A Magyar Szent Korona országainak 1910. évi népszá- mlálása. Bd. 6: Végeredmények összefoglalása [Volkszählung von 1910 der Länder der Unga- rischen Heiligen Krone. Bd. 6: Zusammenfassung der Endergebnisse], Budapest 1920, S. 126- 133.

Zählt man die Werte dieser durch ihre Funktion als Regionalzentren herausragen- den 20 Städte zusammen, so ergibt sich für 1880 ein durchschnittlicher Anteil der Deutschen von 47,3 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Dieser Anteil war bis 1910 auf 31,07 Prozent und somit um 16,23 Prozent gesunken. 1880 besaßen die Deut- schen in 11 der 20 Städte eine Mehrheitsposition, 30 Jahre später nur mehr in vier, nämlich in Göllnitz, Ödenburg, Weißkirchen und Hermannstadt. In Werschetz lagen sie mit 49,6 Prozent knapp darunter. Die stärksten statistischen Verluste gab es in ei- nigen oberungarischen Städten wie Neusohl oder Dobsina (zwischen 26-35 Prozent), gefolgt von Budapest, Pressburg und Ödenburg (zwischen 21-25 Prozent).

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3 Migration

Größeres Gewicht als die leicht negative natürliche Bevölkerungsbewegung haben die Komponenten Migration (Binnenwanderung und Auswanderung) und Assimilation. Die Wanderungsprozesse innerhalb Ungarns bzw. der Habsburgermonarchie werden einerseits vom Urbanisierungsprozess bestimmt – der starken Bevölkerungszunahme der Städte durch Abwanderung aus den ländlichen Gemeinden13, andererseits durch Arbeitswanderung vor allem aus Westungarn Richtung Wien und andere Zentren Cis- leithaniens und durch die Siedlungsmigration vieler Deutscher, Letztere am stärksten aus der Schwäbischen Türkei Richtung Slawonien und Syrmien. In den drei Komita- ten Pozsega, Verőcze und Szerém nahm die Zahl der deutschen Bevölkerung durch Zuwanderung allein im Zeitraum von 1880 bis 1890 um 30 000 Personen zu.14 Um und nach 1900 nahm die Auswanderung nach Übersee allmählich einen Mas- sencharakter an. Laut offizieller Zählung der ungarischen Statistik sind in den Jahren von 1899 bis 1913 insgesamt 232 000 Deutsche aus Ungarn nach Amerika ausgewan- dert, davon 116 000 aus Südungarn (24 000 aus der Batschka und 92 000 aus dem Banat) und 47 000 aus Transdanubien. Drei Viertel dieser Auswanderer rekrutierten sich aus den bäuerlichen Unterschichten (Landarbeiter, Tagelöhner und Knechte) und ein Viertel aus den in der Industrie beschäftigten Hilfsarbeitern. Da viele Auswande- rer als Amerikawanderer offiziell gar nicht als solche registriert wurden, da sie bei- spielsweise über eine Zwischenstation in Cisleithanien dorthin gelangten, ist die Dun- kelziffer relativ hoch; außerdem ist die Rückwanderungsquote von Personen, die mehrmals auswanderten bzw. zurückkehrten, nicht bekannt. Auffallend hohe deutsche Auswanderungsquoten für den Zeitraum 1899-1913 entfallen auf Komitate mit erheb- lichem deutschen Bevölkerungsanteil wie Moson mit 83,7 Prozent aller von dort Ausgewanderten, Baranya mit 60,9 Prozent, Tolna mit 58,7 Prozent, Bács-Bodrog mit 54,1 Prozent, Temes mit 65,2 Prozent, Torontal mit 57,3 Prozent, ferner auch auf Städte wie Pressburg mit 71,7 Prozent, Ödenburg mit 77,6 Prozent, Temesvár mit 69,2 Prozent, Werschetz mit 71,8 Prozent, Pantschowa mit 66,7 Prozent und Sem- lin/Zemun mit 61,0 Prozent.15 Die Einwanderung von Deutschen in diesem Zeitraum war wesentlich geringer und konnte den durch die Emigration verursachten Bevölkerungsverlust nicht aus- gleichen. Unter ihnen gab es viele qualifizierte Industriearbeiter und technische Füh-

13 Im Zeitraum von 1869 bis 1910 nahmen die ungarischen Städte mit über 50 000 Einwoh- nern um 326,5 Prozent und die Städte in der Größenordnung von 20 000 bis 50 000 Ein- wohnern um 80 Prozent zu, die Gemeinden mit unter 500 Einwohnern um 20,8 Prozent und die in der Größenordnung von 500 bis 1 000 Einwohnern um 1,5 Prozent ab. Zwischen 1850 und 1910 nahm die Zahl der Orte mit einer Bevölkerung von über 10 000 Einwoh- nern von 53 auf 145 zu, ihre Bevölkerung aber wuchs von 1,1 auf 4,3 Millionen, so dass 1910 28,7 Prozent der Gesamtbevölkerung in Städten wohnte. – KATUS, Magyaren, S. 456 f. 14 GOTTAS, Die Deutschen, S. 351. 15 A Magyar Szent Korona, Tabelle 13.

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rungskräfte aus Deutschland und Cisleithanien. Beispielsweise stammte um 1900 knapp die Hälfte der 4 000 Bergarbeiter in der Stadt Fünfkirchen aus der Steiermark, Tirol, Böhmen, Mähren und Oberungarn.16 Ein ähnliches Bild ergibt die Zusammen- setzung der Arbeiterschaft in den Industriebetrieben in Budapest, von der rund ein Drittel aus dem Ausland, zu einem erheblichen Teil auch aus dem deutschsprachigen Ausland zugewandert war. 1880 waren 51 Prozent der in der Industrie Beschäftigten ihrer Sprache nach Magyaren und 36,4 Prozent Deutsche, zehn Jahre später waren es infolge sprachlicher Assimilation nur mehr 25,3 Prozent. Dennoch waren die vor al- lem im Bausektor beschäftigten Fachkräfte selbst 1890 noch in großem Ausmaß deutschsprachig: 40 Prozent der Maurer, 41 Prozent der Steinmetze, 49 Prozent der Dachdecker und 24 Prozent der Glasbläser, 45 Prozent der Metallgießer, 36 Prozent der Dreher und 20 Prozent der Klempner. Auch im Dienstleistungssektor waren 1890 die Deutschen in Budapest überdurchschnittlich repräsentiert, nämlich mit 55 Prozent der Konditoren, 30 Prozent der Kaffeehausbesitzer und 42 Prozent der Gastwirte.17 Die eingewanderten deutschsprachigen Fachkräfte „waren schon in der zweiten und dritten Generation völlig magyarisiert. Die Zahl der in das Magyarentum einge- schmolzenen Einwanderer glich zwischen 1850 und 1918 den Auswanderungsverlust aus, oder übertraf ihn sogar.“18

4 Assimilation oder statistischer Bevölkerungsverlust?

Assimilation ist ein schillernder Begriff. In Orientierung an die zeitgenössischen Quellen wird in der ungarischen Historiografie Assimilation im Allgemeinen in der Bedeutung von Sprachangleichung bis hin zum Sprachwechsel verwendet. Erst in den letzten 20 Jahren wird zunehmend in Frage gestellt, ob die Gleichung: Assimilation = Sprachwechsel = Identitätswechsel tatsächlich zutrifft.19 Im Zusammenhang mit dem Begriff bzw. Prozess der „Magyarisierung“ erscheint es angebracht, das Bekenntnis zur ungarischen „Muttersprache“ eher als Bekenntnis zur dominanten Umgangsspra- che zu bewerten und nicht von vornherein mit einem Identitätswechsel gleichzusetzen. Nach der Berechnung von László Katus haben sich im Zeitraum von 1850 bis 1910 ungefähr 500 000 Deutsche „magyarisiert“ und dadurch zu 25 Prozent zum As- similationsgewinn der Magyaren beigetragen (im Vergleich mit den anderen Nationa- litäten an zweiter Stelle hinter den Juden, die mit 35 Prozent daran beteiligt waren). Ins Gewicht fiel hier vor allem die Assimilationsbewegung der in den Städten leben- den Deutschen, deren Anteil sich im Zeitraum von 1880 bis 1910 von 18,4 Prozent auf 9,8 Prozent halbierte. Es ist davon auszugehen, dass diese (in absoluten Zahlen rund 400 000) Deutschen nicht oder nur statistisch gesehen verschwunden sind. Sie verblieben weiterhin an ihrem Wohnort, doch zogen sie es aus vielerlei Gründen vor,

16 ROTH/GÜNDISCH, S. 113. 17 GLATZ, Deutschtum, S. 174. 18 KATUS, Magyaren, S. 431. 19 Siehe GYÁNI.

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sich bei der Volkszählung nicht mehr zu ihrer Muttersprache, sondern zur ungari- schen Umgangssprache als Erstsprache zu bekennen, was u.a. die bislang wenig un- tersuchte Frage der generativ bedingten Assimilation aufwirft, wie hoch nämlich hier der Anteil der nachwachsenden Generationen, die bereits „ungarisch“ erzogen wurden und tatsächlich Ungarisch als Muttersprache erwarben, zu veranschlagen ist. So kommt der in Fünfkirchen wirkende, wirtschaftlich sehr erfolgreiche Orgelbauer Josef Angster (1834-1918) in seinen Erinnerungen auf den Assimilationsprozess innerhalb seiner Familie im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wie folgt zu sprechen: „In mei- ner Familie ging anfangs alles auf deutsch, erst als die Kinder in die Schule kamen, verdrängten sie die deutsche Sprache, uns Alte sozusagen übertrumpfend, wir kamen zu keinem Deutsch mehr. Von dann an war in unserem Familienkreis das Ungarische die vorherrschende Sprache.“20 Das ist einer der vielen, für die Assimilation so cha- rakteristischen, überwiegend generationsbedingten Übergänge, die viele Fragen auf- werfen, die wiederum mit dem Paradigma der sprachlichen Assimilation und des poli- tisch bedingten Sprachzwangs allein nicht zu beantworten sind. Doch selbst wenn wir uns zunächst auf die von der Sprachstatistik bereitgestellten Zahlen konzentrieren, ist anhand der Forschungen des Historikers Joachim von Putt- kamer festzustellen: Die Deutschen beherrschten in ihrer Mehrheit neben ihrer Mut- tersprache eine Zweitsprache. 1880 betrug dieser Anteil der Mehrsprachigkeit bei den Deutschen in Oberungarn 58,9 Prozent (von denen wiederum 19,6 Prozent ungarisch und 38,2 Prozent slowakisch sprachen), in Siebenbürgen 61,1 Prozent (von denen 16,4 Prozent ungarisch und 44,4 Prozent rumänisch sprachen).21 Das galt in besonde- rem Ausmaß für die in Städten lebenden Deutschen. Bis 1910 nahm der Anteil der Deutschen, die ausschließlich ihre Muttersprache sprachen, weiterhin ab, nämlich von landesweit 63,2 Prozent auf 46,7 Prozent, was darauf hinweist, dass ihre Mehrspra- chigkeit stark zugenommen hatte.22 Landesweit sprachen um 1900 30 Prozent aller Deutschen auch ungarisch23, bis 1910 ist dieser Anteil der deutsch-ungarischen Zweisprachigkeit bereits auf 39,8 Prozent angewachsen, in den Städten lag dieser An- teil bei 49,1 Prozent (gegenüber 27,4 Prozent im Jahr 1880).24 Das Merkmal der weit verbreiteten, besonders in den Städten anzutreffenden Zwei- und Mehrsprachigkeit

20 METZ, S. 23; zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Studie von FENYVES. Die Autorin untersuchte vier Generationen jüdischer Intelligenzfamilien. In der ersten Generation der zwischen 1780 und 1810 Geborenen dominierte das Deutsche neben der Erstsprache des Jiddischen, in der zweiten Generation der 1811-1840 Geborenen begann ein bewusster Sprachwechsel zum Ungarischen und Jiddisch wurde durch Deutsch ersetzt; für die dritte Generation der um die Jahrhundertmitte Geborenen „war die sprachliche Magyarisierung schon, die Mehrsprachigkeit noch natürlicher Bestandteil ihres Aufwachsens“ (S. 180) und in der vierten Generation der 1871-1910 Geborenen hatte das Ungarische bereits den Platz der Erstsprache eingenommen, auch wenn die Kenntnis des Deutschen oder einer anderen Sprache als Zweitsprache mehrheitlich anzutreffen war. 21 PUTTKAMER, Mehrsprachigkeit, S. 12. 22 Ebenda, S. 16. 23 GLATZ, Deutschtum, S. 179. 24 KATUS, Magyaren, S. 433.

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der Deutschen belegt nichts anderes als einen überaus dynamischen Prozess der An- passung an die sprachlichen Verhältnisse und Kommunikationsformen in den ungari- schen Städten der Dualismus-Periode, in denen der Alltag, das öffentliche Leben, die Arbeitsabläufe, der Handel und die Industrie, in denen Deutsche in erster Linie tätig waren, das Beherrschen der Mehrheitssprache, also des Ungarischen, erforderlich machten. Beispielhaft ist hier die Entwicklung in der Hauptstadt Budapest: 1880 spra- chen 74 Prozent der Stadtbevölkerung deutsch, davon konnten 20 Prozent nur deutsch. 20 Jahr später sprachen nur mehr 6,3 Prozent der Stadtbevölkerung nicht un- garisch, 39 Prozent nur ungarisch und damit die eindeutige Mehrheit der Stadtbevöl- kerung „auch“ ungarisch, die Mehrheit der Stadtbevölkerung war also zwei- oder mehrsprachig (zu diesem Zeitpunkt bekannten sich 14,3 Prozent zur deutschen Mut- tersprache, und 23 Prozent waren unter dem Aspekt ihrer religiösen Zugehörigkeit als Juden ausgewiesen).25 Selbst von den 77 Städten des Königreichs, die in einer nicht- ungarischen Umgebung lagen, besaßen 1910 nur 24 eine ungarischsprachige Mehr- heit.26 Urbanisierung, Verbürgerlichung und Assimilation sind das ausgehende 19. Jahrhundert prägende Prozesse, die voneinander nicht zu trennen sind. Am Ende der Dualismus-Epoche bekannten sich 77 Prozent der städtischen Bevölkerung zur unga- rischen „Muttersprache“, in diesem Zusammenhang sicherlich zutreffender bezeich- net als Umgangssprache. Die statistisch belegte Assimilation der in den Städten lebenden Deutschungarn war für diese eine vom Umfeld und Eigeninteresse diktierte Überlebensstrategie, die keineswegs mit Identitätswechsel gleichzusetzen ist. Ein gutes Beispiel liefert die Studie der slowakischen Historikerin Elena Mannová über das Vereinswesen in der Stadt Pressburg in der Dualismus-Epoche. Dieses hatte aufgrund der ethnischen Zu- sammensetzung der städtischen Mittelschicht einen deutsch-magyarischen Charakter und bediente sich überwiegend der Mehrsprachigkeit, wobei es auch vorgekommen ist, dass die in den Vereinsprotokollen verwendete Sprache zunächst vom Deutschen ins Ungarische und in einigen Fällen sogar wiederum zurück zum Deutschen wech- selte. Es gab bis 1918 keinen einzigen Verein, „der sein Deutschtum im Namen de- monstriert oder in den Satzungen deutsch-ethnische beziehungsweise deutsch- nationale Ziele deklariert hätte“27. Sprachlich wie inhaltlich-programmatisch dokumentieren die Vereinssatzungen, -protokolle und -veranstaltungen eine aus Patriotismus resultierende Zweisprachigkeit Deutsch–Ungarisch, die gleichsam demonstrativ in Ansprachen und Veranstaltungs- programmen gepflegt wurde. Die 1847 bzw. 1857 gegründete, sehr angesehene, in ganz Europa gastierende Pressburger Liedertafel (Pozsonyi dalárda) sang neben deut-

25 Ebenda. 26 KATUS, Multinational Hungary, S. 114. – In ganz Ungarn gab es 1910 insgesamt 138 Städ- te, von denen 84 eine ungarische Mehrheit besaßen. Von den 283 Orten mit einer Bevölke- rung mit über 10 000 Einwohnern waren in diesem Jahr 190 mehrheitlich ungarisch. – KA- TUS, Magyaren, S. 435. Katus bezeichnet die Städte deshalb als „Schmelzöfen der Magya- risierung“. – Ebenda, S. 434. 27 MANNOVÁ, Identitätsbildung, hier S. 64.

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schen auch ungarische Lieder und demonstrierte ihr Ungartum bei Gastspielen im deutschsprachigen Ausland bzw. Österreich auch durch ihre Kleidung, Wappen und Trikolore, selbst vor einem deutschnationalen Publikum. In der Alltagskommunikati- on bevorzugte sie wie auch der 1867 gegründete Feuerwehrverein die deutsche Spra- che, dessen Kommandos aber ab 1882 auf Ungarisch erteilt wurden. Einzig und allein die Freimaurer spalteten sich 1902 in der Sprachenfrage: Die Deutschen blieben in ih- rer Loge „Verschwiegenheit“, die Magyaren gründeten ihre eigene Loge „Bruder- schaft“. Mannová zieht daraus den Schluss: „Anhand der bisherigen Analyse des ‚deutschen‘ Vereinslebens in Bratislava, vor allem der Verwendung der Sprache und Symbole in freiwilligen bürgerlichen und Arbeiterorganisa- tionen kann konstatiert werden, dass die Ethnizität nicht der wichtigste Faktor der Asso- ziierung der Einwohner war, dass statt der ‚Sprachinsel‘ soziale Netze entstanden, die sich durch ethnische Toleranz auszeichneten. Dadurch, dass sie sich gleichzeitig im Kontext von mindestens zwei Kulturgruppen befanden, zeigten sie eine zweifache bzw. mehrfache Gruppenloyalität. […] Bei der Frage der Sprache, die als hauptsächlich ethnodifferenzie- render und ethnosymptomatischer Faktor gilt, neigen sie [die Deutschen] nicht eindeutig zum Magyarischen hin. Die ungarische Sprache benutzen sie vor allem in zwei Fällen: un- ter Druck beim Kontakt mit den Behörden (Satzungen, Stempel, Kopfpapier) und quasi freiwillig bei der Manifestation ihrer ungarisch-patriotischen Identität zum Beispiel im Ausland.“28 Die offizielle Sprachenstatistik betreffend stellt Mannová noch fest: „Obwohl nach den Nationalitätenstatistiken die Deutschen als Einzelne sich massenhaft magyarisierten, das heißt sich zur ungarischen Sprache bekannten, vermuten wir auf Grund der Vereinsquellen, dass sie als Gruppe in Institutionen der lokalen Gemeinschaft beim Deutschen verharrten beziehungsweise zu ihm zurückkehrten.“29 Doch die Zeitgenossen mochten oder wollten diese Problematik ganz anders se- hen. Wie sehr das Sozialprestige der ungarischen Sprache und die Gleichsetzung, ein der Herrenschicht Angehöriger kann naturgemäß nur ein Ungar sein, auch auf dem flachen Land eine Rolle spielte, lässt sich an der Assimilationsbewegung der reichen Bauern festmachen, insbesondere der Banater Großbauern mit mehr als 50 oder 100 Joch Grundbesitz. Solche Großbauern stiegen gleichsam automatisch in die Reihe der Ungarn auf, beschreibt der aus einer Banater schwäbischen Familie stammende unga- rische Schriftsteller Ferenc Herczeg (1863-1954) in seinen Erinnerungen: „Damals bestand man in Südungarn darauf, dass der Mensch nur bis zu 50 Joch ein Serbe oder Schwabe sein kann, wer mehr hatte, musste zum Ungarn werden, wenn er ein Leben seinem Vermögen gemäß führen wollte.“30 Doch auf der lokalen Ebene des Dorfes wirkten auch ganz andere Assimilations- prozesse, nämlich Angleichungsprozesse seitens der in einem Dorf als Minderheit le-

28 Ebenda, S. 75 f. 29 Ebenda, S. 76. 30 HERCZEG, Emlékezései, S. 85. „Akkoriban azt tartották a Délvidéken, hogy az ember csak ötszáz holdig lehet rác vagy sváb, azon felül magyarrá kell lennie, ha a vagyonához méltó életet akar élni.“

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benden Magyaren und Juden an die deutsche Mehrheit. Als Beispiel für viele sei hier das Dorf Véménd im Komitat Baranya hervorgehoben, in dem der Volksschuldirektor Béla Hernai in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts den Hof seines Wohnhauses zu einem „Fotoatelier“ für die Dorfbevölkerung umgewandelt hatte. Seine zahlreichen Fotos visualieren die Anpassungsleistungen der Magyaren, die als Beamte der Post und Bahn oder als Angestellte der Apotheke im Verlauf der 1880er Jahre ins Dorf gekommen waren, denn sie übernahmen die deutsche Kleidung, wie auch die jüdische Familie, die den Dorfladen – in dem man alles kaufen konnte – be- saß, und alle hatten sich auch sprachlich in die Dorfgemeinschaft integriert, wie wir aus den drei vorliegenden Ortsmonografien erfahren.31 Wenn der Schriftsteller Ferenc Herczeg prinzipiell die hohe Assimilationsbereit- schaft der Schwaben lobte, erblickte er ihren höheren Sinn darin: „Das Individuum kann nur über die Vermittlung der Nation an der Arbeit der ganzen Menschheit teil- nehmen.“ Für ihn gab es dazu keine Alternative, höchstens eine scheinbare, denn für die Zukunft stünden den Deutschen in Ungarn nur zwei Möglichkeiten offen: entwe- der ihre Einschmelzung in das Magyarentum, die gleichbedeutend mit der positiv hervorgehobenen Möglichkeit sei, seine speziellen rassischen Eigenschaften in das „staatliche und kulturelle Leben der Nation“ einzubringen und damit seine Produkti- vität „für sein Wohl und das Wohl der Menschheit zu nutzen“, oder aber sich von der Nation abzuschließen und „in einer platonischen Kolonie des Großdeutschtums in ei- nem feindlichen Land sein trauriges Leben zu fristen“, d.h. nur die negativ bewertete Entwicklungsstufe einer „Nationalität“ zu erreichen.32 Auch der Journalist Sámuel Radó (1856-1919) vertrat in seinem Werk „Das Deutschtum in Ungarn“ die Meinung, das Stammesgefühl sei gegenüber dem Staats- bewusstsein „die minderwertigere und inferiore Potenz und muss vor der höheren Idee zurücktreten“, worin er nur einen naturgegebenen Vorgang erblicken kann, denn die Magyarisierung sei „ein Werk der Gesellschaft, ein organischer Vorgang, der in allen Jahrhunderten aus dem Brei verschiedener Rassen und Stämme eine Nation ge- formt und gehämmert hat“.33 Hier wird die These von der politischen ungarischen Na- tion uminterpretiert in eine integrative, nicht ethnisch definierte, sondern Assimilan- ten jeglicher Herkunft offenstehende Nation.34 Die zu dieser Zeit bereits in Deutsch- land laut gewordene Kritik an der ungarischen Nationalitätenpolitik35 suchte Radó mit dem nicht nachvollziehbaren Argument zu widerlegen, es sei absurd, in einem Ver- fassungsstaat wie Ungarn von einer Entnationalisierung im Sinne einer „Beraubung

31 PETRI, Geschichte; BOROS BRAMBAUER; THIERY. 2008 veranstaltete das Ethnografische Museum in Pécs eine Ausstellung der Fotografien von Béla Hernai. 32 HERCZEG, Nemzetiségi kérdés, S. 11. 33 RADÓ, Deutschtum, S. 38. – Radó war 1898-1918 Direktor des Ungarischen Telegrafenam- tes. 34 HASLINGER, Spannungsfeld, S. 76. 35 Beispielsweise von WASTIAN. – Der Autor (1876-1932) war 1909-1914 deutschnationaler Abgeordneter im österreichischen Reichsrat und 1920-1923 Mitglied der Landesregierung der Steiermark.

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der Sprache und Kultur eines Volksstammes zu sprechen“. Gewaltakte seien „durch den öffentlichen Geist in Ungarn, durch die Überlieferung des Freisinns und der Duldsamkeit“ von vornherein gänzlich ausgeschlossen. Wie sehr „Toleranz und Mil- de“ die Vielsprachigkeit des Landes ermöglicht haben und für Ungarn kennzeichnend seien, dafür wird von ihm das Beispiel der Siebenbürger Sachsen ins Feld geführt: „[...] wie wäre denn sonst die Jahrhunderte lange unvermischte Integrität des Sach- senstammes möglich gewesen?“36 Rund 100 Jahre später hat sich in Ungarn die historische Bewertung von Assimila- tionsvorgängen grundlegend geändert. Die beiden ungarischen Historiker Péter Hanák37 und heben die Bedeutung allgemein gesellschaftlicher und wirt- schaftlicher Faktoren, insbesondere der Verbürgerlichung und Urbanisierung, für die Assimilationsbewegung im dualistischen Ungarn hervor. Als das Besondere am As- similations- und Verbürgerlichungsprozess bewertet Hanák die Orientierung der neu entstandenen „Mittelklasse“ am Adel: „Wenn die Assimilation im Allgemeinen eine Funktion der Verbürgerlichung ist, so gilt auch, dass der Grundcharakter dieser Assi- milation nicht vom konservativen, ständisch gesinnten, prestigebewussten, städtischen (deutschen) Bürgertum, sondern vom sich verbürgerlichenden, liberalen mittleren Adel bestimmt wurde.“38 Außerdem weist Hanák auf die bislang zu wenig beachtete Übergangsperiode der Assimilation hin, „die durch die Zweisprachigkeit und durch eine zweifache bzw. gespaltete Bindung charakterisiert wird“39, wobei Assimilation „als ein mehrere Generationen hindurch wirkender und sich in mehreren Etappen ab- spielender Prozess betrachtet werden kann“40. Hanák wie Glatz betonen die Wechsel- seitigkeit solcher Assimilationsvorgänge, hier nach Glatz: „Das Ungartum hat in seine Brauchtums- und Verhaltenskultur mindestens ebenso viele schwäbische, jüdische, serbische usw. ‚Eigenschaften‘ aufgenommen wie die nichtungari- schen Völker ‚magyarische‘. Bei den Festen dieser Völker, im täglichen Leben, bei der Ge- staltung ihrer Umwelt, in den Veränderungen ihres Arbeitsrhythmus, in der Familienhier- archie, in der Einrichtung ihrer Häuser zeigen sich wechselseitige Einflüsse. Und wenn wir Assimilation in diesem Sinn gesellschaftsgeschichtlich untersuchen, dann stellt sich nicht nur ihre Problemlosigkeit und Wechselseitigkeit heraus, sondern auch, dass sich trotz Ein- buße der ursprünglichen Sprache die Brauchtums- und Verhaltensmuster in ihren Elemen- ten hartnäckig behaupten und aufgrund der Vermischung diesen kleinen Gemeinschaften eine einzigartige Vielfarbigkeit verleihen.“41 Assimilation ist jedoch nicht nur ein wechselseitiger, sondern in seinem Ergebnis auch offener Prozess, der mit dem Wechsel von ethnischer Zugehörigkeit und Identi- tät verbunden sein kann, aber nicht sein muss. Dazu bemerkt László Katus:

36 RADÓ, Deutschtum, S. 44 und 35. 37 HANÁK, Verbürgerlichung. 38 Ebenda, S. 295. 39 Ebenda, S. 308. 40 Ebenda, S. 312. 41 GLATZ, Deutschtum, S. 180.

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„Die Assimilation ist ein komplizierter und langfristiger Prozess, der mehrere Generationen umfasst. Die Mehrzahl der Neuassimilierten war noch zweisprachig, ihre Bindung an die neue ethnisch-nationale Gemeinschaft ist noch nicht als gänzlich und endgültig zu bezeich- nen. Bei einem Teil von ihnen konnten der Abbruch der die Magyarisierung fördernden demographischen und sozialökonomischen Vorgänge und die radikale Veränderung der ge- sellschaftlichen und politischen Verhältnisse den begonnenen Assimilationsprozess noch umkehren, wie es nach 1918 in den Nachfolgestaaten auch geschehen ist.“42

5 Die Konfessionsstruktur der Deutschen in Ungarn

Die konfessionelle Gliederung der Deutschen in Ungarn hat sich im Zeitraum von 1880 bis 1910 kaum verändert. Zwei Drittel der Deutschen waren katholisch, ein Fünftel evangelisch. Letztere hatten regional (Siebenbürgen, Zips) und lokal (Buda- pest, Ödenburg) eine sehr starke Position. 11,3 Prozent der Juden (1890) bekannten sich zur deutschen Muttersprache, allerdings mit sinkender Tendenz.

Tabelle 19: Konfessionelle Gliederung der Deutschen in Ungarn (mit Kroatien) 1880-1910 In absoluten Zahlen In % 1880 1900 1910 1880 1900 1910 Röm.-Kathol. 1 299 841 1 457 972 1 372 103 66,52 68,28 67,33 Griech.-Kath. 1 180 1 432 1 785 0,06 0,06 0,08 Reformiert 25 283 27 906 26 964 1,29 1,30 1,32 Evangelisch 395 879 427 802 429 687 20,26 20,03 21,08 Griech.-Orient 6 856 2 252 2 494 0,35 0,10 0,12 Unitarisch 67 113 168 0,003 0,005 0,008 Israelitisch 223 449 216 698 203 230 11,34 10,14 9,97 Sonstige 1 356 1 006 1 004 0,06 0,04 0,04

Quelle: GOTTAS, Die Deutschen, S. 356.

Diese konfessionelle Heterogenität macht deutlich, dass die Deutschen mit Aus- nahme der Siebenbürger Sachsen im Unterschied zu Rumänen und Serben keine Na- tionalkirche besaßen, aber auch keinerlei Ansätze für eine eigene Kirchenorganisation innerhalb der großen Glaubensgemeinschaften. Die Mehrheit der deutschen Kirchen- gemeinden war zudem multiethnisch strukturiert und damit offen für Assimilations- bestrebungen, die vor allem von der höheren Geistlichkeit initiiert wurden. Der Abt und Vorsitzende der 1895 gegründeten Katholischen Volkspartei, János Molnár (1850-1919), sah es als deren Aufgabe an, die Nationalitäten „mit freundlichen Mit- teln und mit Liebe“ für die ungarische Staatsidee zu gewinnen, damit auch sie zu

42 KATUS, Magyaren, S. 436.

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„ungarisch sprechenden Ungarn würden“43. Auch die protestantischen Kirchen ließen sich in ihrer Schulpolitik „für die chauvinistischen Interessen der Regierung einspan- nen“44, was sich insbesondere in ihrer Haltung zur Lex Apponyi 1907 zeigte, die der Lutheraner Frigyes Baltik zwar als Verletzung der Kirchenautonomie kritisierte, zu- gleich jedoch auch verteidigte: „Wir haben auf unserer letzten Synode, wie bekannt ist, gesagt, dass die Hetze gegen das ungarische Vaterland, gegen die ungarische Na- tion ein kanonisches Vergehen ist.“45 Sowohl bei der Römisch-Katholischen wie auch bei der Ungarländischen Evangelischen Kirche A.B. nahm im Zeitraum von 1880 bis 1910 der Anteil der Magyaren um 8 Prozent zu, während der Anteil der deutschen Gläubigen in beiden Kirchen um rund 4 Prozent sank.

5.1 Die katholische Kirche und „ihre Schwaben“ Im Unterschied zu den übrigen, in Ungarn gesetzlich anerkannten Konfessionen, die durch das Gesetz von 1868 über eine weitgehende Autonomie und dadurch eine be- trächtliche Handlungsfreiheit bei der Regelung ihres Schulwesens verfügten, beharrte die katholische Kirche auch nach 1867 auf ihre besondere, bis auf König Stephan zu- rückzuführende Stellung als eng mit dem Staat verbundene Kirche, in der der König die oberste Entscheidungsgewalt ausübte. Der König ernannte nicht nur die Bischöfe, ihm oblag auch die kirchliche Disziplinargewalt, er errichtete oder teilte die Bistümer und beaufsichtigte das kirchliche Schulwesen. Zu diesem Zweck verwaltete er auch das immense kirchliche Vermögen, das Maria Theresia in den Religions- und Schul- fonds eingebracht hatte.46 Nachdem mehrere Versuche, nach protestantischem Vor- bild die Ausübung königlicher Rechte auf eine autonome, von Laien mitbestimmte Körperschaft 1870, 1902 und 1917 am Widerstand der Hierarchie gescheitert waren, oblag dem liberalen Staat die Aufsicht über das katholische Schulwesen und dem Kultus- und Unterrichtsministerium die Verwaltung des Religions- und Studienfonds, aus dessen Mitteln 30 katholische Gymnasien ganz oder teilweise finanziert wurden.47 Der konfessionelle Charakter des katholischen Schulwesens blieb zwar erhalten, doch der Staat verfügte über wesentlich mehr Möglichkeiten, auf die Unterrichtssprache und Lehrinhalte der Schulen Einfluss zu nehmen, als bei den Schulen anderer Konfes- sionen. Die Regierung hatte als ausübendes Organ der königlichen Patronatsrechte auch das Recht auf Ernennung der Bischöfe. Die Ernennung wurde zwar formal vom Kö- nig vollzogen und vom Papst bestätigt, der Vorschlag des Kultus- und Unterrichts- ministeriums war jedoch ausschlaggebend und wurde vom König kaum jemals in Zweifel gezogen. Die Regierung schlug in der Regel nur Persönlichkeiten vor, die ihr politisch genehm waren, die in der Praxis also mit ihrem Nationalisierungskurs ge-

43 Ebenda, S. 144, zit. nach CSÁKY, Kirche, S. 286. 44 GOTTAS, Geschichte, S. 529. 45 DOLMÁNYOS, S. 249 f. 46 SALACZ; CSÁKY, Kirche. 47 PUTTKAMER, Schulalltag, S. 92.

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genüber den Minderheiten übereinstimmten. Solche Entscheidungsmechanismen för- derten die opportunistische Haltung des höheren Klerus, der mehr an guten Beziehun- gen mit der politischen Elite als mit dem Kirchenvolk interessiert war und darüber Seelsorge und Religionsunterricht stark vernachlässigte. Als Nutznießer großer kirch- licher Latifundien fühlten sich Bischöfe, Domkapitulare und Pröpste außerdem der Schicht der ungarischen Großgrundbesitzer zugehörig, pflegten deren prunkvollen Lebensstil und teilten deren politische Einstellung, die zwischen Nationalliberalismus und Nationalkonservativismus changierte. Diese „feudale, neobarocke Gesinnung“ des „militant-konservativen ungarischen Katholizismus“ herrschte bis zum Zerfall der Monarchie vor.48 Die kirchlichen Würdenträger sahen sich mehr als Repräsentanten des Staates und trugen eher zur Verbreitung des nationalliberalen Zeitgeistes in ihrer Umgebung bei als zur Bewahrung und Förderung der Frömmigkeit und Religiosität ihres Kirchenvolkes, von dem sie sich mental bereits weit entfernt hatten. Die mit großer Prunkentfaltung begangenen hohen kirchlichen Feiertage oder auch die tradi- tionellen Feiern von Erstkommunion, Firmung und Trauung täuschten darüber hin- weg, dass sich nach einem Wort des Jesuitenpaters Béla Bangha im Lande bereits „Wüsten des religiösen Lebens“ ausgebreitet hatten, die dieser mit seinen Mitstreitern durch die innere Mission zu bekämpfen suchte, häufig nur mit geringer oder halbher- ziger Unterstützung seitens des höheren Klerus.49 Von solchen, insbesondere in nationalen Belangen staatstreuen Kirchenführern war auch keine besondere Sensibilität zu erwarten: weder für die Sorgen des allge- meinen Kirchenvolkes noch für dessen Teil, der sich als Minderheit sprachlich von der Mehrheit unterschied. Das Kirchenvolk hatte auch gar nichts oder nur sehr wenig zu sagen, denn im Gegensatz zu den übrigen Konfessionen, in denen durch Autono- mieregelungen die Mitspracherechte der Laien in Fragen der Kirchenverwaltung, des Kirchenvermögens und der Schulen außerordentlich gestärkt wurden, waren in der katholischen Kirche derlei Rechte auf die neu eingerichteten Schulstühle auf Pfarr- ebene beschränkt, auf denen formal zwar die Laien die Mehrheit stellten, selten je- doch den Willen und den Mut aufbrachten, sich von der Autorität des Pfarrers zu emanzipieren. Von oben nach unten verlaufende, nach 1890 immer stärker wirksam gewordene Gleichschaltungsmechanismen setzten sich bei der Sprachregelung des Unterrichts im Allgemeinen und der Religion als Lehrfach im Besonderen zugunsten der immer ausschließlicheren Verwendung der ungarischen Sprache durch. Das galt auch für die Liturgie und die sonntägliche Predigt. „Selbst für einen muttersprachlichen Religionsunterricht setzte sich die katholische Kirche nur zögerlich ein. Obwohl der Vatikan die ungarischen Bischöfe nachdrücklich dazu er- mahnte, den Religionsunterricht in der Muttersprache zu erteilen, waren die Bischöfe mehrheitlich darum bemüht, dem Ungarischen auch im Religionsunterricht und im Kate- chismus möglichst breiten Raum zukommen zu lassen.“50

48 CSÁKY, Kirche, S. 264. 49 HALTMAYER; SPANNENBERGER, Kirche, S. 14-22. 50 PUTTKAMER, Schulalltag, S. 95.

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Ein rundes Jahrhundert später fasste das Bistum Pécs in der kirchengeschichtli- chen Einleitung zu seinem 1972 erschienenen Schematismus in einem Anflug von Selbstkritik sein Wirken im 19. Jahrhundert zusammen: „Nach den Jahren von 1830 ist auch in unserer Diözese zu verspüren, dass in Schule und Kirche für das Durchdringen der ungarischen Sprache geworben wurde. Daraus entstanden besonders in gemischtsprachigen Dörfern zahllose unschöne Streitereien und Reibereien. Das traurigste Resultat dieser Kämpfe war, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Seel- sorger und Volk schwer gelitten hat, ja, dass es an manchen Orten ganz verschwunden ist.“51 Der überwiegende Teil des Klerus und der nicht geistlichen Lehrer verstand in den katholischen Schulen unter „patriotischer“ Erziehung der ihr anvertrauten Jugend eine „ungarische“ Erziehung, eine Erziehung zu einem staatstreuen, ungarisch sprechen- den „Ungarn“. Etwas anderes war nicht vorgesehen und die Einhaltung solcher Bil- dungsziele wurde von der Gesellschaft, den Schulinspektoren und der Presse eifrig überwacht und wo nötig auch korrigiert. Wie die inhaltliche Ausrichtung einer sol- chen nationalen Erziehung ausgesehen haben muss, schildert aufgrund eigener Erfah- rungen Stefan Wieser (1878-1970), der eine katholische Schule in Sathmar besuchte: „Unsere Seelen wurden acht Jahre hindurch mit magyarischen Kulturgütern genährt. Alles, was unsere für das Gute und Schöne empfänglichen jugendlichen Gemüter ergötzte und er- griff, war uns in magyarischem Gewande entgegengetreten. Die schönen magyarischen Lieder, die ergreifenden magyarischen Gedichte, die Literatur und die in ihr gepriesenen Landschaften atmeten magyarischen Geist. Im Geschichtsunterricht wurden uns die großen Gestalten und Taten des magyarischen Volkes vor Augen geführt. Die magyarischen Dich- ter, Redner, Staatsmänner und Helden wurden unsere Ideale. Die Herrlichkeit des magyari- schen Volkes, das uns als das erste, das edelste Volk der Welt geschildert wurde, hatte uns in ihren Bann geschlagen. Wir waren stolz, dass man auch uns zu diesem Volk zählte. Wir hörten viel darüber, dass die Deutschen mit den Magyaren oft Kriege geführt und immer wieder versucht hatten, sie zu unterdrücken, dass die Magyaren aber immer Sieger geblie- ben waren. Die Deutschen waren uns Feinde des edlen magyarischen Volkes.“52 Der Assimilationsdruck war insbesondere in Kleinstädten und gemischtsprachigen Dörfern wirksam, in Dörfern mit überwiegend deutscher Bevölkerung jedoch in we- sentlich geringerem Ausmaß. In der ungarischen Lokal- und Regionalpresse war ab den 1880er Jahren die Frage nach dem Sprachverhalten und der patriotischen Gesin- nung ein ständiges Thema geworden. So schrieb die Tageszeitung Szekszárd és vidéke (Szekszárd und Umgebung) über die Großgemeinde Paks: „Wie wir wissen, sind die Bauern von Paks deutscher Herkunft. Alle sprechen schön ungarisch und niemand wage es, sie als ‚Deutsche‘ zu verspotten.“53 Doch diese Wunschvorstellung stimmte noch nicht ganz mit der Wirklichkeit überein. Denn 30 Jahre später erklärte der kar- rierebewusste Pfarrer von Paks bei seinem Abschied 1922, nach zehnjähriger Amts- zeit: „Als ich hierher kam, war Paks eine deutsche Gemeinde, jetzt kann ich meinem

51 Schematismus cleri Dioecesis Quinque-Ecclesiensis pro anno 1972, S. 19. 52 WIESER, S. 41. 53 Szekszárd és vidéke vom 6. Januar 1881, zit. nach GALAMBOS, S. 136.

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Nachfolger eine ungarische übergeben.“54 Dieser Pfarrer war als Franz Blum 1869 in Bonyhád geboren und wurde als Ferenc Virág Bischof von Pécs (1926-1958). Der Pécsi Figyelő (Pécser Beobachter) unterließ es deshalb nicht, die katholischen Vereine der deutschen Gemeinde Németboly wegen ihrer „patriotischen Gesinnung“ öffentlich zu loben, da diese 1890 ausschließlich ungarische Lieder sangen.55 Wenig später sah sich die Redaktion dieser Zeitung bemüßigt, dazu eine grundsätzliche Stel- lungnahme abzugeben: „Das Hauptziel bleibt: das Vorantreiben der Magyarisierung um jeden Preis, mit allen Mit- teln, ausgenommen Zwang und Gewalt. Wir können nicht warten. Wir müssen die Regie- rung, die Legislative, ja sogar die Mitwirkung der Kirchen gewinnen. Wir wollen unser Ziel nicht verbergen, es ist ja aller Welt sowieso bekannt. Unser Endziel ist und bleibt die Magyarisierung, der nationale Zusammenschluss. Seien wir tapfer und sprechen es offen aus. Treten wir auch dem ‚Transdanubischen Bildungsverein‘ bei, denn dieser belohnt die im patriotischen Geiste wirkenden und sich um die Verbreitung der ungarischen Sprache Verdienste sammelnden Lehrer und Kindergärtnerinnen.“56 Solchem Druck gab auch die innerstädtische Pfarre von Fünfkirchen nach, als sie 1895 beschloss, den Gottesdienst in ihrer Kirche am Hauptplatz der Stadt (die bis heute ihr Aussehen als Moschee bewahrt hat) ausschließlich ungarisch zu gestalten. In Várdomb (Komitat Tolna) schrieb der Pfarrer Franz/Ferenc Györkő 1908, als er seine dortige Amtzeit nach 13 Jahren beendete, folgende Bilanz seines Wirkens in die Pfarrchronik: „In der Schule wird ungarisch unterrichtet. Die Magyarisierung hat schöne Fortschritte gemacht – und zwar ohne Widerspruch seitens der Gläubigen. Ein Ziel habe ich erreicht, den deutschen Katechismus habe ich abgeschafft, ja auch die Beichtgebete fordere ich un- garisch, nur die Sünden durften in deutscher Sprache gesagt werden.“57 Dieser Pfarrer setzte die deutsche Sprache nur mehr zum Zweck der Sozialdiszip- linierung seiner Gemeinde ein. In den Regionen, in denen sich die „Schwaben“ voll und ganz mit der katholi- schen Kirche identifizierten, wie z.B. in Sathmar, hatte die Hierarchie bis zur Jahr- hundertwende die deutsche Schule restlos beseitigt58, im zu 90 Prozent katholischen

54 GALAMBOS, S. 137, Anm. 86. 55 Pécsi Figyelő vom 11. Oktober 1890: „Die Mitglieder der Gesellenvereine und des Ladis- laus-Bestattungsvereins von Németboly zogen korporativ mit schwarz überzogenen Fahnen am 6. Oktober in die Kirche und nahmen am Requiem teil; auch die Kinder. Der Gesangs- chor sang ausschließlich ungarische Lieder – diese als ‚Schwaben‘ Bezeichneten sind übri- gens alle wackere ungarische Patrioten.“ 56 Pécsi Figyelő vom 22. November 1890. 57 Zit. nach GALAMBOS, S. 138. – In Vardomb bekannten sich in der Volkszählung von 1910 von den 841 Katholiken 815 als Deutsche. 58 In der Diözese Sathmar gab es 1864 144 konfessionelle Volksschulen mit 189 Klassen. In 109 Klassen wurde ungarisch, in 53 deutsch und in 27 slowakisch unterrichtet. 13 Schulen waren als deutsche Schulen zu bezeichnen, doch kamen zu diesem Zeitpunkt wie z.B. in Bildegg auf einen Lehrer bis zu 200 Kinder. 1916 wurde in keiner schwäbischen Gemeinde mehr deutsch unterrichtet. – FLESCH, S. 210 f. Spracherwerb und Sprachausbildung fanden

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Banat waren bis zum Ersten Weltkrieg von 165 deutschen Schulen (1869) keine und von 71 gemischtsprachigen (deutsch-ungarisch) 19 übrig geblieben.59 In Reaktion auf den von der Regierung in den 1890er Jahren ausgelösten „Kultur- kampf“60 forderte Papst Leo XIII. (1810-1903, 1878 Papst) in seiner 1893 veröffent- lichten Enzyklika „Constanti Hungarorum“ die gesellschaftspolitische Organisation der Katholiken in Ungarn. Es entstand nach deutschem Muster der politische Katholi- zismus in Gestalt der 1895 gegründeten Katolikus Néppárt (Katholische Volkspartei), die ab 1900 auch Katholikentage veranstaltete. Darüber hinaus versuchten Kirchen- führer der mittleren Ebene im Verein mit Laien das Kirchenvolk im Kampf gegen Sä- kularisierung, Liberalismus, Sozialismus, Freimaurertum und Materialismus mit Hilfe zahlreicher Presseorgane und einer breit gefächerten Vereinstätigkeit zu mobilisieren. Zu diesem Zweck wurden auch deutschsprachige Zeitungen und Vereine gegründet. Alle diese Aktivitäten waren jedoch ausschließlich kirchlichen Anliegen gewidmet, minderheitenspezifische Belange wurden nicht thematisiert. Das gilt auch für die größte Organisation dieser Zeit, für den im Januar 1908 gegründeten Katholischen Volksverein. Er „trug durch zahlreiche Kundgebungen, Vorträge und durch seinen in- tensiven Pressedienst zur katholischen Erneuerung in Ungarn bei“61. 1906 in Ofen gab es erstmals auf einem Katholikentag eine Versammlung in deutscher Sprache. Zum VII. ungarischen Katholikentag in Fünfkirchen im August 1907 waren über 10 000 deutsche Katholiken aus Transdanubien und der Batschka gekommen, deut- lich weniger jedoch auf dem IX. Katholikentag in , dessen deutsche Versamm- lung vom Bischof von Csanád, János Csernoch (1852-1927, 1911 Erzbischof von Ka- locsa, 1913 Erzbischof von Gran und Kardinal), präsidiert wurde. Thematisch be- schäftigten sich solche Versammlungen mit Kirche und Politik im Allgemeinen und der Politik der Sozialdemokratie und der Christlichsozialen im Besonderen.62 Diese Veranstaltungen können daher nur als religiös-innerkirchliche „Weckrufe“63 charakti- siert werden. Das selbst gesteckte Ziel einer Massenmobilisierung erreichten sie je- doch nicht, da sich ganz wichtige Gesellschaftsschichten wie das Bürgertum, Arbeiter und Intelligenz im Unterschied zu Deutschland einer Erfassung entzogen und die Par- tei selbst nur eine „schmucke Fassade“ bildete, „hinter der sich die Interessen der Amtskirche bzw. des hohen Klerus sowie katholischer Aristokraten verbargen“, wo- durch sie nur „eine dünne Schichte der Bevölkerung erreichte“.64 Trotz der wiederholten Ermahnungen ihres Oberhauptes, des Papstes, in Seelsorge und Religionsunterricht die Muttersprache der Gläubigen zu gebrauchen, war der ka-

daher nicht mehr statt, so dass Flesch auf S. 211 den Schluss zieht: „Die Muttersprache lag bei der jüngeren Generation der Schwaben bereits in Agonie.“ 59 Schematismus cleri Dioecesis Csanádiensis 1913, S. XIII-XXIV, hier zit. nach ROOS, S. 275. 60 CSÁKY, Kulturkampf. 61 HALTMAYER, S. 24. 62 Ebenda, S. 25 f. 63 Ebenda, S. 27. 64 SPANNENBERGER, Kirche, S. 18.

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tholischen Kirche Ungarns in vielen Diözesen die Nationalisierung ihrer Religions- gemeinschaft ein wichtigeres Anliegen als die nicht zuletzt aus pastoralen Gründen nahe liegende Berücksichtigung der Vielsprachigkeit ihrer Kirchengemeinden (durch Deutsche, Slowaken und Kroaten), die entgegen der bis dahin geltenden Traditionen bereits ab dem dritten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts immer mehr zurückgedrängt worden war. Ungarisch zu sein war offenbar wichtiger geworden als katholisch zu bleiben, d.h. einer Universalkirche anzugehören. Das ist nur wenigen Kirchenführern bewusst geworden, wie z.B. dem Jesuiten Béla Bangha, der Anfang der 1920er Jahre bekannte: „Lediglich unsere Nationalitätenpolitik können nicht einmal die mit uns be- sonders sympathisierenden Deutschen, Italiener und Polen verzeihen.“65 Nur wenige mutige Pfarrer stellten sich dieser von der Hierarchie geförderten Na- tionalisierung entgegen und blieben bei dem Versuch, Deutsch als Pastoralsprache zu bewahren, nicht nur allein gelassen, sondern auch besonderem Druck ausgesetzt, der manchmal auch zur Strafversetzung in andere Pfarren führte. Das Vertrauen, das die Schwaben ihrer Kirche seit der Zeit ihrer Ansiedlung entgegen gebracht hatten, war zumindest für diejenigen, die diesem „Zeitgeist“ nicht huldigen wollten, erschüttert. Die Negativbewertung und grundsätzliche Vernachlässigung bis hin zur Verleugnung des Deutschen in Liturgie und Unterricht waren langfristig gesehen folgenreich, da sie einen Sprachwechsel im emotional-religiösen Bereich einleiteten, der zu dem bis in die Gegenwart anhaltenden Prozess des Sprachverlusts wesentlich beigetragen hat. Im Gegensatz zu anderen Religionsgemeinschaften hat die katholische Kirche „ihre Schwaben“ nicht geschützt, sondern dem Assimilationsdruck ausgesetzt und sich als Instrument des staatlichen Nationalisierungsprogramms missbrauchen lassen.

6 Strukturmerkmale der Deutschen in Ungarn – eine Zwischenbilanz

Für die Deutschen in Ungarn außerhalb Siebenbürgens war gerade in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Reihe von Strukturmerkmalen charakteristisch, die sie von anderen Minderheiten des Landes deutlich unterschied: ‒ Es gab kein geschlossenes Siedlungsgebiet, sondern nur eine Reihe von Sied- lungsschwerpunkten, die kommunikativ weder durch eine gemeinsame Spra- che (Umgangssprache) noch medial (z.B. durch Zeitungen) noch durch eine Gemeinsamkeit sozioökonomischer Interessen miteinander verbunden waren. Die mit der ungarischen Mehrheitsgesellschaft im Zuge der Industrialisierung und Urbanisierung weit vorangetriebene Arbeitsteilung z.B. in der Umgebung von Budapest hat die Segmentierung einzelner Siedlungsgebiete noch stärker akzentuiert. Nur in Südungarn konnte sich im Banat und in der Batschka ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln. ‒ Die geografische Streulage war vorherrschend.

65 BANGHA, S. 40.

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‒ Die sprachliche und ethnische Gemengelage ist für 90 Prozent aller deutsch besiedelten Orte eine Gemeinsamkeit. Diese Rahmenbedingung fördert das Interesse an einem friedlichen Zusammenleben und an Austauschprozessen und Akkulturation in vielen Bereichen der gemeinsamen multiethnischen und multikonfessionellen Lebenswelt. ‒ Auch religiös sind die Deutschen in verschiedene Glaubensgemeinschaften aufgespalten, von denen es nur der evangelischen Kirche der Siebenbürger Sachsen infolge ihrer räumlichen und ideologischen Geschlossenheit gelungen ist, eine nationale Schutzfunktion zu übernehmen. Schon Schwicker wies dar- auf hin, dass die älteren deutschen Siedlungsgebiete mit ihrer bis ins Mittelalter zurückreichenden Kontinuität überwiegend protestantisch waren, die jüngeren, im 18. Jahrhundert entstandenen, überwiegend eine katholische Prägung besa- ßen.66 ‒ Die Heterogenität der Deutschen in Ungarn, diese Vielfalt deutscher Klein- gruppen, wurde noch durch ihre unterschiedliche Geschichte verstärkt. Die Deutschen der Zips, Siebenbürgens und Westungarns, der oberungarischen Städte und Städte wie Pressburg und Ödenburg vermochten auf eine bis in das Mittelalter zurückreichende Erinnerungskultur und Tradition zurückgreifen. Sie verfügten dadurch über eine historisch begründete Identität von langer Dauer, die sie mental wie auch konfessionell grundlegend von den wesentlich jüngeren Identitätsformen der Siedlergenerationen des 18. Jahrhunderts unter- schied. Diese Zweiteilung wurde durch die völlig unterschiedliche historische Entwicklung auch der bis ins Mittelalter zurückreichenden Siedlungsgebiete betont, so dass wir einen Pluralismus von Formen regional oder kommunal ge- bundener Identitäten mit häufig diffuser Abgrenzung zu den „Magyaren“ vor- finden, da sich dieser Pluralismus mit einem regional bzw. kommunal definier- ten Partikularismus sozioökonomischer Interessen verband, in dessen Rahmen ethnische Grenzziehungen wenn überhaupt nur eine untergeordnete Rolle spielten.67 Dieser Partikularismus wurde unter der Sogwirkung der ungarischen Nationalstaatsbildung allmählich zugunsten eines ungarischen nationallibera- len Konzepts aufgegeben, das in Befreiung vom bislang vorherrschenden Kan- tönli-Geist ganz neue und existentiell attraktive Chancen und Perspektiven vermittelte und den „magyarisierenden“ Übertritt in die neue bürgerliche Ge- sellschaft des ungarischen Nationalstaats massiv förderte. ‒ Parallel dazu entstand eine gebietsweise unterschiedliche und keinesfalls ein- heitliche Sozialstruktur, die regional und kommunal auch eine unterschiedliche

66 SCHWICKER, Die Deutschen, S. 194. 67 Auf diesen Partikularismus und die mit ihm verbundenen Formen der kommunalen Identi- tätsvarianten bezog sich auch der Stoßseufzer von Rudolf Brandsch, den er in Reaktion auf die Niederlage der schwäbischen Kandidaten in den Parlamentswahlen von 1910 formu- lierte: „Jedes Dorf und jede Stadt ist noch heute ein für sich selbst lebendes Individuum.“ – Zit. nach SCHÖDL, Am Rande, S. 426.

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Ausprägung des – nach 1867 – sich immer dynamischer gestaltenden sozialen Wandels durch Urbanisierung, Industrialisierung und ungarische Nationalisie- rung erfuhr. ‒ Diese stark wirksamen Komponenten der Heterogenität verhindern bis 1918 – im Gegensatz zu den anderen Nationalitäten im Königreich Ungarn – von vornherein jegliche an eine nationale Gemeinsamkeit bzw. Identität appellie- rende, regional übergreifende politische Mobilisierung im Sinne einer Grup- penbildung, Nationalbewegung oder „deutschen Bewegung“. Denn die Ge- meinsamkeit des magyarischen Umfelds war stärker und wirkte integrativer als irgendeine Gemeinsamkeit dieser höchst unterschiedlichen deutschen Klein- gruppen. Diese „ungarländischen Deutschen“ begriffen sich nicht als Minder- heit, sondern empfanden sich – trotz einiger Unterschiede betreffend Sprache oder Abstammung – (ähnlich den sich assimilierenden Juden) als Teil der Titu- larnation, was von dieser wiederum insofern honoriert wurde, als sie „ihre Schwaben“ (oder auch die Juden) nicht als Nationalität einstuften. ‒ Mit Ausnahme der Siebenbürger Sachsen wurden die Deutschen in Ungarn als Gruppe durch Kategorien wie Sprache, Herkunft, Abstammung und Zugehö- rigkeit zu einem als deutsch ausgegebenen Siedlungsgebiet oder einer Stadt (durch regionale oder kommunale Identitäten) konstituiert, nicht jedoch durch ein Eigenbewusstsein, einer regional oder kommunal übergreifenden Gemein- schaft anzugehören. Erste, in diese Richtung weisende Ansätze sind verhält- nismäßig spät, um 1900, zu beobachten. Es fügt sich in das Gesamtbild der hier herausgestellten Strukturmerkmale, dass solche Ansätze ohne Anregung und Unterstützung von außen, aber auch ohne den gerade in den 1890er Jahren ge- steigerten Nationalisierungsdruck von innen keine Möglichkeit zu irgendeiner Entfaltung eines ethnisch-nationalen, politisch auch nur geringfügigen Mobili- sierungsprozesses boten. Die Deutschen in Ungarn (ohne Siebenbürgen) sind im gesamten 19. Jahrhundert eine Ethnizität in Ermangelung einer ethnisch oder national definierten Gruppe geblieben68, was sie von der Mehrzahl der ethnischen Gruppen ihres Umfelds grundsätzlich unterschied. Aus diesen Gründen wurden sie von den Magyaren auch nicht als Nationalität wahrge- nommen wie die Slowaken, Serben oder Rumänen. Wenn in dieser Zeit tat- sächlich von einer deutschen Nationalität die Rede war, dann waren damit in der Regel die Siebenbürger Sachsen gemeint, die numerisch gesehen insgesamt rund 11 Prozent der Deutschen in Ungarn ausmachten. ‒ Der „Deutschungar“ oder der „ungarländische Deutsche“ war eine Kombinati- on einer territorialen (auf das Königreich Ungarn bezogenen) Kategorie mit ei- ner Sprach- und Herkunftskategorie – die noch nicht ethnisch interpretiert wurde –, und beide Denominationen blieben bis 1918 (und selbst noch darüber hinaus) die gebräuchliche Bezeichnung aller in Ungarn lebenden Deutschen. Die in der Logik der gefühlten Zugehörigkeit zur Titularnation vollzogene Ma-

68 BRUBAKER, Ethnizität, S. 15 ff.

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gyarisierung wurde von vielen überall dort als „Chance für sozialen Aufstieg wahrgenommen“69, wo die sozioökonomische Interessenlage die Herausbil- dung einer sozialen Loyalität erforderte, und zwar nicht gegenüber seiner eige- nen, weil imaginären, nicht erfahrbaren Gruppe, sondern gegenüber der Grup- pe der Magyaren, um zu beweisen, dass er ein guter Ungar, eben ein Deutsch- ungar sein und bleiben wollte. Ein Widerspruch zur Zugehörigkeit der lokalen Kleingruppe der Deutschen einer bestimmten Kommune/Stadt wurde darin nicht gesehen, weil die – deutschungarische – Kleingruppe in der Symbiose mit der – ungarischen – Großgruppe aufgehoben und integriert war. ‒ Es entstanden deshalb „keine gegensätzlichen nationalen Diskurse, auch keine rivalisierenden historischen Narrative – im Gegenteil, thematisiert wurde die gemeinsame Symbiose“70, die auf Jahrhunderte langen Traditionen basierte und damit historisch legitimiert war. Beispielsweise errichteten die Bürger von Metzenseifen zur Milleniumsfeier 1896 ein Denkmal, dessen Inschrift die Zip- ser Heimat und ihre Vorfahren, die ersten deutschen Siedler des Mittelalters, ehrte. ‒ Vor dem Hintergrund dieser räumlichen Zersplitterung, der sozialen, mentalen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Heterogenität, des Grundmerkmals ei- ner „Ethnizität ohne Gruppe“71 und der sozialen Loyalität zur Großgruppe der ungarischen Nation begann das ideologisch-emotionale Angebot einer „Ge- meinbürgschaft“ aller Deutschen Ungarns oder gar einer „Volksgemeinschaft“ erst dann wirksam und attraktiv zu werden, als nach 1918, nach dem Zusam- menbruch Mitteleuropas und damit der alten, über Jahrhunderte vertrauten Ordnung, sich eine grundlegende Neuorientierung als unumgänglich erwies und die durch Grenzen endgültig getrennten Kleingruppen eines grenzübergrei- fenden Gemeinschaftsgedankens bedurften, um sich – nach Wegfall des unga- rischen – als deutsche Großgruppe begreifen und politisch mobilisieren zu können. Für die Epochen davor konnte sich ein solches Grundbedürfnis nach national definierter Gemeinschaft nicht einstellen, weil die intraethnische Ein- bindung und Integration dieser so unterschiedlichen deutschen Kleingruppen in die ungarische Gesamtgesellschaft in Übereinstimung mit den wirtschaftlichen Interessen und den Gegebenheiten der dörflichen oder kommunalen Lebens- welt viel stärker und attraktiver war, als eine wie immer geartete mentale oder gar ideologische Anbindung an eine national „deutsch“ definierte Großgruppe, der bis 1871, bis zur Reichseinigung und der deutschen Nationalstaatsbildung, keinerlei Realität zugeordnet werden konnte und die bis 1914 auch nicht wirk- lich präsent und erst im Ersten Weltkrieg, im gemeinsam geteilten Schützen- graben, zu einer erfahrbaren Realität geworden war.

69 MANNOVÁ, Kategorisierungen, S. 76. 70 Ebenda. 71 BRUBAKER, Ethnizität.

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7 Sozialstruktur und Wirtschaft deutscher Bürger und Bauern

Sozialgeschichtlich unterschieden sich die Deutschen in Ungarn ganz wesentlich von den übrigen in Ungarn ansässigen Nationalitäten. Bei den Deutschen gab es seit Be- ginn des 18. Jahrhunderts eine deutliche Zweiteilung sozialer Schichtung in Bürger und Bauern, die wir in diesem Ausmaß weder bei den Magyaren noch bei den übrigen Nationalitäten vorfinden. Das deutsche Bürgertum konnte mit seinen Wurzeln auf ei- ne weit ins Mittelalter zurückreichende Geschichte zurückblicken und verfügte über eine gewachsene Lebenswelt mit Traditionen, Freiheitsrechten, Selbstverwaltung und sozioökonomisch wirksamen Autonomien (der Zünfte, Bergleute etc.) von langer Dauer, in die sich auch alle nach der Türkenzeit aus den deutschsprachigen Gebieten Mitteleuropas zugewanderten Neubürger einordneten. „Among the country’s peoples (including the Magyars), the social structure of the German- speaking population was the most developed and ‚modern‘. In the upper and middle strata of society in Hungary – among large and medium-sized landowners, independent artists and merchants – the number of the German-speakers exceeded the number of Magyar- speakers, while industrial workers also included a higher number of German workers (they were more numerous than other groups).“72 Bei den anderen Nationalitäten entstand ein Bürgertum erst Ende des 18. und im Verlauf des 19. Jahrhunderts als Ergebnis vielfältiger Bemühungen: ‒ einerseits von Ausbildung und darauf fußender beruflicher Spezialisierung; ‒ andererseits – ökonomisch betrachtet – aufgrund von Prozessen der Arbeitstei- lung des von feudalistischen Zwängen befreiten Kapitalismus nach 1848; ‒ schließlich unterstützt von den Mobilisierungs- und Emanzipationsprozessen einzelner Nationalbewegungen, allen voran der ungarischen, gefolgt von der rumänischen, serbischen, slowakischen etc.; ‒ gefördert nicht zuletzt aufgrund von Zuwanderung zahlreicher Juden aus Mit- tel- und Osteuropa, die ähnlich den Deutschen eine sehr dynamische, nicht Na- tionalitäten gebundene, eher kosmopolitisch orientierte und anfänglich über- wiegend deutsch sprechende, beruflich hoch qualifizierte Schicht im Prozess der Verbürgerlichung Ungarns bildeten. Die regional bzw. kommunal gegliederten Kleingruppen des deutschen Bürger- tums unterlagen im Verlauf des 19. Jahrhunderts in Ober-, West- und Zentralungarn einer negativ wirksamen wirtschaftlichen Entwicklung, die ihre Assimilation als Überlebensstrategie wesentlich beschleunigte, um zusammen mit den Juden die „wirt- schaftliche Funktion einer ungarischen bürgerlichen Klasse“73 zu übernehmen. Der wirtschaftliche Niedergang des deutschen Bürgertums hat in den einzelnen Siedlungsgebieten ein unterschiedliches Ausmaß erreicht. In Oberungarn war er von

72 KATUS, Hungary, S. 443. 73 WINDISCH, Entstehung, S. 6. – Zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Nationalitätenbe- völkerung Ungarns KATUS, Grundlagen; HANÁK, Aspekte; NAGY, Agrargesellschaft.

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Anfang an mit der Stagnation des Bergbaus verbunden, der bereits in der frühen Neu- zeit einsetzte und um die Mitte des 19. Jahrhunderts in den Zusammenbruch der wich- tigsten Sektoren der regionalen Wirtschaft der Bergstädte und der Zips mündete. Vie- le Vorkommen von Bodenschätzen, die noch im Mittelalter und in der frühen Neuzeit einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellten, waren erschöpft. Das 1854 einge- führte österreichische Bergwerksrecht hob den ohnehin veralteten Wirtschaftsrahmen mit einem Schlag auf. Zur Modernisierung der Arbeitsvorgänge und Bergwerkstech- nik fehlte jedoch das in den Jahrhunderten davor bereits aufgebrauchte Kapital. Die durch das neue Recht ausgelöste Erhöhung der Gebühren führte zur Senkung der Ar- beitslöhne und dadurch zur Abwanderung der Bergleute, die im Eisenbahnbau (1872 wird mit dem Bau der Eisenbahnlinie Oderberg/Bohumín–Kaschau begonnen) eine neue Betätigung fanden. Die Einwohnerzahl vieler Gemeinden halbierte sich, mit verursacht durch den Verlust der Zipser Kleinindustrie, die den um 1880 aufgebauten Industrieanlagen in Käsmark und Zipser Neudorf weichen musste. Mit der 1876 voll- zogenen Aufhebung der sächsischen Selbstverwaltung der Zips verlor das deutsche Bürgertum seine letzte administrative Schutzinstanz. Die in die Städte nachrückenden slowakischen und ungarischen Neubürger (samt ungarischem Kleinadel) verdrängten einen Teil der noch verbliebenen deutschen Bürger aus Verwaltung und Wirtschaft der Kommunen. Auch Pressburg verlor zunehmend seinen deutschen Charakter infol- ge der starken, von der Industrialisierung ausgelösten Zuwanderung von Slowaken und Magyaren, die vermehrt auch Führungspositionen einnahmen und das deutsche Bürgertum aus solchen verdrängten. Im westungarischen Städtegürtel von Ungarisch- Altenburg über Ödenburg und Güns bis zu den im heutigen Burgenland liegenden Städten wie Eisenstadt oder Rust konnte das deutsche Bürgertum die Entstehung kapitalistischer Verhältnisse noch um Jahrzehnte hinauszögern. Den dadurch entstan- denen Entwicklungsrückstand konnte es entweder gar nicht oder in Städten in (teil- weise) nichtdeutscher Umgebung nur um den Preis seiner Magyarisierung aufholen.74 Als für solche Prozesse der Urbanisierung, Industrialisierung und Assimilierung kennzeichnend werden häufig die diesbezüglichen Prozessabläufe in der Hauptstadt Budapest hervorgehoben.75 Denn das Bürgertum der drei Städte Ofen, Alt-Ofen und Pest, die 1873 zur Hauptstadt Budapest vereinigt wurden, war um die Mitte des 19. Jahrhunderts überwiegend, in Ofen und Altofen sogar zu drei Vierteln, deutsch. Die große Mehrheit dieser Bürger stellten Handwerker, die mit der Aufhebung des Zunft- wesens Mitte der 1850er Jahre nicht nur ihre mit Brauchtum und Tradition verbunde- ne Lebens- und Wirtschaftsordnung, sondern auch den Schutz vor wirtschaftlicher Konkurrenz einbüßten. Anfang der 1870er Jahre verlor das Ofner Bürgertum seine letzte bedeutende Einnahmequelle, nämlich den durch die Phyloxera-Seuche zerstör- ten Weinbau. Um seiner gesellschaftlichen Deklassierung zu entgehen, war das

74 BRUCKNER, S. 66-68, 77-79; SVÁBY, S. 48-97; FORBERGER; PAZMANDI, Industrialisierung. 75 GOTTAS, Anmerkungen; BOROSS, Anteil; Boross gibt einen verdienstvollen Überblick über die Anfänge der Industrialisierung durch die Gründung von Manufakturen seitens ungari- scher Großgrundbesitzer und von ungarndeutschen Handwerksbetrieben in der zweiten Hälfte des 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Vgl. MANHERZ, Handwerk.

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deutsche Bürgertum in allen drei Städten – und letztlich nicht nur in diesen – darauf angewiesen, die vom ungarischen Nationalstaat angebotenen Berufsmöglichkeiten in- nerhalb der bürgerlichen Mittelschicht zu nützen. Damit untrennbar verbunden waren Integrationsmechanismen wie sprachliche Assimilation und Akkulturation. Letztere betraf vor allem die Übernahme von Lebensformen und Wertvorstellungen, die so- wohl dem Stil wie der Sprache nach die Schicht des Adels, der Herren des Landes, auszeichneten und eine unwiderstehliche Vorbildfunktion für die Mittelschicht des sich modernisierenden Königreichs besaßen.76 Die Attraktivität des Adels und die vorbehaltlose Anerkennung seiner Führungsrolle trugen zum unumkehrbaren Identi- tätswandel der deutschen Stadtbürger erheblich bei. Für die deutschen Bürgersöhne, die nach dem Ausgleich die höhere Schule absolvierten, ist „der ungarische Herr zu einem untrennbar zusammengesetzten Begriff geworden, wie die Gleichung Freiheit ist gleich Ungartum in den 1840er Jahren“77. Wer verschmähte es, ein ungarischer Herr zu sein, dem die Möglichkeit dazu geboten wurde? „Der ungarische Herr kann jedoch nicht anders als ungarisch sprechen.“78 Der ungarndeutsche Historiker Johann Heinrich Schwicker beobachtet in diesem Zusammenhang: „Der stolze Bürgersinn, das frohe Stammesbewusstsein des Deutschen in Ungarn war ja schon längst geknickt worden. Darum erschienen dieselben jetzt in der That als politische Nullen, über deren Wetterwendigkeit man sich hüben und drüben lustig machte. […] Der deutsche Städtebürger wusste nichts Besseres zu thun, als Eljen zu schreien, wenn der Schatten von Kossuths Kalpak um die Ecke bog, und schwarzgelbe Fahnen auszustecken, wenn ein österreichischer Korporal mit sechs Mann am Horizont seines Weichbilds er- schien.“79 Für Schwicker war das Resultat, das er ja auch als Zeitgenosse beobachten konnte, ein von sozioökonomischen Interessen geleiteter Opportunismus des deutschen Stadt- bürgers: „Der Deutsche wird sich zu bescheiden wissen und zu jener Fahne schwören, die ihn am besten schützt und die solideste Goldverbrämung hat.“80 Ein davon sich unterscheidender Urbanisierungsprozess ist bei dem Bürgertum des Banats zu beobachten. Da die im Banat im Verlauf des 18. Jahrhunderts angesiedelten Stadtbürger infolge der bis 1778 bestandenen Sonderstellung dieser Region nicht in die ständische Gesellschaftsordnung des Königreichs eingegliedert waren, vielmehr durch die Protoindustrialisierung des Gebiets in Form von zahlreichen Manufakturen vor allem in Temesvár wie auch in den Orten des Banater Bergbaus eine eigenständi- ge wirtschaftliche Basis erwarben, die sich später ohne große Erschütterungen in den Industrialisierungsprozess vor und nach 1848 überführen ließ, entstand hier ein an Wien orientiertes Bürgertum, dessen Selbstbewusstsein auf der Pionierzeit, dem My-

76 PUKÁNSZKY, Polgárság, S. 99 ff. 77 Ebenda, S. 94. – „Az úr-magyar ugyanolyan elválaszhatatlanul összetett fogalom má lesz, mint a negyvenes években a szabadság-magyarság.“ 78 Ebenda, S. 96. – „Az úr magyar, nem is beszélhet tehát másképpen, mint magyarul.“ 79 SCHWICKER, Die Deutschen, S. 187. – Kalpak = ungarische Pelzmütze; éljen = Hochrufe. 80 Ebenda.

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thos der „creatio ex nihilo“ beruhte.81 Dazu trugen auch die schon früh in der „Klein- Wien“ genannten Hauptstadt des Banats, in Temesvár, angesiedelten Beamten- und Offiziersfamilien bei. Während die Bürger der traditionellen deutschen Städte Un- garns die sozioökonomischen Herausforderungen im Übergang zum Kapitalismus mit ihrer anfangs zögerlichen, zuletzt ziemlich entschlossenen Eingliederung in das wirt- schaftsliberale System des ungarischen Nationalstaats beantworteten, genossen die Bürger des Banats die Vorteile einer wirtschaftlich überaus entwickelten und daher unter bestimmten Aspekten (Verwaltung, Wirtschaft und Kulturleben) weitgehend au- tonomen Peripherie, die von 1849 bis 1860 auch staatsrechtlich bestand und relativ spät, erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, in den Brennpunkt der ungarischen Natio- nalisierungspolitik rückte. Ein dichtes, sich bereits ab den 1850er Jahren ausdifferen- zierendes Netz von deutschsprachigen Vereinen, Zeitungen, Kultureinrichtungen wie Theater, Bibliotheken, Schulstiftungen, Wirtschaftsorganisationen, Banken, bezeugen die Entstehung einer eigenständigen Zivilgesellschaft, in der bürgerliches Unterneh- mertum, Intelligenz und Agrarbevölkerung einen festen Platz einnahmen. Die im üb- rigen Ungarn zu beobachtende gesellschaftliche Segmentierung in Bürger und Bauern hat sich hier niemals so stark verfestigt, die Grenzen blieben fließender, offener, so dass wir im Ergebnis eine hoch differenzierte, weitgehend vollständige Sozialstruktur auf regionaler Basis vorfinden, in der nur das im übrigen Ungarn so stark vertretene Element des Adels fehlte. Diese Banater Binnenstruktur bot daher die günstigsten Voraussetzungen für den Versuch einer nationalpolitischen Mobilisierung im Sinne einer „deutschen Bewegung“ am Beginn des 20. Jahrhunderts, die aus den hier skiz- zierten gesellschaftlichen Gründen jedoch keinen, über die Region hinausreichenden Erfolg erzielen konnte.82 Die deutschen Bauern unterlagen in ihren über das ganze Land zerstreuten Sied- lungsgebieten einer ziemlich unterschiedlichen sozioökonomischen Entwicklung. Für alle Gebiete jedoch gilt, dass bis 1914 unter den Bauern keine nennenswerte Assimi- lationsbewegung festzustellen ist. Nach Schwicker ist das auch darauf zurückzufüh- ren, dass die Stadtbürger sich im wirtschaftlichen „Rückgang“ befanden, die „Schwa- ben“ der Neoacquistica jedoch nicht. Schwicker unterschied hier die Siedlungsmigra- tion der Schwaben seit dem 18. Jahrhundert ausdrücklich von der Lage ihrer „Volks- genossen in Oberungarn und Siebenbürgen“. „Dagegen erfreuen sich die deutschen Colonistenorthe des XVIII. Jahrhunderts größten- theils eines blühenden Gedeihens, obgleich die Ansiedler bei ihrer Niederlassung außer der persönlichen Freiheit und einigen materiellen Vergünstigungen keiner sonstigen socialen oder gar politischen Vorrechte theilhaftig wurden. Die Schwaben in Ungarn sind in der

81 „Schöpfung aus dem Nichts“. Vgl. dazu den Text der Bogaroscher Schwabenpetition von 1849, in der als Ziel der Ansiedlung deutscher Kolonisten im Verlauf des 18. Jahrhunderts angegeben wird: „[…] um deutschen Fleiß und Tätigkeit in das dazumalen verödete, größ- tenteils durch Sümpfe und Ueberschwemmungen höchst ungesunde und beinahe ganz ent- völkerte Banat zu verpflanzen.“ – Siehe Quellenanhang zu Band 1, S. 385. 82 MARIN; RIESER; WINDISCH, Entstehung, S. 13 f.; BERKESZI, S. 94-95, 174-180; CZIRBUSZ, S. 37-38, 93-99.

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Nachbarschaft der übrigen Nationalitäten nicht nur nicht zurückgegangen, sondern haben ihren Volksstand vielfach vermehrt.“83 Die Bauern des Oberlandes, der Zips und der ländlichen Gebiete um die ober- und niederungarischen, heute allesamt in der Slowakei gelegenen Bergstädte teilten den wirtschaftlichen Niedergang des dort ansässigen Bürgertums. Dazu trugen viele Fak- toren bei: der schlechte Boden, die veralteten Agrarmethoden, die mit dem Bevölke- rungsverlust verbundenen sinkenden Absatzchancen ihrer Produkte in den Nachbar- städten, häufige Missernten im Zeitraum von 1879 bis 1897, schließlich das neue Waldgesetz, das die Nutzung der Bergweiden einschränkte und damit der Viehzucht die Grundlage nahm. Das Ergebnis waren Zerstückelung des Grundbesitzes, Verar- mung, saisonale Wanderarbeit und Abwanderung, vielfach auch Auswanderung, denn die Industrialisierung vernichtete auch noch die Möglichkeit der Heimarbeit im Rah- men einer Verlagsorganisation, ohne die Zahl an Arbeitsplätzen zu schaffen, die für die Aufnahme der proletarisierten Agrarbevölkerung nötig gewesen wäre.84 Günstiger gestaltete sich die Lage der Bauern in Westungarn, obwohl ein großer Teil des Boden auch nach 1848 in der Hand des Großgrundbesitzes verblieb, im Ko- mitat Vas ein Fünftel, in den übrigen Komitaten ein Drittel bis ein Viertel. Vor allem auf dem Heideboden im Komitat Moson gab es eine große Anzahl ansehnlicher deutscher Bauernwirtschaften in der Größe von 100 bis 130 Joch, in den Komitaten Sopron und Vas war er jedoch selten größer als 40 bis 50 Joch und erreichte durch- schnittlich kaum 20 Joch. Aufgrund des fruchtbaren Bodens und der Intensität der Bewirtschaftung, gestützt auf Weinbau, Waldwirtschaft, Milchwirtschaft und den na- he gelegenen Absatzmarkt der Agglomeration Wien, vermochten die dort lebenden Bauern sich gute Lebensbedingungen zu bewahren, auch wenn es im Zusammenhang mit der Aufhebung der Hörigkeit und deren Folgewirkungen in den 1860er Jahren vereinzelt zu Aufständen gekommen war. Strukturelle Veränderungen, hervorgerufen durch Industrialisierung und den intensivierten Ausbau der Infrastruktur, sind hier später als in Südungarn wirksam geworden. Die Ausgangslage der deutschen Bauern im Banat war nach der Beseitigung der Feudalverhältnisse 1848 sehr günstig. Dafür war eine Reihe von Faktoren bestim- mend: ‒ der fruchtbare Boden, ‒ die vorteilhaften Bedingungen ihrer Ansiedlung, ‒ die wirtschaftliche Nutzung großer Sessionen, deren Zerstückelung durch das Anerbenrecht bis zur Agrarkrise verhindert wurde, ‒ die bis Mitte der 1870er Jahre anhaltende Weizenkonjunktur, die blühende Viehzucht, die Diversifizierung der Kulturpflanzen (Tabak, Hanf, Hopfen),

83 SCHWICKER, Die Deutschen, S. 193. 84 BRUCKNER, S. 48; WINDISCH, Entstehung, S. 14-17.

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‒ der durch Binnenkolonisation erzielte Zuwachs an Boden durch Ankauf von Grundbesitz serbischer, rumänischer und ungarischer Bauern bis hin zur Ein- deutschung ursprünglich nichtdeutscher Gemeinden. Alle diese Faktoren haben dazu beigetragen, eine sehr wohlhabende Schicht von Bauern zu schaffen, die häufig genug die Dimension eines Großbauerntums erreichte. Durch die im Verlauf der 1870er Jahre einsetzende Agrarkrise teilte sich sozialge- schichtlich gesehen die Entwicklung in zwei Richtungen: den wohlhabenderen Bauern gelang es, durch den Aufbau von Kreditgenossenschaftsbanken und einer die Agrarprodukte verarbeitenden Agrarindustrie sowie eines Netzes von Milchgenossen- schaften, auch durch den Übergang zum Einkindsystem, ihre wirtschaftliche Position zu bewahren oder sogar zu verbessern. Der größere Teil der Bauern wurde jedoch Op- fer der Agrarkrise durch verminderte Absatzchancen, größere Steuerlasten, eine Reihe von klimatisch bedingten Missernten und die Aufgabe des Anerbenrechts. Die Folgen waren eine starke Zunahme des Agrarproletariats, das als Knechte und Tagelöhner sein Brot verdienen musste, und Zerstückelung des Grundbesitzes; schließlich eine zunehmende Chancenlosigkeit, sich vom Teufelskreis des Kapitalmangels und der dadurch unterbliebenen Modernisierung und Arrondierung der Bauernwirtschaft zu befreien.85 Keine Lösung bot hier die 1891 gegründete Selbsthilfeorganisation, der Südunga- rische landwirtschaftliche Bauernverein, da dieser von vornherein in der Hand der ar- rivierten Bauern- und Bürgerschicht verblieb und keinerlei Solidarität in Richtung ei- ner wirtschaftlichen und sozialen Programmatik zur Verbesserung der Lage der bäuerlichen Unterschichten und Zwergbesitzer bekundete. „Anders als bei der Mittel- schicht scheint bei der Unterschicht die Unzufriedenheit mit den konkreten Lebens- bedingungen eher zur Assimilierung, eher zur proletarischen als zur ‚deutschvölki- schen‘ Solidarität veranlasst zu haben.“86 Als Zielgruppe für den Mobilisierungsver- such der Ungarländischen Deutschen Volkspartei Edmund Steinackers hat sich hier vor allem die bäuerliche Mittelschicht (mit den Besitzgrößen von 10-50 Joch) ange- boten, die rund 40 Prozent der deutschen Agrarbevölkerung Südungarns ausmachte, mit den wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen unzufrieden war und sich dem Sog negativ wirkender, verikaler Mobilität zu entziehen suchte.87 Fassen wir diesen regional differenzierten Befund zu einem Gesamtbild des deut- schen Bauerntums auf Landesebene zusammen, so kommen wir zu folgendem Ergeb- nis: Es gab eine auf Südungarn konzentrierte relativ starke Großbauernschicht, eine starke bäuerliche Mittelschicht und einen im Vergleich zur gesamten Agrarbevölke- rung Ungarns geringeren Anteil an Knechten und Landarbeitern. Von den 413 119 Deutschen, die in Ungarn von der Landwirtschaft lebten, waren 1910 114 Groß- grundbesitzer, 708 Großbauern mit einem Besitz von 200 bis 1 000 Joch, 2 289 reiche Bauern mit Besitz zwischen 100 und 200 Joch, 10 555 Bauern bewirtschafteten 50 bis

85 Siehe dazu die bibliografischen Angaben in Anm. 53. 86 SCHÖDL, Verband, S. 226. 87 Ebenda; GOTTAS, Die Deutschen, S. 369.

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100 Joch, 55 509 noch immer der Mittelschicht zuzurechnende Bauern 20 bis 50 Joch; 78 206 Bauernwirtschaften verfügten über 10 bis 20 Joch und 65 422 Klein- bauern über 5 bis 10 Joch. Die Zahl der Zwergbauern mit weniger als 5 Joch betrug 85 031, 26 823 waren als Knechte und 84 412 als Landarbeiter tätig. Wenn die Zahl der unterhaltenen Personen mit einbezogen wird, haben wir es zu diesem Zeitpunkt mit einer 356 740 Personen umfassenden Schicht von Großgrundbesitzern, Groß- und Mittelbauern ab 10 Joch Grundbesitz zu tun gegenüber 486 599 Personen aus dem Zwergbesitz und aus den Gruppen der Knechte, Landarbeiter und Tagelöhner. Dazwi- schen lag die Schicht der Kleinbauern mit 5-10 Joch, mit ihren Familien zusammen 160 248 Personen.88 Der Vergleich der deutschen Bauern in Gesamtungarn mit der in Transdanubien und in Südungarn (in Transdanubien gab es 552 614 Deutsche, von denen 147 552 von der Landwirtschaft lebten, zusammen mit ihren Angehörigen 347 848 Personen; in Banat und Batschka 617 950 Deutsche, von denen 127 488 von der Landwirtschaft lebten, zusammen mit ihren Angehörigen 313 938 Personen) er- gibt daher folgendes Bild:

Tabelle 20: Die deutsche Agrarbevölkerung nach Besitzkategorien 1910 Gesamtungarn Transdanubien Südungarn Bauern % Bauern % Bauern % 100-1 000 Joch 2 997 0,7 405 0,3 1 490 1,2 50-100 Joch 10 555 2,5 1 743 1,2 5 771 4,6 10-50 Joch 133 715 32,4 47 794 32,4 37 347 29,3 5-10 Joch 65 442 15,9 25 081 16,9 13 249 10,4 Unter 5 Joch 85 031 20,6 36 049 24,4 18 855 14,7 Knechte 26 823 6,5 9 772 6,6 10 860 8,5 Landarbeiter 82 903 20,0 25 088 17,0 36 927 29,0 Sonstige 5 673 1,4 1 621 1,2 2 989 2,3 Summe 413 119 100,0 147 552 100,0 127 488 100,0 Quelle: A Magyar Szent Korona országainak 1910. évi népszámlálása. Bd. 4: A népesség fog- lalkozása [Die Beschäftigungsstruktur der Bevölkerung], Budapest 1915, S. 330-334.

Auffällig ist, dass die Schicht der Großbauern in Südungarn beinahe viermal stär- ker vertreten war als in Transdanubien, dort dafür die Schicht der Mittel- und Klein- bauern deutlich stärker ausfiel, während wiederum im Banat die Schicht der Knechte und Landarbeiter zahlenmäßig die in Transdanubien deutlich übertraf. Letzteres ist als Zeichen dafür zu nehmen, dass die Industrialisierung der Landwirtschaft in Transda- nubien wesentlich später einsetzte und zu diesem Zeitpunkt die Schicht der Klein- bauern noch nicht erheblich dezimierte. Das verdeutlicht noch stärker die nachfolgen- de Tabelle, die den Anteil der einzelnen Kategorien an der gesamten deutschen Ag- rarbevölkerung in Ungarn darstellt.

88 WINDISCH, Entstehung, S. 44.

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Tabelle 21: Struktur der deutschen Agrarbevölkerung in Transdanubien und Südun- garn in Prozent Transdanubien Südungarn 100-1 000 Joch 13,5 49,7 50-100 Joch 16,5 54,7 10-50 Joch 35,7 27,9 5-10 Joch 38,3 20,2 unter 5 Joch 42,4 22,1 Knechte 36,4 40,5 Landarbeiter 30,2 44,5 Anteil an der dt. Agrarbevölkerung 35,7 30,8 Anteil an der dt. Bevölkerung 30,0 33,6

Quelle: WINDISCH, Voraussetzungen, S. 44.

Im Vergleich zur allgemeinen Besitzstruktur innerhalb des Landes ist die der Deutschen als ausgeglichener zu bezeichnen. Denn nur etwas mehr als die Hälfte des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens befand sich in der Hand der Bauern, von denen wiederum zwei Drittel Klein- und Zwergbauern waren, die weniger als 5 Joch besa- ßen. Rund 40 Prozent der ungarischen Landbevölkerung, das sind rund 2 Millionen, gehörten dem besitzlosen Agrarproletariat an. Mehr als ein Drittel (35 Prozent) des Bodens befand sich in der Hand des weltlichen und kirchlichen Großgrundbesitzes, der Rest war Eigentum des Staates.89 Regional waren die Unterschiede gleichfalls be- trächtlich. Während in Transdanubien 1895 der Anteil der Grundbesitzer mit über 100 Joch 48,4 Prozent betrug, erreichte er im Banat nur 19 Prozent und in Siebenbürgen 20 Prozent.90

8 Die bäuerliche Gesellschaft der „Schwaben“: Integration, Mobilität, Men- talität im langen 19. Jahrhundert

Hat der Begriff „Deutschungar“ alle in Ungarn lebenden Deutschen umfasst, so hat sich der „Schwabe“ als Bezeichnung der in Ungarn lebenden bäuerlichen Bevölke- rung deutscher Herkunft im Verlauf des 19. Jahrhunderts so sehr durchgesetzt, dass auch im öffentlichen politischen Diskurs, in den Parlamentsdebatten, von den magya- rországi svábok, den ungarländischen Schwaben, die Rede war, wenn man sie aus- drücklich von den Siebenbürger Sachsen und der deutschen Stadtbevölkerung unter- scheiden wollte, sozusagen als den Teil der Deutschen in Ungarn, der um 1900 un- zweifelhaft als deutscher Bauer wahrgenommen werden konnte. Die Schwaben- Novellen des Banaters Ferenc Herczeg, der es als ungarischer Schriftsteller und damit

89 HOENSCH, Geschichte, S. 47; REINERT-TÁRNOKI. 90 VÖRÖS, Mezőgazdaság, S. 303.

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Mitglied der Herrenschicht vorzog, seinen ursprünglichen Namen Franz Herzog zu magyarisieren, haben den Schwaben-Ungarn ein genauso symbolträchtiges Denkmal gesetzt91 wie die Romane Adam Müller-Guttenbrunns, des in Wien lebenden Thea- terdirektors und Journalisten, der sich um 1907 plötzlich seiner Banater schwäbischen Heimat erinnerte und seinem Namen Müller den Namen seines Geburtsorts anfügte.92 Beide sind in die Erinnerungskultur eingegangen, die Werke von Herczeg in die un- garische, die von Müller-Guttenbrunn in die „donauschwäbische“, Letztere eine erst nach 1918 entstandene Identitätsvariante, die bis heute vorzugsweise von den nach Deutschland Vertriebenen gepflegt wird. Unabhängig von solchen literarisch stilisierten Bildern der Schwaben soll nun der Frage nachgegangen werden, was die schwäbische Gesellschaft im langen 19. Jahr- hundert auszeichnete. Wie stand es mit ihrer Integration in die ungarische Gesell- schaft, welche Merkmale, strukturelle wie mentale, welche Verhaltensformen, wel- ches Eigenbewusstsein kann den „Schwaben“ dieser Periode zugeordnet werden und welche Formen der Selbstorganisation ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Interes- sen haben sich ausgebildet? Auf die Integration als lang andauernder, das 18. und 19. Jahrhundert umspannender Prozess wurde bereits im vorletzten Kapitel von Band 1 eingegangen. Hier sollen die vertikale Mobilität, die Angleichungs- und Austausch- prozesse innerhalb der Dorfgemeinschaft und die Wertordnung und Mentalität der schwäbischen Agrargesellschaft behandelt werden.

8.1 Vertikale Mobilität und sozialer Aufstieg In vielen schwäbischen Familien war es üblich, einen der nachgeborenen Söhne stu- dieren zu lassen. Aufgrund ihrer starken Religiosität hatte das Studium der Theologie erste Priorität. So ging beispielsweise der aus dem Dorf Tscheb stammende Jakob Bleyer zuerst auf ein Priesterseminar und wechselte erst nach einem Jahr zur Germa- nistik. Der Beruf eines Pfarrers war wegen seiner hohen sozialen Stellung begehrt und ermöglichte dem schwäbischen Bauernsohn, in der Soutane in das Dorf zurückzukeh- ren. Auch der Beruf eines Lehrers, Arztes oder Tierarztes bot die Möglichkeit, dem dörflichen Lebenskreis weiterhin verbunden zu bleiben. Doch gab es dazu auch die Alternative, in die Stadt zu gehen und dort in der sozialen Hierarchie aufzusteigen oder gar ein Angehöriger der – ungarischen – Herrenschicht zu werden. In der Geschichte des ungarischen Kulturlebens, der Wissenschaften, der Künste und anderer Bereiche tauchte im Verlauf des 19. Jahrhunderts eine unübersehbar

91 Große Wirkung hatte die heroisierende Schilderung der „sieben Schwaben“ aus dem Banat, die 1848 auf ungarischer Seite den Kampf mit den Österreichern aufnahmen. – HERCZEG, Sváb. 92 Als Erstes der 1907 in Wien erschienene politische Schlüsselroman „Götzendämmerung“, der die Dualismus-Krise der Jahre 1905-1906 aus deutschnationaler Sicht verarbeitete. Sein für viele „Donauschwaben“ identitätsstiftender Roman „Der große Schwabenzug“ erschien in 1913. Die Wirkung Adam Müllers auf seine Zeitgenossen wird vielfach über- schätzt, da sie viel später, erst in der Zwischenkriegszeit einsetzte. Vgl. die apologetische Monografie von WERESCH; GEEHR; SCHWOB.

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lange Reihe von Namen und magyarisierten Namen auf, deren Träger als Söhne schwäbischer Familien aus einem deutschen Dorf oder einer Kleinstadt stammten, aufgrund ihres Studiums als Abiturient oder Hochschulabsolvent in den allmählich magyarisierten Städten am Ende ihrer Berufslaufbahn herausragende Führungsposi- tionen erlangt hatten und im Allgemeinen eine Gemeinsamkeit aufwiesen: nämlich eine ethnisch indifferente oder diffuse Identität, weil für sie die Karriere, der soziale Aufstieg, ihre gesellschaftlich anerkannte Leistung von Bedeutung war, ihre Herkunft hingegen zweitrangig blieb, eine Art Lokalkolorit. Sie, die in die Mittelschicht des ungarischen Nationalstaats aufgenommenen, beruflich und gesellschaftlich Arrivier- ten sahen keine Notwendigkeit, sich irgendeiner ethnischen Gruppe zuzuordnen, wie das gegen Ende des 19. Jahrhunderts und – auch in der Fachliteratur – vollends im 20. Jahrhundert Mode geworden war: Sie waren als Angehörige des neuen Mittelstands überzeugte Ungarn, wenn auch keine Magyaren, glühende Patrioten und selbstbe- wusste Bürger des Königreichs. Eine nachträgliche ethnische Zuordnung oder gar Klassifizierung ihrer Leistungen als „deutsch“ wäre ihnen nicht nur fremd, sondern so ungebührlich wie unzutreffend und daher völlig unnötig erschienen. In vielen Fällen ist auch nicht zu erkennen, ob diese sozialen Aufsteiger bürgerlicher oder bäuerlicher Abstammung waren, oft traf durch die gemischte Herkunft ihrer Eltern aus bürgerli- chem und bäuerlichem Milieu beides zu oder es handelte sich um Familien, die in der ersten Generation bereits aus dem Dorf in die Stadt gezogen waren. Hier seien nur ei- nige Beispiele aufgezählt, die Reihe ließe sich sicherlich beliebig verlängern: ‒ der Arzt Ignaz Philipp Semmelweis (1818-1865) aus Ofen, seine Vorfahren stammten aus Westungarn; Semmelweis entdeckte die Ursache des Kindbett- fiebers und ging als Retter der Mütter in die Geschichte der Medizin ein; ‒ der Geograf Karl Sonklar von Innstädten (1816-1885) aus Weißkirchen/Bela Crkva, der eine „Orographie oder Lehre von den Reliefformen der Erdober- fläche“ vorlegte, die lange Zeit grundlegend war; ‒ Franz Reiter de Temes (1813-1874) aus Temesvár, der den Bau des Straßen- bahnnetzes und der Kanalisation Budapests leitete; ‒ Peter Heim (1834-1904) aus Großsanktnikolaus/Sînnicolau Mare im Banat, als enger Mitarbeiter von Gábor Baross (1848-1892) Begründer des ungari- schen Post-, Telegrafen- und Telefonwesens; ‒ der Musiker Franz/Ferenc Erkel (1810-1893) aus Gyula, Komponist der un- garischen Nationalhymne, bis zu seinem Tod eine der führenden Persönlich- keiten des ungarischen Musiklebens und seiner Institutionen; ‒ die beiden Architekten Edmund/Ödön Lechner (1845-1914) und Niko- laus/Miklós Ybl (1814-1891) aus Stuhlweißenburg, ursprünglich Eibl; zahl- reiche Monumentalbauten Budapests des 19. Jahrhunderts verdanken diesen beiden Architekten ihre Entstehung; ‒ der Maler Josef/József Rippl-Rónai (1861-1927) aus Kaposvár; ‒ der Maler Mihály Munkácsy (1844-1900) aus Munkatsch/Mukačevo, ur- sprünglich Michael Lieb;

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‒ der Ethnograf und Linguist Paul/Pál Hunfalvy (1810-1891), bis 1842 Hunds- dorfer93, aus Großschlagendorf/Vel’ky Slavkov und sein Bruder Johann/János Hunfalvy (1820-1888), Begründer der ungarischen wissenschaftlichen Geo- grafie; ‒ der Politiker Alexander/Sándor Wekerle (1848-1921), Sohn eines deutschen Gutsverwalters aus Mór, dreimaliger Ministerpräsident Ungarn (1892-1895, 1906-1910 und 1917-1918)94; ‒ der Germanist Jakob Bleyer (1872-1933) aus Tscheb, 1917-1933 führender Repräsentant der deutschen Minderheit Ungarns; ‒ der Bildhauer György Zala (1858-1936) aus Unter-Limbach/Lendava, bis 1883 Georg Mayer; ‒ der Prälat und Politiker Alexander/Sándor Gießwein (1856-1923) aus Totis, einer der Begründer der christlich-sozialen Bewegung in Ungarn; ‒ der Musiker Johann Gungl (1818-1883) aus Zsámbék, der als Geigenvirtuose in Pest, Berlin und St. Petersburg Karriere machte und diese als Dirigent des städtischen Orchesters von Fünfkirchen beendete; ‒ der Bischof Michael Haas (1810-1866) aus Pinkafeld, 1846 Dechant und Stadtpfarrer von Fünfkirchen, 1853-1858 Schulinspektor des Pester Komi- tats, 1858-1866 Bischof von Sathmar; ‒ der Arzt und Chemiker Karl Maximilian Nendtwich (1811-1892) aus Fünf- kirchen, Mitbegründer der ungarischen Naturwissenschaftlichen Gesellschaft, Erforscher der Steinkohlen-Lagerstätten und Thermalwasservorkommen Un- garns; ‒ der Germanist Gideon Petz (1863-1943) aus Harka, einer der Begründer der ungarischen Germanistik, zusammen mit Heinrich Schmidt (1877-1954) aus Neuwerbaß/Novi Vrbas; ‒ der Ethnograf und Linguist Anton/Antál Reguly (1819-1858) aus Zirc im Buchenwald; Mitbegründer der Finno-Ugristik; ‒ der Veterinär August Zimmermann (1875-1963) aus Mór, einer der führen- den Tiermediziner Ungarns. Besonders hervorzuheben sind die beiden Historiker Johann Nepomuk Preyer (1805-1888) aus Lugosch/Lugoj95 und Johann Heinrich Schwicker (1839-1902) aus Neubeschenowa/Dudeştii Noi. Preyer war 1844-1858 Bürgermeister von Temesvár,

93 Seine Eltern waren Landwirte. Paul Hundsdorfer wurde 1842 als Professor an die rechtswissenschaftliche Abteilung des Käsmarker Lyzeums berufen, als Mitglied sowohl in die Kisfaludy-Gesellschaft als auch in die Ungarische Akademie der Wissenschaften auf- genommen und ließ im selben Jahr seinen Namen magyarisieren. Als Professor in Käsmark ist Hunfalvy für die magyarische Unterrichtssprache eingetreten. – GOTTAS, Krone, S. 243. 94 GEYR. 95 TÄUBER.

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begrüßte die Revolution von 1848 und veröffentlichte 1863 seine „Monographie der königlichen Freistadt Temesvar“, die wie die Werke von Schwicker zur Begründung und Pflege eines historischen Bewusstseins von der Vergangenheit der Deutschen in Ungarn beitrugen. Schwicker veröffentlichte 1861 die „Geschichte des Temeser Ba- nats“ und 1881 die Monografie über „Die Deutschen in Ungarn und Siebenbürgen“.96

8.2 Die Dorfgemeinschaft: Angleichungsprozesse nach innen und außen Die Ausgangslage beschrieb einer der wichtigsten Augenzeugen des Ansiedlungspro- zesses, Johann Eimann (1764-1847), als die aus den verschiedensten Gegenden des deutschen Sprachraums stammenden Siedler mit der Zuweisung ihres Hausplatzes sich in einem neu entstandenen Dorf wiederfanden. „Durch den Zusammenfluß dieser Reichsmitglieder aus den verschiedenen Gegenden ent- stand ein lächerlicher Mischmasch in der Sprache. Die Hessen, deren Sprache sich dem Plattdeutschen nähert, waren am schwersten zu verstehen, minderer war dieses der Fall bei denen Nassau-Saarbrückern und Hunsrückern, wie auch bei denen Braunfelsern. Die Spra- che zwischen Mosel und Rhein, wie die Pfälzer solche sprachen, behielt dahier den Sieg und wird solche in allen evangelischen Kolonikal-Dörfern gleichförmig geredet.“97 Eine gemeinsame Sprache zu finden war sicherlich die Grundlage für die Heraus- bildung der Dorfgemeinschaft. Der damit gemeinte Prozess des Sprachausgleichs vollzog sich in der Regel in zwei Phasen. Zunächst entstand durch Mischung und Ausgleich der unterschiedlichen Herkunftsdialekte ein relativ einheitlicher Ortsdia- lekt. Dabei setzte sich in der Regel – wie das schon Eimann andeutet – die Sprache jener Siedlergruppe durch, „die von der Mehrheit als Prestigesprache anerkannt wurde und dem sie sich angepasst ha- ben. Diese war meistens auch die Sprache der zahlenmäßig stärksten Siedlergruppe. In der überwiegenden Mehrheit der früher deutschsprachigen Ortschaften in den bis jetzt unter- suchten zwei Siedlungsgebieten – Batschka und Schwäbische Türkei – wurde jeweils eine Subgruppe des Rheinfränkischen zum dominierenden Dialekt.“98 In konfessionell heterogenen Dörfern unterblieb manchmal ein solcher Sprachaus- gleich, so dass innerhalb des Dorfes zwei Dialekte, gleichsam ein lutherischer und ein katholischer, gesprochen wurden. Auch soziale Unterschiede wirkten als Hindernis für einen Sprachausgleich, so dass ein Bauern- und ein Handwerkerdialekt innerhalb einer Ortschaft sich behaupten konnten, wobei das endogame Heiratsverhalten beider Schichten die Dialektalvarietäten verstärkte. Nach 1945 ist die Handwerkerschicht al- lerdings so gut wie verschwunden.

96 SCHWICKER, Geschichte; DERS., Politische Geschichte; DERS., Die Deutschen; DERS., Die Zigeuner; DERS., Literatur; DERS., Ansprüche. – Über Schwicker siehe TAFFERNER, Wis- senschaft, S. 40-60. 97 EIMANN, S. 65. 98 WILD, Sprachentwicklungsprozesse, S. 223 f.; ferner HUTTERER, Aufsätze; DERS., Grund- lagen.

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In der zweiten Phase des Sprachausgleichs vereinheitlichten sich die Ortsdialekte innerhalb größerer Siedlungsgebiete „und so entstanden großräumige Dialektland- schaften mit einem vorherrschenden Dialekt“99. An diesen Vereinheitlichungsprozess beteiligten sich jedoch nicht die Schwaben in Südungarn und die Rheinfranken im Ungarischen Mittelgebirge. So konnte sich das Schwäbische in Form innerer Sprach- inseln in den Dörfern Hajós, Kisdorog, Nagyárpád, Tevel und Zomba behaupten. Das ist nach Wild auf das starke Stammesbewusstsein der „echten Schwaben“ zurückzu- führen, die als wichtigste Merkmale ihrer Abgrenzung gegenüber anderen deutschen Dörfern ihre Sprache und Volkstracht betrachteten. Eine das Dorf wie die Region übergreifende Umgangssprache als Ausgleich dritter Stufe hat sich in den Siedlungs- gebieten der Deutschen in Ungarn nicht herausgebildet. Das scheiterte offenbar auch am starken Bedürfnis nach Abgrenzung der deutschen Dorfgemeinschaften unterei- nander, die bis in die Zeit nach 1945 nicht müde wurden, das Unterscheidungsmerk- mal „Wir sind bessere Deutsche“ als diejenigen im Nachbardorf als Qualität des je- weils Eigenen hervorzuheben.100 Doch Eimann machte noch auf einen weiteren Ausgleichsprozess aufmerksam, der am Beispiel der Tracht auf die Notwendigkeit hinwies, durch die Vereinheitlichung der Volkskultur und insbesondere des Brauchtums die Dorfbewohner in einer Ge- meinschaft zusammenzufassen: „Die Verschiedenheit der Kleidertracht war auch lächerlich. Die Mannsbilder hatten durchgängig dreyeckigte spitzaufgestülpte Hüte, lange tüchene und auch leinene Röcke, meistens kurze lederne Hosen, Strümpfe von verschiedenen Farben, und dann Schuhe mit Schnallen. Die Weibsbilder hatten wiederum verschiedenartig geformte Hauben, wunder- bare Röckel, Küttel von Tuch und allerhand Zeug, welche auf einer dicken Wulst oder Würst um die Hüfte herum hingen, und darnebst ziemlich kurz waren, dann schmalen Schürze, allerhandfarbige Strümpfe und hochbeabsatzte Schnallen-Schuhe. Viele Jahre verstrichen, bis sich diese alten Moden ausarteten. Jetzt ist die Kleidertracht beim männli- chen und weiblichen Geschlecht für Bauersleute sehr geschmackvoll, und die schönge- formte Pfälzer Haube ist eine wahre Zierde der Weiber in den Evangelischen Ortschaf- ten.“101 Eimann selbst ist mit seinen Beobachtungen ein Zeuge dafür, wie stark das Be- dürfnis der Kolonistenfamilien war, sich als „starker Verband aller Gemeindsglieder“ – so Eimann102 – die Dorf- als Solidargemeinschaft aufzubauen, denn nur durch ge- genseitige Selbsthilfe ließen sich die Herausforderungen des Alltags wie Natur- und Brandkatastrophen meistern und Probleme lösen, die die Kraft eines Einzelnen über- stiegen, wie beispielsweise der Bau von Kirche und Schule oder die soziale Fürsorge für Witwen und Waisen. Doch darüber hinaus schuf die Dorfgemeinschaft substan-

99 WILD, Sprachentwicklungsprozesse, S. 228. 100 Siehe dazu HUTTERER, Konvergenz. 101 EIMANN, S. 65; über die Angleichungsprozesse „schwäbischer“ Trachten mit den Trachten der mit ihnen zusammenlebenden Völker (Magyaren, Serben, Rumänen, Slowaken) siehe RÖDER, Funktionalität. 102 EIMANN, S. 66.

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zielle, symbolische, auch nach außen wahrnehmbare Qualitäten des Eigenen als Iden- tifikations- und Abgrenzungsmerkmal zu den Gemeinschaften ihres Umfelds in Spra- che, Volkskultur und Brauchtum, visualisiert insbesondere in der Tracht, die dem Nachbarn wie Fremden ermöglichten, die regional-dörfliche, häufig auch schichten- spezifische und konfessionelle Zugehörigkeit jedes Schwaben wahrzunehmen. So be- obachtete der Volkskundler Rudolf Hartmann, einer der eifrigsten Erforscher der un- garndeutschen Volkskultur in der Horthy-Zeit: „Jede Landschaftseinheit und – fast möchte man sagen – jedes Dorf hat sein eigenes Ge- präge. Und gerade in der Mannigfaltigkeit liegt der Reichtum und große Reiz, den die Schwabendörfer bieten. So, wie sich die ‚Mundsproch‘ von Dorf zu Dorf ändert, so ist es auch mit der Tracht, dem Liedvorrat und ähnlich mit den Bräuchen.“103 Dass die Schaffung einer „dorfeigenen“ Volkskultur keineswegs Austauschpro- zesse mit ungarischen Nachbargemeinden ausschloss, sondern vielmehr im Zusam- menwirken mit solchen Akkulturationsvorgängen entstanden war, das zeigte als eine der ersten die bahnbrechende Studie von Edit Fél (geb. 1910) aus dem Jahr 1935 über das Dorf Harta, zwischen Budapest und Kalocsa im Komitat Pest gelegen. Sie wider- legte die damals noch vorherrschende Meinung von der „reinen“, kontinuierlichen Bewahrung „deutscher Kultur“ der Siedler aus ihren Herkunftsgebieten des Alten Reiches und bewies, dass für die Integration der protestantischen Siedler von Harta die ungarischen Nachbarorte Dunapataj und Solt als Vermittler der Volkskultur eine wesentliche Rolle spielten. Fél kam nach der Analyse der Hausformen, Trachten, Bräuche, Essgewohnheiten etc. zu dem Schluss, dass die materielle Kultur der Hartaer Deutschen infolge dieses spezifischen Angleichprozesses die Qualität einer ungari- schen, oder besser gesagt einer deutschungarischen Mischkultur angenommen hat104, was damalige, von der „Volksforschung“ und der „Sprachinselkunde“ dieser Epoche stark beeinflusste Volkskundler wie Alfred Karasek-Langer ideologiegebunden noch als „volkshafte Neuschöpfungen“ interpretierten.105 Bedauerlicherweise haben die nach 1945 erschienenen, an Umfang wie thematischer Vielfalt eindrucksvollen For- schungen zur Volkskultur der Deutschen in Ungarn bislang keine Zusammenfassung erfahren.106 Der ungarische Ethnologe Bertalan Andrásfalvy hat die inneren und äußeren An- gleichungsprozesse deutscher Siedler in Transdanubien in einer Reihe von Aufsätzen untersucht. Er betont die Marktorientierung der frisch angesiedelten Deutschen, die nach einigen Jahren bereits „Warenproduzenten“ waren und all die Produkte kulti-

103 HARTMANN, Volkskunde, S. 199; eine Studie über das Phänomen der Dorfgemeinschaft am Beispiel der in der Tokajer Weingegend gelegenen Gemeinde Rátka: BENCSIK, Rátkaer. 104 FÉL, Harta néprajza; ein unübersehbarer Beleg dafür sind die bemalten Bauernmöbeln, die in Harta produziert wurden. – BOROSS, Bútorok. 105 KARASEK-LANGER; siehe dazu FATA, Erforschung. 106 Der Mangel einer Synthese der vielfältigen Einzelstudien zur Volkskunde der „Donau- schwaben“ im Allgemeinen und der Deutschen in Ungarn im Besonderen ist hier nur an- zumerken. Es gibt jedoch zwei nützliche Forschungsberichte, eine Bibliografie und ein Universitätslehrbuch: MANHERZ, Volkskundeforschung; MÜNS; HUBER; MANHERZ/WILD.

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vierten, für die gute Preise zu erzielen waren: Tabak, Weizen, Wein und Futterpflan- zen. Im Gegensatz zu ihren Nachbarn – Ungarn, Serben und Kroaten – reagierten sie auf Veränderungen am Markt sehr schnell. So konzentrierten sie sich wegen der gro- ßen Nachfrage von 1828 bis 1865 auf den Weinbau, nach 1873 wiederum auf den Anbau von Weizen und Futterpflanzen, danach oder zeitlich parallel auf die Vieh- zucht, als die Nachfrage nach Milch immer mehr zugenommen hatte.107 Die deutschen Kolonisten übernahmen von den Magyaren auch das System der horizontalen Arbeitsteilung zwischen den Dörfern sowie Dörfern und Städten gerade dort, wo von den Naturbedingungen her kein nutzbringender Ackerbau zu betreiben war: Sie wurden Holzarbeiter im Waldgebirge, Wagner, Fassbinder, Töpfer wie bei- spielsweise in Óbánya und Hafner wie in Fázekasboda. Das waren Dörfer, in denen anfänglich nur wenige Deutsche angesiedelt waren, die am Ende des 19. Jahrhunderts jedoch bereits die große Mehrheit ausmachten. Zur Anpassungsleistung gehörte auch der Kindertausch: Kinder im Alter von un- gefähr zehn Jahren lebten über die Wintermonate in einer ungarischen Familie, um Ungarisch zu lernen. Die ungarischen Bauern machten das Gleiche. So entstanden durch Patenschaften (Taufe, Firmung) familiäre Beziehungen, die über die Dorfgren- zen hinausreichten und bald zu wirtschaftlichen Beziehungen ausgebaut wurden: In- nerhalb solcher Netzwerke kauften deutsche Bauern bei ungarischen Bauern Produk- te, die sie selber nicht erzeugten, und umgekehrt ungarische bei deutschen – gleich- sam eine zweite Ausbaustufe des Systems der sich differenzierenden horizontalen Ar- beitsteilung. Hinzuweisen ist ferner auf die Angleichungs- und Austauschprozesse im religiö- sen Bereich, insbesondere die Verbreitung der Wallfahrtsorte und Wallfahrten durch Übernahme schwäbischer Bräuche seitens der Magyaren.108 Dass deutsche Dörfer infolge solcher Angleichungsprozesse intensivere Bezie- hungen mit benachbarten ungarischen als deutschen Dörfern unterhielten, zeigen auch die Arbeiten des Ethnologen Herbert Schwedt, der die Dörfer Hajós und Ne- mesnádudvar/Nadwar untersuchte und dessen Ergebnisse sein Schüler Max Matter wie folgt zusammenfasst: „Von Herbert Schwedt erfährt man, dass die Männer aus Nadwar im Militärdienst unga- risch gelernt hatten und die Reichen wirtschaftliche Beziehungen zu den Leuten in den Nachbarortschaften unterhielten. Zur ebenfalls ‚deutschen‘ Nachbargemeinde Hajós scheint man keine anderen oder tieferen Beziehungen gehabt zu haben, als zu den ungari- schen Dörfern. Man dingte von dort Mägde und Knechte, pflegte aber sonst keine weiteren Kontakte. Ja man empfand die Leute aus Hajós und deren Sprache – ein anderer deutscher Dialekt – gar als fremd. Eine Einheit – die ‚Ungarndeutschen‘ scheint also ein Konstrukt zu sein, das von außen an die Menschen herangetragen worden ist, mit dem Politik gemacht wurde, das aber von den Betroffenen nie angenommen worden ist.“109

107 ANDRÁSFALVY, Modelle; DERS., Anpassungsprozeß, S. 32; DERS., Arbeitsbeziehungen; DERS., Településszerkezet. 108 LANTOS, Züge; DIES., Räume; BÁLINT/BARNA; BARNA, Vallás. 109 MATTER, S. 45; SCHWEDT, Nadwar; DERS., Nemesnádudvar; DERS., Hajós.

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Auch wenn sich der letzte Satz auf die Zeit nach 1945 bezieht, ist dieser Befund unter Berücksichtigung der langen Dauer solcher Verhaltensformen und Mentalitäten auch auf das 19. Jahrhundert übertragbar. Es gab also, wenn überhaupt, ein nur schwach ausgeprägtes, den Dorfhorizont transzendierendes Gefühl der Zusammenge- hörigkeit, von „deutscher“ Gemeinsamkeit, keineswegs jedoch ein Bewusstsein von ethnisch definierbarer Gruppenzugehörigkeit. Die stark ausgeprägte Dorfgemein- schafts-Identität verband sich mit einer Regional-Identität, mit dem Bewusstsein, ein Bauer der Schwäbischen Türkei oder des Banats zu sein. Beide Identitätsvarianten wurden überwölbt vom Staatspatriotismus des „Deutschungarn“, mit dem Stolz, als Kolonist nicht nur zum Aufbau des Königreichs nach der Türkenzeit beigetragen zu haben, sondern auch mit dem Stolz auf die Eigenleistung jeder Generation und auf ih- ren wirtschaftlichen Erfolg, der die Aufbauleistung der Vorfahren bestätigt und fort- gesetzt hat.

8.3 Mentalität und Wertordnung Der Ökonom Paul Anthony Samuelson (1915-2009) hob hervor, dass Minderheiten für jede Gesellschaft eine Herausforderung darstellen, insbesondere, wenn sie wirt- schaftlich erfolgreich sind und Prosperität „ausstrahlen“.110 Der stets unbestrittene wirtschaftliche Erfolg der deutschen Kolonisten in Ungarn ist einerseits auf ihr Wert- system und auf ihre mitgebrachten Kenntnisse, andererseits auf ihre Fähigkeit zu- rückzuführen, Werte und Kenntnisse in einem Prozess der Anpassung an die von ih- nen vorgefundenen Gegebenheiten in praxisbezogene Verhaltensformen umzusetzen. Der katholische Geistliche Antal Egyed (1779-1862) war 1813-1822 Pfarrer in Bonyhád, danach in Paks und Dunaföldvár. Anhand von Fragebögen machte er als ei- ner der Ersten seiner Zeitgenossen 1828 eine empirische Erhebung über die Deut- schen der Völgység im Komitat Tolna, deren Ergebnisse er zusammenfasste: „Die Deutschen, die noch knielange Hosen, Strümpfe und Schuhe tragen, sind, insbesonde- re die Völgységer, arbeitsam und gierig beim Geldsammeln, und trotzdem mögen sie den Protz nicht so sehr und leben nicht so gut wie die Ungarn.“111 Rund 100 Jahre später setzte der Geograf Károly Kogutowicz (1896-1948) die empirische Forschung von Egyed fort und kam zu dem Ergebnis: „Der Völgységer Schwabe hat Ameisenfleiß, ist kühl aufs Geld bedacht, nüchtern, friedlich und be- wahrt seine Nationalität beinahe eifersüchtig.“112 Der letzte Halbsatz ist natürlich als Ergebnis der 1918 einsetzenden Mobilisierungsbestrebungen zu werten und auf das 19. Jahrhundert nicht zutreffend. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich Imre Solymár (1947-1997) ne- ben seiner Berufstätigkeit als Finanzfachmann ganz der Erforschung der Mentalität der Deutschen in der Schwäbischen Türkei gewidmet und als Ergebnis die ökonomie-

110 SAMUELSON, S. 172, 963-965. 111 EGYED, Leírása, S. 53. 112 KOGUTOWICZ, S. 158.

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zentrierte Mentalität der deutschen Bauern dieser Region als pars pro toto für zahlrei- che andere Siedlungsregionen hervorgehoben.113 Was die Forschungen von Solymár so wertvoll macht: Unter systematischer Auswertung aller seit dem 18. Jahrhundert verfügbaren schriftlichen Quellen und auch der ausländischen Fachliteratur sowie aufgrund eigener Feldforschung zeichnet er einerseits ein sehr differenziertes Bild der Mentalitätskomponenten und der relevanten Werte, andererseits untersucht er auch die historische Dimension dieser Phänomene à la long durée. Als wichtigste Merkmale schwäbischer Wertorientierung hält Solymár fest: ‒ die Kontinuität der deutschen Wertordnung und der von ihr geprägten Menta- lität, „deren Fortbestand durch die Isoliertheit der einzelnen Dörfer gesichert war“114; ‒ die Rolle der Dorfgemeinschaft nach außen in der konkurrierenden Abgren- zung zu den Nachbardörfern und nach innen als sozialdisziplinär wirksame Instanz; ‒ die Funktion des konfessionellen Pluralismus als weiterer Abgrenzungs- mechanismus; ‒ das Erbe der Ansiedlungszeit als existenzielle Herausforderung, wobei die in dieser Zeit entstandene Überlebensorientierung die Priorität mitgebrachter Werte wie Sparsamkeit, Fleiß, Arbeitsamkeit etc. noch zugespitzt hat; ‒ die Folgen des Anerbenrechts als wirtschaftlicher Konkurrenzdruck auf die nachgeborenen Söhne einerseits, auf die nichtdeutsche Umgebung anderer- seits; ‒ damit zusammenhängend Vermögensanhäufung, Verzicht auf Konsum frem- der Güter und Beschränkung des Konsums auf selbstproduzierte Produkte, Einschränkung des Eigenverbrauchs marktfähiger Produkte (wie z.B. der Milch); ‒ das menschliche Zusammenleben ist ganz dem Streben nach Vermögen und Profit untergeordnet; Tiere werden sorgfältiger und besser behandelt als Menschen, was auch auf den Fall einer Erkrankung zutrifft. Krankheit bei Menschen bedeutet daher Arbeitsausfall und wird als Sünde angesehen. Ärz- te werden häufig erst „im letzten Moment“ hinzugezogen. Den Mangel an sozialer Sensibilität hat noch der Pfarrer János Allinger für die Zeit vor 1945 festgehalten, wenn er über die Schwaben des Dorfes Hidas schreibt: Deren Wohltätigkeit „ist ziemlich beschränkt. Dem Zigeuner oder Bettler, der vor seiner Tür stehen bleibt, gibt er nur ein Stück Brot. Seinen Mitmenschen hilft er in der Regel nicht viel, weil er für seinen eigenen Lebensunterhalt und für die Vermehrung seines Vermögens arbeitet.“115

113 SOLYMÁR, Dél-Dunántúli, Text zweisprachig. 114 Ebenda, S. 194. 115 ALLINGER. Hier zit. nach SOLYMÁR, Dél-Dunántúli, S. 206.

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Als Auswirkungen auf den Alltag im Dorf werden genannt: rationale Nutzung der Zeit, rationaler Lebensmittelverbrauch; finanziell begründete Ehen, wobei der Ehe- partner von den Eltern ausgewählt wird; im Unterschied zu den Magyaren gibt es kei- ne geschlechtlich bestimmte Arbeitsteilung: Die Frauen verrichten die gleiche Arbeit wie die Männer, nur im Winter widmen sich die Frauen dem Spinnen, die Männer dem Tabak oder auch dem Weben. Bei der Kleidung werden aus Gründen der Spar- samkeit nicht Schuhe oder Stiefel getragen, sondern aus Holz gefertigte „Klumpen“, die Kinderkleidung ist bis zum Alter von 5-6 Jahren nicht geschlechtsspezifisch, auch die Knaben tragen Röcke, was bis Anfang der 1920er Jahre zu beobachten ist. Die Frauen tragen an Werktagen (oft auch an Sonntagen) selbst gefertigte, blau gefärbte Röcke, Schürzen und Kopftücher.116 Über die Frauen des Mecseker Hügellandes wird 1929 berichtet: „Es ist wunderbar, was diese Bäuerinnen in den Dörfern alles ertragen können! Aber besonders die Deutschen. Arbeit, Boden und Vermögen sind ihr Alles. Sie sind bereit zu hungern, Lumpen anzuziehen und zu knausern, nur um ihren Besitz vergrößern zu können.“117 Politik hat in dieser ökonomiezentrierten Mentalität keinen Platz und nur dann ei- ne Chance, einen solchen zu gewinnen, wenn sie ökonomische Chancen und Vorteile anzubieten vermag. Solymár hat eine Reihe historischer Belege als zusammenfassende Charakterisie- rungen deutscher Mentalität in zehn Gemeinden Südtransdanubiens in Form der fol- genden Tabelle 22 zusammengestellt118: Gemeinde Charakterisierung der deutschen Bevölkerung Apar „Die Schwaben in Apar […] Ihr Erwerbswille verbündet sich mit Arbeitsamkeit. Die harte Arbeit von früh morgens bis spät abends hat ihnen alle Energie abverlangt und nicht nur ihren Körper, sondern auch ihren Geist ausgemergelt.“ Egyházaskozár „Der Kozárer Schwabe ist in seiner Gefühlswelt in materieller Hinsicht egoistisch, knauserig, sparsam und neidisch.“ Györköny „Das Dorf war wohlhabend. Es hat aber unmenschliche Arbeit gekostet. Das von seiner Natur aus fleißige Volk hat sich nicht geschont und seinen Körper wie seinen Geist abgequält.“ Hidas Der Lebenstüchtigkeit des Hidaser Schwaben liegen nur seine Arbeitskraft und Sparsamkeit zugrunde.“ Lovászhetény „[…] es war keine besonders wohlhabende Gemeinde, aber die Einwohner sind sehr fleißige, sparsame, nüchterne Schwaben. Als die Reblaus ihre Weinbaufläche Anfang der 90er Jahre zerstört und die ganze Gegend um ihr Einkommen gebracht hatte, erschien der Stumpf-Vetter […] Er ist der Begründer des heutigen Wohlstandes der Gemeinde.“

116 SOLYMÁR, Dél-Dunántúli, S. 261-264. 117 Zit. nach ebenda, S. 296. 118 Ebenda, S. 297.

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Majos „Ziemlich einheitlicher Charakter. Die Lebensführung ist enthalt- sam und nüchtern. Das allgemeine Temperament gelassen, über- legt. Die Lebensbetrachtung und die Sichtweise ernst. Hinsich- tlich der mentalen Fähigkeiten sanft; wenn man ihn anständig be- handelt, ist er demütig. Sein Ehrgeiz ist groß. Was den Willen an- belangt: Er ist pflichtbewusst und versäumt seine Pflichten nicht. Geschmack: Vorliebe für Ordnung und Sauberkeit. Gesellschaft- liches Verhalten: familiär. Sein nationales Gefühl ist bei Erhal- tung der Muttersprache stark. Demokratisch und konservativ ge- sinnt. Fleißig wie die Ameisen.“ Morágy „Eine hügelige kleine Gemeinde, bewohnt von den allerfleißigs- ten Menschen. Ihr Fleiß und ihr Streben sind ohne ihresgleichen. Es ist beinahe nicht mehr menschlich, wieviel die Einwohner die- ser Gemeinde ertragen und arbeiten können. Den Lebensunterhalt verdienen sie hauptsächlich im Weingarten und im Steinbruch.“ Mőzs „Schau ins benachbarte Mőzs! Ein nüchternes, fleißiges, anstän- diges, strebsames Volk, Menschen, die zu ihrem Besitz noch eini- ge Joch Feld erarbeiten wollen.“ Németkér „Trotz des kargen Bodens sind die Kérer reich geworden. […] Dies ist nur ihrem beispielhaften Fleiß und ihrer sparsamen Le- bensweise zu verdanken.“ Szellő „In den 1920er Jahren: unglaublicher Fleiß, Anspruchslosigkeit im Konsum und im Lebensstandard.“

9 Vereine, Öffentlichkeit, Presse in der Stadt und auf dem Land

Die ersten Anfänge des Vereinslebens sind in den Städten bis in die Zeit des Vormärz bzw. die Reformzeit zurückzuverfolgen. Sie knüpften an die Tradition der korporati- ven Zünfte und der religiösen Bruderschaften des Mittelalters an. War die Reichweite der oft im Verborgenen wirkenden Freimaurerlogen und Lesezirkel sowie der gelehr- ten Gesellschaften in der Zeit der Aufklärung sehr gering und erfasste neben dem Adel nur wenige Bürgerliche, so führten der Liberalismus und die ungarische Natio- nalbewegung der Reformzeit zu Vereinsbildungen, die breitere Gesellschaftsschichten der Stadtbevölkerung in Kasinovereinen, Lese-, Bildungs-, Gesang- und Schützenver- einen sowie Sonntagsschulen und wirtschaftlichen Selbsthilfeorganisationen erfass- ten. Ferner gab es auch bereits vor 1848 Studentenvereine, Frauenvereine, literarische Gesellschaften, religiöse, aber auch national ausgerichtete Vereine wie die 1824 in Pest gegründete Matica Srpska, die 1864 ihren Sitz nach Neusatz/Novi Sad verlegte. Sie alle markierten den Eintritt der sich allmählich verbürgerlichenden Gesellschaft in das Zeitalter der gesellschaftlichen Kommunikation und stellten erstmals eine bürger- liche Öffentlichkeit her, die sich in der Presse, in Flugblättern, Volkskalendern, Pla- katen und Broschüren ihre Foren der öffentlichen Meinung geschaffen hat.119

119 PAJKOSSY; MANNOVÁ, Vereinswesen Slowakei.

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Der Ruf nach Vereinsfreiheit wurde immer lauter und richtete sich gegen das Konzessionssystem des Wiener Hofes, der ab 1764 jede Vereinsgründung von einer gesonderten Bewilligung abhängig gemacht hatte. Diese Regelung blieb mit der kur- zen Unterbrechung der Revolutionsepoche 1848/49 bis 1867 bestehen. Erst nach dem Ausgleich von 1867 konnte sich das Vereinsleben freier als bisher entfalten und die Zahl der Vereine nahm im Jahrzehnt bis 1878 stark zu. Zu diesem Zeitpunkt wurden im Königreich Ungarn knapp 4 000 Vereine mit 672 000 Mitgliedern gezählt, das war verglichen mit Cisleithanien ungefähr ein Drittel der Vereinsdichte.120 Nach den An- gaben dieser einzigen Vereinsstatistik der Dualismus-Periode waren in einem Viertel aller Bezirke (Kreise) des Landes keine Vereine tätig, auch nicht in den betreffenden Bezirksstädten. Es überwogen die Selbsthilfe- und Interessenorganisationen sowie ge- sellige Vereinigungen. Es gab so gut wie keine Vereine, die sich ihrem Namen oder Programm nach als ethnische oder nationale Assoziationen deklarierten121, da solche zunehmend mit Unterdrückung und Verboten seitens der Staatsbehörden rechnen mussten. Eine 1875 erlassene Verordnung des Innenministers Graf Gyula Szapáry (1832-1905) beschränkte die Tätigkeit von Arbeiter- und Nationalitätenvereinen aus- drücklich auf den kulturellen Bereich.122 „Das Verbot der Bildung von Filialen der ‚Nationalitätenvereine‘ behinderte die überregio- nale Vereinigung. Jede Erweiterung einer kulturellen Tätigkeit wurde als Panslavismus oder Pangermanismus gewertet und administrativ eingestellt. Die Situation begann sich erst in den 1890er Jahren im Zusammenhang mit der voranschreitenden Modernisierung des Landes und der Aktivierung der slowakischen Politik und der katholischen Kirche zu wan- deln.“123 In der Periode des Neuabsolutismus war die Vereinsszene von betont unpoliti- schen, religiös ausgerichteten oder der Geselligkeit dienenden Organisationen ge- prägt. So entstanden nach 1850 in den deutschen Gemeinden des Banats Vereine, „die sich die Vertiefung des religiösen Lebens zur Aufgabe machten“124, Muttergottes- und Rosenkranzvereine. Die Schützenvereine wurden als Komponente der Landesver- teidigung zugelassen, da sie ihre Mitglieder mit dem Gebrauch von Schusswaffen ver- traut machten. Solche wurden 1855 in Reschitza, 1857 in Temesvár, 1866 in Steier-

120 VARGHA. 121 Nach der offiziösen Vereinsstatistik von 1878 waren nur 5 Prozent aller Vereine den Na- tionalitäten zuzurechnen. 67 Prozent aller Vereine waren betont magyarisch ausgerichtet und besaßen einen Anteil von 90 Prozent aller Vereinsmitglieder. – REISZ, S. 940 f. 122 MÁRFI, S. 9. Im Komitat Baranya gab es in dieser Epoche insgesamt 800 Vereine in 164 (von 357) Gemeinden, von denen knapp 30 einen Nationalitätencharakter hatten. Davon waren wiederum 12 deutsche, 10 von ihnen katholische Lesevereine, ein Gesangverein und ein in Pécs 1864 und noch einmal 1883 gegründeter bürgerlicher Verein, der sich „Deutsches Casino“ nannte, sich 1895 jedoch sowohl dem Statut als auch dem Namen nach magyarisierte. Abschließend stellt Márfi fest: „Zahlreiche Quellen weisen darauf hin, dass die Kulturvereine und Lesekreise und auch deren Buchbestände den Gebrauch der Mut- tersprache aufzeigen können.“ – Ebenda, S. 15. 123 MANNOVÁ, Vereinswesen Ungarn, S. 60. 124 GOTTAS, Krone, S. 275.

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dorf/Anina und 1867 in Orawitza gegründet.125 In Temesvár war bereits 1845 der ers- te Musikverein entstanden. Seinem Beispiel folgte in den 1850/60er Jahren die Ein- richtung von Musik- und Gesangvereinen in Lugosch, Pantschowa, Weißkirchen, Or- schowa, Werschetz, die sich bald darauf auch in der Batschka verbreiteten, so mit dem 1859 in Apatin gegründeten Männergesangverein. Älter als dieser war der bereits in den 1840er Jahren entstandene deutsche Gesangverein von Neusatz, „der allerdings nach 1867 seinen deutschen Charakter völlig einbüßte“126. Von vornherein mehrspra- chig und multiethnisch ausgerichtet war der 1847 gegründete Fünfkirchner Gesang- verein Pécsi Dalárda, 1861 neu gegründet, mit einer Satzung sowohl in ungarischer wie in deutscher Sprache und entsprechendem Programm bei seinen öffentlichen Auf- führungen. Vereine mit solcher gruppenübergreifender, jedoch häufig gesellschaftli- cher und berufsspezifischer Orientierung dominierten auch in Städten wie Pressburg oder Ofen. Doch selbst der 1859 gegründete „Männergesangverein“ der deutschen Großgemeinde Apatin in der Batschka zeigte sich aufgeschlossen und vereinigte sich 1884 mit dem 1862 gegründeten Apatiner Kasinoverein, der sich drei Jahre später in ein – magyarisch verstandenes – „Herrenkasino“ und ein den Lokaltraditionen ver- pflichtetes „Bürgerkasino“ aufspaltete.127 In den Komitaten Somogy, Baranya und Tolna gab es um 1900 rund 400 in deut- schen Dörfern wirkende Vereine mit 43 000 Mitgliedern, so dass 19 Prozent der deut- schen Erwachsenenbevölkerung vereinsmäßig erfasst war.128 Es waren lokal, kirch- lich-religiös, kulturell und wirtschaftlich ausgerichtete Vereine, die durchgehend von der unpolitischen Mentalität ihrer Mitglieder geprägt waren. Die in den deutschen Siedlungsgebieten tätigen Vereine waren daher „nur in beschränktem Maße als In- strumente politischer Mobilisierung, gesellschaftlicher Modernisierung und/oder na- tionaler Emanzipation“ wirksam.129 Von besonderer Bedeutung als wirtschaftliche Selbsthilfeorganisationen waren die am Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen Bauernvereine. Zu ihren Aufgaben gehör- ten Kreditbeschaffung, Förderung der Produktion durch Modernisierung und Organi- sation der Absatzmärkte. Wie die städtischen Wirtschaftsvereine hoben sie in ihren Vereinsbezeichnungen eine regionale oder lokale, jedoch keinerlei ethnische Deno- mination hervor; so der 1891 in Temesvár gegründete Südungarische Landwirtschaft- liche Bauernverein (Délvidéki Földművelök Gazdasági Egyesülete). Sein Initiator war der dem ungarischen Parteienestablishment als Abgeordneter angehörende Prälat Fe- renc Blaskovics (1864-1936). Dieser gründete 1895 zusammen mit dem Bauernver- einsvorsitzenden Johann Wittmann (1865-1924) aus Elek und Melchior Frecot (1860- 1915) die Südungarische Bank. Der Südungarische Bauernverein verfügte auch über

125 Der wahrscheinlich älteste deutsche Schützenverein Ungarns wurde 1637 in der Zips, in Zipser Béla/Spišská Belá gegründet. – WEBER, Béla, S. 264-275. Er wurde 1852 aufgelöst und 1857 erneut gegründet. 126 GOTTAS, Krone, S. 275. 127 GOTTAS, Vereine, S. 1226. 128 SZITA, Adatok, S. 244. 129 GOTTAS, Vereine, S. 1205.

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mehrere Vereinszeitungen: Der Landbote, Der Freimütige und Der ungarische Landwirt, alle redigiert von Karl Kraushaar und Blaskovics. Wie sehr gerade auch die Fortbildungsarbeit des Vereins den Magyarisierungsbestrebungen der Regierung die- nen sollte, zeigte das 1894 eingerichtete Schülerkonvikt in Szeged, das jährlich von bis zu 250, mehrheitlich schwäbischen Bauernsöhnen zum Zweck der Fortbildung be- sucht wurde, für die jedoch jegliche Kommunikation auf Ungarisch vorgeschrieben war.130 Blaskovics war nicht nur bei diesen von ihm begründeten Institutionen und Pres- seorganen die führende Persönlichkeit, bei ihm liefen auch viele Fäden der regiona- len, politisch-gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung der Deutschen im Banat zusammen. Mit seiner Karriere: 1900 Konsistorialrat, 1904 Domherr, 1906 Diözesanschulinspektor, Mitbegründer der Schulstiftung Banatia, 1925 Dompropst und Generalvikar der Diözese Temesvár, stieg er rasch in Führungs- positionen der Banater Region auf. Blaskovics zog durch sein Netzwerk eine bedeu- tende Gruppe schwäbischer Intelligenz heran, zu der Persönlichkeiten gehörten wie Kaspar Muth (1876-1966), 1923-1935 Obmann der Deutsch-Schwäbischen Volksge- meinschaft, eine der wichtigsten Führungsfiguren der Banater Deutschen in der Zwi- schenkriegszeit, und Georg/György Steuer (1875-1943), Vizepräsident des Bauern- verbandes, 1920/21 Staatssekretär im Nationalitätenministerium Jakob Bleyers; ferner die in Szeged wirkenden Konviktsdirektoren Karl Bohn und Josef Striegl. Der betont nationalmagyarische Kurs von Blaskovics führte in Verbindung mit der Vernachlässigung der wirtschaftlichen Anliegen der Kleinbauernschicht zu einer Mo- bilisierung derselben auf einer nunmehr Protest besetzten ethnopolitischen Linie. An- geführt vom schwäbischen Bauern Johann Röser (1870-1932) entstand im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts in den schwäbischen Dörfern des Banats auf Vereins- basis eine Reihe von Raiffeisengenossenschaften, die 1910 im Dachverband Deutsch- ungarische Raiffeisen-Zentral A.G. mit Sitz in Temesvár zusammengefasst wurden. Dieser gab auch die Zeitung Raiffeisenbote aus Südungarn heraus. Hier begegnen wir zum ersten Mal einer bewusst ethnopolitischen Ausrichtung bäuerlicher Selbsthilfe- organisationen, die mit dem gleichfalls von Röser 1913 in Werschetz gegründeten Deutschen Bauernbund ihren Höhepunkt erreichte. An dieser Gründung hatte auch der Parlamentsabgeordnete Rudolf Brandsch (1880-1953) einen ganz entscheidenden Anteil, da er die Verbindung mit den siebenbürgisch-sächsischen Banken herstellte. Das Organ des Bauernbundes war das von Brandsch ab 15. September 1913 heraus- gegebene Deutsche Bauernblatt für Ungarn, das bereits nach einem halben Jahr eine Auflage von 3 000 Exemplaren erreichte. Ziel des Vereins war es, „die deutschen Landwirte Ungarns nach dem Vorbild der deutschen wirtschaftlichen Schutzvereine zusammenzuschließen“131 und ihre Interessen auf allen politischen Foren von den Kommunen bis hin zum Parlament zu vertreten. Der Bauernbund war eigentlich der krönende, seiner Intention nach über das Banat hinausgreifende Abschluss der genos- senschaftlichen Raiffeisenbewegung. Der Deutschungarischen Raiffeisen-Zentral Ak-

130 Donauschwäbische Geschichte Bd. 2, S. 381. 131 BRANDSCH, Die deutsche Bewegung, S. 466.

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tiengesellschaft wurden bis 1913 zwölf kommunale Genossenschaften angegliedert. Ihr Organ war der Raiffeisenbote aus Südungarn. Auch an der Raiffeisenbewegung war Rudolf Brandsch stark beteiligt, weil er mit diesem Instrument eine finanzielle Eigenbasis für die „deutsche Bewegung“ zu schaffen suchte, um von ausländischen Geldgebern wie dem ADV unabhängiger zu werden. Er konnte hier auch auf die Er- fahrungen des bereits im letzten Drittel geschaffenen Netzwerkes der siebenbürgisch- sächsischen Banken und Kreditinstitute zurückgreifen, die sich an den Banken der südungarischen Schwaben beteiligten. Die bäuerlichen Selbsthilfeorganisationsbestrebungen in Südungarn wurden auch im südlichen Transdanubien aufmerksam verfolgt. So machten das von Josef Ullein redigierte Mohacser Wochen-Blatt und die Mohacser Zeitung mehrmals auf die Orga- nisationserfolge in Südungarn aufmerksam und die Fünfkirchner Zeitung informierte ab dem 10. Juni 1895 regelmäßig über derlei Fortschritte in Südungarn, konnte jedoch nichts dergleichen über Transdanubien selbst berichten.132 Das änderte sich mit einem Schlag, als am 26. Juni 1909 in Bonyhád die erste Ausgabe der Zeitung Bauernbund in gotischen Lettern erschien und sich gleich von Anfang an als Politisches und land- wirtschaftliches Wochenblatt – so der Untertitel – und als Sprachrohr der deutschen mittleren und Kleinbauern für die drei Komitate Baranya, Tolna und Somogy profi- lierte. Für Agrarexperten konnte das allerdings keine Überraschung sein, da ungefähr zur selben Zeit die Wirtschaftsabteilung der Südtransdanubischen Landwirtschafts- kammer in Fünfkirchen folgende Lagebeurteilung gab: „Es gibt im Deutschtum eine Gruppe, die sich jetzt im Aufstieg befindet. Sie strebt danach, einen Anschluss an die größeren Grundbesitzer zu erreichen, doch hat sie nicht genügend Kapital. […] Diese und die kleinen, jetzt emporkommenden Bauern proklamieren mit aller Entschlossenheit ihren Willen, sich zu vereinigen, einen Verein einzurichten, der sich ihren Wirtschaftsinteressen verpflichtet zeigt und ihnen vor allem vorteilhafte Kredite zusi- chert.“133

9.1 Der Bauernbund von Bonyhád Die zunächst medial agitierende Interessenvertretung der deutschen Landwirte und Kleingewerbetreibenden im Kerngebiet der Schwäbischen Türkei versicherte bereits in der ersten Nummer ihren Lesern, dass „sie eine Organisation zu vertreten beabsich- tigen, welche die Interessen der deutschen Kleinlandwirte und Mittelbauern und der Gewerbetreibenden schützen möchte“134. Der Autor dieser Zeilen war der Besitzer und Herausgeber des Bauernbundes, Béla Betnár (1882-?), ein aus Kaposvár stam- mender, nach Bonyhád eingeheirateter Bankangestellter, der in enger Verbindung mit dem Begründer der ungarischen Kleinbauernbewegung, der Magyar Kisbirtokosok

132 SZITA, Adatok, S. 243 f. 133 Baranya Megyei Levéltár. Baranya Megyei Gazdasági Egyesület iratai [Komitatsarchiv Baranya. Akten des Wirtschaftsvereines des Komitats Baranya]. 1911. o. Nr. – Hier zit. nach SZITA, Adatok, S. 245. 134 Bauernbund vom 26. Juni 1909.

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Országos Szövetsége (Landesverband der Ungarischen Kleinlandwirte), István Na- gyatádi Szabó (1863-1912), stand und auch dessen Verband angehörte. Diese gegen den Großgrundbesitz gerichtete, das ungerechte Steuersystem verurteilende Bewe- gung trat zusammen mit den von András L. Áchim (1871-1911) angeführten Agrarso- zialisten und der Bürgerlich-Radikalen Partei für eine gemäßigte Agrar- und Bodenre- form, für das allgemeine Wahlrecht und für die Errichtung von Genossenschaften zur Beseitigung des Kreditmangels ein. Sie schuf sich im November 1909 selbst eine Par- tei, die 48-as és Függetlenségi Országos Gazdapárt (1848er Unabhängige Landes- bauernpartei), deren Programm der Bauernbund in seiner Ausgabe vom 4. Dezember 1909 wortwörtlich mitteilte und mit der Vision verband, dass nun das „Deutschtum Transdanubiens zusammen mit dem Magyarentum der Theiß-Region“ dieser Partei beitreten werde.135 Bei den Parlamentswahlen von 1910 gelang es dieser Partei, mit drei Mandaten in das Parlament einzuziehen. Dem Bauernbund, der mittlerweilen zum deutschen Sprachrohr der Szabó-Partei aufgerückt war, gelang es, binnen kurzer Zeit, bis Februar 1910, 6 000 Abonnenten zu gewinnen, nicht nur in Südtransdanubien, sondern auch in den Komitaten Pest und Bács-Bodrog, 700 im Komitat Szathmar, einige sogar in den deutschen Dörfern der Ostkarpaten (heute Karpatenukraine).136 Die Behörden in Südungarn stuften die dor- tigen Verkäufer der Zeitung als „pangermanische Agitatoren“ ein. Ermutigt durch diesen Erfolg und mit Unterstützung von Nagyatádi Szabó gründe- te Betnár am 6. März 1910 in Bonyhád unter Teilnahme von 600 Landwirten und Kleingewerbetreibenden aus Bonyhád und Umgebung den Deutsch-ungarischen Lan- des-Bauernbund (Német-magyar Országos Gazdaszövetség). Der als Hauptredner vorgesehene Nagyatádi Szabó war wegen Krankheit an der Teilnahme verhindert. Seine Rede über die Lage der Landwirte und der Landwirtschaft in Ungarn wurde vom evangelischen Geistlichen Gyula Ermel verlesen. Zum Vorsitzenden wurde Béla Betnár gewählt, zu seinem Stellvertreter Josef Kurzweil, die deutschen Dörfer der Schwäbischen Türkei waren mit 133 Gemeindevertretern am Bauernbund beteiligt. Programmatisch vertrat der Bauernbund die gleichen Positionen wie die ein Jahr vor- her von Nagyatádi Szabó gegründete Kleinlandwirtepartei. Ethnopolitische Forderun- gen wurden nur im Programmabschnitt „Schule“ vertreten, in dem in Punkt 1 (von insgesamt vier) der Bauernbund eine allgemeine Verbesserung der Schulverhältnisse und die muttersprachliche Ausbildung anmahnte: „Einer der Hauptgründe für die Vernachlässigung des Bauernstandes ist seine geistige Rückständigkeit. Deshalb for- dert die Organisation [der Bauernbund] eine bessere allgemeine Schulbildung als die gegenwärtige sowie die Fachausbildung in der Muttersprache der Bevölkerung.“137 Den Behörden missfielen die Mobilisierungserfolge des Bauernbundes und erach- teten sie als potenziell gefährlich; das Innenministerium erteilte seiner Vereinssatzung deshalb nicht die nötige Genehmigung, so dass seine Tätigkeit als illegal angesehen werden konnte. Im Dezember 1913 wandte sich Betnár deshalb an den Oberstuhlrich-

135 Bauernbund vom 4. Dezember 1909. 136 SZITA, Adatok, S. 246 f. 137 Ebenda, S. 249.

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ter Béla Perczel (1862-1929) in Bonyhád, der in seinem Bericht an den Obergespan des Komitats Tolna darauf hinwies, dass der Bauernbund rund 500 Ortsgruppen zäh- le, seine Zeitung in einer Auflage von vier- bis fünftausend Exemplaren erscheine und seine Mitgliedschaft landesweit auf 30 000 Personen geschätzt werden könne.138 Eine offizielle Vereinsgenehmigung des Bauernbundes blieb jedoch weiterhin ausständig. Eine erste Bilanz seiner Tätigkeit zogen die Berichte zur Jahresversammlung des Vereins am 11. April 1911 in Bonyhád: Der Bauernbund zählte zu diesem Zeitpunkt 181 Mitgliedsorganisationen in 14 Komitaten. An dieser Versammlung nahmen auch hohe Gäste aus dem Deutschen Reich und Österreich teil und bekundeten ihre Solida- rität: der Reichstagsabgeordnete und Vorsitzende des Deutschen Bauernbundes Fried- rich Wachhorst de Wente (1863-1939), der Generalsekretär der Deutschen Nationalli- beralen Partei Dr. Friedrich Mittelmann (1886-1932), der österreichische Reichsrats- abgeordnete und Vorsitzende des Deutschösterreichischen Bauernbundes Franz Reite- rer, ferner Nagyatádi Szabó, Sándor Herczeg und János Novák als Vorstandsmitglie- der der Ungarischen Landespartei der Kleinlandwirte.139 Zur Finanzierung des Wirtschaftsprogramms des Bauernbundes gründete Betnár am 27. August 1911 die Bauernbund-Bank A.G. (Gazdaszövetségi Bank Részvé- nytársaság), die binnen zwei Tagen mehr als tausend Aktien verkaufte und über ein Anfangskapital von 130 000 Kronen verfügte, das Ende 1913 auf 500 000 Kronen er- höht wurde. In den Jahren 1911-1914 kaufte die Bank im Komitat Vas 1 200 Joch Boden, den sie auf deutsche Bauern aufteilte, zum gleichen Zweck 499 Joch im Ko- mitat Tolna und 1 400 Joch im Komitat Baranya. Im gleichen Zeitraum erwarb sie 1 760 Hausgrundstücke, die sie an ärmere Kleinbauern als ihre Mitglieder vermittel- te.140 Die gleichfalls 1911 eingerichtete „Warenzentrale des Bauernbundes Bonyhád“ trug durch den Verkauf von Landwirtschaftsmaschinen zu billigen Preisen ganz er- heblich zur Modernisierung der Landwirtschaft bei. Der Erste Weltkrieg unterbrach alle diese Erfolg versprechenden Ansätze zur Selbsthilfe deutscher Bauern nach den Grundsätzen der Raiffeisen-Genossenschaftsbewegung. Unmittelbar danach versuchte man nunmehr in Budapest eine Neugründung des Bauernbundes unter dem Vorsitz des Landwirts János Lovinus aus Kakasd im Komitat Tolna. Es gelang jedoch nicht, in diesen von revolutionären Umbrüchen gekennzeichneten Jahren 1918-1920 die Masse der deutschen Klein- und Mittelbauern Transdanubiens erneut zu mobilisieren, so wie es Betnár in kurzer Zeit gelungen war. 1921 wurde die mit dem neuen Bauern- bund verbundene Bank in ein Insolvenzverfahren verwickelt, das auch die Interven- tion von Jakob Bleyer nicht verhindern konnte, so dass 1922 der Oberstuhlrichter Per- czel „mit nicht verhohlener Freude“ dem Untergespan von Tolna die Liquidation des Bauernbund-Restvermögens vermelden konnte.141

138 Tolna Megyei Levéltár. Völgységi Főszolgábíró iratai [Komitatsarchiv Tolna, Akten des Oberstuhlrichters der Völgységi]. 10/1910. 139 SZITA, Adatok, S. 251. 140 Ebenda, S. 252. 141 SZITA, Adatok, S. 253; EPPEL, Adalékok.

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9.2 Presse Die Vereine schufen Öffentlichkeit und Kommunikation innerhalb der Gesellschaft, die das Bedürfnis nach der Lektüre von Zeitungen anregten und steigerten. Manche Vereinsgründungen führten – wie wir bereits gesehen haben – direkt zur Einrichtung von Presseorganen, die als Mitteilungsorgan genutzt wurden. Umgekehrt sammelte sich um eine Zeitung oft ein Kreis von Intelligenz und Angehörigen der bürgerlichen Mittelschicht, aus dem nach kurzer Zeit ein Verein oder die Vereinigung mehrerer Vereine in einem Verband oder Bund, manchmal sogar auch eine politische Partei hervorgingen. Um 1900 waren über 51 Prozent aller in Ungarn vertriebenen Zeitungen und Zeit- schriften deutschsprachig. Dieser Anteil war bis 1910 auf 46,6 Prozent gesunken. Zum überwiegenden Teil stammten diese Zeitungen und Zeitschriften aus dem Aus- land, ihre Leser in Ungarn bezogen sie daher im Abonnement. Wenn wir nach der Höhe der Auflage bzw. der Anzahl der verkauften Exemplare insbesondere der Ta- geszeitungen fragen, ergibt sich jedoch ein etwas anderes Bild. Nach der Stückzahl der in Ungarn verkauften Exemplare der aus dem In- wie Ausland stammenden deutschsprachigen Tageszeitungen erreichten diese 1900 nur einen Anteil von 30 Pro- zent, während die ungarischsprachigen 61 Prozent ausmachten. Diese Quote stieg bis 1910 auf 70 Prozent, der Anteil der deutschsprachigen Blätter reduzierte sich hinge- gen auf 21,4 Prozent. Diese starken Veränderungen im Leseverhalten der Bevölke- rung innerhalb eines kurzen Zeitraums machen klar, dass die stark expandierende un- garischsprachige Massenpresse sich rasch durchsetzte, während „das inländische Deutschtum eine sehr differenzierte Zeitungsleserschaft darstellte, eine Vielzahl von Blättern abonnierte bzw. las und aus den Ländern der Monarchie die seinem Beruf oder Amt entsprechenden Blätter – in entsprechend kleiner Auflagenzahl – bestell- te“142. Der ungarische Historiker Ferenc Glatz zieht daraus die Schlussfolgerung: „Je- denfalls stand die Zeitungslesekultur der deutschsprachigen Bevölkerung in der gan- zen behandelten Epoche – wenn auch in sinkendem Maße – weit über jener der unga- rischsprachigen Bevölkerung.“143 Hinter dieser Zeitungslesekultur stand jedoch „kein ‚nationales‘, sondern – und zwar ein sehr großes – fachliches Interesse“.144 Das belegt auch die sprachliche Verteilung der Fachzeitschriften und -zeitungen, von denen 1910 die deutschsprachigen noch immer einen Anteil von 54 Prozent gegenüber den unga- rischsprachigen mit einem Anteil von 25 Prozent behaupteten. Die Anfänge der deutschsprachigen Publizistik sind bis in das 18. Jahrhundert zu- rückzuverfolgen. Bereits im Jahre 1764 wurde die Pressburger Zeitung gegründet, seit 1771 erschienen wöchentlich die Temeswarer Nachrichten, seit 1784 die in Her-

142 GLATZ, Deutschtum, S. 176. 143 Ebenda. 144 Ebenda, S. 177.

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mannstadt herausgegebene Siebenbürgische Zeitung und ab 1787/88 die Ofner und Pester Zeitung.145 Gab es 1829 erst vier deutsche Zeitungen, so war diese Zahl bis 1867 auf 40 an- gewachsen, von denen 21 in Ofen-Pest und 19 in der Provinz erschienen, davon neun in Südungarn, sechs in Siebenbürgen, je eine in Kaschau, Leutschau, Pressburg und Fiume. Von diesen errang die 1852 gegründete Temesvárer Zeitung die größte Konti- nuität, sie reichte nämlich bis 1949. Das Übergewicht der Hauptstadt reduzierte sich im Zeitraum bis 1910, in dem 47 hauptstädtische Periodika 79 provinziellen gegen- überstanden. Berücksichtigt man die politisch ausgerichteten Zeitungen, so erschienen 14 in Budapest und 23 in der Provinz, elf davon in Südungarn, sechs in Westungarn, fünf in Siebenbürgen und eine in Fünfkirchen, die Fünfkirchner Zeitung, die jedoch 1906 ihr Erscheinen einstellte. Die Zahl der lokal orientierten Zeitungen nahm in Südungarn bis 1910 auf 22 zu, während die in Westungarn erscheinenden Zeitungen wie das christlich-soziale Pressburger Tagblatt (1896-1918) und der gleichfalls in Pressburg herausgegebene Westungarische Grenzbote (1872-1918) und auch die Ödenburger Nachrichten (1869-1875) und ihr Nachfolgeorgan, die Ödenburger Zei- tung, durchaus regionale Bedeutung hatten, jedoch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts keinen „nationalen deutschen Standpunkt“146 vertraten, sondern durchwegs als regie- rungsfreundlich zu bezeichnen sind. „Der Aufschwung des nationalbewussten deut- schen Zeitungswesens erfolgte erst im ersten Dezennium des 20. Jahrhunderts“147, blieb daher im Wesentlichen auf Südungarn beschränkt. Hier waren es vor allem die kommunal orientierten Zeitungen wie die Neue Werschetzer Zeitung, die Großkikin- daer Zeitung und das Ungarisch-Weißkirchener Volksblatt, die sich als Schrittmacher allmählicher Politisierung und eines wachsenden deutschen Selbstbewusstseins profi- lierten. Überregionale Ausstrahlung besaßen die Zeitungsorgane des politischen Katholi- zismus, der in Auseinandersetzung mit der liberalen, säkularisierenden Regierungspo- litik (Einführung der Zivilehe, der staatlichen Geburtsmatrikel) Mitte der 1890er Jah- re in Ungarn entstanden war und sich in der 1895 gegründeten Katholischen Volks- partei (Katolikus Néppárt) formierte. Der politische Katholizismus vertrat einen den Nationalitäten gegenüber aufgeschlossenen Standpunkt und ein Programm, das auf deren Integration in die neue, konfessionell geprägte Sammelbewegung abzielte. Zu diesem Zweck entstand auf lokaler Ebene eine Vielfalt auch deutschsprachiger Verei- ne (Lesevereine, Frauenvereine, Männergesangvereine etc.), die landesweit im Katho- lischen Volksverein unter der Führung des Prälaten Johannes Huber (1877-1945, Ge- neralsekretär des Volksvereins von 1908 bis 1921) zusammengefasst wurden und binnen kurzer Zeit unter den Schwaben mehr als 50 000 Mitglieder vor allem in den Siedlungsgebieten Transdanubiens zählten. Sein Sprachrohr waren die deutschspra- chigen Zeitungen Westungarisches Volksblatt (1893-1919 mit Sitz in Ödenburg), die

145 GOTTAS, Krone, S. 282; HÖBELT, S. 1819-1849, das Teilkapitel 7 auf S. 1877-1880. Für die Zeit ab 1850 siehe RÓZSA, Presse; DIES., Presse a. 146 GOTTAS, Die Deutschen, S. 386. 147 Ebenda.

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in Budapest erschienene Zeitung Christliches Volksblatt (1896-1918, Chefredakteur Johannes Huber) und Der Landbote (1892-1918), eine sonntäglich erscheinende Wo- chenzeitung mit Sitz in Temesvár, die ab 1893 von Ferenc Blaskovics redigiert wur- de. „Die politische Mobilisierungsfunktion der deutschen Presse mochte vergleichsweise ge- ring erscheinen. Sie nahm an der Peripherie tendenziell zu, im Innern Ungarns jedoch ab. […] Der nichtpolitische Charakter verstärkte den Zug zur ‚Geschäftspresse‘, wie er seit der Jahrhundertwende auch in der österreichischen Reichshälfte zu beobachten war. Das Feh- len allzu dominanter zentraler Parteiblätter erweiterte dabei vielleicht auch den Spielraum regionaler und lokaler Zeitungen, die überdies keine deutschsprachige Konkurrenz von sei- ten amtlicher Blätter zu befürchten hatten.“148 Was der österreichische Historiker Lothar Höbelt in seiner zusammenfassenden Bewertung der deutschsprachigen Presse in Ungarn allerdings nicht berücksichtigt, ist die Tatsache, dass eine regierungsamtliche Konkurrenz gar nicht nötig war, da die ungarische Regierung einen wesentlichen Teil der deutschsprachigen Regional- und Lokalpresse durch ihre Subventionsvergabe in der Hand hatte und sich dadurch gera- de in den Nationalitätensiedlungsgebieten eine regierungskonforme Berichterstattung sicherte.149

10 Deutschungarn und Ethnopolitik 1875-1914

10.1 Edmund Steinacker Die ersten Versuche ethnopolitischer Mobilisierung der Deutschen in Ungarn nach dem Ausgleich gingen von Edmund Steinacker (1839-1929) aus.150 Der in Debrecen als Sohn des protestantischen Pfarrers und Schriftstellers Gustav Steinacker (1809- 1877)151 geborene Edmund Steinacker verbrachte seine Jugend- und Studienzeit in Deutschland (Weimar, Stuttgart, Tübingen). Nach Abschluss seines Studiums am Po- lytechnikum in Stuttgart zum Eisenbahningenieur kehrte er 1867 nach Ungarn zurück. 1868 errang er als Direktor des Ungarischen Landesindustrievereins bereits eine füh- rende Stellung in der Selbstorganisation der ungarischen Wirtschaft, die er von 1869- 1892 als Notar, Sekretär und später auch Syndikus der Budapester Handels- und Ge- werbekammer noch weiter ausbauen konnte. 1869 heiratete er die Tochter von Eduard Glatz, Auguste Glatz. Dadurch kam er mit dem ihm „gesinnungsverwandten“152 Glatz in engeren Kontakt, der ein Vierteljahrhundert vorher dem deutschen Bürgertum in

148 HÖBELT, S. 1893. 149 Siehe dazu Kapitel II.7.4 „Presse“. 150 SCHMIDT, Beiträge; GRONEWEG; STEINACKER, Edmund Steinacker; MADARAS; WINDISCH, Nemzetiségi; SENZ, Bewegung; SCHÖDL, Verband; DERS., Am Rande, hier S. 398-428; GOTTAS, Die Deutschen, S. 391-407. 151 http://www.deutsche-biographie.de/artikelADB_035-675-01.html. 152 STEINACKER, Lebenserinnerungen, S. 56.

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Ungarn eine deutsch-nationale Orientierung zu geben versucht hatte, damit jedoch nicht durchgedrungen war. Im Winter 1873/74 veröffentlichte Steinacker unter dem Pseudonym Sincerus in der Pressburger Zeitung eine Serie von acht Artikeln über „Das Bürgertum im politi- schen Leben Ungarns“.153 Es war die vorläufige wirtschaftspolitische Bilanz eines überzeugten Anhängers der Deák-Partei, eines glühenden Protagonisten der Moderni- sierung und Verbürgerlichung Ungarns nach westlichem Vorbild, und eine scharfe Kritik an den bereits sichtbaren Bestrebungen, den politisch-gesellschaftlichen Status quo, die oligarchische Machtstruktur von Adel, Gentry und Großbürgertum zu bewah- ren, wie sie sich unter der Regierung Tisza vollends herauskristallisierte. Im Sturm patriotischer Entrüstung, den seine Kritik entfacht hatte, wurde der Pressburger Zei- tung vom Stadtrat das Recht, sich als Organ der Stadt zu bezeichnen und das Stadt- wappen zu führen, entzogen.154 Steinacker sah seine Aufgabe darin, die Interessen des städtischen, teilweise noch deutschen Bürgertums durch die Gründung einer Bürgerpartei politisch stärker als bisher zu vertreten. In einem weiteren Zeitungsartikel, „Das parlamentarische Leben und das Bürgerthum“, verdeutlicht er seine Zielsetzung: „Eine gründliche Besserung unserer trostlosen Zustände können wir nur dann erwarten, wenn in dem Parlament nicht beinahe ausschließlich Aristocraten und Advocaten, sondern auch Männer aus dem Bürgerstand und Volke, die die Bedürfnisse desselben kennen und am besten zu beurtheilen wissen, ihre Sitze einnehmen, und über das Wohl des Landes ihre Stimmen abgeben werden.“155 Gründungsaufrufe und im Januar und Februar 1875 abgehaltene Bürgerversamm- lungen in Budapest, Pressburg, Ödenburg und Kaschau suchten seiner Initiative Ge- wicht zu geben, doch vergeblich. Die Parteigründung scheiterte an der Schwäche des Bürgertums, sich durch Einigung zu solidarisieren. Ihre offenbar bereits zu divergie- renden Interessen waren unter dem allgemeinen Druck nach politischer Anpassung und Assimilation nicht mehr auf einen Nenner zu bringen. Auch der zweite, ein Jahr später unternommene Versuch Steinackers, durch die Gründung einer Zeitung „den Ansichten und Interessen des Bürgerthums Gehör und Geltung zu verschaffen“, war nur ein sehr kurzlebiger Erfolg beschieden. Das Budapester Tagblatt erschien mit sei- ner ersten Nummer am 18. Februar 1880. Darin veröffentlichte Steinacker seinen programmatischen Artikel „Deutschungarisches Bewusstsein“, in dem er seine Ziel- setzung, das Bürgertum unter einer deutschnationalen Programmatik politisch zu sammeln, erläuterte: „Ja wohl ihr Herren! Ein neues, deutsches Blatt wollen wir sein, für das Volk, für jene Hunderttausende, die sich als Ungarn, als treue, gleichberech-

153 Ebenda, S. 72. 154 Ebenda, S. 73. 155 Pannonia vom 24. Januar 1875. Hier zit. nach VALJAVEC, Bürgertum, S. 217. – Valjavec wertete hier den damals im Südost-Institut aufbewahrten Steinacker-Nachlass aus.

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tigte Bürger des Landes fühlen, die aber gleichzeitig stolz darauf sind, deutsche Bür- ger ihres Landes zu sein, für das ihre Väter geblutet und gearbeitet [haben].“156 Doch nach einigen Monaten war das Blatt bereits „entnationalisiert“, worauf sich auch die autobiografische Bemerkung Steinackers beziehen dürfte: „Auch wurde die deutschgesinnte Presse rasch durch Entziehung von Inseraten, Verweige- rung von Druckaufträgen an die Verleger solcher Blätter zum Verstummen gebracht. Die Bemühungen einzelner deutschgesinnter Männer, durch die Zeitungen national aufklärend auf die deutschsprachigen Landesbürger einzuwirken, wurde auf diese Weise vereitelt.“157 Dennoch setzte Steinacker alles daran, die Interessen seiner „deutschungarischen Bürger“ nunmehr als Politiker zu vertreten: „Meine Neigung zur Politik trieb mich an, mich um ein Mandat zu bewerben, und zwar selbstverständlich als Anhänger der na- tionalen Gleichberechtigung, als Nationalitätenkandidat.“158 Aufgrund seiner engen Verbindungen mit führenden Angehörigen der Siebenbürger Sachsen wurde er in der Legislaturperiode 1875-1878 zum Abgeordneten des siebenbürgisch-sächsischen Wahlkreises Bistritz und 1881-1888 des Wahlkreises Heltau gewählt, als erster Nicht- Siebenbürger Sachse. In seinen im Parlament gehaltenen Reden vertrat Steinacker ve- hement städtisch-bürgerliche Interessen und befürwortete eine politische Zusammen- arbeit mit den anderen Nationalitäten. Seine in einer Parlamentsrede 1888 geäußerte harsche Kritik an der Magyarisierungspolitik der Regierung löste allerdings ein eth- nopolitisches Erdbeben aus.159 Ministerpräsident Kálmán Tisza erhob in seiner Ant- wort auf die Rede Steinackers den Vorwurf, „Hass gegen Ungarn und gegen das Ma- gyarentum zu verbreiten“. „Tisza sprach sein Bedauern aus, dass der viele vorzügliche Eigenschaften besitzende deutsche Volksstamm in Ungarn sich durch so unglückliche Führer verhasst mache und so hingestellt werde, als ob er ein Gegner des ungarländischen Staates wäre, während dieses arbeitsame Volk, wenn nicht jene Führer ohne Grund Sturm läuten würden, niemals etwas anderes tun würde, als getreulich seine Pflichten gegen das Vaterland zu erfüllen, von wel- chem es auch aus nationalen Gesichtspunkten noch niemals irgend welcher Verfolgungen ausgesetzt war.“160 Heftige Angriffe in der Presse und der Druck der Regierungspartei auf die Ab- geordneten der Siebenbürger Sachsen zwangen Steinacker, sein Abgeordnetenmandat und einige Jahre später, 1891, auch seine Tätigkeit in der Budapester Handels- und Gewerbekammer aufzugeben.161 Steinacker verließ 1892 Ungarn und zog sich nach Wien zurück. 1902 erwählte er Klosterneuburg als Domizil.

156 VALJAVEC, Bürgertum, S. 219, aufgrund eines im Steinacker-Nachlass befindlichen Zei- tungsausschnitts. 157 STEINACKER, Lebenserinnerungen, S. 137 f. 158 Ebenda, S. 78. 159 Als Historiker wird man unwillkürlich an die Parlamentsrede Jakob Bleyers im Mai 1933 mit ähnlichen Folgen erinnert. 160 STEINACKER, Lebenserinnerungen, S. 203 f. 161 Ebenda, S. 201-210.

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Bis 1892 hatte sich Steinacker zwar als Politiker profiliert, der für die Modernisie- rung, die Interessen des städtischen Bürgertums, der Nationalitäten und der deutschen Stadtbevölkerung eintrat. Doch die Zersplitterung seiner von ihm vertretenen Minder- heit in viele Kleingruppen vermochte er nicht zu überwinden, weder durch eine Sammlungsbewegung noch durch ein Medium, das als Sprachrohr dafür hätte dienen können. Dieser Erfolg war ihm zeitlebens nicht vergönnt, obwohl er alles, was damals machbar erschien, versuchte. Seine Abgeordnetentätigkeit ermöglichte ihm allerdings, persönliche Beziehungen zu vielen herausragenden Vertretern dieser Kleingruppen in nahezu allen deutschen Siedlungsregionen zu knüpfen. Seine Kenntnisse der Regie- rungspolitik einerseits, der Nationalitätenverhältnisse andererseits haben ihn in Verein mit seiner intellektuellen und politischen Begabung zu einer Führungsrolle prädesti- niert. Das erkannten offenbar viele seiner Zeitgenossen, nicht zuletzt auch seine poli- tischen Gegner, die sicherlich daran dachten, ihn endgültig losgeworden zu sein, nachdem sie dafür gesorgt hatten, dass er durch Entlassung aus seinen Ämtern beruf- lich wie politisch „der öffentlichen Meinung geopfert“162 worden war und 1892 Bu- dapest verlassen musste.

10.2 Die Ungarländische Deutsche Volkspartei Steinackers ethnopolitischer Ruhestand war nicht von langer Dauer. Auf Vermittlung des in Wien als Theaterdirektor tätigen Adam Müller-Guttenbrunn nahm Johann An- heuer (1842-1929) aus Neupetsch/Peciu Nou im Banat, Direktor der kommunalen Sparkasse, 1897 Verbindung mit ihm auf. Anheuer gehörte zu den führenden Honora- tioren des Banater Deutschtums und hatte wesentlich zum Erfolg des Südungarischen landwirtschaftlichen Bauernvereins beigetragen. Sein Ziel war „die Schaffung eines Blattes in Temeschburg zur nationalen Erweckung des deutschen Bewusstseins“, für das er Steinacker als Chefredakteur gewinnen wollte. „Als Anheuer mich aufsuchte, konnte ich zwar seinen Wunsch nicht erfüllen, da ich nach Ungarn nur als Abgeord- neter zurückkehren wollte, weil ich deutsch-völkische Propaganda nur unter dem Schutze der Immunität für möglich hielt.“163 Erst nach dem 1899 erfolgten Regierungswechsel von Bánffy, der sich offen rühmte, ein magyarischer Nationalist zu sein, zu Kálmán Szell, der für „Gesetz, Recht und Gerechtigkeit“ eintrat, hielt Steinacker die Zeit für gekommen, das Projekt einer deutschen Tageszeitung zu verwirklichen. Die neue Regierung hielt er für so gemä- ßigt, „dass sie einer deutschen Bewegung, solange sie streng auf gesetzlichem Boden

162 Ebenda, S. 210. Ein Angebot, „die Leitung des Siebenbürgisch-Deutschen Tageblattes zu übernehmen“, schlug Steinacker aus, was er wie folgt begründete: „Bei der leichten Wan- delbarkeit der politischen Lage und der Parteiverhältnisse musste ich aber befürchten, die mir vorgeschriebene redaktionelle Marschroute mit meinen Anschauungen und Überzeu- gungen oft nicht vereinbaren zu können und in den engen siebenbürgischen Verhältnissen unabwendbar hier und dort anzustoßen.“ – Ebenda, S. 211. 163 Ebenda, S. 138.

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bewegte, nicht mit Gewaltmaßnahmen entgegentreten würde“164. Das sollte sich je- doch bald als Fehleinschätzung herausstellen. In den Jahren 1898 und 1899 nahm Steinacker zu den deutschen Schutzvereinen, insbesondere dem Deutschen Schulverein und dem 1890 in Berlin gegründeten All- deutschen Verband, Kontakt auf, um die Finanzierung des Zeitungsprojekts sicher- zustellen.165 Gegenüber dem Alldeutschen Verband begründete er das Zeitungsprojekt wie folgt: „Es handelt sich also vor allem um forcierte Markierung des deutschen Selbstbewusstseins in der Bevölkerung, solange ein geeignetes Material noch vorhanden ist, das sich gegen die Entnationalisierung mittels Kirche und Schule wehrt. Zu diesem Zweck muß zunächst das Gefühl der Vereinzelung der entweder in Sprachinseln lebenden oder durch Sprachinseln fremder Nationalität getrennten Deutschen behoben werden. […] Dieses Ziel kann nur durch ein nach und nach in alle Gegenden des Landes dringendes, gut redigiertes Tages- blatt erreicht werden.“166 Im Rahmen eines mehrwöchigen, vom Deutschen Schulverein und dem Alldeut- schen Verband finanzierten Aufenthalts im Banat im Sommer 1900 knüpfte Stein- acker ein Netzwerk von Repräsentanten der Banater Deutschen in Temesvár, Wer- schetz, Weißkirchen, Pantschewo und Neusatz (in der Batschka), mit deren Hilfe er die Gründung der Zeitung vorbereitete. Als leitenden Redakteur gewann er den in Wien an der Reichspost tätigen Alwin Cramer (†1921), der als Siebenbürger Sachse mit der Nationalitätenproblematik in Ungarn vertraut war. Mit Spenden aus Deutsch- land (jeweils rund 3 000 Mark vom Alldeutschen Verband und dem Schulverein), dem Banat und Siebenbürgen konnte die amtlich festgelegte Kaution von 20 000 Kronen finanziert werden, so dass das Deutsche Tagblatt für Ungarn ab 16. Dezem- ber 1900 in Temesvár erscheinen konnte. Man rechnete mit jährlichen Betriebskosten in Höhe von 15 000 Kronen, die durch etwa 750 Abonnenten gedeckt werden sollten. Doch diese Rechnung ging nicht auf. Es gab zu wenig Abonnenten, obwohl der Deutsche Schulverein sich zur Übernahme von 270 Exemplaren verpflichtete und Schulverein wie Alldeutscher Verband ihren jährlichen Unterstützungsbeitrag 1903 von jeweils 3 000 auf 4 000 Mark erhöhten.167 Inzwischen war die Regierung auf die „pangermanistische Bewegung“ in Südun- garn aufmerksam geworden. Dazu trug auch die Denkschrift des für das Banat zu- ständigen Bischofs von Csanád, Sándor Dessewffy (1834-1907), bei, der am 26. Juni 1902 der Regierung berichtete: „Unbestreitbare Tatsache ist, dass in der letzten Zeit, etwa seit zwei bis drei Jahren, unter der deutschsprachigen Bevölkerung Südungarns eine solche nationale Bewegung anhob, dass sie die in den beiden letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts sich erfreu- licherweise ausbreitende Magyarisierung in mehreren Orten abgebrochen hat. Die süd- ungarische deutsche Bevölkerung, die unter besseren materiellen Verhältnissen lebt als die

164 SENZ, Bewegung, S. 67. 165 SCHÖDL, Verband, S. 133 ff. 166 Brief Steinackers an Paul Samassa, Spätherbst 1900. Hier zit. nach SENZ, Bewegung, S. 67. 167 SENZ, Bewegung, S. 69 f.

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übrige Bevölkerung des Landes, beschritt mit aller Bereitwilligkeit den Weg der Magyari- sierung und bekannte sich mit Leib und Leben als magyarisch. Für die kommende Genera- tion hielt sie die Kenntnis der magyarischen Sprache für unabdingbar. […] Die Deutsch- stämmigen, die mittlere oder höhere Schulen absolviert haben, wurden zu den aufrichtigs- ten Anhängern und Verbreitern der ungarischen Staatsidee. […] Die Lage ist im Allgemei- nen noch ziemlich günstig, in vielen Ortschaften hat sie sich dagegen entschieden zum Schlechteren gewendet. […] Dieser Umschwung der Dinge wurde durch nichts anderes bewirkt als nur durch äußere Beeinflussung, und deshalb ist dem Übel nur durch ein ener- gisches Einschreiten und Zurückdrängen der Einflüsse beizukommen.“168 Der Bischof machte für den „Pangermanismus“ und dessen Verbreitung ausdrück- lich die beiden Zeitungen, nämlich das Deutsche Tagblatt für Ungarn und die Groß- Kikindaer Zeitung, verantwortlich und wies darauf hin, dass angesichts der wenigen Abonnenten diese Blätter nur durch fremde Hilfe von außen, „am meisten von den Siebenbürger Sachsen“, indirekt wahrscheinlich auch aus dem Ausland, aufrechter- halten werden könnten. Dem Bischof lagen „Angaben darüber vor, dass das Deutsch- tum nur in wenigen Gemeinden einige Exemplare der Blätter abonniert hat“, nämlich in Neupetsch, Gertjanosch/Cărpiniş, St. Hubert/Sveti Hubert, Ostern und Weißkir- chen. Die Regierung war bereits aktiv geworden und hatte die Redakteure des Tagblat- tes, Alwin Cramer und Alois Krisch (geb. 1877), sowie den Redakteur der Großkikin- daer Zeitung, Arthur Korn (1860-1928), mit Presseprozessen überzogen. Ihrer Verur- teilung folgte die gesetzwidrige Ausweisung von Cramer und Korn aus Ungarn, um dadurch die Sprachrohre des „Pangermanismus“ zum Schweigen zu bringen. Lutz Korodi (1867-1953)169, der Redakteur der Werschetzer Zeitung, Jakob Schümichen (1851-1905), und Steinacker kamen mit geringeren Strafen davon. Die Kandidatur Steinackers und weiterer Mitglieder des von ihm geführten Kreises in den Parla- mentswahlen von 1901 endete in einem Desaster. Steinacker selbst erhielt in seinem Wahlkreis Groß-Komlosch/Comloşu Mare nur 245 Stimmen. Das Tagblatt war weder politisch noch wirtschaftlich länger zu halten und stellte am 30. November 1903 sein Erscheinen ein. Als Nachfolgeorgan erschien ab Dezember 1903 der Deutschungari- sche Volksfreund unter der Leitung von Viktor Orendi-Hommenau (1870-1954), der jedoch zunächst nur als völlig unpolitisches Blatt erscheinen durfte. Erst zwei Jahre später konnte man die für ein politisches Organ erforderliche Kautionssumme auf- bringen. Die Medieninitiative zur Mobilisierung der deutschen Bevölkerung Südun- garns war damit einstweilen gescheitert. Im Schatten der mit den Parlamentswahlen von 1905 ausgebrochenen Dualismus- Krise, der harten Auseinandersetzungen zwischen Krone und politischem Establish-

168 Iratok a nemzetiségi kérdés történetéhez, Bd. 3, S. 312-314. 169 Lutz Korodi, 1893 Redakteur der Kronstädter Zeitung, 1899 Gymnasiallehrer in Kronstadt, 1901 Abgeordneter der „Grünen“-Fraktion der Siebenbürger Sachsen, 1903 wegen „Auf- reizung gegen die ungarische Nation“ zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, musste daraufhin Siebenbürgen verlassen und trat in Berlin in den preußischen Schuldienst; er war ab 1897 als Verbindungsmann der Siebenbürger Sachsen zum Alldeutschen Verband tätig.

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ment170, wurde die Wahlrechtsreform, die Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts, zu einem auch von den Nationalitäten begrüßten Instrument, die „feuda- le“ Herrschaft der Aristokratie und der Gentry zu brechen. Im Zuge zahlreicher in den Banater Städten wie Weißkirchen und Werschetz abgehaltenen Kundgebungen für das neue Wahlrecht, die nicht zuletzt auch als Solidaritätskundgebung für die vom König eingesetzte Regierung Géza Fejérváry (1833-1914, Ministerpräsident vom 18. Juni 1905 bis zum 8. April 1906) gesehen wurden und deshalb großen Zulauf erhiel- ten, setzte erstmals eine politische Mobilisierung auf einer wenn auch noch geringen Massenbasis ein. Parteigründungen stießen plötzlich auf Resonanz, als erste die Gründung der „Bürgerpartei“ am 15. April 1906 in Werschetz. Drei der acht Punkte ihres Parteiprogramms nahmen ausdrücklich Forderungen der in Werschetz lebenden serbischen, rumänischen und deutschen Nationalität auf, nämlich die „strenge Einhal- tung und gewissenhafte Durchführung des Nationalitätengesetzes“, den „obligatori- schen Unterricht in der Muttersprache in allen Volks- und Mittelschulen ohne Zu- rücksetzung der Staatssprache“ und natürlich die Einführung des allgemeinen Wahl- rechts.171 Bei den neu angesetzten Parlamentswahlen vom 28. April 1906 gewannen die schwäbischen Kandidaten zwar wesentlich mehr Stimmen als 1901, doch gelang es ihnen nicht, sich gegenüber dem ungarischen Parteiestablishment durchzusetzen, so dass unter den 39 Nationalitätenabgeordneten zwar 13 Siebenbürger Sachsen, 4 Serben, 14 Rumänen und 8 Slowaken vertreten waren, aber kein „ungarländischer Schwabe“. Die den Nationalitäten eingeräumte größere Bewegungsfreiheit der Regierung Fe- jérváry, die kurzfristig ihre innenpolitische Isolation auch mit Hilfe der Nationalitäten durchbrechen wollte, wurde genutzt: ‒ für eine Reihe von Neugründungen deutscher Lokalzeitungen wie des Pant- schowaer Volksblatts, des Südungarischen Generalanzeigers und der Süd- batschkaer Zeitung, die viel selbstbewusster als bislang auftraten und ver- suchten, einen „deutschen Standpunkt“ in der Beurteilung der politischen Lage einzunehmen; 1906 verdoppelte sich auch die Anzahl der Abonnenten des Deutschungarischen Volksfreundes172; ‒ für vermehrte, von Kommunen, Kirchengemeinden, Schulstühlen und Volks- versammlungen erhobene Forderungen nach Rücknahme der Magyarisie-

170 Die Forderungen der ungarischen Politiker nach mehr nationalstaatlicher Eigenständigkeit im System des Dualismus, beispielsweise in der Landesverteidigung, beantwortete der Kö- nig mit einer von ihm im Juni 1905 eingesetzten Regierung unter Baron Géza Fejérváry, worauf die in der „Koalition“ vereinigten ungarischen Parteien zum nationalen Widerstand aufriefen. Die Drohung des Königs, das allgemeine Wahlrecht einzuführen, brachte die Parteien zurück an den Verhandlungstisch; im April 1906 bildeten sie das zweite Kabinett Wekerle unter Einbeziehung von Andrássy als Innen-, Kossuth als Handels- und Apponyi als Unterrichtsminister und schlossen schließlich ein Jahr später die Verhandlungen über den wirtschaftlichen Ausgleich mit Österreich erfolgreich ab. 171 SENZ, Bewegung, S. 88. 172 Ebenda, S. 95.

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rungsmaßnahmen und Wiedereinführung der deutschen Sprache in Kirche und Schule, so z.B. in Werschetz, Wiesenheid/Tisa Nouă, Pantschowa, Blu- menthal/Maşloc und Temeschkubin/Kovin173; ‒ schließlich für Parteigründungen, die durch die Aussicht auf das allgemeine Wahlrecht sinnvoller als bisher erschienen. Nach der Bürgerpartei wurde wiederum in Werschetz am 30. Dezember 1906 die Ungarländische Deutsche Volkspartei (im Folgenden abgekürzt UDVP) gegründet, zum Obmann bestimmt wurde der Weißkirchner Rechtsanwalt Dr. Ludwig Kremling (1861-1930), zu seinem Stellvertreter der Gertjanoscher Volkswirt Johann Röser (1870-1932), ihr Parteiorgan war der Deutschungarische Volksfreund. Doch ihre überragende Führungsfigur blieb Edmund Steinacker, der Koordinator des für die Parteifinanzierung unentbehrlichen Netzes von Verbindungen mit den Schutzvereinen in Deutschland und Österreich, den Siebenbürger Sachsen und den Siedlungszentren des ungarischen Deutschtums. Steinacker war auch der Verfasser des Parteipro- gramms. Seine politische Stellung wurde mit seiner 1907 erfolgten Aufnahme in den Beraterkreis des Thronfolgers Franz Ferdinand von Habsburg-Lothringen (1863- 1914) erheblich aufgewertet. Die Gründungsversammlung der UDVP blieb geheim gehalten, erst ein rundes Jahr später, am 2. Dezember 1907, konnte nach Überwindung einiger Hürden seitens der Behörden durch Intervention des mit Steinacker befreundeten rumänischen Ab- geordneten Alexandru Vaida-Voivod (1872-1950) in Budapest die öffentliche und dadurch rechtsgültige Gründung der UDVP wiederum in Werschetz stattfinden. Streng geheim gehalten blieb auch die Mitwirkung des Alldeutschen Verbandes, ein in der Historiografie viel diskutiertes Thema, das nicht nur in der damaligen öf- fentlichen Meinung und Politik, sondern selbst noch in der ungarischen Geschichts- schreibung nach 1945 untrennbar mit dem „Pangermanismus“ als Schlagwort für die deutschen Herrschaftsbestrebungen über ganz Europa bzw. das Streben nach Vereini- gung aller deutschsprachigen Länder und Volksgruppen verbunden war. Was stand inhaltlich hinter diesem von Regierung und Presse häufig ins Feld geführten Schlag- wort? Der Pangermanismus wurde zu einem von Deutschland aus gelenkten Bedro- hungspotenzial aufgewertet, das in keinen direkten Zusammenhang mit den inneren Verhältnissen zu stellen sei, deshalb auch nicht kritisch hinterfragt werden müsse. Die deutsche Bevölkerung in Ungarn müsse vor den Agitatoren des Pangermanismus be- schützt werden, da sie ja in keiner Weise daran interessiert oder höchstens „irregelei- tet“ sein könne, eine Anschlussbewegung im Sinne des Pangermanismus zu unterstüt- zen. Der Pangermanismus sei daher als ein von außen kommender Angriff auf die In- tegrität des ungarischen Staates zu bewerten und mit allen administrativen wie juristi- schen Mitteln zu bekämpfen, seine Agitatoren seien zu kriminalisieren, mundtot zu machen und aus Ungarn zu entfernen. Der Pangermanismus wurde somit zu einer Rechtfertigungsideologie für die Ausgrenzung und Vernichtung der bürgerlichen Existenz derjenigen, die mit dem Pangermanismus-Verdacht überzogen wurden.

173 Ebenda.

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Schließlich übernahm er auch die Funktion, von der Unterdrückungspolitik im eige- nen Land abzulenken, wobei diese von Regierung und Regierungsparteien als Erfin- dung feindlicher Propaganda schlicht geleugnet wurde. Bis 1945 behauptete sich die politische Rhetorik, jeglichen Versuch in Richtung politischer Emanzipation und Par- tizipation von Schwaben (wie Sachsen) in Ungarn als Pangermanismus zu verleum- den, also „deutsche Bewegung“ mit pangermanischer Bewegung (pangermán mozga- lom) gleichzusetzen. Unter Einsatz solcher Rhetorik ließen sich vornherein legitimier- te politisch-administrative Unterdrückungsmaßnahmen rasch in Gang setzen. Ungari- sche Politiker wie Kálmán Tisza, István Tisza, Dezső Bánffy, später Gyula Gömbös (1886-1936) und viele andere haben sich im politischen Diskurs solcher pangermán- Argumentationsmuster wiederholt bedient und sie zur Rechtfertigung ihrer Politik he- rangezogen. In den ungarischen Parlamentsprotokollen der Zeit von 1867 bis 1945 werden die Begriffe pangermán, pangermán-mozgalom insgesamt 145 mal verwen- det. Die Mitwirkung des Alldeutschen Verbandes (im Folgenden abgekürzt ADV) an der UDVP-Parteigründung musste aus solchen Gründen unter allen Umständen und unter viel Aufwand geheim gehalten werden. In der ungarischen Historiografie der kommunistischen Epoche war der Pangermanismus-Verdacht ein noch immer will- kommener Vorwand, die wenig erfolgreiche Tätigkeit des UDVP mit „deutschen Weltherrschaftsplänen“ in Verbindung zu bringen und damit auch ein verzerrendes Bild von ihr zu zeichnen.174 Es ist das bleibende Verdienst zweier Historiker, nämlich von Ingomar Senz und Günter Schödl, aufgrund ihrer auf den relevanten Archivquel- len basierenden Studien die Vorgänge rund um die UDVP und ihre Beziehungen mit den Schutzvereinen im Deutschen Reich, insbesondere dem ADV, geklärt zu ha- ben.175 Dennoch interpretieren beide die Mitwirkung des ADV durchaus unterschied- lich. Schödl räumt ein, dass die Volkspartei „nicht einfach Geschöpf und willenloses Werkzeug des ADV ist“176, während Senz stärker ihre Eigenständigkeit betont, weil die Entstehungsgeschichte der Partei „erheblich mehr Aktivität, Eigeninitiative und Eigenleistung der schwäbischen Führung“ gezeigt habe als bislang angenommen.177 Ohne Zweifel war die Mithilfe des ADV unentbehrlich „in dem Sinne, als der deut- schen Bewegung ohne seine finanzielle Hilfe das notwendige Stehvermögen gefehlt hätte“178. Schödl wiederum ist davon überzeugt, dass die Volkspartei „gewiss poli- tisch-ideologisch in hohem Maße durch ihre engen Beziehungen zur deutschnational- alldeutschen Parteien- und (Schutz-)Vereinsgruppierung Mitteleuropas geprägt“ wur-

174 MADARAS; TOKODY, Szövetség; DERS., Ausztria-Magyarország; DERS., Pläne. 175 SENZ, Bewegung; SCHÖDL, Verband; DERS., Varianten; DERS., Am Rande, S. 392-452. 176 SCHÖDL, Verband, S. 193. 177 SENZ, Bewegung, S. 97; auf S. 103 sieht Senz es daher als unzutreffend an, die nationalbe- wussten Ungarndeutschen als Pangermanen zu bezeichnen, verkennt aber damit die Funk- tion dieses Schlagworts im ungarischen politischen Diskurs. 178 Ebenda, S. 97.

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de.179 Die Absenz entsprechender Forderungen im Parteiprogramm der UDVP erklärt er als „Ergebnis wohlbegründeter taktischer Vorsicht“180, räumt jedoch zugleich ein: „Aus der Tatsache, dass man aus Vorsichtsgründen die eigentlich weiterreichenden natio- nalpolitischen Ziele nicht ins Programm aufgenommen hat, kann natürlich nicht umgekehrt gefolgert werden, dass die UDVP wegen ihrer engen organisatorisch-finanziellen Verbin- dung zum Alldeutschen Verband auch dessen nationalpolitische Grundsätze voll und ganz übernommen hätte.“181 Was war nun die Zielsetzung des ADV und worin unterschied sich die UDVP vom ADV? Der ADV zielte auf eine Neuorientierung der Politik des Deutschen Reiches im Sinne eines „völkischen“ Nationalismus ab. „Aggressiv-fatalistische, agrarroman- tisch-antimodernistische Auffassungen verbanden sich mit dem Grundsatz, dass die (reichs)deutsche Politik nicht nur kleindeutschen Interessen zu dienen habe, sondern dem Existenzinteresse des gesamten deutschen Volkes in Mittel- und Osteuropa.“182 Im Rahmen dieser Programmatik betrachtete der ADV die mehr als zwei Millionen Deutschen im Königreich Ungarn als wertvolle strategische Stütze des Deutschen Reiches, die es zu erhalten und deren Assimilation es zu verhindern galt. Denn die Verbandsführer Ernst Hasse (1846-1908) und Paul Samassa (1868-1941) verfolgten nicht mehr das Ziel, die Habsburgermonarchie aufzulösen (was wiederum ihre Gesin- nungsgenossen, die österreichischen Alldeutschen, nach wie vor für nötig hielten), sondern beabsichtigten, sie mit Hilfe insbesondere der deutschen Nationalität zu sta- bilisieren und vor der drohenden Slavisierung zu bewahren, da sie Letztere als eine größere Gefahr betrachteten. Der aus Laibach/Ljubljana stammende Paul Samassa183 diagnostizierte 1910 in der Habsburgermonarchie einen Kampf aller „nichtdeutschen Nationalitäten gegen den Zentralismus“184. Er entwarf folgendes Szenario: „Läge Deutschland schließlich auch am Boden“ als Ergebnis einer neuen Koalitionsbildung von Wien mit Petersburg à la Kaunitz 1756, „der Sieg würde England und dem Panslawismus gehören, die sich in die Herrschaft der Welt teilten; Österreich fiele die Rolle einer russischen Satrapie

179 SCHÖDL, Verband, S. 193. 180 SCHÖDL, Am Rande, S. 413. 181 Ebenda, S. 413 f. 182 Ebenda, S. 414. 183 Paul Samassa war als habilitierter Zoologe 1897 aus gesundheitlichen Gründen aus dem Lehrbetrieb der Universität ausgeschieden, 1897-1899 Journalist der Münchner Neuesten Nachrichten, 1900-1908 Schriftleiter der in Berlin erscheinenden Alldeutschen Blätter und koordinierte ab 1911 von Wien aus die Tätigkeit der in Österreich tätigen, mit dem ADV kooperierenden Schutzvereine und Burschenschaften und erhielt 1911/12 Zutritt zur Militärkanzlei des Thronfolgers Franz Ferdinand. – SCHÖDL, Beitrag. Nach Schödl ent- deckte der ADV durch Samassas Bemühungen das Deutschtum in Ungarn als „seine Ziel- gruppe“. 184 SAMASSA, S. 37.

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zu.“185 Das galt es zu verhindern und die Hilfe für die Steinacker-Bewegung sollte dazu dienen, nicht nur die Habsburgermonarchie zu stärken, sondern auch eine „fried- liche Wiedereroberung Ungarns“ durch die Dynastie und der sie bejahenden Kräfte vorzubereiten, da ja schließlich auch die Magyaren die slavische Gefahr als Existenz gefährdend anerkennen müssten.186 Trotz der Einbindung der UDVP als ziemlich untergeordneten Faktor in solche weltpolitischen Szenarien und Expansionspläne verfolgte die Volkspartei eine Politik der vom ADV sich klar abgrenzenden Eigeninteressen und -ziele, die mit ihrer an Ungarn und seinem Deutschtum orientierten Programmatik mit der völkischen Aus- richtung des ADV so wenig zu tun hatte, dass es mehr als eine Vorsichtsmaßnahme war, Letztere auszublenden, wie Schödl annimmt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der altliberale Steinacker die völkische Ideologie des ADV auf ungarische Ver- hältnisse schlicht für nicht anwendbar hielt. Das von Steinacker entworfene Partei- programm kann das nur bestätigen. Aus ihm geht hervor, dass Steinacker keineswegs beabsichtigte, einen als Partei getarnten deutschnationalen Schutzverein zu etablieren und die damit implizierten Kämpfe um Bestandserhaltung oder -vermehrung deut- schen Volkstums auf Ungarn zu übertragen. Die Verfolgung von Schutzvereinsinter- essen konnte Steinacker den in Wien sich mit Ungarn beschäftigenden Organisationen überlassen. Ihm ging es um mehr, als ein deutsches Gegengewicht zu ungarischen Schutz- und Magyarisierungsvereinen zu bilden. In einem solchen Fall wäre es nahe liegend gewesen, die Tätigkeit der UDVP von vornherein auf Südungarn zu be- schränken. Doch Steinacker verfolgte eine ganz andere Richtung. Langfristig gesehen wollte er eine überregionale Sammelbewegung, eine politische Plattform für das „un- garländische Deutschtum“ schaffen, die alle kleineren und größeren Gruppen, darun- ter auch die Siebenbürger Sachsen, unter einem Dach vereinigen sollte. Kurzfristig jedoch ging es ihm darum, als Sprecher des Deutschtums in Ungarn wieder ins Par- lament einzuziehen, eine Rolle, die er über ein Jahrzehnt ausgeübt hatte und die ihm offenbar so gut gefiel, dass er unter allen Umständen ein politisches Comeback versu- chen wollte. Dafür bot ihm die Volkspartei die nötige Ausgangsbasis. Ihr Parteipro- gramm liest sich daher wie eine Zusammenfassung der von Steinacker bereits 1875- 1888 im ungarischen Parlament vertretenen Standpunkte und Forderungen: die Libe- ralisierung von kommunaler Selbstverwaltung, von Vereins-, Versammlungs- und Presserecht und die Verwirklichung der vollen Gleichberechtigung aller Staatsbürger auf der Basis eines „wahrhaften Rechtsstaates“, die „gewissenhafte, strenge Einhal- tung des Nationalitätengesetzes“, den uneingeschränkten Gebrauch der deutschen Muttersprache in Kirche und Schule, schließlich die Einführung des allgemeinen Wahlrechts.187

185 Ebenda, S. 180. 186 Ebenda, S. 169. 187 Programm der Ungarländischen Deutschen Volkspartei, auf S. 3-8 die unter den Buchsta- ben A-M aufgelisteten Programmpunkte, auf S. 8-45 folgen nach eigenen Angaben „an 4 000 Unterschriften von Wählern aus den Komitaten Pest-Pilis-Solt, Bács-Bodrog, Temes, Torontal, Krassó-Szörény, Eisenburg, Wieselburg, Oedenburg, Pressburg und der Zips“. –

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Konsequenterweise richtete Steinacker seine Tätigkeit und die der UDVP in den Folgejahren ganz auf die Vorbereitung der Parlamentswahlen des Jahres 1910 aus. Steinackers Programmpunkt eines Zusammenschlusses aller Deutschen zu einer poli- tischen Einheit stieß auf große Resonanz bei der jungen sächsischen Politikergenera- tion unter der Führung des Hermannstädter Volksschulrektors Rudolf Brandsch, die als Gruppe der „Grünen“ in Opposition zur offiziellen Politik der siebenbürgisch- sächsischen Parlamentsabgeordneten stand. Unter Mitwirkung Steinackers gründete Brandsch (1880-1953) im Dezember 1908 die in Hermannstadt erscheinende Deutsche Bürgerzeitung als mediale Gegenposition zum Siebenbürgisch-Deutschen Tageblatt und definierte in ihr als Aufgabe der Sachsen, sie hätten „in erster Linie an der nationalen und politischen Erweckung des übrigen ungarischen Deutschtums mit- zuarbeiten“188. Mit der Forderung nach einer „deutschungarischen Gemeinbürg- schaft“189 und einem Aktionsbündnis mit den anderen Nationalitäten Ungarns stieß er auf heftige Ablehnung seitens der führenden sächsischen Abgeordneten wie Rudolf Schuller und Emil Neugeboren (1870-1950). Letzterer vertrat die Ansicht, dass den Sachsen angesichts der rumänischen Bevölkerungszunahme der „Volkstod“ drohe, vor dem sie nur durch eine dauerhafte Zusammenarbeit mit der ungarischen Regie- rung bewahrt werden könnten190, und Schuller hielt an der Sonderrolle der Sachsen fest: „Wir haben keine Ursache, uns auf den Standpunkt von gleich und gleich zu stellen. […] Wir bekennen uns zu dem politischen Urteil, dass das übrige Deutschtum in Ungarn durch nichts gerettet werden kann.“191 Brandsch und Steinacker waren in dieser politischen Konstellation wechselseitig aufeinander angewiesen und arbeiteten daher immer enger zusammen. Mit Wahlab- sprachen in einzelnen Wahlkreisen mit Repräsentanten und Kandidaten der serbi- schen und rumänischen Bevölkerung suchten sie die Aussichten auf einen Wahlerfolg zu verbessern. Die UDVP stellte fünf (oder zehn) Kandidaten auf192, nämlich Stein-

S. 45. – Das Parteiprogramm auch bei SCHÖDL, Verband, S. 389-392. – Adam Welker war auch Herausgeber der Südbatschkaer Zeitung und wurde in einem Presseprozess im Mai 1913 zu sechs Monaten Gefängnis und einer Geldstrafe von 1 000 Kronen verurteilt, weil er einen Brief eines nach den USA ausgewanderten Landsmanns veröffentlicht und damit „zur Auswanderung“ verleitet hatte. – SENZ, Bewegung, S. 257. 188 Zit. nach SENZ, Bewegung, S. 195. 189 Dieser Begriff wird von GOTTAS, Die Deutschen, S. 405 ff., und SENZ, Bewegung, ver- wendet, beide klären jedoch nicht, wer als sein Urheber anzusehen ist und wann er in den politischen Diskurs des UDVP eingebracht wurde. SENZ, S. 188, beruft sich auf Brandsch, der 30 Jahre später im Rückblick den Begriff als im ungarländischen Deutschtum ge- bräuchlichen Ausdruck bezeichnete, „um das ungarische Deutschtum auf eine Linie zu bringen“. – BRANDSCH, Edmund Steinacker, hier S. 467. 190 SCHÖDL, Am Rande, S. 426. 191 Siebenbürgisch-deutsches Tageblatt vom 3. Mai 1908, hier zit. nach SENZ, Bewegung, S. 195. 192 Fünf nach SENZ, Die nationale Bewegung, S. 242, zehn nach SCHÖDL, Am Rande, S. 418, gestützt auf eine Aussage von Steinacker.

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acker in Weißkirchen und im westungarischen St. Gotthard, Kremling in Lovrin, Reinhold Heegn in Werschetz, Viktor Orendi-Hommenau in Lippa und Johann Röser (1870-1932) in Klein-Betschkerek/Becicherecu Mic. Der ADV steuerte zur Finanzie- rung des Wahlkampfes insgesamt 17 347 Kronen bei (davon wurden nach den Wah- len jedoch 5 000 Kronen zurückgezahlt), doch reichte das bei weitem nicht aus, die Gesamtkosten zu decken. Kremling beispielsweise steuerte aus eigenen Mitteln noch 8 000 Kronen bei, Heegn gleichfalls 4 000.193 Ihre politischen Gegner überboten sol- che Beträge mit 70 000 bis 100 000 Kronen. Seton-Watson berichtet, dass magyari- sche Kandidaten für die Bestechung pro Wähler durchschnittlich hundert bis zwei- hundert Kronen zahlten.194 Damit war von vornherein klar: Es gab „offensichtlich keine Chancen, gegen die verbreiteten Bestechungs- und Einschüchterungspraktiken der großen Parteien etwas auszurichten“195. Alle fünf (oder zehn) Kandidaten fielen bei der Wahl durch. Nur ein Drittel der deutschen Wähler gab den Kandidaten der UDVP ihre Stimme. Die Partei musste sich daher im Parlament durch die in Siebenbürgen (Hermannstadt und Honig- berg/Hărman) gewählten Abgeordneten der „Grünen“, Brandsch und Wilhelm Trau- gott Kopony (1868-1939), vertreten lassen. Der Schwabe Ferdinand Riester (1846- 1911), der als Bürgermeister von Ruma vom kroatischen Sabor in das ungarische Par- lament entsandt wurde, erlag bereits im August 1911 einem Herzschlag, „so blieb der Einsatz für die ungarndeutsche Gemeinbürgschaft auf höchster Ebene weiterhin nur den beiden sächsischen Abgeordneten vorbehalten“196. Brandsch war enttäuscht vom Mangel der Schwaben an politischem Bewusstsein einer national definierten Zusam- mengehörigkeit: „Jedes Dorf und jede Stadt ist noch heute ein für sich selbst lebendes Individuum“197, doch stimmte er mit Steinacker und auch dem Geldgeber ADV, der ja bereits beide unterstützte, darin überein, die Arbeit der UDVP fortzusetzen. Der ADV-Vorsitzende Heinrich Claß (1868-1953) teilte bereits kurz nach dem für die UDVP missglückten Wahlausgang Steinacker im Juni 1910 mit: „Meine Auffassung ist folgende: 1. Die Unterstützung des ungarländischen Deutschtums ist jetzt erst recht die wichtigste Aufgabe des Alldeutschen Verbandes. 2. Die Volkspartei hat ihr Recht zum Dasein bewiesen und ist nötiger wie je. 3. Ein noch engeres Zusammen- gehen mit den Nationalitäten ist anzustreben.“198 Zehn Tage später ergänzte Claß seine Solidaritätsadresse mit der Versicherung: „Ich werde Sorge dafür tragen, dass wir stets für Ungarn Geld bereitliegen haben.“199 Die Jahre bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs waren mit Kleinarbeit auf kommunaler Ebene, mit Auseinandersetzungen mit den ungarischen Behörden auf Kreis- und Komitatsebene, mit Wahlkämpfen für Gemeinderäte, Schul- und Kirchen-

193 SENZ, Bewegung, S. 249. 194 SETON-WATSON, Wahlen, S. 159 f. 195 SCHÖDL, Am Rande, S. 418. 196 SENZ, Bewegung, S. 254. 197 Zit. nach SCHÖDL, Am Rande, S. 426. 198 Ebenda, S. 419. 199 Ebenda.

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stühle sowie Komitatsvertretungen ausgefüllt. Es gab Versuche, die Parteiorganisati- on über Banat und Batschka hinaus auszudehnen, beispielsweise auf Westungarn, wo der Gutsbesitzer Karl Wollinger (1877-1945) von Heiligenkreuz seit 1907 Steinacker unterstützte, oder durch Otto Krause (1870-1910), den Verfasser des Deutschungari- schen Katechismus, auf die deutschen Dörfer rund um Budapest. Um in Budapest selbst wenigstens medial vertreten zu sein, wurde Rudolf Brandsch 1913 Miteigentü- mer des Budapester Tagblattes, wahrscheinlich als Strohmann der Militärkanzlei des Thronfolgers Franz Ferdinand, die vom österreichischen Ministerpräsidenten Graf Karl Stürgkh (1859-1916) 1912 zu diesem Zweck 30 000 Kronen erhielt.200 Eine indi- rekte Bestätigung dafür lieferte der ungarische Ministerpräsident István Tisza, der Brandsch in seiner Rede vom 20. März 1914 wegen seiner Zusammenarbeit mit der UDVP und den Nationalitäten scharf angriff. Er beschuldigte ihn und die Sachsen, die fast ausnahmslos loyalen Schwaben gegen den Staat aufzuwiegeln, und drohte, falls ihre Schulen nicht künftig den schwäbischen Schülern den Zutritt verwehrten, die bisherigen Kirchensubventionen zu streichen. Tisza hielt jegliche politische Agitation bei den Schwaben für unberechtigt und betonte den Unterschied zwischen den Sach- sen und den übrigen deutschsprachigen Bewohnern Ungarns, da die sächsische Posi- tion eine „historische Basis“ besitze.201 Den übrigen 90 Prozent der deutschen Bevöl- kerung Ungarns wurde hiermit eine solche abgesprochen. Die Ansiedlung der „Schwaben“ im 18. Jahrhundert bot dieser Interpretation nach keine historische Legi- timation, sich politisch als eigene Gruppe zu formieren und daraus entsprechende Rechte abzuleiten, wie sie den Siebenbürger Sachsen, wenn auch in sehr bescheide- nem Rahmen, zugestanden wurden.

10.3 Schutzvereine rund um die UDVP Begleitet und verstärkt wurden die Parteiaktivitäten von einem in dieser Zeit entstan- denen Netzwerk neu gegründeter Organisationen mit dem Charakter nationaler Schutzvereine, einer propagandistischen Einzelaktion, der Publikation des „Deutsch- ungarischen Katechismus“ und der „karpathendeutschen“ Initiative von Raimund Friedrich Kaindl. Hinter dem am 9. März 1907 in Wien gegründeten Verein zur Erhaltung des Deutschtums in Ungarn standen Anhänger der alldeutschen Bewegung Georg Ritter von Schönerers (1842-1921), die als Irredenta-Bewegung für die Angliederung des deutsch besiedelten Westungarns an die österreichische Reichshälfte eintrat. Sein aus einer Iglauer Familie stammender Vorsitzender, der Schullehrer Josef Patry (1870- 1953), hatte in einem am 17. Juni 1906 im Alldeutschen Tagblatt erschienenen Artikel für einen Bevölkerungsaustausch von Magyaren mit Ungarndeutschen aus dem Bu- chenwald geworben, um den Anschluss Westungarns auf friedlichem Weg zu errei- chen.202 Dem Verein gehörte nach Andrew Frank Burghardt kein einziges in Westun-

200 SCHÖDL, Beitrag, hier S. 109. 201 Deutschungarischer Volksfreund, Nr. 13 vom 27. März 1914, S. 3. 202 Alldeutsches Tagblatt vom 17. Juni 1906.

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garn geborenes Mitglied an.203 Er umfasste 1911 neun Ortsgruppen, neben Wien Fürstenfeld, Graz, Wiener-Neustadt, Ebenfurth, Halle, Leipzig, Hannover und Chica- go, und zählte zu diesem Zeitpunkt etwa 1800 Mitglieder, darunter auch Edmund Steinacker.204 Aus der bereits 1900 gegründeten Vereinigung deutscher Hochschüler aus den Ländern der ungarischen Krone in Wien ist der am 1. Februar 1911 gleichfalls in Wien gebildete Deutschungarische Kulturrat hervorgegangen, der systematischer als die Vereinigung Schulstipendien an deutschungarische Schwaben vergab und deren Studium an siebenbürgisch-sächsischen Gymnasien (vor allem in Hermannstadt, Mühlbach und Mediasch) organisierte, um die Heranbildung einer schwäbischen Elite zu fördern.205 Außerhalb Siebenbürgens gab es in Ungarn zu dieser Zeit bereits keine deutschen Gymnasien mehr. Zur Führungsspitze gehörten Rudolf Brandsch, Edmund Steinacker, Stephan Kraft (1884-1959), Bruno und Ludwig Kremling, Eduard Rittin- ger (1879-1929), Karl Wollinger, Lutz Korodi, Josef Patry, Adam Müller-Gutten- brunn und Paul Samassa. Im Zeitraum von 1912 bis 1917 dürften ungefähr 100 Sti- pendien vergeben worden sein. Die Auswahl der Stipendiaten oblag Brandsch und Kraft. Zu den Finanziers gehörten der ADV (mit jährlich 9 000 Mark), der VDA, der Verein zur Erhaltung des Deutschtums in Ungarn sowie eine Reihe von Privatperso- nen, darunter Michael Hainisch (1858-1940, erster Bundespräsident Österreichs 1920- 1928) und der rheinische Industrielle Emil Kirdorf (1847-1938).206

10.4 Der „Deutschungarische Katechismus“ In den Monaten Dezember 1907 bis März 1908 flatterte den schwäbischen Bauern ein 31 Seiten starker Prospekt ins Haus, dem Deckblatt nach eine Werbung für Landwirt- schaftsmaschinen der Firma Müller und Hagemann aus Wien, „Zieglergasse 412, etabliert 1864 – 2 000 Arbeiter“. Blätterte der nach näherer Information Neugierige um, wurde er von der Überschrift auf Seite 1 überrascht: „Deutschungarischer Kate- chismus“. Nach Art eines solchen Katechismus werden auf den anschließenden 30 Seiten auf 104 Fragen ebenso viele Antworten gegeben, beginnend mit „Was ist ein Deutschungar“ (Antwort: „Jeder Deutsche, der in Ungarn geboren wurde, ist ein Deutschungar“) und endend mit „Was sollt ihr mit diesem Büchel machen?“. Ant- wort: „Es gut aufheben und wie ein Gebetbuch halten“. Jeder schwäbische Bauer katholischer Konfession war mit dem Katechismus als einer kurzen Zusammenfassung und praxisbezogener Handlungsanleitung der christ- lichen Glaubenslehre vertraut. Dessen Stil übernehmend und den Inhalt in eine „na- tionale Glaubenslehre“ übersetzend, gebrauchte der Verfasser eine derbe Sprache, die vor drastischen Ausdrücken, apodiktischen Aussagen, rhetorischen Zuspitzungen und groben Vereinfachungen nicht zurückschreckte. Der Verfasser blieb anonym, war je-

203 BURGHARDT, S. 48. Über den 1906 erschienenen Artikel ebenda, S. 47. 204 SENZ, Bewegung, S. 199. 205 GRUBER. 206 SENZ, Bewegung, S. 216-218.

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doch aufgrund zahlreicher Angaben im Nachlass Edmund Steinackers leicht zu ermit- teln.207 Als Finanzbeamter des Ungarischen Finanzministeriums in Budapest war sei- ne Anonymität eine durchaus verständliche Vorsichtsmaßnahme, die nach Erscheinen einsetzenden Verfolgungsmaßnahmen ungarischer Behörden haben das bestätigt. Der Verfasser Hermann Otto Krause, Sohn deutscher Winzer, lebte in einem schwäbi- schen Dorf, in Pomáz, unweit von Budapest, er kannte also Mentalität und An- schauungen seiner Adressaten. Als Budapester Vertrauensmann der UDVP hatte er für die Parteigründung Unterschriften gesammelt, die er dann auch als Adressen für die Versandaktion des Katechismus verwendete. Der Versand wurde von Wien aus vorgenommen, bei einem der Absender, Wilhelm Engelhardt, wurde auf Betreiben der ungarischen Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung durchgeführt, die aller- dings ergebnislos verlief.208 Der Katechismus war bereits vor seinem Erscheinen ein Thema in der Korrespon- denz Krauses mit Steinacker und Samassa und ist daher als eine gemeinsame Aktion der drei Personen und der beiden Organisationen UDVP und ADV anzusehen. Letzte- rer finanzierte auch den Druck von insgesamt 15 000 Exemplaren, die aus Wien nach Ungarn verschickt wurden, und zwar auf Weisung von Steinacker an folgende Sied- lungsregionen209:

Siedlungsregion Anzahl der Exemplare Westungarn 2 000 Komitat Pest-Pilis-Solt 2 500 Stuhlweißenburg, Veszprém, Esztergom 750 Tolna 500 Baranya 500 Batschka 2 500 Banat 2 750 Arad 500 Zips 250 Raab 150 Budapest II und III 2 500 Summe 14 900

Quelle: SENZ, Bewegung, S. 163.

Diese regionale Verteilung zeigt, dass der Katechismus als Agitationsmaßnahme gedacht war, welche die Gründung der UDVP begleiten sollte, um die Partei auch ei-

207 Der Nachlass Edmund Steinackers wird im Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen aufbewahrt und ist Eigentum der Kommission für Geschichte und Kultur der Deutschen in Südosteuropa. – STEINACKER, Aus den Anfängen. 208 Ebenda, S. 58; STEINACKER, Lebenserinnerungen, S. 154. 209 SENZ, Bewegung, S. 163.

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nem größeren Publikum, nämlich ihren potentiellen Wählern vorzustellen. Aus die- sem Grund waren die Regionen, die man offenbar in erster Linie ansprechen wollte, am stärksten vertreten, nämlich Banat, Batschka (beide zusammen über ein Drittel), Budapest mit Umgebung (ein Drittel aller Exemplare) und Westungarn. Der UDVP, ihren Zielen und den Wahlen werden im Katechismus mehrere Seiten eingeräumt. Im Unterschied zum Parteiprogramm der UDVP ist im Katechismus in der vorvorletzten Frage als Antwort auf die Beschuldigung, ein Pangermane zu sein, erstmals von einer Gemeinschaft aller Deutschen „in Österreich, Deutschland und in der ganzen übrigen Welt“ die Rede. Das Interesse an dieser Gemeinschaft sei genau so berechtigt, „wie die Magyaren sich für ihre Stammesgenossen in der Bukowina, in Rumänien und in Nordamerika interessieren“. Der Programmatik von Schutzvereinen folgend werden die Gegner, die Magyaren, den Deutschen als den „tüchtigsten Menschen auf der ganzen Welt“ gegenüberge- stellt, beide als Akteure in ein Geschichtsbild integriert, das die historischen Leistun- gen der Magyaren abwertet, die Rolle der Deutschen und ihre politische und kulturel- le Überlegenheit jedoch hervorhebt. Den Deutschungarn wird eine große Anzahl Ver- haltensregeln erteilt, die in den „10 Geboten eines Deutschungarn“ gipfeln, u.a. sollte (zweimal thematisiert) ein „deutscher Mann nur ein deutsches Mädchen heiraten“. Schließlich wird ganz entschieden Front gemacht gegen den ungarischen National- staat, der besser Ungarország und nicht Magyarország heißen sollte, gegen Magyari- sierung und Assimilation sowie gegen die Alleinherrschaft der Magyaren. Der Deutschungar wird auf seine Rechte aufmerksam gemacht und dazu aufgerufen, auf diese zu bestehen, vor allem auf den Schulunterricht in deutscher Sprache. Der Katechismus hatte eine ausgesprochen deutschnational-völkische Note in die Agitation der UDVP eingebracht, die Steinacker nicht unbedingt teilte210, aber letzt- lich doch begrüßte, da „in überaus drastischer Weise die Unterdrückung des Deutsch- tums den Lesern zum Bewusstsein gebracht, ihr Widerstand provoziert und ihr deutsches Bewusstsein aufgerüttelt wurde“211. Der Erfolg hat ihm Recht gegeben und seine vor dem Versand geäußerten inhaltli- chen Bedenken hinweggefegt. Die Reaktionen waren seitens der schwäbischen Bauern wie der Behörden naturgemäß unterschiedlich. Es gab zahlreiche zustimmen- de bis begeisterte Leserzuschriften, zum großen Teil in sehr einfachem, manchmal auch fehlerhaftem Deutsch, die an Steinacker nach Klosterneuburg weitergeleitet wurden. Bekannt ist die Zahl von mindestens 200 Briefen, von denen allerdings nur ein Teil erhalten blieb. Viele baten um den Erhalt weiterer Exemplare. In einem Brief aus Szentendre schrieben acht auch mit ihrem Beruf unterzeichnende Personen, die offenbar zur Oberschicht gehörten (Paul Mildenberger, Bäckermeister; Johann Gabe- li, Grundbesitzer; Johann Singer, Bindermeister; Franz Deim, Müllermeister; Michael Kada, Pfarrer; Ludwig Kovatschits, Bindermeister; Josef Lieber, Schulaufseher; Sa- muel Leitner, Kaufmann), ihre Zukunft jedoch pessimistisch beurteilten:

210 SENZ, Bewegung, S. 160. 211 STEINACKER, Lebenserinnerungen, S. 153.

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„Unseren schönsten Dank für die Aufklärung, was Sie uns mit dem Bücherl zugesendet haben. Es ist alles die reine Wahrheit, aber leider ist es zu spät, wir können uns nicht mehr helfen. Wir sind sohier wie die Sklawen, mit uns machen Sie was Sie wollen, nur nichts gutes. Das wissen von uns ganz wenige, was wir Deutsche sind; wenn uns jemand vor zwanzig Jahren aufgeklert hette, da hetten wir noch etwas erzweken können, aber leider jetzt ist es schon umsonst. Da wir schon in ihre Krallen sind. Wir müssen Schmachten und die Zeit abwarten bis ein Oberer Wind bläst, dan werden wir mit fereinten Kräften und Hil- fe der Österreicher treinhauen. Ich glaube kaum das Sie uns verlassen werden; mit die paar Kalvinischen Lumpen möchten wir bald fertig werden. So kann es und darf es nicht mehr lange so bleiben.“212 Die ungarischen Behörden wiederum gaben Anweisung, das „Bücherl“ noch vor Auslieferung durch die Post zu beschlagnahmen, und die Oberstuhlrichter suchten die schon ausgelieferten Exemplare wieder einzusammeln, um diese staatsgefährdende Schrift aus dem Verkehr zu ziehen. Die Broschüre hatte offenbar ihren Zweck der Provokation und Agitation erreicht.

10.5 Die karpatendeutsche Initiative Raimund Friedrich Kaindls Anfang der 1910er Jahre startete ein deutscher Intellektueller aus der Bukowina einen an die „Karpathendeutschen“ adressierten Mobilisierungsversuch. Darunter verstand ihr Initiator, der Historiker Raimund Friedrich Kaindl (1866-1930), die organisatori- sche Zusammenfassung aller deutschen Minderheitengruppen, die diesseits und jen- seits der Karpaten, also in Ungarn, Kroatien-Slawonien, Galizien und der Bukowina, ansässig waren. Kaindl, Professor für österreichische Reichsgeschichte an der Univer- sität Czernowitz/Černivci, hatte zuvor mit einem dreibändigen Werk zur „Geschichte der Deutschen in den Karpathenländern“ (Gotha 1907-1911) die historische Grundla- ge für sein politisches Ziel geschaffen, durch den Zusammenschluss aller Karpaten- deutschen ihr Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken und ihr Überleben als grenz- übergreifende „Volksgemeinschaft“ in einer Stärke von beinahe drei Millionen zu si- chern. Diesem Ziel waren vier groß aufgemachte Jahrestagungen gewidmet, zu denen Repräsentanten aller Siedlungsregionen eingeladen wurden und die von 1911 bis 1914 in Czernowitz, Ruma, Wien und Bielitz-Biala/Bielsko-Biała stattfanden. Auch die UDVP schloss sich den „Karpathendeutschen“ an. Auf der zweiten Tagung in Ruma gehörten Steinacker, Brandsch, Röser und Kraft zu den Hauptrednern, auf der dritten in Wien Ferdinand Lindner aus Ruma und wiederum Steinacker, auf der vier- ten in Galizien Steinacker und Brandsch. Kaindl gelang es neben dem UDVP zahlrei- che Vereine zusammenzuführen: den österreichisch-schlesischen Schutzverein Nord- mark mit Sitz in Troppau/Opava, den Bund der Christlichen Deutschen in Galízien, den Verein der Christlichen Deutschen in der Bukowina, den in Bukarest/Bucureşti bestehenden Verein Transylvania für die Deutschen in Altrumänien, den Bund der Deutschen in Kroatien und Syrmien mit Sitz in Ruma, den Verein der Deutschen in Bosnien und der Herzegowina mit Sitz in Sarajevo, den von Brandsch angeführten Hermannstädter Bürgerabend, die Vereinigung deutscher Hochschüler aus den Län-

212 STEINACKER, Aus den Anfängen, S. 88.

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dern der Ungarischen Krone, den Deutsch-ungarischen Kulturrat und den Verein zur Erhaltung des Deutschtums in Ungarn. Der Weltkrieg machte diesem bislang umfas- sendsten Mobilisierungsversuch ein Ende.213

11 Bilanz der „deutschen Bewegung“

Stellen wir uns nun die Frage, ob es das überhaupt schon gab, was von den Magyaren als „pangermanistische“, von den deutschen Schutzvereinen außerhalb Ungarns als „deutsche Bewegung“ in Ungarn bezeichnet wurde. Denn dieser Begriff wurde in den im Deutschen Reich ab Anfang der 1870er Jahre erschienenen Schriften, die sich mit den Deutschen in Ungarn beschäftigten, zunehmend verwendet, im zeitgenössischen Schrifttum der Deutschungarn jedoch nicht. Auch nicht im „Deutschungarischen Ka- techismus“, der wesentlich nationalistischer ausgerichtet war als beispielsweise die von Steinacker verfassten Texte. Brandsch selbst fasste die Ergebnisse der „deutschen Bewegung“ in seinem letzten Bericht an den ADV Anfang 1914, vor Ausbruch des Weltkriegs, ziemlich euphorisch zusammen: „Trotz aller Hindernisse und Verfolgungen ist festzustellen, dass der nationale Gedanke sich unter den Deutschen in Ungarn immer weitere Kreise erobert. Nicht nur in den von der nationalen Bewegung schon bisher berührten Gegenden sind neue Gesinnungsgenossen gewonnen worden, sondern auch in solchen Orten Westungarns, Nordungarns, der Schwä- bischen Türkei und der Pester Gegend, die sich bisher als gänzlich unzugänglich erwiesen hatten.“214 Die Phase des „nationalen Erwachens“ wurde mit der 1799 erschienenen Schrift von Jakob Glatz eingeleitet und erreichte ihren ersten Höhepunkt mit den diskursiven Beiträgen seines Sohnes Eduard Glatz zur Stellung des „deutschen Elements“ im Un- garn der Reformzeit. Historiker wie Leonhard Böhm mit seiner Geschichte des Banats und Johann Heinrich Schwicker mit seiner Geschichte der Deutschen in Ungarn, Sa- muel Weber und Győző Bruckner mit ihren Werken zur Geschichte der Zips schufen eine geschichtliche, Germanisten wie Gedeon Petz, Gustav Heinrich und Jakob Bleyer (später noch Béla Pukánszky) eine sprach- und literaturwissenschaftliche Grundlage für den Identifikationsprozess mit dem, was als „deutsch“ im ungarischen Umfeld angesehen werden konnte. Dieser Prozess beschränkte sich in seiner ersten Phase auf einige städtische Zentren wie Pest und Ofen, Pressburg oder Ödenburg oder einzelne Städte in der Zips. Die als Zielgruppe angesprochenen bürgerlichen Kreise kultivierten allerdings ein kulturnationales, auf die Beziehungen zur deutschen Kultur und Literatur konzentriertes, keinesfalls politisches, deutschnationales Bewusstsein. Das Bewusstsein der Zugehörigkeit zur deutschen Kulturnation ließ sich problemlos mit der Zugehörigkeit der ungarischen politischen Nation im Sinne eines multiethni- schen Konzepts ungarischer Staatlichkeit in Übereinstimmung bringen. Es bestand

213 BLASE; KLEIN, Kaindl; SCHÖDL, Am Rande, S. 433-435; FOOKEN. 214 BRANDSCH, Bewegung, S. 37.

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daher keinerlei Bedürfnis, die Wir-Gruppe der Hungari oder der Deutschungarn als bereits integrierten Bestandteil der ungarischen (Mehrheits-)Gesellschaft in eine Min- derheiten-Gruppe und dadurch ethnisch umzudefinieren und politisch neu zu orientie- ren. Daran scheiterte die zweite, untrennbar mit der Person Edmund Steinackers ver- bundene Phase der Agitation in Richtung Sammlung der Deutschungarn in einer poli- tischen Partei. Denn nur ein kleiner Teil von ihnen, vor allem in Südungarn, ließ sich politisieren, da das Bewusstsein von der eigenen sozioökonomischen Krisensituation, konkret der an Schärfe zunehmenden Konkurrenzsituation des schwäbischen Mittel- stands und der Klein- und Mittelbauern im Banat und in der Batschka mit der ungari- schen Mehrheitsgesellschaft, kombiniert mit dem regional zugespitzten Repressions- druck des ungarischen Machtapparats, gerade hier eine Neuorientierung erforderte. Das von Steinacker und seinen Anhängern angebotene, sehr moderate Konzept einer Reform des Staates Ungarn mit mehr Rechten für die Nationalitäten, konnte nur hier als Handlungsoption oder als political opportunity structure215 mobilisierend wirken, da gerade in dieser Region größere Teile der deutschen Subgesellschaft als Nationali- tät behandelt wurden und sich daher auch als solche identifizieren konnten. Das war übrigens eine Gemeinsamkeit mit den Siebenbürger Sachsen, die jedoch mehrheitlich eine „Gemeinbürgschaft“ ungarischer Schwaben mit Siebenbürger Sachsen ablehnten. Über den regionalen, südungarischen Rahmen hinausgehend vermochten die Ak- teure mit Steinacker an der Spitze jedoch keine überzeugende Definition einer neu zu formierenden, „deutschen“ Wir-Gruppe anzubieten und eine Politisierung derselben als überzeugende Handlungsoption zu propagieren. Diese potenziellen Zielgruppen, die vielen über das ganze Land zerstreut lebenden, kommunal oder regional verorte- ten ungarndeutschen Kleingruppen, hielten an ihrem Partikularismus fest, und das ganz im Bewusstsein, integraler Bestandteil des ungarischen Nationalstaats entweder als bürgerlicher Mittelstand oder als pionierhafter Bauernstand zu sein. Deshalb schlugen alle Mobilisierungsversuche der UDVP fehl. Den Charakter einer Massen- bewegung hat die „deutsche Bewegung“ in Ungarn daher nicht erreicht, konnte sie auch nicht erreichen, weil weder Ziel noch Zielgruppe ihrer Mobilisierungsbemühun- gen ausreichend geklärt waren. In welchen Staat auch sollten sie die zu sammelnde Gruppe der Deutschungarn integrieren? Steinacker und die Mehrzahl seiner Anhänger behalfen sich mit der Hilfskonstruktion, sich unter Berufung auf das Nationalitätenge- setz von 1868 an dem liberalen Staat des Ausgleichs mit dem multiethnischen Lö- sungsansatz eines Eötvös’ und Deáks zu orientieren und die Rückbildung des inzwi- schen eindeutig magyarisch gewordenen Nationalstaats in diese Richtung zu fordern. Sie wollten ihre Nationalität in einen Staat integrieren, den es nicht mehr gab und der inzwischen seiner Verfassung und politischen Struktur nach im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts bereits ein ganz anderer geworden war. Es ist überaus verständlich, dass ein solches Konzept von vornherein nicht dazu geeignet war, den Prozess einer politischen Mobilisierung in Gang zu setzen. Das musste schon am Realitätssinn der schwäbischen Bauern und der Interessenlage der deutschen Stadtbevölkerung schei-

215 ESMAN, S. 31 f.

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tern. Für derlei Versuche fehlten nicht nur die gesellschaftlichen Voraussetzungen, nämlich auf der Basis einer breiteren Mittelschicht Organisationsstrukturen aufzubau- en, in deren Rahmen eine Mobilisierung hätte erfolgen können. Es fehlte auch ein überzeugendes politisches Konzept, ein ideologischer Handlungsrahmen, der auf der Ebene des Gesamtstaats und daher regional übergreifend in der Lage war, für breite Wählerschichten ein gesellschaftlich wie politisch überzeugendes Programm und ent- sprechende Handlungsoptionen anzubieten. Das von Steinacker verfasste Parteiprog- ramm der UDVP war ein der Zeit des Hochliberalismus der 1870er Jahre entlehntes Programm, einer Periode, in der die Rückkehr zum altliberalen Staat der Ausgleichs- periode noch geschichtsmöglich erschien. Die vom Geldgeber der UDVP, vom ADV, angebotene programmatische Alterna- tive in Richtung eines völkisch definierten Nationalismus vermochte Steinacker und seine aus dem biederen, frisch formierten schwäbischen Kleinbürgertum stammenden ca. 150-200 Mitstreiter niemals zu überzeugen und fand deshalb keinen Eingang in ihre Agitation. Ein völkisch denkender und fühlender Deutschungar, das war weder denkbar noch akzeptabel, weil mit dem Hungarus-Bewusstsein, in dem diese Identi- tätsvariante noch immer wurzelte, unvereinbar. Ein völkisch sich definierendes Insel- deutschtum in einem fremden Staat, das wollten die „Deutschungaren“ niemals sein. Das war keinesfalls in Übereinstimmung zu bringen mit dem tief verankerten ungari- schen Staatspatriotismus der schwäbischen Siedlergenerationen, die noch immer ein starkes Gefühl der Dankbarkeit für die positive Aufnahme ihrer Vorväter mit diesem Königreich und seiner politischen Führung verbanden. Das war jedoch genauso wenig mit ihrer sozioökonomischen Interessenlage vereinbar, die von Prozessen der Arbeits- teilung und der gerade in dieser Zeit intensivierten Integration in den ungarischen Markt gekennzeichnet war; genauso wenig mit der Siedlungsstruktur als Streumin- derheit, deren Lebenswelt ganz eng mit der ethnischen Vielfalt ihres Umfelds ver- flochten war. Deutschnational argumentierende Abgrenzungen, die sich auf die Pola- rität einer relativ transparenten, völkisch definierten Gegensätzlichkeit wie beispiels- weise Slowenen versus Deutsche in der Steiermark und Kärnten oder Tschechen ver- sus Deutsche in Böhmen beriefen, waren in einem solchen Umfeld weder rational noch emotional durchsetzungsfähig. Einen Ausweg aus diesem Zielgruppen-Dilemma suchte Rudolf Brandsch mit der von den Alldeutschen übernommenen „deutschunga- rischen Gemeinbürgschaft“ zu finden, die er 30 Jahre später rückblickend als Versuch interpretierte, alle in Ungarn lebenden deutschen Gruppen und Schichten, Stadtbürger wie Bauern, politisch „auf eine Linie zu bringen“216. Doch eine solche „Linie“ als wirksame Strategie ethnopolitischer Mobilisierung war aus den hier angegebenen Gründen nicht auszumachen und hat es niemals gegeben. Schödl kommt zu einem ähnlichen Befund, wenn er darauf hinweist, dass „bei den Deutschen in Ungarn die Tendenz zur Eingliederung in jeweils entsprechende Schichten der ungarischen Ge- sellschaft stärker war als diejenige zur Formierung einer ungarndeutschen Nationali-

216 BRANDSCH, Edmund Steinacker, S. 467.

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tät, die nach dem Prinzip der personalen Autonomie hätte organisiert werden kön- nen“217. Die einzige politische Orientierung, die für Steinacker einen Ausweg aus diesem strukturell bedingten Dilemma zu bieten schien, war die großösterreichische Lösung, wie sie im Beraterkreis des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand als mögliches Regierungsprogramm seiner Herrschaft konzipiert wurde und an dessen Ausarbeitung Steinacker intensiv beteiligt war. Da ein solches Programm auch vom ADV unter- stützt wurde, war hier eine Interessenübereinstimmung gegeben, die offenbar die programmatische Unterschiedlichkeit zwischen UDVP und ADV zu überbrücken vermochte. Denn sowohl dem Thronfolger als auch dem ADV erschien die Instru- mentalisierung der Nationalitäten zur Brechung oder zumindest Begrenzung der ma- gyarisch-oligarchischen Vorherrschaft im Königreich Ungarn ein probates Mittel zu sein, um einerseits für den ADV deutsche Hegemoniebestrebungen in Mitteleuropa, andererseits für den Thronfolger seine dynastische Macht im Sinne eines Wiener Zentralismus durchzusetzen. Steinacker sah sich mit seinen Deutschungarn bei allen zwei Varianten auf der Gewinnerseite, obwohl die klerikalen Neigungen Franz Ferdi- nands sowohl für ihn als Altliberalen als auch für die Völkischen des ADV zum Prob- lem zu werden drohten.218 Steinacker teilte mit seinem präsumptiven Nachfolger Rudolf Brandsch, der ab 1908 zu einem der engsten Mitarbeiter des Altliberalen aufgerückt war, jedoch einer jüngeren Generation angehörte, wichtige Zielvorstellungen: die Ablehnung der Assi- milation, die Mobilisierung der deutschen Minderheit in Ungarn einschließlich der Sachsen unter einer gemeinsamen Programmatik und Dachorganisation und schließ- lich die taktisch motivierte Zusammenarbeit mit den großösterreichischen, deutschna- tionalen und alldeutschen, slavischen und rumänischen Gegnern des ungarischen Na- tionalstaats und damit auch des Systems des Dualismus.219 Dabei ging es nicht um die Zerschlagung des Staates Ungarn, sondern außenpolitisch um seine engere Anbin- dung an eine deutsch dominierte, antislavische Mächtekoalition, innenpolitisch um seine Demokratisierung durch die in diesen Jahren heiß diskutierte Reform des Wahl- rechts, die langfristig den Nationalitäten politische Partizipation und Autonomie zu ermöglichen schien. So arbeitete Steinacker 1912 im Auftrag des Thronfolgers zur Vorbereitung des allgemeinen Wahlrechts eine Wahlkreiseinteilung aus, welche die Ungarndeutschen bevorzugen sollte, „damit sie den zugedachten Part als Zünglein an der Waage zwischen den Magyaren und Nationalitäten übernehmen konnten. In den damit verbundenen Plänen zur Umgestaltung Ungarns kam den Nationalitäten und hier gerade auch der deutschen Minderheit eine zent- rale Aufgabe zu. Durch die Abschaffung des Dualismus und ein allgemeines Wahlrecht sollte der Einfluss der magyarischen Oligarchie in Ungarn und in der Gesamtmonarchie

217 SCHÖDL, Verband, S. 227. 218 SAMASSA, S. 155-157. – Über die Reformpläne siehe FRANZ; KANN, Erzherzog-Franz- Ferdinand-Studien, ferner BROOK-SHEPHERD; MEYSELS. 219 SCHÖDL, Rudolf Brandsch, S. 388.

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wesentlich verringert, zugleich eine Aufwertung der Nationalitäten Ungarns und der deut- schen Bevölkerung in beiden Reichshälften ermöglicht werden.“220 Die potenziellen, eine ethnische Mobilisierung auch der Deutschen begünstigen- den Auswirkungen solcher Pläne, einmal in die Tat umgesetzt, lassen sich nur erah- nen. Doch das erfolgreiche Attentat von Sarajevo und der Ausbruch des Ersten Welt- kriegs wiesen in eine andere, weniger friedliche Richtung der Veränderung. Der Weltkrieg und noch stärker die ihm folgenden Revolutionen übten eine mobilisieren- de, die gesamte Bevölkerung politisierende Wirkung aus, die zum ersten Mal in der Geschichte alle in Ungarn und in den Nachfolgestaaten lebenden Deutschen (und nicht nur diese) dazu zwang, national Farbe zu bekennen und sich ethnisch abzugren- zen, um sich schließlich als Gruppe zu formieren. Die schon von den Zeitgenossen angestoßene Diskussion über die Frage einer Au- ßenlenkung oder gar Fremdbestimmung der ethnopolitischen Mobilisierungsversuche im 20. Jahrhundert (einschließlich des letzten Jahrzehnts des „langen 19. Jahr- hunderts“ 1900-1910) in der Funktion einer „deutschen Bewegung“ in Ungarn, zu- gespitzt in der Kontroverse Eigenständigkeit versus „Pangermanismus“ oder gar „fünfte Kolonne“, beruht zumindest historiografisch auf einem grundlegenden Miss- verständnis der Wirkungsmechanismen des Nationalismus bzw. der Prozesse von Na- tionsbildung und Nationalisierung. Diesen Prozessen ist nämlich das Dreiecksverhält- nis Nationalstaat (Vaterland) – Mutterland (homeland) – Minderheit immanent, aus deren wechselseitiger Abhängigkeit und Zusammenspiel Minderheitenpolitik sich ge- neriert und – ohne jegliche moralische Konnotation – interpretiert werden sollte.221 In dieser langlebigen Kontroverse stand für die Akteure und das „Objekt ihrer Be- gierde“, nämlich für die Minderheit selbst, von vornherein der brisante Vorwurf eines Verrats oder zumindest mangelnder Loyalität gegenüber dem Staat, in dem sie lebten, im Mittelpunkt. Den im politischen Diskurs häufig artikulierten Vorwurf des Panger- manismus oder gar den Verdacht des Loyalitätsbruchs benutzten die Regierungen so- wohl vor und noch stärker nach 1914/18 dazu, Mobilisierungsstrategien von Minder- heitenakteuren als eine von außen gesteuerte Bedrohung oder gar Infragestellung der Integrität ihres Staates zu dämonisieren und dadurch der Minderheitenbevölkerung gegenüber als unpatriotisch und Verrat zu diffamieren, wodurch sie hofften, die Mo- bilisierung zumindest einzubremsen oder noch besser ihr die soziale Basis und da- durch jede Erfolgschance zu nehmen. Eine solche Gegenstrategie kalkulierte ganz bewusst das sie begünstigende, überwiegend unpolitische und ethnisch nur geringfü- gig besetzte Bewusstsein der bäuerlichen Bevölkerung mit ein, die, einmal mit sol- chen Vorwürfen konfrontiert, auf diese stark verunsichert reagierte und sich mit voller Überzeugung dagegen zur Wehr setzte, den Makel eines nicht „guten“ oder gar „un- treu“ gewordenen ungarischen Staatsbürgers auf sich beruhen zu lassen. Deshalb blieb es für Steinacker und seinen engsten Mitarbeiterkreis oberstes Gebot, ihre Kon- takte mit den deutschen Schutzvereinen, allen voran mit dem ADV, streng geheim zu

220 SCHÖDL, Am Rande, S. 428. 221 BRUBAKER, S. 55-76.

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halten und mittels Deckadressen und Mittelsmännern alle Spuren ihrer konspirativen Kooperation zu verwischen. Andererseits wird in der Analyse des Dreiecksverhältnisses Nationalstaat – Mut- terland – konnationale Minderheit der Unterschied zu anderen Nationalitäten Ungarns deutlich. Mit Ausnahme der Deutschen hatten Ruthenen, Serben und Rumänen in Russland, Serbien und Rumänien ein Mutterland, das für seine Konnationalen jenseits der Grenzen Interesse zeigte und Hilfe leistete. Das galt auch für die Slowaken, die sich bereits 1848 um Unterstützung an die Tschechen gewandt hatten. Doch an den Deutschen in Ungarn war weder die Regierung des Deutschen Reiches noch Öster- reichs interessiert. Für Bismarck war die innere Stärke und Stabilität Ungarns als Bundesgenosse im Zweibund wichtiger als die national besetzte Sorge um Konnatio- nale in diesem Staat222, eine Interessenkonstellation, die übrigens bis Mitte der 1930er Jahre ihre Gültigkeit behalten hat. Die Wiener Regierung wiederum sah sich an das System des Dualismus gebunden und versuchte, einen Nationalitätenstaat als überna- tionale Instanz zu regieren, weshalb für sie eine Intervention für ihre Konnationalen in Ungarn als Mitgliedsstaat der Realunion nicht in Frage kam. Einzig und allein den deutschnationalen Schutzvereinen blieb es vorbehalten, innerhalb dieses Dreiecksver- hältnisses die Rolle des Mutterlandes gleichsam stellvertretend zu übernehmen, ob- wohl ihnen die Machtmittel einer Regierung nicht zur Verfügung standen. Die Deut- schen in Ungarn und noch früher die Siebenbürger Sachsen als politische Ressource für nationale Expansion hatten deutschnationale Kreise schon früh entdeckt.223 Doch erst die schlagkräftigeren Organisationen der nach 1880 entstandenen Schutzvereine in Österreich und dem Deutschen Reich waren dazu imstande, solche Aufgaben in Angriff zu nehmen. Es bedurfte allerdings noch einiger intensiver Auseinanderset- zungen innerhalb des ADV, bis die Deutschen in Ungarn als Zielgruppe seiner Akti- vitäten durchgesetzt werden konnten.224 Dieser Prozess der Klärung innerhalb des ADV war bis Ende der 1890er Jahre abgeschlossen. Die politische Rückendeckung durch Schutzvereine einerseits und deren finanzielle Ressourcen andererseits waren nötig, um in Zusammenarbeit mit einem vor Ort wirkenden Kern einheimischer Pro- tagonisten eine ethnopolitische Mobilisierung der Deutschen in Ungarn in Gang zu setzen, auch wenn dies nur regional begrenzt auf Südungarn gelungen war.

222 Eine Anweisung Bismarcks an den Generalkonsul des Deutschen Reiches in Budapest ver- deutlicht die etwas ironisch gefärbte Ansicht des Reichskanzlers über die ungarische Na- tionalitätenpolitik: „Magyaren und Deutsche sind in Ungarn aufeinander angewiesen, keine von beiden Nationen aber auf die Slawen. Ich muß es daher mehr für eine richterliche wie für eine staatsmännische Auffassung halten, wenn man in Ungarn meint, zu gleichmäßiger Behandlung aller nichtmagyarischen Nationalitäten verpflichtet zu sein, und die Deutschen mit den Slawen und Wallachen in dieselbe Kategorie stellt.“ – Veröffentlicht im Deutschen Tagblatt für Ungarn vom 3. April 1903, S. 1. 223 Zu nennen sind hier die Publikationen: Das Erwürgen der deutschen Nationalität in Un- garn; REUTER; Magyarisirung in Ungarn; LUDOLF; HEINZE, Hungarica; DERS., Wahrheiten; SCHULTHEISS, Deutschtum; DERS., Deutschtum und Magyarisierung. 224 Darüber informiert ausführlich SCHÖDL, Verband, S. 32-82.

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12 Die Siebenbürger Sachsen

Im langen 19. Jahrhundert wurden von den Deutschen in Ungarn einzig und allein die Siebenbürger Sachsen als Nationalität wahrgenommen. Das hat mit der eindrucksvol- len Kontinuität ihrer Geschichte zu tun, die bis ins Hochmittelalter zurückreicht. Hat- ten die Zipser Sachsen die Geschlossenheit ihres Siedlungsgebiets bereits 1412 unter König Sigismund eingebüßt, so konnten die Siebenbürger Sachsen eine solche über sechseinhalb Jahrhunderte behaupten. Die von König Andreas II. 1224 gewährten Freiheiten schufen ein klar abgegrenztes Siedlungsgebiet des unus sit populus der Sachsen auf dem „Königsboden“ und eine Selbstverwaltung, die alle weltlichen wie kirchlichen Kompetenzen umfasste und 1486 als „Sächsische Nationsuniversität“ ihre bis 1876 gültige Form angenommen hatte.225 Mit dem 1437 geschlossenen Bündnis der drei ständischen Nationen Siebenbürgens, des ungarischen Adels, der Szekler und der Siebenbürger Sachsen, wurden Letztere als ebenbürtig anerkannt. Ihre rechtliche wie politische Einheit, ihre Territorialautonomie, hat sich in dieser Zeit endgültig durchgesetzt. Zu ihr gehörten einige wichtige Städte wie Hermannstadt als politisches und Kronstadt als Handelszentrum und rund 300, zum Teil mit Kirchenburgen befes- tigte Dörfer.226 Die Unio trio nationum, die Union der drei Nationen, die nicht als Union ethni- scher Gemeinschaften zu verstehen ist, sondern als rechtlich privilegierter Personen- verband, war im Kampf um ihre Selbstbehauptung nach innen, gegen die untertänigen Bauern, wie auch gegenüber dem Souverän, dem ungarischen König, entstanden. Noch dringlicher erwies sich jedoch die Verteidigung nach außen gegen die Einfälle der Türken, die sich im Verlauf des 15. Jahrhunderts intensivierten. Die Union ver- stärkte die Verselbständigungstendenzen Siebenbürgens als östliche Bastion des un- garischen Königreichs. Nach dessen Untergang durch die Schlacht von Mohács 1526 übernahm Siebenbürgen als Machtfaktor im nunmehr einsetzenden Kampf der Habs- burger mit den Osmanen um die Hegemonie im Südosten Europas eine ganz neue Rolle. Der von 1510 bis 1540 regierende Woiwode Siebenbürgens, Johann Szapolyai (1526-1540 König von Ungarn), war so stark geworden, dass er sich in Konkurrenz zum Habsburger Ferdinand I. von Vertretern des mittleren und niederen ungarischen Adels zum König wählen lassen konnte. Durch das 1529 mit dem Sultan Süleyman I. (1520-1566) geschlossene Bündnis König Johanns war ein nunmehr eigenständiges Fürstentum Siebenbürgen unter osmanischer Suzeränität entstanden, auf das die Habsburger als Könige von Ungarn weiterhin Anspruch erhoben.227 Politisch konnte es sich jedoch bis 1687 zwischen den beiden Großmächten mit mehr oder weniger Er- folg behaupten. Die drei Landstände, ungarischer Adel, Szekler und Siebenbürger

225 NÄGLER, Ansiedlung; Gruppenautonomie in Siebenbürgen; ZIMMERMANN, Siebenbürgen; MÜLLER, Nationsuniversität. 226 Zur Geschichte der Siebenbürger Sachsen siehe GÜNDISCH, Siebenbürgen; ROTH, Ge- schichte; SCHENK, Siebenbürgen; WAGNER, Geschichte; TEUTSCH/TEUTSCH; HIENZ; Reper- torium transylvanicum 227 MÜLLER, Türkenherrschaft.

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Sachsen, blieben in inneren Angelegenheiten autonom, wählten ein gemeinsames Oberhaupt (das seit 1570 den Fürstentitel trug), bildeten einen paritätisch besetzten Fürstenrat und hielten mindestens einmal jährlich Landtage ab, auf denen gültige Be- schlüsse nur zu gesamtsiebenbürgischen, vor allem fiskalischen und militärischen Fragen gefasst werden konnten.228 Mit der Reformation und deren 1550 erfolgter Übernahme in Gestalt der Ecclesia Dei Nationis Saxonum war eine weitere tragende Säule gemeinschaftlichen Bewusst- seins hinzugekommen229, die aus den Sachsen eine bis 1876 rechtlich und religiös de- finierte Gruppe und im 19. Jahrhundert eine Nationalität machte, die sich nunmehr ganz deutlich von ihrem bunten Umfeld, bestehend aus Magyaren, Szeklern, Wala- chen, Juden, Griechen und Zigeunern, abgrenzte. Welchen Stellenwert die „sächsi- sche“ Religion für die Sachsen noch am Anfang des 20. Jahrhunderts besaß, spiegelt sich in der Feststellung ihres Abgeordneten im ungarischen Parlament, Lutz Korodi (1867-1954), wider: „Noch mehr als durch die – später ohnehin zertrümmerte – politische Einheit ist das Volk eins geworden durch den frühen und rasch vollzogenen Eingang der Reformation im Sach- senland. Sie hat um die Volksgenossen das geistige Band geschlungen, dem es größtenteils auch heute seine nationale Widerstandskraft verdankt.“230 In der neuen Kirchenordnung nahmen Schulwesen und Gruppensolidarität in Ge- stalt der Nachbarschafts- und Armenhilfe einen besonderen Platz ein. Der Reformator Johannes Honterus (1498-1549), den Martin Luther 1544 als „Evangelist des Herrn in Ungarn“ auszeichnete, begründete nicht nur die deutschsprachige Kirchenordnung und Liturgie, sondern auch das Schulwesen mit den führenden Gymnasien in Kron- stadt und Hermannstadt.231 Die sächsisch-lutherische Kirche wurde 1570 mit der cal- vinistischen, unitarischen und katholischen als eine der vier „rezipierten“ Religionen Siebenbürgens anerkannt. Diesen wurde die volle Freiheit der Religionsausübung zu- gestanden, während die orthodoxe Kirche der Walachen nur „toleriert“ blieb.232 Mit dem 1583 vom Fürsten Stephan Báthory bestätigten „Eigen-Landrecht“ der Sachsen ist der Kodifikationsprozess ihrer Rechte abgeschlossen, deren oberstes Prinzip der Gleichberechtigung aller ihrer Angehörigen und die Ausübung interner Gruppende- mokratie durch Wahl ihrer kirchlichen wie politischen Repräsentanten die Grundla- gen ihres Gemeinschaftslebens bildeten. Ausgeschlossen davon blieben, der Logik der ständischen Feudalordnung folgend, die Besitzlosen, die sächsischen Hörigen und die untertänigen Rumänen, die sich ab dem 16. Jahrhundert in immer größerer Zahl auf dem Königsboden niedergelassen hatten. Kennzeichnete das 16. Jahrhundert eine kulturelle Blüte des sächsischen Gemein- wesens, die mit einer fortlaufenden Erhöhung ihrer Steuerleistung einherging, so führ- ten die zunehmenden politischen Wirren und militärischen Auseinandersetzungen im

228 ZACH, Fürst. 229 REINERTH; BINDER, Kirche; TEUTSCH, Geschichte; JEKELI. 230 KORODI, Vorposten, S. 35. 231 KLEIN, Johannes Honterus; NUSSBÄCHER. 232 BINDER, Grundlagen.

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Verlauf des 17. Jahrhunderts zum wirtschaftlichen Niedergang. Siebenbürgen wurde im langen Türkenkrieg 1595 zum Kriegsschauplatz. Osmanisches Militär und Söld- nerheere der Habsburger wie Michael des Tapferen (Mihai Viteazul, 1558-1601, Woiwode der Walachei 1593-1601), des Verbündeten Kaiser Rudolfs II., verwüsteten und plünderten die reichen Dörfer des Sachsenlandes. In Urwegen/Gîrbova etwa überstanden, wie die Wandchronik der Kirche festhält, nur vier Familien das Schre- ckensjahr 1600, das die rumänische Historiografie als erste (auf zwei Jahre be- schränkte) Vereinigung der drei Fürstentümer Siebenbürgen, Walachei und Moldau und damit als Keimzelle des um die Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen rumäni- schen Nationalstaats feiert.233 Viele Sachsendörfer wurden im Verlauf des 17. Jahr- hunderts aufgegeben, andere wiederum von nachrückenden Rumänen besiedelt, die zunächst willkommen waren, weil sie zum Steueraufkommen des verschuldeten Kö- nigsbodens beitrugen. Die im 16. Jahrhundert vollzogene Verlagerung der Welthandelswege in Richtung Atlantik, die osmanische Expansion und der Dreißigjährige Krieg brachten den für die sächsischen Kaufleute lange Zeit so einträglichen Handel zum Erliegen. An ihre Stel- le traten griechische (aromunische), armenische und jüdische Händler, die wegen ih- rer besseren Beziehungen zu den Provinzen des osmanischen Reiches den Orienthan- del an sich reißen konnten. Auch politisch erlitten die sächsischen Bürger einen Sta- tusverlust: Ihr Wahlrecht wurde durch ein System wechselseitiger Ernennung in Füh- rungspositionen unterhöhlt. Das sächsische Gemeinwesen regierte nunmehr ein oli- garchischer Führungszirkel, der sich aus dem Patriziat rekrutierte. Es bildete sich eine nach außen abgeschlossene Elite, die durch Machtmissbrauch und Korruption ihren luxuriösen Lebensstil aufrecht zu erhalten suchte und die gegen sie gerichteten Auf- standsbewegungen der Mittel- und Unterschichten auch mit Hilfe der fürstlichen Au- torität zu unterdrücken vermochte.234 Als Mitunterzeichner des Westfälischen Friedens erreichte Siebenbürgen 1648 den Kulminationspunkt seiner Machtstellung zwischen Halbmond und Doppeladler.235 Die ehrgeizigen Pläne des in diesem Jahr gewählten Fürsten Georg II. Rákóczi (1648- 1660), sein Streben nach der polnischen Königskrone, nach einer Erneuerung des un- garischen Königreichs unter seiner Führung, schließlich seine Bemühungen, die Au- tonomie des sächsischen Landstands zu beseitigen, diese die eigenen Ressourcen völ- lig überschätzende Politik führte binnen 10 Jahren zum Krieg mit der Pforte und zum Bürgerkrieg im Fürstentum, in den sich auch kaiserliche Truppen einmischten. 1658 fielen die Türken und Krimtataren ins Land ein, verwüsteten viele Dörfer, die Fürs- tenresidenz Weißenburg/Alba Julia ging in Flammen auf und viele Menschen wurden als Sklaven verschleppt. Zusätzlich wurden dem ohnehin verarmten Land noch hohe Kriegsentschädigungen aufgebürdet. Doch das Schicksal des Landes entschied die ungeheure Niederlage der Türken vor Wien 1683. Vier Jahre später besetzte Herzog Karl V. von Lothringen mit dem kaiserlichen Heer das Fürstentum und diktierte den

233 ARENS. 234 GÜNDISCH, Schäßburg; DERS., Hermannstadt. 235 DEPNER.

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militärisch wehrlosen Ständen seine Bedingungen: die feierliche Lossagung von der osmanischen Oberhoheit und die Unterstellung unter Kaiser Leopold I., dem sie als ungarischem König den Treueid leisten mussten. Mit dem Herrschaftswechsel waren wiederum hohe Steuerleistungen und zusätzliche Kontributionen für den Unterhalt des kaiserlichen Heeres verbunden. Am Ende des langen Türkenkriegs von 1683 bis 1699 hat der Friede von Karlowitz 1699 die Zugehörigkeit Siebenbürgens zur Habs- burgermonarchie besiegelt, die Kriegsfolgen für die Sachsen waren allerdings verhee- rend: In den 228 Gemeinden der sächsischen Nationsuniversität zählte man 1695 5 898 wüste Hofe, im Bistritzer Distrikt lebten in sieben Dörfern nur mehr 15 Haus- wirte und im Schäßburger Stuhl waren 324 Höfe niedergebrannt.236 Um die Abgaben überhaupt zahlen zu können, erlaubten die sächsischen Gemeinden den Zuzug von Rumänen, Ungarn und Zigeunern/Roma. Die Deportation der aus den österreichi- schen Erbländern vertriebenen Protestanten nach Siebenbürgen brachte im Zeitraum von 1733 bis 1774 rund 4 000 als „Landler“ bezeichnete Menschen aus Oberöster- reich, Steiermark und Kärnten ins Land, in Gemeinden wie Heltau/Cisnădie und Neppendorf/Turnişor, Großau/Cristian und Großpold/Apoldu de Sus, ferner noch 583 Protestanten aus Baden-Durlach, die sich vor allem in Mühlbach/Sebeş niederlie- ßen.237 Im „Leopoldinischen Diplom“ vom 4. Dezember 1691 erkannte der neue Herr- scher die alten Landesrechte an, darunter auch die Freiheit der rezipierten Religio- nen.238 Mit der Anerkennung der Pragmatischen Sanktion durch den Siebenbürgi- schen Landtag 1723 wurde Siebenbürgen zu einem Erbfürstentum der Habsburger, das Maria Theresia 1765 zum Großfürstentum erhob. Die Politik der stufenweise Ein- gliederung des Landes in die „österreichische Monarchie“, in der sich im Sinne des aufgeklärten Absolutismus immer mehr der mit dem Bestreben nach Modernisierung und Vereinheitlichung verknüpfte Zentralismus gegen den ständischen Partikularis- mus durchsetzte, erreichte 1751 einen ersten Höhepunkt, als die Wiener Hofkanzlei die zentrale Leitung der Landesverwaltung übernahm.239 Einen weiteren Höhepunkt markierte die Herrschaft Kaiser Josephs II. 1780-1790, dessen 1784 angeordnete Verwaltungsreform einer Aufhebung der Landesverfassung gleichkam. Bereits 1781 verloren die Siebenbürger Sachsen durch das „Konzivilitätsreskript“ ihre Exklusiv- rechte auf dem Königsboden, 1784 auch ihre Autonomierechte als ständische Na- tion.240 1791 wurde das Reskript bestätigt, die Nationsuniversität 1790 jedoch wie- derhergestellt. Obwohl es Samuel von Brukenthal (1721-1803), der von 1777-1787 als Gubernator vor Ort das Land regierte, gelungen war, die sich bereits im Jahrhun- dert zuvor immer stärker auswirkende Lähmung des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens zu überwinden, konnte er die Gewährung des Bürgerrechts an ungarische

236 GÜNDISCH, Siebenbürgen, S. 112. 237 BUCHINGER; GÜNDISCH, Einwanderung; NOWOTNY. 238 DULDNER; Siebenbürgen in der Habsburgermonarchie. 239 Zur Verwaltungsgeschichte siehe KUTSCHERA. 240 SCHASER.

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Adelige und walachische Untertanen auf dem Königsboden nicht verhindern.241 Letzt- lich trat das ein, wogegen er zeitlebens angekämpft hatte, nämlich der allmähliche Statusverlust einer ständisch verfassten Nation, die im Rahmen des sich verbürgerli- chenden Nationalstaats genötigt war, sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts zu einer nationalen Minderheit oder Nationalität umzuwandeln. Die Sachsen hatten sich auch mit den immer selbstbewusster auftretenden Walachen auseinanderzusetzen, die im „Supplex Libellus Valachorum“ von 1790 vergeblich ihre Gleichberechtigung einfor- derten.242 Ungarischer Adel und sächsische Bürger wiesen solche Forderungen da- mals noch entrüstet zurück. Doch mehr als ein halbes Jahrhundert später, 1848, sollte sich herausstellen, dass die Sachsen dadurch indirekt die Suprematiebestrebungen des ungarischen Adels gefördert und die strategisch bedeutsame Rolle der Rumänen als potenzielle Verbündete gegen den 1848 errichteten und 1867 vollends durchgesetzten ungarischen Nationalstaat und seine Nationalisierungsbestrebungen nicht oder viel zu spät wahrgenommen hatten. Als indirekte Folge der josephinischen Reformen veränderte sich die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung Siebenbürgens zum Nachteil der Sachsen. 1794 wurden knapp 1,5 Millionen Einwohner im Land gezählt, unter ihnen 729 000 Wala- chen, 513 000 Magyaren und Szekler, 150 000 Deutsche und 62 000 Zigeuner. Auf dem Königsboden standen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 172 000 Sachsen 205 000 Walachen gegenüber. Auch in den Städten wuchs der Anteil der Walachen, die zunehmend als Rumänen wahrgenommen und bezeichnet wurden, so dass die Sachsen in Kronstadt mit 32 Prozent der insgesamt 24 000 Einwohner 1844 bereits in der Minderheit waren. Die politische Führung der Sachsen sah sich nicht nur unter dem demografischen Aspekt in eine Defensivposition gedrängt. Mit der 1792 vom Klausenburger Landtag beschlossenen Aufhebung des „Kuriatvotums“ und damit des Vetorechts der drei ständischen Nationen zählte nur mehr die Stimmenmehrheit der Abgeordneten, von denen die Sachsen eine verhältnismäßig kleine Gruppe stellten und damit den beiden „ungarischen Ständen“ des Adels und der Szekler gegenüber in eine Minderheitsposition geraten waren. Ihr Beharren auf die ererbten historischen Rechte schwächte ihre Position noch zusätzlich. Auf die Herausforderungen des nach bürgerlicher Gleichheit strebenden Liberalismus vermochte der sächsische Führungs- zirkel nur abwehrend zu reagieren. Das machte ihn kompromissbereit gegenüber dem liberal gesinnten ungarischen Adel, der in der Reformzeit bzw. der Epoche des Vor- märz bereits die Grundlagen für einen konstitutionell verfassten ungarischen Natio- nalstaat entworfen hatte und das Jahr 1848 als Geburtsstunde der bürgerlichen Frei- heitsrechte für die Errichtung seines „eigenen Staates“ zu nutzen wusste. Dem war ein jahrzehntelanger Kampf um den „ungarischen Charakter“ des sich reformierenden Königreichs vorausgegangenen, in dem der ungarische Sprachnationalismus eine die Debatten beherrschende Rolle spielte. Der Sprecher der Sachsen, Joseph Bedeus von Scharberg (1782-1858), den der Landtag 1837 zum Oberlandeskommissar und damit zum höchstrangigen sächsischen Beamten wählte, setzte sich dafür ein, das Magyari-

241 SCHULLER, Samuel von Brukenthal. 242 PRODAN, Supplex.

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sche als Amtssprache zu akzeptieren, „denn eigentlich ist dieß für uns ja auch nichts Neues, da schon unter den National-Fürsten alle Geschäfte in der ungrischen Sprache verhandelt, auch die Gesetze ungrisch verfasst wurden“243. Auf dem siebenbürgischen Landtag von 1842, der diese Frage entschied, war die 35 Personen zählende Gruppe der sächsischen Abgeordneten den über eine Mehrheit von 275 Abgeordneten verfü- genden Vertretern des ungarischen Adels und der Szekler von vornherein unterlegen und die auf Ausgleich bedachte Taktik von Bedeus von Scharberg ein Gebot der Ver- nunft. Dagegen erhob der junge, 1837 als Pfarrer von Nimmersch/Nemşa installierte Ste- phan Ludwig Roth (1796-1849) seine Stimme.244 Obwohl er der sächsischen Führung nicht angehörte, erzielte er mit seiner 1842 erschienenen Streitschrift „Der Sprach- kampf in Siebenbürgen“245 eine aufrüttelnde, ja mobilisierende und zahlreiche Ge- genstimmen provozierende Wirkung. Gegenüber den ungarischen Suprematiebestre- bungen vertrat er ganz klar die Forderung nach Gleichberechtigung und wechselseiti- ger Anerkennung der in Siebenbürgen lebenden Völker und ihrer Sprachen. Roth kri- tisierte auch scharf die bisherige sächsische Politik: „Nur ein Unverstand“ könne „ei- ne Isolierung nach außen und eine Monopolisierung im Innern wünschen“, und trat für eine Vermittlerrolle der Sachsen zwischen Magyaren und Walachen ein: „Wie unser bisheriger Rechtszustand eine Mitte war zwischen Adel und Untertanen, so ist auch nun wieder unsere Stellung eine Mittlerschaft zwischen Magyarentum und Walachen- tum. Einem von beiden fallen wir anheim, wenn wir selbst uns nicht wert halten und wür- dig machen, etwas für uns zu tun.“246 Als Schüler von Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) war für ihn der mutter- sprachliche Unterricht auch aus pädagogischen Gründen äußerst wichtig, war er doch davon überzeugt, dass die sprachliche Erziehung von Kindern zuerst in der Mutter- sprache geschehen sollte, erst in einer zweiten Stufe könne man sie mit Fremdspra- chen vertraut machen. Roth profilierte sich rasch als Sprecher einer jungen geistigen Elite, die sich auch aufgrund ihrer Ausbildung an deutschen Universitäten politisch immer stärker an den liberalen Freiheitsbewegungen im Deutschland des Vormärz statt an Wien orientierte, die Aufhebung des Wahlzensus, die Öffentlichkeit in den Verhandlungen der Nationsuniversität forderte und die Geschichte als Ressource für die Emanzipationsbestrebungen ihres Volkes entdeckte. Diese junge reformfreudige Generation scharte sich um den Buchdrucker und Verleger Johann Gött (1819-1888) in Kronstadt, der den „Sprachkampf“ von Roth publizierte und auch das seit 1837 er- scheinende Siebenbürger Wochenblatt als Alternativmedium zum konservativen, in Hermannstadt verlegten Siebenbürger Boten, der nach einem Wort von Roth „auf dem Großvaterstuhl fast eingeschlafen war“247.

243 J. BEDEUS: Erinnerungen. Ungedr. Manuskript im Staatsarchiv Sibiu, Fonds Bedeus, Nr. 112, S. 301-302, hier zit. nach: Kurze Geschichte Siebenbürgens, S. 472; FRIEDENFELS. 244 KRONER, Stephan Ludwig Roth; WELLMANN, Kirche. 245 ROTH, Sprachkampf. 246 ROTH, Schriften, Bd. 4, S. 119, und Bd. 6, S. 228. 247 Ebenda, Bd. 5, S. 15.

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Die Errichtung zahlreicher neuer Institutionen des gesellschaftlichen und kulturel- len Lebens und vor allem die Gründung von Vereinen bezeugen die mobilisierende Wirkung der Tätigkeit dieser Gruppe, die als „Nationalbewegung“ zu kennzeichnen248 im doppelten Sinne als zu voreilig erscheint. So bezweckte einer der wichtigsten Ver- eine, nämlich der 1842 in Schäßburg gegründete Verein für siebenbürgische Landes- kunde, die Liebe zum Vaterland durch die von ihm geförderte Erforschung der Ver- gangenheit zu beleben, zu „vereinigen, nicht trennen, versöhnen, nicht aufreizen“. Andererseits ging es ihm auch darum, das partikularistische Eigenbewusstsein, den Kantönligeist der verschiedenen sächsischen Kreise, Kapitel und Stühle zu beseitigen und eine Vereinigung aller Sachsen, eine sächsische Gruppenbildung, anzubahnen, so dass „wir aufhören, Hermannstädter, Mediascher, Schäßburger, Kronstädter zu sein, sondern dass wir Sachsen sein und als solche fühlen werden“249. Das war im Über- gang vom pränationalen, noch ständisch bestimmten zum nationalen Bewusstein libe- raler Prägung tatsächlich bereits national gedacht, obwohl eine eindeutige Proklama- tion von Nation noch ausblieb und vom Bekenntnis zur siebenbürgischen Gemein- samkeit, zum ethnisch übergreifenden Gemeinwohl des Vaterlandes überdeckt wurde. Eine solche Proklamation haben die Sachsen erst im Revolutionsjahr 1848/49 vorge- tragen, wenn auch in Reaktion auf den aus der Revolution hervorgegangenen ungari- schen Nationalstaat. Im Zuge der schulischen Reformbestrebungen gründete die evangelische Kirche eine Lehrerbildungsanstalt und es entstand 1844 in Hermannstadt eine Rechtsakade- mie. Stefan Ludwig Roth bemühte sich auch um die Förderung der Landwirtschaft und schlug die Einführung der Fruchtwechsel- an Stelle der Dreifelderwirtschaft so- wie die Flurbereinigung vor. 1845 wurde zu diesem Zweck der Landwirtschaftliche Verein gegründet. Die Wirkung von Roths Initiative, durch Einwanderung von Bauern aus Württemberg beispielgebende Musterwirtschaften einzurichten und den deutschen Bevölkerungsanteil in Siebenbürgen zu erhöhen, blieb gering, nur 407 Fa- milien aus dem evangelischen Teil Süddeutschlands folgten seinem Ruf und siedelten sich auf dem Königsboden an.250 In dieser Zeit, 1844, entstand auch das bis heute gesungene Siebenbürgenlied des aus Preußen stammenden und in Kronstadt wirkenden Dichters Leopold Maximilian Moltke (1819-1894), eines journalistischen Mitarbeiters des Verlegers Gött: Siebenbürgen, Land des Segens, Land der Fülle und der Kraft, mit dem Gürtel der Karpaten um das grüne Kleid der Saaten, Land voll Gold und Rebensaft.

248 Ambrus Miskolczy schreibt in dem von ihm verfassten Kapitel über die Reformzeit in Sie- benbürgen von einem „deutschnationalen Erwachen der Sachsen“ und ihrer „Nationalbe- wegung“, in: Kurze Geschichte Siebenbürgens, S. 472 ff. 249 Zit. nach GOTTAS, Krone, S. 269. 250 FATA, Steinlachtal.

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Siebenbürgen, grüne Wiege einer bunten Völkerschar! Mit dem Klima aller Zonen, mit dem Kranz von Nationen um des Vaterlands Altar. Siebenbürgen, Land der Duldung, jedes Glaubens sichrer Hort! Mögst du bis zu fernen Tagen als ein Hort der Freiheit ragen und als Wehr dem treuen Wort! Siebenbürgen, süße Heimat, unser teures Vaterland! Sei gegrüßt in deiner Schöne, und um alle deine Söhne schlinge sich der Eintracht Band! Auffällig an diesem ganz der Romantik verhafteten Text ist freilich die Stärke ei- nes auf Siebenbürgen als „Vaterland“ bezogenen pränationalen Staatspatriotismus, einer regionalen Identität, die die Gemeinsamkeit der in der Region lebenden Völker und Religionen beschwört und daraus keinen „Volksstamm“ hervorhebt, ethnisch ge- sehen eine Äquidistanz bewahrt und dadurch ausdrücklich für ethnische wie religiöse Gleichberechtigung und Toleranz eintritt. Dieses Lied als „national“ oder gar „deutschnational“ zu bezeichnen, ist daher etwas verfehlt.251 Doch die Zeit der Toleranz war nur mehr sehr kurz bemessen. Die Revolution von 1848 forderte solidarische Parteinahme und damit verbundene Kampfbereitschaft für die Freiheitsforderungen der ungarischen Liberalen und ihrer Nationalbewegung, für die Union Siebenbürgens mit dem neuen ungarischen Nationalstaat, den die nichtun- garischen Völker dieses Staates als Herausforderung ihrer jeweils eigenen nationalen Freiheit begriffen. Die Unionsforderung entpuppte sich rasch als die polarisierende Streitfrage, auf die mit den politischen wie militärischen Auseinandersetzungen in der Revolutionsepoche 1848/49 die Bevölkerungsgruppen des Landes ganz unterschied- lich reagierten.252 Die Sächsische Nationsuniversität gewährte am 4. April den Rumä- nen auf Königsboden die bürgerliche Gleichberechtigung und beharrte auf der Auto- nomie Siebenbürgens. Den Sachsen, die auf den Vorwurf ihrer „reaktionären Hal- tung“ nunmehr mit einer Stellungnahme für die Union reagierten, hielt Roth entge- gen: „Es ist wahr, die Wiener Regierung hat bisher nicht freisinnig regieret – war et- wa der ungarische Adel freisinniger gegen seine Untertanen, oder freisinniger gegen diejenigen, welche nicht Magyaren waren?“253

251 Ambrus Miskolczy kennzeichnet das Lied als Volkshymne der Siebenbürger Sachsen und als Beleg dafür: „Deutsches Selbstbewusstsein und siebenbürgischer Patriotismus kamen gut miteinander aus.“ – Kurze Geschichte Siebenbürgens, S. 476. 252 GÖLLNER; KRONER, Siebenbürger Sachsen; SÁRKÖZI. 253 ROTH, Schriften, Bd. 7, S. 32.

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In Reaktion auf die Nachgiebigkeit Kaiser Ferdinands, der die Union Siebenbür- gens mit Ungarn nach dem entsprechenden Beschluss des siebenbürgischen Landtags vom 30. Mai billigte, richteten sich die Hoffnungen der Sachsen auf ein vereinigtes Deutschland. Im Brief des Deutschen Jugendbundes in Siebenbürgen an die Frankfur- ter Nationalversammlung, den Roth formulierte, verband er das Bekenntnis zur „Mut- ter Germania“ als deren entfernte Söhne und „vorgeschobener deutscher Posten im Osten“ mit der eindeutigen Proklamation „unserer Treue gegen die ungarischen Kö- nige, deren Vorfahren uns vor mehr als 700 Jahren hieher beriefen“, mit dem bereits im Siebenbürgenlied zum Ausdruck gekommenen Staatspatriotismus: „Wir wollen sein und bleiben, was wir immer gewesen sind, ein ehrlich deutsches Volk und auch ehrliche treue Bürger desjenigen Staates, dem wir angehören. Eines verträgt sich sehr gut mit dem Anderen: ja, Eins ist uns nur möglich bei dem Andern.“254 Roth begrüßte die „Vollendung des begonnenen Neubaues“ von Deutschland auch als „eine Bürgschaft unseres eigenen nationalen Fortbestandes, eine Stütze unserer ei- genen deutschtümlichen Fortentwicklung. […] Wir werden stark, wenn Deutschland es ist.“ Damit hat Roth als einer der Ersten die potenzielle Schutzmachtrolle des konna- tionalen homeland, der „Mutter Germania“, angesprochen. Da die deutsche National- staatsbildung 1848/49 nicht zustande kam, sahen sich die Siebenbürger Sachsen ge- zwungen, sich im bereits im Herbst 1848 militärisch ausgetragenen Kampf zwischen Wien und Budapest auf die Seite des Kaisers zu stellen. Zum Commissär der Na- tionsuniversität für die 13 siebenbürgischen Gemeinden im Komitat Küküllő (Kokel- burg) ernannt, versuchte Roth die von den Magyaren verübten Plünderungen und Brandschatzungen, denen bereits zahlreiche sächsische Dörfer im Burzenland und in Zentralsiebenbürgen zum Opfer gefallen waren, einzudämmen, organisierte einen „Landsturm“ und bemühte sich um Einführung aller „drei zur Brüderlichkeit be- stimmten Sprachen“ des Landes als Amtssprache in der ihm als stellvertretendem Lei- ter überantworteten Gespanschaft. Im Dezember 1848 eroberte der aus Polen stammende General Jozef Bem (1794- 1850) als Kommandant des ungarischen Revolutionsheers in Siebenbürgen weite Tei- le des Landes, darunter auch Hermannstadt und Kronstadt. Bem proklamierte eine allgemeine Amnestie und setzte sich für die Versöhnung der Bevölkerungsgruppen Siebenbürgens ein. Doch in seiner Abwesenheit betrieb der von Kossuth für Sieben- bürgen eingesetzte Regierungskommissär László Csányi (1790-1849) einen Rache- feldzug. Seinen von ihm eingesetzten Standgerichten fielen mehr als 700 Menschen zum Opfer255, darunter auch Stefan Ludwig Roth. Nach der Niederschlagung der Revolution im Sommer 1849, der Aufhebung der ungarischen 1848er-Aprilverfassung und der Union Ungarns mit Siebenbürgen wur- den beide Länder jeglicher Eigenständigkeit beraubt und stufenweise in den sich ver- einheitlichenden, erneut absolutistisch regierten österreichischen Kaiserstaat einge-

254 Ebenda, Bd. 8, S. 78-80. 255 GÜNDISCH, Siebenbürgen, S. 136.

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gliedert. Als Errungenschaften der Revolution blieb allerdings die Abschaffung der Grundhörigkeit und Feudallasten bestehen. Die alten Rechtssammlungen, so auch das sächsische Eigen-Landrecht von 1583, wurden durch das 1853 eingeführte Österrei- chische Bürgerliche Gesetzbuch ersetzt, die sächsische Eigengerichtsbarkeit beseitigt und die Selbstverwaltung schrittweise vom zentralistischen Regierungsapparat und ih- rer deutschsprachigen Bürokratie abgelöst. Die Siebenbürger Sachsen sahen sich in ihren auf den Kaiser gesetzten Hoffnungen maßlos enttäuscht. Georg Daniel Teutsch (1817-1893, 1842-1863 Schulrektor in Schäßburg, ab 1867 Bischof) artikulierte die allgemeine Verbitterung: „Die deutsche Wiener Regierung tritt bisweilen so gar er- bärmlich und selbstmörderisch gerade unsere Interessen fortwährend mit den Füßen, um derentwillen wir auf ihrer Seite stehen.“256 Der von Wien aus verfolgte Kurs einer alle Völker gleichmachenden, die vorgegebenen Unterschiede nivellierenden Behand- lung, die sich auf den Grundsatz der Gleichberechtigung aller Nationen und Nationa- litäten berief, stieß bei den kaisertreuen Bürgern auf Unverständnis, bei den opposi- tionellen Kräften auf Empörung und Widerstand, wie der Gouverneur Siebenbürgens, Karl Philipp Fürst zu Schwarzenberg (1802-1858), 1852 nach Wien berichtete, wobei er die mangelnde Klarheit der Regierungsgrundsätze hervorhob: „Die Ungarn bauen Luftschlösser, die Sachsen fangen an zu marschieren und zu opponie- ren, die Wallachen möchten Verschiedenes haben, kurz es wäre sehr nützlich durch ein Ar- gumentum ad hominem zu beweisen, dass die Hauptgrundsätze Ein Herr, Ein Gesetz, Eine Regierung, keine national-Privilegien, dieselben geblieben sind.“257 Der Finanzkollaps des Regimes und die Niederlagen von Magenta und Solferino im Krieg gegen Frankreich und das sich unter Piemont vereinigende Italien 1859 er- zwangen einen stufenweisen Systemwechsel, der mit dem Oktoberdiplom von 1860 und dem Februarpatent 1861 eingeleitet wurde. Die alten Gebietskörperschaften, dar- unter auch die Nationsuniversität, wurden wiederhergestellt, die Zensur gelockert, der Wahlzensus verringert, wodurch das Übergewicht des Adels abnahm. Davon profi- tierten vor allem die Rumänen, die sich freier als bisher politisch artikulieren konnten. Mit ihnen kooperierten jetzt verstärkt die Sachsen, um den ungarischen Unionsforde- rungen mit vereinten Kräften entgegenzutreten. Die Nationsuniversität forderte in ei- ner an Kaiser Franz Joseph gerichteten Denkschrift 1862 ausdrücklich die nationale Gleichberechtigung in Siebenbürgen: „Das freie Bürgervolk der Sachsen [legt] auf die Anerkennung der Romänen als vollbe- rechtigte Nation ein großes, in seiner Bedeutung für die Geschichte des Landes schwer wiegendes Gewicht. Es zu beachten ist eine Forderung der Gerechtigkeit, die sich unge- straft nicht länger mehr zurückdrängen lässt. […] Von dem Gedanken und der Überzeu- gung geleitet, dass die Erhebung der romänischen Bevölkerung in Siebenbürgen zu einer ständischen Nation ein Gebot der Gerechtigkeit ist, […] erklärt die Universität der sächsi- schen Nation sich bereit, zur Bildung nationaler Verwaltungsgebiete unter der ausdrückli- chen Bedingung mitzuwirken, dass gleichzeitig die nicht im Municipalverband der sächsi- schen Nation stehenden sächsischen Gemeinden ihrem lebhaft geäußerten Wunsch gemäß,

256 Zit. nach FRIEDENFELS, Bd. 2, S. 226. 257 Zit. nach MARTIUS, S. 63.

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diesem Verbande einverleibt und als voll lebenskräftige Glieder des Nationalkörpers, von welchem der Zeiten Ungunst sie abgerissen hat, wieder aufgenommen werden.“258 Die damit beantragte Neuordnung eines „Dreivölkerstaats“ nach dem Modell einer ethnisch definierten Territorialautonomie sollte den Gegenstand der Verhandlungen des gewählten Landtags bilden, der am 15. Juli 1863 in Hermannstadt zusammentrat. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes besaßen die Magyaren in ihm keine Mehrheit, denn 58 rumänische Abgeordnete standen 56 magyarischen und 44 sächsi- schen gegenüber. Unter Berufung auf die 1848 beschlossene Union mit Ungarn, ge- gen die der Landtag verstoße, verließen ihn die ungarischen und Szekler Abgeordne- ten. Gleichwohl fassten die verbliebenen Abgeordneten weitreichende Beschlüsse: amtlicher Gebrauch der „landesüblichen“ Sprachen, nämlich Ungarisch, Deutsch und Rumänisch, Einrichtung eines obersten Gerichtshofs für Siebenbürgen, Einführung eines neuen Wahlrechts. Doch all dies blieb Makulatur. Kaiser Franz Joseph, der kurz zuvor noch diese Beschlüsse zum Gesetz erhoben hatte, löste im September 1865 den Landtag in Hermannstadt auf und ermächtigte das in Pest tagende ungarische Parla- ment, die Frage der Union auf deren Tagesordnung zu setzen. Zusammen mit der un- garischen Elite hatte der Kaiser bereits den Weg zum Ausgleich eingeschlagen, der im Sommer 1867 zum Gesetz erhoben wurde und die Union Siebenbürgens mit Un- garn bereits vorsah. Der nach der Wahlordnung von 1791 nach Klausenburg einberu- fene „Unions-Landtag“, in dem die Magyaren wieder ihre traditionelle Mehrheit er- langten, anerkannte die Rechtskontinuität der bereits 1848 vollzogenen Vereinigung Siebenbürgens mit Ungarn gegen den geschlossenen Widerstand der Rumänen. Ein kleinerer Teil der sächsischen Abgeordneten hielt es für klüger, zur unionsfreundli- chen Mehrheit überzuwechseln und sich in der Hoffnung auf gedeihliche Zusammen- arbeit mit der künftigen staatstragenden Nation zu arrangieren.

12.1 Die Nationalität der Siebenbürger Sachsen im ungarischen Nationalstaat Für alle Länder der Stephanskrone war Budapest das übermächtige Zentrum eines Staates, der bereits im ersten Jahrzehnt seines Bestehens durch den Aufbau einer straff organisierten Verwaltung die bisher gültigen regionalen und personalen Institu- tionen der Selbstverwaltung mit Ausnahme der 1868 gesetzlich geregelten Autonomie der Religionsgemeinschaften beseitigte. 1876 wurde die Nationsuniversität endgültig aufgelöst und in eine Kulturstiftung umgewandelt, die den sächsischen Gemeinbesitz an Grund und Boden verwaltete, der nicht mehr allein den Sachsen, sondern allen Bewohnern des ehemaligen Königsbodens zugute kommen sollte. Das Amt des Sach- sengrafen blieb zwar nominell bestehen, wurde jedoch auf den Obergespan des neu eingerichteten Hermannstädter Komitats übertragen, den wie alle anderen die Regie- rung ernannte. Die alten Verwaltungseinheiten der Stühle und Distrikte gingen in den 16 neu gebildeten Komitaten auf, die ohne Rücksicht auf bisher geltende historische Grenzen gebildet wurden.

258 WAGNER, Quellen, S. 211-215.

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Das 1868 verabschiedete „Nationalitäten-Gesetz“ proklamierte die einheitliche ungarische politische Nation, in der zwar prinzipiell ein Integrationsansatz für die Na- tionalitäten in den neuen Staat verankert war. Doch die von der altliberalen Elite um Eötvös und Deák anvisierte Integration in ein multiethnisch gedachtes Staatswesen wurde in der konkreten Sprach- und Schulpolitik ab Mitte der 1870er Jahre von einem repressiven Nationalisierungskurs überlagert. Die herrschende Elite, die mit Kálmán Tisza als Ministerpräsidenten 1875 an die Macht gekommen war, verfolgte immer rücksichtsloser das Ziel, an die Stelle der ethnisch-kulturellen Vielfalt der in Ungarn lebenden und noch immer die Mehrheit stellenden nichtungarischen Völker die politi- sche und sprachlich-kulturelle Einheit eines möglichst eindeutigen ungarischen Na- tionalstaats durchzusetzen. Für alle Nationalitäten stellte sich dadurch die Grundsatzfrage, welche Rolle sie in Vertretung ihrer Interessen im öffentlichen Leben übernehmen sollten: alternativ die negativ besetzte Rolle der Ablehnung und des Boykotts der neuen Staatsordnung, wo- für sich die Rumänen Siebenbürgens klar entschieden, oder eher eine aktive Rolle durch Mitwirkung am parlamentarischen Leben in Budapest und an den Selbstverwal- tungsgremien der Komitate und Kommunen. Die Sachsen entschieden sich mehrheit- lich für die aktive Rolle, auch wenn es durchaus unterschiedliche Gruppierungen gab, die als „Altsachsen“ und „Jungsachsen“ bezeichnet wurden. Dahinter stand weniger ein Generationenkonflikt, wie die Bezeichnung suggeriert, als der Versuch, durch ei- nen offen geführten politischen Diskurs zwischen der mehr konservativ ausgerichte- ten Gruppe unter der Führung des Bischofs und Historikers Georg Daniel Teutsch und einer liberal-demokratisch ausgerichteten Gruppe unter der Führung des Schäßburger Pfarrers und gleichfalls Historikers Carl Fabritius (1826-1881) einen gemeinsamen Weg auszuhandeln, der einerseits die Integrität und Einheit des sächsischen Volkes bewahren, andererseits eine vorsichtige wie vorteilhafte Anpassung an die neuen Verhältnisse ermöglichen sollte. Die noch sehr den Traditionen verhafteten Altsach- sen kennzeichnete eine große Skepsis und Distanz zum neuen Staat, während die den Mittelstand vertretenden Jungsachsen durch Kooperation mit diesem wirtschaftliche Vorteile zu erlangen suchten. Einig jedoch waren sich beide Gruppen in der mit aller Entschiedenheit verfolgten kulturellen Selbstbehauptung, die die Altsachsen in erster Linie durch die evangelische Kirche und deren kulturelle und schulische Institutionen als Bollwerk ihrer Nationalität gewährleistet sahen. Diese grundsätzliche Gemein- samkeit ermöglichte auch den Kompromiss der Alt- und Jungsachsen am ersten in Mediasch abgehaltenen „Sachsentag“ 1872. Die hier versammelten Repräsentanten schufen die einheitliche politische Plattform der Siebenbürger Sachsen, die in Grund- zügen bis zum Ersten Weltkrieg in Geltung geblieben ist: ‒ das Bekenntnis der Loyalität zum ungarischen Staat; ‒ das Postulat der „sächsischen Einheit“ und Geschlossenheit gegenüber den Repräsentanten des ungarischen Staates; ‒ die aktive Mitwirkung im öffentlichen Leben, insbesondere im ungarischen Parlament, womöglich in Kooperation mit der jeweiligen Regierungspartei und Exekutive.

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Als ersten konkreten Schritt schlossen sich die sächsischen Parlamentsabgeordne- ten der altliberalen Deák-Partei an, da diese gegenüber den Nationalitäten noch eine gewisse Kompromissbereitschaft zeigte. Nach dem Wahlsieg der 1867er Partei unter der Führung von Kálmán Tisza versuchten sie den Verlust ihrer politischen Bedeu- tung durch besondere Leistungen im wirtschaftlichen und kulturellen Bereich zu kompensieren.259 Eine zentrale Rolle übernahm hier „ihre“ evangelisch-lutherische Kirche in Verbund mit zahlreichen neu gegründeten Vereinen, Wirtschaftsunterneh- men, Banken, Genossenschaften und schulischen wie kulturellen Einrichtungen. De- ren gegenseitige Vernetzung ermöglichte es den Sachsen, dem staatlichen Assimilati- onsdruck erfolgreich auszuweichen. Sie widerstanden auch der Versuchung einer stärkeren Anlehnung an den neuen, von Bismarck geschaffenen deutschen National- staat, weil der Reichskanzler jegliche Hilfeleistung als unvereinbar mit dem von ihm mit Andrássy begründeten Bündnisverpflichtungen des Zweibunds des Deutschen Reiches mit Österreich-Ungarn ablehnte. Die Sachsen verschlossen sich auch jegli- chen Kooperationsangeboten von den übrigen bedeutenden Nationalitäten des Ste- phan-Reiches, den Rumänen, Serben und Slowaken, nach der Jahrhundertwende auch von der 1906 gegründeten Ungarländischen Volkspartei, die alle „Deutschungarn“ außerhalb Siebenbürgens zu vereinigen und politisch zu mobilisieren suchte. Denn die stets offen gehaltene Möglichkeit der Kooperation mit den Repräsentanten des ungarischen Staates besaß für die sächsischen Abgeordneten die oberste Priorität, obgleich solche Kooperationen aus unterschiedlichen Gründen nicht immer realisiert werden konnten. Die 1876 gegründete Sächsische Volkspartei konnte am Zweiten Sachsentag 1890 in Hermannstadt ihren pragmatischen und kompromissbereiten Kurs mit der im „Volksprogramm“ verankerten Formel durchsetzen, „das siebenbürgisch-sächsische Volk seinen Kulturbestimmungen nach auch unter den veränderten Zeitverhältnissen als ein entwicklungs- und leistungsfähiges Glied des ungarischen Staatsganzen, mit dessen Bestand sein Geschick eng verknüpft ist, zu erhalten“260. Das bedeutete die endgültige Anerkennung der Union und den Verzicht auf eine Revision des Nationali- tätengesetzes von 1868, die noch am ersten Sachsentag 1872 gefordert worden war. Den Parlamentsabgeordneten der Sachsen wurde die Zugehörigkeit zu einer politi- schen Partei freigestellt, die meisten von ihnen schlossen sich jedoch der Regierungs- partei an. Als der Ministerpräsident Graf Dezső Bánffy ab Mitte der 1890er Jahre eine immer rigidere Nationalitätenpolitik verfolgte (die beispielsweise mit dem Ortsna- mengesetz für jede Gemeinde einen ungarischen Namen obligatorisch vorschrieb), führte das zu einer politischen Radikalisierung und neuerlichen Polarisierung inner- halb der Sachsen: Die von Lutz Korodi geleitete Kronstädter Zeitung verurteilte die pragmatische Politik der älteren Sachsen-Politiker und plädierte für eine Budapest ge- genüber oppositionelle Haltung, die wiederum deren Kritiker als „grün“ und damit als unreif verurteilten. Die Folge war eine Spaltung in eine „grüne“ und eine „schwarze“

259 GÜNDISCH, Siebenbürgen, S. 150. 260 Zit. nach TEUTSCH/TEUTSCH, Geschichte, Bd. 4, S. 139.

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Gruppierung261, wobei Erstere die Übernahme einer strikten Oppositionsrolle und den Austritt aller sächsischen Abgeordneten aus der Regierungspartei forderte. Die Grünen intensivierten ihre Kontakte zu deutschnationalen Schutzvereinen im Deutschen Reich, insbesondere zum Deutschen Schulverein und zum Alldeutschen Verband, und traten für eine Zusammenarbeit mit den Rumänen und für die politische Vereinigung aller in Ungarn lebenden Deutschen ein. Zu diesem Zweck kooperierten sie unter der Führung von Rudolf Brandsch immer enger mit Edmund Steinacker und seiner Ungarländischen Deutschen Volkspartei, die jedoch an den Parlamentswahlen von 1910 scheiterte. Rudolf Brandsch gelang es jedoch, als in Hermannstadt gewähl- ter Abgeordneter als interimistischer Sprecher aller Deutschen in Ungarn in das Par- lament einzuziehen. Der Entfremdungsprozess zwischen der Titularnation und den Nationalitäten, der mit den Schulgesetzen von Apponyi 1907 einen neuerlichen Höhepunkt erreichte, schuf ein Klima wechselseitigen Misstrauens, das Vermittlungsversuche zwischen den zu Frontbildungen verhärteten nationalen Lagern von vornherein zum Scheitern verurteilte. Aus Furcht vor den Rumänen, die in Siebenbürgen schon längst die Be- völkerungsmehrheit stellten, war den „schwarzen“ Sachsenpolitikern die Zusammen- arbeit mit Regierung und Regierungspartei wichtiger, denn nur durch diese sahen sie den Fortbestand ihrer Nationalität gewährleistet. Aus dem gleichen Grund votierten sie auch gegen die Einführung des allgemeinen Wahlrechts – eine Forderung, die 1906 im Zuge der Dualismuskrise als Instrument ihrer Überwindung aufgekommen war –, was eine Übereinstimmung mit den Interessen der ungarischen Führungselite in einem wichtigen Punkt begründete. Der dahinschwelende Konflikt der Titularnati- on mit den Nationalitäten blieb unausgetragen, weil er von einem schwergewichtige- ren, 1905 voll zum Ausbruch gekommenen Konflikt überlagert wurde, nämlich von der Frage nach der Zukunft des Dualismus und der Stellung Ungarns in der 1867 im Ausgleich beschlossenen Personal- und Realunion mit Österreich. Die Stimmen in Ungarn mehrten sich, die Realunion aufzukündigen und auf die bloße Personalunion eines gemeinsamen Herrschers zu reduzieren. Andererseits sammelten sich um den Thronfolger Franz Ferdinand und seine Militärkanzlei auf österreichischer Seite die Kräfte, darunter auch Repräsentanten der Nationalitäten des Königreichs Ungarn wie Steinacker, Alexandru Vaida-Voievod (1873-1950) und Milan Hodža (1878-1944), die den Dualismus durch einen Trialismus unter Einschluss der Slaven wie auch der Rumänen der Monarchie ersetzen oder einen neuerlichen „Anschluss“ Ungarns an Österreich durchsetzen wollten, wobei Letzteres insbesondere das Lager der Deutsch- nationalen und der Alldeutschen propagierte.

12.2 Gesellschaft und Wirtschaft der Sachsen 1850-1914 Während die Gesamtbevölkerung Siebenbürgens im Zeitraum von 1850 bis 1914 eine sehr dynamische Zuwachsrate von 40 Prozent (das waren 750 000) aufwies, fiel die Zuwachsrate der Sachsen mit fünf Prozent wesentlich geringer aus, so dass ihr Anteil

261 WITTSTOCK.

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an der Gesamtbevölkerung von 10,23 Prozent im Jahr 1850 auf 8,71 Prozent im Jahr 1910 zahlenmäßig abnahm.

Tabelle 23: Die Bevölkerung Siebenbürgens nach der Muttersprache 1850-1910 (nach den Verwaltungsgrenzen von 1876) 1850 1880 1900 1910 1786 1850 1880 1900 1910 absolut in % Magyaren 488 927 630 477 806 406 909 003 49,7 26,11 30,25 32,82 34,20 Deutsche 211 748 211 748 229 889 231 403 18,2 10,27 10,16 9,36 8,71 Rumänen 1 091 208 1 184 883 1 389 303 1 464 211 30,5 58,28 56,85 56,55 55,08 Slowaken 1 092 2 209 2 341 0,05 0,09 0,09 Armenier 7 372 3 450 0,39 0,17 Juden 11 760 0,2 0,63 Zigeuner 77 201 48 064 0,7 4,12 2,31 Sonstige 3 765 4 334 29 031 51 201 0,7 0,20 0,21 1,18 1,93 Insgesamt 1 872 437 2 084 048 2 456 838 2 658 159 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 Quelle: Kurze Geschichte Siebenbürgens, S. 411 u. 559.

Die demografische Stagnation der Sachsen ist auf ihre niedrigere Fertilität als bei den Magyaren zurückzuführen, meistens begnügten sich die sächsischen Familien mit ein bis zwei Kindern. Eine geringere Rolle spielte die Auswanderung, nach der Jahr- hundertwende vor allem nach Amerika. Ins Gewicht fiel die ab 1850 einsetzende Urbanisierung, der zufolge die Einwoh- nerzahl der 27 Gemeinden, die 1910 als Städte im rechtlichen Sinn klassifiziert wur- den, sich von 149 471 auf 324 955 vermehrte, allein in den beiden letzten Jahrzehnten von 1890 bis 1910 um 100 000. 1910 lebten 12,7 Prozent der Gesamtbevölkerung in Städten, auf dem einstigen Königsboden jedoch deutlich mehr, nämlich 22,1 Prozent, hingegen im Szeklerland nur 7,3 Prozent.262 Die Assimilationsprozesse konzentrierten sich in Siebenbürgen ganz stark auf die Städte. In diesen nahm der Anteil der Magya- ren im Zeitraum von 1880 bis 1910 von 48,6 Prozent auf 59,0 Prozent zu, während der Anteil der Deutschen von 23,8 Prozent auf 16,2 Prozent und damit um ein Drittel abnahm. Beispielhaft ist diese Entwicklung an der Zunahme des ungarischen Bevöl- kerungsanteils in der Hauptstadt Siebenbürgens, Klausenburg, festzumachen, in der bis 1910 mehr als 90 Prozent ihrer Einwohner sich als Magyaren identifizierten. 1880 zählte man 23 579 Magyaren in dieser Stadt, 30 Jahre später war ihre Zahl um mehr als das Doppelte auf 50 707 angestiegen. In der Gruppe der bevölkerungsreichsten Städte besaßen die Sachsen 1910 eine Mehrheit nur mehr in den Städten Bistritz, Hermannstadt und Schäßburg; die Magyaren in Kronstadt, Klausenburg und Neu- markt.263 Eine Zunahme der Mehrsprachigkeit ist im gleichen Zeitraum gleichfalls auffällig: Bekannten 1880 7,57 Prozent der nichtungarischen Bevölkerung, die unga- rische Sprache zu beherrschen, so stieg diese Quote bis 1910 um mehr als das Dop- pelte auf 15,2 Prozent.

262 Kurze Geschichte Siebenbürgens, S. 555. 263 SÜLE, S. 61 f.

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Die sächsische Bevölkerung war 1910 zu mehr als der Hälfte (57,3 Prozent) in der Landwirtschaft tätig (Magyaren 55,8 Prozent, Rumänen 84,6 Prozent), die zweite größere Erwerbsgruppe stellten mit 22,2 Prozent die in der Industrie Beschäftigten, gefolgt von Handel und Finanzen mit 6,0 Prozent. 5,1 Prozent betrug der relativ hohe Anteil der im öffentlichen und kirchlichen Dienst stehenden Beamten und Angestell- ten, der bei den Magyaren mit 5,7 Prozent nicht wesentlich höher war. Sehr gering war der Anteil der Tagelöhner mit 0,9 Prozent, der auch dem Anteil der im Bergbau Beschäftigten entsprach, erwähnenswert sind noch die im Bereich Verkehr Beschäf- tigten mit 1,2 Prozent. Die sächsischen Bauern verfügten ähnlich den Schwaben in Südungarn über grö- ßere landwirtschaftlich genutzte Bodenflächen als alle anderen Nationalitäten. Von den 48 500 Landwirten besaßen mehr als die Hälfte, nämlich 25 200, einen Grund- besitz von mehr als fünf Joch. Von den 37 500 nichtdeutschen Landwirten besaßen lediglich rund 7 900 über fünf Joch.264 Wie in der Zips führten auch in Siebenbürgen die Aufhebung der Zünfte, Kapitalarmut und Industrialisierung zum raschen Nieder- gang vor allem des Handwerks und Gewerbes. Zählte man in Hermannstadt 1829 noch 1 400 sächsische Gewerbetreibende, so war deren Zahl bis 1890 auf 582 gesun- ken.265 Demgegenüber entstand eine kleine Schicht von Fabrikanten, die ab den 1880er Jahren eine Textil- und Nahrungsmittelindustrie sowie Papierfabriken begrün- dete. Zahlenmäßig kaum ins Gewicht fielen qualitative Veränderungen der Sozialstruk- tur. Die Zahl der juristisch gebildeten Beamten nahm nach 1867 ab, die der freien Be- rufe, vor allem der Ärzte und Rechtsanwälte, jedoch stark zu. Bei steigender Anzahl der an Universitäten ausgebildeten Lehrer sank die der akademisch gebildeten Geist- lichen.266 Neu hinzu kamen mit dem Aufbau eines Finanz- und Kreditwesen die Bankbeamten und mit der zunehmenden Zahl der Presseorgane die Journalisten. Sie alle zusammengenommen bildeten den bürgerlichen Mittelstand, der auch politisch engagiert war und nicht nur die Politik der Siebenbürger Sachsen lenkte, sondern auch das nach 1850 sich sehr dynamisch entwickelnde Vereinsleben bestimmte. Die wirtschaftlich wie kulturell ausgerichteten Vereine, Banken und Genossen- schaften bildeten das sozioökonomische Fundament der siebenbürgisch-sächsischen Nationalität. Rudolf Briebecher (1866-1934), der langjährige Sekretär des 1845 ge- gründeten Siebenbürgisch-sächsischen Landwirtschaftsvereins, bezeichnete die Ver- eine als „die hervorragendsten Faktoren“ „in der Geschichte der mit den vierziger Jahren beginnenden Einigungsbewegung unseres Völkchens“, als „in mancher Bezie- hung noch sächsischer als unsere Kirche“, denn sie bildeten „eine nationale Schutz- wehr, deren Bedeutung für unser Volkstums umso größer ist, je mehr der Staat in sei- ner Allmacht die Lebensäußerungen dieses Volkstums auf den Gebieten des öffent- lichen Lebens unterdrückt“267.

264 TEUTSCH, Sachsen, S. 188. 265 Ebenda, S. 191. 266 GOTTAS, Die Deutschen, S. 377. 267 BRIEBRECHER.

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Zu den wichtigsten Vereinen zählten der bereits erwähnte Verein für siebenbürgi- sche Landeskunde (gegründet 1840) und der Landwirtschaftsverein, der 1912 über 12 000 Mitglieder in 231 Ortsvereinen zählte268, der Siebenbürgische Verein für Na- turwissenschaften (1849), die in den Jahren 1840-1847 gegründeten Gewerbevereine in Hermannstadt, Kronstadt, Bistritz und Schäßburg, der siebenbürgische Gustav- Adolf-Verein (1861), der Siebenbürgische Karpathenverein (1880), der Allgemeine Evangelische Frauenverein (1884), dem 1916 221 Ortsvereine angehörten, der Raiff- eisenverein (1890), der Verband sächsischer Turnvereine (1890) sowie zahlreiche Musik- (Liedertafeln, Gesangvereine) und Wandervereine. Die von Carl Wolff (1849- 1929) gegründeten Raiffeisengenossenschaften vereinigten in ihrem Dachverband im Jahre 1918 184 Sparvereine, 64 Konsumvereine, fünf Kellervereine und eine Genos- senschaftsmühle.269 Das für die Finanzierung des wirtschaftlichen wie kulturellen Lebens zuständige Netz von sächsischen Geldinstituten bestand 1914 aus 222 Banken und Sparkassen, die in 253 Orten tätig waren. Zu den wichtigsten zählten die bereits 1835 gegründete Kronstädter Sparkasse, die Hermannstädter Sparkasse (1841), die Bodenkreditanstalt, gleichfalls in Hermannstadt, die 1872 Bedeus von Scharberg zusammen mit der evan- gelischen Landeskirche errichtete, und die Siebenbürgische Vereinsbank (1891), die als Zentrale alle Geldinstitute zusammenfasste. Die Hermannstädter Sparkasse wid- mete im Zeitraum von 1841 bis 1912 insgesamt 2,62 Milliarden Kronen gemeinnützi- gen Zwecken.270 Die zentrale Funktion der Kreditvergabe für den Aufbau und die Fortentwicklung der modernen, „sich kapitalisierenden“ Wirtschaft belegt die nach- folgende Tabelle: Tabelle 24: Entwicklung der Kreditinstitute der Siebenbürger Sachsen und Rumänen 1890-1912 Sächsische Kreditinstitute Jahr Zahl Grundkapital in tausend Kronen Reingewinn in tausend Kronen 1890 23 1 423 343 1900 32 3 089 1 155 1904 – – 1908 – – 1912 42 10 666 2 352 Rumänische Kreditinstitute Jahr Zahl Grundkapital in tausend Kronen Reingewinn in tausend Kronen 1890 26 1 246 232 1900 82 8 871 1 303 1904 – 11 184 1 811 1908 159 20 776 2 839 1912 202 36 415 4 007 Quelle: SZÁSZ, Kormány, S. 120.

268 GOTTAS, Die Deutschen, S. 378. 269 TEUTSCH, Sachsen, S. 189. 270 GOTTAS, Die Deutschen, S. 378.

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Im Prozess der Verbürgerlichung und wirtschaftlichen Fundierung der sächsischen Gesellschaft, der auch als zentraler Faktor ihrer erfolgreichen Gruppenbildung ver- standen werden kann und ihre Integration in den ungarischen Nationalstaat unter gleichzeitiger Vermeidung jeglicher Assimilation und die ungeschmälerte Bewahrung ihres Schulwesens ermöglichte, nahmen die Banken eine Schlüsselrolle ein. Ein sicht- bares Zeichen dafür ist die steile Karriere von Dr. Carl Wolff, der die wichtigsten Führungsfunktionen der Sachsen in seiner Person vereinigte271: 1874 Begründer und Chefredakteur des Siebenbürgisch-Deutschen Tageblattes bis 1885, 1881-1887 Par- lamentsabgeordneter, 1885 Direktor der Hermannstädter Sparkasse, 1890 Vorsitzen- der der Sächsischen Volkspartei, 1891 Gründer und Direktor der Siebenbürgischen Vereinsbank und schließlich 1901-1913 Landeskurator der Evangelischen Kirche. Die sächsischen Banken und Kreditinstitute beteiligten sich an der Finanzierung und dem Ausbau der Infrastruktur: Bau der Eisenbahnlinien Winzendorf/Vinţu de Jos -Hermannstadt, Hermannstadt-Fogarasch/Făgăraş-Kronstadt, Hermannstadt-Schäß- burg und der Verbindung von Hermannstadt über den Rotenturmpass nach Rumänien, ferner am Bau von Elektrizitätswerken und damit an der Elektrifizierung der Städte und Gemeinden, der Errichtung des Volksbades in Hermannstadt 1904 und der Was- serversorgung der Stadt.272 Der grundlegenden Arbeit von Gábor Egry ist zu entneh- men, welche Investitionen für die kulturellen, kirchlichen, gesellschaftlichen Institu- tionen und Wirtschaftsunternehmen der Sachsen im Zeitraum von 1836 bis 1914 getä- tigt wurden.273 Egry betont, dass das Finanzrisiko sehr gering blieb, denn die Zinsleis- tungen und Rückzahlung der Kredite erfolgten in aller Regelmäßigkeit und „gewähr- leisteten dadurch den Kreditgebern Sicherheit“.274 Ein besonderes Kapitel stellte das Programm des „Bodenschutzes“ und der „In- nerkolonisation“ dar. Die Bodenschutzbewegung ging auf Heinrich Siegmund (1867- 1937), einen Enkel von Stephan Ludwig Roth, zurück, der in Graz und Wien studiert hatte und sich in den 1890er Jahren den „Grünen“ anschloss, in deren Reihen er rasch zum führenden Protagonisten sozialdarwinistischer Pläne und Vorstellungen wie z.B. der Volkshygiene aufstieg, gegen das Zweikindsystem und den Alkohol polemisierte und von der Bedrohung des „Raumtodes“ sprach.275 Um diesen zu bekämpfen, rief er 1906 in Mediasch den ersten Bodenschutzverein ins Leben. Bis 1912 war diese Be- wegung auf acht Ortsvereine mit 1 315 Mitgliedern angewachsen.276 Welche Themen diese Bewegung in das „Volksprogramm“ der Sachsen einbrachte, zeigt die Liste der

271 Über Wolff siehe den biografischen Eintrag von Michael Kroner in: http://www.ost deutsche-biographie.de/wolfka99.htm. 272 EGRY, S. 266-282. – Dieser ausgezeichneten Quellenstudie ist eine Fülle von Angaben über die Schlüsselrolle der Banken für die Wirtschaft und Gesellschaft der Siebenbürger Sach- sen zu verdanken. 273 EGRY, S. 359 f. 274 EGRY, S. 278. 275 SIEGMUND; WAGNER, Heinrich Siegmund. 276 EGRY, S. 308.

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Vorträge auf der am 7.-8. November 1911 in Hermannstadt abgehaltenen vertrauli- chen Sitzung des Vereins:  „Die Erscheinung und Formen des Volkstodes mit besonderer Hinsicht auf das sächsische Volk“  „Hindernisse der Vermehrung der sächsischen Seelenzahl und rassische Entartung unter den Sachsen“  „Das sächsische Genossenschaftswesen auf dem Lande“  „Unsere Innerbesiedlung“  „Unsere Volkskirche als Volksvermehrerin“  „Sitte und Brauch in ihrer Wertung für das Volkstum“  „Kampf gegen die Kindersterblichkeit und Seuchen“  „Der Hausbesitz in Hermannstadt“.277 Die Bodenschutzbewegung mit ihren Vereinen integrierte sich rasch in das Institu- tionennetz der Sachsen, auch Rudolf Brandsch und Carl Wolff gehörten zu ihren füh- renden Mitgliedern, die Kapital für die Verwirklichung der Vereinsziele vermittelten. Doch diese Bewegung war beileibe keine Modeerscheinung, modisch war nur ihre ideologische „Aufrüstung“ im Bannkreis eines rechtsextremen, von Georg von Schö- nerer (1842-1921) und Ernst Haeckel (1834-1919) genährten Nationalismus rassisti- scher Ausrichtung. Denn das Bankensystem der Siebenbürger Sachsen realisierte be- reits seit 1883 ein Programm des Bodenerwerbs und der Sicherung von Bodeneigen- tum, wie folgende Tabelle belegt:

Tabelle 25: Veränderungen im sächsischen Bodenbesitz 1883-1910 (Angaben in Katastraljoch) Individueller Kirche Vereine, Gemeinde Summe Summe ohne Grundbesitz Genossen- Gemeinden schaften 1883 490 112 28 284 0 ? 518 396 518 396 1910 450 459 50 817 25 599 382 166 909 041 526 875 Veränderung -39 653 +22 533 +25 599 – +8 479

Quelle: EGRY, S. 311.

Die wirtschaftlich bedingte Abnahme des individuellen Bodenbesitzes um 9 Pro- zent konnte durch die Vermehrung des kirchlichen Grundbesitzes um 80 Prozent und vor allem durch den Ankauf von Boden für die Agrargenossenschaften und Vereine mehr als ausgeglichen werden; so gesehen war das „Bodenschutzprogramm“ noch vor dem Auftreten seiner Protagonisten ein wesentlicher Bestandteil des von den Banken realisierten sächsischen Volksprogramms, das im Zeitraum von 1883 bis 1910 den Bodenbesitzanteil der Sachsen in Siebenbürgen stabilisieren bzw. von 46,2 Prozent auf 46,99 Prozent sogar leicht erhöhen konnte. Erworben wurde der Boden vor allem

277 Ebenda, S. 307.

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von Adelsgütern, die 1883 noch insgesamt 61 696 Joch umfassten, von denen durch Verkauf bis 1910 jedoch nur mehr 24 692 Joch übrig geblieben waren.278 Mit dem Ankauf von Boden im Zuge der Parzellierung von Adelsgütern war auch ein Siedlungsprogramm verbunden. Dieses kam zunächst ärmeren sächsischen Fami- lien beispielsweise in Maniersch/Măgheruş, Zendersch/Senereuş, Marienburg/Fel- dioara bei Schäßburg, Zuckmanteln/Ţigmandru und Felldorf/Filitelnic zugute, doch wurden nach der Jahrhundertwende auch protestantische Familien aus Tscherwenka aus der Batschka in Benzendorf/Aurel Vlaicu und Piski/Pişchinţi angesiedelt. Dem Jahresbericht der Siebenbürgischen Vereinsbank von 1910 zufolge haben vor allem die Raiffeisenvereine und -kassen bis 1906 den Verkauf von 2 068 Joch und 175 Häu- sern an Rumänen verhindert und 6 384 Joch, 65 Häuser und 15 Hausstellen ange- kauft.279 „Die sächsischen Banken bildeten einen wichtigen Teil der Nationalbewegung. Sie waren Träger der nationalen Wirtschaftspolitik und konnten ab dem Ende des 19. Jahrhunderts auch erfolgreich die ersatzweise Funktion einer Finanzbehörde erfüllen. Das System der sächsischen Geldinstitutionen war in der Region ein seltenes Beispiel einer organisch ge- wachsenen Innovation, die durch eigene Initiativen die wirtschaftliche Dynamik unterstüt- zen und noch dazu nach einiger Zeit dabei die führende Rolle spielen konnte.“280

Tabelle 26: Finanzielle Zuwendungen der Allgemeinen Hermannstädter Sparkasse für gemeinnützige Zwecke im Zeitraum von 1886-1909 Zuwendungsempfänger oder Zweck Betrag in Kronen Evangelische Landeskirche Hermannstadt 1 073 249 Evangelisches Landeskonsistorium 118 300 Evangelische Diasporaheime 11 000 Bürgerlicher Industrieverein Hermannstadt 89 750 Städtische Gewerbeschule Hermannstadt 28 000 Ankauf von Maschinen und Instrumenten für die gewerbliche 53 200 Fachausbildung Für volkswirtschaftliche Unternehmen des Zentralen Wahlaus- 15 600 schusses der Sächsischen Volkspartei Verband der Raiffeisen-Genossenschaften 36 600 Hermannstädter Bezirksorganisation des Landwirtschaftsver- 21 600 eins Für die Konzession der Eisenbahnlinie Hermannstadt-Alvinc, 30 400 Hermannstadt-Rotenturmpaß und Hermannstadt-Szentágota Für die Elektrisierung von Hermannstadt 17 400 Karpatenverein, Sektion Hermannstadt 85 100

278 Ebenda, S. 313. 279 Ebenda, S. 316; CSALLNER. 280 EGRY, S. 344.

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Naturwissenschaftlicher Verein Hermannstadt 12 400 Naturwissenschaftliches Museum und Museum des Karpaten- 48 700 vereins Hermannstadt Verein für Siebenbürgische Landeskunde 20 900 Evangelischer Frauenverein, Ortsverein Hermannstadt 37 900 Stadtverschönerungsverein Hermannstadt 43 100 Darlehen für Restaurierung und Errichtung von Bauten 14 250 Städtisches Kammerorchester Hermannstadt 27 000 Deutsches Theater Hermannstadt 10 000 Herbert-Stiftung für die Armen 20 000 Gesamtsumme der Zuwendungen 1883-1909 1 917 222

Quelle: EGRY, S. 359 f. Berücksichtigt werden hier nur Zuwendungen über 10 000 Kronen.

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IV Die Periode der politischen Mobilisierung 1914-1945

In den vorhergehenden historischen Perioden, in der Zeit der Ansiedlung im 18. und im langen 19. Jahrhundert von 1790 bis 1914 haben die sozial- und wirtschaftsge- schichtlichen Prozesse im Mittelpunkt gestanden. In der nachfolgenden Periode geht es vor allem um Politik, um die politische Mobilisierung der Ungarndeutschen und deren ethnische Identifikation, um damit untrennbar verbundene Prozesse ihrer Grup- pen- und Identitätsbildung; nicht zuletzt um die Rahmenbedingungen, die der ungari- sche Staat und die große Politik in der Zeit bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs ge- setzt haben.

Zeitenwende

Der Erste Weltkrieg und der Zusammenbruch der Habsburgermonarchie im Jahre 1918 versetzten die deutsche Minderheit im Königreich Ungarn in eine völlig neue Situation. Eine Reihe sehr tiefgehender Veränderungen1 haben die Ausgangslage ihrer Entwicklung in den beiden Jahrzehnten der Zwischenkriegszeit geprägt: ‒ das Erlebnis des Weltkriegs, in dem die Begegnung ungarndeutscher Solda- ten und der Agrarbevölkerung mit Soldaten aus Österreich und dem Deut- schen Reich erstmals die Identifikation mit einer größeren Wir-Gruppe er- möglichte; ‒ der Sturz der Dynastie und damit der Verlust einer allen staatlichen Instanzen übergeordneten Autorität als den letzten Garanten einer über den Nationen und den gesellschaftlichen Gruppen stehenden, imperialen Einheit; ‒ die territoriale Aufteilung des Königreichs auf fünf Nachfolgestaaten, deren Grenzziehungen die Mehrzahl der deutschen Siedlungsregionen regelrecht durchschnitten und von Ungarn abtrennten2;

1 Zur allgemeinen Geschichte Ungarns in der Epoche 1918-1945 siehe ROMSICS, Története; engl. Ausgabe: ROMSICS, Hungary; 20th Century Hungary; GERGELY/PRITZ; GRATZ, Ma- gyarország; NAGY, Magyarország története; ORMOS, Magyarország 1914-1945; HOENSCH, Geschichte, S. 80-142; Magyarország története 1918-1919, 1919-1945. 2 Exemplarisch am Beispiel des Banats untersucht dies die Studie von SCHMIDT-RÖSLER.

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‒ die dem Zusammenbruch folgenden Regimewechsel in Form radikaler Um- stürze in Verbindung mit einer alle sozialen Schichten erfassenden Politisie- rung, die ganz deutlich entlang den nationalen und ethnischen Trennungsli- nien verlief. Zugleich waren diese Vorgänge, nicht zuletzt auch das Erlebnis des Weltkriegs, die bestimmenden Faktoren eines Prozesses der politischen Mobilisierung, der aus der ungarndeutschen Minderheit eine soziale Gruppe machte, die aus der bisherigen Ab- geschiedenheit ihrer dörflichen Existenz heraustrat und sich in ihrem Zusammen- schluss allmählich ihrer ethnisch-nationalen Zusammengehörigkeit und Identität be- wusst wurde. Dieser Gruppenbildungsprozess wurde durch die aggressive, ja feindselige Hal- tung des ungarischen Staatsvolks der neuen Gruppe gegenüber noch beschleunigt, durch die die Minderheit der „ungarischen Schwaben“ sich erstmals in ihrer rund zweihundertjährigen Existenz dazu herausgefordert sah, in Verteidigung ihrer ethni- schen Identität nunmehr als handelndes Subjekt um die Durchsetzung ihrer Rechte zunächst im kulturellen Bereich zu kämpfen. Erstmals in seiner Geschichte hat damit das Ungarndeutschtum einen Rollentausch im eigenen Selbstverständnis und in sei- nem auf Gesellschaft und Politik bezogenen Handeln vollzogen, nämlich von der bis dahin geübten Anpassung zur Selbstbehauptung auch im Widerstand, vom Objekt als geduldige Untertanen zum politischen Subjekt der für ihre Gruppenrechte eintreten- den Staatsbürger. Dieser Prozess der sozialen wie politischen Emanzipation einer sich aufgrund ihrer ethnischen Identität definierenden Minderheit verlief schon von An- fang an durchaus nicht geradlinig, sondern war durchsetzt von Brüchen und Spaltun- gen, von Selbst- und Enttäuschung, von Verfolgung und trotzigen Versuchen der Selbstbehauptung.3 Eines der Hauptkennzeichen dieses Prozesses waren die ihm auferlegten, äußerst ungünstigen und eingeschränkten Entwicklungsbedingungen, d.h. der überaus geringe Handlungsspielraum, der dieser Minderheit in der Periode bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verblieb. Denn je länger jener Emanzipationsprozess in den zwanziger und dreißiger Jahren zeitlich voranschritt, desto mehr wuchs er sich zu ei- nem gefährlichen Manöver aus zwischen der Scylla des durch Trianon radikalisierten und traumatisierten magyarischen Nationalismus und der Charybdis der von Welt- machtträumen beherrschten Mutternation, die nicht davor zurückschreckte, als Patro- nagestaat ihre konnationale Minderheit jenseits der Reichsgrenzen als Instrument ih- rer imperialen Machtausübung in Ungarn zu instrumentalisieren.

3 Zur Geschichte der Deutschen in Ungarn in dieser Epoche zunächst die zwei Forschungs- berichte: SEEWANN, Ungarndeutschtum; SEEWANN/SITZLER, Nationalitätenpolitik. – An Studien sind hervorzuheben BELLÉR, Kialakulása; DERS., Kiépülése; DERS., Válság küszö- bén; DERS., Volksbildungsverein; PAIKERT; SCHÖDL, Abschiede; SEEWANN, Ungarn- deutschtum 1918-1988; DERS., Minderheiten; SPANNENBERGER, Volksbund; SPIRA, Rela- tions; DERS., Triangle; TILKOVSZKY, Zeitgeschichte; DERS., Teufelskreis; DERS., Ungarn.

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Doch bevor auf diese Entwicklung bis 1945 näher eingegangen wird, sollen zu- nächst die inneren Voraussetzungen des Gruppenbildungs- und Emanzipationsprozes- ses untersucht werden.

Sozioökonomische Ausgangspositionen

Ansätze zu einem ethnisch definierten Gruppenbewusstsein und -verhalten innerhalb der Deutschen in Ungarn haben sich in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg erst im letzten Dezennium der Dualismusperiode entwickelt und sind auf den südungarischen Raum beschränkt geblieben. Zu nennen ist hier die bereits geschilderte Gründung der Ungarländischen Deutschen Volkspartei von Edmund Steinacker im Banat Ende 1906 und der Versuch, in der Schwäbischen Türkei einen Bauernbund mit dem Zentrum Bonyhád zu etablieren, der in der Region Südosttransdanubien die Wirtschaftskraft der deutschen Bauern zusammenzufassen, zu koordinieren und arbeitsteilig weiterzu- entwickeln suchte. Beide Organisationsversuche belegen, dass in diesen zwei Regionen die struktu- rellen Voraussetzungen für einen Gruppenbildungsprozess am weitesten gediehen waren, nämlich eine stärker ausgebildete soziale Differenzierung, ein höherer Grad an Bildung wie auch an vertikaler und horizontaler Mobilität, ein ausreichendes Maß an Kapitalakkumulation und schließlich ein zumindest im Ansatz vorhandenes ethnisch- nationales Selbstbewusstsein. Weltkriegserlebnis, Zusammenbruch der alten Ordnung und nicht zuletzt das Gefühl der Bedrohung, das von den neuen, sich ganz auf das Na- tionalstaatsprinzip berufenden Regimen gegenüber den Minderheiten hervorgerufen wurde, alle diese Faktoren trugen wesentlich dazu bei, dass ausgehend von einem allmählich erstarkenden Selbstbewusstsein eine neue, das soziale und politische Han- deln in zunehmendem Maß bestimmende Orientierung an Werten ethnisch interpre- tierter Kultur und Gemeinschaft entstand. Zum Wortführer und Protagonisten des neuen Selbstbewusstseins der deutschen Minderheit entwickelte sich in Trianon-Ungarn Jakob Bleyer (1874-1933). Doch be- vor wir auf ihn näher zu sprechen kommen, noch ein Wort zum sozialgeschichtlichen Hintergrund seines Wirkens. Von den 551 211 Deutschen (nach der Volkszählung von 1920), die übrigens rund sieben Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachten, waren 56 Prozent und damit die absolute Mehrheit als Bauern und Landarbeiter im Agrarbereich tätig, die nächstgrö- ßere Gruppe von 25 Prozent als Arbeiter in der Industrie, ferner 15 Prozent als Klein- bürger in Handel und Gewerbe, der Rest von vier Prozent als Intelligenz in akademi- schen Berufen.4 Letztere wie das gleichfalls im städtischen Bereich lebende Klein- bürgertum waren bereits überwiegend magyarisiert. Die Arbeiter verhielten sich in- folge ihrer politischen Orientierung an der Sozialdemokratie ethnisch-nationalen Fra- gen gegenüber gleichfalls indifferent. So kam von vornherein nur die Agrarbevölke- rung unter der Führung einer kleinen, akademisch gebildeten Führungsschicht als so-

4 Die Zahlen in Az 1920. évi népszámlálás, S. 10, 31; KOVÁCS, Helyzete.

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ziale Basis für eine nationale Bewegung in Frage (unter nationaler Bewegung ist eine politische Mobilisierung größerer sozialer Gruppen unter eindeutig national geprägter Programmatik zu verstehen). In der bis 1914 nach außen ziemlich abgeschlossenen Welt des Dorfes war der ethnische Aspekt der deutschen Agrarkultur bislang nicht in Frage gestellt worden, und es bestand somit keinerlei Notwendigkeit, sich dieses Aspekts bewusst zu werden und ihn in irgendeiner Form zu artikulieren. Das Identitätsbewusstsein des ungarn- deutschen Bauern verharrte noch mit wenigen, regional bedingten und hier schon er- wähnten Ausnahmen auf einer pränationalen Entwicklungsstufe. Es war inhaltlich ge- prägt von einem untertänigen Staatspatriotismus, der an seinem „Ungartum“ im Sinne seiner staatlichen Zugehörigkeit keinen Zweifel aufkommen ließ, und zweitens von einem politisch noch gänzlich indifferenten Lokal- bzw. Regionalbewusstsein, das mit einem in der eigenen Scholle tief verwurzelten Heimatgefühl eng verklammert war. Die vom Streben nach ökonomischem Erfolg getragenen Strategien der Anpas- sung an die nichtdeutsche Umgebung, an die ungarische Kultur der Mehrheitsgesell- schaft, ein damit verbundener Austausch materieller wie geistiger Kulturgüter haben ganz entscheidend zur Verwurzelung in den im 18. Jahrhundert entstandenen Sied- lungsgebieten beigetragen. Die Neigung zur Mehrsprachigkeit durch Erwerbung des Ungarischen als Zweit- sprache findet in den Quellen schon an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert ihre Bestätigung, und der in vielen Siedlungsgebieten zu diesem Zweck praktizierte Kin- dertausch begründete neue, gleichsam verwandtschaftliche Beziehungen zu ungari- schen Familien. Das auf solchen Grundlagen geschaffene Netzwerk arbeitsteiliger, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Beziehungen, in denen die Stadt (als Aus- gangspunkt von Information und geistiger Anregung sowie als Markt- und Verwal- tungszentrum), die ethnisch unterschiedlichen Nachbargruppen und schließlich auch Ungarn als Heimat einen festen, klar definierten Platz einnahmen, verdichtete sich mit dem Ausbau der Verkehrswege in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und baute ein Interessengeflecht auf, in dem die eigene ethnische Identität von untergeordneter Bedeutung war. Es sei dahingestellt, ob die Träger solcher interessenbestimmter Netzwerke sich als Deutsche fühlten, nicht nur ihrer Abstammung nach. Sie waren es sicherlich nicht im Sinne der deutschnationalen Propaganda eines Edmund Steinacker und seiner Un- garländischen Deutschen Volkspartei, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhun- dert von der Stadt her Einzug in die dörfliche Lebenswelt hielt und dort zunächst noch als etwas Fremdes und – was noch wichtiger ist – als etwas mit den eigenen Interes- sen Inkompatibles abgelehnt wurde. Der Komponist Béla Bartók (1881-1945) be- obachtete auf seinen zahlreichen Reisen durch die Dörfer des Königreichs, die er zur Sammlung der Volkslieder im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts aufgesucht hatte, dass es „bei den Bauern keine Spur von grimmigem Hass gegen andere Völker gibt und nie gege- ben hat. Sie leben friedlich nebeneinander, jeder spricht seine eigene Sprache, hält sich an seine eigenen Gebräuche und findet es ganz natürlich, dass sein anderssprachiger Nachbar das gleiche tut. Ein schlagender Beweis hierfür ist der Spiegel der Volksseele: die lyrischen

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Volksliedtexte. In diesen findet sich kaum je eine feindliche Gesinnung gegen fremde Na- tionalitäten. Und selbst wenn da und dort Zeilen vorkommen, die das Fremde bespötteln, so hat das nicht mehr zu bedeuten als Liedtexte, in denen das Volk etwa über Unzuläng- lichkeiten seines Pfarrers oder über eigene Mängel herzieht. Unter den Bauern herrscht Frieden – Gehässigkeit gegen Menschen anderer Rassen wird nur von höheren Kreisen verbreitet.“5 Erst der nach 1900 immer stärker werdende, nach 1918 bereits unausweichliche Druck von außen, von den national sich definierenden Nachfolgestaaten der Donau- monarchie, sich ethnisch-national abzugrenzen, vermochte die bis 1914 in Geltung gebliebenen Grundregeln und Verhaltensweisen dieses ökonomisch bestimmten Interessenausgleichs, dessen Wurzeln noch bis in die Ansiedlungszeit zurückreichten, zu durchbrechen. Die relativ isolierte dörfliche Lebenswelt unterlag nun spätestens ab dem Ersten Weltkrieg einem umfassenden Wandlungsprozess, der ihre Öffnung nach außen und damit wechselseitige Veränderungen der materiellen wie der geistigen Strukturen die- ser Lebenswelt erzwang. Wesentliche Faktoren waren hier neben den bereits genann- ten politischen Faktoren die fortschreitende Industrialisierung auch im Agrarbereich, die zunehmende Mobilität und Kommunikation und vor allem die sozioökonomischen Erschütterungen im Gefolge der Weltwirtschaftskrise ab Ende der 1920er Jahre. Letz- tere verstärkten die soziale Differenzierung der Dorfgesellschaft in zumindest drei, wenn nicht mehr deutlich voneinander abgegrenzte, hierarchisch gegliederte, gegen- seitig zunehmend isolierte und sich mit Misstrauen und Spannung gegenüberstehende Schichten, die die Dorf- als Solidargemeinschaft zum Einsturz brachten: die zahlen- mäßig kleinste Schicht der Großbauern mit über 50 Joch Grundbesitz (1920 mit ei- nem Anteil von 1,7 Prozent an der deutschen Agrarbevölkerung), eine relativ breite bäuerliche Mittelschicht mit Grundbesitz von 5-50 Joch (ihr Anteil belief sich auf über 40 Prozent der deutschen Agrarbevölkerung) und die eine Mehrheit ausmachen- de besitzarme bzw. besitzlose Schicht der Kleinbauern, Häusler, Tagelöhner und Landarbeiter, die 1920 bereits einen Anteil von rund 58 Prozent erreichte.6 Spätestens ab 1931 sahen die Mittelschichtbauern durch die Wirtschaftskrise ihren Besitzstand zunehmend gefährdet, die Mehrheit der Kleinbauern und Landarbeiter fühlte sich jedoch einer unaufhaltsamen Verelendung ausgeliefert und damit in ihrer Existenz zutiefst bedroht. Eine Zahlenreihe kann den hier angesprochenen ökonomischen Tatbestand bele- gen, da sie für den Zeitraum von 1910 bis 1938 einen wirkungsvollen Trend in Rich- tung Besitzkonzentration in der Hand der Bauern mit über 20 Joch Grundbesitz aus- weist, eine Konzentration, die beinahe ausschließlich auf Kosten des Klein- und Kleinstbesitzes erfolgte, wie folgende Tabelle zeigt:

5 BARTÓK, S. 205. 6 BELLÉR, Története, S. 146.

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Tabelle 27: Veränderungen der Besitzgröße ungarndeutscher Bauernhöfe 1910-1938 (Angaben nach ungarischen Katastraljoch, 1 Joch = ca. 5 700 m²) Besitzgröße 1910 1938 Veränderungen 0-1 Joch 15% 10% } minus 19% 1-5 Joch 29% 15% 5-20 Joch 21% 20% gleichbleibend 20-50 Joch 20% 35% } plus 20% 50-100 Joch 15% 20% 100% 100%

Quelle: SEEWANN, Ungarndeutschtum 1918-1988, S. 302; A magyar mezőgazdaság statisz- tikája, S. 39 ff.; Szociográfiai községi.

Bestätigt wird diese Entwicklungstendenz durch Zahlen über Transdanubien. In dieser Region lebten 310 695 Deutsche (das sind 65 Prozent ihrer Gesamtzahl in Un- garn), die in der Besitzgröße unter 100 Joch im Jahre 1935 433 518 Joch landwirt- schaftlich nutzten; das waren 68 Prozent von insgesamt 638 337 Joch, die im gesam- ten Land auf die ungarndeutsche Bevölkerung entfielen, wobei letztere Zahl einen Anteil von 5,5 Prozent der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche in Ungarn ausmachte. Dieser soziale Wandel und nicht zuletzt das den privaten wie den öffentlichen Le- bensbereich prägende, stark ökonomiezentrierte Wertsystem der deutschen Agrarbe- völkerung, diese beiden Faktoren bestimmten ganz wesentlich die Akzeptanz, die Programmatik und die Mobilisierungschancen jeder politischen und infolge des Um- felds ethnisch-national definierten „Bewegung“. So konnte bei den Großbauern infol- ge ihrer eindeutigen Orientierung an der entsprechenden Oberschicht des Staatsvolks ein ethnisch-national programmierter Mobilisierungsversuch nur auf geringe oder gar keine Resonanz stoßen. Die auf Bewahrung auch der ethnischen Traditionen bedachte Mittelschicht zeigte sich einem solchen gegenüber aufgeschlossen, sofern dieser ihr grundkonservatives Element gebührend in Rechnung stellte. Das Agrarproletariat schließlich ließ sich von einer solchen Bewegung nur dann mobilisieren, sofern diese radikale Veränderungen zu ihren Gunsten glaubhaft in Aussicht zu stellen vermochte. Vor dem Hintergrund einer solchen Konstellation gesehen, ist es nicht weiter er- staunlich, dass in der Phase der bis 1929 durchwegs gelungenen politischen wie wirt- schaftlichen Konsolidierung Ungarns jene Mittelschicht auch in der „deutschen Be- wegung“ den Ton angegeben hat, in den dreißiger Jahren jedoch im Zuge der sozio- ökonomischen Veränderungen und Erschütterungen ein Umschwung dahingehend eingetreten ist, dass sich in ihr sehr rasch die Wortführer radikaler Veränderungen durchsetzen konnten. Solche strukturellen Gegebenheiten und Entwicklungstendenzen erwiesen sich letztlich als stärker als das Wirken einzelner Personen. Dies trifft auch auf Jakob Bleyer zu, der seine Politik von vornherein sowohl unter wirtschaftlichem als auch unter politischem Aspekt auf eine recht schmale Basis stellte, die sich schon nach we- nigen Jahren weder politisch noch gesellschaftlich als tragfähig erweisen sollte.

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1 Weltkrieg, Revolutionen und ihre Folgen 1914-1919

Für die in Ungarn beheimateten Deutschen brach mit den Jahren des Weltkriegs und der anschließenden Revolutionen eine Zeit des tiefgehenden Umbruchs an. Der Zu- sammenbruch der alten Ordnungssysteme in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft er- zwang eine grundlegende Neuorientierung nicht nur im politischen Verhalten, son- dern auch im Alltag, der 1918 und 1919 von einer Kette von Revolutionen erschüttert wurde. Das Erlebnis des Weltkriegs, der Waffenbrüderschaft mit deutschsprachigen Truppen aus dem Deutschen Reich und Österreich an der Front und das Erlebnis der durch Ungarn hindurchziehenden deutschen Truppen mündeten in die Erfahrung, ei- ner gemeinsamen, über das Dorf und die Siedlungsregion hinausreichenden Groß- gruppe anzugehören, die sich ethnisch-kulturell deutlich von anderen unterschied. Wie haben nun die Akteure in der Politik und seitens der Minderheit diese Verände- rungen wahrgenommen und welche ethnopolitischen Konsequenzen haben sie daraus gezogen? Im Herbst 1916 erhielt der ungarische Ministerpräsident Graf István Tisza eine Denkschrift des Vereins für das Deutschtum in Ausland, die mit Datum 1. August 1916 an den deutschen Reichskanzler Theobald von Bethmann-Hollweg (1856-1921) gerichtet war und vom deutschen Botschafter in Wien, Heinrich Leonhard von Tschirsky und Bögendorff (1858-1916), über das Wiener Außenministerium an die Budapester Regierung weitergeleitet wurde. In dieser Denkschrift wird die Lage der Ungarndeutschen beklagt, deren mangelnde Schulbildung hervorgehoben und der Bildungsmangel mit dem weitgehenden Verlust des muttersprachlichen Unterrichts in den Schulen des Königreichs ursächlich in Verbindung gebracht.7 István Tisza, der bereits unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg eine gewisse Bereit- schaft zeigte, den Magyarisierungskurs gegenüber der Nationalitätenbevölkerung zu mäßigen, griff die in der Denkschrift angesprochene Bildungsmisere der Ungarndeut- schen auf und hielt nach seinem Rücktritt (der am 23. Mai 1917 erfolgt war) am 25. Juni 1917 im Abgeordnetenhaus eine Aufsehen erregende Rede, die als ein Offenba- rungseid der ungarischen Nationalitäten- und Schulpolitik angesehen werden kann: „Überlegen Sie gnädigerweise, welch riesige Verbitterung es bei dem Element der politi- schen ungarischen Nation, das den am meisten alteingesessenen Grundpfeiler bildet, näm- lich bei unseren Schwaben, verursacht, dass ihre Kinder aufwachsen und nicht mehr deutsch schreiben und lesen können. Beachten Sie bitte, welche Verbitterung es verursacht, wenn ein Soldat aus dem Kreise dieses intelligentesten, über grundlegende Fähigkeiten verfügenden Volkes seinem Vater nachhause schreibt und der Vater einen Dolmetscher be-

7 Iratok a nemzetiségi kérdés történetéhez, Bd. 7: 1914-1916, S. 665-668. In seinem sehr kurz gehaltenen Begleitbrief vom 6. Oktober 1916 betonte der deutsche Botschafter in Wien, dass er jegliche Unterstützung des „ungarländischen Deutschtums“ für unangebracht wie aussichtslos halte, und fügte noch hinzu, dass „wir [die deutsche Regierung] Auslands- deutsche, die nicht aus eigener Kraft überleben können, zur Remigration nach Deutschland bewegen sollten, um sie wieder ins Mutterland zu führen und dieses zu stärken. Dazu em- pfehle ich gegebenenfalls finanzielle Unterstützung und die Benennung ihrer neuen Heim- statt.“ – Ebenda, S. 668.

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nötigt, um den Brief seines Sohnes zu verstehen, weil dieser nur ungarisch schreiben kann, sein Vater hingegen nur deutsch lesen kann. Und seien Sie gnädigerweise davon überzeugt, dass ich mich nicht leichtsinnig zu dieser Erklärung entschlossen habe, aber ich musste mich davon überzeugen, dass wir unsere treuesten und sichersten Stützen, die stärksten Vertreter der ungarischen Nationalpolitik, unsere deutschen und slowakischen Mitbürger, die mit Leib und Seele zu uns halten, dass wir diese uns entfremden, sie Irritationen ausset- zen und zu unseren Feinden machen, wenn wir den Unterricht in ihrer Muttersprache nicht erlauben.“8 Tisza warnte hier ausdrücklich vor einer doppelten Gefahr, dass nämlich die Schwaben gemeinsam mit den Slowaken einerseits in ein Analphabetentum abrut- schen, andererseits in ein oppositionelles, ungarnfeindliches Lager getrieben werden könnten. Er forderte daher den amtierenden Kultusminister Grafen Apponyi auf, sei- nen Magyarisierungskurs nicht länger fortzusetzen. Diesem Kurs waren bis 1914 in Ungarn ohne Siebenbürgen über 90 Prozent der Schulen mit deutscher Unterrichts- sprache zum Opfer gefallen. Zumindest indirekt reagierte Tisza mit seiner Rede auf einen Artikel in der Zeit- schrift Budapesti Szemle, einem zentralen Forum des politisch-gesellschaftlichen Dis- kurses im Königreich, der wenige Monate vorher, im Märzheft dieser Zeitschrift, un- ter dem Titel „A hazai németség“ (Das heimische Deutschtum) erschienen war. Sein Autor, der Germanist Jakob Bleyer, Professor an der Budapester Universität, betrat damit erstmals die Bühne der nationalitätenpolitischen Auseinandersetzung, die er als uneingeschränkt anerkannter Führer des Ungarndeutschtums erst mit seinem Tod im Dezember 1933 verlassen sollte.9 Bleyer plädierte in seinem Artikel für einen überaus gemäßigten ethnopolitischen Kurs, der sich von vornherein auf eine Interessenvertretung der bäuerlichen Ungarn- deutschen, der „Schwaben“, beschränkte. Dabei ging er von einer grundlegenden Übereinstimmung der deutschen und ungarischen Interessen aus: „Es gibt in Europa nicht noch zwei Völker, die bei aller Rassenverschiedenheit in ihrer sittlichen und in- tellektuellen Weltanschauung so sehr übereinstimmen wie das deutsche und das unga- rische.“ Die Schicksalsverbundenheit von Magyaren und Deutschen sei unauflöslich, da kein Volk ohne das andere bestehen könne. Es gäbe jedoch nur eine einzige Rei- bungsfläche, nämlich die ungarische Nationalitätenpolitik. Bleyer machte einen ganz deutlichen Unterschied zwischen deutscher Stadt- und Dorfbevölkerung. Während er die Assimilierung der Stadtbevölkerung als einen „natürlichen Vorgang“ betrachtete, den man nicht mehr aufhalten könne, stellten die Magyarisierungsbestrebungen auf

8 Az 1910.évi junius hó 21-ére hirdetett orszaggyülés képviselőházának naplója. 36. köt. [Protokoll des Abgeordnetenhauses des zum 21. Juni 1910 einberufenen Parlaments], Bu- dapest 1917, S. 121. – Die Neue Post vom 8. Dezember 1918 bringt als Beispiel dazu fol- genden Brief eines schwäbischen Soldaten: „libeeltern sikt mir perposzt etwasz kelt vajl di koszt slekt isz untij véni czueszn hap. Gotbehit ai liber fatr unt mutr krisze von aire zón“ (Liebe Eltern, schickt mir per Post etwas Geld, weil die Kost schlecht ist und ich wenig zu essen habe. Gott behüt Euch lieber Vater und Mutter, Grüße von Eurem Sohn). 9 Über Bleyer SCHWIND; FATA, Politikus; DIES., Nemzetiségi koncepciója; DIES., Jakob Bleyer; SEEWANN, Ungarndeutschtum 1918-1988.

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dem Land nicht nur den Bildungsstand der Schwaben, sondern langfristig die Integri- tät des ungarischen Staates in Frage. Da das ungarländische Deutschtum dasselbe re- ligiöse Bekenntnis habe wie die Magyaren, bekäme es keine eigenen konfessionellen Volksschulen wie die Serben und Rumänen (und übrigens auch die Siebenbürger Sachsen). So würden immer mehr deutsche Volksschulen verstaatlicht und aus Spar- samkeitsgründen willige das national unmündige schwäbische Bauernvolk in diese Verstaatlichung und Entnationalisierung ein. Die Folge sei eine vollständige Vernach- lässigung der deutschen Sprache im Unterricht und ein Rückgang der Allgemeinbil- dung in der deutschen Landbevölkerung, ja ihr drohendes Absinken ins Analphabe- tentum. Es müsse also die „gute alte deutsche Volksschule auf dem Lande wiederher- gestellt und der kulturellen Verwahrlosung der Schwaben ein Ende gemacht“10 wer- den. Eine Einigung in dieser Frage sei nur durch ein gegenseitiges Entgegenkommen möglich. Die Deutschen müssten den Plan aufgeben, zwei Millionen Deutsche im Do- nau-Karpatenbecken national zu organisieren, und die Ungarn ihr Konzept, die große Masse der deutschen Landbevölkerung sprachlich und ethnisch einzuschmelzen.11 Bleyers sehr moderates ethnopolitisches Programm, mit dem er jegliche politische Selbstorganisation der Deutschen in Ungarn mit deutsch-nationaler Ausrichtung ähn- lich den Schutzvereinen in Österreich und Deutschland klar ablehnte, stieß in der un- garischen Öffentlichkeit deshalb auf begeisterte Zustimmung und auf deutscher Seite auf klare Ablehnung. Der ungarische Historiker Gyula Szekfű (1883-1955) schrieb in seinem an Bleyer gerichteten Brief vom 13. August 1917: „Sie gehen nicht an den Problemen vorbei, Herr Professor, fürchten sich nicht davor und haben kein Bedenken, sie anzuschneiden. Darin unterscheiden Sie sich sehr von der heute herrschenden Generation der 50 bis 70jährigen, nach deren Äußerungen wir glauben möch- ten, dass in Ungarn paradiesische Zustände seien, und wer noch über irgend eine ungelöste Frage nachdenke, der sei wirklich ein ungezogener oder unbedachter Mensch. Seit 1867 sind wir tatsächlich in eine derart unerwartet glückliche Lage gekommen, dass wir mit ein wenig ernster Arbeit die kulturelle Herrschaft der magyarischen Rasse hätten erreichen können. Dass wir dies nicht erreicht haben, dass wir – wie auch Herr Professor sagen – den großen Kulturvölkern auch heute noch nicht ebenbürtig sind, daran ist die vor uns schrei- tende, heute herrschende Generation schuld.“12 Wenn Szekfű hier die Tabuisierung öffentlicher Kritik an ungarischen Verhältnis- sen anprangert, wie sie sich in den letzten Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg im- mer mehr durchgesetzt hatte, so stellt der Literaturhistoriker Géza Birkás (1879-1951) ein anderes Axiom ungarischer Politik in Frage, als er in seinem Brief vom 15. März 1917 Bleyer für seinen Artikel gratuliert: „Wahrlich, mit ungarischer Offenheit und deutscher Ehrlichkeit ist er geschrieben und bestätigte mir meine seit langem gehegte

10 Zit. nach SCHWIND, S. 42. 11 BLEYER, Németség; auch in dem in Käsmark erschienenen Wochenblatt Karpatenpost, März 1917. 12 Zit. nach SCHWIND, S. 46.

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Ansicht, dass nicht die ungarische Sprache der ungarländischen Nationalitäten, son- dern deren Sympathie für Ungarn das wichtigste ist.“13 Bleyers Grundgedanke der ethnokulturellen Bewahrung der deutschen Landbevöl- kerung war nicht neu. Schon 1909 hatte der Zipser Béla Forberger für seine Region das Gleiche gefordert14 und der Banater Schriftsteller Ferenc Herczeg propagierte Ähnliches in seiner Schrift „Die deutsche Nationalitätenfrage“: „Ich halte die Magyarisierung der Bauern nicht für nötig für den Ausbau des National- staats. Wenn die Intelligenz des Landes ausschließlich magyarisch ist, dann werden die aufstrebenden neuen Elemente aus den Volksschichten der Nationalitäten gleichfalls ma- gyarisch – und dann ist der ganze Staat magyarisch.“15 Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass Bleyers Auftritt in den Kreisen der deutschstämmigen, mittlerweile magyarisierten Intelligenz auf breite Zustimmung stieß. Auf die Problematik der Position des Vermittlers, die Bleyer nunmehr zwischen Deutschen und Ungarn einnahm, hat überaus prophetisch der Literaturhistoriker Josef Bayer (1851-1919) in seinem Brief an Bleyer vom 26. März 1917 hingewiesen: „Meiner Überzeugung nach ist diese wichtige Frage der Minderheiten und ihrer Ein- schmelzung kein politisches, sondern ein soziales Problem. Als solches kann man es mit gutem Willen sehr schön lösen, ohne dass der ungarische Staatsgedanke dadurch benach- teiligt würde. Du hast Dich zwischen die Puffer zweier Eisenbahnwagen gestellt. Wenn die Menschen einsehen, dass Du nicht den Zusammenprall, sondern die Verkoppelung herbei- führen willst, dann kann nichts Schlimmes geschehen, und ein kluger Lokomotivführer wird die zwei aus entgegensetzten Richtungen kommenden Wagen des Zuges in der ge- meinsam vereinbarten Richtung führen können.“16 Doch auf die Einsicht der Menschen konnte Bleyer nicht bauen, deshalb war – wie sich das eineinhalb Jahrzehnte später herausstellte – ein Konsens über eine gemein- same Richtung nicht zu erreichen und die Kollision der „zwei Wagen“ in den 1930er Jahren nicht mehr zu vermeiden. Wesentlich kritischer äußerte sich der Banater Schriftsteller Adam Müller- Guttenbrunn in seinem an Bleyer gerichteten Brief vom 26. September 1917, in dem er Bleyer zwar als neue Führungspersönlichkeit begrüßte, jedoch den wichtigsten Punkt, der ihn von Bleyer trennte, hervorhob: „Sie fordern die Volksschule mit so triftigen Gründen, dass ich keinen einzigen neuen hin- zufügen will. Aber Sie lehnen Mittelschulen, Lehrerbildungsanstalten und katholische Lyzeen ab. Das hätten Sie nicht tun dürfen, denn Sie können mit den heutigen Lehrern und Kaplänen keine deutsche Volksschule aufbauen. Auch Bürgerschulen und landwirtschaft- liche Schulen mit deutscher Unterrichtssprache sind unerlässlich, wenn das ungarische Deutschtum, dieser Schatz des Staates, nicht in das Analphabetentum hinabsinken soll.“17

13 Zit. nach SCHWIND, S. 45. 14 FORBERGER. 15 HERCZEG, Nemzetiségi kérdés, S. 56 f. 16 Zit. nach SCHWIND, S. 47. 17 Ebenda, S. 48.

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Die im ungarischen Parlament vertretenen siebenbürgisch-sächsischen Abgeord- neten mit Emil Neugeboren und Rudolf Brandsch an der Spitze lehnten Bleyers eth- nopolitischen Kurs einmütig ab. Den Standpunkt Müller-Guttenbrunns teilend wies Brandsch in seinem an Bleyer gerichteten Brief vom 24. August 1917 auf den Mangel an Elitenbildung durch höhere Schulen hin: „Ein Volk ist ein lebendiger Organismus wie jeder andere, der nur dann bestehen kann, wenn alle seine Glieder gesund sind und ihm notwendige Organe nicht fehlen. Nun fehlt unserem Volk in Ungarn das wichtigste Organ, nämlich eine geistige Führerschicht. Ich sehe in der Schaffung einer solchen Führerschicht eine Hauptaufgabe neben der Schulfra- ge. In diesem Belange liegt der Hauptunterschied zwischen uns beiden.“18 Die wichtige Aufgabe der Elitenbildung als unabdingbarer Teil ethnopolitischer Programmatik und Maßnahmen hatte Bleyer allerdings erst im Verlauf der 1920er Jahre erkannt. Die unausbleibliche Folge solcher tiefgehenden Meinungsunterschiede war die Spaltung des „heimischen Deutschtums“ in zwei politische Richtungen im revolutio- nären Herbst des Jahres 1918. Die Spaltung vollzog sich durch die Gründung zweier miteinander in Konkurrenz stehender Interessenorganisationen.

1.1 Die Autonomieangebote der Revolutionsepoche 1918/19 Die militärische Niederlage am Ende des Ersten Weltkriegs führte in der Innenpolitik zur Destabilisierung etablierter parteipolitischer Strukturen. Unter der Führung des Grafen Mihály Károlyi (1875-1955) gründete im Oktober 1918 eine Gruppierung von drei Parteien (die aus der Unabhängigkeitspartei hervorgegangene Károlyi-Partei, die Partei der Radikalen und die Sozialdemokratische Partei) den Ungarischen National- rat (Magyar Nemzeti Tanács), der am 26. Oktober 1918 sein politisches Reformpro- gramm19 veröffentlichte und aus dem die von Károlyi angeführte Regierung hervor- ging, die am 31. Oktober als Ergebnis der Astern-Revolution von König Karl IV.20 eingesetzt wurde. Der Nationalrat betonte, dass neben dem „Absolutismus der Habs- burger“ und der „Klassenherrschaft“ auch die „Unterdrückung der Nationalitäten“ den Zusammenbruch verursacht habe. Unter Punkt V forderte er unter Hinweis auf die gleichgerichteten Forderungen des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson (1856-1924) die Selbstbestimmung der Nationalitäten sowie deren „weitgehende kul- turelle und lokale Autonomie“21. Neu daran war, dass damit zum ersten Mal in der ungarischen Geschichte den ethnischen Minderheiten Kollektivrechte eingeräumt und

18 Ebenda, S. 51. 19 A Magyar Nemzeti Tanács Programja, Budapest, 1918. október 25 [Programm des Ungari- schen Nationalrats, Budapest, 25. Oktober 1918], in: Magyar történeti szöveggyűjtemény 1914-1999, Bd. 1, S. 63-65. 20 Karl I. (1887-1922), Kaiser von Österreich, als Karl IV. König von Ungarn. Er bestieg nach dem Tod Kaiser Franz Josephs am 21. November 1916 den Thron. Am 11. November 1918 unterzeichnete Karl eine für Österreich geltende Verzichtserklärung auf Ausübung der Regierungsgeschäfte, eine solche für Ungarn geltende Erklärung am 13. November. 21 Der Text von Punkt V in FISCHER, Beitrag, S. 226 f.

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autonome Selbstverwaltung zugestanden werden sollte. Denn für die Károlyi-Partei sollte eine „brüderliche Gemeinschaft gleichrangiger Völker“ und nicht der „vergifte- te Unterschied zwischen Nation und Nationalitäten“ die Grundlage eines neuen Un- garn bilden. Aufgrund ähnlicher Überlegung verlangte auch die Christlich-Soziale Volkspartei (Keresztény Szociális Néppárt) in ihrem Programm vom 24. November 1918 die Institutionalisierung von Minderheitenvertretungen nach dem jeweiligen Bevölkerungsanteil auf Landes- wie auf Kommunalebene.22 Diese katholische Partei übertraf damit die damaligen konservativen Parteien, indem sie auch für „allgemeine, geheime“ Wahlen und das Wahlrecht der Frauen eintrat. Andere politische Gruppie- rungen, wie die breite, konservative politische Elite, wollten den Minderheiten wei- terhin keinerlei Rechte in Richtung einer politischen Mitbestimmung in Politik und Verwaltung zugestehen, während sich die Kommunisten ausschließlich auf Revoluti- on und Klassenkampf konzentrierten. Doch das Programm des Nationalrats wurde durch den unaufhaltsam sich vollzie- henden Auflösungsprozess der Donaumonarchie rasch in Frage gestellt. Am 1. De- zember 1918 beschloss die Nationalversammlung der Rumänen Siebenbürgens in Karlsburg/Alba Julia die Vereinigung dieser Region mit dem Königreich Rumänien. Die Versammlung versprach zugleich allen Völkern Siebenbürgens die „volle natio- nale Freiheit“, denn „ein jedes Volk hat das Recht auf Selbsterziehung und -regierung in der eigenen Muttersprache mit eigener Verwaltung“23. Die ungarische Öffentlich- keit sah durch solche Auflösungserscheinungen ihres historischen Königreichs alle ih- re Befürchtungen bestätigt: Politische Aktivitäten seitens der Minderheiten stellten aus der Sicht der ungarischen Patrioten nicht nur die Suprematie der „ungarischen Herrenrasse“ in Frage, sondern durch Sezessionsbestrebungen auch die Integrität des ungarischen Staates. Diese sich allmählich durchsetzende Überzeugung sah sich durch den Friedensvertrag von Trianon bestätigt. Die emotionale Ablehnung minder- heitenpolitischer Forderungen steigerte sich bis hin zu hysterischen Reaktionen. „Wenn Ungarn stirbt, so habt ihr [die Nationalitäten] es ermordet“ – verkündete die deutschsprachige Zeitung Neue Post.24 Die von Oszkár Jászi (1875-1957) geleitete Nationalitätenpolitik der Károlyi- Regierung und ihre Autonomieangebote25 mobilisierten auch die deutsche Bevölke- rung des Königsreichs, die sich im Herbst 1918 in zwei weltanschaulich-politisch un- terschiedlichen Gruppierungen organisierte. Am 1. November 1918 gründete Jakob

22 Keresztény Szociális Néppárt (választási) programja. Keresztényszociális program [Christ- lichsoziales Wahlprogramm der Christlichsozialen Volkspartei], in: Magyarországi párt- programok I., S. 342-346. 23 A gyulafehérvári román nemzetgyűlés határozata a románok lakta magyarországi területek és Románia egyesüléséről, Gyulafehérvár, 1918. december 1 [Der Beschluss der rumäni- schen Nationalversammlung in Karlsburg über die Vereinigung der von Rumänen bewohn- ten Gebiete Ungarns mit Rumänien vom 1. Dezember 1918], in: Magyar történeti szöveg- gyűjtemény 1914-1999, Bd. 1, S. 70-71. 24 Neue Post vom 22. Januar 1920. 25 FISCHER, Beitrag, S. 144-150.

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Bleyer mit 43 Protagonisten der nationalkonservativen Elite den Volksrat der Deutsch-Ungarn diesseits des Königssteiges, wodurch von vornherein Siebenbürgen und seine Sachsen ausdrücklich ausgeschlossen waren. In Anwesenheit des Minister- präsidenten Graf Mihály Károlyi kündigte Bleyer den Beitritt seines Volksrats zum Ungarischen Nationalrat an: „1. Um jeden Preis und unter allen Umständen halten wir an der territorialen Integrität Un- garns fest. 2. Wir fordern für die Deutschungarn alle jene Rechte, die durch das neu zu ge- staltende Ungarn allen anderen Volksstämmen nichtungarischer Muttersprache zugesichert werden. 3. Wir erklären indes, dass wir keine deutschnationale Autonomie anstreben, son- dern mit der ungarischen politischen Nation auch weiter in Einheit und in der von den Vä- tern ererbten Treue leben wollen. Die Rechte unseres Volkes sind uns heilige, doch heilig sind uns auch jene staatlichen und gefühlsmäßigen Bande, die uns seit Jahrhunderten in Freud und Leid mit der ungarischen Nation verbinden.“26 Zehn Tage später entstand in Reaktion darauf der Deutsche Volksrat für Ungarn, in dem sich die siebenbürgisch-sächsische Elite unter der Führung von Rudolf Brandsch und Rudolf Schuller (1873-1951) mit der Gruppe der südungarischen Schwaben unter Stephan Kraft (1884-1959) und dem sozialdemokratisch orientierten Flügel unter Viktor Knaller (1873-1932) vereinigte. Während Bleyer seine Tätigkeit ausdrücklich auf Kernungarn beschränkte, gründete der von Brandsch geleitete Volksrat in den wichtigsten deutschen Siedlungsgebieten regionale Volksräte, so den Siebenbürgisch-Sächsischen Volksrat, den Schwäbischen Volksrat im Banat, den Deutschen Volksrat für Nordungarn in der Zips und den Deutschen Volksrat in West- ungarn mit dem Zentrum Ödenburg.27 Damit betraten die Deutschen Ungarns die politische Arena der Umbruchsjahre, von vornherein in zwei Lager gespalten. Die Bemühungen von Rudolf Brandsch, die- se Spaltung durch eine Vereinigung der beiden Lager zu überwinden, scheiterten nicht nur an deren gegensätzlichen politischen Konzepten, sondern auch an der neuen politischen Lage, den aus dem Auflösungsprozess der Monarchie hervorgegangenen neuen Nationalstaaten. Diese traten das Erbe der Habsburgermonarchie an, ohne Rücksicht auf Regionen und deren überlieferte Netzwerkstrukturen zu nehmen. Durch den Einsatz ihrer Truppen wurden unter der Obhut der Siegermächte völlig neue Grenzen durch Regionen gezogen, die wie im Fall der Batschka und des Banats be- reits eine gewisse, ethnische Trennlinien übergreifende regionale Identität besaßen und jetzt auseinandergerissen wurden. Eine solche Identität hatte sich aufgrund einer viel längeren historischen Kontinuität regionaler Entwicklung auch Siebenbürgen er- worben, doch dieser Teil des Stephanreichs wurde zur Gänze Rumänien zugespro- chen. Dadurch wurde den Vermittlungsbemühungen von Brandsch auch als Vertreter der Siebenbürger Sachsen der Boden entzogen, und nach dem Sturm der Räterepublik konnte sich im gegenrevolutionären, streng nationalkonservativen politischen System nur mehr die von Bleyer angeführte Gruppierung behaupten, da sich diese aufgrund

26 Zit. nach SCHWIND, S. 59 f. 27 SPIEGEL-SCHMIDT, Deutschtum; BELLÉR, Magyar Népköztársaság; SCHLERETH.

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ihrer Programmatik von vornherein in die neue politische Landschaft integrieren ließ, in der sie ja genetisch gesehen bereits im Herbst 1918 verwurzelt war. Das linksliberal orientierte Konzept der Minderheitenpolitik Oszkár Jászis als Na- tionalitätenminister stimmte mit dem politischen Programm des Deutschen Volksrats für Ungarn unter Brandsch, Kraft und Knaller überein. Es forderte politische Partizi- pation und Demokratisierung im Sinne des Selbstbestimmungsrechts auch der deut- schen Minderheit in Ungarn, auch unter Berufung auf das Friedensprogramm des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson. So verabschiedete die Gründungsver- sammlung des Deutschen Volksrats für Ungarn vom 10. November 1918 folgendes Programm: „Wir stehen nach wie vor auf dem Boden des ungarischen Vaterlandes und treten für des- sen Unversehrtheit, so lange es möglich ist, ein und verlangen dessen Demokratisierung. Wir beanspruchen gleich allen anderen Völkern das Recht der Selbstbestimmung und wol- len mit ihnen, vor allem mit dem magyarischen Volk, als Gleichberechtigte leben. Wir for- dern deshalb die kulturelle Autonomie auf allen Gebieten, besonders auch auf dem des Un- terrichtswesens. Wir fordern die Berücksichtigung unserer geistigen, wirtschaftlichen, poli- tischen und sozialen Interessen und Wünsche auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens, eine möglichst enge Zusammenfassung unseres Volkes in völkisch einheitliche Verwal- tungsgebiete. Wir fordern die ungehinderte Benutzung unserer deutschen Muttersprache in der Verwaltung, im Gerichtswesen und allen anderen Zweigen des Staatslebens. Wir for- dern die Schaffung von Gesetzen, die unsere Rechte sichern und für deren Erhaltung Bürg- schaften geschaffen werden.“28 Die Autoren dieses Katalogs von weit gespannten Forderungen nach territorialer und kultureller Autonomie, nach einem eigenständigen Unterrichtswesen, freiem Sprachgebrauch im öffentlichen Leben und nach vollkommener Gleichberechtigung, waren sich offenbar darüber im Klaren, dass nur ein demokratisch verfasster Staat Ungarn solche Rechte zu gewährleisten und zu sichern vermochte; genauso wie ihnen angesichts des sich anbahnenden Auflösungsprozesses der Monarchie bereits bewusst war, dass dieser Staat in seinen historischen Grenzen nicht mehr aufrechterhalten werden konnte. Sie setzten damit auf grundlegende Veränderungen nicht nur im Be- reich der Staatsverfassung, sondern auch hinsichtlich seiner zukünftigen territorialen Abgrenzung. Bevor noch am 28. Januar 1919 in Budapest das Gesetz „Über die Aus- übung des Selbstbestimmungsrechts des ungarndeutschen Volkes“ verabschiedet wer- den konnte29, votierte die Versammlung der Siebenbürger Sachsen in Mediasch am 8. Januar 1919 für den Anschluss ihres Siedlungsgebiets an das Königreich Rumänien und folgte damit dem Beispiel der Rumänen Siebenbürgens, die eine solche Erklärung bereits am 1. Dezember 1918 abgegeben hatten30. Damit waren bereits alle Versuche, mittels einer tiefgreifenden Demokratisierung und einer damit verbundenen Veranke-

28 Zit. nach SCHWIND, S. 62 f. 29 Text in: A magyar állam és a nemzetiségek, S. 218-221. 30 Der Text der Mediascher Anschlusserklärung der Siebenbürger Sachsen in GÜNDISCH, Siebenbürgen, S. 175, und in Quellen zur Geschichte der Siebenbürger Sachsen 1191- 1975, S. 266-268.

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rung politischer Partizipationsrechte der Minderheitengruppen die bedrohte territoria- le Integrität des Königreichs zu bewahren, gescheitert.

1.2 Jakob Bleyer, der Sprecher der „Deutsch-Ungarn“ Explizit gegen eine solche Demokratisierung, gegen den damit heraufbeschworenen revolutionären Umbruch stellte sich Jakob Bleyer mit seinen im Volksrat der Deutsch-Ungarn versammelten Anhängern. In diesem historischen Moment, in dem so vieles möglich schien, griff Bleyer im Namen der ungarischen nationalkonservati- ven Elite und als deren Repräsentant in den gerade angelaufenen Prozess der politi- schen Mobilisierung des Ungarndeutschtums ein, um diesen zunächst abzubremsen und nach dem Sieg der „nationalen Revolution“ des Admirals und späteren Reichs- verwesers Miklós Horthy (1868-1957) im Herbst 1919 endgültig zum Stillstand zu bringen. Das geschah nicht zuletzt aus der Motivation heraus, deutschnationale Expe- rimente zu unterbinden und das Anliegen der „Deutschungarn“, so wie Bleyer es ver- stand, in ein „ruhigeres Fahrwasser“ zu lenken. Bleyers Stoßrichtung zeigte sich damit mehr der politischen Tradition Edmund Steinackers verpflichtet, der als Führer der 1906 im Banat gegründeten Ungarländi- schen Deutschen Volkspartei die ungarndeutsche Bevölkerung politisch organisieren wollte, ohne jedoch dem ungarischen Staatsvolk mit irgendeinem Anspruch auf Au- tonomie gegenüberzutreten. Weder das Autoritätsdenken der ungarischen Führungs- schicht noch der Nationalismus der magyarischen Öffentlichkeit sollten Steinacker und nun auch Bleyer zufolge durch eine Minderheit, die sich ja erst im Stadium der Identitäts- und Gruppenbildung befand, herausgefordert werden. Zu welcher Identität sich Bleyer selbst bekannte, formulierte er im März 1917 in der Zeitschrift Budapesti Szemle wie folgt: „Ich bekenne mich auch in meinen deutschen Schriften stolz und selbstbewußt als Ungar. Meine Nation ist die ungarische Nation. Mein Vaterland ist die ungarische Gesellschaft, die ungarische Kultur, die ungarische Wissenschaft. Die Luft des ungarischen Bodens ist die einzige Atmosphäre, in welcher ich atmen und leben kann. Ich habe keine andere Nati- on als die ungarische. Ich habe aber auch ein deutsches Volk. Und dieses mein Volk ver- leugne ich nicht; ich hänge diesem Volk vielmehr mit einer Macht des Gefühls an, welches aus der Abstammung entspringt.“31 Diese Doppelidentität, politisch und kulturell ein Ungar und „nur“ ethnisch ein Deutscher zu sein, blieb das Alpha wie Omega der von Bleyer verfolgten ethnopoliti- schen Linie, wobei schon hier darauf hinzuweisen ist, dass sich Bleyer zunächst gar nicht als politischer Akteur einer Minderheit, sondern nur als ein Makler deutsch- ungarischer, schulisch und kulturell akzentuierter Interessen in die ungarische Natio- nalitätenpolitik einbringen wollte. Wer war Bleyer und welche Ziele schrieb er auf die Fahne seines ethnopolitischen Engagements?

31 Zit. nach SCHWIND, S. 44 f.

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Bleyer, der 1874 als Sohn wohlhabender schwäbischer Bauern in Tscheb/Čelarevo in der Batschka geborene, 1911 an die Universität Budapest als Professor der Germa- nistik berufene Gelehrte, war bereits im Jahre 1917 mit einem Programm an die Öf- fentlichkeit getreten, das für die Bewahrung und Pflege des deutschen Ethnikums im schulisch-kulturellen Bereich – beschränkt jedoch auf die deutsche Agrarbevölkerung – eintrat. Die Bewahrung der Loyalität der Schwaben zu Ungarn bei gleichzeitiger Förderung oder Verbesserung ihrer Schulverhältnisse bildete die Motivation für Bleyers ethnopolitisches Engagement. Darauf kam Bleyer auch in seiner Parlaments- rede 1928 zurück, dass er nämlich „das Schwabentum“, das durch das Weltkriegser- lebnis zum Volksbewusstsein hingefunden habe, davor bewahren wollte, im nun un- vermeidlich gewordenen Kampf gegen seine kulturelle Unterdrückung an der Seite der übrigen Nationalitäten in eine Frontstellung gegen den ungarischen Staat zu gera- ten und von dem in Deutschland zur selben Zeit erwachten Interesse für das Aus- landsdeutschtum als eine Irredenta-Bewegung manipuliert zu werden.32 Wichtigster Programmpunkt seiner noch vor dem Zusammenbruch von 1918 entworfenen Kon- zeption war ein gegenseitiges Übereinkommen zwischen dem ungarischen Staatsvolk und seiner deutschen Minderheit, das er in vertraulichen und direkten Verhandlungen mit dessen Repräsentanten zu erreichen suchte: Das „Magyarentum“ müsse, Bleyer zufolge, seinen Plan aufgeben, die deutsche Landbevölkerung zu magyarisieren, und vielmehr die Bewahrung ihrer ethnischen Identität im kulturellen Bereich durch Schu- le, Sprache und Bildung garantieren. Im Gegenzug solle das „Ungarndeutschtum“ darauf verzichten, sich national zu organisieren und entsprechende Gruppenrechte wie beispielsweise eine wie immer auch gestaltete Autonomie einzufordern.33 Ein solcher Gesellschaftsvertrag setzte allerdings in der Praxis ein partnerschaftliches Verhältnis voraus, das ideologisch gesehen die Ablehnung des Nationalismus auf beiden Seiten mit einschloss, wie sie von Bleyer ganz deutlich demonstriert wurde. Für Bleyer näm- lich bildete die uneingeschränkte Koexistenz von „Deutschtum und Ungartum“, deut- scher Volkszugehörigkeit und ungarischer Nation ein prinzipielles, sein ganzes Den- ken und Handeln bis 1931 bestimmendes Dogma. Bleyers noch deutlich an den Vorkriegsstrukturen Ungarns orientierte Weltan- schauung, sein gar nicht oder nur in geringem Maße politische Kategorien aufgreifen- des Denken war bis Ende der zwanziger Jahre von folgenden drei Prämissen ausge- gangen: 1. von einem ganz im christlichen Glauben verankerten Konservativismus, der Sozialismus wie Demokratie in gleicher Weise entschieden ablehnte; 2. von einer romantisch-biologistischen Gesellschaftsauffassung, in der das Bauerntum als der gesunde, weil noch unberührte Kern der Gesellschaft eine zentrale Rolle spielte;

32 JAKOB BLEYER: Die deutsch-ungarische Frage vor dem Parlament, in: Sonntagsblatt vom 1. April 1928. 33 Ebenda.

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3. von der Auffassung einer einheitlichen und unteilbaren ungarischen politi- schen Nation, deren Führungsrolle Bleyer vorbehaltlos anerkannte. Bleyers politische Heimat war die 1895 gegründete Katholische Volkspartei, der politische Katholizismus, wie er sich seit diesen Jahren entfaltete und sich sowohl medial, durch seine auch deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften, als auch in Gestalt eines bunten Netzes von Vereinen über das ganze Land vor allem außerhalb der Städte verbreitete. Norbert Spannenberger hat darauf hingewiesen, dass die Zuge- hörigkeit zur Volkspartei eine „verstärkte Integration in die ungarische Gesellschaft“ bedeutete. Als deren Kehrseite stellt er heraus: „Zugleich bildete dies aber auch eine Sackgasse für die Durchsetzung minderheitenspezifischer Interessen, da die Partei von jener sozio-politischen Elite geführt wurde, deren Ziel die Systemstabilisierung und nicht die Austragung“ bisher unterdrückter Konflikte „zwischen Titularnation und ethnischen Minderheiten war“34. Das war jedoch genau der entscheidende Punkt für Bleyer: die offene Austragung solcher Konflikte von vornherein zu vermeiden und das Konfliktpotenzial – in dessen Brennpunkt nach Bleyers Überzeugung in erster Linie das Schulwesen stand – durch eine Verhandlungslösung in Form eines wechselseitigen Kompromisses zu beseitigen. Die politischen Ziele der Volkspartei waren auch die Bleyers und ließen sich mit sei- nen minderheitenspezifischen Zielen zunächst durchaus vereinbaren. Bleyer agierte gleichsam als der für die politische Betreuung der Ungarndeutschen zuständige Sub- unternehmer des politischen Katholizismus. In der Zeit der von Horthy angeführten rechtskonservativen „nationalen Revolution“ vom Herbst 1919 und Frühjahr 1920 hatte diese Allianz politische Konjunktur, von der auch Bleyer eine Zeitlang profitier- te. Doch wies die Allianz ethnopolitischer und konfessionell ausgerichteter Mobilisie- rung der Agrarbevölkerung von vornherein eine Bruchstelle auf. Sie konnte nur so lange funktionieren, als sich Bleyer an die ihm zugewiesene Rolle eines Ausfüh- rungsorgans der Regierung hielt. Sobald Bleyer als Nationalitätenminister versuchte, als Sprecher der von ihm vertretenen Nationalitäten ein Eigenprofil und eine Eigen- programmatik zu entwickeln, verlor er seinen politischen Rückhalt. Seine Versuche, sich politisch in den politischen Katholizismus wieder einzubinden, waren zum Teil erfolgreich, weil das von ihm vertretene Wählerpotenzial einer Bevölkerungsgruppe in der Größe einer halben Million zu ignorieren politisch nicht klug gewesen wäre. Doch seine Bemühungen, seine ethnopolitischen Ziele mit Hilfe des politischen La- gers, dem er angehörte, durchzusetzen, scheiterten aus zahlreichen Gründen, von de- nen in den folgenden Abschnitten noch die Rede sein wird. Wie sehr Bleyer 1918/19 von der Warte der zeitgenössischen konservativen Elite aus argumentierte, zeigte auch seine Mahnung, das Deutsche Reich dürfe sich nicht in die Angelegenheiten der Ungarndeutschen einmischen. Eine solche Intervention stand noch gar nicht zur Debatte, doch für die ungarischen Konservativen war Minderhei- tenpolitik identisch mit Separatismus und Irredentismus vermittels Unterstützung des konnationalen Patronagestaats, was Bleyer dazu veranlasste, sich von derlei Bestre-

34 SPANNENBERGER, Kirche, S. 137.

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bungen scharf abzugrenzen. Bleyer lehnte daher die Minderheitenpolitik der Regie- rung Károlyi und des davon inspirierten Deutschen Volksrats ab und setzte als Maß- stab seines politischen Handelns die „Interessen Ungarns“ – im Sinne der zeitgenössi- schen Konservativen. Seine Hauptaufgabe sah er zunächst darin, „die Sachsen“ zu bekämpfen, die sich mit der Minderheitenpolitik Károlyis identifizierten. Während der überwiegende Teil der deutschen Minderheitenpolitiker um Brandsch das Programm Bleyers entschieden ablehnten, wurden seine Ansichten von ungarischen Politikern und zahlreichen, der ungarischen Elite angehörenden Persön- lichkeiten deutscher Abstammung wärmstens begrüßt. Zudem war es offensichtlich, welchen politischen Kreisen Bleyer angehörte. Als mediales Forum nützte er die Neue Post, eine katholische Tageszeitung, die dem 1917 gegründeten Zentralen Presseun- ternehmen angehörte, an dessen Spitze der Jesuitenpater Béla Bangha, der Vertreter der katholischen ecclesia militans Ungarns stand.35 Dieser Kreis agierte im Sinne des Klerikalismus, Konservativismus, Antisemitismus und Antisozialismus und verstand sich als Hüter der „ungarischen Staatsidee“. Károlyis Revolution und die Politik des Deutschen Volksrats unter Brandsch war für diese Gruppe schon ein Verrat: Deshalb bezeichnete auch Bleyer die Einrichtung einer deutschen Autonomie als eine zerstöre- rische Idee von „gewissen Träumern und Hetzern alldeutscher Färbung“ und deren Protagonisten wie Brandsch als „Feinde der ungarischen Staatsidee“.36 Die Minderheitenpolitik der Revolutionsregierung unter Károlyi erfüllte nicht das ihr zugedachte Ziel, mit ihren Autonomieentwürfen den territorialen Zerfall Ungarns zu verhindern. Oszkár Jászi trat deshalb am 19. Januar 1919 als Nationalitätenminis- ter zurück37, womit der führende Repräsentant einer Verständigungspolitik mit den Minderheiten von der politischen Bühne abtrat. Dennoch wurde am 28. Januar 1919 sein von ihm vorbereitetes „Volksgesetz über die Ausübung des Selbstverwaltungs- rechts des ungarländischen deutschen Volkes“ verabschiedet.38 Dieses sah als Selbst- verwaltungsorgan eine deutsche Nationalversammlung vor mit administrativen, schu- lischen und allgemein kulturellen Kompetenzen. Unter der Leitung des Rechtsanwalts Guido Gündisch (geb. 1884 in Hermannstadt) wurde ein provisorischer Landesregie- rungsausschuss gewählt und unter Johann Junker ein „Deutsches Ministerium“ errich- tet. Junker gehörte als „deutscher Minister“ der am 19. Januar gebildeten Regierung von Dénes Berinkey (1871-1948) vom 3. Februar bis 21. März 1929 an. In seinem im Deutschen Tageblatt veröffentlichten Programm forderte Gündisch deutsche Schulen, eine gerechte Bodenbesitzverteilung, gerechte Besteuerung, den Schutz aller ethni- schen Minderheiten, deren Schul- und Kirchenautonomie und die Beteiligung der Minderheiten an der Staatsverwaltung.39 Der Deutschungarische Volksrat Bleyers war von der Regierung dazu gezwungen worden, sich an all diesen Aktivitäten zu beteili- gen. Bleyer selbst trat deshalb vom Vorsitz seiner von ihm geschaffenen Organisation

35 Ebenda, Kirche, S. 62. – SZOLNOKY, S. 19. 36 Neue Post vom 10. und 15. Mai 1918. 37 LITVÁN. 38 Text in: A magyar állam és a nemzetiségek, S. 218-221. 39 Deutsches Tageblatt vom 11. Februar 1919.

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am gleichen Tag zurück, an dem das Autonomiegesetz in Kraft getreten war, weil ihm seine Loyalität zu Ungarn mit jeglicher politischer Autonomie für die ungarländi- schen Deutschen unvereinbar schien. Für ihn, der allen Umbrüchen und revolutionä- ren Veränderungen misstrauisch bis ablehnend gegenüberstand, war seine Zeit noch nicht gekommen. Erst mit dem Scheitern der Räterepublik schlug die Stunde seines minderheitenpolitischen Programms, das keine politischen Rechte und Aktivitäten vorsah, sondern sich auf den kulturell-schulischen Bereich beschränkte. Allzu bald stellte sich aber heraus, dass die Regierung nicht ernsthaft an eine Um- setzung des Autonomiegesetzes dachte. Die Einteilung der Wahlkreise für die im Frühjahr 1919 vorgesehene Parlamentswahl (die jedoch in der Räterepublik unter- blieb) wurde beispielsweise ohne Rücksicht auf die deutschen Siedlungsgebiete vor- genommen, und führende Politiker machten deutlich, es ginge gar nicht um eine „an- dere Minderheitenpolitik“. Resigniert stellte deshalb Brandsch rückblickend im Juli 1919 fest: „Es ist überflüssig zu sagen, dass die deutsche Autonomie bis heute nur auf dem Papier steht und der erste Betrug schon bei dem neuen Wahlgesetz sichtbar war.“40

1.3 Das Intermezzo der Räterepublik Die Ausrufung der Räterepublik am 21. März 1919 schuf kurzfristig auch in der Min- derheitenpolitik neue Verhältnisse. Der deutsche Minister Junker legte sein Amt nie- der und der Deutschungarische Volksrat Bleyers wurde aufgelöst, während der Deutsche Volksrat unter dem Namen Deutscher Kulturbund für Ungarn weiter be- stand. Die Regierung Béla Kun (1886-1939, seine Regierung bestand vom 21. März bis 1. ) ließ schon am 21. März ein Deutsches Volksamt als Exekutivor- gan für diese Minderheit errichten. Die gewählten Räte aus den einzelnen deutschen Gebieten schlossen sich im Deutschen Landesrat zusammen, der Heinrich Kalmár (1870-1931) als deutschen Volksbeauftragten an die Spitze des Volksamtes wählte. Das Volksamt bestand weitgehend aus Beamten des aufgelösten Deutschen Ministe- riums und damit wurde eine gewisse Kontinuität gewahrt. Offiziell billigte die Räte- regierung die nationalitätenpolitischen Forderungen des Volksamtes, die auch in Ge- setzen umgesetzt wurden.41 Diese sicherten nicht nur den freien Sprachgebrauch in der Verwaltung zu, sondern sahen auch die Errichtung von rund 450 deutschen Schu- len vor. In Budapest wurde ein deutsches Theater eröffnet. Doch wie die Károlyi- Regierung konnte auch das Regime der Räterepublik nur einen Bruchteil ihres ange- kündigten Programms verwirklichen. Das lag an der Kurzfristigkeit beider Regime und im Falle der Räterepublik vor allem an dem hinhaltenden und recht erfolgreichen

40 Zit. nach FATA, Jakob Bleyer, S. 55. 41 Von Relevanz sind hier die beiden Verordnungen über den Sprachgebrauch vom 6. April 1919 und über die Wahlen des Deutschen und des Ruthenischen Rates vom 28. April 1919, Texte in: A magyar állam és a nemzetiségek, S. 225-228.

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Widerstand, der beinahe alle Gesellschaftsschichten gegen die Räterepublik Ungarn vereinigte.42

1.4 Bleyer als Nationalitätenminister 1919/20 Bleyer, der in der Räterepublik sein Lehramt verloren hatte und politisch verfolgt worden war, beteiligte sich recht aktiv am „Sturz der Revolutionen“, zuletzt auch am Sturz der nach dem Ende der Räterepublik gebildeten „Gewerkschafts“-Regierung von Gyula Peidl (1873-1943) am 6. August 1919.43 Für sein „gegenrevolutionäres“ Engagement wurde er mit einem Ministerposten in der Regierung István Friedrich (1883-1958, Ministerpräsident vom 7. August bis 25. November 1919) belohnt und auf seinen eigenen Wunsch hin am 15. August 1919 zum Minister für die Nationalitä- ten ernannt.44 Die neue politische Elite befand sich im Bereich der Minderheiten- politik in einer widersprüchlichen Situation, denn einerseits war die Abneigung, ja sogar der Hass auf die Nationalitäten sowohl in der Öffentlichkeit als auch in ihren eigenen Reihen höchst lebendig, andererseits schienen die künftigen Grenzen Un- garns noch in der Schwebe zu sein, so dass sie die Hoffnung nicht aufgab, die Ver- stümmelung des Reiches der Stephanskrone durch eine „progressive“ Minderheiten- politik doch noch verhindern zu können. Bleyers Aufgabe bestand zunächst darin, das Erbe der Revolutionszeit aufzuarbei- ten, deren Gesetze und Verordnungen außer Kraft zu setzen und dennoch etwas Ver- lockendes jenen Minderheiten anzubieten, die ihre Siedlungsgebiete vom ungarischen Staat abtrennen wollten. Stilgerecht am Stephanstag, dem 20. August 1919, wurde daher das „Gesetz über die Gleichberechtigung der nationalen Minderheiten“ verab- schiedet. Mit diesem kehrte man zu den Grundsätzen des Nationalitätengesetzes aus dem Jahre 1868 zurück, das keine Kollektiv-, sondern lediglich Individualrechte ge- währleistet hatte. Die Minderheiten erhielten das formale Recht auf Gründung eigener Schulen und Vereine.45 Doch in den überwiegend von den Kirchen getragenen Volksschulen bestimmten weiterhin die kirchlichen Amtsträger die Unterrichtsspra- che. Zudem stellte schon einen Monat später die neu eingesetzte Regierung von Káro- ly Huszár (1882-1941, Ministerpräsident vom 24. November 1919 bis zum 15. März 1920) fest, dass das Gesetz wegen des allgemein verbreiteten Widerstands auf der Verwaltungsebene gar nicht in die Praxis umgesetzt werden konnte. In dieser von weitgehender Machtlosigkeit gekennzeichneten Lage versuchte Bleyer auch parteipolitisch Fuß zu fassen. Im Vorfeld der Parlamentswahlen vom Ja-

42 SALAMON; MOLNÁR, Béla Kun; A Magyar Tanácsköztársaság 60. évfordulója; BORSÁNYI; KENDE; Hungary in Revolution 1918-1919; HAJDU; TÖKÉS; GRATZ, Forradalmak kora. – Zur Nationalitätenpolitik dieser Revolutionsperiode siehe GERGELY, Kérdés; KŐVÁGÓ, Tanácsköztársaság; SPIEGEL-SCHMIDT, Arbeiterbewegung. 43 Ausführlich über den Putsch gegen die Peidl-Regierung und Bleyers Beteiligung an diesem die Studie von SPIEGEL-SCHMIDT, Deutschtum, S. 78-84. 44 Der Text über die Errichtung des Nationalitätenministeriums am 17. August 1919 in: A magyar állam és a nemzetiségek, S. 232. 45 Text ebenda, S. 234-237.

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nuar 1920 vermehrte er das Lager der bereits vier christlichen Parteien um eine weite- re, nämlich die Christlich-Deutschungarische Integritätspartei, die er am 21. Februar 1920 zusammen mit Prälat Johannes Huber (1877-1945) und dem evangelischen Pfar- rer Edmund Scholtz (geb. 1869, Pfarrer von Agendorf/Ágfalva 1893-1938) gründete und die aus den Wahlen mit neun Mandaten hervorging.46 Das war der größte Wahl- sieg, den jemals eine Partei mit einer deutschen Denomination in der Zwischenkriegs- zeit erzielte. Nach Ansicht der politischen Elite überschritt Bleyer damit bereits seine Kompetenzen, denn seine Aufgabe sollte ja nicht darin bestehen, für die Nationalitä- ten einzutreten, sondern durch Scheinmaßnahmen eine wirkungsvolle Propaganda ge- gen deren Sezessionsbestrebungen zu betreiben.47 Doch die Pariser Friedenskonferenz entschied mit der Unterzeichnung des Frie- densvertrags von Saint Germain en Laye (einem Pariser Vorort) mit Österreich am 10. September 1919 die Abtretung des Burgenlandes an Österreich. Der am 4. Juni 1920 von Ungarn unterzeichnete Friedensvertrag von Trianon besiegelte auch den Verlust der Slowakei und des Karpatenlandes an die Tschechoslowakei, Siebenbür- gens an Rumänien und großer Teile Südungarns an Jugoslawien.48 Nur die Hinhalte- taktik der ungarischen Regierung betreffend die tatsächliche Übergabe des Burgen- landes an Österreich verschaffte Bleyer als Nationalitätenminister noch einmal eine Atempause. Die Erkenntnis, dass die Regierung ihn nur „als Aushängeschild“ benutz- te, um mit seiner Hilfe eine ehrliche Nationalitätenpolitik vorzutäuschen und dadurch eine günstigere Grenzziehung zu erreichen, veranlasste Bleyer, am 26. November 1920 seinen Rücktritt zu erklären.49 Der seit dem 19. Juli 1920 als Ministerpräsident amtierende Graf Pál Teleki (1879-1941) bat ihn daraufhin, seinen Rücktritt unter Hinweis auf die gerade laufenden Verhandlungen mit Österreich um das Burgenland zurückzuziehen, „denn die ungarische Regierung könne sich jetzt nicht erlauben, den Verdacht aufkommen zu lassen, sie meine es mit der bisher verkündeten Nationalitä- tenpolitik nicht ehrlich“.50 Womit Teleki zugab, dass ein solcher Verdacht voll be- gründet war. Bleyer gab nach, blieb jedoch auf der am 16. Dezember erfolgten Regie- rungsumbildung unberücksichtigt, so dass er nunmehr endgültig zurücktreten musste. Damit hatten sich die Kräfte durchgesetzt, die unter dem Eindruck von Trianon jegliche politische Konzession gegenüber den Nationalitäten nunmehr für unnötig erachteten und die Bestrebungen Bleyers, die Rechte der Nationalitäten auch in den bei Ungarn verbliebenen Gebieten zur Geltung zu bringen, als schädlich und unpatrio- tisch verurteilten. Das Nationalitätenministerium wurde nominell dem Außenministe- rium unterstellt – an dessen Spitze zu diesem Zeitpunkt Gustav Gratz (1875-1946) stand – und provisorisch noch von seinem Staatssekretär György Steuer (1875-?) wei-

46 SPANNENBERGER, Kirche, S. 140. 47 Das galt auch für die am 9. Januar 1920 von der Regierung verabschiedeten „Grundprinzi- pien für die slowakische Autonomie“, Text in: A magyar állam és a nemzetiségek, S. 245- 249. 48 Zu Trianon vgl. ROMSICS, Friedensvertrag. 49 Bleyer in: Sonntagsblatt vom 21. März 1926. 50 Zit. nach FATA, Jakob Bleyer, S. 100.

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tergeführt, doch immer mehr seiner Kompetenzen beraubt, bis es zum Jahresende 1921 nach der erfolgreichen Volksabstimmung über den Verbleib von Öden- burg/Sopron bei Ungarn endgültig aufgelöst wurde. Diese Volksabstimmung fand am 14. Dezember 1921 statt, bei der 72,8 Prozent der Stadtbevölkerung und 54,6 Prozent der ländlichen Bevölkerung für Ungarn vo- tierten, wobei das Votum der in und um Ödenburg lebenden Deutschen für Ungarn den Ausschlag gab.51 Die erfolgreich durchgeführte „Ödenburg-Abstimmung“ machte aus der Sicht des politischen Establishments ein großzügiges Entgegenkommen den Nationalitäten gegenüber überflüssig. Das nach Bleyers Rücktritt von der Regierung gefällte Urteil über seine ministerielle Tätigkeit fiel deshalb auch ganz negativ aus, denn „das Nationalitätenministerium als eine für Nationalitätenaufgaben geschaffene Organisa- tion gefährdete bereits die Einheit der Regierung. [...] Gefährlich war das Wirken des Na- tionalitätenministeriums auch dahingehend, dass es das nicht vorhandene Nationalitäten- bewusstsein künstlich zu erwecken suchte. Gestützt auf unüberlegt herausgegebene Ver- ordnungen wurde der Unterricht in der Minderheitensprache selbst dort erzwungen, wo dies seitens der Eltern gar nicht erwünscht war. Noch dazu wurde eine Sonderstellung der Nationalitäten im ganzen Land verkündet.“52 Dieses Urteil machte klar, dass die damalige Führung des Landes offenkundig nicht bereit war, den im Lande lebenden Minderheiten irgendwelche Rechte oder gar politische Mitbestimmung einzuräumen. Die sich damit andeutende und für die bei- den Jahrzehnte von 1920 bis 1940 wirksam gewordene Minderheitenpolitik der Un- terdrückung ist historisch allerdings nur unter Einbeziehung der mentalen, ja trauma- tischen Folgewirkungen des Friedensvertrags von Trianon zu verstehen. Daher wollen wir uns zunächst dem außenpolitischen Rahmen zuwenden, um die übergeordneten Zusammenhänge zu skizzieren, in die die Minderheitenpolitik Ungarns und die Eth- nopolitik der deutschen Minderheit in der Horthy-Periode einzuordnen sind.

2 Der Minderheitenschutz des Pariser Friedenskongresses 1919

Der Erste Weltkrieg bedeutete eine Wende in den Beziehungen Mehrheit und Min- derheit, Titularnation und Nationalitäten. Es war eine Wende im doppelten Sinn: Ei- nerseits entstand zum ersten Mal in der Geschichte ein relativ eng geknüpftes System von Minderheitenschutzverträgen; andererseits führte der Zusammenbruch der Mit- telmächte, des Zarenreichs und des Osmanischen Reiches zur Gründung einer Reihe von Nationalstaaten (von der Ostsee bis zur Adria), die in den Jahren bis zum Aus- bruch des Zweiten Weltkriegs noch konsequenter und radikaler als bisher die Min- derheitenfrage in ihrem Sinn zu lösen versuchten. Die 1919 und 1920 unterzeichneten

51 FOGARASSY; SOÓS; VARES; HASLINGER, Revisionismus. 52 Memorandum der II. Abteilung des Ministerpräsidentpräsidiums vom 29. Januar 1922, Ungarisches Staatsarchiv Budapest. ME. K 28. Fasz. 94. Tit. 193, hier zit. nach SPANNEN- BERGER, Volksbund, S. 37.

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Minderheitenschutzverträge vermochten diese Entwicklung trotz anfänglicher Erfolge und positiver Ansätze nicht zu verhindern.53 Als serbische Gymnasiasten am 28. Juni 1914 den Thronfolger Franz Ferdinand (1863-1914) in Sarajevo ermordeten, war ihr Motiv weniger das Gefühl, dass Min- derheiten in Bosnien schlecht behandelt wurden, als vielmehr die Überzeugung, dass dem Prinzip des Nationalstaats folgend Serben von Serben regiert werden sollten. Die Verkündung des Selbstbestimmungsrechts der Völker im Friedensprogramm des ame- rikanischen Präsidenten Woodrow Wilson (1856-1924) hat geradezu in genialer Wei- se die Erwartungen und die politische Programmatik der Völker in Ostmittel-, Ost- und Südosteuropa auf den Punkt gebracht.54 Hier ist allerdings ein Stereotyp zu berichtigen, das unser Geschichtsbild bis heute prägt. Wilson war keineswegs der Erfinder des Selbstbestimmungsrechts, das auch nicht – entgegen manchen Behauptungen – in seinem 14-Punkte Friedensprogramm vom 8. Januar 1918 zu finden ist.55 Wilson hat diesen gleichsam 15. Punkt erst einen Monat später, am 11. Februar 1918, in einer Rede vor dem amerikanischen Kongress in sein Friedensprogramm aufgenommen. Auf welche Vorbilder hat nun Wilson zurückgegriffen? Zunächst einmal auf Le- nin (Vladimir Iljič Uljanov, 1870-1924), der 1903 das Recht aller Völker auf Selbst- bestimmung verkündete.56 Lenin berief sich wiederum auf seine ideologischen Lehr- meister Karl Marx (1818-1883) und Friedrich Engels (1820-1895). Diese beiden proklamierten bereits 1865 in ihrer Studie über die polnische Frage erstmals das Recht auf Selbstbestimmung der Nationen, aber sie machten auch klar, dass sie unter Nationen nur große, historische, unzweifelhaft vitale Völker verstanden, wie bei- spielsweise die Polen, die Italiener, die Deutschen und die Ungarn. Sie bezeichneten das Recht auf eine unabhängige nationale Existenz von kleinen Völkern (als unhisto- rischen Völkern) wie der Serben, Kroaten, Ruthenen, Slowaken und Tschechen als eine Absurdität.57 Otto Bauer (1881-1938) fügte später erklärend hinzu, dass unhisto- rische Völker durch den fehlenden Anteil an den herrschenden Klassen gekennzeich- net seien.58 Die Unterstützung der polnischen Nationalbewegung wurde von Marx und Engels als Erfolg versprechendes Mittel zur Bekämpfung der reaktionärsten Herrschaft in

53 MACARTNEY, National States; JANOWSKY; BAGLEY; SIGLER; HEINTZE; MARKO; SZA- LAYNÉ; EILER, Nemzeti kisebbségek; EILER, Autonómia gondolata. 54 AMBROSIUS; CLEMENTS; COOPER; KNOCK, To End. 55 Der Text der 14 Punkte in http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/14punkte/. 56 V.I. LENIN: The National Question in Our Programm, in: Iskra vom 15. Juli 1903 – http://books.google.com/books?id=G4QCdbwV-qAC&printsec=frontcover&dq=The%20 national%20question%20in%20our%20programm&hl=de&source=gbs_slider_thumb#v= onepage&q&f=false; DERS.: Die Ergebnisse der Diskussion über die Selbstbestimmung. 1916, Text in DERS.: Werke, Bd. 22, Berlin 1960, S. 326-368. 57 FRIEDRICH ENGELS: What Have the Working Class to Do with Poland?, in: The Common- wealth, No. 159, 160, 165, March 24, 31, May 5, 1866; Text in: www.marxist.org/archive/ marx/works/1866/03/24.htm; ROZDOLSKI, Engels. 58 BAUER, S. 166, 187-188.

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Europa, nämlich des russischen Zarismus, angesehen. Das primäre Ziel einer solchen Unterstützungsaktion war jedoch nicht die Nationalstaatsbildung Polens, sondern der Sturz des Zarismus, also die Verfolgung von Zielsetzungen der internationalen kom- munistischen Bewegung. Die Entscheidung, „Nationales“ zu unterstützen, hing ganz von solchen Zielen ab. Genau diese Strategie verfolgte Lenin noch vor seiner Macht- ergreifung im Herbst 1917, als sich im Mai dieses Jahres eine Union der Völker des nördlichen Kaukasus in Tiflis konstituierte und die Ukraine ihre Autonomie von Russland proklamierte. Nach der Oktoberrevolution erkannte Lenin auch die Separa- tion Finnlands an. Der amerikanische Präsident Woodrow Wilson war offenbar von dem Dominoef- fekt des Selbstbestimmungsrechts so fasziniert, dass er es zu übernehmen für nützlich befand.59 Dass es sich hier im Falle Wilsons um eine wenig reflektierte Übernahme eines politischen Prinzips handelte, offenbarte sich in der von ihm niemals bereinigten Unklarheit, in welcher Form das Prinzip der Selbstbestimmung in der politischen Pra- xis zur Anwendung kommen sollte und welches Volk oder gar Minderheit ein solches Recht in Anspruch nehmen konnte.60 Die Regierung Wilsons verweigerte beispiels- weise noch lange nach dem Krieg die Anerkennung der Unabhängigkeit der balti- schen Staaten, Georgiens und Aserbaidschans, aber auch der Annexion Bessarabiens durch Rumänien. Im inneren, nur sechs Wochen währenden Zerfallsprozess der Habsburgermonar- chie von Mitte Oktober bis Anfang Dezember 1918, aber auch des Osmanischen und des Zarenreichs hat sich die Sprengkraft des Selbstbestimmungsrechts voll entfaltet.61 Als im Januar 1919 die Friedenskonferenz in Paris zusammentrat, war sie zunächst damit beschäftigt, die Ergebnisse dieser Zerfallsprozesse zur Kenntnis zu nehmen, daraus sich ergebende Streitfragen zu schlichten und vor allem die Grenzen der be- reits neu entstandenen Staaten festzulegen. Die Nachfolgestaaten des russischen, habsburgischen und osmanischen Reiches betrachteten sich aufgrund der Pariser Friedensbeschlüsse als Nationalstaaten, doch in der Realität waren sie es nicht. Innerhalb der neu gezogenen Grenzen dieser Staaten gehörten durchschnittlich 20 bis 30 Prozent ihrer Bevölkerung und damit rund 60 Millionen Menschen ethnischen oder religiösen Minderheiten an. Die aus diesem Grund in Paris ausgehandelten und an die jeweiligen Friedensverträge angeschlosse- nen Minderheitenschutzverträge sollten das friedliche Zusammenleben von Mehrheit und Minderheit gewährleisten und verhindern, dass die neu errichtete Friedensord- nung Europas durch Nationalitätenkämpfe in Frage gestellt würde.62

59 FISCH, S. 148-156. 60 MACMILLAN, S. 11 f. 61 Als Mitteleuropa zerbrach; SKED, Decline. 62 MAZOWER; SIERPOWSKI, S. 27; VIEFHAUS.

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2.1 Die Entstehungsgeschichte der Minderheitenschutzverträge 1919 Präsident Woodrow Wilson war davon überzeugt, dass eine dauernde Friedensord- nung nur durch eine radikale Umgestaltung der internationalen, zwischenstaatlichen Beziehungen herbeigeführt und garantiert werden könne.63 In einer ständigen Zu- sammenarbeit und Solidarität der Völker im Rahmen eines neu zu errichtenden Gre- miums, einer „Vereinigung der Nationen“, sah er die Unveräußerlichkeit der Men- schenrechte und die Freiheit des Einzelnen gewährleistet. Deshalb erachtete er es als die erste Aufgabe der Pariser Friedenskonferenz, die Statuten dieser neuen Einrich- tung zu erarbeiten, die den Namen , auf Deutsch „Völkerbund“, er- hielt.64 In seinem ersten Entwurf des Völkerbundpaktes vom Sommer 1918 war von Minderheitenschutz noch nicht die Rede. Im zweiten Entwurf vom Januar 1919 schlug er vor, eine Klausel über ein Diskriminierungsverbot und die Gleichberechti- gung aller Rassen und nationalen Minderheiten aufzunehmen, die er ein Monat später auf Druck jüdischer Interessenvertreter auch auf religiöse Minderheiten ausdehnte. Der Versuch, auf diese Weise den Minderheitenschutz zu internationalisieren und damit für alle Mitgliedsstaaten des geplanten Völkerbunds in Geltung zu bringen, scheiterte am Einspruch vor allem Großbritanniens. Die Briten waren vom Gedanken alarmiert, dass der Völkerbund „amerikanische Neger, Iren im Südteil der irischen In- sel, Flamen oder Katalanen“65 dazu ermutigen könnte, über die Köpfe ihrer Regierun- gen hinweg Petitionen und Anträge einzubringen, die die Souveränität der betroffenen Länder in Frage stellten. Auch die Klausel betreffend Religionsfreiheit und Gleichbe- rechtigung religiös definierter Minderheiten stieß bei den Europäern auf entschiedene Ablehnung, die sich durch die Forderung des japanischen Delegierten nach Gleichbe- rechtigung aller Rassen bestätigt sahen.66 Die Möglichkeit, Minderheitenschutz als universales Anliegen internationaler Politik und des Völkerrechts zu verankern, war damit für lange Zeit aufgegeben. Die Friedenskonferenz beschloss die Einrichtung territorialer Kommissionen, die die nötigen Grenzziehungen im östlichen Europa für die Friedensverträge vorbereiten sollten. Damit war die Frage der Minderheitenrechte unter dem Berg von historischen, strategischen, politischen und wirtschaftlichen Überlegungen zunächst einmal begraben. Im März 1919 kam eine Delegation des American Jewish Congress nach Paris und übernahm die Führung des kurz zuvor gebildeten Comité des Délegations Juives au- près la Conference de la Paix von Repräsentanten der Juden aus Großbritannien (Lu- cien Wolf, 1857-1930), Polen, Rumänien, Jugoslawien, Tschechoslowakei, Litauen und Ukraine. Dieses Gremium machte sich zur Aufgabe, die Regierungen der neu ge- bildeten Staaten mit Unterstützung der Siegermächte dazu zu überreden, den Juden als religiöse Minderheit weitgehende Autonomierechte zu gewähren.67 Die polnischen

63 KNOCK, Wilsonian Concepts. 64 FLEURY. 65 FINK, Minorities Question, S. 257. 66 Über diese Initiative des japanischen Delegierten Baron Nobuaki Makino siehe LAUREN. 67 FEINBERG; LEVENE; FINK, Great Powers.

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Zionisten forderten einen jüdischen Staatssekretär und ein auf Personalautonomie be- ruhendes System, demokratisch gewählter Selbstverwaltungen: „We have the right to live our own national life in accord with the democratic principles of autonomous administration proclaimed by the allies. And we are firmly convinced that only the realization of this plan, the recognition of the Jewish national minority, will lead the Poles and the Jews towards a durable peace, a peace necessary to both peoples in equel measure.“68 Auf der Seite der Siegermächte waren die Widerstände gegen solche Autonomie- lösungen sehr stark. Diplomaten des Britischen Außenministeriums stellten dazu fest, dass die Juden in Polen eine solche Autonomie auch dazu einsetzen könnten, die Er- richtung des Staates Polen zu verhindern oder zu erschweren. Eine Autonomielösung für die relativ kompakt siedelnden Minderheiten der Sudetendeutschen in der ČSR oder der Magyaren in Siebenbürgen/Rumänien, der Deutschen in Südtirol/Italien oder der Ukrainer in Galizien/Polen und in der Bukowina/Rumänien scheiterte auch am erbitterten Widerstand der assoziierten Mächte, die alle, der Zahl nach 32, in Paris vertreten waren. Angesichts der Gefahr einer Ausbreitung bolschewistischer revolu- tionärer Umtriebe wurde jegliche Autonomielösung für die riskanteste Variante der Lösung von Minderheitenfragen angesehen, da sich solche auch gegen die Sieger- mächte richten könnte. Aufgrund der Friedensverhandlungen wurde deshalb nur ein einziger Autonomievorschlag in einen Friedensvertrag aufgenommen, nämlich die Autonomie der Ruthenen in der Ostslowakei, ein Gebiet, das 1945 von Stalin (Josif Vissarionovič Džugašvili, 1879-1953) für die Sowjetunion beansprucht wurde und deshalb bis heute der westlichste Teil der Ukraine geblieben ist. Unter dem Eindruck der in Polen verübten Pogrome an den Juden wurde auf Ini- tiative von Wilson am 1. Mai 1919 ein neues Verhandlungskomitee eingesetzt, das den Namen Committee on New States erhielt und sich den Minderheitenfragen wid- men sollte. Auf seiner Tagesordnung stand als wichtigste Agenda die Vorbereitung des Minderheitenschutzvertrags für Polen, der allen übrigen Verträgen dieser Art als Modell diente. Vorgesehen waren solche Minderheitenschutzverträge u.a. für Polen, Tschechoslowakei, Rumänien, Jugoslawien, Ungarn und Griechenland. Diese Kom- mission, die bis Ende des Jahres im Amt blieb und von Briten und Amerikanern do- miniert wurde, hatte die Aufgabe, in Zusammenarbeit mit Repräsentanten wichtiger Minderheiten, insbesondere der Juden und der betreffenden Staaten, Lösungen zu fin- den, die den neuen Staaten akzeptabel erschienen und jegliche Autonomieansprüche obsolet machen sollten. Der von dieser Kommission fertiggestellte Vertragsentwurf für Polen wurde den polnischen Repräsentanten am 21. Mai überreicht. Wie brisant und politisch aktuell dieser Vertrag war, bezeugten die gegen die Minderheiten gerichteten Verfolgungsmaßnahmen der polnischen Armee unter ihrem Oberbefehlshaber Józef Piłsudski (1867-1935), der den Minderheitenanteil von über einem Drittel der in Polen lebenden Bevölkerung (Juden, Ukrainer, Deutsche, Li- tauer) dadurch zu reduzieren suchte. Für die Großmächte gab es nur die Alternative: Entweder sie hatten die Folgen dieser Maßnahmen in Gestalt von Flüchtlingswellen

68 Zit. nach FINK, Minorities Question, S. 261.

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und Destabilisierung hinzunehmen, wobei die Destabilisierung der Verhältnisse vor Ort die Gefahr der bolschewistischen Intervention und Revolution heraufbeschwor, welche die Großmächte auf jeden Fall vermeiden wollten, oder sie suchten durch die Gewährleistung von Minderheitenrechten und deren Garantie die Verfolgungen zu unterbinden. In der besonders umkämpften Stadt Lemberg stellte ein Stadtbürger ei- nem amerikanischen Besucher die Zerstörungen in der Stadt mit folgenden Worten vor: „Sehen Sie diese kleinen Löcher? Wir nennen sie hier Wilsons Punkte. Sie sind durch Maschinengewehrfeuer entstanden, die größeren durch Handgranaten. Wir ha- ben uns nun für die Selbstbestimmung engagiert und Gott weiß, was dabei heraus kommen wird.“69 Im Streit um das zukünftige Polen und seine politische Ausgestaltung erschien den Siegermächten die Einführung und internationale Absicherung von Minderheitenrech- ten durch den Völkerbund der einzige vernünftige Weg, um eine stabile Friedensord- nung zu gewährleisten. Allerdings liefen auch in diesem Punkt die Vorstellungen der drei Großmächte sehr auseinander. Während die Franzosen vor allem für die Einrich- tung stabiler und starker Regierungen eintraten, um Ostmitteleuropa sicherheitspoli- tisch zu stabilisieren, neigte Großbritannien zu der Anschauung, dass man die Rechte von Minderheiten nicht allzu sehr stärken, sondern eher deren Assimilation und Integ- ration fördern sollte. Der aus diesen grundlegenden Meinungsverschiedenheiten her- vorgegangene polnische Minderheitenvertrag war daher rechtlich gesehen das Ergeb- nis eines Kompromisses.70 Der Vertrag bestand aus drei Teilen: den von Wilson vorgeschlagenen grundle- genden Minderheitenrechten, Ausführungen über spezifische Rechte und einer Novel- le über das Minderheitenverfahren des Völkerbunds.71 Im Mittelpunkt des ersten Tei- les standen die Gewährleistung der Gleichberechtigung für alle Einwohner Polens oh- ne Unterschied der Geburt, Nationalität, Sprache, Rasse oder Religion sowie das Recht der freien Religionsausübung. Der Vertrag löste nicht das Problem, ob und durch welches Verfahren Einwohner die polnische Staatsbürgerschaft bekommen könnten (in Anwesenheit tausender Flüchtlinge aus Russland und auch aus Deutsch- land). Artikel 8 gewährleistete allen in Polen lebenden Minderheiten ausdrücklichen Minderheitenschutz auf gesetzlicher Basis und das Recht, auf eigene Kosten Einrich- tungen wie Schulen etc. zu unterhalten und ihre Sprache zu gebrauchen. Der von Wil- son vorgeschlagene Begriff der „nationalen Minderheiten“ wurde auf Protest Polens gestrichen und ersetzt durch den Satz „Polish nationals who belong to racial, religious or linguistic minorities“. Die Einrichtung einer zentralen, die polnischen Juden reprä- sentierenden Einrichtung Jewish Committee konnte nicht durchgesetzt werden, eben- so wenig die Errichtung eines staatlichen Minderheitenamtes. Dadurch war jegliche Institutionalisierung eines wechselseitigen Interessenausgleichs auf staatlicher Ebene von vornherein unterbunden, ein ganz entscheidender Mangel, der auch auf die übri- gen Nachfolgestaaten zutraf. Die USA konnten noch die Anerkennung des Jiddischen

69 MAZOWER, S. 50. 70 FINK, Minorities Question. 71 Vgl. LOEBER.

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als Unterrichtssprache durchsetzen und die Respektierung des Sabbath-Feiertags. Um Artikel 12 gab es die heftigsten Auseinandersetzungen, denn die jüdischen Repräsen- tanten legten größten Wert darauf, den Minderheiten das Recht zu gewährleisten, auf direktem Weg an den Völkerbund zu appellieren. Polen wie die Tschechoslowakei, Rumänien und Griechenland warnten vor einem Minderheitenkreuzzug zum Völker- bund und betrachteten ein solches Recht als Verletzung ihrer Souveränitätsrechte. Deshalb entschieden die Big Three, der französische Ministerpräsident und Vorsit- zende des Pariser Friedenskongresses Georges Benjamin Clemenceau (1841-1929), der englische Ministerpräsident David Lloyd George (1863-1945) und Woodrow Wil- son, dass nur Staaten als Mitglieder des Völkerbunds das Recht erhielten, an den Rat desselben (besetzt mit ständigen und nichtständigen Mitgliedern) zu appellieren, um auf Rechtsverletzungen oder die Gefahr einer solchen aufmerksam zu machen, und nicht an die demokratischere Generalversammlung. Dadurch wurden Minderheiten- schutz und dessen Gewährleistung wieder von der Zustimmung und Einflussnahme der Großmächte abhängig gemacht, die, wie bereits die Vergangenheit gezeigt hatte, in solchen Angelegenheiten stets sehr zögerlich und zurückhaltend vorgegangen waren. Dieser am 28. Juni 1919 unterzeichnete Minderheitenvertrag mit Polen war das Modell für 13 weitere solche Verträge, darunter auch mit Ungarn. Der Vertrag war eine sehr konservative Lösung: ‒ Er machte deutlich, dass das Recht auf Selbstbestimmung grundsätzlich Staa- ten vorbehalten blieb; ‒ der Vertrag wurde den neu errichteten Staaten ohne deren Zustimmung auf- gezwungen; ‒ Minderheiten mit Ausnahme der jüdischen wurden nicht konsultiert; ‒ die Minderheiten vor Ort blieben den Homogenisierungs- und Assimilie- rungsbestrebungen ihrer Regierungen weiterhin mehr oder weniger hilflos ausgeliefert; ‒ kollektive Rechte (Autonomie) wurden den Minderheiten genauso wenig eingeräumt wie irgendein offizieller (öffentlich-rechtlicher) Status; ‒ die Möglichkeit, sich indirekt, beispielsweise über ihr Homeland, ihren Pa- tronagestaat, sich an den Völkerbund zu wenden, war kompliziert, aufwen- dig, wenig praktikabel und politisch für alle Beteiligten noch dazu gefährlich. Mit der Weigerung der USA, sich dem Völkerbund anzuschließen, verloren die Minderheiten auch den wichtigsten und mächtigsten Fürsprecher in Sachen Gleichbe- rechtigung und Chancengleichheit. Der verhängnisvollste Aspekt des Vertrags war die Begünstigung des Irredentismus, nämlich die Aufwertung des Patronagestaats als Interpellant an den Völkerbund im Fall von Rechtsverletzungen, begangen an seinen Konnationalen in einem Nachbarland. Eines der wichtigsten Motive für diesen sehr weichen Kurs in der Frage des Minderheitenschutzes war das Kalkül der Großmächte, die Regierungen der neuen Staaten so wenig wie möglich zu schwächen und Minder- heiten a priori keine Möglichkeit zu geben, die neue Friedensordnung in Frage zu stellen.

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2.2 Grundzüge grenzüberschreitender Minderheitenpolitik 1919-1939 Wenn wir Nation als politische Institution und nicht als politisches Kollektiv begrei- fen, dann bringen nicht Nationen Nationalismus hervor, sondern politische Akteure unter Berufung auf die von ihnen vertretene Nationsidee. Dann sollte man nicht von ethnischen, sondern von ethnopolitischen Konflikten sprechen. Ein institutionalisti- scher Ansatz zur Erklärung ethnopolitischer Konflikte muss sich nach Roger Bruba- ker72 folgenden Fragen stellen: Wer sind die Akteure in solchen Konflikten? Welche politischen Ausgangslagen und Interessen begünstigen eine Ethnifizierung politischer Konflikte? Solche Ethnifizierungsprozesse finden weder zwangsläufig noch natur- wüchsig statt, sie benötigen politische Träger, deren drei wichtigste der nationalisie- rende Staat, die nationale Minderheit und der konnationale Patronagestaat (das „Mut- terland“) sind. Nationalisierender Staat (nämlich ein Staat, der durch ethnische Homogenisierung sein Nationsprojekt vollenden will), nationale Minderheit und Patronagestaat stehen in einem wechselseitig abhängigen Verhältnis, das durch eine doppelte Asymmetrie gekennzeichnet ist. Letztere bestimmt die Stellung der Minderheit sowohl zur Titu- larnation als auch zum Patronagestaat. Denn die Minderheit ist in der Regel der kleinste und schwächste der drei Akteure. Da die Interessenlage aller drei Akteure verschieden und widersprüchlich sein kann, steht die Minderheit bei einem Konflikt zwischen National- und Patronagestaat immer in Gefahr, zwischen den zwei ungleich größeren „Mühlsteinen“ des fremdnationalen Heimatstaats und des konnationalen Pa- tronagestaats gleichsam zerrieben zu werden. Um diesem Schicksal zu entgehen, orientiert sich die politische Strategie der Minderheit entweder am Heimatstaat oder am Patronagestaat als primärem Bezugspunkt und machtpolitischer Verankerung ih- res ethnopolitischen Handelns. Orientiert sich die politische Strategie am Heimatstaat, an der Titularnation ihres Landes, dann versucht die Minderheit so etwas wie einen Gesellschaftsvertrag mit der politischen Elite desselben auszuhandeln (Beispiel der Kurs Jakob Bleyers in Ungarn bis 1931), der wiederum einen Interessenausgleich, die Erfüllung einiger politischer Ziele der Minderheit z.B. in der Schulfrage und Unter- richtssprache, zum Inhalt hat. Sofern sich die Minderheit in diesem Handlungsrahmen politisch betätigt, geschieht das in enger Anlehnung an die Regierungspartei oder gar unter formaler oder indirekter Beteiligung an der Regierung (so geschehen zeitweise in der Tschechoslowakei oder in Rumänien). Eine politisch erfolgreiche Variante die- ser Orientierung am Heimatstaat ergibt sich dann, wenn die Stärkung einer Minder- heit im politischen Interesse des Heimatstaats liegt. Ein Beispiel dafür war die In- strumentalisierung und partielle Bevorzugung der deutschen Minderheit in Rumänien durch die Regierung, um ein Gegengewicht gegen die als größere Gefahr eingestufte ungarische Minderheit aufzubauen, weil deren Patronagestaat Ungarn mit seiner Re- visionspolitik die 1919 gezogenen Grenzen grundsätzlich in Frage stellte. Im speziel- len Fall war dieser politische Kurs vor allem für die Grenzminderheit der Sathmar-

72 BRUBAKER, Nationalism, S. 21, 55-69.

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deutschen von größerem Nutzen. Vergleichbare Konstellationen gab es auch in Jugo- slawien, z.B. Deutsche versus Magyaren in der Vojvodina. Für die ethnopolitische Strategie einer Minderheit im Zeitraum von 1920 bis 1939 gab es noch eine dritte Möglichkeit ihrer Ausrichtung, nämlich an den 1919/20 ge- schlossenen Minderheitenverträgen und dem Völkerbund, der die Einhaltung dersel- ben garantieren sollte. Diesen Weg zu gehen, wurde vor allem in den 1920er Jahren versucht, doch mit so geringem Erfolg, dass er als Alternativstrategie zu den beiden übrigen zeitlich gesehen bald ausschied. Der wichtigste Grund dafür war ein grundle- gender Mangel, der allen nach 1918 geschlossenen Minderheitenschutzverträgen ge- meinsam war und der sich aus folgender Überlegung ergibt: Die Gewährleistung von Minderheitenrechten und deren Anwendung in der Praxis ist ganz eng an die Einfüh- rung eines institutionellen Handlungsrahmens gebunden, nämlich an gesetzlich ver- ankerte und wenn möglich demokratisch legitimierte Gremien der Selbstverwaltung, des Interessenausgleichs und der Rechtsprechung. Fehlen solche Institutionen, dann kann Minderheitenschutz nicht in die politische Praxis, auf dem Weg von Verhand- lungen und Konsenssuche, umgesetzt werden. Dazu ein Beispiel: Als der Minderhei- tenschutzvertrag für Polen im Frühjahr 1919 ausgehandelt wurde (der ja für alle zeit- lich nachfolgenden als Modell diente), lag von jüdischer Seite der Vorschlag vor, ei- nen institutionellen Ansprechpartner seitens des Staates in Form eines Amtes oder gar Ministeriums einzurichten sowie eine Landesselbstverwaltung der jüdischen Minder- heit Polens. Der Vorschlag wurde abgelehnt, weil er als Gefährdung der Integrität des neuen polnischen Staates betrachtet wurde. Im Gegensatz zu Altösterreich, in dem bis 1914 Gerichte bei der Lösung ethnischer Konflikte eine durchaus wichtige und posi- tive Funktion erfüllten, gab es in den 1918/19 geschaffenen Nationalstaaten Ostmit- teleuropas so gut wie keine Möglichkeit, innerstaatlich eine Verletzung von Minder- heitenrechten einzuklagen. Ein zweiter Mangel, ja sogar ein markanter politischer Fehler der Minderheitenschutzverträge war es, die dem konnationalen Patronagestaat übertragene Funktion, im Fall von Rechtsverletzungen als Vermittler und damit als Schutzmacht beim Völkerbund aufzutreten. Was führende Mitglieder des Völkerbunds unter Minderheitenschutz verstanden, enthüllte der britische Delegierte Sir Austen Chamberlain 1929, der als Ziel des Min- derheitenschutzes klarstellte, „den Minderheiten jenen Grad des Schutzes und der Ge- rechtigkeit zu sichern, der sie allmählich in die Lage bringen wird, in der nationalen Gemeinschaft aufzugehen, der sie angehören“, was wiederum ironisch fragen ließ, ob Chamberlain eine Art Assimilationstheorie verkünden wolle, worauf Chamberlain sich selbst etwas korrigierend antwortete, Aufgabe der Minder- heitenschutzverträge sei es, „den Minderheiten eine solche Stellung zu geben, dass sie loyale Mitglieder der Nationen sein können, denen sie angehören“.73 Das enthielt somit immerhin die Verpflichtung der Mehrheitsstaaten, den Minder- heiten wenigstens jenen Minimalstandard rechtlicher Entfaltung zu gewähren, der es ihnen ermöglichte, wesentliche Elemente ihrer Eigenart, Sprache, Kultur und Reli- gion, zu pflegen.

73 LUCHTERHAND, S. 35.

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Die beiden nunmehr verbliebenen Orientierungen minderheitenpolitischer Strate- gien am Patronagestaat oder Heimatstaat hatten eines gemeinsam, nämlich den in- strumentellen Charakter ihrer Volkstums- oder Patronagepolitik bzw. Nationalitäten- politik, der sich aus der politischen Zielsetzung beider Akteure ergab. Beide Akteure nutzten die Minderheit als Ressource für ihre Politik. Für den Heimatstaat ging es darum, den Prozess der nationalen Homogenisierung und Mobilisierung in den wich- tigsten Bereichen des öffentlichen Lebens voranzutreiben und zu vertiefen (in Ver- waltung, Wirtschaft, Kultur und Medien). Minderheiten wurden als Objekte einer vom Staat und seiner politischen Elite betriebenen Politik begriffen, die darauf ange- legt war, die Minderheit selbst nach Möglichkeit zu minimieren, zu marginalisieren oder zu assimilieren. Ein Mittel dazu war, die Minderheit als Ressource für den Na- tionalstaat auszubeuten. Ein drastisches Beispiel kennen wir aus Rumänien, wo die Regierung das Vermögen der Genossenschaften wie der Kirchen der ungarischen und deutschen Minderheit auf einer Skala von 70 Prozent bis beinahe 100 Prozent enteig- nete.74 Dadurch konnte das Nationalitätenschulsystem, das von den Kirchen getragen wurde, nur mehr durch eine Sondersteuer der Nationalitätenangehörigen aufrechter- halten werden. Für den Patronagestaat wiederum ging es darum, seine konnationale Minderheit als Hilfstruppe seiner auf Grenzrevision und Machtexpansion angelegten Politik zu instrumentalisieren. Das lief für beide Akteure darauf hinaus, Minderheit generell als Ressource auszubeuten, mit dem ihnen gemeinsamen Ziel, die eigene Macht zu stär- ken und terrritorial entweder nach innen oder nach außen, im zweiten Fall grenzüber- schreitend, auszuweiten. Für beide Akteure spielte Minderheitenschutz daher nur eine sekundäre Rolle. Für den Patronagestaat ging es um die Bewahrung seines externen Machtfaktors „konnationale Minderheit“, für den Heimatstaat war die Minderheit wiederum ein bargaining chip in den bilateralen Beziehungen mit dem Patronage- staat, eine politische Ressource, die man dafür einsetzen konnte, um politische Ziele gegenüber dem Patronagestaat durchzusetzen, wie zum Beispiel die ungarische Revi- sionspolitik im Bündnis mit dem Dritten Reich. Beide Akteure behandelten die glei- che Minderheit als Objekt ihrer jeweiligen Politik, was – zumindest tendenziell – auf ihre politische Entmündigung hinauslief. Wenn sich beide Akteure genau in diesem Punkt verständigten, wie das anhand des Volksgruppenabkommens des Dritten Rei- ches mit Ungarn und Rumänien im August 1940 geschehen ist, dann verschaffte nur mehr die Konkurrenz der Gleichschaltungsmechanismen des Patronagestaats und der Titularnation der betroffenen Minderheit einen wenn auch sehr beschränkten Frei- raum. Welche Chancen und Möglichkeiten besaß nun die Minderheit in den beiden Handlungsrahmen als Subjekt, als Akteur aufzutreten und sich zu behaupten? Wie be- reits angedeutet, waren diese Chancen sehr begrenzt. Auf einige wichtige Ausgangs- bedingungen ethnopolitischer Aktivität soll in diesem Zusammenhang hingewiesen werden.

74 DIÓSZEGI, Romániai magyarság, S. 11-48.

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Zunächst waren die deutschen Minderheiten in allen Ländern Ostmitteleuropas al- les andere als homogen, d.h. unterschiedlich in ihrer sozialen Struktur, dies häufig auch innerhalb eines Landes, unterschiedlich in ihrer politischen Repräsentanz, in ih- rer Geschichte und Erinnerungskultur, in ihren Beziehungen zum Patronagestaat Deutschland etc. Es gab deutsche Gruppen, die durch Migration ansässig geworden waren und auf eine Epochen übergreifende Kontinuität ihrer Geschichte zurückbli- cken konnten. Es gab jedoch auch Gruppen, die durch die Verschiebung der Grenzen einen erheblichen Statusverlust erlitten hatten und von heute auf morgen den schock- artigen Wechsel von einer dominant group zu einer von Repression bedrohten Min- derheit verkraften mussten. Sozial völlig unterschiedliche, bereits verbürgerlichte oder noch immer rein agrarische Schichten waren plötzlich aufeinander angewiesen, eine Plattform gemeinsamen ethnopolitischen Handelns zu finden und sich auf eine gemeinsame Repräsentanz gegenüber dem Staatsapparat des Heimat- wie des Patro- nagestaats zu einigen. In der Regel bestand ihre politische Elite, sofern man überhaupt von einer solchen sprechen kann, aus wenigen Protagonisten meist bürgerlicher Her- kunft wie Akademikern, Rechtsanwälten, Wirtschaftsunternehmern oder auch Kleri- kern. Dadurch fühlten sich im Einzelfall größere soziale Schichten wie Bauern, Ar- beiter und Angestellte mit ihren spezifischen Interessen in den Führungsgremien ihrer Minderheit überhaupt nicht oder nur mangelhaft vertreten. Damit stellte sich das Problem der Legitimität der Minderheitenrepräsentanz.75 Diese Frage hing wiederum eng zusammen mit Problemen der Kommunikation und Mobilisierbarkeit der genann- ten sozialen Schichten, deren unpolitische, pränationale Einstellung beispielsweise durch eine gemeinsame Sprache zunächst einmal überwunden werden musste. Hier ist die zunehmende Bedeutung der Medien, vor allem von Zeitungen, Kalendern und Zeitschriften, anzumerken, ein wichtiges Segment der eingangs angesprochenen Res- sourcen. Außerdem ist an dieser Stelle ein katalysatorischer Wirkungszusammenhang her- vorzuheben: Je nationalistischer die Titularnation und damit die Mehrheitsgesellschaft sich verhielt, desto mehr erhöhte sich der Druck auf die Subgesellschaft der Minder- heit, sich parallel dazu zu ethnisieren, was nicht zuletzt bedeutete, Probleme der eige- nen Existenz, des eigenen Alltags ethnisch umzudeuten und nach Verhaltensmustern der wechselseitigen Abgrenzung zu lösen. Das politische Programm der Minderhei- tenakteure war in der ersten Phase der unmittelbaren Nachkriegszeit nach 1918 auf Wahrung und Verteidigung des Besitzstands ausgerichtet, gegen Übergriffe und Ent- eignungsmaßnahmen der Titularnationen durch Bodenreform, Verstaatlichung oder nationalisierende Gleichschaltung von Schulen, Banken, Genossenschaften, Wirt- schaftsbetrieben, Medien etc. Nachdem man in puncto Wahrung des Besitzstands we- nig oder überhaupt nicht erfolgreich war, setzte ein Prozess schleichender Radikali- sierung politischer Programmatik ein bis hin zu einem Strategiewechsel, der zeitlich im Allgemeinen mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre in Zusammenhang zu bringen ist. In Zeiten zunehmender Ressourcenknappheit steht zumeist eine Um- oder Neuorientierung politischer Strategien wie auch damit ver-

75 Siehe dazu SEEWANN, Divided Loyalties.

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bundener Identitätsdiskurse an. Die Identitätsdiskurse wurden nunmehr immer stärker von der sehr amorphen Idee der Volksgemeinschaft dominiert. Unterstützt wurde die- ser Prozess von einem Generationswechsel innerhalb der Führungsschicht der deut- schen Minderheiten. Die bislang tonangebenden Honoratioren, die ihre politisch- liberale Sozialisation noch in der Periode vor 1918 erfuhren, wurden von einer Jung- akademikerschicht abgelöst, die bereits völkisch indoktriniert war, weil ihre politische Sozialisation nach 1918 vor allem im Rahmen von Studienaufenthalten im „Reich“ erfolgte. Inwieweit veränderte die Volksgemeinschafts-Programmatik die Selbst- und Fremdwahrnehmung deutscher Minderheiten in Ostmitteleuropa? Einer der Väter des politischen Antisemitismus und der völkischen Bewegung in Deutschland, Paul An- ton de Lagarde, definierte bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Deutsch- land als „die Gesamtheit aller deutsch empfindenden, deutsch denkenden, deutsch wollenden Deutschen“, deren Siedlungsgrenzen er durch planmäßige Kolonisations- arbeit bis an das Schwarze Meer ausdehnen wollte.76 Bereits in diesem Zitat sind zwei zentrale Elemente völkischen Denkens auszumachen: die Expansion und der totalitäre Anspruch auf die organisatorische Erfassung und Bündelung „aller“ Deutschen. Einer solchen imaginären, vorgestellten Großgruppe anzugehören, stellte den Zugang zu neuen Ressourcen und die Institutionalisierung einer Solidargemeinschaft in Aussicht, die nach einem Wort Jakob Bleyers aus dem Jahre 1932 imstande sein sollte, in Ge- stalt des „Deutschen Reiches und des Deutschtums der Welt die einzelnen deutschen Volksgruppen zu retten“. Die hiermit vollzogene Aufwertung des Deutschen Reiches als Patronagestaat führte zu einer folgenschweren Neuorientierung ethnopolitischer Strategien unter Intensivierung der bereits von Gustav Stresemann institutionalisierten Volkstumspolitik. Natürlich gab es hier eine Reihe fließender, regional unterschied- lich verlaufender Übergänge, bis sich die Repräsentanz deutscher Minderheiten als Volksgruppe und Vollstreckungsorgan deutscher Volksgemeinschaft im eigenen Land begriff. Wichtig ist: Wie durch einen Zauberstab ließen sich mit der Volksgemein- schaft gleich mehrere Konflikte scheinbar lösen: die durch die Weltwirtschaftskrise erhöhten sozialen Spannungen zwischen den einzelnen Gesellschaftsschichten, das Legitimitätsproblem der Minderheitenführungsschicht, die ihre Führungsfunktion nunmehr unter Berufung auf die zu vollendende Volksgemeinschaft als Souverän le- gitimieren konnte, ferner die ethnopolitische Mobilisierung aller Deutschen und schließlich die Inanspruchnahme der politischen wie auch finanziellen Ressourcen des Patronagestaats bis hin zur Gleichschaltung der vermeintlich eigenen mit der Ex- pansionsstrategie des Patronagestaats. Die Zugehörigkeit zur vorgestellten Großgruppe „deutsche Volksgemeinschaft“ warf jedoch vor allem in der Fremdwahrnehmung derselben ein neues Problem auf, nämlich das der Loyalität. Denn die Titularnation sah durch die Zugehörigkeit der Minderheit zur Großgrup- pe „aller Deutschen“ und dessen Machtzentrum Deutschland deren Loyalität zu ihrem Staat, zum Heimatstaat, in Frage gestellt. Zunächst: Was ist unter Loyalität zu verste-

76 LAGARDE, S. 186.

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hen: in einer partnerschaftlichen Beziehung ein Verhältnis wechselseitiger Treue, das Vertrauen schafft; in einer hierarchisch strukturierten Beziehung der Gehorsam, den der Untergeordnete, der Untertan, seinem Gemeinwesen, seinem Staat schuldet. Ingo Eser hat am Beispiel Polen darauf hingewiesen, dass den Staaten der Zwischenkriegs- zeit „zivilgesellschaftliches Denken“ fremd war, weshalb in dieser Periode unter Loyalität primär Gehorsam zu verstehen ist.77 Die mit der Volksgemeinschaft diskursiv eingeführte doppelte Loyalität, nämlich gegenüber der Gemeinschaft aller Deutschen und ihrem Patronagestaat Deutsches Reich und parallel dazu gegenüber dem Gemeinwesen, dem Staat, in dem man be- heimatet war, widersprach diametral der Staatsdoktrin der nach 1918 neu geschaffe- nen Nationalstaaten. Diese Doktrin des ethnisch homogenen und unitarisch verfassten Nationalstaats hat auf jede Minderheiten einen starken Loyalitätsdruck dahingehend ausgeübt, auf eine eigene Gruppenidentität und -organisation zu verzichten oder eine solche nur sehr eingeschränkt und restriktiv zu dulden. Hier wurde die vertikale Loya- litätsbeziehung des Staatsbürgers (Untertans) gegenüber seinem Staat ganz bewusst zu dem Zweck eingesetzt, eine horizontale Loyalitätsbeziehung innerhalb der Gruppe, eine Binnenloyalität, zu unterbinden. Unter dem Eindruck der mobilisierenden Wir- kung der deutsch-völkischen Identität mit ihrer immer ausschließlicheren Orientie- rung am Patronagestaat suchte die politische Elite mancher Länder, wie z.B. in Un- garn, die Protagonisten dieser Identität mit dem Vorwurf ihrer Illoyalität zu diszipli- nieren und, nachdem dies erfolglos geblieben war, gesellschaftlich auszugrenzen und zu kriminalisieren. Die Berufung auf Loyalität wurde nunmehr von beiden Seiten, von Minderheit wie Staatsapparat, als Instrument der Disziplinierung eingesetzt, als Appell an die traditionelle Staatstreue beispielsweise der „ungarischen Schwaben“ oder als Appell an die Treue zur eigenen Gruppe, zur Volksgemeinschaft und zu ih- rem unbestrittenen Führer Adolf Hitler. Die Folge war ein allmählicher Erosionspro- zess der vertikalen, staatsbürgerlichen Loyalität, die zunehmend von der horizontalen Gruppenloyalität verdrängt wurde. Überschattet wurden solche Loyalitätskonflikte in der Zwischenkriegszeit häufig vom tatsächlichen oder vermeintlichen Revisionismus der Titularnationen.78 Diese Konflikte hatten mit Grenzfragen zu tun und waren von mehr oder weniger schweren militärischen Auseinandersetzungen unmittelbar nach Kriegsende begleitet. Außer- dem galt für die meisten Konfliktzonen nach dem Ersten Weltkrieg das internationale Minderheitenrecht unter Patronanz des Völkerbunds. In vielen Konfliktzonen spielte nicht nur der sprachliche, sondern auch der konfessionelle und gesamtkulturelle Ge- gensatz eine wesentliche Rolle. Entscheidend wurden in den meisten Konfliktzonen allerdings die gesellschaftlichen Konfliktlagen, die Differenzen in der Sozialstruktur, vor allem die Abgrenzungen in mentaler Hinsicht. Deutschland, Ungarn und – bis 1934 außerhalb des Völkerbunds – die Sowjetunion waren als Verlierer des Ersten Weltkriegs die revisionistischen Mächte par excellence, und auch Italien hatte trotz einigen Gebietszuwachses (mit beachtlichen nationalen Minderheiten) durchaus Am-

77 ESER, „Loyalität“, S. 19. 78 ÁDÁM, S. 225-262.

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bitionen im südadriatischen Raum. Die Nichtanerkennung von Grenzen verstärkte die Bedrohungsangst bei den Angehörigen der Staatsnationen, die sich negativ auf das Verhältnis zur Minderheit auswirkte. Irredentavorwurf und Unterdrückungsanklage waren die beiden propagandistischen Seiten desselben Problems. Die an den Völkerbund gerichteten Minderheitenbeschwerden wurden durch Deutschland und Ungarn von Anfang an als Instrument der Außenpolitik benutzt. Ihre Existenz machte die Grenzminderheiten als Instrument der Außenpolitik zur Irreden- ta, solange die territoriale Revision das primäre Ziel war. „Trianon“ wurde von der ungarischen Gesellschaft ähnlich als Trauma erfahren, wie „Versailles“ von den Deutschen, deshalb schien es innen- wie außenpolitisch keine Alternative zur unbe- dingten Revisionsforderung zu geben. Minderheiten- und Grenzpropaganda sollten das gesamte „System von Versailles“ – und damit auch den Völkerbund – desavouie- ren. Die eine Schutzpflicht für die Minderheiten vorgebende Auslandspropaganda der Patronagestaaten wirkte sich destruktiv auf die Lage der betroffenen Minderheiten in ihren Heimatstaaten aus. Nicht nur die eigene Volksgruppe wurde benutzt, um den als gegnerisch verstan- denen Staat nach Möglichkeit zu schwächen. Die bilateralen Einigungsbemühungen der 1930er Jahre führten bestenfalls zu geringfügigen Verbesserungen, während die Volksgruppenkonzeption die Konfliktlage gleichzeitig verschärfte; boten Konflikte doch genug Begründungen zur Intervention des Patronagestaats für seine Konnationalen.

2.3 Minderheitenpolitik als Problem der Titularnationen Fragen wir nach den Ursachen von innerstaatlichen Minderheitenkonflikten, dann sind aus dem Kontext ihrer Entstehung im Rahmen homogenisierender Nationalstaa- ten Probleme der Minderheit ursprünglich Probleme der Mehrheit. Denn wenn die Mehrheit der Überzeugung ist, dass der von ihr geschaffene Staat nur der Staat ihres Volkes sein soll, dann ist der Konflikt mit allen aufgrund ihrer Merkmale abweichen- den Gruppen vorprogrammiert. In einem solchen Staat sind solche Minderheiten da- her unerwünscht, Bürger zweiter Klasse und Objekt ständiger Versuche, sie durch Assimilation, Vertreibung oder Ethnozid aus der Welt zu schaffen. Die meist ent- scheidende Frage, die der inhaltlichen Ausprägung staatlicher Minderheitenpolitik vorausgeht, ist die, wie sich der betreffende Staat selbst definiert. Ein solches, in der Regel auf einem Konsens mit der Mehrheitsgesellschaft beruhendes Selbstverständnis des Staates setzt die Prioritäten seiner politischen Strategie gegenüber den in ihm le- benden Minderheiten und macht die Frage nach der rechtlichen Normierung bzw. Ga- rantie von Minderheitenschutz zu einem letztlich davon abhängigen Problem. „Der Umgang mit den Minderheiten ist ein Indikator für den Grad der inneren Konsolidierung und der Integration des jeweiligen Staates.“79 Die Ausgangslage war in den einzelnen „neuen Staaten“ sehr unterschiedlich: In Rumänien und Polen muss- ten sich unterschiedlich strukturierte nationale Teilgesellschaften verschiedener Re-

79 Vgl. KESSLER, Integration, S. 177. An diese Studie lehnt sich der vorliegende Abschnitt weitgehend an.

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gionen in eine Nationalgesellschaft integrieren.80 Die damit verbundenen Prozesse werden als „Nation-building im Nationalstaat“ oder als Nationalisierung gekennzeich- net. Dabei entstanden, verstärkt noch durch die ökonomischen Probleme nach der Staatseinigung, erhebliche Differenzen innerhalb der jeweiligen „Staatsnation“, die sich in der ungleichmäßigen Repräsentanz der Eliten der Teilgebiete in Staatsverwal- tung und Politik und in ausgeprägten Regionalismen in den entwickelteren Gebieten wie Siebenbürgen manifestierten, die aber auch die Abgrenzung von Andersnationa- len forcierten und so eher zur sozialen Dissimilation als zur politischen Assimilation beitrugen. In der Tschechoslowakei und im „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“ war es jeweils eine Titularnation aus den in einer „synthetischen Nation“ programma- tisch vereinten Teilnationen, die sich durchsetzte: die Tschechen gegen die Slowaken, die Serben gegen Kroaten, Slowenen und Montenegriner, wobei die Durchsetzung des Herrschaftsanspruchs von einem spezifischen Integrationsprozess begleitet wurde. In der Phase der Staatsbildung und der damit verbundenen Stabilisierungsbestre- bungen wurden Minderheiten von ihren Wohnstaaten gefördert, solange sie, wie die Deutschen in der Vojvodina, in den Grenzauseinandersetzungen das Gewicht der Ge- genseite (hier der Magyaren) mindern konnten. Ähnliches galt auch für das an Rumä- nien angeschlossene Siebenbürgen. Ansonsten wurden sie, insbesondere als Grenz- minderheiten, als Hindernis bei der Verwirklichung des Nationalisierungsprogramms betrachtet und dementsprechend ungleich und diskriminierend behandelt. Die Aufnahme der Pariser Minderheitenschutzverträge in die jeweiligen Staatsver- fassungen und die Implementierung der Minderheitenrechte in Rechtssprechung, Administration und im öffentlichen Leben wurde nur rein formal praktiziert. In der Innenpolitik wurden Minderheiten jedoch nur in Ausnahmefällen rechtlich diskrimi- niert, in der Verwaltungspraxis jedoch legte man häufig Gesetze und Verordnungen gegen sie aus. Stereotypen und negativ aufgeladene Images der (zum Teil neuen) Nachbarländer wurden in populären, aber auch wissenschaftlichen Geschichtsdarstel- lungen und Schulbüchern weit verbreitet. Die Strategien der Staatsnationen zur Ausgrenzung vor allem der früher herr- schenden Nationen wie der Magyaren, Russen oder Türken/Muslime, aber auch statis- tisch großer Gruppen wie der Ukrainer in Polen gleichen sich: Schulpolitik, Ausgren- zung aus dem öffentlichen Dienst (z.B. durch Sprachprüfungen), wirtschaftliche Dis- kriminierung durch Bodenreformen oder gezielte Ansiedlungspolitik, z.B. von Serben in der Vojvodina oder von Rumänen in Siebenbürgen, oder Benachteiligung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, Einschränkung des Rechts auf freien Sprachgebrauch in der öffentlichen Verwaltung und den Schulunterricht in der Muttersprache, Organi- sationsverbote und Benachteiligung national organisierter Kirchen. Konnte man Min- derheiten abspalten wie die Szekler oder die Tschangos von den Magyaren in Rumä- nien oder teilen wie Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben innerhalb der in „Groß-Rumänien“ neuen Gemeinschaft der Rumäniendeutschen, so ließ dies kaum eine Regierung unversucht. Die Regermanisierung der weitgehend magyarisierten

80 Eine beispielhafte Analyse solcher Prozesse bietet HAUSLEITNER.

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Sathmardeutschen passte deshalb ins antiungarische Kalkül der Bukarester Regie- rung. Sprachlich verwandte Minderheiten sollten nach der Meinung nationalistischer Politiker kulturell assimiliert werden, Grenzminderheiten aus geopolitischen Konflikt- zonen verdrängt und reduziert werden, wobei betroffene „Mutterstaaten“ wie Deutschland und Ungarn durch Zuzugsverbot solche Abwanderungsprozesse zu ver- hindern suchten, was nur in Ausnahmefällen gelang. Ein besonderes Problem stellt in diesem Zusammenhang der Antisemitismus dar, der in den 1930er Jahren allgemein zunahm. Erst in dieser Zeit kam es nach dem Zusammenbruch des Minderheiten- schutzsystems des Völkerbunds zu eindeutig rechtlich diskriminierenden Maßnahmen wie den Grenzzonengesetzen in Polen oder ähnlich wirksamen Maßnahmen in Jugo- slawien, die Angehörigen nationaler Minderheiten die Ansiedlung in Grenznähe zum Mutterland verboten. Innerstaatliche politische Verbindungen von Minderheitengruppen blieben wie in Polen 1922 oder in Estland 1929 oder in Rumänien in den 1920er Jahren zwischen Magyaren und Deutschen reine Wahlbündnisse, die helfen sollten, Sperrklauseln zu überwinden. In keinem Staat allerdings konnten die Minderheiten eine Sperrminorität in den Parlamenten erreichen. Wo keine außenpolitischen Hindernisse entgegenstan- den, verbanden sich deutsche Minderheiten mit den Regierungsparteien, so in Rumä- nien, in Jugoslawien und in der Tschechoslowakei. Transnational schlossen sich die Minderheiten im Europäischen Nationalitätenkongress, national beispielsweise im Verband der deutschen Volksgruppen in Europa zusammen. Ansätze zur Verwirklichung von nationaler Autonomie wurden eigentlich nur in Estland realisiert, wo die geschlossen siedelnde schwedische und russische Minder- heit eigenständige lokale Selbstverwaltungen einrichten konnten, während die jüdi- sche und die deutsche Minderheit die gesetzliche Möglichkeit nutzten, sich durch den freiwilligen Eintrag in Nationalkataster als Personalverbände eine Personalautonomie zu konstituieren, die seit 1926 Selbstverwaltungsorgane besaßen. Die autoritären Regime, die seit der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre mit Aus- nahme der Tschechoslowakei in allen betroffenen Ländern die demokratischen Regie- rungen ablösten, verbesserten in der Regel die Lage der Minderheiten nicht. Die Weltwirtschaftskrise verstärkte die „Homogenisierungsbestrebungen“ der National- staaten, was zu einer Radikalisierung im Verhältnis Staatsnation–Minderheit führte und letztendlich auch zur Dissimilation, wie sie unter anderem in der NS-Volksgrup- penideologie und der daraus folgenden Politik ihren Ausdruck fand. Auch andere Minderheiten hatten sich nicht nur innerlich schon länger von dem Staat, dessen Staatsbürger sie waren, getrennt (beispielsweise die Ukrainer von Polen). Die innere Radikalisierung, Folge von Ausgrenzung und Marginalisierung, fand im täglichen Leben häufiger in wachsender „erschreckender Fremdheit“ und entsprechenden Feindbildern und Stereotypen ihren Ausdruck. Typisch für die Minderheitensituation waren die wachsende soziale Disparität, die Zurückdrängung des bürgerlichen Mittelstands und die Auswanderung der Intelli- genz. Die kulturellen Einrichtungen der deutschen Minderheiten konnten vielfach nur durch Subventionen aus dem „Reich“ überleben, was sich als verhängnisvolle Ab- hängigkeit vor allem nach der Regierungsübernahme durch die Nationalsozialisten in

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Deutschland 1933 entpuppte. Wirtschaftlicher Niedergang wurde auch dort, wo er strukturell bedingt war, als Folge der Minderheitensituation erklärt. „Volkstumswech- sel“ war aus der Perspektive der Minderheit wie der Mehrheit eigentlich undenkbar, auch wenn nationale Mischehen insbesondere bei Konfessionsgleichheit nicht ausge- schlossen werden konnten. Gegen ethnische Indifferenz (Unentschiedenheit im ethni- schen Bekenntnis) wurde sowohl seitens der Titularnationen als auch davon betroffe- ner Minderheiten vorgegangen, wobei die 1938/39 gebildeten deutschen Volksgrup- penorganisationen das Recht beanspruchten, über die Köpfe der Betroffenen hinweg zu entscheiden, wer als Deutscher zu gelten und entsprechende Verpflichtungen zu übernehmen hatte oder nicht. In Rumänien, Polen und Jugoslawien waren Gruppen unterschiedlicher histori- scher und gesellschaftlicher Entwicklung in einem neuen Staat genötigt, sich in eine gemeinsame Minderheitenorganisation zu integrieren: so die bis 1920 zur dominanten Nation gehörenden Deutschen in Westpolen mit den einen sozialen Minderheitensta- tus beibehaltenden Galiziendeutschen oder die Siebenbürger Sachsen mit den Banater Schwaben und mit den Bukowinadeutschen, ferner die Sloweniendeutschen mit den „Schwaben“ in Slawonien-Syrmien und in der Vojvodina. Bezeichnungen wie „Ru- mäniendeutsche“, „Jugoslawiendeutsche“ oder „Deutsche in Polen“ kennzeichneten die neuen politischen Zusammenhänge. Innerhalb solcher Minderheiten gab es daher spezifische Integrationsprozesse, die sich mit der Idee der „Volksgemeinschaft“ ideo- logisch legitimieren ließen. Aus dieser ging bei den deutschen Minderheiten nach 1933 die autoritäre „Volksgruppe“ hervor, doch war die Spaltung in eher deutschna- tional bis völkisch konservative „Alte“ und dem Nationalsozialismus blind folgende Parteigänger der „radikalen Erneuerung“ nicht nur die Folge des wirtschaftlichen Niedergangs der deutschen Minderheiten und ihrer Marginalisierung seitens der Titu- larnationen, sondern auch Ausdruck eines – auch bei den Staatsnationen zu beobach- tenden – Generationenkonflikts. Schließlich kennzeichnete sie auch die zunehmende Perspektivlosigkeit für eine Existenz außerhalb des ländlich-bäuerlichen Milieus. Zwar galt für die deutschen Minderheiten, „selbstverständlich staatstreu“ zu bleiben, doch wurde diese Form traditioneller Loyalität durch den Primat des Völkischen ent- wertet. Die staatenübergreifend konzipierte „Volksgemeinschaft“ trug hier den Sieg davon. Das idealtypisch in den Minderheitenschutzverträgen zumindest ansatzweise ins Visier genommene supranationale Staatsvolk, bestehend aus majorité und minori- té, blieb eine Illusion.

2.4 Versuche der Konfliktlösung Das „Selbstbestimmungsrecht der Nationen“ wurde nach 1918 exklusiv verstanden und praktiziert. Der Zielkonflikt zwischen politischer Assimilation (Integration als Staatsbürger) und Bewahrung der Minderheit als Volksgruppe, als Teil einer auswär- tigen Staatsnation im andersnationalen Staat, ließ sich im nationalistischen Denken nicht lösen. Einen vielversprechenden Lösungsansatz schlug der tschechische Philo- soph und Journalist Emanuel Rádl (1873-1942) in seinem 1928 erschienenen Buch „Der Krieg der Tschechen mit den Deutschen“ vor:

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„In der Theorie nimmt sich der Gedanke, dass der Staat der Gipfel- und Sammelpunkt der kulturellen Bestrebungen seiner Bewohner sein soll, sehr schön aus, aber in der Praxis führt er zur Vergewaltigung der Nationalitäten. Es ist notwendig, die Trennung des Nationalen vom Staat durchzuführen, so wie man die Trennung der Kirche vom Staat fordert. […] Die Frage liegt nahe: Wenn es zweckmäßig ist, Tschechen und Slowaken zu einer politischen Nation zu vereinigen, warum dann nicht konsequent sein und die gesamte Bevölkerung der Tschechoslowakei zu einer politischen Nation einigen?“81 Rádl plädierte hier für die Ausbildung eines politischen, die Gesamtheit aller Staatsbürger umfassenden Nationsbegriffs, so wie er ihn in der Schweiz, in Kanada, Belgien und Australien verwirklicht sah. Auf dem Europäischen Nationalitätenkongress, der von 1925 bis 1938 unter dem Schutz des Völkerbunds alljährlich einmal tagte, standen genau solche Fragen im Brennpunkt der Debatten.82 War es für die in den neuen „Nationalstaaten“ lebenden Minderheiten möglich, als Teil einer anderen Nation, eines konnationalen Homeland, den neuen Staaten genügend politische Loyalität entgegenzubringen, sie als „ihre“ Staaten zu akzeptieren trotz aller Ausgrenzungen, Unterdrückungs- und Verfolgungs- maßnahmen, die sie von diesen Staaten erdulden mussten? Die Doppelstellung der Minderheit „zwischen dem Mehrheitsvolk und dem Stammvolk“, wie das ein rumä- niendeutscher Sprecher 1928 formulierte, die keineswegs als Mittlerstelle (Brücke) interpretiert wurde, wie das in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vielfach Mode geworden ist, diese Doppelstellung glaubte man durch eine Entpolitisierung des eth- nischen Bereichs einerseits und durch eine „Entnationalisierung“ der staatlichen Ord- nung andererseits, durch eine Trennung von Staat und Nation überwinden zu können. Einen diesbezüglichen Lösungsvorschlag stellte der baltendeutsche Politiker Paul Schiemann (1876-1944) 1928 vor. Er wies darauf hin, dass der übersteigerte Natio- nalstaatsgedanke als ultima ratio zur Assimilierung oder alternativ zur gewaltsamen Vertreibung der jeweils ethnisch unterschiedlichen Bevölkerung führen müsse. Den einzigen positiven Ausweg aus diesem zwangsläufigen Entweder–Oder von Assimila- tion oder Umsiedlung sah Schiemann in der Trennung von national-kulturellen und staatlich-politischen Angelegenheiten, in dem zu respektierenden Nebeneinander von Volksgemeinschaft und Staatsgemeinschaft, ein Gedankengang, der dem von Eötvös siebzig Jahre zuvor vertretenen Konzept des ethnisch neutralen Staates gleicht. Erst auf der Basis einer solchen Trennung könnten die Voraussetzungen für eine loyale Zusammenarbeit ethnisch unterschiedlicher Staatsbürger am gemeinsamen Staat ge- schaffen werden. Das Volk, d.h. Mehrheitsvolk und Volksgruppen, sollten allein über alle Angelegenheiten, die mit Kultur zusammenhängen, entscheiden, ohne Mitwir- kung des Staates. 83 Die wechselseitige Vereinbarkeit dieser Forderung hat der Siebenbürger Sachse Hans Otto Roth (1890-1953) auf dem Europäischen Nationalitätenkongress 1932

81 EMANUEL RÁDL: Válka Čechů s Nĕmci [Der Krieg der Tschechen mit den Deutschen], Praha 1928, hier zit. nach VIEFHAUS, S. 164. 82 Vgl. BAMBERGER-STEMMANN; MICHAELSEN. 83 SCHIEMANN; HIDEN, Defender; GARLEFF.

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noch einmal unterstrichen, als er ausführte: „Es gibt heute ein Recht des Menschen auf sein Volk, […] aber es gibt auch die absolute Verpflichtung zu den Ordnungsre- geln des Staates.“84 Wie Minderheiten sich dem Machtdreieck Patronagestaat, Titularnation und Min- derheit fern halten und auch in konnationalen Zusammenschlüssen wie etwa dem 1922 gegründeten „Verband deutscher Volksgruppen in Europa“ keinerlei politisch akzentuierte Panbewegung anstreben sollten, darauf wies der Repräsentant des litaui- schen Judentums, Jakob Robinson (1889-1977), auf dem Kongress 1928 hin: „Das, was wir heute anerkennen, was wir an überstaatlicher Kulturgemeinschaft anstreben, hat mit der machtpolitischen Zielsetzung der einzelnen Staaten nichts gemeinsam. Wir wollen unsere Bestrebungen nicht mit den machtpolitischen Zielen unserer kon- nationalen Staaten identifizieren. Das ist ihre Sache und geht uns nichts an. Die Tren- nung von Kultur und Politik, diese wollen wir nicht nur draußen, sondern auch drin- nen, in unseren eigenen Organisationen.“85

2.5 Der Völkerbund und seine Aufgaben War es der Friedenskonferenz von 1919 nicht gelungen, eine stabile europäische Frie- densordnung zu etablieren, so war der Völkerbund als Weltorganisation ebenso wenig in der Lage, mit den hoch komplizierten Angelegenheiten der staatlich wie ethnisch ganz unterschiedlichen Großregion Europa zurechtzukommen. Gerade die neuen Staaten waren auf ihr nationalstaatliches Programm fixiert, und dieses wurde durch die Revisionspolitik der im Weltkrieg unterlegenen Staaten noch radikalisiert. Min- derheitenschutz schränkte nach Meinung dieser neuen Nationalstaaten die eigene Souveränität ein und diente zugleich den revisionistischen Homelands als Mittel zur langfristig angestrebten Revision, nicht aber zur Verbesserung der Lage der konnatio- nalen Bevölkerung im Nachbarstaat. War das Staatensystem des 19. Jahrhunderts letztlich am fehlenden Ausgleich zwischen Einzel- und Gesamtinteressen zerbrochen, so war es nach dem Ersten Weltkrieg allerdings nicht das Interesse an der konnationa- len Minderheit, das die in der Völkerbundakte festgeschriebene internationale Ord- nung gesprengt hätte. Es war die mangelnde Solidarität der Staaten, die nationale Minderheiten – nicht nur die eigenen – dazu benutzten, den gegnerischen Staat zu schwächen. Die Minderheit selbst war im Rahmen der assymetrischen Dreiecksbezie- hung von Homeland und Patronagestaat von vornherein der sekundäre und schwächste Faktor. Der vom Pariser Friedenskongress 1919 beschlossene Völkerbund sollte das eben- dort beschlossene Minderheitenschutzsystem tragen, obwohl eine entsprechende Be- stimmung in die Satzung des Völkerbunds nicht aufgenommen wurde. Es bestand je- doch Einigkeit darin, dass ein solches Schutzsystem geschaffen und unter die Garan-

84 Die Rumäniendeutschen zwischen Demokratie und Diktatur, S. 361. 85 JAKOB ROBINSON: Rede auf dem IV. Nationalitätenkongreß, in: Nation und Staat 2 (1928/29), S. 65.

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tie des Völkerbunds gestellt werden sollte. Dieses System sollte vor allem dazu die- nen, die neuen nationalstaatlichen Grenzziehungen abzusichern.86 Der Katalog der Minderheitenschutzbestimmungen setzte sich zusammen aus In- dividualrechten (allgemeine Bürger- und Menschenrechte, Recht auf Gleichbehand- lung und damit verbundene Diskriminierungsverbote), aus direkten Minderheiten- schutzbestimmungen (betreffend Unterrichtswesen, Errichtung eigener kultureller, re- ligiöser und sozialer Einrichtungen), die über diejenigen individualrechtlichen Cha- rakters hinausgingen, weil sie an das Vorhandensein kompakt siedelnder ethnischer Gruppen anknüpften, sowie schließlich aus speziellen Schutzvorschriften für be- stimmte Minderheiten. Hier wurden nur die Juden in Polen, die Ruthenen in der Tschechoslowakei, die Szekler und Siebenbürger Sachsen in Rumänien und die Wa- lachen (Aromunen) in Griechenland hervorgehoben. Die Garantie des Völkerbunds bedeutete, dass eine Änderung dieser Verträge nur mit der Zustimmung der Mehrheit des Rates des Völkerbunds vorgenommen werden durfte. Mitglieder des Rates besaßen das Recht, Vertragsverletzungen im Rat vorzu- bringen. In der Praxis jedoch standen die Petitionen im Mittelpunkt des Schutzverfah- rens. Sie waren in den Schutzverträgen nicht vorgesehen, seit 1921 jedoch als prakti- sche Maßnahme zur Verwirklichung des Schutzes zugelassen. Das Petitionsrecht be- saßen einzelne Angehörige einer Minderheit, nicht die Minderheit als solche. Da der Völkerbund keine Möglichkeit hatte, Sanktionen zu verhängen, war seine Rolle auf Vermittlung und informelle Verhandlungen mit dem Ziel einer gütlichen Einigung beschränkt und dabei auf die Zusammenarbeit mit den Regierungen und Administra- tionen der Vertragsstaaten angewiesen. In der Zeit von 1921 bis 1939 sind beim Völ- kerbund insgesamt über 950 Petitionen eingegangen, von denen knapp die Hälfte als annehmbar anerkannt wurde. Aber nur 18 von ihnen wurden auf Empfehlung des Dreierausschusses der Großmächte dem Rat des Völkerbunds vorgelegt. 137 Petitio- nen kamen aus Polen, 81 aus Rumänien, 47 aus Jugoslawien, 37 aus der Tschechoslo- wakei und 44 aus Griechenland.87 Es waren vor allem deutsche und ungarische Min- derheitenangehörige, die mit Unterstützung der Regierungen ihrer Patronagestaaten Minderheitenrechte einforderten. Diskriminierung erfolgte weniger durch Gesetz als durch administrative Maßnahmen. Während zeitgenössische Veröffentlichungen und der Großteil der älteren Literatur vom „Versagen des Völkerbunds“ sprechen, wird man dem Urteil von fünf jüdischen Autoren aus dem Jahr 1943 eher zustimmen kön- nen: „Trotz aller Fehler und Unzulänglichkeiten, von den einige immanent waren, rechtfertigt es die Erfahrung der 20 Jahre nicht, ein äußerst bemerkenswertes Experiment zu verdammen, ein Ex- periment, das nicht anders konnte, als das Schicksal des politischen Organismus zu teilen, in- nerhalb dessen es lebte, nämlich des Völkerbunds.“88 Uneingeschränkt ist sicherlich als Errungenschaft anzusehen, dass mit dem Völ- kerbund der Grundgedanke, den Minderheitenschutz unter die Rechtsaufsicht der

86 AZCÁRATE; MAIR; GALÁNTAI, Trianon; Le minoranze tra le due guerre. 87 KESSLER, Integration, S. 176; vgl. GÜTERMANN; ZEIDLER, Nemzetek. 88 ROBINSON, Minorities, S. 252.

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Staatengemeinschaft zu stellen, erstmals realisiert worden ist. Es ist auch zu beden- ken, dass die mangelnde Durchsetzbarkeit weniger rechtliche als vielmehr politische Ursachen hatte. In der Anfangsphase, als das Prestige des Völkerbunds noch hoch war, waren seine Möglichkeiten, die Minderheiten in den neuen Staaten zu schützen, vielfach größer als in der Phase der Lethargie, die im Verlauf der 1930er Jahre ein- setzte. Formalrechtlich ist der Völkerbund mit der Gründung der Vereinten Nationen im Jahre 1946 abgelöst worden.

3 Trianon und seine Folgen: Das Horthy-Regime 1920-1944

3.1 Ungarn auf der Pariser Friedenskonferenz 1919/20 Als die Nachricht von der Errichtung der Räterepublik am 23. März 1919 Paris er- reichte, nahm der britische Premier David Lloyd George gegen den Plan Stellung, diese Revolution zu unterdrücken, d.h. zu intervenieren, und unterstrich seine Haltung mit folgendem Argument: „Wir sollten das nicht tun. Es gibt wenige Länder, die so sehr eine Revolution benötigen. Gerade an diesem Tag habe ich mit jemandem gesprochen, der Ungarn besucht hat und der es sehr gut kennt. Er erzählte mir, dass dieses Land das schlimmste Grundbesitzsystem Eu- ropas hat. Die Bauern werden dort noch immer so unterdrückt wie im Mittelalter und das Recht des Feudalherrn existiert dort nach wie vor.“89 Ungarn hatte im damaligen Europa ein riesiges Imageproblem.90 Dem Anführer der bürgerlichen Chrysanthemenrevolution im Oktober/November 1918, Graf Mihály Károlyi, vertrauten die Siegermächte nicht, denn er war nicht nur Großgrundbesitzer, sondern auch ein enger Verwandter des Ministerpräsidenten Graf István Tisza, der Ungarn in den Krieg geführt hatte. Und jetzt noch die bolschewistische Revolution vor den Toren Mitteleuropas! Zwei Kommissionen der Friedenskonferenz, eine für die Tschechoslowakei, die andere für Rumänien und Jugoslawien, hatten ungefähr zur selben Zeit das Königreich Ungarn schon mehr oder weniger auf die genannten Nach- folgestaaten aufgeteilt, so dass – wie der britische Diplomat Harold Nicolson notierte – „es bereits zu spät war zu bemerken, dass diese zwei separaten Kommissionen Un- garn einen so riesigen Verlust an Territorium und Bevölkerung aufgebürdet hatten, der zusammengenommen wirklich sehr ernst war“91.

89 The Deliberations of the Council of Four, vol. 1, S. 49, hier zit. nach MACMILLAN, S. 257 f. „I don’t see why we should do that: there are few countries so much in need of a revolu- tion. This very day, I had a conversation with someone who has visited Hungary and who know it well; he tells me that this country has the worst system of landholding in Europe. The peasants there are as oppressed as they were in the Middle Ages, and manorial law still exists there.“ 90 JESZENSZKY. 91 NICOLSON, S. 127. – „It was only too late that it was realised that these two separate Com- mittees had between them imposed upon Hungary a loss of territory and population which, when combined, was very serious indeed.“

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Als der Vorsitzende der ungarischen Friedensdelegation, Graf Albert Apponyi, ungefähr ein halbes Jahr später Gelegenheit bekam, im Januar 1920 die ungarische Stellungnahme zu den Friedensvorschlägen vorzutragen, wies er darauf hin, dass 3,5 Millionen Magyaren jetzt dazu verurteilt seien, unter der „Herrschaft minderwertiger Kulturen“ zu leben. Das brachte ihm wenig Sympathie ein, noch weniger jedoch die Berufung darauf, dass die nichtungarischen Völker im Königreich Ungarn immer glücklich mit den Ungarn zusammengelebt hätten und nach dem Krieg nur ein paar obskure, subversive Kräfte die Abspaltung dieser Völker von Ungarn betrieben haben sollten.92 Es war weder sinnvoll noch hilfreich, die Verhandlungspartner der Siegermächte auf diese Weise herabzusetzen. Noch dazu beschwor Apponyi die Rolle Ungarns als historische Ordnungsmacht und die Integrität der Grenzen Altungarns, die jedoch schon gar nicht mehr existierten und von den Siegermächten aufgrund ihrer Verträge mit den Nachfolgestaaten bereits aufgegeben worden waren. Zwar brachte das Argu- ment mit den 3,5 Millionen Magyaren als Minorität in den Nachfolgestaaten die drei Großmächte zu kurzem Nachdenken, ob nicht doch eine Revision der schon ausge- handelten Grenzen sinnvoll wäre. Doch der entschiedene Protest der Tschechoslowa- kei, Rumäniens und Jugoslawiens, die eine solche Grenzrevision als Verrat an der ge- samten Friedensordnung brandmarkten, gab letztlich den Ausschlag dafür, dass die Grenzen so verblieben, wie sie bereits im Frühjahr 1919 in den Verhandlungen mit den tschechischen, rumänischen und jugoslawischen Repräsentanten festgelegt wor- den waren.

3.2 Die Auswirkungen des Friedensvertrags auf Ungarn Die Folgen der Grenzziehung von 1919 waren: Ein Viertel aller Magyaren verblieb als Minderheit in den Nachbarstaaten (1,6 Mill. in Rumänien, 1 Mill. in der Tsche- choslowakei und eine halbe Million in Jugoslawien), das Territorium des Landes wurde um zwei Drittel reduziert, Ungarn verlor 58 Prozent seiner Bevölkerung; 11,6 Prozent der verbliebenen Bevölkerung mit 7,6 Millionen in Trianon-Ungarn gehörten Minderheiten an, darunter die Deutschen als die größte mit 552 000. Zählt man die 473 000 Juden hinzu, vergrößert sich der Minderheitenanteil auf knapp 18 Prozent. Seit Trianon war das Schicksal der innerungarischen Minderheiten mit dem der ungarischen Minderheiten in den Nachbarländern untrennbar verknüpft, und zwar gilt dies bis heute als ein besonderes System der Reziprozität, der wechselseitigen Ab- hängigkeit, insofern jede minderheitenpolitische Maßnahme ungarischer Regierungen einer Statushierarchie verpflichtet war und bleibt: Den ersten Rang nehmen die Kon- nationalen jenseits der Staatsgrenzen ein, die innerungarischen Minderheiten bleiben stets nachgeordnet, und wenn im öffentlichen Diskurs von „Minderheiten“ die Rede ist, dann werden in der Regel Probleme der Konnationalen jenseits der Staatsgrenzen angesprochen.

92 MACMILLAN, S. 268 f.; ROMSICS, Friedensvertrag, S. 156 f.

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Die Schmach, die „nationale Schande“ von Trianon blieb in der ungarischen Öf- fentlichkeit allgegenwärtig. Neu geschaffene Denkmäler erinnerten daran und 18 Jah- re lang wehte in Ungarn die Nationalfahne bis zum ersten Revisionserfolg Ende 1938 auf allen öffentlichen Gebäuden auf Halbmast. Die Revision des Friedensvertrags von Trianon wurde nicht nur zum Axiom der ungarischen Außenpolitik, sondern hat auch ganz entscheidend dazu beigetragen, die ungarische Gesellschaft und ihr politisches Denken zu verändern.93 Der am 4. Juni 1920 unterzeichnete Friedensvertrag von Trianon (Versailles) wur- de zum Angelpunkt der ungarischen Innen- wie Außenpolitik der Zwischenkriegszeit. Es bestand ein alle gesellschaftlichen Gruppen einender Konsens in der leidenschaft- lichen Ablehnung der Vertragsbestimmungen. Dieses „Friedensdiktat“ wurde nicht als Resultat einer schon im Verlauf des 19. Jahrhunderts bemerkbaren Entfremdung zwischen der Staatsnation und den Völkern begriffen, die innerhalb dieses König- reichs zusammenlebten. Vielmehr erklärte die herrschende Elite dem ungarischen Volk, die Ursache aller durch Trianon heraufbeschworenen Verluste, Mängel und De- fizite sei in den Revolutionen von 1918/19 und in der Verstümmelung des ungari- schen Staates zu suchen. Nur die Wiederherstellung des alten Ungarn könne das Land aus der Katastrophe herausführen, keineswegs jedoch eine Umgestaltung der gesell- schaftlichen, immer noch von feudalen Elementen geprägten Verhältnisse. Der mit dem Revisionismus verknüpfte extreme Nationalismus bedeutete auch eine enttäusch- te Abwendung vom westeuropäischen Fortschritt und seinen inhärenten liberalen Werten und Zielen, die führende Kreise der ungarischen Gesellschaft noch bis 1919 als Vorbild und Modell bewundert hatten. Trianon und seine Folgen machten daher langfristig alle Bemühungen zunichte, die zu dieser Zeit noch immer halbfeudale ungarische Gesellschaft in eine moderne umzuwandeln. Eine Analyse der Besitzstrukturen macht deutlich, welcher Bedarf an Umverteilung allein im Agrarbereich bestanden hätte, in dem immerhin 52 Prozent und damit mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung erwerbstätig war: 0,1 Prozent aller dem Großgrundbesitz zuzurechnenden Agrarbetriebe (1 070 an der Zahl) verfüg- ten über ein Drittel der gesamten Nutzfläche. Demgegenüber mussten sich 72 Prozent aller bäuerlichen Betriebe mit rund 10 Prozent der Nutzfläche begnügen.94 Im Land der „drei Millionen Bettler“95 und der extremen Polarisierung zwischen Arm und Reich herrschte zudem noch eine fast feudale Abhängigkeit des Bauern vom Grund- herrn mit Arbeitspflicht zur Erntezeit, Prügelstrafe und dem Verbot jeglicher sozialen und politischen Organisation. Solche autoritär-konservativen Strukturen hingen eng damit zusammen, dass die ungarische Gesellschaft noch weitgehend von den Werten und Lebensformen des un-

93 Siehe Trianon, enthält zahlreiche Aufsätze über die politischen, wirtschaftlichen und ge- sellschaftlichen Aspekte Trianons; ferner der Sammelband Trianon and East Central Euro- pe. 94 GUNST, Paraszti társadalom, S. 34. 95 Dieses Schlagwort prägte der Journalist György Oláh (1902-1981) mit dem Titel der von ihm verfassten ersten in Ungarn erschienenen Soziografie. – OLÁH, Hárommillió.

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garischen Adels dominiert wurde. Der als Gentry bezeichnete kleinere und mittlere, zum überwiegenden Teil deklassierte Adel, der das Offizierskorps und den Staatsap- parat dominierte, hatte sich durch den militärischen Zusammenbruch von 1918 und die darauf folgenden Revolutionen rasch radikalisiert. Die durch die neue Grenzzie- hung ausgelösten Flüchtlingswellen von einer halben Million Magyaren aus den neu entstandenen Nachbarländern unterstützten diese Radikalisierung entschieden. Es ent- standen paramilitärische Gruppen mafiaähnlichen Charakters wie die „Vereinigung des Erwachenden Ungarn“ oder der „Ungarische Landeswehrmachtsverband“. Diese Gruppen begannen lautstark einen „Rassenschutz“ zu propagieren und zeichneten sich durch extremen Nationalismus und Antisemitismus aus.96 Die Gentry wie Aristokratie waren sich darin einig, gegen ein demokratisches oder gar sozialistisches Ungarn, das alle ihre Privilegien in Frage stellte, entschieden vor- zugehen und eine „nationale“ Revolution zu inszenieren. Zu ihrem militärischen An- führer bestimmten sie Admiral Miklós Horthy (1868-1956). Horthy zog am 16. No- vember 1919 an der Spitze seiner Truppen in Budapest ein und ließ sich am 1. März 1920 vom Parlament zum Reichsverweser wählen. In dieser Funktion als Oberhaupt eines Staates, der zwar die Monarchie beibehalten, die Rückkehr der Habsburger je- doch unter allen Umständen verhindern wollte, regierte er Ungarn ähnlich seinem Vorbild Kaiser Franz Joseph, dem er jahrelang als Flügeladjutant gedient hatte, 24 Jahre lang mit allen Vorrechten eines Regenten. Der einem konservativen Weltbild des 19. Jahrhunderts verpflichtete Horthy, für den als Angehörigen der Gentry nur „Recht“, „Tradition“ und „Ehre“ als übergeord- nete Bezugsgrößen existierten, stand politisch der Oligarchie von Aristokratie, Groß- grundbesitz und Großbürgertum nahe, die mit Graf István Bethlen (1874-1974) als Ministerpräsidenten von 1921 bis 1931 die Regierungsmacht ausübte. Zugleich band Horthy die von der Gentry angeführten Gruppen als unumstrittene Führungsfigur an sich, obwohl diese eher eine Militärdiktatur mit antikapitalistischer und antiliberaler Ausrichtung befürworteten. Gleich dem Kaiser über allen Parteien „thronend“, ver- stand er es lange Zeit, die Zersplitterung der politischen Kräfte für sich zu nutzen und diese von sich abhängig zu machen. Da er es stets zu verhindern wusste, dass eine dieser Kräfte – insbesondere auch die radikale Rechte – eine Übermacht erlangte, und er stets darauf bestand, einen Ministerpräsidenten seines Vertrauens zu ernennen, trug er ganz entscheidend zur Stabilität seines Regimes bei. Es ist daher nicht weiter ver- wunderlich, dass der Admiral als Reichsverweser und Repräsentant des ungarischen Regimes der Zwischenkriegzeit dieser Ära seinen Namen gab.97 Für die in Ungarn bis zum Zweiten Weltkrieg regierende Oligarchie war die Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und des Parlamentarismus schon aus historischen Gründen selbstverständlich. Ungarn verfügte in seiner „tausendjährigen“, allerdings ungeschriebenen Verfassung über eine altehrwürdige parlamentarische Tradition, mit der eine starke Exekutivgewalt erfolgreich konkurrierte. Die Regierung wurde bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zwar vom Regenten berufen, war jedoch dem

96 A magyar jobboldali hagyomány; GYURGYÁK, S. 215-288. 97 KOCHANOWSKI; SAKMYSTER; PÜSKI; ZEIDLER, Revíziós; MACARTNEY, October.

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Parlament rechenschaftspflichtig, in dem wie selbstverständlich die der herrschenden Elite verpflichtete Regierungspartei durchwegs die Mehrheit besaß. Die Vorrechte des Regenten, die in den 1930er Jahren erweitert worden waren (1933 bekam er das Recht zur Auflösung oder Vertagung des Parlaments und ab 1937 konnte er von diesem nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden), schränkten das Parlament zwar ein, drängten es aber nicht, wie ab 1935 beispielsweise in Polen, an den Rand des politi- schen Lebens. Allerdings waren im Verlauf der Zwischenkriegszeit immer weniger Staatsbürger wahlberechtigt: 1920 waren es noch 39,7 Prozent der Bevölkerung, 1925 26,6 Prozent, 1935 33,8 Prozent und 1939 30,9 Prozent. Das geheime Wahlrecht galt von 1925 bis 1938 nur in den größeren Städten. Manipulationen des Wahlrechts ins- besondere bei der Nominierung der Abgeordnetenkandidaten waren an der Tagesord- nung. In Staaten mit diktatorischem Regime und totalitären Zügen herrschen in der Re- gel neue politische Eliten, in autoritären Systemen hingegen regieren kaum veränderte alte Eliten. Diese Regel bestätigt sich im Falle Ungarns, wo die Macht bis 1932 in den Händen der konservativen Aristokraten verblieb. Mit den Aristokraten und Groß- grundbesitzern eng verbunden war eine das Großbürgertum repräsentierende Schicht, die die Industrie und das Bankwesen beherrschte und von ca. fünfzig überwiegend as- similierten jüdischen Familien dominiert wurde. Unter der Regierung des Grafen István Bethlen98 vermochte diese Oligarchie den Vorrang wirtschaftlicher Interessen vor den „nationalen“ der Grenzrevision zu behaupten. Dies änderte sich mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise. Unter dem Druck der großen Krise zerbrach das alte Regierungsbündnis und Horthy ernannte am 1. Oktober 1932 seinen alten Mit- streiter, den Anführer der rechtsradikalen Geheimgesellschaften Gyula Gömbös (1886-1936), zum Ministerpräsidenten.99 In dessen Regierung war zum ersten Mal in der Geschichte des Landes kein Aristokrat mehr vertreten. Die Konservativen zogen sich weitgehend aus der Politik zurück, doch blieben sie mit Bethlen an der Spitze weiterhin in der engsten Beratergruppe Horthys vertreten und verhinderten den von Gömbös geplanten Systemwechsel. Sein Versuch, die Regierungspartei in eine Staatspartei umzuwandeln, um mit ihrer Hilfe eine am italienischen Faschismus aus- gerichtete Einparteiendiktatur durchzusetzen, scheiterte am zähen Widerstand der überwiegend stockkonservativen Oligarchie. Allerdings vermochte diese den allge- meinen Rechtsruck der neuen, an die Macht gekommenen Funktionselite genauso wenig zu verhindern wie die immer engere Anbindung der ungarischen Außenpolitik an das nationalsozialistische Deutschland und das faschistische Italien unter Benito Mussolini (1883-1945).

3.3 Ungarische Außenpolitik nach Trianon Die Tatsache, dass seit Trianon rund ein Drittel des eigenen Volkes dazu gezwungen war, als mehr oder minder unterdrückte Minderheit in fremden Nationalstaaten zu le-

98 ROMSICS, Bethlen. 99 VONYÓ, Gömbös pártja; DERS., Gömbös Gyula; GERGELY, Gömbös Gyula.

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ben, bedeutete den Zerfall der Einheit von Nation und Staat und damit den radikalen Abbruch der Tradition, die im historisch-politischen Selbstverständnis der Ungarn auf eine über tausendjährige Geschichte zurückblicken kann. Die Geschichte der Nation hörte mit Trianon auf, die des ungarischen Staates zu sein. Solange der National- staatsgedanke als einziger attraktiv erscheinender politischer Ordnungsentwurf seine Stellung behält und auch im Verhältnis zu den Nachbarländern die entscheidende Rolle spielt, hat im Nach-Trianon-Ungarn jede Regierung mit einem schwer abwäg- baren Legitimationsdefizit zu kämpfen. Dieses macht, bedingt durch seinen ausge- prägt irrationalen Stellenwert, ungarische Politik nach innen wie nach außen unbere- chenbar, weil ihr Fundament stets nur als ein labiles Provisorium angesehen werden kann. Das jeweilige Regime vermag nur dann mit größerer Zustimmung seitens der ungarischen Gesellschaft zu rechnen, wenn es ihm gelingt, seine Rolle als Protektor der Konnationalen jenseits der Staatsgrenzen einigermaßen glaubhaft auszufüllen und wenn es der provisorischen Natur seines Fundaments prinzipiell wie symbolisch Rechnung trägt. Der damit festgeschriebene Vorrang der nationalen, über die Staatsgrenzen hinaus weisenden Bedürfnisse vor den staatlichen, und damit innerungarischen, hat jede un- garische Regierung seit Trianon vor schwere, oft unlösbare Aufgaben gestellt. Zudem hat dieser „Trianon-Faktor“ häufig genug einen politischen Kurs induziert, der sich in logischer Abhängigkeit von solchen Anforderungen über die realen Voraussetzungen und Gegebenheiten politischen Handelns als Kunst des Möglichen hinwegsetzte, um seiner Gravitationsbewegung, Staat und Nation wieder gegenseitig in Deckung zu bringen, Folge zu leisten. Dieser voluntaristische Zug führte im Endergebnis dazu, Politik als Kunst des Wünschenswerten misszuverstehen und damit ad absurdum zu führen. Seit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 1929 ist gerade dieser Zug einer zu- nehmenden Illusionierung zum Grundmerkmal der ungarischen Außenpolitik gewor- den. Je mehr der Wunsch nach Rückgewinnung aller verlorenen Gebiete sämtliche politischen Überlegungen und Maßnahmen bestimmte, desto weniger wurde die Frage gestellt nach den eigentlichen Machtverhältnissen und der damit verbundenen Gefahr einer drohenden Abhängigkeit des Kleinstaats von der Großmacht, mit deren Hilfe Ungarn die Revision durchzusetzen gedachte. Solange Ministerpräsident Bethlen in der politischen und wirtschaftlichen Konsolidierung des Landes die erste Priorität er- blickte, und das war ungefähr bis 1927/28 der Fall, wurde von ihm eine Minimalva- riante der Revision vertreten, eine vom ethnischen Prinzip bestimmte Revision: Nur die von Ungarn bewohnten Gebiete sollten Ungarn wieder angegliedert werden. Spä- ter favorisierte er eine zweite, umfangreichere Revisionsvariante, nämlich die Rück- kehr zu den historischen Grenzen des Stephanreichs mit Ausnahme Kroatiens und Siebenbürgens, wobei Letzteres in seinen historischen Grenzen als „Schweiz des Os- tens“ staatliche Souveränität erlangen sollte.100 Bei all diesen Revisionsbestrebungen

100 Über die ungarische Außenpolitik JUHÁSZ, Külpolitikája; ORMOS, Hungary; DIES., Magya- rország; ROMSICS, Bethlens Außenpolitik.

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kam den Beziehungen zwischen dem Deutschen Reich und Ungarn eine besondere Rolle zu.

3.4 Deutsch-ungarische Beziehungen 1920-1944: Verbündete in Niederlage und Re- vision Die deutsch-ungarischen Beziehungen blieben im gesamten Zeitraum von der Nieder- lage von 1918 und den daraus sich ergebenen Bemühungen um eine Revision dersel- ben und den Auswirkungen einer solchen Politik gekennzeichnet.101 Die gemeinsame außenpolitische Zielsetzung beider Länder, nämlich die Folgen der Niederlage durch eine Revisionspolitik zu überwinden, um die territorialen Verluste wieder rückgängig zu machen, legten es nahe, in einer „konzertierten Aktion“ die Kräfte beider Länder zu bündeln, um in der internationalen Politik die Revision der Friedensverträge von 1919/20 gemeinsam durchzusetzen. Doch die vor dem Hintergrund der Waffenbru- derschaft im Ersten Weltkrieg rhetorisch zelebrierten Beschwörungen der deutsch- ungarischen Schicksalsgemeinschaft anlässlich gegenseitiger Kontakte auf Regie- rungsebene konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit dieser nur zu einem ge- ringen Teil eine tatsächliche Übereinstimmung der Interessen verbunden war. Noch mehr fiel ins Gewicht, dass die deutsch-ungarischen Beziehungen von Anfang an von einer Asymmetrie der Kräfte im Verhältnis der beiden Partner gekennzeichnet waren. Dieses asymmetrische Verhältnis blieb auch das Grundproblem der gegenseitigen Be- ziehungen, denn ein erstarktes Deutschland bildete ein Gravitationszentrum, das den ungleichen, viel kleineren Partner Ungarn immer stärker in seinen Bann ziehen muss- te und zu ziehen wusste. Eine solche Entwicklung ist bereits Anfang der 1930er Jahre, also noch vor der Machtergreifung Hitlers, auszumachen. Die zu diesem Zeitpunkt einsetzende und immer wirkungsvollere Instrumentalisierung der ungarischen Revisi- onsbestrebungen im Dienst deutscher Interessen machte die ungarische Außenpolitik immer stärker von Berlin abhängig und schränkte das Land Ungarn in seiner politi- schen Handlungsfreiheit zusehends ein, so dass es sich am Ende der 1930er Jahre mit dem Status eines Satellitenstaats im Schlepptau des Dritten Reiches zufrieden geben musste. Doch die damit verbundenen Revisionserfolge (Rückgewinnung des südli- chen Teils der Slowakei, des ungarischen „Oberlandes“ (felvidék) und des nördlichen Siebenbürgen) haben die politischen Akteure dieses Faktum auf ungarischer Seite weitgehend vergessen lassen. Sie waren jedenfalls dazu bereit, den von Deutschland nach 1939 ständig erhöhten Preis dafür zu entrichten. Schon Ministerpräsident Graf Bethlen war davon überzeugt, dass langfristig gese- hen nur ein erstarktes Deutschland der Bündnispartner sein könne, mit dessen Hilfe eine solche Revision durchzusetzen sei. Nachdem er sein Ziel, die außenpolitische Isolation Ungarns und den Ring der Kleinen Ententemächte mit Hilfe Italiens zu durchbrechen, 1927 erreicht hatte, konzentrierte er sich darauf, die Beziehungen zur Weimarer Republik zu intensivieren. Der auf einen Ausgleich mit den Westmächten

101 SEEWANN, Beziehungen; DERS., Ungarns Deutschlandbild; PRITZ, Diplomácia; FEJES; PRITZ, Nationalitäten.

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bedachte damalige deutsche Außenminister Gustav Stresemann (1878-1929) reagierte kühl und ablehnend, so dass der ungarische Botschafter Ende 1928 aus Berlin berich- tete, dass die Frage des Danziger Korridors mehr Priorität genieße als die Frage der ungarischen Revision.102 Durch eine Verbesserung der ungarisch-französischen Be- ziehungen versuchte Bethlen daraufhin Berlin unter Druck zu setzen. Der deutsche Botschafter in Budapest machte im Februar 1930 den Vorschlag, die deutsch- ungarischen Beziehungen zu verbessern und Bethlen zu einem Besuch nach Berlin einzuladen. Dieser Besuch fand im November 1930 statt und die Regierung Heinrich Brüning (1885-1970) mit Außenminister Julius Curtius (1877-1948) stimmte mit Bethlen darin überein, dass die Lockerung des französischen Bündnissystems im Os- ten und Südosten Europas ein für Deutschland und Ungarn gemeinsames Ziel darstel- le. Curtius ging sogar so weit, einen neuen politischen Kurs anzukündigen, wenn er Bethlen gegenüber bemerkte, dass „die Zielsetzungen der neuen Außenpolitik gerade in den wichtigsten Fragen wie Grenzrevision und Abrüstung parallel zu denen der un- garischen Außenpolitik laufen“.103 Deutschland schien somit der „natürliche“ Bundesgenosse für Ungarn in der Frage der Revision zu sein. Aber es war und blieb eine Illusion, dass Deutschland bereit sein könnte, Ungarn unabhängig von seinen eigenen Machtinteressen selbstlos zu unter- stützen. Dies wurde schon im Juni 1933 deutlich, als der soeben frisch ernannte Mi- nisterpräsident Gyula Gömbös im Rahmen seines Berliner Besuchs Adolf Hitler (1889-1945) seine Konzeption einer deutsch-italienisch-ungarischen Zusammenarbeit vorstellte. Dieses Gespräch endete für Gömbös mit einer herben Enttäuschung, weil Hitler wegen der stärkeren wirtschaftlichen Interessen Deutschlands an Jugoslawien und Rumänien nur bereit war, die gegen die Tschechoslowakei gerichteten Revi- sionsbestrebungen Budapests zu unterstützen. Damit waren einer Ausweitung der deutsch-ungarischen Beziehungen zunächst enge Grenzen gesetzt. Das galt freilich nicht für den Bereich des Außenhandels und der bilateralen Wirt- schaftsbeziehungen. Als in dieser Hinsicht wichtigstes Ergebnis ist die Öffnung des deutschen Marktes für ungarische Agrarprodukte mit dem Handelsvertrag von Feb- ruar 1934 zu verbuchen. Die deutsch-ungarischen Wirtschaftsbeziehungen und insbe- sondere das mit ihnen verbundene Verfahren des bereits im Vertrag von 1932 festge- schriebenen Clearings entwickelten sich zum wirkungsvollsten Instrument der natio- nalsozialistischen Außenpolitik und ihrer Zielsetzung, Deutschlands Hegemonialstel- lung in Südosteuropa zu festigen und weiter auszubauen. Das Clearing-Verfahren, die finanztechnische und bilateral bargeldlose Abwicklung des Austausches von deut- schen industriellen Fertiggütern mit ungarischen Agrarprodukten, band die beiden Vertragspartner noch stärker aneinander, weil Ungarn seine Handelspartner nicht mehr frei aussuchen konnte und Deutschland gegenüber Ungarn einen rasch zuneh- menden Passivsaldo aufwies. Der Ungarn-Experte und Leiter der Handelspolitischen Abteilung im deutschen Außenministerium, Carl August Clodius (1897-1952), hat die Auswirkungen des Clearing-Verfahrens sehr treffend dahingehend charakterisiert,

102 ROMSICS, Bethlens Außenpolitik, S. 284. 103 Ebenda, S. 288; PRITZ, Nationalitäten, S. 340-342.

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dass es nämlich „den Vorteil für sich hat, dass die Partner nicht mehr da kaufen kön- nen, wo es ihnen gerade passt, der Clearing wirkt wie eine Saugpumpe und fördert die Umstellung des Bedarfs und der Produktion auf die gegenseitigen Bedürfnisse“104. Allerdings hat sich dieser mit der Metapher der „Saugpumpe“ umschriebene Pro- zess der gegenseitigen Anpassung in Wirklichkeit sehr ungleichgewichtig zugunsten Deutschlands und zum Nachteil Ungarns ausgewirkt und eine zunehmende Abhän- gigkeit der Wirtschaft Ungarns von den Handelsbeziehungen mit Deutschland nach sich gezogen. Denn Ungarn war um ein Vielfaches mehr auf den Export nach Deutschland und aufgrund des vereinbarten Tauschverhältnisses auf den Import aus Deutschland angewiesen als umgekehrt. Das Eingehen auf die deutschen Wünsche bedeutete für Ungarn eine Ausrichtung eines Viertels seines Gesamtexports auf den deutschen Markt, während der ungarische Anteil an der deutschen Ein- und Ausfuhr (mit 1,2 bzw. 1,3 Prozent im Jahr 1935) so gut wie gar nicht ins Gewicht fiel. Damit in engem Zusammenhang verfehlten die deutschen Anstrengungen, Ungarn vom Auf- bau einer eigenständigen Industrie abzuhalten bzw. den bereits angelaufenen Prozess der Industrialisierung des Landes abzubremsen, nicht ihre Wirkung. Um Ungarn als Absatzgebiet seiner industriellen Fertigwaren zu erhalten, zielte die deutsche Han- delspolitik auf die Festschreibung einer einseitig auf den Agrarsektor fixierten Wirt- schaftsstruktur Ungarns und bewirkte eine Anpassung der ungarischen Agrarproduk- tion an den deutschen Einfuhrbedarf. Für diesen war die Lieferung von tierischen Fetten, Ölsaaten und Ölfrüchten sowie Futtermitteln und Gemüsesamen als unver- arbeitete Rohstoffe angesichts entsprechender Mangellage im eigenen Land vordring- lich. Diese Handelspolitik, die den ungarischen Lieferanten von den deutschen Akteu- ren als völlig selbstlose Rettungsaktion für die ungarischen Bauern angepriesen wur- de, diente letztendlich vor allem dazu, das wirtschaftliche Aufrüstungsprogramm zu verwirklichen und zu diesem Zweck die ungarischen Ressourcen und deren Nutzbar- machung immer stärker in den von Deutschland beherrschten Großwirtschaftsraum Mittel- und Südosteuropa einzubeziehen. Der Anteil Deutschlands am ungarischen Export stieg von 12 Prozent im Jahre 1930 auf 22,2 Prozent im Jahr 1934, erreichte 1936 bereits ein Viertel des ungari- schen Gesamtexports, um auf 50 Prozent im Jahre 1939 und 70 Prozent in den Jahren 1943/44 weiter anzusteigen. 1935 kaufte Deutschland beispielsweise die gesamte un- garische Bauxitausfuhr (wichtig für die Aluminium- und Flugzeugproduktion), vier Fünftel der ungarischen Fleischausfuhr, zwei Drittel der Klee- und Luzerneausfuhr und über die Hälfte des exportierten Schweinespecks und -fetts. Die deutsche Ver- schuldung gegenüber Ungarn betrug Ende 1939 54 Millionen Reichsmark, um bis Ende 1943 einen Stand von über einer Milliarde zu erreichen. Diese einseitige Ver- schuldung, die zur Hälfte von der ungarischen Regierung vorfinanziert werden muss- te, überstieg wertmäßig bereits den gesamten ungarischen Geldnotenumlauf dieser Jahre. Nach dem Jahresbericht der Ungarischen Nationalbank für das Jahr 1947 belie-

104 RIEMENSCHNEIDER, S. 83.

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fen sich die deutschen Schulden bei Kriegsende auf knapp 30 Prozent des jährlichen ungarischen Nationaleinkommens (Bruttosozialprodukts).105 Gegenüber den Wirtschaftsbeziehungen und ihren kaum wahrgenommenen, je- doch sehr folgenschweren Auswirkungen wird die subversive Rolle der im Verlauf der 1930er Jahre in Ungarn entstandenen nationalsozialistischen Parteien im Allge- meinen überschätzt, insbesondere was deren Unterstützung durch das Dritte Reich und die NSDAP betrifft. Einzelne NSDAP-Formationen und Parteiführer haben tat- sächlich nicht vor dilettantischen Versuchen zurückgescheut, ihre ungarischen Schwesterparteien in irgendeiner Richtung zu beeinflussen oder gar in Wahlkämpfen – beispielsweise bei der Parlamentswahl 1939 – materiell zu unterstützen, doch wur- den solche Versuche von der Reichsregierung im allgemeinen unterbunden. Der His- toriker Martin Broszat hat zurecht darauf hingewiesen, dass Adolf Hitler es vorzog, mit autoritären Systemen, die sich auf die Oberschicht, Armee und Exekutive stütz- ten, zu paktieren als mit einheimischen faschistischen Bewegungen, deren Instabilität er erkannte und deren Regierungsfähigkeit er bezweifelte.106 Solche Bewegungen wurden vor allem von der SS für geheimdienstliche Zwecke instrumentalisiert. In den Kriegsjahren hat Berlin die ungarische Regierung allerdings mit der rechtsradikalen Opposition der ungarischen Nationalsozialisten zunehmend unter Druck gesetzt, um das Horthy-Regime gleichsam bei der Stange zu halten. Doch solange alle Bestrebun- gen, die verschiedenen NS-Parteien zu einer schlagkräftigen und damit regierungsfä- higen Gruppe zu vereinigen, vor allem an der Widerspenstigkeit Ferenc Szálasis (1897-1946) scheiterten, hielten sich einschlägige Hilfsmaßnahmen, Sympathie und Anerkennung von deutscher Seite in engen Grenzen. Nachdem Ungarn bereits in wirtschaftliche Abhängigkeit vom Dritten Reich gera- ten war, hing es nur mehr von einer dafür geeigneten Konstellation der Großmächte ab, bis die Falle der politischen Abhängigkeit für das Land endgültig zuschnappte. Um diesen Zeitpunkt so weit wie möglich hinauszuschieben, lavierte die ungarische Außenpolitik Mitte der 1930er Jahre ständig zwischen Italien, Deutschland, den Westmächten und den Staaten der Kleinen Entente (Jugoslawien, Tschechoslowakei und Rumänien) hin und her. Nach der Bildung der Achse Berlin–Rom im Oktober 1936 ging Italien allerdings als Gegengewicht gegen eine deutsche Übermacht und damit als Garant des außenpolitischen Handlungsspielraums Budapests verloren. Au- ßerdem zeigte es sich sehr bald, dass das grundsätzlich parallel gerichtete Bemühen um Revision von Versailles und Trianon nur ein schwacher Anknüpfungspunkt für die außenpolitische Kooperation zwischen Deutschland und Ungarn war. Das offen- barte in aller Deutlichkeit der Besuch der ungarischen Regierung, von Ministerpräsi- denten Kálmán Darányi (1886-1939) und Außenminister Kálmán Kánya (1869-1945), im November 1937 in Berlin, als sie von Hitler über seine Pläne betreffend Österreich und Tschechoslowakei informiert wurde und der Diktator ihr einen außenpolitischen Maßnahmenkatalog vorgab: nämlich aktive Beteiligung Ungarns an der Zerschlagung der Tschechoslowakei, Aufgabe jeglicher Revisionsabsichten gegenüber Jugoslawien

105 Ebenda, S. 247 f. und 253 f. 106 BROSZAT, Grundfaktoren; vgl. BIHL.

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und eine Verschiebung der Revisionsziele gegenüber Rumänien auf einen späteren Zeitpunkt. Damit hatte Ungarn seine Entscheidungsfreiheit über sein wichtigstes außenpoliti- sches Ziel, nämlich die Revision, endgültig an Deutschland abgetreten. Nach dem Diktat von München und der damit besiegelten Zerschlagung der Tschechoslowakei prophezeite Winston Churchill (1875-1965) am 5. Oktober 1938 vor dem britischen Unterhaus: Hitler stehe der Weg das Tal der Donau hinab bis zum Schwarzen Meer offen. Die Staaten Ostmitteleuropas würden nunmehr jeder von sich aus versuchen, unter möglichst günstigen Bedingungen zu einem Einverständnis mit der triumphie- renden Nazimacht zu kommen.107 Tatsächlich entbrannte insbesondere zwischen Ru- mänien und Ungarn ein heftiger und bis 1944 währender Konkurrenzkampf um die Gunst .108 Ungarn war nun bereit, sich völlig der nationalsozialistischen He- gemonialpolitik unterzuordnen, um aus Hitlers Hand die ersehnten Revisionsge- schenke zu empfangen. Außenpolitisch bedeutete das ‒ den Austritt des Landes aus dem Völkerbund am 11. April 1939; ‒ seinen Beitritt zum Antikomintern-Pakt am 24. Februar desselben Jahres; ‒ schließlich den Beitritt zum Dreimächtepakt Deutschland–Italien–Japan am 20. November 1940 (drei Tage vor Rumänien!); ‒ innenpolitisch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht; ‒ die Verabschiedung dreier Judengesetze (im Zeitraum vom April 1938 bis August 1941) nach deutschem Muster; ‒ wirtschaftlich Milliarden umfassende Investitionsprogramme für die militäri- sche Aufrüstung des Landes ab März 1938. Das Verhängnis der ungarischen Revisionspolitik bestand darin, dass das Land sowohl politisch und militärstrategisch als auch wirtschaftlich zu einem Satellitenstaat Deutschlands herabgesunken war und seine außenpolitische Handlungsfreiheit fak- tisch verloren hatte, seine Innenpolitik sich immer mehr den deutschen Vorstellungen anpassen musste und seine Wirtschaftspolitik immer stärker in den Dienst der deut- schen Kriegsmaschinerie stellte. Das waren die logischen Schritte auf dem Weg, der

107 „We are in the presence of a disaster of the first magnitude, which has befallen Great Bri- tain and France. Do not let us blind ourselves to that. It must now be accepted that all the countries of Central and Eastern Europe will make the best terms they can with the trium- phant Nazi Power. The system of alliances in Central Europe upon which France has relied for her safety has been swept away, and I can see no means by which it can be reconsti- tuted. The road down the Danube Valley to the black Sea, the resources of corn and oil, the road which leads as far as Turkey, has been opened. In fact, if not in form, it seems to me that all those countries of Middle Europe, all those Danubian countries, will, one after an- other, be drawn into this vast system of power politics – not only power military politics but power economic politics – radiating from Berlin, and I believe this can be achieved quite smoothly and swiftly and will not necessarily entail the firing of a single shot.“ – http://www.churchill-society-london.org.uk/Munich.html. 108 HILLGRUBER, S. 651.

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das Land in den Abgrund führte, auch wenn das nur sehr wenige seiner Politiker wahrzunehmen vermochten. Außenminister Graf István Csáky (1894-1941) bei- spielsweise erklärte anlässlich seiner Unterredung mit Hitler am 16. Januar 1939: „Man sei sich in Ungarn darüber klar, dass man nichts ohne Deutschland tun kön- ne.“109 Die revisionspolitisch determinierte Abhängigkeit des Landes vom Dritten Reich war in ihre letzte und entscheidende Phase eingetreten, die mit dem Eintritt Ungarns in den Krieg gegen Jugoslawien und die Sowjetunion ihren Höhepunkt erreichte und mit der militärischen Besetzung des Landes durch die deutsche Wehrmacht am 19. März 1944 ihren Abschluss fand. Die Neue Zürcher Zeitung zog zwei Tage später, am 21. März, folgende Bilanz: „Auf dem Weg des Revisionismus hatte sich Ungarn un- widerruflich in das Netz der deutschen Kriegspolitik verstrickt und seine politische Bewegungsfreiheit eingebüßt.“ Wie verwirrend die ungarische Bündnispolitik Ende der 1930er, Anfang der 1940er Jahre selbst für führende Politiker dieser Zeit gewesen sein musste, zeigt eine Anekdote, die der italienische Außenminister Graf Gian Galeazzo Ciano (1903-1944) in einer Tagebuchnotiz vom 11. Mai 1942 überliefert hat: „Am 12. Dezember 1941 – fünf Tage nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbour – erklärte Ungarn auch den USA den Krieg. Der amerikanische Außenminister Cordell Hull (1871-1955) überbringt Präsident Franklin Delano Roosevelt (1882-1945) die Mitteilung von der ungarischen Kriegserklärung. Daraufhin Roosevelt: „Was für ein Staat ist Un- garn?“ Hull: „Ein Königreich.“ Roosevelt: „Und wer ist der König?“ Hull: „Es hat keinen König, nur einen Reichsverweser, den Admiral Horthy.“ Roosevelt erschrocken: „Also noch ein Land, das uns seine Flotte auf den Hals hetzen will?“ Hull: „Nein, Herr Präsident. Ungarn hat nicht einmal einen Zugang zum Meer.“ Roosevelt erleichtert: „Steht das Land auch mit der Sowjetunion im Krieg?“ Hull bejaht. Roosevelt fragt nach: „Die Sowjetunion ist also der Hauptfeind der Ungarn?“ Hull: „Nein, der Hauptfeind ist Rumänien.“ Roose- velt: „Steht Ungarn auch mit Rumänien im Krieg?“ Hull: „Nein, Rumänien ist mit Ungarn verbündet.“110 Die Revisionserfolge und die landesweite Begeisterung darüber haben diesen selbstverschuldeten Determinismus, die damit heraufbeschworene Ausweglosigkeit der ungarischen Politik mit all ihren tragischen, erst später sichtbar gewordenen Kon- sequenzen zunächst weitgehend verdeckt. Denn mit dem Ersten Wiener Schieds- spruch vom 2. November 1938, der den Anschluss der mehrheitlich ungarisch besie- delten Gebiete der südlichen Slowakei verfügte, mit der militärischen Besetzung der Karpatenukraine im März 1939 und mit der Rückgliederung Nordsiebenbürgens an Ungarn durch den Zweiten Wiener Schiedsspruch vom 30. August 1940 schien der Traum der ungarischen Hegemonie im Donau-Karpatenbecken und der Restauration des Stephanreichs in Erfüllung zu gehen. Der allgemeine Jubel über den Einmarsch der ungarischen Armee mit Reichsver- weser Horthy an ihrer Spitze in das Ober- und Karpatenland und schließlich in Sie-

109 Documents on German Foreign Policy, 1918-1945, ser. D, vol. 5, S. 364. 110 Die Anekdote wird mehrfach überliefert. Hier zit. nach FENYO, S. 52.

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benbürgen machte vergessen, dass es sich hier um eine Leihgabe einer fremden Macht handelte. Denn die wiedergewonnene nationale Größe war nur eine geborgte Größe. Nur sehr wenigen war bewusst111, dass Hitler mit einem einzigen Federstrich diese Gebiete auch wieder zurückfordern oder neu verteilen oder – was noch viel wirksamer war – mit ihnen als Pfand den Machtpoker weiter fortsetzen und einen immer höheren Preis, schließlich den Blutzoll des Landes, nämlich den Eintritt Un- garns auf deutscher Seite in den Zweiten Weltkrieg, durchsetzen konnte. Die von der politische Elite weitgehend geteilte Illusion, Ungarn könne als Trabant des Dritten Reiches eine Führungsrolle im Donauraum übernehmen, hat der ungarische Journalist György Oláh in einem an Karl Megerle (1894-1972), den Berater von Joachim von Ribbentrop (1893-1946), gerichteten offenen Brief vom 2. April 1940 wie folgt arti- kuliert: „In diesen großartigen Stunden, in denen auch der letzte Nachfolgestaat der Habsburger- monarchie (nämlich Jugoslawien) aufgelöst wird und zusammenbricht, wende ich mich wieder voller Stolz und Selbstbewußtsein an Sie. […] Vom Süden leuchten bis hierher die Flammen des Balkanbrandes. Siehe da, wieder eine Krise, die beweist, wie weit wir Un- garn entfernt sind von dem, was Balkan oder nach der neuesten deutschen Formulierung Südosten genannt wird. Wie wenig kann man uns mit den Völkern gleichsetzen, die in der deutschen Raumtheorie die geopolitische Einheit des sogenannten Südostraums bilden.“112 Gerade im Zusammenhang mit der mental und kulturell begründeten Distanzie- rung vom „Balkan“ fühlte Oláh sich bemüßigt, die Rolle Ungarns als Ordnungsmacht für den Donauraum hervorzuheben: „Die letzten Wochen haben wieder bewiesen, wie sehr hier eine feste, nach Süden und Os- ten als Bremse bzw. Kraft wirkende ungarische Staatlichkeit notwendig ist. […] Wir wis- sen, dass dieses Land der vorgeschobene Wachtposten des Westens ist. […] Es dient nicht der Bekräftigung des wahren ungarischen Sendungsbewußtseins und ebensowenig auch eu- ropäischen Interessen, wenn wir innerhalb der Karpaten nicht als Sondereinheit behandelt werden, sondern eingeteilt in einen Raum, der uns und unserem Körper und Geist fremd ist, mit dem uns weder unser Glaube, noch unsere Erziehung, noch unsere Geschichte ver- bindet.“113 Hier wurde in eindeutiger Verkennung der Expansionspolitik und der hegemonia- len Stellung des Dritten Reiches das Konzept Ungarn als Ordnungsmacht des Donau- raums verfolgt. Das legt den Schluss nahe, dass die Beurteilung der außenpolitischen Kräfteverhältnisse in der ungarischen Öffentlichkeit wenig realistisch war. Diese Tat- sache ist auch als Reflex auf das autoritäre Regierungssystem Horthys zu sehen, das mit seiner Geheimdiplomatie jegliche Information über die Beziehungen des Landes

111 Dazu gehörte auch der ungarische Politiker Miklós Kállay (1887-1967), 1942-1944 un- garischer Ministerpräsident, der in seinen Memoiren schrieb: „Practically the sole reason why we entered the war and sent an army against the Russians was the Rumanians were al- ready taking part with full force against the Russians, whereas we were not, and thus we risked loosing German favor and Transylvania.“ – KÁLLAY, S. 61. 112 OLÁH, Südostraum, S. 1 f. 113 Ebenda.

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nach außen über die von ihm gelenkten Medien und somit auch den öffentlichen Dis- kurs über solche Fragen steuerte und kanalisierte. Paradoxerweise eröffnete jedoch gerade dieser Realitätsmangel, d.h. die stark eingeschränkte Wahrnehmung der au- ßenpolitischen Verhältnisse, der ungarischen Gesellschaft und Politik einen größeren Freiraum nach innen, gerade auch in ihrem Umgang mit der deutschen Minderheit, als es die hegemoniale und damit übermächtige Stellung des Dritten Reiches eigentlich zugelassen hätte. Dieser Faktor ist bei der Analyse der ungarischen Minderheitenpoli- tik nach 1938 gebührend zu berücksichtigen. Solche Zusammenhänge und die Frage, welche funktionale Rolle das Ungarndeutschtum in der auf Expansion angelegten Außenpolitik des Dritten Reiches gespielt hat, sollen im nächsten Kapitel dargestellt werden. Hier ist noch hervorzuheben, dass die deutsche Hegemonie auch nach innen und damit direkt auf das ungarische Regierungssystem und die ungarische Gesellschaft eingewirkt hat. War das Horthy-Regime bis 1938 durchaus gemäßigt liberal und hielt sich an die durch Trianon vorgeschriebene Beschränkung seiner Armee, so änderte sich beides grundlegend. Die überstürzte Aufrüstung und die Einführung der allge- meinen Wehrpflicht führte binnen kurzem zu einer allgemeinen Militarisierung des öffentlichen Lebens und durch das am 11. März 1939 verabschiedete Gesetz Nr. II/1939 wurde die Wehrerziehung der Jugendlichen ab 12 Jahren und ihre Erfassung durch die dafür vorgesehene Levente-Organisation verpflichtend vorgeschrieben. Die Maßnahmen für die Aufrüstung haben natürlich auch die Wirtschaft stark be- einflusst. Noch stärker jedoch erfasste die Militarisierung die Zivilverwaltung und schränkte die Kompetenzen der Regierung selbst zusehends ein. Der Selbstmord Te- lekis am 3. April 1941 war auch das Eingeständnis dessen, dass der Ministerpräsident sich gegen die um den Reichsverweser versammelten, überwiegend deutschfreundli- chen Militärbefehlshaber nicht mehr durchzusetzen vermochte. Die schlecht bezahl- ten und mangelhaft ausgebildeten Soldaten waren überdies stark rassistisch und rechtsradikal eingestellt und in einem internen Bericht vom Sommer 1940 wurden sie als freikorpsähnliche politisierende Truppe charakterisiert, die in prinzipieller Opposi- tion zur konservativ-feudalen Regierung stand.114 Der um sich greifende und immer mehr ausufernde Antisemitismus erwies sich als einer der wirkungsvollsten Instru- mente ideologischer Gleichschaltung und setzte sich auch wiederholt in brutale Ver- nichtungsaktionen der ungarischen Armee um: so die Vertreibung von mehr als 10 000 Juden aus der Karpatenukraine im August 1941 (die sodann in Galizien mas- sakriert wurden) und die Massaker in Neusatz/Novi Sad im Januar 1942.115 Die kon- servativ-rechtsstaatlichen Grundsätze und Einrichtungen wurden immer mehr in Fra- ge gestellt und innerlich ausgehöhlt. In einer solchen Atmosphäre war es daher nicht weiter verwunderlich, dass die menschenverachtenden Maßnahmen gegen die Juden und deren Deportation in die NS-Vernichtungslager und später, nach dem Krieg, auch gegen die Deutschen und deren Vertreibung aus ihrer Heimat auf so viel Mittäter-

114 FENYO, S. 40; UNGVÁRY, Honvédség. 115 SAJTI, Délvidék.

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schaft innerhalb der ungarischen Gesellschaft und auf so wenig Widerstand gestoßen sind. Sofern die deutsche Übermacht von einem wesentlichen Teil der politischen Elite nicht richtig wahrgenommen wurde, bestand Gelegenheit, die daraus sich ergebenden Freiräume zu nutzen, solange die ungarische Regierung nach innen tatsächlich noch eigene Akzente zu setzen vermochte. Ihre im Prinzip gegebene, wenn auch begrenzte Handlungsfreiheit war mit der deutschen Besetzung des Landes zwar nicht vollstän- dig aufgehoben, wie das beispielsweise die Rettung des Budapester Judentums vor dem Holocaust belegt, doch wesentlich stärker eingeschränkt als davor. Der ungari- sche Staat hatte mit der deutschen Besetzung endgültig seine Souveränität verloren. Als die deutsche Wehrmacht am 19. März 1944 das Land besetzt hatte, um den drohenden Austritt des Landes aus der Kriegskoalition zu verhindern, kam einige Ta- ge danach auch Eichmann in das Land und seine ca. 60 Köpfe zählende Kommando- einheit begann mit ihren Vorbereitungen für den Abtransport der ungarischen Juden in die Todeslager von Auschwitz und Birkenau. 550 000 ungarische Juden fielen un- ter tatkräftiger Mitwirkung der ungarischen Behörden dem Holocaust zum Opfer.116 Der Historiker István Deák hat in diesem Zusammenhang die Frage aufgeworfen, ob die ungarische Staatsführung die deutsche Besetzung des Landes nicht doch unter al- len Umständen hätte vermeiden müssen, und damit ihre Verantwortung an den Folge- prozessen hervorgehoben.117 Immerhin konnte das Horthy-Regime bis März 1944 trotz Judengesetze und Judendiskriminierung den Holocaust in Ungarn vermeiden. Sicherlich gehörte das Unternehmen „Margarethe“, so der Name für die deutsche Besetzungsoperation des Landes im März 1944, mit den sich anschließenden Folge- wirkungen zu den dunkelsten Seiten der deutsch-ungarischen Beziehungen, die hier keinesfalls übergangen werden sollen.118 Zu nennen sind der Holocaust, die Vernich- tung von über einer halben Million Juden, die Verhaftung vieler Regimegegner und deren Verschleppung in deutsche KZs, vornehmlich nach Mauthausen; schließlich das von Berlin an die Macht gebrachte Pfeilkreuzlerregime von Ferenc Szálasi (1897- 1946), das von Oktober 1944 bis zum Frühjahr 1945 das ganze Land mit seinem Ter- ror überzog und vor Massenmorden an der Zivilbevölkerung keineswegs zurück- schreckte.119

3.5 Die Patronagerolle Deutschlands in den deutsch-ungarischen Beziehungen Der erste deutsche Staatsmann, der die Förderung auslandsdeutscher Minderheiten im östlichen Europa als wichtige Aufgabe deutscher Politik erkannte und umzusetzen suchte, war Gustav Stresemann (1878-1929), 1923 für einige Monate Reichskanzler und von diesem Zeitpunkt an bis zu seinem Tod 1929 Außenminister der Weimarer Republik. Mittels seiner Verständigungspolitik mit den Siegermächten des Ersten

116 GÖTZ/CHRISTIAN; BRAHAM. 117 DEÁK, Compromise, S. 59 f. 118 RÁNKI, Unternehmen. 119 SZÖLLÖSI-JANZE.

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Weltkriegs strebte er nach Wiederherstellung der deutschen Großmachtposition, die er auch zugunsten der deutschen Minderheiten im Ausland einzusetzen trachtete. In seinem an den Kronprinzen gerichteten Brief vom September 1925 bezeichnete er „den Schutz der Auslandsdeutschen, jener 10-12 Millionen Stammesgenossen, die jetzt unter fremdem Joch in fremden Ländern leben“, als zweitwichtigste Aufgabe deutscher Außenpolitik (nach der „Lösung der Reparationsfrage“ und noch vor der „Korrektur der Ostgrenzen“).120 Die von Stresemann verfolgte Konzeption seiner Pa- tronagepolitik verdeutlichte sein Mitarbeiter Carl Georg Bruns im Entwurf einer Denkschrift über „Die kulturelle Autonomie für völkische Minderheiten“ vom 9. Ap- ril 1925: „Ein ausgeprägtes deutsches Selbstbewusstsein und das Bewusstsein der Zu- gehörigkeit zum Gesamtdeutschtum zu fördern“ sowie mit Hilfe des Deutschen Rei- ches die Autonomiebestrebungen der deutschen Minderheiten im Ausland zu unter- stützen, waren die wichtigsten Ziele, argumentativ gestärkt durch die Wahrnehmung, „die deutschen Minderheiten würden heute ohne jede Beachtung im Ausland unter- drückt und ausgerottet werden, wenn ihr Schicksal nicht in Deutschland – leider nicht genügend kräftige – Resonanz fände“. Die davon bestimmten Aktivitäten sollten dazu dienen, „maßgeblichen Einfluss in Ostmitteleuropa“ zu gewinnen, um schließlich eine „Änderung der Grenzen“ zu erreichen.121 Stresemann sah im Reziprozitätsprinzip der grenzüberschreitenden Minderheitenpolitik ein nützliches Instrument für die Durch- setzung von Minderheitenschutzbestimmungen. Zu diesem Zweck plante er auch eine gesetzliche Regelung der Kulturautonomie für die im Reich lebenden Nationalitäten, die freilich im national aufgeheizten Klima der Weimarer Republik nicht durchsetzbar war. Die staatlichen Finanzhilfen für die deutschen Minderheiten im Ausland, insbe- sondere in Ostmitteleuropa, die durch Stresemann als wichtige Fördermaßnahme gleichsam institutionalisiert und als „zentraler Bestandteil der staatlichen Fürsorge- pflicht des Mutterlandes“122 angesehen wurden, blieben nach außen allerdings ver- borgen, denn sie wurden in erster Linie verdeckt durch das Netz der im Reich für die Auslandsdeutschen tätigen Organisationen (angeführt vom Verein für das Deutschtum in Ausland, im Folgenden abgekürzt VDA) an die deutschen Minderheiten verteilt.123 So hatten auch Bleyer und sein Mitarbeiterkreis ab Mitte der 1920er Jahre regelmäßig Finanzhilfen aus dem Reich erhalten, was erst 1935 durch das Geständnis seines Schwiegersohns Franz Kußbach (1897-1972) aufgedeckt wurde.124 Im Rahmen der deutsch-ungarischen Beziehungen wurde die ungarndeutsche Minderheit verhältnismäßig spät, nämlich erst im November 1930 anlässlich des Staatsbesuchs des Ministerpräsidenten Graf Bethlen in Berlin, thematisiert. Die Initia-

120 PAA, Nachlass Stresemann, Bd. 29. Text in http://www.teachsam.de/geschichte/ges_deu_ weimar_18-33/wei_aussenpolitik/wei_ausspol_quellen/wei_ausspol_qu_schr_6.htm. Vgl. BROSZAT, Aspekte. 121 BA R 43.I/560, hier zit. nach SPANNENBERGER, Volksbund, S. 122 f. 122 LUTHER, Volkstumspolitik, S. 35. 123 HIDEN, ; SCHOT, Nation; TILKOVSZKY, Weimarer Republik. 124 Meldung des deutschen Gesandten von Mackensen an das Auswärtige Amt vom 21. No- vember 1935. – A Wilhelmstrasse és Magyarország, Nr. 45.

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tive ging von ungarischer Seite aus. Ausgehend von der Überlegung, dass „in den von Ungarn abgetrennten Gebieten neben der ungarischen Minderheit überall auch eine deutsche Minderheit siedelt“125, erklärten die Budapester Diplomaten eine Zusam- menarbeit der deutschen mit den ungarischen Minderheiten in den Nachfolgestaaten zu einem der wichtigsten Ziele ungarischer Politik, das sie über Berlin durchzusetzen suchten. Bethlen selbst stellte in seinen Verhandlungen mit dem deutschen Außenmi- nister Curtius ein Junktim her: Die Wünsche der deutschen Minderheit in Ungarn be- treffend Schule und Religionsunterricht könnten nur dann erfüllt werden, wenn eine solche grenzüberschreitende, Berlin, Budapest und deutsche wie ungarische Minder- heiten umfassende Kooperation zustande käme. Als Haupthindernis für eine solche Kooperation hob Bethlen die „antiungarische Agitation der Deutschtumsvereine des Reichs“ sowohl in Ungarn als auch in den Nachfolgestaaten hervor und versprach: „Wenn die von ihm beanstandete Agitation abgestellt werde, so würden die kulturel- len Wünsche der deutschen Minderheit in Ungarn volle Befriedigung finden kön- nen.“126 Beide Seiten einigten sich darauf, als nächsten Schritt in Budapest eine Denk- schrift über diese Angelegenheit auszuarbeiten, die als Grundlage für weitere Ver- handlungen dienen sollte. Doch Berlin weigerte sich, diese im März 1931 vorgelegte Denkschrift als Verhandlungsgrundlage anzuerkennen, sondern forderte von Buda- pest, in einem ersten Schritt die Forderungen der deutschen Minderheit in Ungarn zu erfüllen, erst dann könne über weitere Kooperationsvorhaben gesprochen werden. Darüber ließ sich auch in der Folgezeit keinerlei bilaterale Verständigung herbeifüh- ren. Vielmehr behinderte dieser Grundsatzkonflikt bis 1937 eine Verbesserung der deutsch-ungarischen Beziehungen, so dass sich das „Problem der deutschen Minder- heit in Ungarn als weiterer Schatten auf das Verhältnis beider Länder legte“.127 Auch der Besuch des Hitler-Bewunderers und neu ernannten Ministerpräsidenten Gömbös im Juni 1933 in Berlin konnte daran nichts ändern. Vergeblich wurde im ungarischen Verhandlungspapier der deutsche Reichskanzler ersucht, „dahingehend zu wirken, dass die ungarischen und deutschen Minderheiten in den abgetrennten Gebieten ein möglichst gutes Verhältnis miteinander unterhalten und die Deutschen wenigstens keine Stellung gegen die legitimen ungarischen nationalen Aspirationen nehmen“128. Der deutsche Außenminister Konstantin von Neurath (1873-1956) hat in Reaktion auf einen in dieser Sache von Gömbös an Hitler gerichteten Brief vom Februar 1934 die deutschen Einwände gegen eine solche Kooperation auf den Punkt gebracht: „Eine Zusammenarbeit zwischen deutschen und ungarischen Minderheiten in den Staaten der Kleinen Entente wäre nur für die ungarische Seite von Vorteil. Die Interessen des Deutschen Reiches erforderten vielmehr die Beachtung der folgenden Gesichtspunkte: 1. Die deutschen Minderheiten in den Staaten der Kleinen Entente sind – durch ihre eige- nen wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Verbindungen – in der Hand des

125 Iratok az ellenforradalom történetéhez, Bd. 4, Nr. 268. 126 Ebenda, Nr. 270. 127 PRITZ, Nationalitäten, S. 340. 128 KARSAI.

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Deutschen Reiches ein wichtiges Instrument zur Beeinflussung der dort herrschenden Völ- ker. 2. Im Falle der Verwirklichung der ungarischen Revision bliebe ihr Zustand als Min- derheit in Ungarn auch weiterhin bestehen, wird sogar noch schwieriger. Denn bekanntlich ist die Lage der deutschen Minderheit in Ungarn – von Südtirol abgesehen – am härtesten. 3. Es ist vorstellbar, dass Deutschland, sollte die Revision tatsächlich aktuell werden, die deutschen Volksgruppen in Rumänien, Jugoslawien und in der Tschechoslowakei dahinge- hend beeinflussen werde, für Ungarn zu stimmen. Wenn aber diese Volksgruppen den Re- visionsgedanken schon jetzt und von sich aus propagierten, würde das zwangsläufig dahin führen, dass sich der Druck der Mehrheit verstärken würde. Im Falle der offenen politi- schen Zusammenarbeit zwischen den deutschen und ungarischen Minderheiten in den Staa- ten der Kleinen Entente würden die dortigen Regierungen höchstwahrscheinlich scharfe Maßnahmen ergreifen und nicht nur die ungarischen, sondern auch die deutschen Minder- heiten unterdrücken. 4. Zurückhaltung in der Frage der Zusammenarbeit der Minderheiten empfiehlt auch der Umstand, dass hierdurch Druck auf die eine Zusammenarbeit anstre- bende ungarische Regierung im Interesse einer besseren Behandlung der deutschen Min- derheit in Ungarn ausgeübt werden könne.“129 Aus dieser Lagebeurteilung kann man den Schluss ziehen, dass die ungarische Po- litik selbst die Möglichkeit jeglicher Kooperation blockierte, da sie sich weigerte, in Anerkennung des Reziprozitätsprinzips – das sie stets vehement ablehnte – ihre eige- ne Nationalitätenpolitik zu ändern. Die in den bilateralen Verhandlungen von Buda- pest 1935 neuerlich erhobenen, in die gleiche Richtung weisenden Kooperationsvor- schläge machen deutlich, dass die ungarischen Akteure den grundsätzlichen Zusam- menhang zwischen ihrer Revisions- und ihrer Minderheitenpolitik – wie er von Neu- rath gesehen wurde – einfach nicht wahrhaben wollten. In der im März 1931 Berlin vorgelegten ungarischen Denkschrift wird zwar mit dem Versprechen für den Buda- pester Standpunkt geworben: „Die ungarische Regierung garantiere den deutschen Minderheiten im Donaubecken, wenn diese wieder zur ungarischen Staatsobrigkeit zurückkehrten, ihre Rechte.“130 Doch angesichts der politischen Lage in Ungarn selbst fehlte dieser Versicherung jegliche reale Grundlage, was aufmerksamen Zeitgenossen nicht entgehen konnte. Nur der Innenminister, Miklós Kozma (1884-1941), zeigte sich in der am 5. August 1935 in Királyszállás abgehaltenen Ministerratssitzung ge- neigt, diesen grundsätzlichen Widerspruch durch eine gemäßigtere Nationalitätenpoli- tik aus dem Weg zu räumen, als er vorschlug, in kultureller Hinsicht der deutschen Minderheit all jene Rechte zuzugestehen, die „wir für das abgetrennte Magyarentum verlangen“131. Seine Idee, die gemäßigte, vom Volksbildungsverein vertretene Grup- pe durch die Erfüllung ihrer Wünsche gegenüber der radikalen Basch-Gruppe zu stär-

129 BA R 43 II./1501. 130 Ebenda, S. 404. 131 MOL, Kozma-Schriften, 5.cs. Datensammlung 1935 III, 176-178, hier zit. nach BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 63. Im Rahmen seines Besuchs in Berlin im Dezember 1936 wie- derholte Kozma diese umsichtige Feststellung: „Unsere Minderheiten, vor allem die deutsche Minderheit, müssen wir genauso behandeln, wie wir es für die jenseits der Gren- zen lebenden magyarischen Minderheiten verlangen.“ – Ebenda, S. 103. Er fügte erklärend hinzu, es hätten nur wenige Männer des öffentlichen Lebens, z.B. Kánya, gewagt, diesen unpopulären, aber richtigen Standpunkt zu vertreten.

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ken, hätte der ganzen Entwicklung sowohl innerhalb des Ungarndeutschtums wie in der ungarischen Nationalitätenpolitik eine neue Richtung geben können. Doch Göm- bös war nicht bereit, irgendwelche Kursänderungen vorzunehmen, da er zu diesem Zeitpunkt noch überzeugt war, die ungarndeutschen „Radikalen“ vernichten und da- durch das Problem aus der Welt schaffen zu können.132 Gömbös sah sich in seiner Auffassung noch durch Gespräche bestärkt, die er anlässlich seiner Einladung durch Hermann Göring (1893-1946) zu einer Hirschjagd Ende September 1935 in Berlin mit Hitler, Neurath, Joseph Goebbels (1897-1945) und Rudolf Heß (1894-1987) führ- te. Auf der Ministerratssitzung vom 7. Oktober berichtete er, er habe in seinen Ver- handlungen mit Deutschland den Eindruck gewonnen, „das Interesse der deutschen Seite an der Frage“ der deutschen Minderheit in Ungarn ließe nach, so dass einem ri- gorosen Vorgehen gegen die deutschen Agitatoren nichts mehr im Weg stehe.133 Tatsächlich spielte Berlin in der zu diesem Zeitpunkt noch nachrangigen Angele- genheit der deutschen Minderheit in Ungarn keineswegs mit offenen Karten. Für die Reichsführung besaß Mitte der 1930er Jahre die Wiederherstellung des Großmacht- status für Deutschland absolute Priorität, der alle anderen, noch offenen Probleme deutscher Außenpolitik bis 1937 untergeordnet wurden. Die von Kozma vorgeschla- gene Kursänderung hätte zumindest kurzfristig die Grundlage für eine Verständigung mit Deutschland als Patronagestaat der deutschen Minderheit abgeben können, zumal zu diesem Zeitpunkt sowohl der Volksbildungsverein und damit die „Gemäßigten“ der Gratz- als auch die „Radikalen“ der Basch-Gruppe vom Reich aus finanziell un- terstützt wurden und Berlin es dadurch strikt vermied, für eine der beiden Gruppen Stellung zu beziehen, sich vielmehr jegliche Option für die eine oder die andere Seite offen hielt. Ganz auf dieser Linie war auch die deutsche Zurückhaltung, auf den Brief von Gömbos vom 16. Februar 1934 in irgendeiner Weise zu reagieren, obwohl der deutsche Gesandte Hans Georg von Mackensen (1883-1947) wiederholt darauf dräng- te. Eine Antwort erschien den deutschen Außenpolitikern jedoch nicht opportun. Denn in diesem Brief stellte Gömbös unter Berufung auf Bismarck den Grundsatz auf, dass ein starkes Ungarn im Interesse des Reiches liege, und zögerte auch nicht, es als deutsches Interesse zu bezeichnen, dass die ungarische Regierung beabsichtige, „sich gegen jede Einmischung […] in die Angelegenheiten der ungarländischen Deut- schen aufs entschiedenste zu verwahren und jede Verbindung mit dem Ausland zu un- tersagen, die zwar in ihrer äußeren Aufmachung, oft vielleicht auch in ihrer ursprüng- lichen Zielsetzung lediglich als kulturelle Verbindung erscheint, in Wirklichkeit aber politische Tendenzen deckt“134. Damit spielte er auf die von ungarischer Seite als pangermanistisch verurteilte Propaganda der Volksgemeinschaftskonzeption seitens der Volksdeutschen Kameradschaft (im Folgenden abgekürzt VK) an, die von Göm- bös bereits als illoyale und staatsfeindliche Gruppe angesehen wurde. Die Patronage-

132 BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 55. 133 A Wilhelmstrasse és Magyarország, Nr. 43, S. 113 f. 134 Ebenda, Nr. 19; Akten zur deutschen auswärtigen Politik, Serie C: 1933-1937, Band II/2, Göttingen 1973, Nr. 252.

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rolle Deutschlands in Fragen der deutschen Minderheit in Ungarn in Zweifel zu zie- hen, wie das Gömbös versuchte, hätte Berlin allerdings keinesfalls widerspruchslos hinnehmen können. So unterblieb auch die Klarstellung, die sich im Entwurf einer Antwort findet, wonach das Reich mit den deutschen Minderheiten „aus Gründen der Loyalität“ überall nur auf kulturellem und in geringem Maß auf wirtschaftlichem Ge- biet Kontakt unterhalte und sich deshalb gezwungen sehe, auf die politische Beein- flussung dieser Minderheiten zu verzichten.135 Das mag für diese frühe Periode natio- nalsozialistischer Außenpolitik noch gegolten haben136, eineinhalb Jahre später jedoch schon nicht mehr. Zudem hätte jede Diplomatie eine „politische Beeinflussung“ ihrer Konnationalen dementiert. In Budapest wiederum zog man aus der Tatsache, dass der Brief von Gömbös unbeantwortet blieb, den etwas voreiligen Schluss, dass das Berli- ner Schweigen Zustimmung zum Inhalt dieses Briefes signalisiere.137 Gömbös meinte nun freie Hand zu haben. Die von ihm angeordnete Verfolgung führender Repräsentanten der ungarndeutschen „Radikalen“ gipfelte am 24. Juni 1936 in der nochmaligen Verurteilung von Franz Basch in dritter Gerichtsinstanz zu einer fünfmonatigen Haftstrafe, die dieser im September auch antrat. Inzwischen war klar geworden, dass die im Dezember 1935 erlassene und selbst von den „Radikalen“ be- grüßte Schulverordnung, der zufolge alle Nationalitätenschulen durch den bisherigen B-Typ (mit dem zweisprachigen Unterricht in Ungarisch und Deutsch) ersetzt werden sollten, nur sehr unvollständig umgesetzt wurde, was alle Zweifel an der Ernsthaftig- keit ungarischer Nationalitätenpolitik in der Praxis bestätigte. Daran konnte auch der Besuch des nationalitätenpolitisch moderat auftretenden Innenministers Kozma im Dezember 1936 in Berlin nichts ändern. Ein Verhandlungspunkt war die Begnadi- gung von Franz Basch (1901-1946), die Kozma zusagte.138 Der bei dieser Gelegenheit vereinbarte deutsch-ungarische Austausch diplomatischer Noten fand zwar – verspä- tet – am 14. und 15. Juli 1937 statt, wobei in der ungarischen, vom neuen Innenminis- ter József Széll (1880-1956) unterzeichneten Note eine zuvorkommende Behandlung der deutschen Nationalität in Aussicht gestellt, in der deutschen, von Hitlers Stellver- treter Rudolf Heß unterzeichneten Note die Treue dieser Minderheit zum ungarischen Staat bekräftigt wurde. All das blieb aber eine wirkungslose, den Stand der Dinge

135 A Wilhelmstrasse és Magyarország, Nr. 22. 136 Das bestätigt auch die am 11. August 1933 ergangene Weisung Berlins an die deutsche Ge- sandtschaft in Budapest, in der in Reaktion auf die von der Parlamentsrede Bleyers ausge- lösten Spannungen befohlen wurde: „Aus allgemeinen politischen Rücksichten ist es […] im gegenwärtigen Augenblick der Reichsregierung nicht möglich, einen Druck auf die un- garische Regierung auszuüben. Aus dem gleichen Grund wäre es auch nicht erwünscht, wenn das ungarländische Deutschtum in eine Kampfstellung gegenüber der ungarischen Regierung und Öffentlichkeit geraten würde. Wir würden es daher für zweckmäßig halten, wenn Professor Bleyer bei seinem weiteren Vorgehen diesem Gesichtspunkt Rechnung tragen wollte.“ – Akten zur deutschen auswärtigen Politik, Serie C: 1933-1937. Das Dritte Reich: die ersten Jahre, Bd. I/2, Nr. 400, Weisung Roedigers. 137 Laut Bericht von Mackensen vom 6. April 1935 an Stieve, PAA Deutsche Gesandtschaft Budapest P. 24 Nationalitäten in Ungarn 1935, E 683, S. 572-586. 138 BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 110.

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nicht tangierende Formalität, die nur dazu dienen konnte, nach außen den Willen zur bilateralen Verständigung zu demonstrieren, dem jedoch nach innen sowohl auf deutscher wie auf ungarische Seite die Grundlage fehlte. Die solchen Scheingefechten ein Ende setzende tatsächliche Intervention Berlins in der Angelegenheit ihrer Konnationalen in Ungarn nahm 1937 ihren Anfang und vollzog sich in mehreren Schritten, die erst mit dem Volksgruppenabkommen vom 30. August 1940 ihren Abschluss fand. Der erste Schritt war die Begnadigung von Franz Basch am 9. Januar 1937, die durch Horthy auf Intervention Berlins erfolgte. Der zweite war die Legalisierung der VK, die im Rahmen des Staatsbesuchs der un- garischen Regierung in Berlin, angeführt von Ministerpräsident Kálmán Dárányi und Außenminister Kálmán Kánya, im November 1937 zusichert wurde. Das große The- ma war hier die Beteiligung Ungarns an der Zerschlagung der Tschechoslowakei. Doch die Staatssekretäre Tibor Pataky (1889-1946) und von Mackensen139 verhandel- ten auch die Frage, wie es mit der deutschen Minderheit in Ungarn weitergehen sollte. In ihrer Unterredung vom 24. November schlug der für Nationalitätenfragen im Amt des ungarischen Ministerpräsidenten zuständige Pataky vor, die nationalitätenpoliti- sche Lage in Ungarn zu „entgiften“ und die oppositionelle Haltung der volksdeut- schen Kameraden in eine Zusammenarbeit „zu verwandeln“. Er verwarf Professor Ri- chard Huß (1885-1941) als Führungskandidaten „wegen politischer Unfähigkeit“. Von Mackensen stimmte dem ungarischen Staatssekretär hierin zu und schlug Franz Basch als zukünftigen Leiter einer volksdeutschen Gruppenorganisation vor, den er „für eine solche Zusammenarbeit für durchaus geeignet hält“, von der Annahme aus- gehend, dass „diese – allerdings bei einem gewissen Mindestmaß von Zugeständnis- sen – erreichbar sei“. Gustav Gratz (1875-1946) und den Volksbildungsverein lehnte von Mackensen entschieden ab, da Gratz ein Katholik, Legitimist und, „wie bezeich- nenderweise Herr von Pataky selbst hinzufügte, Freimaurer“ sei. Basch wurde also von deutschen und ungarischen Politikern gemeinsam zu seiner Führungsrolle auser- koren, weil er im Gegensatz zu seinen Kameraden einen „gemäßigteren“ ethnopoliti- schen Standpunkt vertrat. Auch seitens des Ministerpräsidenten wurde im entschei- denden Moment nicht Huß, sondern Basch als Verhandlungspartner bevorzugt, denn dieser sei „viel klüger als Huß, der als hysterischer Typ mit niemandem zurechtkam, während Dr. Basch ein Mann mit vorzüglichen Manieren war, der mit Menschen um- zugehen wußte“140. Pataky passte sich mit seinen Vorschlägen allerdings nur der Lage an, welche die Anfang 1937 als SS-Organisation begründete Volksdeutsche Mittelstelle (im Folgen- den abgekürzt VoMi) mit ihrem Beschluss vom 30. Juni 1937 geschaffen hatte: „Die führenden Mitglieder der Volksdeutschen Kameradschaft sind als einzige Vertreter der deutschen Volksgruppe in Ungarn anzuerkennen. Persönlichkeiten des Gratz-

139 Mackensen, Hans Georg von (1883-1947), von Dezember 1933 bis April 1937 deutscher Gesandter in Budapest, vom 15. April 1937 bis 4. November 1938 Staatssekretär im Aus- wärtigen Amt, 1938-1943 Botschafter in Rom. 140 PAA, R 29960. Aufzeichnung von Mackensen vom 24. November 1937. Gratz wuchs in einem protestantischen Pfarrhaus auf und war niemals Freimaurer.

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schen UDV können, – da sie nicht volksdeutsch gesinnt sind – nicht in Frage kom- men.“141 Das bestätigte auch das Auswärtige Amt mit seinem am 31. Juli 1937 ausge- fertigten Erlass an seinen Budapester Gesandten Otto von Erdmannsdorff (1888- 1978).142 Der von Berlin ausgehende Druck auf Budapest, die VK in Ungarn endgültig zu legalisieren, verdichtete sich nach dem Ersten Wiener Schiedsspruch vom 2. Novem- ber 1938, demzufolge Ungarn Teile der südlichen Slowakei, 12 400 km mit 1,1 Mil- lionen mehrheitlich ungarischer Bevölkerung, darunter 13 875 Deutsche, erhielt. Der zweite Faktor war das sowohl von Konrad Henlein (1898-1945) in Böhmen als auch von Franz Karmasin (1901-1970) in der Slowakei ausgearbeitete Autonomiestatut der jeweiligen deutschen Minderheit, das als „Volksgruppenorganisation“ weitgehende Selbstverwaltungsrechte beinhaltete und Karmasin das Amt eines Staatssekretärs in der slowakischen Regierung einräumte. Solchen Beispielen folgend machte daraufhin die VK die Forderung nach Autonomie und Selbstverwaltungsorganisation der Volksgruppe gleichfalls zu ihrem Programm.143 Der dritte Faktor war das unglück- liche Agieren des Ministerpräsidenten Béla Imrédy (1891-1946) in der von ihm an- gezettelten Aktion betreffend die Karpaten-Ukraine, die er militärisch besetzen woll- te, womit er am deutschen Einspruch scheiterte, was wiederum zum Sturz seiner Re- gierung durch eine Abstimmungsniederlage im ungarischen Parlament führte, übri- gens in der 25-jährigen Geschichte des Horthy-Regimes die einzige mit derartigen Folgen. Um neuerlich mit der Regierungsbildung beauftragt zu werden, benötigte er die deutsche Hilfe. Als politisches Tauschgeschäft in dieser Sache genehmigte er die Legalisierung der VK in Gestalt des am 26. November 1938 in Budapest gegründeten Volksbundes der Deutschen in Ungarn.144 Imrédy ging in seinem in der Weihnachtsnummer des Pester Lloyd veröffentlich- ten Artikels über „Die Minderheitenpolitik Ungarns“145 so weit, die Bezeichnung „Volksgruppe“ – „wenn es gefällt“ – zu verwenden, und versprach, deren Forderung nach Einführung eines einheitlichen Minderheitenschultypus zu erfüllen. Ferner stell- te er deutsche Kindergärten, Grund- und Mittelschulen, landwirtschaftliche Fachschu- len und die Einrichtung einer deutschen Lehrerbildungsanstalt in Aussicht. „Und wenn schließlich das Deutschtum den Wunsch hätte, sich in einer eigenen Partei zu

141 Zit. nach BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 127. 142 PAA Inl.II.D.R 100580. Bericht von Erdmannsdorff vom 3. Februar 1938, hier zit. nach SPANNENBERGER, Volksbund, S. 127. 143 FRANZ BASCH: Die Forderungen des ungarländischen Deutschtums, in: Günser Zeitung vom 20. November 1938, wo er das von ihm im April 1938 vorgestellte „Völkische Prog- ramm“ in aktualisierter Form zusammenfasste. Vgl. Deutscher Volksbote vom April 1938. 144 TILKOVSZKY, Ungarn, S. 40; BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 175; SPANNENBERGER, Volksbund, S. 148. Bericht von Erdmannsdorff vom 22. November 1938, PAA Pol. IV. Bd. 501. Zur Entwicklung im Jahr 1938 siehe auch den Bericht der beiden Sachreferenten im Amt des Ministerpräsidenten, Géza Birkás und Judit Fejes: Der seit 1938 immer stärker werdende deutsche Druck auf Ungarn und der dagegen gerichtete Widerstand. – MOL, 45 UMKL.Küm.Bé.O.1945. XV/1. 145 Pester Lloyd vom 25. Dezember 1938.

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vereinigen, würden auch diesem keine Hindernisse in den Weg gelegt werden.“ Die- ses so weitgehende Zugeständnis, eine politische Mobilisierung der Deutschen in Un- garn zuzulassen, wäre tatsächlich auf einen vollkommenen Bruch mit der bisherigen Nationalitätenpolitik Ungarns hinausgelaufen. Doch in seiner drei Tage später, am 28. Dezember, mit Basch geführten Unterredung machte er schnell klar, dass davon keine Rede sein könne, insbesondere was die von deutscher Seite erwünschte Anerkennung des öffentlich-rechtlichen Autonomiestatus einer „Volksgruppe“ nach dem Beispiel Rumäniens oder der Slowakei betraf. In den daran anschließenden langwierigen Ver- handlungen um das Statut des Volksbundes wurde ein solcher Status von vornherein ausgeschlossen, obwohl die ungarische Regierung, insbesondere ihr Außenminister Graf Csáky, die Vorteile einer solchen Regelung für die magyarischen Minderheiten in der Slowakei, Rumänien und Jugoslawien durchaus erkannte und dort durchzuset- zen suchte.146 Der neue Ministerpräsident Graf Pál Teleki (1879-1941), der am 16. Februar 1939 Imrédy abgelöst hatte, versuchte sogar, durch beträchtliche Finanzhil- fen, die er dem Volksbildungsverein, dem KALOT (Katolikus Legényegyletek Országos Titkársága – Landessekretariat der katholischen Burschenvereine) und deutschsprachigen Zeitungen der katholischen (Kirchenblatt) und protestantischen (Wehr und Waffe) Konfession gewährte, eine gegen den Volksbund gerichtete Bewe- gung innerhalb der Ungarndeutschen aufzubauen.147 Als schließlich am 13. April 1939 das Statut des Volksbundes genehmigt wurde, war der ursprünglich beantragte Text des Statuts um drei Viertel gekürzt und der neue Verein unter Berufung auf das Vereinsgesetz von 1879 auf die Kultur als einzigen Aufgabenbereich beschränkt wor- den. Der im Entwurf verwendete Begriff der „Volksgruppe“ wurde übrigens konse- quent durch „ungarische Staatsbürger deutscher Nationalität“ ersetzt. Nach dem ge- nehmigten Statut war es Zweck des Volksbundes, „die kulturellen Interessen der un- garischen Staatsbürger deutscher Nationalität auf allen Gebieten, wo sich das völki- sche Leben manifestiert, zu fördern und zu wahren“. In Vorbereitung auf den Zweiten Weltkrieg hielt es die Reichsregierung zunächst nicht für opportun, daran etwas zu verändern, obwohl sie die Errichtung der Volks- gruppenorganisation nach wie vor für unumgänglich hielt. Erst nach dem Sieg über Polen und im Frühsommer 1940 über Frankreich hielt sie den Zeitpunkt für gekom- men, das Volksgruppenstatut auch in Ungarn durchzusetzen. Die willkommene Gele- genheit dafür bot die ungarisch-rumänische Auseinandersetzung um die Grenzzie- hung in Siebenbürgen, die durch den am 30. August 1940 gefällten Zweiten Wiener Schiedsspruch entschieden wurde. Mit der Abtretung Nord-Siebenbürgens an Ungarn kam ein bedeutender Teil der siebenbürgisch-sächsischen Volksgruppe unter ungari- sche Souveränität. Um deren Volksgruppenstatus bewahren zu können, bereitete das Auswärtige Amt noch vor dem Schiedsspruch ein Minderheitenabkommen Deutsch- lands mit Ungarn (und aus Gründen der Parität auch mit Rumänien) vor. Die an der Vorbereitung des Abkommens beteiligte VoMi setzte sich mit der Forderung durch, die Volksgruppenorganisation nicht nur für die vom Machtwechsel betroffenen Sie-

146 TILKOVSZKY, Ungarn, S. 51. 147 Ebenda, S. 53.

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benbürger Sachsen zu gewährleisten, sondern auf alle Ungarndeutsche auszudehnen, um „den Magyaren jede Möglichkeit der Anwendung ihrer alten Volkstumspolitik zu nehmen“. Die dadurch herbeigeführte Zäsur sei für eine „nun beginnende Aufbauar- beit in der Volksgruppe“ zu nutzen. Als besonders wichtig erachtete die VoMi, „den Magyaren die Entscheidung, wer als Volksdeutscher anzusehen ist, aus der Hand“ zu nehmen, um zu verhindern, dass die Beamtenstellen weiterhin mit assimilierten Volksdeutschen besetzt würden.148 Der SS ging es hier eindeutig um einen von ihr angepeilten Elitenwechsel durch „deutsch-völkisch“ gesinnte Personen, soweit davon angesichts der zahlenmäßig bescheidenen Dimension der zu diesem Zweck vorhan- denen Kandidaten die Rede sein konnte. Am Vorabend des Schiedsspruchs wurde Teleki und Csáky der Entwurf für das Abkommen übergeben. In Reaktion darauf drohte Teleki mit Selbstmord, doch ange- sichts des in Aussicht stehenden großen Revisionserfolgs besann er sich und es gelang ihm, einige Änderungen im Text zu erreichen. Überall dort, wo von Kollektivrechten der Volksgruppe die Rede war, ersetzte er diese durch die Formel „die Angehörigen der deutschen Volksgruppe“, da nach ungarischer Rechtsauffassung Nationalitäten- rechte nur einen individuellen Charakter haben konnten. Da aus der Sicht des Dritten Reiches das Abkommen als politisches Tauschgeschäft zum Schiedsspruch an diesen gebunden blieb und daher die Möglichkeit seines Scheiterns nicht vorgesehen war, wurde es mit diesen Abänderungen am Abend des 30. August von Csáky und Rib- bentrop unterzeichnet. Für die deutsche Seite blieb es ein international rechtsgültiger Vertrag mit Gesetzeskraft, die ungarische Seite jedoch stufte ihn als „Protokoll“ he- runter. Die ungarische Regierung weigerte sich deshalb – trotz deutschen Drucks –, das Abkommen vom Parlament als Gesetz ratifizieren zu lassen. Das Abkommen wurde schließlich als Verordnung des Ministerpräsidenten Nr. 8490 am 28. Novem- ber 1940 in Budapesti Közlöny veröffentlicht. In Ungarn versuchte Teleki die Bedeutung des Abkommens mit der Behauptung herunter zu spielen, mit diesem keineswegs die Grundlage der traditionellen ungari- schen Nationalitätenpolitik aufgegeben zu haben. Genau das jedoch war der Fall, auch wenn die ungarische Seite in der Folgezeit alle Möglichkeiten nutzte, durch un- terschiedliche Interpretationen des „Verordnungs“-Textes ihre Handlungsfreiheit ge- genüber der deutschen Minderheit zurückzugewinnen. Diese hatte sie jedoch mit dem Abkommen weitgehend aufgegeben und die Entscheidungskompetenz über ungarn- deutsche Angelegenheit mehr oder weniger der SS überlassen. Wie der englische His- toriker Macartney dazu bemerkt, war nunmehr davon auszugehen, dass das Deutsche Reich seine Macht dafür einsetzen würde, dem Vertrag in der eigenen Auslegung Geltung zu verschaffen.149

148 BA Sammlung Schumacher. Deutsch-ungarischer Minderheitenvertrag. II. Der Vertrag als Ausgangslage für die Volksgruppe. – Hier zit. nach TILKOVSZKY, Ungarn, S. 92. 149 MACARTNEY, October, S. 432; dieses Thema bildet auch einen thematischen Schwerpunkt in der Monografie von DURUCZ.

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4 Die Minderheitenpolitik des Horthy-Regimes bis zum Sturz Bethlens 1931

4.1 Der Ungarländische Deutsche Volksbildungsverein Die politischen Rahmenbedingungen für einen deutschen Kulturverein nach den Vor- stellungen Bleyers schuf die Konsolidierungspolitik des Ministerpräsidenten Graf István Bethlen (1874-1947), der von 1921 bis 1931 regierte. Als ein aus Siebenbürgen stammender Aristokrat stand er allen Minderheiten misstrauisch gegenüber, als Real- politiker war ihm jedoch klar, dass das wichtigste Ziel, nämlich die Revision von Trianon, eine Umorientierung in der Minderheitenpolitik verlangte. Da dieses Ziel seiner Überzeugung nach nur mit Hilfe von Deutschland erreichbar schien, war eine Berücksichtigung des „deutschen Faktors“ nach innen wie nach außen unumgänglich. Die Wechselbeziehungen von „innen“ mit „außen“, nämlich der deutschen Minder- heit mit Deutschland als potentiellem Patronagestaat, gerade in der national aufge- heizten öffentlichen Meinung dieses Landes waren ihm gleichfalls schon aus Sieben- bürgen vertraut und Bethlen gelang es, solche subtilen Beziehungen mit Hilfe einer geschickten Imagepflege für seine Minderheitenpolitik zu instrumentalisieren, um mit sehr geringen Konzessionen und Scheinmanövern den von ihm angestrebten Prestige- gewinn zu erzielen. Mit einem Minimum an Aufwand vermochte Bethlen das Maxi- mum an Wirkung über die Landesgrenzen hinaus zu erlangen. Substantielle Verbesserungen in Fragen des Rechtsstatus und der Kulturpflege der deutschen Minderheit strebte er in seiner Politik niemals an. Vielmehr verfolgte er ei- nen medial wirksamen Kurs der kleinen und kleinsten Kompromisse und Zugeständ- nisse, wohl wissend, dass selbst diese auf der unteren Verwaltungsebene und auf dem flachen Land, in den deutschen Siedlungsgebieten, auf so viele Widerstände seitens der ungarischen Gesellschaft stoßen mussten, dass sie in der politischen Praxis vor Ort oft genug erfolgreich ausgehebelt wurden und damit von vornherein zum Schei- tern verurteilt waren. Kurzum, aus außenpolitischem Kalkül heraus verfolgte Bethlen minderheitenpolitisch einen Kurs der Rücksichtnahme, keineswegs jedoch der Förde- rung. Aus solchen Gründen war Bethlen schließlich nicht abgeneigt, einen deutschen Kulturverein zuzulassen, der geeignet war, eine „verständnisvolle“ Minderheitenpoli- tik nach außen zu demonstrieren. In diesem Punkt trafen sich seine Überlegungen mit denen Bleyers, der freilich in der Sache selbst, im Unterschied zu Bethlen, vor allem im kulturellen-schulischen Bereich substantielle Verbesserungen zugunsten der von ihm vertretenen deutschen Minderheit anstrebte. Nach seinem Rücktritt als Nationalitätenminister hatte Bleyer im Jahr darauf, im Januar 1921, die Wochenzeitung Sonntagsblatt für das deutsche Volk in Ungarn ge- gründet, um sich ein Forum für die Selbstorganisation der Minderheit zu schaffen. Dieses binnen eines Jahres über 5 000 Abonnenten verfügende Blatt150 wandte sich von vornherein an die dörfliche schwäbische Bevölkerung, um diese weltanschaulich- religiös zu belehren, patriotisch im Sinne der Revisionspropaganda gegen Trianon zu

150 SCHWIND, S. 94.

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erziehen und Informationen über deutsche Kultur und deutsche Identität mit Beratung in medizinischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen der Landbevölkerung zu verbinden. Diese paternalistische, antimodernistische und stockkonservative Ausrich- tung seiner Zeitung war betont unpolitisch und vermied jegliche Interessenorientie- rung, wie Bleyer in dem ihm gehörenden Blatt im März 1926 hervorhob: „Auch im ,Sonntagsblatt‘ machen wir keine eigene Politik, sondern unser ganzes Bestreben ist einzig und allein darauf gerichtet, unser schwäbisches Volk auf die Bahn reiner, christlicher Sitten, treuer Liebe zum angestammten Vaterland und zum angeborenen Volkstum zu leiten und zu fördern.“151 Die Verordnung des Ministerpräsidenten 4800/1923 vom 21. Juni 1923, mit der die Minderheitenschutzklauseln des Friedensvertrags von Trianon in die Verwal- tungspraxis umgesetzt wurden152, erlaubte schließlich die Gründung von Nationalitä- ten-Kulturvereinen auch in Ungarn, nachdem solche bereits im rumänischen Banat und in der jugoslawischen Vojvodina entstanden waren. Mit Unterstützung der deut- schen Botschaft und nach Abstimmung mit den Zentralbehörden konnte schließlich am 15. Juli 1923 der Ungarländische Deutsche Volksbildungsverein (Magyarországi Német Közművelődési Egyesület, im Folgenden abgekürzt UDV) gegründet werden. Auf Intervention Bethlens verzögerte sich jedoch die Genehmigung des Vereins um ein ganzes Jahr, bis zum 3. August 1924, denn Bethlen wollte einen solchen Verein unter dem Vorsitz von Bleyer nicht zulassen. Diesem die ausschließliche Führungs- rolle zu überlassen, schien Bethlen zu gefährlich. Deshalb rückte auf Wunsch der Re- gierung der liberale Gustav Gratz (1875-1946) an die Spitze des UDV, der bereits vor dem Weltkrieg sächsischer Reichstagsabgeordneter und 1920/21 ungarischer Außen- minister gewesen war.153 Der Kultusminister Graf Kuno Klebelsberg (1875-1932) und einige Bischöfe bildeten das Ehrenpräsidium. Im Vollzugsausschuss des Vereins plat- zierte Bleyer als geschäftsführender Vorsitzender eine Reihe seiner Gesinnungsleute und die Regierung sorgte dafür, dass ungefähr ebenso viele ihrer Vertrauensleute die Arbeit des Vereins kontrollieren konnten. Diese wurde im genehmigten Vereinsstatut wie folgt definiert: „Der Verein hat den Zweck, frei von jeder Politik den Bildungszustand des ungarländi- schen deutschen Volks fortwährend zu beobachten, seine kulturellen Interessen zu fördern, seine völkischen Eigenheiten, Traditionen, Sprache, Sitten und christlichen Tugenden zu pflegen und zu veredeln sowie die Anhänglichkeit zum ungarischen Vaterland zu pflegen und zu stärken.“154 Bleyer sah im UDV einen organisatorischen Rahmen für sein kulturelles Wirken, die Regierung jedoch in ihm ein Instrument, das sie für ihre eigenen Ziele einzusetzen gedachte. Solange beide, Bleyer wie Regierung, im Konsens handelten, worauf Bleyer bis 1931 großen Wert legte, gab es keine unüberwindlichen Probleme, aber

151 Sonntagsblatt vom 14. März 1926. 152 Text in: A magyar állam és a nemzetiségek, S. 270-276. 153 Über Gratz der Beitrag von PAÁL, Identität; DERS., Bleyer; SCHÖDL, Trianon; DERS., Poli- tik. 154 SCHWIND, S. 101 f.

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auch keinen Fortschritt, wie sich das bis Anfang der 1930er Jahre immer deutlicher herausstellte. Gingen ihre Wege allerdings auseinander, so drohte dem Verein, nach innen einer Zerreißprobe unterzogen zu werden, nach außen in eine Konfrontation mit dem politischen Establishment zu geraten und schließlich zu unterliegen. Die Vor- gänge in den 1930er Jahren haben dies anschaulich demonstriert. Der bürgerliche Gustav Gratz, der aus der Zips stammte und mit seinen politischen Ämtern 1917-1921 wie als Parlamentarier bereits auf eine lange, erfolgreiche politi- sche Karriere zurückblickte, trat im UDV nicht als Angehöriger der deutschen Min- derheit auf, sondern auf Intervention der Regierung als ein Politiker, der in seiner li- beralen Grundhaltung kein Verständnis für die Einschränkung von Minderheitenrech- ten hatte und in der Minderheitenpolitik ein wichtiges Instrument für die Realisierung der außenpolitischen Ziele Ungarns erblickte. Er stellte Bleyers Position als Sprecher der deutschen Minderheit niemals in Frage.155 Den Vereinsführern war also die Rolle von Gratz klar, auch wenn er sich in einem Punkt deutlich von den anderen Ver- trauensmännern der Regierung unterschied: Gratz glaubte ehrlich daran, dass eine vernünftige Lösung der Minderheitenfrage die Grundvoraussetzung für eine auch von ihm angestrebte Revision bildete, und dafür trat er als Vereinsvorsitzender auch ein, während die anderen Vertrauensmänner ihre Aufgabe in erster Linie darin erblickten, die Bestrebungen der deutschen Minderheit so wirkungsvoll wie möglich zu blockie- ren. Gustav Gratz beschrieb in der Zeitschrift Magyar Szemle seine Kür zum Vorsit- zenden: „Es geschah im Sommer 1924, dass der damalige Ministerpräsident Graf Stefan Bethlen an mich mit der Bitte herantrat, ich möge den Vorsitz in einem ungarländisch-deutschen Volksbildungsverein übernehmen. Zur selben Zeit besuchte mich auch Jakob Bleyer […] Anfangs zauderte ich, ob ich diese Aufgabe wohl übernehmen soll, zumal ich den deut- schen Minderheitenbewegungen damals ferne stand, und ich fühlte wenig Lust, in diese hi- neingezogen zu werden. Zuletzt gab ich der Bitte Stefan Bethlens nach. Ich tat es gewiss nicht aus Ambition, denn ich wusste, dass ich in ein Wespennest gerate.“156 Die Gründung des Volksbildungsvereins war noch einmal ein Neuanfang in der Geschichte der Deutschen in Ungarn nach dem Ersten Weltkrieg, da sie seit der Auf- lösung der 1918 gebildeten und von der Gegenrevolution sofort aufgelösten Volksräte weder über eine politische noch über eine kulturelle Interessenvertretung mehr ver- fügten. Als es nun darum ging, die Arbeit des UDV auf die deutschen Siedlungsge- biete auszudehnen und dort Ortsausschüsse (Ortsgruppen) ins Leben zu rufen, wozu die Unterschrift von mindestens 50 Teilnehmern an der Gründungsversammlung nö-

155 In seinen Memoiren schreibt Gratz: „Der eigentliche Führer der deutschen Minderheit war in dieser Zeit Prof. Jakob Bleyer […] Er war es, der den Gedanken der Gründung einer freiwilligen Organisation zur Pflege der kulturellen Interessen des ungarländischen Deutschtums angeregt und den Grafen Bethlen für ihn gewonnen hatte, doch war damals das Vertrauen der streng nationalen Kreise zu ihm schon erschüttert, so dass die Regierung ihm die Leitung des Vereins nicht ganz überlassen wollte.“ – GRATZ, Augenzeuge, S. 490. 156 Zit. nach WEIDLEIN, Geschichte, S. 30 f., ursprünglich in Magyar Szemle, 1938, S. 358.

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tig war, wurde diese Vereinstätigkeit von den Behörden der unteren Verwaltungsebe- ne als „künstliche Wiederbelebung pangermanistischer Tendenzen“ interpretiert und vielfach behindert. So durfte der UDV im Jahr 1925 in den Komitaten Pest und Vesz- prém keine Ortsgruppen gründen. Doch 1926 hob der Ministerpräsident dieses Verbot für das Komitat Pest auf, um mit dem UDV gegenüber der Sozialdemokratischen Par- tei in den Bergbaudörfern rund um Budapest ein Gegengewicht zu bilden. Im Komitat Baranya wurden die 1925 und 1926 bereits gegründeten Ortsgruppen, die jedoch vom Obergespan noch nicht genehmigt waren, 1927 rückwirkend aufgelöst, für Neugrün- dung von Ortsgruppen war die ausdrückliche Genehmigung des Obergespans erfor- derlich.157 Wie sehr dieser dem Verein misstraute, wird aus seiner Weisung an die Oberstuhlrichter seines Komitats ersichtlich, darauf hinzuwirken, dass die Ortsgrup- pen des UDV unter die Kontrolle der bereits vor Ort existierenden Vereine gestellt und mit diesen vereinigt werden sollten.158 Erst 1927/28 konnten in diesem Komitat aufgrund einer direkten Intervention Bethlens 29 Ortsgruppen gegründet werden, an deren Spitze nach einem Bericht des Obergespans Ferenc Keresztes-Fischer (1881- 1948) an den Innenminister aufgrund seiner Maßnahmen „vom nationalen Standpunkt aus gesehen nur vertrauenswürdige Personen“ standen.159 Welche Wirkung die Obstruktionspolitik der unteren Verwaltungsebene entfalte- te160 und wie geografisch unterschiedlich eine solche gehandhabt wurde, verdeutlicht die Territorialstruktur des UDV im Jahre 1932/33. Der UDV erreichte seine größte Stärke, d.h. eine den Bevölkerungsverhältnissen entsprechende Vertretung, in den Gebieten östlich (!) der Donau, nämlich in den Komitaten Pest-Solt-Kiskun und Bács- Bodrog: In den dortigen 41 Gemeinden mit deutscher Bevölkerungsmehrheit verfügte der UDV über 40 Ortsgruppen. Relativ günstig war auch die Lage in Nordwestun- garn, in den Komitaten Sopron, Moson, Győr, Komárom und Esztergom: Bei 31 dort vorhandenen deutschen Mehrheitsgemeinden gab es 29 Ortsgruppen. Damit wurden in beiden Gebieten an die 70 Prozent aller Dörfer mit deutschem Charakter vom UDV organisatorisch erfasst. Vernichtend fiel demgegenüber die Bilanz für das neben der Umgebung von Budapest wichtigste deutsche Siedlungsgebiet in Ungarn aus: für das südliche Transdanubien (Schwäbische Türkei, Komitate Tolna, Baranya und So- mogy), denn in diesem Gebiet erfasste der UDV nur 37 Prozent aller in Frage kom- menden Dörfer. Dabei war die Lage im Komitat Tolna noch am günstigsten: Von 60 Orten mit deutscher Bevölkerungsmehrheit oder mit starkem deutschen Anteil besa-

157 FLACH, Ortsgruppengründungen, S. 4. 158 Nemzetiségi ügyek dokumentumai Baranyában 1923-1938, Quelle Nr. 51. 159 Ebenda, Quelle Nr. 58. 160 Dazu gehörte auch die im Vereinsstatut verankerte Regel, dass Ortsgruppen genötigt waren, ihre Veranstaltungen durch eine Eingabe der Vereinszentrale an die zuständi- gen Regionalbehörden genehmigen zu lassen. In Mekényes umging die Ortsgruppe des UDV, die 1936 zu der von Basch angeführten VK übergetreten war, diese Regel da- durch, dass sie ihren Faschingsball 1937 als offene Veranstaltung des Dorfwirtshauses von János Kriszt genehmigen ließ. – Nemzetiségi ügyek dokumentumai Baranyában 1923-1938, Quelle Nr. 98.

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ßen 49 UDV-Ortsgruppen; im Grenzkomitat Baranya hingegen von 160 derartigen Orten nur 52. In den übrigen vier Komitaten Somogy, Veszprém, Vas und Zala mit 82 derartigen Orten bestand nur eine einzige Ortsgruppe.161 Bleyer wurde im Sinne seiner Ausgleichsstrategie dennoch nicht müde, seine Loyalität gegenüber der Regierung hervorzuheben, und der Volksbildungsverein hielt sich an die ihm vorgeschriebenen Spielregeln, um seine Existenz nicht zu gefährden. So eröffnete Bleyer die Gründungsversammlung des UDV mit folgenden Worten: „Es war unser Entschluss von Anfang an und ist auch heute noch unser Wunsch, dass wir im Einvernehmen mit der hohen Regierung vorgehen. Nicht gegen die Regierung, nicht einmal ohne die Regierung, sondern mit der ganzen moralischen Unterstützung der Regierung.“162 Deshalb trat der Volksbildungsverein auch der Revisionsliga bei, um seine Übereinstimmung mit dem offiziellen politischen Kurs nach außen deutlich zu machen. Gerade als Abgeordneter des Regierungslagers (er vertrat von 1926 bis 1933 den Wahlkreis Villány im ungarischen Parlament) hatte Bleyer genügend Erfah- rungen darüber gesammelt, dass das konservativ-patriotische, weithin unpolitische schwäbische Bauerntum nur über die von der Regierung repräsentierte christlich- nationale Weltanschauung konservativer Ausrichtung ansprechbar war. Nur in diesem Rahmen war es überhaupt möglich, einige von ihm vertretene gesellschaftspolitische Reformforderungen, wie z.B. Bodenreform, Beibehaltung des Frauenwahlrechts, Minderheitenrechte und Minderheitenschutz, in die öffentliche Debatte einzubringen und sich Gehör und Resonanz zu verschaffen. Trotz aller Regierungstreue entwickelte der Verein unter Bleyers Führung eine Ei- gendynamik, deren Bedeutung in der mobilisierenden Wirkung in Richtung Gruppen- bildung der von ihm erfassten Bevölkerung lag. Auch wenn Kultur im weitesten Sinn, nämlich in Form von Vorträgen zur Erwachsenenbildung, Informationsleistungen, Freizeitgestaltung einschließlich Unterhaltungsveranstaltungen, den Schwerpunkt sei- ner Aktivitäten ausmachte, so wirkten die vom Verein in vielgestaltiger Form geführ- ten öffentlichen Diskussionen über Sitte und Brauchtum, Herkunft und Geschichte, Volkstum und deutsche Ethnizität langfristig identitätsbildend. Bleyer war es auch, der mit der Gründung der „Deutsch-ungarischen Heimatsblätter“ 1929 und der He- rausgabe mehrerer Sammelbände eine ethnisch orientierte Historiografie ins Leben rief, die bis zum Zweiten Weltkrieg eine große Anzahl von Studien und Beiträgen zur Geschichte der Deutschen in Ungarn und der deutsch-ungarischen Beziehungen her- vorbrachte.163

161 HILLINGER, S. 123 ff.; BELLÉR, Kialalakulása, S. 279 f.; SPIRA, Relations, S. 161 ff. 162 Deutscher Volkskalender 1925, S. 34. 163 Deutsch-ungarische Heimatsblätter. Vierteljahrsschrift für Kunde des Deutschtums in Un- garn und für deutsche und ungarische Beziehungen, hrsg. von JAKOB BLEYER, Schriftleiter: Franz Basch, Bd. 1-7, Budapest 1929-1935; fortgesetzt von Neue Heimatblätter. Viertel- jahrsschrift zur Erforschung des Deutschtums in Ungarn, hrsg. von RICHARD HUß, geleitet von Franz Basch, Bd. 1-3, Budapest 1935-1938; fortgesetzt von Deutsche Forschungen in Ungarn, hrsg. von FRANZ BASCH, Schriftleiter: Anton Tafferner, Bd. 4-8, Budapest 1939- 1943. Den Auftakt für die historiografischen Aktivitäten bildete der von Bleyer herausge- gebene Sammelband: Das Deutschtum in Rumpf-Ungarn, Budapest 1928.

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Die zahlenmäßige Entwicklung des Vereins spiegelt seine Erfolgsgeschichte wi- der: Von 8 000 im Jahr 1925 stieg die Zahl seiner Mitglieder im Folgejahr auf bereits 15 000, um im Geschäftsjahr 1931/32 die erstaunliche Zahl von 27 517 zu erreichen, die sich in 180 Ortsausschüssen organisierten.164 Wenn man bedenkt, dass sich in ihm viele Dorfhonoratioren und Angehörige der Dorfintelligenz (Lehrer, Pfarrer, Ärzte) mit ihrer Multiplikatorenrolle zusammenfanden und pro Familie sicherlich nur ein Vertreter Vereinsgebühren zahlte, so ist davon auszugehen, dass der Verein dadurch mindestens 100 000 Personen, d.h. rund ein Drittel der schwäbischen Erwachsenen- bevölkerung, erfasste. Der alljährliche Schwabenball im Winter und die Jahresver- sammlung am 20. August (am Stephanstag, der in Ungarn bis heute als einer der höchsten Feiertage begangen wird) wirkten darüber hinaus auch auf eine große An- zahl von Nichtmitgliedern stil- und gruppenbildend, denn sie erreichten die über eth- nische Grenzen hinausgehende Anerkennung als großes gesellschaftliches Ereignis. Erfolge wecken Erwartungen, und nicht eingelöste oder einlösbare Versprechun- gen stellen die Dynamik der Gruppen- und Identitätsbildung nachhaltig in Frage. Da- her ist hier die Frage zu stellen: Was wollte Bleyer mit dem UDV tatsächlich errei- chen und welche Bilanz seiner Tätigkeit ist rückblickend zu ziehen? Bleyer ging es darum, das schwäbische Bauerntum als „die einzige Schicht inner- halb des Ungardeutschtums, die bis dahin ihren ethnischen Bestand am unangefoch- tensten bewahrt hatte“165, vor der drohenden Assimilation zu retten und durch den Aufbau eines primären und sekundären Bildungssystems, nämlich der Schul- und der Erwachsenenbildung, als „deutschungarisches“ Volk kulturell und sozial abzusichern und zu emanzipieren, schließlich in der jungen, nachwachsenden Generation Sprache, Lebensweise und ethnische Identität zu verankern. Daher wurde die Verbesserung des Schulsystems zum Angelpunkt seiner ethnopolitischen Bestrebungen. Von der Bedeu- tung eines Minderheitenschutzes war auch Gratz gerade unter dem Aspekt der Revi- sionspolitik, die seiner Einschätzung nach nur mit Hilfe einer modernen Minderhei- tenpolitik Erfolgsaussichten hatte, überzeugt. Deshalb bildete er mit Bleyer ein zeit- weise erfolgreiches Tandem, denn Gratz als Vertrauensmann der Regierung vermittel- te zwischen ebendieser und der Minderheit und trat Bethlen gegenüber als Fürspre- cher eines moderaten Minderheitenschutzes auf. Dadurch verschaffte er Bleyer bis zu der im Frühjahr 1933 offen ausgebrochenen Krise die nötige Rückendeckung.

4.2 Die Schulfrage als Angelpunkt „deutschungarischer“ Ethnopolitik Dem Volksbildungsverein war von der Regierung das Recht, Schulen zu gründen und zu unterhalten, verwehrt geblieben. Deshalb war Bleyer darauf angewiesen, auf dem Weg langwieriger Verhandlungen mit der Regierung seine Ziele zu erreichen. Nach der Regierungsverordnung 4800/1923 verpflichtete sich die Regierung, den Gebrauch der Minderheitensprachen zu gewährleisten: in der Verwaltung, in der Presse, in der Religionsausübung sowie in den Schulen. Das Recht auf freie Schulwahl, das Recht

164 TILKOVSZKY, Hét évtized, S. 53. 165 BLEYER, Nation, S. 284.

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auf Errichtung von Privatschulen, das Recht, auf Antrag der Eltern (vermittels des Gremiums der Elternkonferenz) die Minderheiten- als Unterrichtssprache einzufüh- ren, das Recht auf staatliche Ausbildung der Minderheitenlehrer, auf einen Lehrstuhl für Minderheitensprachen an mindestens einer Universität und das Recht auf Errich- tung von Kultur- und Wirtschaftsvereinen, in denen die Umgangssprache frei gewählt werden konnte, alle diese Rechte waren damit offiziell gewährleistet.166 Ein Jahr spä- ter, 1924, wurde das Gesetz über die Sprachkenntnisse der Verwaltungsbeamten ver- abschiedet. Dieses bestimmte, dass sich Beamte in Gemeinden, in denen ein Fünftel der Bevölkerung einer Minderheit angehört, die Sprache der betreffenden Minderheit innerhalb von zwei Jahren aneignen sollten. Auf der Grundlage der Verordnung 4800/1923 erließ Kultusminister Graf Kunó Klebelsberg eine ausführliche Verord- nung 110478/1923 betreffend die Elementarschulen für Minderheiten, die nach Ein- schätzung der ungarischen Regierung den Gegebenheiten zerstreut lebender Minder- heiten besser entsprach. Mit dieser Verordnung wurden drei unterschiedliche Schul- typen geschaffen167: 1. Typus A: Sämtliche Fächer werden in der Minderheitensprache unterrichtet, Ungarisch ist Pflichtfach. 2. Typus B: Ein Teil der Fächer wird in Ungarisch, ein Teil in der Minderhei- tensprache und ein Teil in beiden unterrichtet. 3. Typus C: Alle Fächer werden in Ungarisch unterrichtet, lediglich Lesen und Schreiben der Minderheitensprache ist Pflichtfach. Nach offiziellen Angaben gab es im Schuljahr 1928/29 48 Schulen (10,4 Prozent) vom Typus A, 98 (21,3 Prozent) vom Typus B und 314 (68,3 Prozent) vom Typus C.168 Für eine angemessene Bewertung ist die demografische Ausgangslage zu be- rücksichtigen, denn nach der Volkszählung von 1920 gab es in Ungarn 325 Orte mit einer absoluten deutschen Bevölkerungsmehrheit, die damit nicht einmal von den beiden Schultypen A und B zusammen abgedeckt wurden. Differenziert man jedoch die Lage nach den Schulträgern, so zeigt die folgende Tabelle deutlich, dass propor- tional gesehen weniger der Staat als vielmehr die katholische Kirche als eine der eif- rigsten Assimilationsanstalten anzusehen war. Am günstigen standen noch die protestantischen Konfessionsschulen da, in denen auch zu über 90 Prozent der Religionsunterricht in deutscher Sprache erteilt wurde, bei den katholischen waren es nur zwei Drittel, die dieses Fach in der Muttersprache unterrichteten. Solche Zahlen weisen auf die ziemlich eindeutige Haltung der katholi- schen Kirche und ihres Klerus hin, der in seiner überwiegenden Mehrheit für rein ma- gyarische Schulen plädierte und den Ungarndeutschen höchstens in Lesen, Schreiben und Rechnen die deutsche Unterrichtssprache zugestehen wollte. Allein der Bischof von Steinamanger/Szombathely, Graf János Mikes (1876-1945), erlaubte 1924 die

166 Text der Verordnung in: A magyar állam és a nemzetiségek, S. 270-275. 167 Text ebenda, S. 276-279. 168 Zit. nach: Sonntagsblatt vom 14. Oktober 1928.

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volle Anwendung der Verordnung 4800/1923, worauf von sieben Gemeinden seiner Diözese mit deutscher Bevölkerungsmehrheit sechs den A-Typus und eine den B- Typus wählte.169 In der Schwäbischen Türkei zählte man 1928/29 nur zwölf Schulen des A-Typus.170

Tabelle 28: Das ungarische Minderheitenschulsystem (Volksschule) im Schuljahr 1927/28

Schulträger Anteil an allen Minderheitenschulen Anteil des Typus C Katholisch 68,9% 70,7% Protestantisch 16,3% 34,7% Staatlich 9,6% 95,6% Kommunal 4,8% 99,9%

Quelle: SCHWIND, S. 121.

Im Ergebnis erhielten im Jahr 1932 weniger als ein Zehntel aller schulpflichtigen Kinder (das waren 6 019) deutscher Zugehörigkeit den Unterricht in Schulen des A- Typus, rund ein Viertel (15 200) in Schulen des B-Typus, die große Mehrheit war ge- zwungen, Schulen des C-Typus oder überhaupt ungarische Schulen zu besuchen.171 Die Schulen des A- und B-Typus waren vor allem in den Gebieten entlang der öster- reichischen Grenze in Westungarn verbreitet. Nur 6,5 Prozent der Kinder in den deut- schen Dörfern rund um Budapest erhielten den Unterricht in ihrer Muttersprache und in der bei Ungarn verbliebenen und zu 82 Prozent von Deutschen besiedelten Rest- batschka gab es nur eine einzige Schule des B-Typus, alle übrigen gehörten zum C- Typus.172 Völlig unbefriedigend war auch die Lage im Bereich der Kindergärten: Von rund 12 500 Kindergärten im Jahr 1929/30 gab es 13 in deutscher Sprache.173 Auf der Bischofskonferenz vom 6. November 1930 gab der Fürstprimas Kardinal Jusztinián György Serédi (1884-1945) bekannt, dass Bleyer ihn um Verbesserungen im Schulwesen gebeten habe. Im Gegensatz zu seinem für Minderheitenbelange auf- geschlossenen Vorgänger slowakischer Abstammung, dem Kardinal János Csernoch, verbat sich Seredi jedoch „jegliche Einmischung in innerkirchliche Angelegenheit“. Selbst der Kultusminister und kurz darauf der Ministerpräsident konnten keine Ver- besserungen erreichen. Serédi stellte zur Verteidigung seines unnachgiebigen Stand- punkts in dieser Frage klar: Sollte auch „das Volk“ in den Dörfern eine Umwandlung der Unterrichtssprache ins Deutsche wünschen, wäre die Bischofskonferenz bereit,

169 SPIRA, Relations, S. 175 u. 182. 170 SCHÖDL, Abschiede, S. 469. 171 PAIKERT, S. 52; TÓTH, Nationality, S. 360. 172 SCHWIND, S. 122. 173 Ebenda.

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den Vorschlägen der Regierung nachzukommen, um den Vorwurf jeglicher „unpatrio- tischen Handlung“ von sich weisen zu können.174 Da das Gremium der Elternkonfe- renz, in deren Kompetenz die Initiative für einen Sprachwechsel fiel, angesichts des geringen schwäbischen Selbstbewusstseins ganz in der Hand des Schulträgers und damit des Klerus lag, war von dieser Seite keine Änderung zu erwarten. Bleyer hat in seiner Parlamentsrede vom Mai 1933 die Elternkonferenz als eines „jener gewissen Hintertürchen“ bezeichnet, „die in der Minderheitenpolitik eine so traurige Rolle spie- len“. Im Übrigen hat er die Schulpolitik der katholischen Kirche in dieser Rede mit folgenden Worten gegeißelt: „Es ist besonders schmerzlich, dass in vielen katholischen deutschen Schulen nicht einmal der Religionsunterricht in der Muttersprache, in der das Kind zuerst beten gelernt hat, statt- findet und dass das deutsche Gebet und Kirchenlied in den Schulen nicht gepflegt wird. [...] So wird eine Jahrtausende alte heilige religiöse Tradition zerstört, die von Generation zu Generation überliefert wurde und die das sicherste Fundament des religiös-moralischen Lebens des Volkes bildet.“175 Auf Druck der Regierung Bethlen ließ Seredi 1931 eine Erhebung über den Ge- brauch der Minderheitensprachen in den Schulen erstellen. Aus ihr ging hervor: In den Schulen der griechisch-orthodoxen Kirche wurde fast ausschließlich in der Mut- tersprache unterrichtet, weit verbreitet auch in den evangelisch-lutherischen Schulen, und selbst in den Schulen der Calvinisten wurde auf Minderheiten Rücksicht genom- men, wenn z.B. die Mehrheit der Schulkinder der deutschen Minderheit angehörten. Dagegen wurden in den katholischen Schulen der deutschen Gemeinden mehrheitlich (zu 53,2 Prozent) in ungarischer Sprache unterrichtet und in nur 20,8 Prozent zwei- sprachig, und zwar nach dem Typus B. Nur in 9,1 Prozent aller Schulen war dem Ty- pus A gemäß Deutsch die Unterrichtssprache.176 Solche Mängel waren nicht nur auf den Magyarisierungsdrang, sondern auch auf den hohen Anteil an Lehrern zurückzu- führen, die überhaupt keine Deutsch konnten oder nur über geringe Sprachkompetenz verfügten. Um den Lehrermangel zu lindern, errichtete das Kultusministerium an ei- nigen Lehrerbildungsanstalten Fortbildungskurse und diese wurden beispielsweise im Schuljahr 1929/30 von 182 Lehramtskandidaten besucht. Die negative zahlenmäßige Entwicklung der Lehrerausbildung wird jedoch von zwei Daten gekennzeichnet: Gab es laut amtlicher Statistik 1922/23 – also am Beginn der Entwicklung – 101 Lehrer deutscher Muttersprache, so war diese Zahl bis 1936 auf 95 gesunken. Der Bedarf wurde in diesem Jahr auf 1 400 Lehrer geschätzt, das ergab eine Bedarfslücke von weit mehr als 90 Prozent.177 Über den Elementarschulbereich hinausgehend lag der Anteil der deutschen Min- derheit an Gymnasialabsolventen mit 1,2 Prozent und an Hochschulabsolventen mit 0,3 Prozent überdies weit unter ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung von 7 Pro-

174 SPANNENBERGER, Kirche, S. 149 f. 175 BLEYER, Not, hier S. 543 f.; auch in: Sonntagsblatt vom 28. Mai 1933, zum Problem der Elternkonferenzen siehe TÖRÖK. 176 SPANNENBERGER, Kirche, S. 150. 177 SPIRA, Relations, S. 297.

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zent.178 Bleyer hat diese Frage erst spät in seinem im September 1933 in Magyar Szemle erschienenen Beitrag „Über die Frage der deutschen Minderheit in Ungarn“ aufgegriffen und gefordert, dass auch im Bereich der Mittelschulen (Gymnasien) der B-Typus eingeführt werden sollte.179 Als Hochschullehrer im Fach Germanistik mit entsprechenden Erfahrungswerten konfrontiert, unterstrich er die Dringlichkeit eines solchen Schritts mit dem katastrophalen und überall sichtbaren Mangel an Kenntnis- sen der deutschen Hochsprache selbst bei Schülern deutscher Muttersprache. Im Jahre 1927 wurde auf einer Regierungssitzung eine erste Bilanz über die Um- setzung der Schulgesetze gezogen, zu der auch Bleyer eingeladen war. Bleyer stellte eingangs vorsichtig-höflich fest, dass die Lage „unbefriedigend“ sei. In seiner Bilanz der drei Schultypen verwies er darauf, dass er den Typus A als die einzig wahre Min- derheitenschule gar nicht unbedingt einfordern wolle, doch den Typus C als Minder- heitenschule überhaupt nicht anerkennen könne. Als „ideal“ bezeichnete er den B- Typus, wobei jedoch auch bei diesem wesentliche Modifizierungen nötig wären. Er bemängelte, dass in der großen Mehrheit der Minderheitenschulen (die ja der C- Tpyus stellte) erst ab der dritten bis vierten Klasse und auch dann nur mit zwei bis drei Wochenstunden Deutsch als Fach unterrichtet werde. Ministerpräsident Bethlen dagegen schätzte die Lage insgesamt als gut ein und gab zu Protokoll, dass am Sys- tem der Elternkonferenz im Interesse der Magyaren in den Nachbarstaaten nichts ge- ändert werden sollte. Zusätzlich forderte er noch einen Lehrplan für den Typus B. Kultusminister Klebelsberg sah die Hauptschwierigkeiten im Mangel an Lehrern und in der Schulautonomie der Kirchen. Immerhin stellte er in Aussicht, bis zum nächsten Schuljahr (1927/28) 45 Schulen des Typus C in den Typus B umzuwandeln. Dies ge- schah aber in diesem Umfang nicht, nur 36 wurden tatsächlich umgestellt. Als Be- gründung wurde darauf verwiesen, 43 von den 45 Schulen befänden sich in kirchli- cher Hand, auf deren Gestaltung die Regierung keinen Einfluss habe.180 Doch im Januar 1929 verlangte auch der ansonsten gemäßigte Gratz in der Schul- frage eine „radikale“ Lösung. Er bezeichnete das Tempo der von der Regierung ver- sprochenen Reformen als „zu langsam“, die Frage der notwendigen Schulbücher als nicht gelöst und plädierte ausdrücklich für die Einrichtung einer kompetenten Institu- tion für die Durchführung der Schulreform. Ministerpräsident Bethlen erwiderte ihm, eine „radikale“ Lösung käme nicht in Frage, weil dadurch die „innere Ruhe“ im Staat gefährdet sei.181 Anfang der 1930er Jahre gelangte also die Schulfrage – das nach Ansicht der Ver- einsführung „brennendste Problem der deutschen Minderheit“ – an einen toten Punkt. Die Bilanz, die über den Stand der Schulfrage nach zehnjährigem Kampf zu ziehen war, hat Bleyer in seiner bereits erwähnten Parlamentsrede vom 9. Mai 1933 selbst gezogen:

178 PAIKERT, S. 52 f. 179 BLEYER, Kisebbség, S. 74; mit diesem Artikel antwortete Bleyer auf den von BETHLEN. 180 TÓTH, Nationality, S. 360 ff. 181 GRATZ, Probleme, S. 78.

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„Zu welchem Ergebnis dieses Schulsystem führt, muß nicht breiter ausgeführt werden. Mindestens 70 Prozent der Jugendlichen mit deutscher Muttersprache, die die Grundschule abgeschlossen haben, können mehr oder weniger nicht Deutsch schreiben und lesen und 90 Prozent der Jugendlichen mit deutscher Muttersprache, die die Mittelschule absolviert ha- ben, können keinen deutschen Brief schreiben. Sie können nicht einmal einen deutschen Satz so gestalten, wie es sich für einen gebildeten Menschen deutscher Herkunft ge- ziemt.“182 Doch solche Auswirkungen einer völlig verfehlten Bildungspolitik waren nicht nur bei der nachwachsenden, sondern auch bei der Erwachsenengeneration festzustel- len, wie Bleyer im September 1933 noch kurz vor seinem Tod hervorhob: „Unsere Mittelschullehrer, die überwiegend das Deutsche als Muttersprache haben, können kein Deutsch, die Pfarrer unserer deutschen Dörfer, die zumeist deutschstämmig sind, hal- ten sprachlich fehlerhafte Predigten, unsere Deutschlehrer, Ärzte, Anwälte, Verwaltungs- beamte sprechen Deutsch nur gebrochen und schämen sich daher, Deutsch zu sprechen, wir haben keine Journalisten, die deutscher Herkunft sind und Deutsch schreiben.“183 Auf welchem Niveau deutsche Sprachkenntnisse im Dorf „angekommen“ waren, zeigt eine Anfrage an den UDV zur Gründung einer Ortsgruppe in Sziget aus dem Jahr 1935: „Main liebesz folksverein. Ih bite Szoford 40 stuk folksz kalender für dasz jar 1935. Libesz ferrain jih mahe Ihne zuvisen dasz ihm Siget 50 mitklider Szihboimirhaben untersriben. Di midklider bitten szoford komesz nah Siget di ordsz gruben kründen.“184 Damit hatte sich der Teufelskreis ungarischer Schulpolitik geschlossen, denn diese war auf den Ausgangspunkt zurückgefallen, den bereits István Tisza im Jahre 1917 heftig kritisiert und der Bleyer damals dazu bewogen hatte, in den Kampf für Schule und Bildung als einen wesentlichen Teil des Minderheitenschutzes einzutreten. Bleyer und seine Mitstreiter waren zehn Jahre später endgültig am unduldsamen ungarischen Sprachnationalismus, der inzwischen noch rassistisch aufgeladen worden war, ge- scheitert.

4.3 Krisenstimmung in der ethnopolitischen Sackgasse – Faktoren der Krise Mit der Weltwirtschaftskrise verbreitete sich ab dem Herbst 1929 weithin eine Kri- senstimmung. Damit verbunden war auch ein starkes Gefühl der Unsicherheit, die Hand in Hand einher ging mit der Bereitschaft, sich vom Althergebrachten, das sich als unnütz herausgestellt hatte, zu trennen. Schließlich wuchs parallel dazu das Be- dürfnis nach Neuorientierung, nach tief greifenden Veränderungen, nach neuen Hori- zonten und Wegmarken, auch wenn das Neue als noch nicht so recht greifbar auszu- machen war.

182 Az 1931. július 18-ára összehívott, S. 213, auch in: Sonntagsblatt vom 28. Mai 1933, und in deutscher Übersetzung als Artikel von BLEYER, Not. 183 Ebenda. 184 Zit. nach SCHWIND, S. 96.

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Die Tätigkeit des Vereins schien um 1929/30 überall auf unüberwindliche Gren- zen zu stoßen, seine Bewegungsfreiheit vor Ort wurde von den Lokal- und Komitats- behörden auf ein Minimum reduziert und keines seiner Hauptziele schien mehr er- reichbar zu sein. Minderheitenschutz wurde von der Regierung nunmehr als Minder- heitenblockade verstanden und praktiziert. Bleyer machte sich das endgültige Schei- tern seiner Ausgleichsstrategie bereits im Jahr 1931 klar und trat mit seiner scharfen Kritik an der Minderheitenpolitik der Regierung in seiner Parlamentsrede vom 9. Mai 1933 an die Öffentlichkeit, womit die Krise das Ausmaß eines offenen Skandals er- reichte. Zu dieser Krise und der damit verbundenen offenen Konfrontation mit der politi- schen Führung des Landes hatten mehrere Faktoren beigetragen. Als außenpolitischer Faktor ist das von Bethlen 1928 an Berlin herangetragene Angebot auszumachen, mit Unterstützung der reichsdeutschen Regierung eine Akti- onsgemeinschaft der deutschen und ungarischen Minderheiten in den Nachbarländern Ungarns ins Leben zu rufen, die reziprok, d.h. auch für die deutsche Minderheit in Ungarn, den Minderheitenschutz diesseits wie jenseits der ungarischen Grenzen ver- bessern sollte. Berlin lehnte dieses ungarische Angebot als nicht in seinen Interessen liegend ab. Die Bereitschaft der Bethlen-Regierung, ein positives Verhältnis mit den „einheimischen“ Deutschen zu pflegen und ihnen wenigstens ein paar Schritte entge- genzukommen, war daraufhin auf einen Tiefpunkt gesunken Das wiederum bestärkte die deutsche Außenpolitik in ihrer Haltung, nicht auf ihrer, sondern auf der ungari- schen Seite Handlungsbedarf auszumachen, den der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Bernhard Wilhelm von Bülow (1885-1936), am 1. Dezember 1932 – also auf dem Höhepunkt der Krise ungarischer Minderheitenpolitik – in seiner Direktive an den deutschen Botschafter in Budapest wie folgt definierte: „Wenn die Tatsache der Existenz einer deutschen Minderheit in Ungarn eine gewisse Be- lastung des deutsch-ungarischen Verhältnisses bedeutet, so liegt die Schuld daran so gut wie ausschließlich auf ungarischer Seite. Da die Ansprüche dieser Minderheit nicht etwa darauf gerichtet sind, einen Fremdkörper im Staate zu bilden, sondern allein die Erhaltung ihres Volkstums zum Ziele haben, würde Ungarn durch eine Befriedigung dieser Ansprü- che in keiner Weise seine nationale Einheit gefährden.“ 185 Wenn das Ungarndeutschtum als politische Ressource für die ungarische Regie- rungspolitik nicht nutzbar war, dann stellte sie die Minderheit einfach in die Ecke, um sie erst dann aus dieser wieder herauszuholen, wenn ein politischer Nutzen sich ab- zeichnete. Außenpolitisch gesehen war das erst in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre der Fall. Denn in den bilateralen Kontakten der Folgezeit war das Ungarndeutschtum höchstens ein nur am Rande berührtes und mit aller diplomatischen Vorsicht behan- deltes Thema, was sich erst ab 1936/37 zu ändern begann. Damit in Wechselwirkung stand der innenpolitische Faktor. Der UDV war seit seiner Gründung von Regierungsmaßnahmen betroffen, die alle das Ziel verfolgten, seine Tätigkeit auf ein Minimum zu reduzieren. Bereits 1927 wurde es der Budapester Vereinszentrale untersagt, die weitere Gründung von Ortsgruppen des UDV vorzu-

185 ADAP, Bd. 21, Dok. 190, hier zit. nach TILKOVSZKY, Teufelskreis, S. 407-411.

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nehmen, und diese Aufgabe den Amtsträgern der Komitatsverwaltung übertragen, die im Allgemeinen dem UDV recht feindselig und misstrauisch gegenüberstanden. Überhaupt hat die Weltwirtschaftskrise (gleichsam als globaler Faktor) mit ihrer tief greifenden Verunsicherung in Wirtschaft und Gesellschaft die chauvinistischen Kräfte in der ungarischen Politik wesentlich gestärkt und diese wiederum haben ganz maß- geblich zum Sturz des Ministerpräsidenten Bethlen beigetragen. Sein direkter Nach- folger, der allerdings nur den Übergang zu dem System der Gömbös-Regierung dar- stellte, Ministerpräsident Graf Gyula Károlyi (1871-1947, Ministerpräsident vom 24. August 1931 bis zum 1. Oktober 1932), vertrat die Ansicht, dass schon die Genehmi- gung des Volksbildungsvereins ein „nie gutzumachender Fehler war“186, worin er von seinem deutschstämmigen Innenminister Ferenc Keresztes-Fischer, dem früheren Obergespan des Komitates Baranya, bestärkt wurde. Die weiter unten behandelten, von der Regierung Gömbös intensivierten Maß- nahmen der Namensmagyarisierung kommentierte Bleyer in seiner verbittertsten, im Sonntagsblatt unter dem Titel „Rahels Klagelied“ erschienenen Stellungnahme, in der er Gömbös vorwarf, den Staat Ungarn mit der „ungarischen Rasse“ gleichzusetzen.187 Diese staatlich gelenkten und in den 1930er Jahren sich häufenden Aktionen der Namensmagyarisierung sind als unübersehbares Zeichen einer sich immer mehr radi- kalisierenden nationalistisch-rassistischen Auffassung von Staat und Gesellschaft zu werten, in der gegen Ende der 1930er Jahre ethnische oder religiöse Minderheiten wie Deutsche oder Juden als Abweichungen von der „Norm“ keinen Platz mehr hatten. In dieser extrem radikalen Variante des Nationalismus vermochte sich eine Minderheit nur so lange zu behaupten, wie sie über Macht verfügte, auch wenn es – wie im Fall der Ungarndeutschen – nur die geliehene Macht des Patronagestaats Deutschland war. Natürlich hat es auch mit historischen Konflikterfahrungen, insbesondere mit dem Zusammenbruch des Stephanreichs 1918/19, zu tun, dass selbst Bleyers Minimalfor- derungen und die kulturellen Aktivitäten seines harmlosen Honoratiorenvereins von der ungarischen Politik und ihren ausführenden Organen, der Gentry und dem „Beam- tenadel“, als „künstliche Wiederbelebung pangermanistischer Bestrebungen“ ge- brandmarkt und damit als gefährlich eingestuft wurden.188 Aus den Regierungsakten geht hervor, dass zumindest die Experten innerhalb der Regierung die „Gefährlich- keit“ des UDV offenbar als gering einschätzten, aber die Regierung unternahm nichts, um die Bedrohungsperzeption der ungarischen Gesellschaft zu korrigieren. Das konn- te und wollte sie auch gar nicht, denn das pangermanistische Bedrohungsszenarium gehörte zum Instrumentarium ihrer Politik. Auch Bethlen selbst glaubte daran, wenn er beispielsweise 1933 rückblickend seine Minderheitenpolitik verteidigte und deutsche Mittelschulen – deren Einrichtung er in seiner Amtszeit stets verhindert hat – deshalb als gefährlich einstufte, „weil die daraus hervorgehende Intelligenz sich

186 Zit. nach SPANNENBERGER, Volksbund, S. 68. 187 Sonntagsblatt vom 20. November 1932. 188 Protokoll der Ministerratssitzung vom 10. März 1928, hier zit. nach SPANNENBERGER, Volksbund, S. 52.

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vom Ungarntum absondern, sich entfremden und in den mentalen Anziehungsbereich des ausländischen Deutschtums geraten“189 würde. Zu ganz anderen Schlüssen gelangten Beamte der Nationalitätenabteilung der Kanzlei des Ministerpräsidenten, die im November 1930 zwei Denkschriften „über die Lage der Sprachminderheiten in Rumpf-Ungarn“ und die Tätigkeit der deutschen Schutzvereine auf dem Gebiet Altungarns verfassten und zu dem beruhigenden Er- gebnis kamen, dass die deutsche Minderheit in Ungarn eine überwiegend agrarische Minderheit sei, die keinerlei politische Ambitionen hege. Das sei auf die „in Europa ziemlich einzigartige Lage zurückzuführen, dass das Deutschtum die Vertretung sei- ner politischen Interessen in den Landes- oder Lokalparteien voll und ganz gewähr- leistet sieht“. Die Frage einer möglichen Einmischung Deutschlands zugunsten der Ungarndeutschen wurde dahingehend beantwortet, dass unter den gegebenen Ver- hältnissen nichts auf eine solche Intervention hindeute. Als viel beunruhigender wur- de allerdings bewertet, dass die Volkstumsvereine in Deutschland ihre Schutzpolitik auf die Gebiete Altungarns, auf die „Nachfolgestaaten“, ausgedehnt hätten. Dadurch sei eine Regermanisierung zu beobachten, die seit dem Weltkrieg die ethnischen Pro- portionen verändere und damit die Chancen der Revision verringere. Solche Tenden- zen wurden beispielsweise in Gebieten wie in Sathmar (Rumänien) oder in der Batschka (Jugoslawien) ausgemacht, in denen einst ungarische Schulen wieder in deutsche umgewandelt würden. Die reichsdeutsche Volkstumspolitik wurde daher als „gefährlich und unerwünscht“ eingestuft: die Stipendien für Studenten im Reich, „die mit einem konkreten Programm heimkehren und ihre Tätigkeit unter ständiger Anlei- tung fortsetzen“, die Buch- und Zeitschriftensendungen, schließlich die Kontakte zu den Wandervögeln, die im Sommer das Land bereisten und die „großdeutsche Idee“ propagierten.190 Diese einigermaßen nüchterne und realistische Annäherung an das Problem „Min- derheit“ ist aus den angegebenen Gründen niemals Bestandteil der ungarischen Regie- rungspolitik geworden. Denn die beruhigende Botschaft über den Mangel an politi- schem Interesse innerhalb der deutschen Minderheit wurde sogleich überdeckt von der Wahrnehmung der Gefahr von außen. Der UDV wurde von Regierung und Ge- sellschaft zusehends als das Instrument der reichsdeutschen, offensiv angelegten Volkstumspolitik wahrgenommen und damit als „unpatriotisch“ verurteilt und gesell- schaftlich ausgegrenzt. Damit war der ursprünglichen Konzeption des Vereins, näm- lich in ständiger Zusammenarbeit mit der Regierung ungarndeutsche Identitätspflege zu betreiben, endgültig die Grundlage entzogen. Mit dem Abtritt Bethlens von der po- litischen Bühne war auch der langjährige Ansprechpartner verloren gegangen. Bleyer selbst beurteilte im Sommer 1932 die Lage zum ersten Mal realistisch: „Der von mir seit 15 Jahren befolgte Weg hat sich als eine Sackgasse erwiesen.“191

189 BETHLEN, S. 99. 190 Ungarisches Staatsarchiv Budapest, ME K 28. Fasz.13.Tit.57. „Die Lage der Sprachmin- derheiten in Rumpf-Ungarn“. 191 Zit. nach GRATZ, Probleme, S. 18.

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Dazu trug nicht zuletzt, insbesondere in Transdanubien, auch die publikumswirk- same Dämonisierung des Ungarndeutschtums bei, das seit Ende der 1920er Jahre von den Volksschriftstellern (népiés irók) als tödliche Gefahr für die dort lebenden Ma- gyaren verteufelt wurde. Den Anfang machte Dezső Szabó (1879-1945) mit seinem 1919 erschienenen Roman „Az elsodort falu“ (Das fortgeschwemmte Dorf). In Sie- benbürgen als Schauplatz des Romans wird ein reicher Jude als geheimer Agent der Deutschen vorgestellt, der für diese das Szeklerland aufkaufen sollte. Szabó wollte mit diesem Plot auf die innere Schwäche der Magyaren hinweisen, auf die auch der Verlust Siebenbürgens zurückzuführen sei. Dieser Bestsellerautor, nach Paul Ignotus eine „Verkörperung der ungarischen Blut- und Boden-Literatur“, war „ebenso sehr deutschfeindlich wie judenfeindlich, und er gab seinem Deutschenhass in einer nicht minder lodernd hasserfüllten Sprache Ausdruck. Wenn es seinen rhetorischen Zwe- cken diente, verdammte er alles Deutsche am Ende noch indifferenzierter in Bausch und Bogen als alles Jüdische“.192 Diese Linie setzten 14 Jahre später zahlreiche Schriftsteller mit einer Hasskampagne fort, in deren Fokus die Schwaben Transdanu- biens gerückt wurden. 1929 veröffentlichte der reformierte Geistliche und Philosoph Lajos Fülep (1885-1970) in der Zeitschrift Pesti Napló (Pester Journal) den Artikel „A magyarság pusztulása“ (Die Vernichtung des Ungartums), in dem er den von ihm prognostizierten Untergang – in Parallele zu Siebenbürgen – vor allem auf die Vor- herrschaft des Einkindsystems in verschiedenen ungarischen Siedlungsgebieten Transdanubiens zurückführte. Dies weckte das Interesse von Gyula Illyés (1902- 1983), der vier Jahre später Fülep in seiner Pfarre Zengővárkony besuchte und das von Fülep angeschlagene Thema aufgreifend in seinem in der Zeitschrift Nyugat (Westen) im September 1933 erschienenen Essay „Pusztulás“ (Vernichtung) einer- seits auf das Einkindsystem und die „ungesunde Besitzstruktur an Grund und Boden“ der Magyaren in Transdanubien hinwies, andererseits auf die damit verbundene Ex- pansion der Deutschen. Durch diese „Regermanisierung“ sah er die Gefahr heraufbe- schworen, ganz Transdanubien könne für Ungarn verloren gehen. Deshalb rief Illyés seine Landsleute zum Kampf gegen die „äußere und innere deutsche Gefahr“ auf.193 Mit der Auflösung der calvinistisch-ungarischen Gemeinde im Dorf Hidas unweit von Bonyhád erreichte die Kampagne ihren publikumswirksamen Höhepunkt: Studenten bauten die nunmehr „verstummte Glocke“194 der calvinistischen Kirche dieser Ge- meinde ab und stellten sie demonstrativ auf dem Budapester Calvin-Platz zur Schau.195 Daraufhin besuchten zahlreiche Schriftsteller Transdanubien und publizier-

192 IGNOTUS, S. 170 f. 193 GYULA ILLYÉS: Pusztulás [Vernichtung], in: Nyugat 17/18 (1933), auch unter http:// www.epa.oszk.hu/00000/00022/00562/577.htm. 194 Eine zeitgenössische Anspielung auf den 1903 erschienenen Roman des überaus erfolgrei- chen Schriftstellers und Publizisten Jenő Rákosi (1842-1929, ursprünglich Johann Krems- ner) „Enémult harangok“ (Verstummte Glocken), der darin die bedrohte Lage der Magya- ren in Siebenbürgen thematisierte. 195 SPANNENBERGER, Az író. – Der für Hidas zuständige Oberstuhlrichter von Pécsvárad de- mentierte in seinem Bericht an den Obergespan in Pécs irgendwelche von außen gesteuerte

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ten Pamphlete, die ihre gefühlsbetonten Botschaften bereits in deren Titeln zusam- menfassten, wie z.B. István Dénes (1889-1963) mit „Mentsük meg a Dunántúlt“ (Ret- tet Transdanubien), György Parragi (1902-1963) mit „Veszélyben a Dunántúl!“ (Transdanubien in Gefahr) oder der Roman „Földindulás“ (Erdrutsch) von János Ko- dolányi (1899-1969). Kodolányi benutzte in der Beschreibung seiner Baranya-Reise 1941 folgende Metapher zur Hervorhebung der Expansion der Schwaben: „An den Gassenenden der ursprünglich aus lauter weißen Häusern bestehenden magyarischen Dörfer tauchen immer mehr blau- und rosafärbige Häuser auf. In diesen wohnen schon Deutsche.“196 Soziale Spannungen und Probleme wurden durch diese Kampag- ne ethnisch uminterpretiert und politisch gegen die ungarischen Schwaben gewendet, die in bislang ungekannter Schärfe nunmehr als gefährliche „Fremde“ und Verbünde- te großdeutscher Expansionsbestrebungen angegriffen und verleumdet wurden. Diese Saat ist langfristig gesehen mit der Vertreibung der Deutschen aus Ungarn ein Dezen- nium später aufgegangen. Als ideologischer Faktor im Sinne einer Rechtfertigung und Begründung prakti- scher Politik durch theoretische Überlegungen sind sowohl auf Seiten der Regierung als auch auf Seiten des UDV zwei neue Ideen auszumachen. Für die Regierung hatte der ungarische Minderheitenexperte Graf Pál Teleki197 die These von den dreierlei Minderheiten entwickelt. Der UDV wiederum hatte vom Europäischen Nationalitä- tenkongress die dort entwickelte und hochgehaltene Idee der Volksgemeinschaft übernommen. Die 1928 im ungarischen Parlament von Teleki vorgestellte These von den dreier- lei Minderheiten sollte den Begründungszusammenhang dafür liefern, dass nicht alle ethnischen Minderheiten gleichermaßen zu behandeln seien. Teleki unterschied die traditionelle Minderheit, die freiwillige Minderheit und die Zwangsminderheit. Unter traditionellen Minderheiten verstand Teleki „jene, die mit einem Mehrheitsvolk [...] mehrere Jahrhunderte zusammenlebten, ohne Minderheitencharakter, Sprache, Brauchtum, Lebensform zu verlieren. Doch kamen die beisammen wohnenden Min- derheits- und Mehrheitsvölker durch Jahrhunderte in ihren Lebensformen einander näher, glichen sich an“, wie z.B. die Siebenbürger Sachsen. Unter freiwilliger Min- derheit verstand er wiederum eine solche, die „ungerufen oder gerufen, aber nicht in Form von Zwangskolonisierung in ein Land, einzeln, in kleineren Gruppen oder grö- ßeren Massen einwanderte“. Dazu zählte er die ungarischen Schwaben, die somit kei- nen Anspruch auf einen institutionalisierten Schutz geltend machen konnten, da sie bereits bei ihrer Einwanderung mit Assimilation zu rechnen hatten. Der nach dem

Regermanisierungsvorgänge und wies darauf hin, dass die magyarischen Bewohner des Or- tes beruflich im Industrie- und Eisenbahnbereich beschäftigt seien und gezwungen gewe- sen wären, ihre Grundstücke zu verkaufen, die wiederum ganz legal von den deutschen Einwohnern der Gemeinde aufgekauft worden seien. – A pécsváradi járás főszolgabíró- jának jelentése, in: Nemzetiségi ügyek dokumentumai Baranyában 1923-1938, Nr. 68; vgl. BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 27 f. 196 KODOLÁNYI, S. 98, hier zit. nach BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 27. 197 ABLONCZY.

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Ersten Weltkrieg entstandenen Zwangsminderheit sei aufgrund willkürlicher Grenz- ziehung dieses Schicksal zuteil geworden.198 Darunter zählte Teleki an erster Stelle die ungarischen Minderheiten in den Nachbarländern und meldete für diese den An- spruch auf umfangreiche Schutzmaßnahmen an. Telekis These von den dreierlei Min- derheiten entzog Bleyer jegliche Basis für seine „Verständigungspolitik“. Im Verlauf der 1920er Jahre hat sich Bleyer in zunehmendem Maß an der Arbeit internationaler Minderheitenorganisationen beteiligt. Zu nennen ist hier vor allem der 1923 gegründete „Verband der deutschen Volksgruppen in Europa“ und der „Europä- ische Nationalitätenkongress“, der organisatorisch am Völkerbund in Genf angebun- den war und von 1925 bis 1938 alljährlich seinen Jahreskongress abgehalten hat.199 In beiden Gremien trat Bleyer als Sprecher der Ungarndeutschen auf. Ferner war er auch als redaktioneller Mitarbeiter für die Zeitschrift Nation und Staat tätig, die von 1927/28 bis 1944 dem „Verband der deutschen Volksgruppen in Europa“ als Informa- tions- und Diskussionsforum diente. Die Idee der Volksgemeinschaft wies dem durch Grenzen zerrissenen Volkskörper den Vorrang vor dem Staat zu und begründete das Recht auf Selbstverwaltung, Auto- nomie und politische Partizipation von Minderheiten, die als Gemeinschaft zu denken war, die über alle Grenzen hinweg die Mutternation und ihre konnationalen Minder- heiten zu einem Volk vereinigte. Obwohl die Idee der Volksgemeinschaft auch die Patronagerolle Budapests gegenüber den ungarischen Minderheiten in den Nachbar- ländern legitimierte, sah die ungarische Regierung durch diese ihre eigene Staatsdokt- rin von der Suprematie der magyarischen Rasse über alle Völker im Donau- Karpatenbecken in Frage gestellt, da diese Doktrin wiederum jegliche Intervention anderer Patronagestaaten ausschloss. Als Ministerpräsident Bethlen 1929 im Parla- ment absichtlich ein internes Memorandum Bleyers vorlas, in dem für die Ungarn- deutschen eine Kulturautonomie unter Berufung auf die Idee der Volksgemeinschaft eingefordert wurde, reagierte die ungarische Öffentlichkeit, die nur den Autonomie- anspruch der magyarischen Minderheiten für gerechtfertig hielt, empört, und Bleyer fühlte sich in aller Öffentlichkeit von Bethlen düpiert und hintergangen.200 Beide ethnopolitischen Strategiekonzepte, die Typologisierung Telekis „von den dreierlei Minderheiten“ sowie die Idee der Volksgemeinschaft, waren nicht nur un- vereinbar, sondern ungemein konfliktträchtig. Denn nach Teleki wurde der schwäbi-

198 Zit. nach SPANNENBERGER, Volksbund, S. 61 f. Die 1928 in einer Parlamentsrede präsen- tierte These hat Teleki in mehreren Publikationen vorgetragen. – TELEKI, Politikai; TELE- KI/RÓNAI; TELEKI, Nationalitätenpolitik; auch in: Deutscher Volksbote vom 12. Februar 1939. 199 BAMBERGER-STEMMANN, Verzeichnis der Teilnehmer an den Kongressen auf S. 397-407: Die „Deutschen aus Ungarn“ waren wie folgt auf den Kongressen vertreten: 1925 von Gui- do Gündisch, 1926 von Gündisch und Anton Potz, 1927 von Potz und Gündisch, 1929 von Gündisch und Anton König, 1930 von Jakob Bleyer, 1931 von König, 1932 von Bleyer, Franz Rothen, Franz Kußbach, Árpád Török und König, 1933 von Kußbach, 1934 von Tö- rök, 1935 von Török, 1936 von Richard Huß und Georg Goldschmidt, 1938 von Franz Basch und László Pintér. 200 FATA, Jakob Bleyer, S. 223.

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schen Bevölkerung als „freiwilliger Minderheit“ in Ungarn jegliches Recht auf Min- derheitenschutz abgesprochen. Das lief nicht nur auf einen klaren Bruch der mit den Minderheitenschutzklauseln des Vertrags von Trianon völkerrechtlich eingegangenen Rechtsverpflichtungen hinaus, sondern auch des eigenen ungarischen Rechtes, da ja das Nationalitätengesetz von 1868 immer noch in Kraft war und dieses einen Minder- heitenschutz zumindest auf individueller Rechtsgrundlage vorsah. Aber es gab in der damaligen ungarischen Gesellschaft kein Rechtsinstrument und auch keine Rechtsinsti- tution, die es als ihre Aufgabe angesehen hätte, in diesem Konflikt die Politik im Be- reich des Minderheitenschutzes in die Schranken zu weisen: Im Gegenteil, jedes Ge- richt und jeder Richter fühlte sich vor allem und in erster Linie dazu verpflichtet, der Nation und dem Staat zu dienen und sich und seine Rechtsprechung völlig dem „na- tionalen Interesse“, wie es die amtliche Politik definierte, unterzuordnen. Die gegen Angehörige von Minderheiten angestrengten Prozesse, stellvertretend sei nur auf den Basch-Prozess in den Jahren 1934-1936 verwiesen, haben dies hinlänglich gezeigt. Andererseits verlieh die grenzübergreifende Idee der Volksgemeinschaft dem interventionistischen Einwirken von Patronagestaaten zugunsten ihrer konnationalen Minderheit in einem anderen Land gleichsam eine naturrechtliche Grundlage. Solche Interventionen sind nicht nur als Einsatz staatlicher Machtmittel vorzustellen, sondern können auch auf der gesellschaftlichen Ebene von Verbänden umgesetzt werden, die materielle Unterstützung gewähren und Netzwerke aufbauen. Solche Netzwerke hat- ten die Funktion, Informationen, Experten und Expertenwissen und damit Politik- interpretation und Politikberatung auch mit ideologisch-doktrinärer Ausrichtung zu vermitteln. Derlei Aktivitäten haben das Handeln vieler ethnischer Minderheiten we- sentlich mitgeprägt. Von seiner kulturzentrierten Zielsetzung ausgehend hat Bleyer bereits seit 1924/25 ein solches Netzwerk mit einer Reihe von Verbänden in Deutschland aufgebaut, die auf das „Auslandsdeutschtum“ spezialisiert waren und infolge ihrer starken Veranke- rung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft des Deutschen Reiches über genügend Potenzial sowohl in ideeller wie in materieller Hinsicht verfügten, um beispielsweise durch eine Reihe von Stipendienprogrammen die von Bleyer ausgewählten Studenten „im Reich“ auszubilden und im Sinne ihrer „völkisch-nationalen“ Auffassung von Po- litik und insbesondere Ethnopolitik zu schulen. Franz Basch und alle jüngeren studen- tischen Mitarbeiter Bleyers haben solche Stipendien und damit eine intensive doktri- näre Schulung bekommen. Damit waren bereits in den 1920er Jahren die Vorausset- zungen nicht nur für einen Generationswechsel in der Führung des UDV, sondern auch für einen Konzeptionswechsel in der Ethnopolitik geschaffen. Mit Generations- und Konzeptionswechsel wird bereits der vierte, nämlich der vereinsintern wirksam gewordene gruppendynamische Faktor angesprochen, der we- sentlich zum Ausbruch der Krise und schließlich auch zu ihrer Überwindung beigetra- gen hat. Der Faktor selbst konkretisierte sich in Gestalt der „Deutschen Arbeitsgemein- schaft“, die Bleyer im August 1931 innerhalb des Vereins unter völliger Geheimhal- tung mit der Zielsetzung gründete, einen Ausweg aus der Sackgasse zu suchen und neue Wege zu beschreiten. Diese Gruppe bestand im Wesentlichen aus den Jungaka-

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demikern, die Bleyer seit 1921 als seine Schüler um sich gesammelt hat und zeitweise auch in Deutschland hatte studieren lassen. Frei von den Fesseln, die dem Verein von der Regierung auferlegt waren, oblag dieser Gruppe die Aufgabe, „eine parallele Volkstumsarbeit“ zum Verein zu entfalten, worunter die in ihr versammelten Jung- akademiker Franz Basch, Johann Faul-Farkas (1885-1945), Ägidius Faulstich (1899- 1951), Franz Kußbach (1897-1972), Heinrich Mühl (1901-1963) und Franz Rothen (1899-1965) nicht zuletzt eine politische Mobilisierung der Ungarndeutschen verstan- den. Diese hiermit geschaffene Parallelstruktur setzte gruppendynamisch die jüngeren Kräfte frei, die sich bereits seit längerem gesammelt hatten und die Gründung opera- tiver Zellen innerhalb des UDV und seiner Ortsgruppen betrieben. Diese Parallel- struktur blieb bis zur Gründung des Volksbundes im November 1938 bestehen und das dominierende Element in den nach Bleyers Tod offen ausgebrochenen Konflikten und Fraktionskämpfen innerhalb des UDV im Kampf um „Bleyers Erbe“. Denn alle miteinander konkurrierenden Gruppen (um Basch, Kußbach und Gratz) suchten ihren Führungsanspruch unter Berufung auf Bleyer zu legitimieren. Darüber hinaus verfügte die 1931 geschaffene Parallelstruktur, diese institutionali- sierte Aufspaltung der „deutschen Bewegung“ auf einen gemäßigten und einen radi- kalen Flügel, auch über eine soziale Basis innerhalb der deutschen Bevölkerung, auf die noch zurückzukommen sein wird. Schließlich ist noch der statistische Faktor zu nennen. Ungefähr ein Jahr nach der Volkszählung von 1930 wurden deren Hauptergebnisse bekannt gegeben. Statistische Zahlen wurden damals unkritischer als heute, nämlich als feste und unumstößliche Kennziffern eines Vorgangs bewertet, und der Vorgang war klar: Im Jahrzehnt von 1920 bis 1930 hatte sich die Zahl der Deutschen in Ungarn um rund 73 000 Personen und damit um 13 Prozent reduziert. Damit war ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung von 6,9 auf 5,5 Prozent gesunken. „Es ist sicher, dass ein solcher Rückgang noch niemals vorher erfolgte“, gab selbst der damals führende Statistiker Alajos Kovács zu und führte diesen lediglich auf „natürliche Prozesse“ zurück.201 Auch wenn es sich nach zeitgenössischer Ansicht bei den statistischen Zahlen vordergründig um objekti- ve Fakten handelte, war es in Wirklichkeit doch ein Problem der Wahrnehmung und der von ihr geleiteten Interpretation. Während die ungarischen Nationalisten mit gro- ßer Befriedigung den Vorgang als Erfolg ihrer Assimilationspolitik feierten, interpre- tierte ihn die Vereinsführung als Katastrophe202, als quantitativen Nachweis für ihr er- folgloses Identitätsmanagement, das scheinbar sein Ziel verfehlt hatte. Damals gab es in Ungarn noch keine empirische Sozialforschung, mit deren Me- thoden eine Ursachenforschung über die Abnahme der Zahl derjenigen, die sich zur deutschen Muttersprache bekannten, hätte vorgenommen werden können. Denn zu fragen wäre, inwieweit Bevölkerungsverschiebungen in den Siedlungsgebieten selbst, beispielsweise die als „Landflucht“ apostrophierte Migrationsbewegung in die Städte, Binnenmigration im Allgemeinen, Prozesse der sozialen Umschichtung und damit in Zusammenhang stehendes Verhalten im Bekenntnis zur „Muttersprache“ zu dieser

201 KOVÁCS, Helyzete, S. 5. 202 So Bleyer in seinem Artikel „Rahels Klagelied“ in: Sonntagsblatt vom 20. November 1932.

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Bevölkerungsabnahme von 13 Prozent beigetragen haben. Da die Interpretation statis- tischer Vorgänge damals vor allem von der Frage nach „objektiven Merkmalen“ be- herrscht wurde und der subjektive Bekenntnischarakter für die Angabe zur „Mutter- sprache“ mehr oder weniger unberücksichtigt blieb, sind aus den damaligen Analysen kaum weiterführende und gruppenübergreifende Zusammenhänge über derlei relevan- te Prozesse zu gewinnen. Darüber kann auch nicht der pauschale Hinweis auf den ge- sellschaftlichen Assimilationsdruck im Allgemeinen und die staatlich geförderte Na- mensmagyarisierung im Besonderen hinwegtäuschen.

4.3.1 Die Namensmagyarisierung Die Namensmagyarisierung war ein Instrument staatlicher Nationalitätenpolitik, das ab Anfang der 1930er Jahre verstärkt eingesetzt wurde. Die Kampagne zur Namens- magyarisierung erreichte zu dieser Zeit einen neuen Höhepunkt. Noch als Honvédmi- nister erließ Gömbös 1930 eine Verfügung, wonach alle Offiziere der Armee ihrer „patriotischen Pflicht“ folgend ihren Namen zu magyarisieren hätten. Die Namens- magyarisierung betraf aber nicht nur Armeeangehörige. Am 27. Juli 1933 erließ der Innenminister Ferenc Keresztes-Fischer, selbst deutscher Abstammung, eine Verord- nung zur Erleichterung des Vorgangs. Demnach mussten für einen Antrag auf Na- mensänderung Staatsbürgerschaft und Unbescholtenheit nicht mehr nachgewiesen werden, und es waren lediglich zwei Pengő Stempelgebühr zu entrichten. In den 1920er Jahren bewegte sich die Zahl der Ansuchen auf Magyarisierung des Familiennamens jährlich zwischen 315 im Jahr 1920 und 941 im Jahr 1929, um dann 1930 die Tausend zu überschreiten und bis 1932 auf 1 644 zuzunehmen, was in die- sem Jahr 3 760 Namensmagyarisierungen entsprach (jedes Ansuchen zog statistisch gesehen 2,3 vorgenommene Namensänderungen nach sich), die verglichen mit der Zahl der Namensmagyarisierungen im Zeitraum von 1901 bis 1913 (= 100) einen In- dexwert von 92,5 erreichte.203 Den zahlenmäßigen Höhepunkt der Namensmagyari- sierung markierten die Jahre 1933 und 1934 (1934 allein 78 159 Fälle) bzw. die Pe- riode 1933-1937 mit insgesamt 131 657 Namensänderungen.204 Demgegenüber haben im Zeitraum 1939-1944 nur mehr 60 020 Personen ihren Namen verändert. In den Jahren 1941-1944 machte der vom Volksbund propagierte Vorgang der „Wiederein- deutschung“ von Familiennamen nur 9,4 Prozent aller Namensänderungen dieser Zeitspanne aus.205 Unter diesen waren Angehörige der protestantischen Kirchen stär-

203 KARÁDY/KOZMA, S. 129; KŐHEGYI/MERK weisen darauf hin, dass der Berufsstruktur nach die Staatsbeamten, Handwerker und Kleingewerbetreibenden die größte Gruppe der Na- mensmagyarisierer stellten. Die Bauern haben auf dem Umweg über ihren Militärdienst häufig ihre Namen abgeändert, im Zeitraum von 1938-1941 haben sie 41 Prozent der im Militär registrierten Namensveränderungen ausgemacht, wobei das Militär selbst ein Vier- tel (1938) bis ein Drittel aller Namensmagyarisierungen (1939) stellte. – KARÁDY/KOZMA, S. 158. 204 Ebenda, S. 130 f. 205 Ebenda, S. 149.

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ker vertreten als Katholiken.206 Allerdings wurden 50 Prozent aller Ansuchen auf „Wiedereindeutschung“ negativ entschieden oder blieben unbeantwortet, bei Anträ- gen auf Namensmagyarisierung betrug diese Negativquote nur 6 Prozent. Diese Ge- genbewegung zur Namensmagyarisierung sollte später bei der Vertreibung der Deut- schen aus Ungarn eine erhebliche Rolle spielen, die jedoch nicht dem tatsächlichen, damals offenbar nicht bekannten Ausmaß der Namensgermanisierung entsprach, ver- glichen mit der fortgesetzten Namensmagyarisierung unter den Schwaben, die auch in diesen Jahren weiterhin einen größeren Anteil erreichte als die „Verfremdung ungari- scher Familiennamen“ durch Regermanisierung.207 Im Prozess der Namensmagyari- sierung nahmen Angehörige christlicher Konfessionen mit ursprünglich deutschen Familiennamen für die Perioden sowohl von 1919-1938 als auch von 1939-1944 pro- portional den ersten Platz ein, gefolgt von Angehörigen der katholischen Kirche mit slavischen Namen und Juden, wie das die beiden folgenden Tabellen belegen.

Tabelle 29: Die Zahl der Ansuchen auf Namensänderung, ausgehend von den auf- gegebenen Familiennamen, nach Konfessionen und Regionen im Zeit- raum 1919-1933 und 1938 (Angaben in Prozent) Konfession und 1 2 3 4 5 6 ursprüngl. Name Christlich ungarisch 4,9 7,3 5,6 6,4 10,8 6,3 Christlich deutsch 52,2 36,4 31,5 26,7 26,7 38,1 Röm.-kath. slav. 34,0 35,0 22,1 22,5 38,1 30,0 Protestant. slav. 2,8 8,5 3,3 15,0 6,3 5,7 Griech.-kath. slav. 0,2 0,2 1,2 5,3 7,4 1,7 Griech.-orth. slav. 0,4 0,5 0,6 1,6 – 0,5 Griech.-orth. rumän. 0,2 0,7 1,0 4,8 0,6 1,0 Uniert rumän. 0,5 1,9 1,5 7,0 1,7 1,9 Jüdisch 4,9 9,5 33,4 10,7 8,5 14,8 Insgesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 Regionaler Anteil 30,5 22,1 27,9 10,0 8,5 100,0 1 = Transdanubien, 2 = Region zwischen Donau und Theiß, 3 = Budapest, 4 = Region jen- seits der Theiß, 5 = Region nördlich von Donau und Theiß, 6 = Ungarn

Quelle: KARÁDY-KOZMA, S. 150.

206 Ebenda, S. 148 f. 207 Ebenda, S. 150. Allerdings können KARÁDY/KOZMA hier keine genauere Zahl anführen, die allgemeineren statistischen Zahlen belegen dies jedoch indirekt.

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Tabelle 30: Die Zahl der Ansuchen auf Namensänderung, ausgehend von den auf- gegebenen Familiennamen, nach Konfessionen und Regionen im Zeit- raum 1939, 1941, 1943-1944 (Angaben in Prozent) Konfession und 1 2 3 4 5 6 7 8 ursprüngl. Name Christlich ungarisch 3,7 7,0 6,4 6,0 2,2 3,6 11,9 5,7 Christlich deutsch 49,2 39,3 42,5 22,9 30,4 34,5 26,2 38,2 Röm.-kath. slav. 34,9 32,7 33,0 22,9 54,3 29,8 7,1 31,2 Protestant. slav. 4,1 5,8 5,0 15,1 4,3 8,3 4,8 6,9 Griech.-kath. slav. 1,2 0,4 1,7 8,4 – 11,9 – 3,0 Griech.-orth. slav. 0,4 1,2 0,6 – 2,2 – – 0,6 Griech.-orth. rumän. – 0,4 0,6 3,0 – 1,2 4,8 1,0 Uniert rumän. 0,4 5,4 3,9 18,1 2,2 3,6 38,1 7,1 Jüdisch 2,5 3,9 3,9 1,8 2,2 6,0 4,8 3,4 Germanisierung 4,1 3,9 2,2 1,8 2,2 1,2 2,4 2,9 insgesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 Regionaler Anteil 23,8 25,3 17,6 16,3 4,5 8,3 4,1 100,0

1 = Transdanubien, 2 = Region zwischen Donau und Theiß, 3 = Budapest, 4 = Region jenseits der Theiß, 5 = Region links der Donau, 6= Region rechts der Theiß, 7 = Sie- benbürgen, 8 = Ungarn. Die Wiedereindeutschung oder Germanisierung von Namen wurde im Zuge des Volksgruppenabkommens ab Ende 1940 erlaubt

Quelle: KARÁDY-KOZMA, S. 150.

Der Historiker Gyula Szekfű hat die Namensmagyarisierung als unvereinbar mit dem ungarischen Staats- und Nationsverständnis kritisiert, weil eine solche auf einem ethnischen oder rassistischen Nationsbegriff beruhe und eine „nationale Jagd nach Il- lusionen“ niemals selbstbewusste, überzeugte Magyaren hervorbringen könne. Auch werde die offizielle ungarische Revisionspolitik durch solche Maßnahmen nachhaltig diskreditiert. 208

4.3.2 Deutsche Schutzvereine 1918-1938 Das von Ministerpräsident Bethlen und seinen Nachfolgern wiederholt ange- griffene Netzwerk der außerhalb Ungarns residierenden, aber seit Mitte der 1920er Jahre verstärkt in Ungarn und seinen Nachbarländern tätigen deutschen Schutzvereine wurde von der ungarischen politischen Elite zunehmend als Bedrohung nicht nur der Integrität ihres Staates, sondern insbesondere ihrer Revisionspolitik angesehen. Nach dem Ersten Weltkrieg fungierte als Dachverband von bis zu 120 Vereinen der in Ber- lin 1919 gegründete Deutsche Schutzbund (DSB), der politisch gesehen weit rechts stand und weniger kulturell, als vor allem politisch aktiv war. Basis dafür waren seine persönlichen Verbindungen zu Politikern, insbesondere zu Gustav Stresemann. Der

208 SZEKFŰ, Nemzedék, S. 393-394 u. 475 f.

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DSB erhielt vom Auswärtigen Amt eine starke finanzielle Unterstützung und über- nahm für diese Behörden – zu denen auch das Reichsinnenministerium zählte – Auf- gaben, die von amtlichen Stellen nicht durchgeführt werden konnten.209 „Das Auswärtige Amt bediente sich daher seit Anfang der Zwanziger Jahre sogenannter ‚Tarnorganisationen‘, wie es in zeitgenössischen Akten hieß. Diese Organisationen arbeite- ten überwiegend im Verborgenen und leiteten staatliche Gelder an die deutschen Minder- heiten […] weiter. Die Subvention des Deutschtums diente vorrangig dem Ziel, den Be- stand der deutschen Volksteile für eine spätere Grenzrevision zu sichern. Dagegen fand der kulturelle ‚Eigenwert‘ der Minderheiten kaum Anerkennung.“210 Der DSB unter der Führung von Karl Christian von Loesch (1880-1951) arbeitete eng mit der Dachorganisation des Deutschtums im Ausland, dem Ausschuss der deut- schen Volksgruppen in Europa, zusammen, der in den 1920er Jahren vom Rumänien- deutschen Rudolf Brandsch geleitet wurde.211 Traditionsreicher als der DSB war der Verein für das Deutschtum im Ausland (VDA) (ab 1933: Volksbund für das Deutschtum im Ausland), der bereits 1881 in Ös- terreich als Deutscher Verein gegründet worden war und sich 1908 im Deutschen Reich verselbständigt hatte. Im Unterschied zum Deutschen Schutzbund war sein Ziel die organisatorische Erfassung und kulturelle Betreuung der deutschen Minderheiten- gruppen im Ausland, insbesondere im Schulbereich. Parteipolitisch war er weitge- hend neutral. Der VDA setzte sich aus Einzelmitgliedern, Ortsgruppen und Landes- verbänden zusammen – im Jahre 1932 zählte er 27 Landesverbände, 3 200 Orts- und 5 500 Schulgruppen212 – und verfügte über beträchtliche Finanzmittel, zu denen auch Subventionen seitens der Reichsregierung beitrugen. Die Tatsache, dass er 1938 noch über 1,5 Millionen Mitglieder zählte, machte ihn für die Nationalsozialisten besonders interessant, die den VDA nach ihrer Machtergreifung dem Propagandaministerium unterstellten und systematisch infiltrierten, bis sie 1938 mit der Entlassung von Hans Steinacher (1892-1971), seinem langjährigen Vorsitzenden, endgültig die Macht übernahmen, d.h. diese Institution „gleichschalteten“. Die Führungsfunktion des VDA wurde von der VoMi unter der Leitung der SS und ihres Obergruppenführers (1891-1974) übernommen.213 Dieser ließ den VDA als Fassade einer autono- men Organisation für die auslandsdeutsche Arbeit bestehen, wodurch die Informati- onskanäle mit den auslandsdeutschen Volksgruppen aufrechterhalten blieben.214 Mehr wissenschaftlich ausgerichtet war das in Stuttgart ansässige Deutsche Aus- lands-Institut (DAI), das 1917 in Stuttgart als Informations- und Dokumentationszent- rum für das Deutschtum im Ausland gegründet wurde. 1933 hatte es eine sehr gut ausgestattete Spezialbibliothek mit über 40 000 Bänden und 1 700 Zeitungen und Zeitschriften und verfügte damit über einen Schatz aus einschlägigen Materialien,

209 SCHOT, Nation; DERS., Stresemann 1984. 210 LUTHER, Volkstumspolitik, S. 33. 211 Zum DSB siehe SCHOT, Nation, S. 106 ff. 212 LUTHER, Volkstumspolitik, S. 45. 213 LUMANS, Lorenz. 214 WEIDENFELLER; GOLDENDACH; LUTHER, Blau.

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wozu beispielsweise auch eine Zentralkartei über das Deutschtum im Ausland gehör- te, in der jeder im Ausland lebende Deutsche nach beruflich-sozialen und national- politischen Gesichtspunkten erfasst wurde. Politisch gesehen stand das DAI den de- mokratischen Parteien nahe und wurde hauptsächlich vom Reichsinnenministerium finanziert. Die weit reichenden persönlichen Kontakte der Leiter der verschiedenen Auslandsabteilungen, in der Regel frühere Auslandsdeutsche aus den entsprechenden Ländern, verschafften dem DAI bei den auslandsdeutschen Gruppen Prestige und Po- pularität. Das Vertrauen der kulturellen Führer dieser Gruppen in ihre Verbindungs- männer im DAI (für den Donauraum ist hier Richard Csaki (1886-1943) hervorzuhe- ben, der von 1920 bis 1930 das von ihm begründete Kulturamt des Verbandes der Deutschen in Großrumänien leitete und von 1933 bis 1943 als fachlicher Direktor des DAI fungierte) war für die neu entstandenen konkurrierenden NS-Organe von großem Interesse. Die Methode seiner Gleichschaltung glich der des VDA.215 1935 wurde das DAI durch die Ernennung Stuttgarts zur „Stadt der Auslandsdeutschen“ und seines Oberbürgermeisters Karl Strölin (1890-1963) zum Vorsitzenden des DAI kurzfristig politisch aufgewertet. Ab 1937/38 wurde es auf die Stufe eines Expertenstabs redu- ziert, der mit einschlägigen Forschungen und Informationen den konkurrierenden Or- ganen der SS (vor allem der VoMi), der NSDAP, vor allem der Auslandsorganisation unter Ernst Wilhelm Bohle (1903-1960), dem Oberkommando des Heeres und dem Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete unter Alfred Rosenberg (1892-1946) zuarbeitete.216 Die 1925 in München gegründete Deutsche Akademie zur wissenschaftlichen Er- forschung und Pflege des Deutschtums (DA) setzte sich ihrem Statut zufolge gleich- falls zum Ziel, „das Auslandsdeutschtum in seiner Entstehung und Entwicklung, sei- ner Eigenart und Leistungen wissenschaftlich zu erforschen“, und stand unter der Lei- tung dreier Professoren der Universität München, Hermann Oncken (1869-1945), Karl Ernst Haushofer (1869-1946) und Georg Pfeilschifter (1870-1936).217 Wichtiges Aufgabengebiet der DA war es, Stipendien an ausländische Studenten (wie z.B. 1925/26 an Franz Basch) zu vergeben, um über diese wissenschaftliche, politische und gesellschaftliche Beziehungen zwischen ihren Heimatstaaten und Deutschland herzustellen. Zu erwähnen sind hier noch zwei konfessionelle Schutzvereine, beide darauf aus- gerichtet, deutsche Kirchengemeinden und ihre Schulen in Diasporagebieten außer- halb Deutschlands zu unterstützen: den protestantischen, bereits seit 1842 tätigen, in Leipzig ansässigen Gustav-Adolf-Verein218 und den 1918 gegründeten katholischen Reichsverband der katholischen Auslanddeutschen, in dem der Theologe und Zent- rumspolitiker Georg Schreiber (1882-1963) eine führende Rolle einnahm. Dieser gründete wiederum 1927 an der Universität Münster das Deutsche Institut für Aus-

215 SECKENDORF. 216 GESCHE; HAUSMANN. 217 HARVOLK; Karl Haushofer. 218 MÜLLER, Gustav-Adolf-Verein.

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landskunde, das enge Beziehungen vor allem mit Ungarn, Rumänien und Jugoslawien unterhielt.219

4.4 Ethnopolitischer Kurswechsel und offene Konfrontation 1932/33 Auf der im August 1932 abgehaltenen Sitzung der Arbeitsgemeinschaft trat der be- reits 1928 zum Generalsekretär des UDV gewählte Franz Basch für die Propagierung der deutschen Volksgemeinschaft und deren Verankerung im Bewusstsein aller Deut- schen in Ungarn ein. Er plädierte dafür, die Minderheit wirtschaftlich und politisch als Interessenverband zu organisieren. Bei den Wahlen der Dorfrichter, -notare und -geistlichen sollten in Zukunft stets die Bedürfnisse der deutschen Bevölkerung be- rücksichtigt werden. Während der pragmatische Franz Rothen sich um die Organisa- tion bemühte, konzentrierte sich Basch auf die programmatische Grundlegung der in eine neue Richtung weisenden Aktivitäten. Ungefähr zur gleichen Zeit erhielt der Vereinsvorsitzende Gustav Gratz einen Brief von Jakob Bleyer, in dem dieser unter dem Datum 6. August den ethnopoliti- schen Kurswechsel darlegte und ausführlich begründete (siehe Quellenanhang). In seiner Schlussfolgerung forderte er ausdrücklich eine Interventionspolitik Berlins ge- genüber Budapest: „Wenn das Deutsche Reich und das Deutschtum der Welt tatsächlich die einzelnen deut- schen Volksgruppen retten will, so muss es eben Ungarn gegenüber alle Mittel anwenden, die ihm zur Verfügung stehen. Es wird sich dann zeigen, ob Ungarns Widerstandskraft größer ist, als die Stoßkraft des Gesamtdeutschtums. Wenn ja, so ist das Deutschtum in Ungarn verloren. Ich glaube klar zu sehen, dass es für das ungarländische Deutschtum nur zwei Wege gibt: entweder sich den ungarischen Assimilationsbestrebungen zu fügen oder aber an das große Deutschtum zu appellieren. Dass der letztere Weg unsicher ist und dass er Schaden für beide Teile bringen wird, ist nicht zweifelhaft.“220 Da der bisherige Weg, mit der Regierung eine Lösung der Minderheitenprobleme zu erreichen, sich als ungangbar und aussichtslos erwiesen hatte, musste ein neues Konzept eine Antwort darauf geben, wie eine solche Lösung gegen die Regierung durchgesetzt werden konnte. Eine solche Gegenposition zur Regierung bedeutete von vornherein eine Radikalisierung sowohl der Forderungen als auch der Methoden. Der von Bleyer selbst noch vor seinem Tod eingeschlagene Weg setzte sich daher zum Ziel, mit Hilfe der deutschen Reichsregierung und ihrer Intervention in Budapest auf der einen Seite und mit materieller wie ideologischer Unterstützung der um die Förde- rung der Auslandsdeutschen bemühten Verbände im Reich auf der anderen Seite die Minderheit ethnopolitisch zu mobilisieren und ihre Forderungen im Rahmen eines po- litischen Machtkampfes und im Zusammenspiel außen- und innenpolitischer Faktoren endgültig durchzusetzen. Es sollten noch sechs bzw. acht Jahre vergehen, bis dieses Ziel unter der Führung von Franz Basch erreicht wurde. Diese verhältnismäßig kurze Zeitspanne der erfolgreichen Umsetzung dieses neuen Kurses zeigt jedoch auch, dass

219 SCHREIBER; RICHTER, Denken. 220 Der Brief wurde publiziert von GRATZ, Probleme, S. 16-19, hier S. 16 f.

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dieser im Gegensatz zur alten Konzeption Bleyers einige Komponenten des ethnopo- litischen Handelns wesentlich besser einkalkulierte und sich als realistischer, besser in die Zeit passend erwies, auch wenn die negativen Spätfolgen dieses Handelns vor al- lem für die Minderheit selbst kaum absehbar gewesen sind. Betrachten wir noch einmal die Ausgangslage für den Kurswechsel: ‒ auf der einen Seite die ungarische Regierung: zu keinerlei Konzessionen be- reit und jedem Kompromissvorschlag gegenüber von vornherein ablehnend eingestellt, dadurch gerade das heraufbeschwörend, was sie prinzipiell ver- hindern wollte, nämlich eine Politisierung und Radikalisierung der nach wie vor eher unpolitisch eingestellten ungarndeutschen Agrarbevölkerung; ‒ auf der anderen Seite die ungarndeutsche Minderheit unter der Führung eini- ger Akademiker, denen – ob jung oder alt (konkret: Bleyer und Basch) – an- gesichts der unduldsamen Haltung des Horthy-Regimes nichts anderes übrig blieb – wollten sie tatsächlich einen Teil ihrer Ziele verwirklichen –, den Weg der Radikalisierung einzuschlagen. Für die nunmehr unumgänglich ge- wordene Mobilisierung der von ihnen vertretenen Gruppe blieb sie angesichts des Mangels eigener Ressourcen auf Hilfe von außen angewiesen; ‒ in Berlin eine Regierung, die noch das System der Weimarer Republik reprä- sentierte und sich in auslandsdeutschen Belangen den Grundlinien der von Gustav Stresemann konzipierten Politik der Hilfeleistung verpflichtet fühlte, auch wenn sie infolge der Weltwirtschaftskrise nur über sehr geringe Res- sourcen verfügte; ‒ über das Deutsche Reich verstreut ein buntes Netz von auslandsdeutschen Hilfsorganisationen mit einer weitgehend einheitlichen ideologischen, kon- kret „völkischen“ Programmatik als Legitimationsgrundlage ihrer Tätigkeit. Da die deutschen „Volksgruppen“ außerhalb des Reiches als Teile einer über die Staatsgrenzen hinauswachsenden „Volksgemeinschaft“ verstanden wur- den, war es nur mehr ein kleiner Schritt, diese Teile auch als „Vorposten des Reiches“ zu interpretieren und im Interesse dieses Reiches langfristig zu in- strumentalisieren. Dieser Weg wurde mit Zustimmung eines Großteils der betreffenden, vom Dritten Reich allmählich gleichgeschalteten Verbände freilich nicht ab dem Zeitpunkt seiner Konstituierung (1933), sondern erst Jahre später, nach der Konsolidierung des Hitler-Regimes, in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre eingeschlagen und zu Ende gegangen, eine Entwick- lung, die jedoch 1932 noch nicht vorauszusehen war. Die sich allmählich ab- zeichnende Rückkoppelung dieser Verbände mit Teilen des Staatsapparats des Dritten Reiches, insbesondere mit der SS, blieb der ungarischen Regie- rung selbst noch 1938 verborgen. Gustav Gratz war sich darüber im Klaren, welche Gefahren Bleyers Kurswechsel und die damit verbundene Konfrontation mit der ungarischen Regierungspolitik für die deutsche Minderheit heraufbeschwören musste. Bereits im Vorjahr, auf der Jah- resversammlung des UDV 1931, hatte er ausdrücklich gegen eine Parteigründung

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Stellung bezogen, die Bleyers Arbeitskreis damals tatsächlich in Erwägung zog. Nach Erhalt des vorhin zitierten Briefes von Bleyer Anfang August warnte er in seiner Re- de zur Jahresversammlung des Vereins am 20. August 1932 davor, die Lösung des Schwabenproblems eher in Berlin als in Budapest zu suchen. Da er sich mit dem neu- en Kurs Bleyers nicht einverstanden erklären konnte, trat er vom Vereinsvorsitz zu- rück. In diese bereits sehr angespannte Atmosphäre platzte die Nachricht von der Er- nennung Adolf Hitlers (1889-1945) zum deutschen Reichskanzler. An diese Nach- richt knüpften sich sehr unterschiedliche Hoffnungen, Erwartungen und auch Be- fürchtungen. Der Verein der Erwachenden Ungarn, den Gömbös selbst mitbegründet hatte, sandte an Hitler eine Grußbotschaft: „Wir glauben fest daran, dass auf Grund des Beispiels welches Sie, Herr Reichskanzler, und die deutsche Nation gegeben haben, auch die übrigen christlichen Nation(en) zur bes- seren Einsicht gelangen werden und sie gegen die internationale jüdische Front die nationa- le Front der Menschheit bilden werden (...) Wir Erwachende Ungarn (...) bewundern mit Stolz die erreichten Erfolge und stellen uns mit unserer kleinen, jedoch ungebrochenen Kraft mutig und furchtlos in die Front, welche um die Gerechtigkeit und ein besseres Schicksal der Menschheit kämpft“.221 Die Führung der deutschen Minderheit sah wiederum in Hitlers politischem Erfolg einen „Sieg der nationalen Idee“ und hoffte auf eine Intervention der deutschen Reichsregierung für die deutsche Minderheit in Ungarn. Denn ihr war klar, dass Mi- nisterpräsident Gömbös zu keinerlei Zugeständnissen bereit war. Gömbös, mütterli- cherseits selbst deutscher Abstammung, kompensierte diese nicht nur mit einem über- triebenen ungarischen Nationalbewusstsein, sondern war der deutschen Minderheit gegenüber ausgesprochen feindlich gesinnt. Deutschen Diplomaten gegenüber führte er als Beweis für die „großzügige Minderheitenpolitik Ungarns“ das Beispiel seiner Mutter an, die niemals die ungarische Sprache beherrscht habe. Er war der Überzeu- gung, dass die „ungarischen Schwaben“ ihre Nationalität ungehindert bewahren könn- ten, und betrachtete die mit ihnen verbundenen Fragen als eine rein innerungarische Angelegenheit, in die sich fremde Staaten nicht einzumischen hätten.222 Erste Äußerungen Hitlers vermittelten den Eindruck, ein gutes Verhältnis zu sei- nem Gesinnungsfreund Gömbös sei ihm wichtiger als die Lage einer konnationalen Minderheit. Bleyer kommentierte dies in einem Brief an seinen Freund, den Sieben- bürger Hans Otto Roth vom 17. Mai 1933 mit der Befürchtung: „Es droht uns die Ge- fahr, ein zweites Südtirol zu werden, mich aber trifft früher oder später das Schicksal des Führers, der immer nur Misserfolge hat.“223 Das war natürlich eine Anspielung darauf, dass Hitler das Bündnis mit dem Duce Mussolini wichtiger war als die Lage der Südtiroler, die tatsächlich fünf Jahre später als Folge der von Hitler mit Mussolini

221 Zit. nach SPANNENBERGER, Volksbund, S. 80. 222 BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 20. 223 Bleyer in seinem Brief vom 17. März 1933 an Hans Otto Roth, in: Die Rumäniendeutschen zwischen Demokratie und Diktatur, S. 401.

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vereinbarten „ethnischen Flurbereinigung“ ihre Heimat verlassen mussten, sofern sie deutsch bleiben wollten.224 Über Vermittlung seitens des Münchner Professors Karl Haushofer versuchte Bleyer Mitte April 1933 in Kontakt mit führenden Repräsentanten der NSDAP zu tre- ten. Denn angesichts der „gegebenen Gefahr der Vernichtung“ des Deutschtums in Ungarn „suchen wir direkte Verbindung zum Führer und zu den am ehesten maßgeb- lichen Stellen, damit sie sich als Retter unseres Schicksals annehmen“, so die schrift- liche Begründung seiner Kontakaufnahme.225 Zwischen dem 12. und dem 14. Mai ge- lang es ihm, dem Stellvertreter Hitlers, Rudolf Heß (1894-1987), seine Vorstellungen von einem neuen Ausgleich zwischen Berlin, Budapest und seiner Minderheit vorzu- tragen. Dieser beschied ihm kühl, dass jede Minderheit die besten Beziehungen zum Staatsvolk ihres Heimatlandes anstreben sollte.226 Spätestens seit seinem Gespräch mit dem Reichsvizekanzler (1879-1969) am 21. September 1933 in Budapest war Bleyer klar gemacht geworden, dass die Reichsregierung zwar die „Erfüllung der kulturellen Wünsche fördert, jedoch aus allgemeinpolitischen Rücksichten es ihr nicht möglich ist, einen Druck auf die ungarische Regierung auszuüben. […] Aus dem gleichen Grund wäre es auch nicht erwünscht, wenn das ungarländische Deutschtum in eine Kampfstellung gegenüber der ungarischen Regierung und Öffentlichkeit geraten würde. Wir würden es für zweckmäßig halten, wenn Professor Bleyer bei seinen weiteren Vorgehen diesem Gesichtspunkt Rechnung tragen wollte.“227 Damit waren Bleyers Hoffnungen endgültig zerstört, mit reichsdeutscher Hilfe aus der Sackgasse ungarischer Ethnopolitik herauszufinden. Kurz vor der Audienz bei Rudolf Heß hatte Bleyer seine letzte große Parlaments- rede gehalten (Text im Quellenanhang). Am 9. Mai 1933 zog er im Hohen Haus eine vernichtende Bilanz der ungarischen Nationalitätenpolitik und seine Schlussfolgerun- gen stellten die gesamte ungarische Revisionspolitik grundlegend in Frage: „Die Frage der ungarischen Revision steht und fällt damit, was für eine Nationalitätenpoli- tik in Wirklichkeit hier zu Hause betrieben wird. Da bleibt jedes Versprechen wirkungslos und jede Vorspiegelung ist zwecklos. Wer statt der St. Stephans-Idee ungarische Rassenpo- litik verkündet, der versündigt sich nicht nur am ungarischen Staat, sondern auch an der ungarischen Rasse; der verzichtet für immer darauf, dass in dieses Land noch einmal auch andere Völker und Volksgruppen zurückkehren.“228 Diese Rede löste einen politischen Skandal aus. Universitätsstudenten erstürmten die Wohnung Bleyers in Budapest, um ihn zur Verantwortung zu ziehen; publizisti- sche Angriffe bezeichneten ihn als „Pangermanismus-Professor“, als Werkzeug des „neuen deutschen Dranges nach Osten“; der Parlamentsabgeordnete Endre Bajcsy-

224 SCHWIND, S. 147. 225 Zit. nach SCHÖDL, Abschiede, S. 480. 226 Ebenda. 227 Brief des deutschen Geschäftsträgers in Budapest, Martin Schlimpert, im Auftrag des Auswärtigen Amtes an Jakob Bleyer. – ADAP, C. I., Dok. 400, S. 728 f., hier zit. nach SCHÖDL, Abschiede, S. 480. 228 Az 1931. július 18-ára összehívott, S. 215, auch in: Sonntagsblatt vom 28. Mai 1933.

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Zsilinszky (1886-1944) forderte ihn zum Säbelduell.229 Fortan blieb Bleyer in der un- garischen Öffentlichkeit ein Verfemter, von ihr ausgegrenzt und gemieden, der noch ein paar Monate später selbst vom diplomatischen Repräsentanten des Reiches in Bu- dapest die Aufforderung erhielt, die außenpolitische Zusammenarbeit zwischen dem Dritten Reich und Ungarn nicht länger zu stören.230 Er starb seelisch gebrochen und vereinsamt am 5. Dezember 1933 in Budapest.

4.5 Der Kampf um Bleyers Erbe 1934-1938 In der Beurteilung des ethnopolitischen Erbes von Jakob Bleyer war sich die Nach- welt alles andere als einig, eher schon in seiner Person. Seine geradlinige, integre Per- sönlichkeit hat, wie es der ungarische Schriftsteller Gyula Illyés (1902-1983) aus- drückte, vielen „aufrichtige Achtung abgenötigt“. Und Illyés fuhr in seiner Würdi- gung fort: „Wenn alle von uns, die so fühlen wie er, so aufrecht für die eigene Über- zeugung einträten, dann würden wir endlich klar sehen, was uns die Zukunft bereit hält.“ Der Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Budapest, Gyula Kor- nis (1885-1958), hob in seiner Grabrede am 8. Dezember 1933 hervor, dass Bleyer für sich selbst eine vollkommene Harmonie zwischen Ungartum und Deutschtum herzu- stellen vermocht hatte. Er bezweifelte jedoch mit Blick auf die rund 500 Anwesenden, die bei der Beerdigung als Vertreter der schwäbischen Gemeinden erschienen waren, dass es den von Bleyer zu nationalem Selbstbewusstsein erweckten Schwaben gelin- gen werde, dieses heikle Gleichgewicht zu bewahren.231 Bereits im Monat darauf, Anfang des Jahres 1934, entbrannte innerhalb des UDV und seiner Führung eine heftige Auseinandersetzung um das politische Erbe Bleyers und seine Nachfolge. Der auf Aufforderung von Gömbös wieder auf den Posten des Vereinsvorsitzenden zurückgekehrte Gustav Gratz bezeichnete sich selbst als authen- tischen Interpreten dieses Erbes und als dessen zuverlässigsten Vollstrecker. Für ihn bestand Bleyers historische Leistung darin, das im Weltkrieg erwachte nationale Selbstbewusstsein der ungarndeutschen Bevölkerung im Rahmen des UDV kanalisiert und entpolitisiert zu haben, um einerseits die neu entstandene deutsche mit der tradi- tionellen ungarischen Identität zu versöhnen und als „seelische, deutsch-ungarische Harmonie“ in die neue Zeit „hinüberzuretten“, andererseits im kulturellen Bereich den muttersprachlichen Unterricht als zentralen Bereich seines Identitätsmanagements durchzusetzen. Diese beiden Aufgaben gelte es nach Glatz weiterhin zu erfüllen und sie erforderten keine neue politische Konzeption, sondern die Rückkehr zu den Prin- zipien und Methoden der Bethlen’schen Nationalitätenpolitik.232 Dieser vergangenheitsorientierten Auffassung trat Franz Basch mit dem Argument entgegen, dass Bleyer in seinem letzten Lebensjahr schon von der Überzeugung

229 TAFFERNER, Studentenvereinigungen. 230 SCHÖDL, Abschiede, S. 481. 231 Laut Bericht in Nation und Staat 7 (1933/34), S. 248. 232 GRATZ, Probleme, S. 22; DERS., Augenzeuge, S. 497 f.; BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 13.

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durchdrungen war, die er mit vielen, Freund wie Feind, geteilt hatte, so wie bisher könne es nicht mehr weitergehen. Beide von Gratz und Basch repräsentierten und miteinander um den Führungsanspruch konkurrierenden Fraktionen innerhalb des UDV beriefen sich auf Bleyer, doch der eine, Gratz, auf den Bleyer der 1920er Jahre, Basch auf den Bleyer zu Beginn der 1930er Jahre. Der eine wollte Kontinuität mit ei- ner Periode wiederherstellen, die bereits der Vergangenheit angehörte. Der andere forderte unter Berufung auf den bereits vollzogenen Bruch mit dieser eine grundle- gende Neuorientierung des Vereins in Richtung einer systematischen politischen Mo- bilisierung der deutschen Minderheit unter Einbeziehung aller wichtigen Lebensbe- reiche, insbesondere von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.233 Damit war die von der ungarischen Politik bis dahin erzwungene Beschränkung des UDV auf den kultu- rellen Bereich konzeptionell überwunden, auch wenn es noch lange Jahre brauchte, dies politisch durchzusetzen. Das wiederum lag vor allem daran, dass der von Gratz geleitete Flügel des UDV sich von der Regierung gegen das „radikale“ Lager im UDV ins Feld führen und damit instrumentalisieren ließ. Denn die enge Kooperation mit der Regierung bot Gratz die einzige Chance, zumindest kurzfristig seinem von Il- lusionen genährten ethnopolitischen Kurs einen Rückhalt zu sichern, den er anderer- seits in der ungarndeutschen Bevölkerung selbst zusehends verlor. Für den zweiten Akteur, die ungarische Regierung, lieferten die Gratz-Fraktion und deren interner Kampf mit den „Radikalen“ die willkommene Legitimation für die Fortsetzung ihrer Hinhaltetaktik, die ja nur ihre grundsätzliche Blockadehaltung verdecken sollte, da sie jeglichen Kompromiss in der Sache selbst, beispielsweise in der nicht nur von Gratz thematisierten Schulfrage, ausschloss. Da dieser immer mehr seine soizale Basis in- nerhalb der ungarndeutschen Bevölkerung verlor, schreckte die Regierung auch nicht davor zurück, den Gratz-Flügel mit administrativen Maßnahmen vehement zu unter- stützen, seine Gegner jedoch mit dem Vorwurf des Landesverrats und der subversiven „nationalsozialistischen“ Aktivität zu überziehen, dadurch zu diskriminieren, zu kri- minalisieren und nach Möglichkeit immer mehr aus der Gesellschaft auszugrenzen, mit dem erklärten Ziel, alle Bemühungen um einen Minderheitenschutz im eigenen Land endgültig zu unterbinden. Dieses Spiel konnte so lange auf der Bühne der ethnopolitischen Auseinanderset- zung zur Aufführung kommen, solange der dritte Akteur, nämlich der Patronagestaat Drittes Reich den konnationalen Minderheitenangelegenheiten in Ungarn aus ganz unterschiedlichen Gründen keinerlei politische Priorität zuerkannte. Die damit vorgegebene Durststrecke galt es für den vierten Akteur, die von Franz Basch angeführte Gruppe, zu überwinden, die zwar weiterhin sowohl finanzielle wie moralisch-ideologische Unterstützung aus dem Reich erhielt und die zugkräftigeren Argumente in ihrem Eintreten für Minderheitenrechte auf ihrer Seite wusste, in ihrem Handlungsspielraum jedoch zunächst stark eingeschränkt war und eigentlich mit dem Rücken zur Wand um ihr politisches Überleben zu kämpfen hatte. Doch wofür kämpften sie und warum wurden sie, die ihr Programm als „volksdeutsch“ bezeichne- ten, als radikal und bald darauf als „nationalsozialistisch“ wahrgenommen?

233 BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 13; Sonntagsblatt vom 18. Februar 1934.

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Radikal war ihre Erkenntnis, dass die bisherige Kungelei mit der ungarischen Re- gierung nicht nur zu nichts, sondern zur Verschlechterung ihrer Minderheitenposition geführt hatte; und radikal war offenbar die Konsequenz, die sie aus diesem Desaster zogen: nämlich programmatisch eine Interessenvertretung auf allen für die Minderheit wichtigen Gebieten anzustreben und eine solche Interessenvertretung im Zuge einer politischen Mobilisierung der Minderheitenangehörigen durchzusetzen. Dass sie zu diesem Zweck die Ideologie der Volksgemeinschaft als Legitimation und Begründung ihres politischen Handelns der Interessen- und Identitätsbestimmung und -wahrung einsetzten, ist einerseits im Mangel eines ideologischen Alternativangebots begründet, andererseits in der Attraktivität des Solidarisierungsangebots dieser Ideologie, die nach innen die Beseitigung der sozialen Schranken und der sozialen Ungerechtigkeit und damit Chancengleichheit für alle versprach, nach außen die Hilfeleistung des ge- samten Deutschtums. In der symbolischen und über Institutionen auch im Alltag ge- währleisteten Vereinigung mit dem Gesamtdeutschtum ließ sich die Schwäche der Minderheitenposition in die Stärke eines großen Volkes verwandeln, dem die Deut- schen in Ungarn als „Volksgruppe“ nunmehr angehörten. Damit rückte auf die Agen- da des politischen Handelns dieser „Volksgruppe“ die Institutionalisierung ihrer Interessenvertretung und des fortgesetzten Interessenausgleichs mit ihrem ungari- schen Umfeld. Die ungarische politische Elite wiederum hatte weder konzeptionell noch institu- tionell etwas anzubieten und nicht einmal den Funken eines Verständnisses, denn im Rahmen ihrer Revisionspolitik war ihren konnationalen Minderheiten in den Nach- barländern nur eine Opferrolle zugedacht. Bei aller Unterstützung dieser Konnationa- len blieb diesen jegliche Institutionalisierung im Sinne eines Interessenausgleichs mit ihrem jeweiligen Heimatstaat untersagt, weil ein solcher mit den Zielen ihrer Revi- sionspolitik zur Wiederherstellung Großungarns nicht vereinbar gewesen wäre.234 So blieben die Deutschen in Ungarn ganz auf das Institutionalisierungsangebot angewie- sen, das sie aus Deutschland erhielten, und da dieses sich als nationalsozialistisch de- finierte, wurden auch die Anhänger der Volksgruppenorganisation zwangsläufig als „nationalsozialistisch“ wahrgenommen. Ob sie, die „Volksdeutschen“, das aus Über- zeugung waren oder nicht, spielte für diese Wahrnehmung zunächst keine Rolle. Dem gewieften politischen Taktikter Gratz, der über eine langjährige parlamenta- rische Erfahrung verfügte, war klar, dass er innerhalb dieser Konstellation die Ver- antwortung dafür übernommen hatte, was mit dem ihm offiziell anvertrauten Ungarn- deutschtum tatsächlich geschah. Denn je mehr er den Gegensatz zu seinen – noch – vereinsinternen Gegnern auf die Spitze trieb, desto mehr spielte er nicht nur der unga- rischen Regierung in die Hände, sondern langfristig auch dem Dritten Reich. Ihm blieb nämlich nicht verborgen, dass sein Partner, die ungarische Regierung, an keiner Regelungskompetenz in Minderheitenangelegenheiten interessiert war und dass sich die diesbezüglichen Hoffnungen und Erwartungen seitens der „volksdeutschen“, der Basch-Gruppe deshalb immer stärker auf das Dritte Reich konzentrierten. Es lag schließlich an ihm, wie er der sich abzeichnenden Verlagerung des politischen

234 SEEWANN, Lojalitások.

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Schwergewichts in Richtung Berlin als einziges Kompetenzzentrum für eine politi- sche Regelung der ungarndeutschen Angelegenheit begegnete. Sicherlich war er dazu nicht in der Lage und verfügte über zu wenig politisches Eigengewicht, die Dynamik dieses politischen Mobilisierungsprozesses – einmal in Gang gebracht – zu stoppen oder gar zu unterbinden. Er versuchte jedoch, diesen Prozess abzubremsen und seinen ihm verbliebenen Handlungsspielraum durch wiederholte, an Basch adressierte Ver- söhnungsangebote zu nutzen und auszuweiten. Da er jedoch nicht bereit war, über seinen eigenen Schatten springend seine Konzeption in wesentlichen Punkten abzu- ändern und kompromisshaft den Positionen seiner Gegner anzunähern, war der von ihm angestrebte Ausgleich mit Basch und dessen Anhängern nicht zu erreichen und es trat genau die Konstellation ein, die Gratz befürchtete und eigentlich vermeiden woll- te: Auf dem Weg der direkten Intervention des Patronagestaats setzte dieser 1937 ge- genüber seinem Bündnispartner Ungarn, der aus Gründen seiner Revisionspolitik sich diesem völlig ausgeliefert hatte, sein Konzept der von Berlin aus gelenkten Volks- gruppenorganisation über die Köpfe der betroffenen Minderheit hinweg durch und blieb fortan die für die „Volksgruppe“ wichtigste Entscheidungsinstanz bis zu seinem Untergang durch den militärischen Zusammenbruch am Ende des Zweiten Welt- kriegs. Noch deutlicher hervorzuheben ist jedoch die Verantwortung der ungarischen Re- gierung an dem Radikalisierungsprozess, den sie durch ihre minderheitenpolitische Unduldsamkeit selbst ausgelöst hatte und dem sie sich als Gefangener ihrer eigenen Revisionspolitik und des deutsch-ungarischen Bündnisses mehr oder minder ausgelie- fert hatte. In ihrer politischen Blindheit gegenüber den Folgen ihrer minderheitenpoli- tischen Untätigkeit hat sie sich immer mehr der Möglichkeit beraubt, ihre Souveräni- tät auf diesem Gebiet zu bewahren. Die katastrophale Fehleinschätzung ihrer eigenen Machtressourcen einerseits und der europäischen Machtstrukturen insbesondere im assymetrischen Kräfteverhältnis Deutschland–Ungarn andererseits trug entscheidend dazu bei, dass Ungarn in Angelegenheiten der ungarndeutschen Minderheit mehr oder weniger entmachtet wurde und es hinnehmen musste, wie ein Bauer auf dem Schach- brett hin und her geschoben zu werden, wobei 1941 aus dem „Schachbrett“ ein Kriegsschauplatz geworden war. Auf dem Weg von der unpolitischen Arbeit am Volkstum zur politisierten Volks- gruppe im Zeitraum von 1934 bis 1940 ist dies der Handlungsrahmen, ja auch der Spannungsbogen, in den die Einzelereignisse und Vorgänge einzuordnen sind. Diese sollen hier nun in der gebotenen Kürze zusammengefasst werden. Die noch von Bleyer gegründete Deutsche Arbeitsgemeinschaft stellte am 9. De- zember 1933 einen Siebenerrat an die Spitze ihrer Bewegung, dem Johann Faul- Farkas, Anton König, Dr. Franz Kußbach, Dr. Franz Rothen, Dr. Ägidius Faulstich, Dr. Heinrich Mühl (1901-1963) und Dr. Franz Basch 235 angehörten und damit über- wiegend Jungakademiker, die zeitweise in Deutschland studiert hatten.236 Auf der

235 Ausführliche Angaben zur Biografie von Franz Basch in: Akten des Volksgerichtsprozes- ses gegen Franz A. Basch, S. XXXVII-LXI. 236 SPANNENBERGER, Volksbund, S. 87.

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zehnten Jahresversammlung des UDV, die als außerordentliche die im Sommer davor ausgefallene nachholte, wurde auf Wunsch der Regierung am 6. Mai 1934 Gustav Gratz wieder zum Vorsitzenden und der aus Ödenburg stammende katholische Prälat László Pintér (1884-1958) zum Direktor gewählt; gleichsam paritätisch wurden den beiden Franz Kußbach, der Schwiegersohn Jakob Bleyers, als zweiter, geschäftsfüh- render Vorsitzender und Franz Basch als Generalsekretär zur Seite gestellt. Die Zu- sammensetzung des gesamten Vorstands war also das Ergebnis eines Kompromisses, der noch einmal für ein Jahr Gemäßigte und Radikale zusammenführte. Doch die überwiegende Mehrzahl der Vereinsmitglieder in den Siedlungsgebieten selbst er- kannte die Führungsrolle des Siebenerrats an, der auch das Sonntagsblatt in seiner Hand behielt. Nachdem die Vereinstätigkeit auf der lokalen und regionalen Ebene, in den Ge- meinden und Komitaten durch Versammlungsverbote, Aufgebot von Ordnungskräf- ten, polizeiliche Untersuchungen und vor Gericht eingebrachte Klagen praktisch lahmgelegt worden war, demonstrierte Franz Basch durch eine von ihm in Magócs organisierte Großkundgebung im Sommer 1934 mit über 15 000 Teilnehmern nicht nur, wie viel Masse er als charismatischer Führer zu mobilisieren wusste, sondern wie viel Zustimmung sein Programm der vollen Entfaltung der deutschen Nationalität in allen Lebensbereichen bereits erhielt.237 Laut Bericht des Obergespans des Komitats Baranya war Basch zu diesem Zeitpunkt bereits davon überzeugt, dass die Zunahme und damit die Massenbasis seiner Bewegung vor allem den Unterdrückungsmaßnah- men der unteren Verwaltungsbehörden zu verdanken sei, die so gut wie alle Ver- sammlungen und Kulturabende des Vereins verboten hatten. Ähnlich argumentierte auch Kußbach, als er es in seiner Schlussrede zur 11. Vereinsvollversammlung im August 1934 eine „Bauernfängerei“ nannte, wenn die Behörden der Erfüllung der be- rechtigten Wünsche des Deutschtums mit der Behauptung entgegentraten, das Deutschtum fordere ja gar nichts. Tauchten jedoch Forderungen auf, würden sie von den Dorfgewaltigen sofort als gesetzeswidrig und für unvereinbar mit der Staatstreue erklärt.238 Für die Lähmung nicht nur der Vereinsarbeit, sondern auch der Bemühungen um eine Lösung der Schulfrage – die Regierung hatte im Februar des Jahres versprochen, 40 bis 50 Schulen des C-Typus in solche des B-Typus umzuwandeln, bis Herbst waren jedoch daraus nur fünf geworden – machte die Regierung einseitig den Radika- lismus des volksdeutschen Flügels im UDV verantwortlich und beschloss, gegen die- sen noch schärfere Maßnahmen zu ergreifen. Sie bediente sich in ihrer Unterdrü- ckungsstrategie jetzt nicht mehr nur der ihr unterstellen Verwaltungsbehörden, son- dern auch zunehmend der Justiz. Eine willkommene Gelegenheit dazu bot die Anzei- ge des Obernotärs der Gemeinde Batáapáti. Am 19. November 1933, also noch zu Lebzeiten Jakob Bleyers, hatte Franz Basch in dieser Gemeinde eine Rede gehalten und in ihr die zwangsmäßige Namensmagyarisierung verurteilt: „Ein jeder, der zu uns gehört und der ohne Zwang seinen ehrlichen deutschen Namen hergibt, hat es auch

237 Sonntagsblatt vom 26. August 1934. 238 Bundesarchiv Koblenz R 18/3329. Bericht von Kußbach vom 24. Oktober 1934.

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nicht verdient, dass er ihn bisher in Ehren getragen hat.“239 Darauf entzog ihm der Obernotär das Wort und erstattete Anzeige wegen Schmähung der ungarischen Nati- on. Diese Anzeige wurde am 20. September 1934 vor dem Gericht in Fünfkirchen verhandelt und Basch zu drei Monaten Gefängnis und einem Jahr Entzug seiner poli- tischen Rechte verurteilt, und zwar mit der Begründung, der Angeklagte habe die Bewegung für Namensmagyarisierung beleidigt, die „eine spontane Ausgestaltung der magyarischen nationalen Seele ist, womit auch die fremdsprachigen Staatsbürger die nationale Einheit dokumentieren wollen“240. Die Richter betrachteten also die Namensmagyarisierung als eine ehrenvolle Handlung, durch die Zugehörigkeit zur politischen ungarischen Nation demonstriert werden sollte. Doch sie begnügten sich damit nicht, sondern rügten noch ausdrücklich den UDV, denn sie stellten mit „Be- dauern fest, dass in verschiedenen Vereinen wie beispielsweise im Volksbildungsver- ein die Mitglieder zur Loslösung vom Magyarentum, zum Gebrauch der eigenen Sprache aufgestachelt werden und dadurch Träger fremdklingender Namen der ma- gyarischen nationalen und sprachlichen Einheit entfremdet werden sollen“241. Die Verurteilung von Basch löste ein starkes Presseecho aus. Während die Buda- pester Presse sie begrüßte und Pesti Napló Basch als „Nationalsozialisten“ brand- markte, kritisierten sie die Zeitungen in den Nachbarländern. Die Kronstädter Zeitung sprach der ungarischen Regierung wegen des Urteils jegliches moralisches Recht ab, weiterhin ihr Wort für die konnationale magyarische Minderheit zu erheben.242 Der Vorstand des UDV stellte sich noch einmal geschlossen hinter Basch. Doch war das der letzte Akt einer fraktionsübergreifenden Solidarität. Auf die bereits instabile Lage innerhalb des UDV machte auch ein Bericht der deutschen Gesandtschaft vom 12. Februar 1935 aufmerksam. In ihm hieß es, Kußbach falle es als Nachfolger Bleyers immer schwerer, das Gleichgewicht zwischen den auseinanderstrebenden Richtungen und Persönlichkeiten des UDV zu halten. Noch dazu müsse er dem Druck der regie- rungsfreundlichen Richtung nachgeben, die eine Ausweitung der Befugnisse des Di- rektors László Pintér verlange, um die „nations- und staatsfeindliche Hetze“ in den Versammlungen auf dem Lande und im Sonntagsblatt zu unterbinden.243 In der nationalistisch aufgeheizten ungarischen Öffentlichkeit wurde bereits jede Äußerung eines Nationalitätenbewusstseins als Provokation empfunden und jegliche Forderung nach besseren Rahmenbedingungen für die Identitätsbewahrung und -pflege als nations- und staatsfeindlich zurückgewiesen, denn es sollte ja nur eine ein- zige verpflichtende Identität geben, nämlich die national-ungarische. Dennoch fasste Kußbach am 20. Februar 1935 noch einmal die Forderungen des UDV in der Zeitung Magyarország wie folgt zusammen: Gebrauch der Muttersprache in Schule, Kirche und öffentlicher Verwaltung; Wiederherstellung der Vereinsautonomie, eine Forde-

239 BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 38 ff. 240 Generalsekretär Dr. Franz Basch zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt, in: Sonntagsblatt vom 7. Oktober 1934. 241 Ebenda; BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 58. 242 Die Übersicht über die Pressestimmen in: Nation und Staat 1935/36, S. 707. 243 A Wilhelmstrasse és Magyarország, Nr. 31. Bericht von Schnurre vom 12. Februar 1935.

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rung, die sich gegen die immer stärkere Einmischung der Regierung in Vereinsange- legenheiten richtete; ferner eine Berufungsmöglichkeit bei Minderheitenbeschwerden an ein Verwaltungsgericht und schließlich zwei Gesetzesinitiativen: eine Verankerung der Minderheitenrechte in der ungarischen Verfassung und eine gesetzliche Definition der Kriterien der Staatstreue. Diese beiden letzten Forderungen verfolgten das Ziel, die von der Regierung immer häufiger angewandten Methoden der Diskriminierung und Kriminalisierung unter Einschaltung von Gerichten zu unterbinden. Denn in den Jahren 1934 bis 1936 blieb so gut wie kein führender Repräsentant der volksdeut- schen Richtung von Anklageerhebungen und Prozessen verschont, selbst Kußbach hatte sich mit einem solchen auseinanderzusetzen. Doch es gab keinerlei Möglichkeit, über solche Forderungen überhaupt noch zu verhandeln. Vielmehr war das Jahr 1935 von drei Vorgängen geprägt, die dem Pro- zess der politischen Mobilisierung die Richtung wiesen. Der erste Vorgang war die überraschend angesetzte Parlamentswahl im März und April, der zweite die Grün- dung der VK und mit ihr die endgültige Spaltung des UDV und der dritte der von Kußbach losgetretene Skandal um die bis dahin geheim gehaltene finanzielle Unter- stützung des UDV aus reichsdeutschen Quellen. Die Parlamentswahl endete mit einer empfindlichen Niederlage der ungarndeut- schen Kandidaten, die alle für oppositionelle Parteien, insbesondere für die Klein- landwirtepartei, kandidiert hatten, wie zum Beispiel Franz Basch in Bonyhád und Kußbach in Soroksár. Pintér hingegen zog auf der Liste der Regierungspartei und Gratz auf der Liste der oppositionellen Liberalen in das Parlament ein. Die Kandida- turen für die Kleinlandwirtepartei wurde von der deutschen Regierung als politischer Auftritt missbilligt244, von der ungarischen Regierung heftig verurteilt. Gömbös selbst drohte im Parlament damit, die volksdeutsche Richtung als „zentrifugale Kraft“ zu vernichten.245 Tatsächlich wurde nach den Wahlen das ganze Land erneut mit Natio- nalitätenprozessen überzogen. Besondere Aufmerksamkeit fand dabei die Berufungs- verhandlung gegen Basch, die auf ausdrückliche Weisung von Gömbös unmittelbar nach den Wahlen bereits für den 17. April 1935 angesetzt wurde. Das Oberlandesge- richt von Fünfkirchen hob das Urteil der ersten Instanz auf und Basch wurde jetzt zu fünf Monaten Gefängnis und zum Entzug seiner politischen Rechte auf drei Jahre verurteilt. Als Akt der Solidarisierung versammelten sich seine Anhänger am 26. Mai 1935 und gründeten die VK, für die der Debrecener Germanist Professor Richard Huß die Satzung ausgearbeitet hatte. Durch die VK sollte der UDV von einer „volksfrem- den“ zu einer „volksdeutschen“ Organisation umgestaltet werden. Als ihr publizisti- sches Forum diente die Zeitschrift Deutscher Volksbote, die aus presserechtlichen Gründen nur zehnmal im Jahr erscheinen konnte, denn bei häufigerer Publikation wä- re sie genehmigungspflichtig gewesen. Die Ereignisse überstürzten sich. Die Regierung verlangte von Gratz, Basch und seine Anhänger aus dem Verein auszuschließen. Gratz forderte Basch auf, freiwillig

244 Bericht des deutschen Gesandten von Mackensen aus Budapest vom 6. April 1935, in: A Wilhelmstrasse és Magyarország, Nr. 33. 245 BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 55.

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von seinem Amt als Generalsekretär zurückzutreten. Da er sich weigerte, sah sich Gratz gezwungen, Basch nach der Sitzung des Vollzugsausschusses am 14. Juni zu beurlauben. Die Amtsgeschäfte von Basch wurden von Pintér übernommen. Das Sonntagsblatt mit Kußbach stellte sich nun auf die Seite von Gratz. Daraufhin schal- tete sich der VDA aus Deutschland ein und schickte Ende Juli eine aus drei Personen bestehende Kommission, Günther Berka (1883-1967), Alfred Krehl (1903-1964) und Helmut Klocke, nach Budapest. Diese sollte Kußbach, den sie als Hauptschuldigen an der Vereinsniederlage von Basch betrachteten, zum Rücktritt von seinem Amt als ge- schäftsführender Vorstand sowie zur Herausgabe der beiden Publikationsorgane be- wegen, nämlich des Sonntagsblatts und der Deutsch-ungarischen Heimatblätter. Ihr Mitspracherecht begründeten sie damit, dass die beiden Blätter ja durch die von ihnen bereitgestellten Finanzmittel gleichsam als „deutsches Vermögen“ zu behandeln sei- en. Kußbach ergriff jetzt die Flucht nach vorne und entschloss sich dazu, die gesamte, bisher streng geheim gehaltene Finanzierung des UDV seitens reichsdeutscher Stellen offenzulegen. Die Finanzleistungen, um die es hier ging, beliefen sich alljährlich auf den nicht geringen Betrag von 121 000 Reichsmark, wovon 35 000 vom Auswärtigen Amt und 85 000 vom VDA stammten. Mit diesen Beträgen wurden sowohl der UDV als auch die Basch-Gruppe subventioniert, was der deutsche Gesandte Hans Georg von Mackensen (1883-1947) in seinem Bericht damit legitimierte, dass der Zwist bei- der Gruppen ja nur ein vorübergehender sei.246 Kußbach übergab nun Gratz die komplette Liste der Geldempfänger in Ungarn (Stipendiaten, monatliche Zuweisungen und Gehaltszahlungen u.a. für das Sonntags- blatt und Angestellte des UDV, Finanzierung der Veröffentlichungen und der Propa- gandarbeit in den Dörfern, des Studentenvereins Suevia und des Deutschungarischen Wirtschaftsbüros). Er glaubte mit diesem Schritt seine Gegner kompromittieren oder gar erpressen zu können. Gratz wiederum meldete sich zur Audienz bei Gömbös und legte diesem am 17. August das Enthüllungsmaterial vor. Dieser wollte in einer ersten Reaktion alle vom Skandal Betroffenen vor ein Militärgericht stellen und den UDV auflösen. Er ließ sich jedoch von Gratz überzeugen, dass es wirkungsvoller sei, das Material als Druckmittel gegen die VK einzusetzen. Doch die von Gratz am 19. Au- gust geführten Verhandlungen mit Basch, Huß und Faulstich führten nicht zu dem gewünschten Ergebnis der Selbstauflösung dieser Organisation. Diese schickte viel- mehr Professor Richard Huß zur Jahrestagung des Deutschen Auslandsinstituts An- fang September nach Stuttgart, um sich der reichsdeutschen Hilfe zu versichern. Nun setzte die ungarische Regierung den Skandal um die UDV-Finanzierung auf die Agenda ihrer bilateralen Verhandlungen mit der deutschen Regierung. Der deut- sche Gesandte in Budapest, Hans Georg von Mackensen, schlug vor, das System der grenzüberschreitenden Finanzierung durch einen bilateralen Vertrag zu legitimieren und abzusichern, was eine Bevorzugung des regierungstreuen UDV bedeutet hätte. Doch die ungarische Regierung lehnte den Vorschlag aus prinzipiellen Erwägungen

246 Laut Bericht des Gesandten von Mackensen vom 21. November 1935, in: A Wilhelmstras- se és Magyarország, Nr. 45.

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ab, obwohl sie selbst niemals davor zurückgescheut hatte, ihre konnationalen Minder- heiten in den Nachbarländern unter Anwendung ganz ähnlicher Methoden zu unter- stützen.247 Der Enthüllungsskandal wirkte sich insoweit aus, als sich die Finanzleis- tungen aus Deutschland ab 1936 beträchtlich verringerten, auch wenn es der VK ge- lungen war, sich weiterhin einen Teil zu sichern. Nachdem im Jahr 1935 nicht einmal die vereinsrechtlich vorgeschriebene Jahres- vollversammlung des UDV zustande gekommen war, was die fortschreitende Desta- bilisierung des UDV verdeutlichte, suchte Gratz diesen Verfallserscheinungen durch administrative Maßnahmen im Jahr 1936 zu begegnen. Er schloss den radikalen Flü- gel mit Basch, Huß, Faulstich, Mühl und auch Franz Bleyer, dem Sohn Jakob Bleyers, aus dem Verein aus und trennte sich von Kußbach, der, allzu kompromittiert, als ge- schäftsführender Vorsitzender nicht mehr zu halten war. Der neuen Vereinsführung mit Gratz an der Spitze und Johann Faul-Farkas als Generalsekretär, Ludwig Leber (1903-1974) und László Pintér schlug jedoch bei ih- ren Veranstaltungen insbesondere in der Schwäbischen Türkei große Unzufriedenheit entgegen und sie wurde ständig mit der kritischen Frage nach dem Ausschluss von Basch und seinen Kameraden aus dem UDV konfrontiert. Noch dazu wurde sie von den Regional- und Lokalbehörden als staatsfeindlich angesehen und entsprechend repressiv behandelt. In einem vom 20. April 1936 datierten Brief an den Staatssekre- tär Tibor Pataky, den Leiter der Nationalitätenabteilung im Amt des Ministerpräsiden- ten, kommentierte Pintér dieses Vorgehen aufgrund seiner eigenen Erfahrungen im Komitat Tolna mit folgenden Worten: „Anscheinend glauben sie (die Behörden), bei- de Richtungen fräßen sich gegenseitig auf. Das halte ich aber für einen folgenschwe- ren Irrtum, denn nicht beide werden aufgefressen, sondern nur die Gemäßigten und zwar – wie das immer so zu sein pflegt in der Geschichte – von den Radikalen.“248 In einer Denkschrift vom April 1936 betrachtete die ungarische Regierung die „Radikalisierung“ der Ungarndeutschen als ein durch äußere, reichsdeutsche Einflüs- se entstandenes Problem, das durch scharfes Vorgehen gegen die Protagonisten dieser Richtung – namentlich genannt wurden hier Basch, Faulstich, Mühl, Konrad Mi- schung (1904-1942), Ludwig Leber, Max Albert, Georg Goldschmidt (1903-1989) und Georg Hornung (1904-?) – gelöst werden könne. Einen selbstkritischen Gedan- ken über die innerungarischen Ursachen der beklagten Radikalisierung findet man im gesamten Schriftstück nicht. Mit polizeilich-administrativen Maßnahmen suchte man die reichsdeutschen Kontakte und Besuche in Ungarn zu unterbinden. Eine groß ange- legte Fahndungsaktion nach der Herkunft und den Adressaten der reichsdeutschen Geldmittel sollte politisch verwertbares Belastungsmaterial sammeln. Vergeblich ver- suchte die Regierung unter Anwendung solcher Methoden die VK zu zerschlagen. Diesem Zweck sollte auch die Berufungsverhandlung im Basch-Prozess in dritter Instanz vor dem Kuriengericht in Budapest dienen. Dieses Gericht bestätigte am 24. Juni 1936 das verschärfte Urteil der zweiten Instanz und machte es damit rechtskräf- tig. Basch musste seine Gefängnisstrafe Anfang September in Fünfkirchen antreten.

247 Vgl. dazu BÁRDI. 248 LÁSZLÓ PINTÉR: Der kürzeste Weg zum Ziel, in: Neues Sonntagsblatt vom 2. Februar 1936.

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Am 9. Januar 1937 wurde er aus dem Gefängnis entlassen, begnadigt vom Reichs- verweser Horthy, der sich erst aufgrund einer Intervention Berlins dazu herbeigelas- sen hatte. Der Ausgang des Basch-Prozesses hat die deutsch-ungarischen Beziehungen schwer belastet. Zunächst war es eine vom VDA in die Wege geleitete Solidarisie- rungsaktion der reichs- und auslandsdeutschen Öffentlichkeit mit Basch, mit der die- ser zum Märtyrer der gegen das Deutschtum gerichteten Unterdrückungsmaßnahmen der ungarischen Regierung erhoben wurde. Sichtbares Zeichen dieser Solidarisierung war die in Umlauf gebrachte „Basch-Briefmarke“ mit der propagandistischen Um- schrift um ein Basch-Porträt: „Ungarische Nationalitätenpolitik: Wer seines Vaters Namen nicht ehrt, ist auch seiner Ahnen nicht wert: Dr. Franz Basch – 5 Monate Ker- ker“. Als der ungarische Innenminister Kozma Ende des Jahres in Berlin vorsprach, wurde ihm unmissverständlich klar gemacht, dass die Reichsregierung im Rahmen einer grundsätzlichen Änderung der ungarischen Nationalitätenpolitik eine Neuposi- tionierung der ungarndeutschen Minderheit erwarte. Berlin war nun im Gegensatz zu früheren Jahren dazu bereit, dahingehend auch Druck auszuüben, und hielt in einer internen Besprechung fest, „dass man sie [die Ungarn] dazu allmählich auch zwingen kann“. Hinter dieser Bereitschaft zur Aktion, die das passive Lavieren der Jahre vorher ablöste, stand eine tiefgreifende institutionelle Neuordnung der Patronagepolitik des Dritten Reiches. 1935 ließ sich Rudolf Heß von Karl Haushofer überzeugen, den „in- effektiven“ Volksdeutschen Rat, der bis dahin für die deutschen Minderheiten im Ausland zuständig war, durch eine neue, im Geheimen arbeitende Einrichtung zu er- setzen, deren Führung ein zuverlässiger Parteigenosse übernehmen sollte. Das neu er- richtete „Büro Kursell“ (kurzfristig geleitet von Otto Konstantin Gottlieb von Kursell, 1884-1967), das bald darauf in Volksdeutsche Mittelstelle umbenannt wurde, leitete die Zentralisierung der Patronagepolitik ein. Im Januar 1937 übernahm die SS in Per- son des SS-Obergruppenführers Werner Lorenz (1891-1974) die Führung der VoMi, um aus dieser Schaltstelle heraus die deutschen Minderheiten im Ausland zu fügsa- men Instrumenten der nationalsozialistischen Expansionspolitik zu machen. Mit der Bildung der Achse Rom–Berlin im Oktober 1936 waren auch die außenpolitischen Rahmenbedingungen für die Neuordnung geschaffen. Nachdem Joachim von Rib- bentrop (1893-1946) im Herbst 1937 zum Reichsaußenminister sowie Karl Haushofer zum Leiter des VDA ernannt worden waren, wurde mit dem Sturz des im Ausland überaus beliebten Hans Steinacher die zuletzt noch aus Propagandagründen aufrecht- erhaltene Selbständigkeit des VDA endgültig beseitigt. Dieser Akt wurde in den süd- osteuropäischen Ländern selbst von erfahrenen Politikern und Diplomaten, so auch von Gustav Gratz, irrtümlich als das Ende einer aktiven „Volkstumspolitik“ Berlins interpretiert.249 Die polykratische Herrschaftsstruktur des Dritten Reiches hatte zunächst ein Ver- wirrspiel in den deutsch-ungarischen Beziehungen in der Frage der ungarndeutschen

249 GRATZ, Probleme, S. 34.

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Minderheit ausgelöst, denn aus Berlin und München kamen ganz widersprüchliche Signale, die in Ungarn ganz unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert werden konnten. Einerseits wurde auf Druck Berlins im Januar 1937 Franz Basch begnadigt und rehabilitiert. Nach Rücksprache mit der VoMi gab das Auswärtige Amt am 31. Juli 1937 den Erlass 3258/37 heraus, wonach es in Ungarn als einzige legale Vertre- tung der deutschen Minderheit die VK anerkannte.250 Andererseits gab es einen nach vielen Verhandlungen zustande gekommenen deutsch-ungarischen Notenwechsel, in dem der ungarische Innenminister József Széll (1880-1956) die schon lange bekannte Litanei der Leerformeln ungarischer Minder- heitenpolitik wiederholte: „Da die Gleichbehandlung ein Grundpfeiler der ungari- schen Minderheitenpolitik ist, braucht das Land kein neues Minderheitenrecht, die be- reits geltenden Verordnungen müssen nur noch durchgeführt werden.“251 Außerdem sei die Assimilation der Ungarndeutschen das Ergebnis eines spontanen gesellschaft- lichen Prozesses und dennoch hätten sie dort, wo sie geschlossen siedelten, ihr Deutschtum in vollem Maße bewahrt. Da sie keine autochtone Minderheit seien, hät- ten sie auch keinen Anspruch auf irgendeinen Minderheitenschutz. In seiner Antwort- note sprach Rudolf Heß, Stellvertreter des Führers und zuständig für die Volkstums- politik, die Hoffnung aus, „dass die ungarländische deutsche Volksgruppe wie bisher so auch in Zukunft in Treue dem ungarischen Staat dienen und dadurch auch weiter- hin eine Brücke zwischen beiden Völkern darstellen wird“252. Die ungarische Seite wertete die Note von Heß als Bestätigung ihres nationalitä- tenpolitischen Kurses, Gratz wiederum als Aufmunterung zu einem letzten Entschei- dungsschlag gegen die mit der UDV konkurrierende VK. Die irreführendste Erklä- rung von deutscher Seite war jedoch die des Staatssekretärs und Pressechefs im Reichspropagandaministerium, Walther Funk (1890-1960), der im Oktober 1937 in Ungarn weilte und sich zu der Behauptung hinreißen ließ: „Aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen und Eindrücke hält er die Lage der hiesigen deutschen Minderheiten für vollkommen zufriedenstellend, er selbst hat sich davon über- zeugen können, dass der Gebrauch der deutschen Sprache unter den Minderheiten genauso frei und vollständig ist, wie er zur Zeit ihrer Ansiedlung war.“253 Und dies in einem Land, in dem deutsch sprechende Schulkinder in der Schule durch Eintragung in ein „Schandbuch“ an den Pranger gestellt wurden und Exzesse an der Tagesordnung waren wie beispielsweise ein Vorfall in der Gemeinde Elek im süd- östlichen Zipfel Ungarns, der sich Mitte März 1937 abgespielt hatte. Dort hatte ein Betrunkener in der Nacht die Nationalfahne von einem öffentlichen Gebäude herun- tergerissen. Tags darauf verhörte die Gendarmerie 150 Schwaben und schlug sie bru- tal zusammen. Das ungarische Außenministerium gab gegenüber dem deutschen Ge- sandten zwar den Vorfall zu, verteidigte ihn aber mit dem Argument, dass die der Tat

250 PA AA Inl.II.D. R 100580. Bericht von Erdmannsdorf vom 3. Februar 1938. 251 Deutscher Volksbote vom August 1937. 252 Ebenda. Auch in MTI jelentések, 1937. július 14. és 15. 253 Ungarisches Staatsarchiv, Küm.res.pol. 1937-21-599, hier zit. nach BELLÉR, Volksbil- dungsverein, S. 138.

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verdächtigten Schwaben die Internationale gesungen und damit ihre Sympathie für den Kommunismus bekundet hätten. Nachforschungen ergaben, dass die dortigen Dorfbewohner die Internationale weder dem Begriff noch dem Inhalt nach gekannt hatten. Zur Klarstellung der Hauptübel in der ungarischen Nationalitätenpolitik verfasste Gustav Gratz im September 1937 seine realistischste Lagebeurteilung, die er bei einer Audienz dem damaligen Ministerpräsidenten Darányi vortrug.254 Eingangs stellte Gratz fest, die von Huß und Basch geleitete Bewegung sei in den letzten Monaten so stark geworden, dass jetzt die letzte Gelegenheit gekommen sei, sie zu ersticken. Vor- aussetzung dafür sei jedoch die Erfüllung der berechtigten Wünsche der Ungarndeut- schen vor allem in der Schulfrage. Doch in der Schulfrage sei trotz der noch unter Gömbös am 23. Dezember 1935 erlassenen Schulverordnung positiv gar nichts ge- schehen, sondern nur eine höchst negative Entwicklung zu verzeichnen. Statt der vor- gesehenen Umwandlung des ungarischsprachigen C-Typus in den gemischtsprachi- gen B-Typus sei nur systematisch die Abschaffung des deutschsprachigen A-Typus betrieben worden. Die Vereinstätigkeit betreffend hielt Gratz fest: Der UDV könne beinahe nirgends mehr Gründungs- oder Ortsgruppenversammlungen abhalten, vor allem nicht in den Gebieten, in denen die VK stark vertreten sei. So „entsteht die son- derbare Lage, dass ein von der Regierung gegründeter Verein über weniger Bewe- gungsfreiheit verfügt als jene Bewegung, die von der Regierung als zweifellos gefähr- lich eingestuft wird“. Darüber hinaus müsse die Regierung auch schärfere Maßnah- men gegen die VK unternehmen, denn „wenn die Dinge so weitergehen wie bisher, dann werden die radikalen Elemente innerhalb kurzer Zeit das ganze Ungarndeutsch- tum mit sich reißen“. Der von Gratz hervorgehobene Zusammenhang zwischen dem auf die Unterdrückungspolitik der Regierung zurückzuführenden Misserfolg des UDV und dem unübersehbaren Aufstieg der VK wird auch durch die von Gratz unerwähnt gebliebene Abnahme in der Mitgliederzahl des UDV bestätigt. Sie machte im Zeit- raum von 1935 bis 1937 80 Prozent aus, nämlich von 27 517 im Jahr 1933 auf 5 664 im Jahr 1936, während die Zahl ihrer Ortsgruppen nominell nur um die Hälfte gesun- ken war, denn nicht alle Ortsgruppen machten ihre Stellungnahme für die VK nach außen deutlich. Die Volksdeutsche Bewegung hatte in der ungarndeutschen Agrarbe- völkerung deshalb an Ansehen und Anziehungskraft gewonnen, weil die ungarische Nationalitätenpolitik durch ihre Blockadehaltung gegenüber jeglichen Anregungen und Forderungen des UDV in eine Sackgasse geraten war. Darüber hinaus hatte der um die Nachfolge Bleyers und den Führungsanspruch über die „deutsche Bewegung“ entbrannte Konkurrenzkampf zweier inzwischen selbständig gewordener Lager in- nerhalb der ungarndeutschen Bevölkerung so gut wie keine weltanschaulichen Grün- de. Im Unterschied zu den zeitlich parallelen Auseinandersetzungen innerhalb der deutschen Minderheit in Rumänien und Jugoslawien ging es nicht um ein pro oder contra zum Nationalsozialismus, sondern um zwei ethnopolitisch unterschiedliche Konzeptionen. Die des UDV war von der von Gratz stets vertretenen Überzeugung

254 Ungarisches Staatsarchiv, ME 1938-C-15311, hier zit. nach BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 133-135.

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geprägt, Probleme der deutschen Minderheit nur innerungarisch lösen zu können, während der VK aufgrund der langjährigen Negativerfahrungen mit diesem minder- heitenpolitischen Kurs zu dem Schluss gelangt war, Zugeständnisse seitens der unga- rischen Regierung nur mit reichsdeutscher Hilfe erlangen zu können. Wegen ihrer engen Kontakte zu Institutionen des Dritten Reiches wurde die VK deshalb als „na- tionalsozialistisch“ eingestuft, obwohl zu dieser Zeit in Ungarn, zumal in den Reihen der ungarndeutschen Agrarbevölkerung, die Kenntnis dessen, was als Nationalsozia- lismus anzusehen wäre, sehr gering war und sich wahrscheinlich eher an dem Länder- image eines wirtschaftlich erfolgreichen großen Landes orientierte, das sich in seiner Modernität auch in den Augen des deutschen Bauern ganz deutlich von Ungarn unter- schied.255 Prälat Johannes Huber sprach den Zusammenhang zwischen der Obstruktionspoli- tik der Regierung und der Radikalisierung seitens der deutschen Minderheit in aller Öffentlichkeit noch viel deutlicher an: „Diejenigen, deren unleugbares Endziel es ist, dem ungarländischen Deutschtum seine Muttersprache zu nehmen und es auch sprachlich gänzlich einzuschmelzen, werden gerade das Gegenteil erreichen. Der Radikalismus wird von obenan kommen. […] Was Brücke hätte sein sollen, wird zur trennenden Kluft. Diese Entwicklung wird kommen, weil man es versäumt hat, dem ungarländischen Deutschtum zur rechten Zeit seine sprachlichen Rechte nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis zu sichern. Noch ist es nicht so weit, aber wir stehen auf dem Scheidewege.“256 Er forderte deshalb den zuständigen Minister Bálint Hóman (1885-1953) auf, den gemischtsprachigen Minderheitenschultyp (der die drei Typen A, B und C ab 1. Sep- tember 1938 ablösen sollte) obligatorisch einzuführen und verwies auf das Beispiel des benachbarten Burgenlands. In seinem Artikel machte er die Dorfpotentaten und die konfessionellen Schulen, die dem schlechten Beispiel der staatlichen „nacheifer- ten“, für das Scheitern der bisherigen Schulverordnungen verantwortlich. Im Schul- jahr 1932/33 gab es insgesamt 448 deutsche Minderheitenschulen, davon 46 vom Typ A, 139 vom Typ B und 263 vom Typ C. Unter Gömbös war dieses Schulsystem Zug um Zug aufgelöst und überwiegend von Schulen des Typs C abgelöst worden. Bis November 1937 war nur in 65 Schulen der gemischtsprachige Unterricht die Regel. Hóman reagierte mit der Verordnung vom 15. Dezember 1937, nach der die Umorga- nisation bis zum 31. Januar vorbereitet werden müsse. Die Verordnung betonte, dass für die Elternkonferenzen nur der rein magyarische oder der gemischtsprachige Un- terricht zur Wahl stünden.257

255 Die Frage, welche Vorstellungen und Gefühle sich in Ungarn bzw. bei den Deutschen in Ungarn mit Deutschland und Nationalsozialismus in den Jahren vor dem Zweiten Welt- krieg verbanden, ist nach wie vor offen und ein Desiderat der Forschung. 256 JOHANNES HUBER: Offener Brief an seine Exzellenz Herrn Dr. Valentin Hóman, königlich ungarischer Minister für Kultus und Unterricht in Budapest, in: Neues Sonntagsblatt vom 10. September 1937. 257 BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 136.

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Ansonsten war auch in den Monaten nach dieser Denkschrift außer der gewohnten Hinhaltetaktik seitens der ungarischen Regierung minderheitenpolitisch von ihr nichts zu erwarten, es war auch weiterhin kein einziger Schritt im Sinne eines Interessen- ausgleichs aus eigenem Antrieb erfolgt. Initiativen in der ungarischen Minderheiten- politik gingen von diesem Zeitpunkt an nur mehr von den Radikalen und den mit ihr korrespondierenden Organen der deutschen Reichsregierung aus. Das wurde bereits aus den bilateralen Verhandlungen zwischen der ungarischen und der deutschen Regierung Ende November 1937 in Berlin ersichtlich. Die Berliner Regierung vertrat die Position der VK und stellte ihren ungarischen Gesprächspart- nern die Suggestivfrage, ob nicht das Verhältnis zwischen der ungarischen Regierung und der ungarndeutschen Minderheit „entgiftet“ werden könne, nämlich durch eine Kooperation mit der von Berlin akzeptierten volksdeutschen Bewegung, an deren Spitze Franz Basch stehen sollte, denn der UDV wurde von der Reichsregierung ka- tegorisch abgelehnt. Sie erinnerte Imrédy nach seiner Regierungsbildung im Mai 1938 noch einmal daran, wie man sich in Berlin eine Lösung der deutschen Frage in Ungarn vorstellte. Die Nationalitätenabteilung im Amt des Ministerpräsidenten suchte daraufhin beide Kontrahenten, Gustav Gratz und Franz Basch, wieder einmal mitei- nander zu versöhnen. Diese Aktion scheiterte jedoch daran, dass der UDV sein eige- nes Programm nicht aufgeben wollte. Nach dem Abbruch der Verhandlungen trat Gratz Ende Oktober 1938 als Vorsitzender des UDV endgültig zurück. Unter dem Eindruck der außenpolitischen Erfolge des Reiches, die nicht ohne Auswirkung auf die deutschen Volksgruppen blieben, setzten sich auch die Zentrali- sierungsmaßnahmen unter den die Patronagepolitik („Volkstumspolitik“) koordinie- renden Stellen weiter fort. Mit dem Führererlass vom 2. Juli 1938 wurde die VoMi als Exekutivorgan dieser Politik bestätigt, mit ansehnlichen Finanzmitteln ausgestattet und anderen Stellen untersagt, sich mit auslandsdeutschen Volksgruppen zu befassen. Was als eine Koordinierungsstelle der Partei gedacht war, entwickelte sich rasch zu einem Teil des SS-Imperiums, das immer mehr Bereiche und Organisationen der Pat- ronagepolitik an sich zog. Organisatorisch gesehen teilte die VoMi diesen Kompe- tenzbereich mit dem Auswärtigen Amt. Die Schnittstelle bildete die Deutschlandab- teilung des Auswärtigen Amtes.258 Gleichfalls im Windschatten der großen Politik, dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich im März, der darauf einsetzenden Sudetenkrise, der Zerschlagung der Tschechoslowakei im September, der Gründung der Slowakei als eigener Staat und des Ersten Wiener Schiedsspruchs vom 2. November 1938, wurde die VK sowohl nach innen wie nach außen laufend aufgewertet. Sie vertrat die Ungarndeutschen auf dem Europäischen Nationalitätenkongress 1938 in Stockholm. Basch bekam auch den Regierungsauftrag, nach dem Anschluss Österreichs hysterische Reaktionen auf die neue Nachbarschaft des Deutschen Reiches in Westungarn zu beschwichtigen. Schließlich gab sich die VK auch ein „Völkisches Programm“, in dem sie sich das Autonomiestatut des sudetendeutschen Führers Konrad Henlein (1898-1945) vom 24. April 1938 zum Vorbild nahm. Offenbar geschahen diese Schritte in wechselseitiger

258 KOMJATHY/STOCKWELL; LUMANS, Himmler; LUTHER, Volkstumspolitik; LENIGER.

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Abstimmung mit den Leitstellen des Dritten Reiches und die Regieführung Berlins machte sich hier bereits bemerkbar. Gleich der erste Punkt des „völkischen Programms“ forderte unter Berufung auf Henlein die „Anerkennung des Grundsatzes der Volksgemeinschaft und der Volks- persönlichkeit“, womit der Status der Volksgruppe als Rechtspersönlichkeit gemeint war, Punkt 2 verlangte eine Lösung der Schulfrage ohne Beteiligung der Eltern (auf- grund der Negativerfahrungen mit den außengelenkten Elternkonferenzen), Punkt 3 die völlige Pressefreiheit, Punkt 4 uneingeschränkte Vereinsfreiheit, Punkt 5 Ver- sammlungsfreiheit, Punkt 6 die Verankerung der Muttersprache im kirchlichen Be- reich, beispielsweise die Einrichtung eines deutschen Priesterseminars, Punkt 7 „nöti- genfalls“ das Recht zur Parteigründung und Punkt 8 wiederholte noch einmal die For- derungen von Punkt 4.259 Die VK beanspruchte die volle Gestaltungsfreiheit bei der Organisation ihrer Volksgruppe mit ausdrücklicher Berücksichtigung der Bereiche Medien, Schule und Kirche, wobei die beiden Letzteren durch die Schulträgerschaft der Kirchen von vornherein eng miteinander verknüpft waren. Nach dem ersten Revisionserfolg durch den Ersten Wiener Schiedsspruch vom 2. November 1938 (Wiedereinverleibung der südlichen Gebiete der Slowakei) begriff schließlich auch die ungarische Regierung, dass sie ihren Dank dafür auf dem Gebiet der Minderheitenpolitik abzustatten hatte und legalisierte die VK in ihrer neuen Or- ganisationsform des Volksbundes der Deutschen in Ungarn.

5 Der Volksbund der Deutschen in Ungarn (VDU)

Die Gründungsveranstaltung des Volksbundes fand am 26. November 1938 in Buda- pest unter ziemlich improvisatorischen Begleitumständen statt. Die Organisatoren hatten lediglich zwei Tage für die Vorbereitung zur Verfügung. Dennoch kamen aus über 150 Gemeinden etwa tausend Teilnehmer. Nachdem die ungarische und ungarn- deutsche Hymne („Seid gegrüßt ihr deutschen Brüder!“) verklungen war, hielt Basch seine Festansprache: „Volksgruppen müssen ihr Volkstum allein schützen. Sie müs- sen sich für ihren Volkstumsschutz eigene völkische Bollwerke schaffen“ – und be- teuerte, genau diese Rolle wolle der Volksbund übernehmen. Deshalb versprach er, „nicht einmal mit unseren Widersachern zu rechten oder gar zu hadern, denn unser Volksbund soll die Heimstätte aller Deutschen in Ungarn werden“. Dabei „kennen wir keine Altersgrenzen und kein Geschlecht, keine Konfession und keine Berufs- stände, keine Stammes- und Klassenunterschiede“ – berichtete der Deutsche Volksbo- te im Dezember 1938.260 Die Veranstaltung wurde mit dem „ungarischen Credo“, dem Bekenntnis zur „Auferstehung Groß-Ungarns“, d.h. zu seiner Revisionspolitik, und der akklamatorischen Wahl von Franz Basch zum Vorsitzenden beendet. Die Botschaft der Festansprachen war deutlich: Der Volksbund ist d i e Interessenvertre-

259 Die Volksdeutsche Kameradschaft in Ungarn hat ein Volksprogramm veröffentlicht, in: Nation und Staat 11 (1937/38), S. 559. 260 Die Rede wurde im Auszug veröffentlicht – BASCH, Aufbruch.

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tung der deutschen Minderheit und seine Gründung erfolgt im Einvernehmen mit der Budapester Regierung. Die neue Organisation war keine Kampfansage an Anders- denkende innerhalb der Volksgruppe. Vielmehr sollte sie nach der Intention ihrer Gründer alle Deutschen in Ungarn unter einem Dach versammeln. Sie sollte integrie- ren und nicht polarisieren. Deshalb war auch kein parteipolitisches Engagement vor- gesehen. Wie der Volksbund sich nach außen darstellte, das zeigte seine erste Großkundge- bung, nämlich der „Fahnenaufzug von Cikó“ im Komitat Tolna am 30. April 1939. Wie viele Teilnehmer unter der weißen Sonnenradfahne aufmarschierten, ist schwer festzustellen, da die zeitgenössischen Berichte sehr unterschiedliche Angaben mach- ten. Die Volksbundpresse schrieb von über 30 000 Schwaben, nach dem Bericht des deutschen Gesandten waren es nicht mehr als 20 000. Die meisten Teilnehmer kamen aus den Dörfern Südost-Transdanubiens. Der Fahnenaufzug wurde mehrere Wochen lang von den Cikóer Volksbundanhängern sorgfältig vorbereitet. Auf der Ochsenwie- se, dem Übungsgelände der örtlichen Leventemannschaft, errichtete die Jugend aus weiß angestrichenen Holzklötzen ein riesiges Sonnenrad. Am Morgen trafen die auf Fahrrädern und mit Zug anreisenden Teilnehmer ein, um 10 Uhr erschien die Volks- bundführung. Alle Teilnehmer wurden auf dem Hauptplatz der Gemeinde mit „Heil- Rufen“ und dem „deutschen Gruß“ empfangen, wobei aus historischen Fotografien klar ersichtlich ist, dass nicht jedem bekannt war, wie dieser auszusehen hatte. Die Mädchen trugen ihre Festtracht, die Ordnung wurde von uniform gekleideten Bur- schen aufrechterhalten: weißes Hemd, schwarze Krawatte, schwarze Hose in Stiefeln, ein rotes Armband mit der Aufschrift „V.D.U.“. Die Teilnehmer sprachen sich mit „Volkskamerad“ an, die Versammlung wurde „Gemeinschaft“ genannt. Unter einem Festtor auf dem Weg zur Kirche empfing Johann Hengl, der örtliche Beauftragte des VDU, den Vorsitzenden Franz Basch, der in seinem Grußwort betonte, das „Ver- ständnis der Regierung“ mache diesen großen Tag erst möglich. Ein an den Minister- präsidenten Pál Teleki abgesandtes Huldigungsprogramm vom gleichen Tag suchte das noch zu unterstreichen. In diesem hob Basch hervor, dass Ungarn und das Deutsche Reich „durch eine unzertrennbare Schicksalsgemeinschaft miteinander auf Gedeih und Verderb verbunden sind“. Den Volksbund bezeichnete Basch in seiner Ansprache als „die erste eigenständige Organisation des Deutschtums in Ungarn“, womit sich der „Traum Jakob Bleyers“ erfüllt habe.261 Danach versammelten sich die Teilnehmer in der Kirche. Nach der Heiligen Mes- se gaben Blasmusikkapellen ein öffentliches Konzert. Am Nachmittag marschierten die Teilnehmer jeweils in Gefolgschaft ihrer Ortstafel im strömenden Regen auf und paradierten an der kleinen Tribüne, auf der sich die Volksbundführung präsentierte, vorbei. Nach dem Aufmarsch sangen die Versammelten die ungarische Nationalhym- ne. Studenten trugen zusätzlich zu den Volksbundfahnen (in roter Farbe und in der Mitte ein weißer Kreis mit einem goldfarbenen Sonnenrad) noch zwei ungarische Na- tionalflaggen.

261 Deutscher Volksbote vom 7. Mai 1939.

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Von Anfang an verfolgte der Volksbund das Ziel, die Organisation aller Deut- schen in Ungarn sein, die sich die politische, gesellschaftliche, kulturelle und wirt- schaftliche Emanzipation dieser Minderheit im ungarischen Umfeld zum Ziel setzte. Schon die Versammlungen zur Gründung einzelner Ortsgruppen sollten durch ihren Massencharakter diesen Anspruch deutlich machen. So nahmen beispielsweise an der Gründung der Volksbund-Ortsgruppe in Pécsvárad am 10. November 1940 über 1 000 Menschen teil, von denen allerdings nur an die 300 tatsächlich aus Pécsvárad stammten.262 Für die Gründungsversammlung des wesentlich kleineren Ortes Majs wurden 800 Teilnehmer aufgeboten.263 Großangelegte Massenveranstaltungen wie der Schwabenball in Fünfkirchen am 15. Februar 1939 mit 3 000 Teilnehmern oder die regional ausgerichtete Volksbundversammlung am 11. August 1940 in Hidas mit gleichfalls 3 000 Teilnehmern sollten demonstrieren, welche Massenbasis der Volks- bund binnen kürzester Zeit für sich erobert hatte. Es gab Orte, deren Bevölkerung bis zu 90 Prozent dem Volksbund angehörte wie in Mágocs oder Görcsönydoboka oder zu 70 Prozent wie in Szederkény und Somberek.264 Ins Gewicht fiel hier die gegen- über dem UDV wesentlich günstigere Regelung, dass laut Statut, das der Innenminis- ter am 13. April 1939 genehmigte, die männliche Bevölkerung ab 18 und die weib- liche Bevölkerung ab 15 Jahren als Mitglied aufgenommen werden konnte (bei dem UDV war die Altersgrenze ab 24 in Geltung), was die Mobilisierung der leicht zu be- geisternden Jugend wesentlich erleichterte. So betrug das Durchschnittsalter der neu gegründeten Volksgruppen beispielsweise in Majs 22,7 Jahre, in fünf anderen Ge- meinden der Baranya (Versend, Nagynyárád, Nyomja, Máriakéménd und Palotaboz- sok) 37,5 Jahre.265 Die 1941 gegründete Deutsche Jugend unter Führung von Matthias Huber nahm mit Zustimmung der Eltern als „außerordentliche Mitglieder“ auch Ju- gendliche unter 18 Jahren in ihre Organisation auf, die am 28./29 Juni 1941 in Mágocs ihre erste landesweite Großveranstaltung abhielt.266 Ende 1939 zählte der Volksbund bereits über 25 000 Mitglieder.267 Das Dissimilationsprogramm des Volksbundes war in Auseinandersetzung mit dem zunehmend aggressiv und rassistisch auftretenden ungarischen Chauvinismus de- fensiv ausgerichtet und am Gedanken des Minderheitenschutzes orientiert. Selbst die Forderung nach einem deutschsprachigen Priesterseminar war ausschließlich vom Schutzbedürfnis der Minderheit bestimmt, dem die traditionelle Führungsrolle des Priesters im Dorf dienstbar gemacht werden sollte. Ein klar definiertes emanzipatori- sches Programm, in eine feste Organisationsform gegossen, das war tatsächlich etwas Neues in Ungarn. Doch so neu war es wieder auch nicht, denn es lag mit den Bemü- hungen um eine autonom verfasste Organisation der ungarndeutschen Minderheit im Revolutionsjahr 1918/19 durchaus auf einer Linie. Aber daran konnte oder wollte sich

262 Nemzetiségi ügyek dokumentumai Baranyában 1938-1944, Quelle Nr. 96. 263 Ebenda, Quelle Nr. 24. 264 SPANNENBERGER, Volksbund, S. 167. 265 Ebenda, S. 251. 266 VITÁRI, Jugendbewegungen; DERS., Ifjúsági. 267 SPANNENBERGER, Volksbund, S. 185.

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schon keiner mehr erinnern, denn jegliche Erinnerung an diese Zeit des demokrati- schen Aufbruchs war im Horthy-Ungarn strikt tabuisiert und damit aus dem Bewusst- sein beinahe aller verdrängt. Doch verdrängt hieß nicht unbedingt vergessen und die dumpfe Erinnerung der Träger des autoritären Horthy-Regimes an diese ihnen ver- hasste und für überwunden gehaltene Epoche der ungarischen Geschichte konnte ihren Hass auf den emanzipatorischen Charakter des Volksbundes nur verstärken und zusätzlich legitimieren.268 Doch im Unterschied zur Periode 1918/19 gab es nun in der Politik ein Dreiecks- verhältnis, das die Existenz des Volksbundes erst ermöglicht hatte und das ein wahr- scheinlich noch wichtigerer Faktor für die grundsätzliche Ablehnung der neuen Orga- nisation seitens des ungarischen Establishments darstellte. Dieses wollte nicht wahr- haben, dass gerade seine konstante Weigerung, die Existenz der deutschen Minderheit zur Kenntnis zu nehmen und mit ihr ein positives, auf Kompromiss bedachtes Ver- hältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs zu suchen, überhaupt erst den dritten Partner ins Spiel gebracht hat, nämlich Deutschland als Schutzmacht seiner konnatio- nalen Minderheit in Ungarn. Die nunmehr intensivierte Patronagerolle Deutschlands, von dem sich die ungarischen Politiker als Bündnispartner zugleich den revisionspoli- tischen Durchbruch erwarteten, war tatsächlich neu. Da die Revision von Trianon das oberste Ziel jeglicher ungarischer Politik dieser Epoche darstellte, konnten die ungari- schen Politiker zwar den Volksbund innenpolitisch nach Kräften bekämpfen, worauf sie auch viel Energie verwandten, außenpolitisch jedoch mussten sie ihn akzeptieren, das hieß von den bislang angewendeten Methoden der Unterdrückung, des gegensei- tigen Ausspielens konkurrierender Kräfte und der Kriminalisierung ihrer „radikalen“ Anführer Abschied zu nehmen. Dieses widersprüchliche Verhalten der ungarischen verantwortlichen Politiker – innenpolitisch das zu bekämpfen, was man aus außenpo- litischen Gründen akzeptieren musste – lässt sich gleich auf zwei Perzeptionslücken oder Realititätsverweigerung zurückführen. Die eine Perzeptionslücke betraf Deutsch- land und seine Rolle als Patronagestaat, die zweite die Minderheitenproblematik im Allgemeinen. Es gab in Ungarn seit den 1870er Jahren kein die Minderheiten bejahendes min- derheitenpolitisches Konzept, es gab nur den fortgesetzten Versuch, Minderheiten durch Assimilation oder Unterdrückung, d.h. freiwillig oder zwangsweise, in den auf Homogenität bedachten Nationalstaat zu integrieren. Das seit 1920 im Hinblick auf die Existenz konnationaler Minderheiten in den Nachbarstaaten vom Horthy-Regime geheuchelte Interesse für Minderheitenschutz sollte darüber hinwegtäuschen, dass diesen konnationalen Minderheiten nur die Rolle eines Instruments für die Durchset- zung der Revisionspolitik des Mutterlandes vorbehalten war, d.h. auch für diese kon- nationalen Minderheiten war von Budapest keine Regelungskompetenz im Sinne eines Minderheitenschutzes zu erwarten, weil jegliche eine solche Richtung einschla- gende Idee oder gar Konzeption – im Unterschied beispielsweise zum zeitgenössi- schen Estland – als politische Konsequenz des „Diktats von Trianon“ von vornherein abgelehnt wurde.

268 KLIMÓ, Nation, S. 278.

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Ungarn hatte sich dadurch im Teufelskreis seiner als alternativlos angesehenen Revisionspolitik gefangen und nahm selbstzerstörerisch jegliche Negativwirkung die- ser Politik in Kauf. Schon Holger Fischer hat in seiner kritischen Beurteilung der un- garischen Außenpolitik dieser Periode darauf hingewiesen, dass „sich Ungarn auf- grund bestimmter politischer Axiome selbst in eine Situation hineinmanövriert hat, in der es nicht mehr über seine Politik frei bestimmen konnte“269. Dazu gehörte auch die Rolle Deutschlands als Schutzmacht für die deutsche Minderheit in Ungarn. Einer durchaus nachvollziehbaren Logik folgend interpretierten die ungarischen Politiker dessen Schutzmachtrolle ähnlich den Denkmustern über die eigene Rolle des ungari- schen Staates gegenüber seinen Konnationalen in den Nachbarländern. Das heißt, sie unterstellten Deutschland die Zielvorgabe einer Instrumentalisierung der deutschen Minderheit wie sie selbst eine solche auch für ihre konnationale Minderheit in den Nachbarländern programmiert hatten. Das war im Prinzip gar nicht so falsch, nur in- haltlich irreführend, so beispielsweise die häufig geäußerte Befürchtung, die deutsche Minderheit könnte als Instrument für einen Anschluss Transdanubiens an das Deutsche Reich dienen. Fehl am Platz war jedoch die Selbstüberschätzung der eige- nen Kräfte, die offenbar von der Überzeugung getragen war, man könnte im eigenen Land verhindern, was man am Verhandlungstisch als Tauschgeschäft für die Revision gebilligt hatte. Das deutsche Machtpotential und die Entschlossenheit, dieses politisch einzuset- zen, haben viele ungarische Politiker dieser Zeit unterschätzt. Dass dies als Gefahr rechtzeitig jedoch auch wahrgenommen wurde, belegt beispielsweise die von István Bethlen an Horthy gerichtete Denkschrift vom Januar 1939, in der er vor einem deut- schen Übergewicht warnte270, oder die harsche, allerdings rassistisch argumentierende Kritik von Dezső Szabó, der bereits 1935 Hitlerdeutschland als eine „kontinuierliche, elementare und permanent tödliche Gefahr für das Ungartum“ bezeichnete.271 Im Un- terschied dazu kam freilich der zu dieser Zeit bereits viel einflussreichere Begründer und Herausgeber der populären ungarischen Tageszeitung Magyar Nemzet, Sándor Pethő (1885-1940), im Dezember 1938 zu dem Schluss, dass das Dritte Reich im Ge- gensatz zur Habsburgermonarchie keine elementare Bedrohung des ungarischen Na- tionalstaats darstellen würde, und begründete dies als Sprecher der damaligen politi- schen Elite des Landes wie folgt: „Die führenden Männer des Dritten Reiches betrachten und behandeln die in ihrer Nach- barschaft befindlichen kleinen Staaten nicht mit den Ideen, Traditionen und Methoden des früheren habsburgischen Imperialismus. Das Dritte Reich will nicht einverleiben, will nicht mit den Methoden von Caraffa und Haynau herrschen und germanisieren in den Gebieten, die es als seinen Lebensraum ansieht.“272 Nun, die Herrschafts- und Germanisierungsmethoden des Dritten Reiches stellten alles in den Schatten, was hier Caraffa oder Haynau zugeschrieben wurde. Diese nach

269 FISCHER, Handlungsspielraum, hier S. 8; vgl. dazu RÁNKI, Mozgásterek. 270 Horthy Miklós titkos iratai, S. 209. 271 SZABÓ, Magyarország, hier zit. nach Helyünk Európában, S. 345 f. 272 Magyar Nemzet vom 18. Dezember 1938, S. 5.

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dem Anschluss Österreichs und der Zerschlagung der Tschechoslowakei geäußerte Fehleinschätzung nationalsozialistischer Agression und Expansion auf ungarischer Seite führt uns zu der Frage: Welches Deutschlandbild hatten die Anhänger des Volksbundes? Selbst Bleyer hatte bereits 1933 trotz seiner Antipathie gegen den Nationalsozia- lismus in einer Intervention Deutschlands zugunsten seiner Konnationalen in Ungarn den einzigen Ausweg aus der ethnopolitischen Sackgasse in Ungarn gesehen. Die Entwicklung im Zeitraum von 1933 bis 1938 hat diese Erwartungshaltung bestätigt, denn die ungarische Politik zeigte sich unfähig und auch nicht gewillt, aus der selbst geschaffenen Sackgasse einer völlig inkompetenten Minderheitenpolitik herauszufin- den. Von Budapest hatte daher kein deutscher Ethnopolitiker mehr etwas zu erwarten, also richteten sich alle Hoffnungen auf Berlin. Wer Hilfe erwartet, kann sich den Lu- xus einer kritischen Haltung gegenüber seinem Helfer nicht unbedingt erlauben. Es gab ungarndeutsche Bauern, die für ein paar Monate als „Gastarbeiter“ in deut- schen Industriebetrieben gearbeitet hatten. Sie kamen in der Regel mit einem sehr po- sitiv besetzten Deutschlandbild in ihre Heimat zurück, beeindruckt insbesondere von sozialpolitischen Errungenschaften und dem erreichten Stand der Modernisierung in vielen Bereichen der Arbeits- und Lebenswelt. Es gab ungarndeutsche Studenten, die für ein bis zwei Semester in Deutschland studiert hatten und zusätzlich zu den Erfah- rungen, die ihre bäuerlichen Landsleute nach Hause brachten, waren sie von der Idee des „Volkstums“ und der solidarischen „Volksgemeinschaft“ begeistert. Sie waren damit politisch gesehen „völkisch“ vorprogrammiert und die meisten von ihnen iden- tifizierten solche Ideen mit dem Programm bzw. dem Gedankengut des Nationalso- zialismus, den sie damit als alternativlose Form der politischen Umsetzung ihrer völ- kischen Ideen in die Praxis, ins öffentliche Leben akzeptierten. Diesen Jungakademikern gemeinsam war eine ziemlich selektive Wahrnehmung des Nationalsozialismus, eingeengt auf das Bedürfnis nach ethnopolitischer Orientie- rung und programmatischer Handlungsanleitung. Sie, die ja die Führungsgruppe des Volksbundes bildeten, waren idealistisch, aber nicht realistisch, autoritätsgläubig und bereit, alles in politisches Handeln umzusetzen, was ihnen für ihren „Dienst am Volk, an ihrer Volksgruppe“ nützlich und wirkungsvoll erschien. Kurzum, Erwartungserhal- tung und das Angebot eines politischen Organisationsmodells in Gestalt der „Volks- gruppe“ waren geradezu ideale Voraussetzungen für eine politische Instrumentalisie- rung des Volksbundes und seiner Führung seitens der dritten und jetzt bereits stärk- sten politischen Kraft, der Schutzmacht Deutschland. Die Solidarität der Volksge- meinschaft schloss zwar eine solche Instrumentalisierung im Prinzip aus. Doch abge- sehen von solchen ideologiegeleiteten Illusionen kam die Wahrnehmung der dahinter verborgenen politischen Realität zu spät, um daran noch etwas zu ändern. Die Wahr- nehmung nämlich, dass die Machtorgane des Dritten Reiches, insbesondere die SS, die sich das Machtmonopol über alle „Volksdeutschen“ im östlichen Europa gesichert hatte, diese „Volksdeutschen“ nur als Vorposten und Ausgangsposition für die ge- plante „Rückeroberung deutschen Lebensraumes“ betrachteten und rücksichtslos als Instrument ihres Expansions- und Annexionsdranges einzusetzen trachteten. In die- sem Sinne war auch die Reichstagsrede Adolf Hitlers vom 20. Februar 1938 zu inter-

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pretieren, in der der Reichskanzler von 10 Millionen Deutschen sprach, die vor 1866 mit der deutschen Nation verbunden waren und deren Interessen der Führer für die Wiedererlangung ihrer politischen Freiheit zu wahren wisse. Mit der Annexion Öster- reichs, Böhmens und des Memelgebiets war bis zum 22. März 1939 zwar das Ziel einer jetzt noch friedlichen „Heimführung“ von bereits mehr als 10 Millionen Volks- deutschen „in das Reich“ erreicht, der Appetit nach mehr aber noch stärker geworden, der sich nach Kriegsausbruch auch nicht mehr an die Einhaltung irgendwelcher Ge- setze gebunden wusste. Doch die ungarische Regierung sorgte in völliger Verkennung der außenpoliti- schen Kräfteverhältnisse zunächst durch ihre Obstruktionspolitik dafür, dass das na- tionalsozialistische Organisationsmodell der Volksgruppe erst zwanzig Monate später zur Anwendung kommen konnte. Mit Zuckerbrot und Peitsche suchte sie den Volks- bund auf ihre Seite zu ziehen. Die Peitsche schwang der Innenminister, der von den zur Genehmigung eingereichten Vereinsstatuten so viele strich, bis vom Volksbund nur ein Kulturverein übrig geblieben war, der sich von seinem Konkurrenten, dem UDV, zunächst so gut wie gar nicht unterschied. Das Zuckerbrot war die von der Re- gierungspartei angebotene Einbeziehung von Repräsentanten des Volksbundes als Kandidaten der Regierungspartei für die Parlamentswahl des Jahres 1939. Von den drei Kandidaten gewannen jedoch nur zwei die Wahl, nämlich Heinrich Mühl in Bo- nyhád und Jakob Brandt (1895-1977) in Baja. Die Niederlage des dritten, nämlich von Konrad Mischung (1904-1942) im Wahlkreis Mohács, und der dortige Sieg des Pfeilkreuzlers Antal Keck (1906-?) begründete der örtliche Pfarrer damit, dass Keck „den ungarischen Geist gegen die Idee des Pangermanismus vertrat“ und deshalb er- folgreich gewesen sei. Keck konnte durch sein Eintreten für eine Assimilation der Minderheitenbevölkerung die örtliche Honoratiorenschicht auf seine Seite ziehen und schreckte auch nicht vor rassistischen Unterstellungen zurück, indem er behauptete, Mischung sei „jüdischer Abstammung“ und werde mit „jüdischen Geldern“ finan- ziert.273 Diese Wahlniederlage demonstrierte die Mobilisierungskraft nationaler und rassistischer Argumente gegen einen Kandidaten, dem wegen seines Minderheiten- profils nicht einmal der Bonus der Regierungspartei zum Sieg verhelfen konnte. Die fortgesetzten Repressionsmaßnahmen der Regierung auf dem Land trieben je- doch dem Volksbund viele neue Anhänger zu, da er sich nunmehr als einzige Interes- senvertretung der Deutschen zu profilieren wusste. Der Ausbruch des Zweiten Welt- kriegs verstärkte zusammen mit den militärischen Anfangserfolgen der deutschen Wehrmacht den Zustrom zum Volksbund, der Ende 1939 bereits 25 000 Mitglieder zählte, seinen Volksdeutschen Kalender für das Jahr 1940 dreimal nachdrucken muss- te und dennoch von der ungarischen Regierung nur die Erlaubnis zur Gründung von 21 Ortsgruppen erhalten hatte, wobei weitere 120 „geduldet“ wurden.274 Der Sekretär der Regierungspartei für das Komitat Bács-Bodrog fasste die Erfahrungen dieses Jah- res, den für alle greifbaren Erfolg des Volksbundes und die schon unsinnige, weil

273 Bericht in: Deutscher Volksbote vom 28. Mai 1939; vgl. VONYÓ, A „Nemzeti Egység“. 274 SPANNENBERGER, Volksbund, S. 230.

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kontraproduktiv sich auswirkende Unterdrückungspolitik der ungarischen Behörden, in folgender selbstkritischen Stellungnahme zusammen: „Es hätte nicht erlaubt sein dürfen, ohne jede Differenzierung auf das ganze Deutschtum loszugehen, sie dreckige, vaterlandsverräterische Schwaben zu nennen, sie mit allen admi- nistrativen Mitteln zu unterdrücken und zwar nur deshalb, weil sie auch deutsch sprechen. In dieser fanatisierten Atmosphäre trafen das Deutschtum viele Äußerungen, ja Scheuß- lichkeiten, die es in seinem Selbstbewußtsein und kulturell-sprachlich tief verletzt haben. An die Spitze deutscher Gemeinden wurden Notäre gestellt, die entweder nicht deutsch sprachen oder die deutsche Frage gewaltsam lösen bzw. liquidieren wollten, ohne jedes Verständnis und ohne jegliche Sachkenntnis.“275 Während die Vertreter des Volksbundes im ungarischen Parlament in den Reihen der Regierungspartei saßen, wurde der Volksbund auf dem Lande nun auch vom poli- tischen Katholizismus, dem Landesrat Katholischer Burschen (KALOT), und damit von jener Elite bekämpft, die stets eine traditionelle Stütze dieser Partei geblieben war.

5.1 Der Volksbund als nationalsozialistische Volksgruppenorganisation Eine falsche, auf Fehleinschätzungen basierende, sich immer mehr in Widersprüche verwickelnde Politik gelangt irgendwann an ihr Ende. Eine solche Stunde der Wahr- heit schlug mit dem Zweiten Wiener Schiedsspruch am 30. August 1940, und zwar für die ungarische Regierung wie für die deutsche Minderheit im Dreiecksverhältnis Deutschland–Ungarn–konnationale Minderheit. Als Preis für den Erwerb Nordsie- benbürgens aus der Hand Hitlers und Mussolinis musste Ministerpräsident Teleki ei- nige Stunden später das auf den gleichen Tag datierte Volksgruppenabkommen unter- zeichnen, das dem Volksbund als Volksgruppe aller Deutschen in Ungarn das Machtmonopol über alle in Ungarn geborenen Deutschen gewährleistete; auch über diejenigen Menschen, die nach den Rassevorstellungen der SS als Deutsche eingestuft wurden, ob sie es wollten oder nicht. Das Machtmonopol des Volksbundes wurde di- rekt von der SS, der VoMi und ihren nach Budapest entsandten, als „Berater“ getarn- ten Gewährsleuten – über sechzig an der Zahl – ausgeübt. Insofern kann man auch von einem Selbstverzicht der ungarischen Regierung auf ungarische Souveränitäts- rechte bzw. von einer Auslieferung des „deutschen“ Teiles ihrer Staatsbürger an eine fremde Macht sprechen. Die SS-Organe und deren Repräsentanten sorgten für die po- litische wie die ideologische Gleichschaltung des Volksbundes und seiner Presseor- gane, auch der in Budapest nunmehr täglich erscheinenden Deutschen Zeitung, die ab diesem Zeitpunkt antisemitische und den Krieg verherrlichende Artikel zu publizieren begann. Die „Volksgemeinschaft“ von der Volksbundpresse als „Schicksals- und Op- fergemeinschaft“ hochstilisiert, um die Kampfbereitschaft zu fördern. Für die VoMi war das Abkommen die Grundlage für die künftige Lenkung der deutschen Volksgruppe in Ungarn. Im Abkommen spielten Fragen des Minderheiten- schutzes so gut wie keine Rolle. Im Zentrum stand vielmehr die Frage, wer über wen

275 Zit. nach TILKOVSZKY, Ungarn, S. 74.

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Macht ausübte und wie der Herrschaftsanspruch des Volksbundes in die Praxis umzu- setzen war. Zunächst wurde der Volksbund zum einzigen legitimen Vertreter des Deutschtums in Ungarn erklärt, dem auch das ausschließliche Recht auf Zuerkennung der Volkstumszugehörigkeit eingeräumt wurde. Damit waren theoretisch die Weichen für eine straffe, alle Deutschen erfassende Volksgruppenorganisation gestellt. Genau- so folgenschwer erwies sich die zweite Bestimmung, dass jeder Angehörige der Volksgruppe sich zum Nationalsozialismus zu bekennen habe. Mit diesem Junktim sollte die Parole von Rudolf Heß auch in Ungarn durchgesetzt werden: „Deutscher sein heißt, Nationalsozialist zu sein“. Der Parteijournalist Heinz Brunner (1905-1971) sah die Zielsetzung des Abkommens deshalb darin, den „Entwicklungsstand der ein- zelnen deutschen Siedlungsgruppen“ dem des Reiches anzugleichen.276 Der entschei- dendste Punkt des Abkommens war die vertragliche Verankerung der Schutzmacht- rolle Berlins, das nunmehr über die Köpfe der betroffenen Minderheit hinweg in di- rekten Verhandlungen mit Budapest wesentliche, für die Minderheiten relevante Fra- gen aushandeln konnte, was auf eine Aufhebung der dem Volksbund eingeräumten Autonomierechte nunmehr seitens Berlins hinauslief. Ein Beispiel dafür waren die drei Abkommen Berlins mit Budapest 1942-1944 über die SS-Rekrutierung der Deut- schen in Ungarn für das Dritte Reich. Der Volksbund wurde nach dem Muster der NSDAP umgewandelt und alle bedeu- tenderen sozialen Schichten in entsprechenden Organisationen formiert und dadurch dem totalitären Anspruch auf Erfassung und Kontrolle der gesamten Gesellschaft ausgeliefert. Die Jugend in der Deutschen Jugend (gegründet am 29. Juni 1941), die Frauen in der Frauenschaft, ferner wurden Fachschaften für die Bauern, die Hand- werker, die Ärzte etc. gebildet. Unter Betonung des Führerprinzips und straffer hie- rarchischer Gliederung bestand die Zentrale des Volksbundes aus dem Volksgruppen- führer (Franz Basch), dessen Stellvertreter (Georg Goldschmidt), acht „Hauptämtern“ und zahlreichen Abteilungen sowie den Ortsgruppen, die in sieben Gebieten (diese wiederum in Kreisen) zusammengefasst (Batschka, Buchenwald, Ungarn-Mitte, Sathmar, Siebenbürgen, Schwäbische Türkei, Westungarn) jeweils einem Gebietsfüh- rer (und die Kreise den Kreisleitern) unterstellt waren. Die Amtsträger des VDU tra- ten nunmehr in einer Uniform auf, auf der das ursprünglich verwendete Symbol, das Sonnenrad, in ein Hakenkreuz umstilisiert worden war.277 Die Einverleibung Nordsiebenbürgens im August 1940 und der Batschka im Mai 1941 führte zu einer Integration der dortigen, bereits 1938 von der SS gleichgeschal- teten Volksgruppenorganisationen in den Volksbund278, die das politische Profil die- ser Organisation in Richtung einer noch stärkeren „Nazifizierung“ veränderten, da die Repräsentanten dieser beiden Regionen wichtige Führungsfunktionen im Volksbund übernahmen, wie Franz Hamm (1900-1988), Eduard Keintzel (1897-1973), Carl Mo-

276 HEINZ BRUNNER: Volksdeutsche Wende im südosteuropäischen Raum, in: Nation und Staat 1940/41, S. 358. 277 SPANNENBERGER, Volksbund, S. 245 ff. 278 Siehe dazu MIEGE; SUNDHAUSSEN, Deutschen, hier S. 334 f.; BETHKE, S. 381-505, spricht von der Errichtung einer „volksdeutschen Parallelgesellschaft“.

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litoris (1887-1972) Sepp Schönborn (1905-1945), Josef Spreitzer (1906-1991) und Josef Trischler (1903-1975). Diese haben den Volksbund gleichsam „entmagyari- siert“, d.h. die Ungarn gegenüber dem loyalen Führungskader unter Basch zusehends, auch mit Hilfe der VoMi, marginalisiert. Denn die Deutschen aus diesen Gebieten brachten in den Volksbund andere Traditionen, ein viel stärkeres Selbstbewusstsein, einen wesentlich höheren Organisationsgrad und eine viel intensivere, auf Überzeu- gung beruhende Bindung an den Nationalsozialismus ein. Andererseits erhielt der Volksbund mit einem Schlag plötzlich ein ganzes Schul- netz, nämlich das der Volksgruppe Nordsiebenbürgens (zwei Gymnasien, zwei Bür- gerschulen, 47 Volksschulen und eine Lehrerbildungsanstalt), zu dem die vom Volks- bund ab 1940 errichteten Gymnasien in Budapest und Fünfkirchen, drei Bürger- schulen (Hidas, Baja, Németbóly) und einige wenige Volksschulen auf dem Gebiet Trianon-Ungarns hinzukamen; mit der Batschka waren es u.a. zwei Gymnasien (Neu- werbaß und Apatin), zwei Bürgerschulen (Neuwerbaß und Neusatz) und eine Lehrer- bildungsanstalt gleichfalls in Neuwerbaß. In der Schulfrage setzte die ungarische Regierung allerdings ihre traditionelle Blockadehaltung fort. Die Einführung des Deutschunterrichts in 244 Volksschulen, wie ihn der Erlass 700/1941 vorgesehen hat- te, wurde von ihr genauso hintertrieben wie die Regelung der Lehrerausbildung in Trianon-Ungarn.279 Im Schulbereich war am deutlichsten bemerkbar, wie die ungarische Politik bis 1945 auf die durch das Volksgruppenabkommen geschaffene rechtlich wie politisch neue Lage reagierte: Alles, was an Forderungen, Einrichtungen und Maßnahmen – wie z.B. die Schulen – dem Minderheitenschutz diente, wurde von ihr soweit wie möglich blockiert und bewährten Praktiken folgend durch Maßnahmen auf der unte- ren Verwaltungsebene ausgehebelt; alles, was für die Einbeziehung der Volksgruppe in Kriegswirtschaft und Militärdienst von Nutzen war, wurde von ihr unterstützt, wo- durch sie sich zum Komplizen der Instrumentalisierung der Volksgruppe seitens des Dritten Reiches machte. Auf dem Gebiet von Trianon-Ungarn stieg die Zahl der Volksbund-Mitglieder vom Oktober 1940 bis Mai 1941 von 53 000 auf 97 000, die der Ortsgruppen von 167 auf 410.280 Laut der Volkszählung vom Januar 1941 gab es 477 057 Personen, die sich zur deutschen Muttersprache, und 303 419, die sich zur deutschen Nationalität bekannten. Berücksichtigt man die neu hinzugekommenen Gebiete (Karpatenukraine, südliches Oberungarn, Nordsiebenbürgen und die Batschka), so waren es 719 762 Personen deutscher Muttersprache und 533 045 deutscher Nationalität, d.h. nur 75 Prozent aller Deutschen (63 Prozent in Trianon-Ungarn) bezeichneten sich auch als Angehörige der deutschen Nationalität.281

279 SPANNENBERGER, Volksbund S. 291. 280 Ebenda, S. 289. 281 FLACH, Deutschtum; Az 1941. évi népszámlálás. Bd. 3a: Anyanyelv, nemzetiség, nyelvis- meret; 1941. évi népszámlálás. A népesség anyanyelv szerint; Magyarország nemzetiségei- nek és a szomszédos államok magyarságának statisztikája (1910-1990); DÁVID, Nationali- ty.

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Unabhängig von den ungarischen Statistikern nahmen SS-Experten nach ihren ei- genen Rassekategorien eine Bestandsaufnahme der „Volksdeutschen“ auf dem Terri- torium Ungarns nach dem Stand Ende 1941 vor, die bis August 1944 abgeschlossen war und 1 314 410 Volksdeutsche zählte. Deshalb wurde die deutsche Volksgruppe in Ungarn als größte des „Südostraums“ gefeiert. Nach einer Meldung vom November 1941 waren davon 250 000 und damit ein knappes Fünftel (19 Prozent) „nach natio- nalsozialistischem Muster“ im Volksbund erfasst.282 Die seit 1941 immer stärker gewordene Radikalisierungstendenz innerhalb des Volksbundes auch in seinem politischen Auftreten brachte die Stellung von Franz Basch und seinen von ihm vertretenen Kurs des fortgesetzten Kompromisses mit der ungarischen Regierung ins Wanken. Nur seine charismatische Begabung im Umgang mit „seinen Deutschen“ und seine Popularität haben Basch vor dem Sturz bewahrt. Er wurde von einer Entwicklung eingeholt, die er zwar selbst mitinitiiert, offenbar je- doch unterschätzt hatte. Für ihn war die Anbindung an Deutschland nur das Mittel, um seine ethnopolitischen Ziele zu erreichen. Dass Deutschland ganz andere Ziele verfolgte, insbesondere das Ziel einer Einbeziehung aller Volksdeutschen in seinen direkten Machtbereich, um es in den Dienst seiner politischen Ziele, insbesondere der Kriegsführung, zu stellen, ist ihm wahrscheinlich zu spät klar geworden. Jedenfalls wurde Basch innerhalb der Volksbundführung zunehmend entmachtet und zur Ga- lionsfigur der „Bewegung“ degradiert, der vor den herbeigetrommelten Massen – wie zu der als Massenveranstaltung aufgezogenen Geburtstagsfeier des Führers 1944 in Bonyhád – die unpopulären Maßnahmen wie beispielsweise die SS-Rekrutierung zu vertreten und durchzusetzen hatte.

5.2 Nationalsozialistische Umsiedlungspläne und ihre Folgen Nach dem erfolgreichen Abschluss des Polenfeldzugs kündigte Hitler in seiner Reichstagsrede vom 6. Oktober 1939 die Umrisse einer politischen Neuordnung Eu- ropas an, zu der die Neuordnung der ethnischen Siedlungsstrukturen „im Osten“ durch die Umsiedlung der „nicht lebensfähigen Splitter des deutschen Volkes“ heim ins Reich gehörte. Eine gigantische ethnische Flurbereinigung, zusammengefasst im „Generalplan Ost“, mit zahlreichen Umsiedlungs- und Vernichtungsaktionen (ein- schließlich der Vernichtung der Juden) sollte dafür sorgen, aus den Randzonen des deutschen Einflussgebiets jeglichen „völkischen Zündstoff“ zu entfernen. Bilaterale Verträge über die Umsiedlungsaktionen folgten Hitlers Reichstagsrede fast unmittel- bar. Abkommen mit Lettland und Estland vom 15. und 30. Oktober 1939 regelten die Rückführung der Deutschbalten; ein Vertrag mit Italien vom 21. Oktober 1939 die Umsiedlung der Deutschen aus Südtirol. Verträge mit der Sowjetunion regelten die Rückführung der Deutschen aus den sowjetisch besetzten Gebieten (Vertrag vom 3. November 1939 betreffend die Deutschen aus Ostgalizien, Wolhynien und dem Na- rev-Gebiet; Vertrag vom 5. September 1940 über die Umsiedlung der Deutschen aus der Nordbukowina und Bessarabien) und ein Vertrag vom 22. Oktober 1940 mit Ru-

282 Volkstum im Südosten, November 1941.

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mänien über die Aussiedlung der Deutschen aus der Südbukowina und dem Nordteil der Dobrudscha. In den diesen Verträgen folgenden Umsiedlungsaktionen wurden bis Ende 1940 751 460 Volksdeutsche aus den genannten Ländern und Gebieten ausge- siedelt, um sie für die Germanisierung des eroberten „Ostraums“ einzusetzen.283 Die Hitler-Rede und seine Umsiedlungspläne lösten in Ungarn ganz unterschied- liche Reaktionen aus. Bei den Schwaben lösten sie tiefe Verunsicherung und eine Ab- fallbewegung vom Volksbund aus. Viele demonstrierten ihre Loyalität zu Ungarn, in- dem sie in der Öffentlichkeit nur mehr ungarisch sprachen. Im Herbst 1939 berichtete der Stuhlkapitän des Vitéz-Ordens Fünfkirchen seinem Vorgesetzten: „Die Schwaben sind sehr still. Als Alptraum bedrückt sie Hitlers Aussage, dass er die im Ausland lebenden Deutschen ins Reich umsiedeln will. Seit Beginn dieser Aktion im Balti- kum scheint die Lage ernst zu werden. Man kann sagen, dass 90% der hiesigen Schwaben von einer Umsiedlung nach Deutschland nicht einmal hören will und sie sagen schon offen und immer ausdrücklicher, daß sie nicht gehen werden, weil sie in Ungarn alles haben und im Wohlstand leben.“284 Ganz euphorisch war hingegen die Reaktion der ungarischen Regierung. Am 3. November 1939 schrieb Reichsverweser Horthy Hitler einen Brief, in dem er dessen „hervorragende Idee“ ausdrücklich begrüßte, alle deutschen Minderheiten ins Reich umzusiedeln. Horthy schlug Hitler vor, in diese Umsiedlungsaktion auch die Ungarn- deutschen einzubeziehen, und suchte diese dem Führer richtig anzupreisen: „Übrigens sind unsere brave Schwaben, die wir immer sehr geliebt haben, die besten Landwirte und landwirtschaftlichen Arbeiter unter allen, die für die Rückführung ins Reich in Frage kommen. Die Wolgadeutschen hingegen sind, wie ich höre, schon waschechte Kommunisten geworden.“285 Die „Liebe“, von der Horthy sprach, beschränkte sich zu diesem Zeitpunkt offenbar schon darauf, die „braven Schwaben“ so schnell wie mög- lich loszuwerden. Der Brief wurde allerdings von Hitler niemals beantwortet, weil sich die Reichsregierung die Regelung der Umsiedlung der Deutschen aus Südosteu- ropa für die Zeit nach dem Krieg vorbehalten hatte. Hitler machte in persönlichen Ge- sprächen mit Horthy allerdings mehrmals in solche Richtung gehende Zusicherungen. Die Umsiedlungspläne wurden von ungarischer Seite, von Regierungsbehörden wie von Gesellschaftskreisen, ganz gezielt als Mittel der Verunsicherung der ungarn- deutschen Bevölkerung und der Infragestellung ihrer – nunmehr obligatorisch gewor- denen – Bindung zum Volksbund eingesetzt. Selbst die ungarischen Statistiker kamen bei ihren Erhebungen im Zuge der Volkszählung von 1941 zu dem Schluss, dass die „schwäbische Bevölkerung hier bleiben will, an ihrem Bodenbesitz festhält und zu diesem Zweck auch dazu bereit wäre, nicht nur ihre Nationalität, sondern auch ihre Muttersprache abzustreiten, wenn sie glaubt, nur für diesen Preis hier bleiben zu kön-

283 Der großdeutsche Freiheitskampf. Reden Adolf Hitlers vom 1. September 1939 bis 10. März 1940, München 1942, S. 82 f.; Der „Generalplan Ost“; ALY, hier insbes. S. 35-50. 284 BaML 439/biz. 939. Meldung des Stuhlkapitäns des Heldenordens Fünfkirchen im Sep- tember 1939, hier zit. nach SPANNENBERGER, Volksbund, S. 202. 285 Horthy Miklós titkos iratai, S. 218.

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nen“.286 Der im Vergleich zu den neu annektierten Gebieten in Trianon-Ungarn we- sentlich geringere Anteil von 63 Prozent aller Deutschen, die sich in der Volkszäh- lung zwar zur deutschen Muttersprache, jedoch nicht zur deutschen Nationalität bekannten (gegenüber 75 Prozent in den 1940/41 annektierten Gebieten), ist wohl auf die Umsiedlungspläne zurückzuführen. Dies bestätigte auch ein Bericht der VoMi über die Wirtschaftstätigkeit des Volksbundes im Jahre 1942, der kritisierte, dass die wohlhabendsten und wirtschaftlich bedeutendsten Kreise der deutschstämmigen Be- völkerung in Ungarn zum Unterschied zur Batschka und zu Nordsiebenbürgen in „völkischer“ Hinsicht unzuverlässig seien und vielfach noch im ungarischen Fahr- wasser schwämmen oder gar Bereitschaft zeigten, zu den Ungarn überzulaufen.287 Die über die Querelen im Alltag der frühen 1940er Jahre hinausreichende Bedeu- tung der Aussiedlungsdiskussion bestand jedoch vor allem darin, dass durch sie der Gedanke einer Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus Ungarn im Lande selbst Fuß fasste und seinen Befürwortern sowohl praktizierbar als auch politisch nützlich erschien. Während der Budgetdebatte zum Finanzhaushalt des Kultusministeriums forderte der Pfarrer Béla Varga (1903-1995), einer der führenden Abgeordneten der Partei der Kleinlandwirte, am 11. November 1941 die Mitglieder des Volksbundes auf, sich entweder zum Ungarntum zu bekennen oder „mit einem Bündel“ das Land zu verlassen.288 Hitler selbst hat sich im Sommer 1941 nur für eine teilweise Umsied- lung der Deutschen aus dem Donauraum und Südosteuropa entschieden. „Der Führer hat entschieden, dass die Aussiedlung von Volksdeutschen aus Südosteuropa während des Krieges unterbleibt. Nach Beendigung des Krieges ist vorgesehen, die Volksdeut- schen aus- beziehungsweise umzusiedeln.“289 Das wurde 1945, freilich in einem ganz anderen politischen Handlungsrahmen, zu einer für alle Beteiligten tragischen Reali- tät.

5.3 Der ungarndeutsche Beitrag zur deutschen Kriegswirtschaft Mit dem Gebiets- und Bevölkerungszuwachs Ungarns war die „deutsche Volksgrup- pe“ zu einer beachtlichen Ressource geworden, die Berlin für seine Kriegsführung, insbesondere für seine Kriegswirtschaft, nutzen wollte. Unter den unmittelbar nach dem Wiener Volksgruppenabkommen nach Budapest entsandten SS-Experten waren deshalb die „Wirtschaftsberater“ am zahlreichsten vertreten. 1942 hielt die SS die wirtschaftlichen Reserven in Ungarn noch „für weitgehend unausgeschöpft“.290 So stellte ihr Wirtschaftsexperte Hermann Wagener fest, dass im Unterschied zum Reich,

286 ARTUR BENISCH: Jelentés a Dél-Dunántúlról. Központi Statisztikai Hivatal Levéltára [Be- richt über Süd-Transdanubien. Archiv des Statistischen Zentralamtes], Fonds F 2-1, Titkos iratok 1946/16492: Német ügyek 1941-1946; SCHÖDL, Abschiede, S. 521, spricht von einer höheren „VDU-Resonanz“ in Nordsiebenbürgen und in der Batschka. 287 PA AA Inl.II.D.R100533. Kurzbericht über die Wirtschaftsarbeit der Volksdeutschen im Jahre 1942, S. 29. 288 KN XIV, S. 220. 289 PA AA InlandIIg.217, hier zit. nach SCHÖDL, Abschiede, S. 516. 290 Siehe SPANNENBERGER, Volksbund, S. 6.

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in dem die Milchproduktion mit 80-95 Prozent ihrer Kapazität genossenschaftlich er- fasst sei, dies in Ungarn nur mit 10 Prozent der Fall war. Nach Ermittlungen der Reichsstellen arbeiteten von den 1 300 ungarischen Molkereigenossenschaften 270 in deutschen Dörfern. Diese, mit einem Anteil von 20 Prozent an den Genossenschaften und 3 Prozent an der Gesamtbevölkerung, lieferten 40 Prozent der ungarischen Milchproduktion, weil der Milchertrag pro Kuh bei den deutschen Bauern bei 1 278 Litern, bei den ungarischen jedoch nur bei 970 Litern lag. Um die Milchproduktion zu steigern, wurde am 13. Oktober 1941 die Agronomia Zentrale Milch- und Verwer- tungsgenossenschaft mit Sitz in Budapest gegründet, die 1942 in MILAG umbenannt wurde. Erst ab diesem Jahr konnte die Genossenschaft mit 40-50 Mitgliedern (Teilge- nossenschaften vor allem in Orten der Komitate Baranya und Tolna) unter Leitung von Heinrich Mühl und Franz Hamm ihre Tätigkeit aufnehmen, nachdem ihr von der Regierung wiederholt Hindernisse in den Weg gelegt worden waren.291 Doch als wirtschaftlich wesentlich interessanter als Trianon-Ungarn bewerteten die reichsdeutschen Fachleute die Batschka, wo die 200 gut organisierten Genossen- schaften eine ausgezeichnete Grundlage für ihre Arbeit, die systematische Ausbeu- tung der Region für die deutsche Kriegswirtschaft, boten. Da sich Ungarn nach An- gliederung der Batschka vertraglich verpflichtet hatte, den wirtschaftlichen „Über- schuss“ dieser Provinz an Deutschland und Italien abzuliefern, schalteten sich die Fachleute der VoMi in die Arbeit der Genossenschaften ein. Für den großen Bedarf Deutschlands an Öl und Fetten wurden insgesamt 38 000 Joch Felder für den Ölsaa- tenanbau bewirtschaftet, und der diesbezügliche Ertrag konnte nach Ausweitung der Anbaufläche um mehr als das Zehnfache gesteigert werden. Vom Gesamtertrag der 40 000 Tonnen Ölsaaten wurden im Jahr 1942 25 000 Tonnen ins Reich geliefert. Be- deutend war auch der Hanfanbau, der zu 70 Prozent in volksdeutscher Hand lag und 1941 einen Ertrag von gleichfalls 40 000 Tonnen erbrachte.292 Im Bericht der VoMi über den Beitrag der ungarndeutschen Wirtschaft im Jahre 1943 wurde bilanziert, dass der Anteil der volksdeutschen Wirtschaftsproduktion an der Gesamtliefermenge Ungarns an das Deutsche Reich bei Weizen 19 Prozent, bei Mais 24 Prozent, bei Schweinen 70 Prozent, bei Rindern 73 Prozent und bei Obst 68 Prozent betragen habe, während es bei Butter sogar 193 Prozent und bei Wein 222 Prozent gewesen seien. Als wichtigste wirtschaftliche Errungenschaft rühmte die VoMi den erfolgreichen Aufbau eines Netzwerkes deutscher Banken und Kreditinsti- tute, dessen Zentrale die Mercur-Bank bildete, deren Aktienmehrheit von der Dresd- ner Bank gehalten wurde. Durch die Monopolisierung des Kreditverkehrs und der volksdeutschen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Dritten Reich fielen beträchtliche Gewinne an, mit denen die weit gespannten Aktivitäten des Volksbundes auch im so- zialen und kulturellen Bereich mitfinanziert werden konnten.293

291 Detailliert dazu SZAVAI. 292 PA AA Inl.II.D.R100533. Kurzbericht über die Wirtschaftsarbeit der Volksdeutschen im Jahre 1942, S. 30. 293 SPANNENBERGER, Volksbund, S. 297 f. u. 330 f.

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Zu den sozialen Errungenschaften, die auf die Bevölkerung großen Eindruck machten, gehörten die finanziellen Aufwendungen für den Mutterschutz, die Aktivitä- ten des Hilfswerks Mutter und Kind und der Deutschen Volkshilfe (im Jahr 1942 wurden mit insgesamt 3,3 Millionen Pengö 8 000 „notleidende Volksgenossen“ un- terstützt) und das Winterhilfswerk, das vor allem die Angehörigen der SS-Soldaten betreute.294 Dazu gehörte auch die Aktion Kinderlandverschickung, die in den Kriegs- jahren 1942-1943 zahlreichen Kindern aus den zerbombten Städten Deutschlands wie beispielsweise Hamburg einen Sommerurlaub im noch von Luftangriffen verschont gebliebenen Südungarn (Schwäbische Türkei und Batschka) ermöglichte, insgesamt soll es sich dabei um 8 000 Kinder gehandelt haben.295

5.4 Die SS-Rekrutierung 1941-1944 Nichts zeigte die Instrumentalisierung der „Volksdeutschen“ in Ungarn im Dienste der Eroberungspolitik des Dritten Reiches deutlicher und grausamer, als deren unmit- telbare Einbeziehung in das Kriegsgeschehen durch die Einberufung ihrer Männer in die Waffen-SS. Die Waffen-SS, ursprünglich eine Ordnungsmacht, die nach einem Führerbefehl vom 6. August 1940 „die Autorität des Reiches im Innern zu vertreten und durchzusetzen hat“, wurde nach den Vorstellungen Heinrich Himmlers (1900- 1945) zu einer elitären Einsatztruppe an der Front umgewandelt. Sie erlitt jedoch im Kriegsjahr 1941 hohe Verluste. Auch deshalb kam der bereits 1940 unterbreitete Vor- schlag von Gottlob Berger (1896-1975), Schwiegervater des Volksgruppenführers Andreas Schmidt (1912-1948) in Rumänien und Leiter des SS-Hauptamtes (gleich- sam die Zentrale des über 100 000 Mann umfassenden SS-Imperiums ohne Einbezie- hung der Waffen-SS), sehr gelegen, zur Aufstockung der Waffen-SS-Verbände die Volksdeutschen aus Südosteuropa heranzuziehen. Je länger sich der Krieg hinzog, desto intensiver bemühte sich die SS, so viele Volksdeutsche wie möglich für den Kriegseinsatz ihrer Waffen-SS zu mobilisieren. Vereinzelte illegale Werbemaßnahmen gab es schon seit Kriegsausbruch 1939, ei- ne größere, geheim gehaltene Werbeaktion im Frühjahr 1940, die für Ungarn jedoch am Widerstand von Basch scheiterte. Im Sommer 1941 wurde eine zweite illegale Werbeaktion, diesmal auch auf dem Gebiet Trianon-Ungarns, durchgeführt.296 Insgeheim wurden tausend Jugendliche gemustert, 500 davon für tauglich befun- den und unter dem Vorwand einer Sport- und Jugendführerausbildung „im Reich“ auf die Ausreise vorbereitet. Offenbar waren sich nicht alle Beteiligten darüber im Kla- ren, worum es tatsächlich ging. Denn bei der Ausstellung der Reisepässe verlangten die ungarischen Behörden, die sich über den Zweck der Aktion informiert zeigten, dass die Angeworbenen auf ihre ungarische Staatsangehörigkeit verzichteten, worauf 400 sich entschieden, in Ungarn zu verbleiben und nur hundert den Weg in das SS-

294 Ebenda, S. 342. 295 Ebenda, S. 340. 296 TILKOVSZKY, SS-toborzás; BÖHM, Die Ungarndeutschen; SUNDHAUSSEN, Geschichte; SPANNENBERGER, Volksbund, S. 309-330.

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Ausbildungslager in Brünn/Brno antraten. Dieses Ergebnis gab dem Widerstand von Basch gegen Kriegseinsatz, Musterung und Einberufung einerseits recht, anderseits wurde es ihm als Misserfolg persönlich angelastet. Deshalb schloss die SS die Volks- gruppenführung aus dem anstehenden Verhandlungsprozess mit Budapest aus und ging zusammen mit dem Auswärtigen Amt dazu über, in direkten Verhandlungen mit der ungarischen Regierung die SS-Rekrutierung zu legalisieren. Von deutscher Seite hatte man harten Widerstand erwartet, doch die ungarische Seite ging überraschend schnell auf die deutschen Rekrutierungswünsche ein. Die ungarische Regierung sah in der Rekrutierung einerseits eine Möglichkeit, ihre eigenen militärischen Kräfte zu schonen, andererseits, wie es der Honvédminister ausdrückte, mit „dem Abrücken dieser an sich doch nur zentrifugal wirksamen Kräfte zur Befriedung des Landes bei- tragen zu können“297. Das erste „Abkommen über die Aufstellung von Verbänden der Waffen-SS in Un- garn“ wurde am 24. Februar 1942 zwischen der ungarischen und der deutschen Re- gierung geschlossen. Für die Anwerbung war der Volksbund zuständig, die Muste- rung wurde von deutschen und ungarischen Offizieren vorgenommen. Von den 25 709 Geworbenen wurden 17 860 als tauglich befunden und 7 566 der SS, 10 294 der Wehrmacht zugeteilt. Beinahe die Hälfte aller Gemusterten (12 868) hatte sich in der Batschka gemeldet, was die ungleich größere Bereitschaft der Volksdeutschen dieser Region zum Kriegseinsatz demonstrierte. § 6b des Abkommens vereinbarte für die tauglich Gemusterten den Erwerb der deutschen und damit den Verlust der unga- rischen Staatsangehörigkeit. Im Unterschied dazu verloren die in Rumänien für die Waffen-SS Rekrutierten nicht ihre Staatsbürgerschaft. Während 1942 die Rekrutierung auf freiwilliger Basis erfolgte, musste bei der zweiten Waffen-SS-Werbung 1943 vom Volksbund bereits starker Druck ausgeübt werden, um die von Berlin vorgegebene Zahl von „Freiwilligen“ in der Größenord- nung von mehr als 20 000 zu erreichen. Tatsächlich meldeten sich 22 000, von denen 18 216 als tauglich eingestuft wurden. Mit dem bilateralen Abkommen vom 22. Mai 1943 wurden die Fürsorgesätze den diesbezüglichen ungarischen Standards angegli- chen, weil die ungarische Regierung eine Besserstellung der Volksdeutschen und da- mit jegliche indirekte Förderung der SS-Werbung vermeiden wollte. Die dritte Rekrutierung des Jahres 1944 konnte ohne Werbemaßnahmen des Volksbundes auskommen, weil sie nach dem bilateralen Abkommen vom 14. April 1944 für alle Volksdeutschen mit Vollendung des 17. Lebensjahres verpflichtend war. Im Unterschied zu den vorherigen Rekrutierungen behielten nun alle für tauglich be- fundenen Einberufenen die ungarische Staatsbürgerschaft und erhielten zusätzlich die deutsche. Mit der Besetzung Ungarns durch deutsche Truppen konnte die Reichsre- gierung solche Forderungen einschließlich einer Amnestie der illegal Geworbenen leicht durchsetzen. Bis September 1944 wurden insgesamt 55 000 Mann im Alter von 18 bis 50 Jahren zum Militärdienst in der Waffen-SS eingezogen. Viele von ihnen fie-

297 PA AA Inlandg.325 Bd. 1. Bericht Jagows vom 2. Februar 1942.

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len bald darauf aufgrund höchst mangelhafter Ausbildung in den schweren Kämpfen um Budapest und Transdanubien.298

5.5 Unruhen, Auflösungserscheinungen und Widerstand Neben dem Hauptamt für Volksgesundheit war im Volksbund im Sommer 1941 auch das Amt für Rassen- und Bevölkerungspolitik eingerichtet worden, das nach den Ras- sekategorien der SS die Frage entschied, wer im Einzelfall als Deutscher zu gelten habe und wer nicht. Nach Auffassung der nationalsozialistischen Rasseexperten sollte nämlich ein jeder dissimiliert, d.h. regermanisiert werden, der deutscher Abstammung war. In einem Land, in dem ethnisch unterschiedliche Gruppen seit Jahrhunderten en- ge Beziehungen, auch Heiratsbeziehungen, eingegangen waren, musste eine solche Dissimilationsbewegung zu einer allgemeinen, breite Kreise der Gesellschaft erfas- senden Verunsicherung führen. Im Zusammenhang mit der SS-Rekrutierung konnten solche ungeheuerlichen Eingriffe in die Privatsphäre eines Menschen über Leben und Tod entscheiden. Die Aktionen für Werbung und Musterung und die Einberufung in die Waffen-SS lösten daher große Unruhe in der ungarndeutschen Bevölkerung aus. Denn die Aber- kennung der ungarischen Staatsbürgerschaft wurde als Anzeichen für die geplante und damit irgendwann bevorstehende Umsiedlung bewertet. Die Propagandaparolen in der Volksbundpresse konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass der eigentliche Verlierer der Rekrutierung der Volksbund selbst war. Denn der Vertrauensverlust sei- tens seiner bisherigen Anhänger wurde noch dadurch verschärft, dass die Mittelzu- weisungen an die zurückgebliebenen Familienmitglieder der eingezogenen Wehr- dienstleistenden oft ausblieben oder nur ganz unzureichend ausfielen. Das hatte frei- lich auch mit den Schwierigkeiten zu tun, die die ungarische Regierung den Geldzu- weisungen aus dem Reich in den Weg legten, was jedoch für die Betroffenen nicht nachvollziehbar war. Die Rekrutierung beschleunigte den Polarisierungsprozess zwischen Anhängern und Gegnern des Volksbundes innerhalb der ungarndeutschen Bevölkerung, der, so- lange der Volksbund eine Erfolgsbilanz aufzuweisen hatte, und das war bis Sommer 1942 der Fall, nur latent und öffentlich wenig sichtbar gewesen war. Es kam nun zu Tätlichkeiten und Schlägereien, als beispielsweise in Mucsi die Gegner der Rekrutie- rung die Gemusterten verprügelten und mit Messern verletzten. Bei ihrer Ausreise wurden die Rekruten häufig als „Vaterlandsverräter“ beschimpft und waren auch sei- tens ungarischer Behörden Schikanen aller Art ausgesetzt, die auch auf ihre daheim gebliebenen Angehörigen ausgedehnt wurden: Man entzog ihnen Gewerbescheine, Schankrechte etc. und behandelte sie so, als wenn auch sie schon keine ungarischen Staatsangehörigen mehr wären. Doch selbst den Anhängern blieb nicht verborgen, dass der Volksbund seine Funktion als Organ des Minderheitenschutzes und der Interessenvertretung der Un- garndeutschen praktisch verloren hatte und zum Erfüllungsgehilfen deutscher Macht-

298 UNGVÁRY, Belagerung.

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politik herabgesunken war. Der stellvertretende Leiter der VoMi, Hermann Behrends (1907-1948), fuhr eigens in der letzten Januarwoche des Jahres 1942 nach Budapest, um Basch klar zu machen, dass es keinen „Volkstumskampf“ mehr geben könne, sondern alles dem gemeinsamen Kriegseinsatz Deutschlands und Ungarns unter- zuordnen sei. Deshalb sollten Beschwerden der Volksgruppe auch nicht mehr direkt an die ungarische Regierung gerichtet, sondern nur mehr an Himmler geleitet werden, der damit zum alleinigen „Interessenvertreter“ der Volksgruppe aufgestiegen war.299 Himmler selbst bekräftigte den neuen Kurs, der jegliche Bemühung um Minderhei- tenschutz unterband, am 26. Februar 1942: „Die Arbeit der deutschen Volksgruppe in Ungarn muss in nächster Zeit eine völlig nationalungarische Angelegenheit wer- den.“300 Die deutsche Minderheit war dadurch auch in Ungarn zu einer auszubeuten- den Ressource für Wehrmacht und Kriegswirtschaft des Dritten Reiches degradiert worden.301 Als die VoMi im Sommer 1942 darauf bestand, die gesamte Volksgruppenführung mit Basch an der Spitze für die Waffen-SS zu rekrutieren, scheiterte dies am Wider- spruch des Auswärtigen Amtes, das darauf verwies, eine zweite Führungsgarnitur ge- be es nicht und durch die bestehende Führung sollte doch gesichert werden, dass „die deutsche Volksgruppe in Ungarn ein durch uns zu leitendes politisches Instrument bleibt“302. Für alle diejenigen, die überzeugte Nationalsozialisten geworden waren, stellte sich natürlich die Frage nach der Unvereinbarkeit von Minderheiteninteressen und In- strumentalisierung im Dienste des Dritten Reiches nicht oder nicht mehr. Denn für solche NS-Gläubigen waren die Interessen der Minderheit mit denen des Dritten Rei- ches mehr oder weniger identisch. Es stellte sich bald heraus, dass die NS-Gläubigkeit nach Region verschieden war, besonders stark war sie nämlich in der Batschka und in Nordsiebenbürgen vertreten, in Trianon-Ungarn vor allem in den Führungskadern des Volksbundes und der zahlenmäßig kleinen, doch sehr wirksamen Gruppe der jünge- ren Akademiker, die nicht nur Führungspositionen im Volksbund, sondern auch im öffentlichen Leben übernommen hatten. Doch für alle anderen, die nach einer Fest- stellung von István Bibó vom Mai 1945 nur deshalb in den Volksbund eingetreten waren, „weil sie selbstbewusste Deutsche waren und sich nicht einschmelzen lassen

299 PA AA InlandIIg 468 Bd. 4; IfZ. MA-330. Bericht Behrends vom 16. Februar 1942. 300 IfZ, MA-330, zit. nach SCHÖDL, Abschiede, S. 519. 301 SCHÖDL, Abschiede, S. 523, kommentiert: „Berlin degradierte die ungarndeutsche Minder- heit zum rücksichtslos kalkulier- und verwertbaren Objekt reichsdeutscher Politik. Immer stärker trat die Absicht hervor, die deutsche Minderheit zum bloßen Ergänzungspotential der reichsdeutschen Kriegsführung zu machen.“ 302 PA AA Inl.II.g. 329 Bd. 1. Luthers Telegramm an Jagow am 6. Juli 1942 und Inl.II.g. 272. VoMi an das Reichsinnenministerium am 6. Juni 1942.

291

wollten“303, wurde die zunehmende Identifizierung des Volksbundes mit Nationalso- zialismus und Drittem Reich zu einem immer größeren Problem. Deshalb nahm die Entfremdung zwischen Minderheitenbevölkerung und Volks- gruppenführung deutlich zu, nachdem die eigentlichen Anliegen der Minderheit für den Kriegs- und Parteieinsatz des Volksbundes als ungarndeutsche Filiale der NSDAP aufgegeben werden mussten. Da über die Minderheit sowohl von Budapest als auch von Berlin als Objekt verfügt wurde, war die Volksgruppenführung als Or- gan politischer Partizipation praktisch ausgeschaltet, obwohl ihr nach Statut und Selbstverständnis solche Partizipationsrechte zustanden und sie diese – allerdings meist vergeblich – sowohl gegenüber Berlin als auch Budapest geltend zu machen suchte. Für viele jedoch konnte sie im Wirbel der immer zahlreicheren Kriegseinsätze an der „Heimatfront“ wie auch an der Kriegsfront gar nicht mehr als authentische Interessenvertretung der Minderheit wahrgenommen werden, denn sie hatte endgültig ihre Glaubwürdigkeit verloren. Die weit verbreitete Unzufriedenheit und die Enttäuschung waren lokal oder re- gional nur sehr subtil beispielsweise bei Festveranstaltungen wahrnehmbar. Doch es gab auch Manifestationen des Widerstands. Da in der Batschka die NS-Gläubigkeit am stärksten vertreten war, ist es weiter nicht verwunderlich, dass sich gerade dort die stärkste Widerstandsgruppe um den katholischen Pfarrer Adam Berenz in Apatin sammelte, der mit seiner Zeitschrift Die Donau ganz offen gegen den Nationalsozia- lismus Stellung bezog und die Volksbundpropaganda wie die SS-Rekrutierung scharf kritisierte.304 Eine weitere Oppositionsbewegung, die sich direkt gegen den Volksbund richtete, organisierte sich unter der Parole „Hűseggel a házahoz“ – „In Treue zur Heimat“ und wurde deshalb auch Treuebewegung genannt.305 Sie formierte sich in der Gegend von Bonyhád und Elek. Organisatorisch stand hinter dieser Bewegung der politische Ka- tholizismus, vertreten durch Angehörige des niederen Klerus. So verfasste der katho- lische Pfarrer von Bonyhád, Josef Bauer, auch ihre „Hymne“, in der davon die Rede war, dass die Anhänger dieser Bewegung deutsch sprechen, aber ungarisch empfin- den, ihrem Vaterland treu ergeben sind, an ihrem Christentum festhalten und Horthy, nicht Hitler, als ihren Führer betrachten. Am 15. März 1943 verbreitete die Treuebe- wegung einen Aufruf, der über die Ziele und die ersten Aktivitäten der Bewegung un- terrichtete. Es ist der sehr unbeholfene und ganz unpolitische, eigentlich bereits anachronistische Versuch, gegen das rassistische Umfeld auf deutscher wie auf unga- rischer Seite die Idee, die bereits Bleyer bis 1931 vertreten hatte, wieder auferstehen zu lassen: die Idee von der unteilbaren ungarischen politischen Nation, in der auch deutschsprachige Ungarn ihren Platz und das Recht zur Bewahrung ihres „Volks-

303 István Bibó: Memorandum über die Lage der deutschen Minderheit in Ungarn und die al- ternativen Lösungsmöglichkeiten, publiziert von TÓTH, Bibó; auch in Suevia Pannonica 13 (1995), S. 10-50, hier S. 18. 304 BERENZ; jüngst BETHKE, S. 510 f. 305 Válogatott dokumentumok a Hűséggel a Hazához mozgalom történetéhez; FEHÉR, Hűségmozgalom; SPANNENBERGER, Volksbund, S. 338-344.

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tums“ haben sollten. Die wenig flexible Haltung der Anhänger der Treuebewegung, die sogar den gemischtsprachigen Unterricht ablehnten und massiv von der Regierung und den Lokalbehörden unterstützt wurden, gab wiederum denen recht, die argumen- tierten: Wer sich der Treuebewegung anschließt, muss sein Deutschtum aufgeben. Die Treuebewegung artikulierte zwar die offenbar weit verbreitete Unzufriedenheit mit der aktuellen Politik und machte den Volksbund für diese verantwortlich. Sie machte andererseits auch unfreiwillig deutlich, dass sie außer historischen Romantizismen kein Alternativkonzept anzubieten hatte und sich politisch zum Erfüllungsgehilfen der ungarischen Nationalitätenpolitik herabwürdigen ließ. Die schlimmste Erscheinung dieser Jahre jedoch war, dass es dieser „ungarischen Nationalitätenpolitik“ gar nicht mehr um „Nationalitäten“ und die Bewahrung zumin- dest ihrer staatsbürgerlichen Rechte ging, sondern nur mehr um Ausbeutung ungarn- deutscher Ressourcen in Konkurrenz zu den gleichgerichteten Bemühungen des Drit- ten Reiches. Damit hat sich die ungarische Regierung zum Komplizen der deutschen Instrumentalisierungspolitik gemacht. Denn mit voller Absicht und Entschlossenheit trug sie von sich aus systematisch dazu bei, die ungarndeutsche Minderheit auszu- plündern und voll und ganz dem Kriegseinsatz auszuliefern in der rassistisch pro- grammierten Hoffnung, dadurch „ihre Ungarn“ möglichst zu schonen und den unum- gänglichen Beitrag als Bündnispartner Deutschlands zum Krieg mit dem Blut und dem Arbeitsertrag der ohnehin schon abgeschriebenen (weil für die Umsiedlung vor- gesehenen) Ungarndeutschen zu erstatten. Die Grundlinien dieser Politik werden im nachfolgenden Kapitel, die historische Entwicklung noch einmal zusammenfassend, dargestellt. Der Volksbund blieb auch als Volksgruppenorganisation in der Realität vielfach ein Torso. Sein Vorhaben, geistiges, kulturelles, politisches, wirtschaftliches und so- ziales Zentrum aller Deutschen in Ungarn zu werden, scheiterte schon an seinem To- talitätsanspruch, alle Deutschen in Ungarn zu erfassen und politisch-ideologisch nach den Maßgaben des Dritten Reiches gleichzuschalten. Es gelang ihm weder die gesell- schaftliche noch die politische Emanzipation der Minderheit durchzusetzen, obwohl er mit diesem Anspruch angetreten war. Trotz der Umwandlung in eine nationalsozia- listische Volksgruppenorganisation vermochte er nicht die Erwartungen Berlins zu er- füllen, weil er die Leitlinien der SS-Politik nicht mit dem gewünschten Erfolg in die ungarische Praxis umzusetzen wusste – dabei kam der Person des Volksgruppenfüh- rers, Franz Basch, eine besondere Bedeutung zu. Darüber konnten auch solche Ver- anstaltungen wie die große Feier zum „Führergeburtstag“ am 20. April 1944 in Bonyhád, also nach der Besetzung Ungarns durch die Wehrmacht, nicht hinwegtäu- schen, mit denen die vom Dritten Reich verlangte Einigkeit nach außen demonstriert werden musste. Die darauffolgende dritte Waffen-SS-Zwangsrekrutierung enthüllte die brutale Machtpolitik des Dritten Reiches gegenüber der deutschen Minderheit vor aller Augen. Als ein viel zu unzuverlässiges Instrument der Machtpolitik des Dritten Reiches eingestuft, wurde der Volksbund weder bei der Besetzung Ungarns am 19. März 1944 noch bei der Deportation der Juden in den darauffolgenden Monaten oder bei der Machtübernahme der Pfeilkreuzler im Oktober 1944 in die NS-Politik mit einbezogen. Allerdings wurde der ungarischen Regierung gegenüber bereits seit 1942

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vom Volksbund die Forderung erhoben, an der Verteilung des enteigneten jüdischen Vermögens beteiligt zu werden.306 Die unübersehbaren Auflösungserscheinungen des Volksbundes setzten mit der deutschen Besetzung Ungarns im März 1944 und der dritten, zwangsweisen SS- Rekrutierung in den anschließenden Monaten ein. Einerseits gewannen die radikalen Kräfte innerhalb des Volksbundes immer mehr die Oberhand, für die Kriegsdienst und Kriegswirtschaft vor jeglichen Maßnahmen zur Bewahrung der Volksgruppe oberste Priorität hatten. Andererseits waren so viele Volksbundfunktionäre einge- rückt, dass die „Arbeit am Volkstum“ praktisch eingestellt werden musste. In den Dörfern gab es so gut wie keine Männer mehr, so dass auch die Landwirtschaft nicht mehr die Ernteerträge erbrachte, die man erwartete. Den Selbstschutzmaßnahmen durch Aufstellung eines bewaffneten Heimatschutzes fehlten nicht die Waffen, son- dern die Männer, die sie tragen und benützen sollten. Die zwei hauptsächlich aus Ju- gendlichen bestehenden Kompanien, die die VoMi zu diesem Zweck im Herbst 1944 in Ödenburg ausbilden ließ, sollten noch den heranrückenden Truppen der Roten Ar- mee entgegengeworfen werden, was Basch im letzten Augenblick verhindert haben soll. Seit dem Näherrücken der Front war die Frage der Evakuierung der deutschen Be- völkerung aus ihren Siedlungsgebieten ein Thema ständiger Auseinandersetzungen zwischen regionaler und zentraler Volksgruppenführung und den SS-Befehlshabern vor Ort wie im Reich. Schon rollten die Züge und die Pferdewagentrecks mit den flüchtigen „Volksdeutschen“ aus Nordsiebenbürgen, dem Banat und der Batschka durch Ungarn, als im Herbst 1944 die Propaganda für die Evakuierung der Schwäbi- schen Türkei und im November aus den Dörfern in der Umgebung von Budapest ein- setzte. Doch nur wenige wollten dem demoralisierenden Beispiel der Flüchtlinge aus den Nachbarländern und Ost- und Südungarns folgen, und die 52 Eisenbahnzüge, die man für die Evakuierung aus Transdanubien bereit gestellt hatte, mussten beinahe leer abfahren. Der Kommandant des Umsiedlungskommandos, SS-Standartenführer Dr. Hans Weibgen (1904-?), machte dafür die Volksgruppenführung verantwortlich und berichtete über die Deutschen Südtransdanubiens: „Gemeinschaftsgeist ist ihnen fremd. Der größte Teil der Führer des Volksbundes in die- sem Gebiet [der Schwäbischen Türkei] ist ebenso eingestellt. Eine kämpferisch-deutsche Haltung ist wenig bewahrt. Man fühlt sich als treue ungarische Staatsbürger und ist nur zu einem kleinen Teil gewillt, ernste Pflichten aus seinem Deutschsein auf sich zu nehmen. Völkische Disziplin, blindes Vertrauen auf den Führer und unbedingtes Gehorchen gegen- über seinem Befehl kennen selbst die meisten Mitglieder des Volksbundes nicht […] Es ist

306 Im Zusammenhang mit dem Holocaust erhoben einige der im ungarischen Parlament ver- tretenen Abgeordneten des Volksbundes wie Franz Hamm, Eduard Keintzel, Erich Szegedi und Josef Trischler im Juni und Juli 1944 die Forderung, die deutsche Volksgruppe an der Verteilung des jüdischen Vermögens zu beteiligen. – BA R 63/348/268, 271, 272. Politi- sche Wochenberichte aus Südosteuropa.

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häufig vorgekommen, dass sich Mütter mit ihren Kindern vor uns hingestellt haben, wir sollten sie lieber erschießen, als evakuieren.“307 Denn selbst die zur SS eingezogenen Männer hätten brieflich von einer Evakuie- rung abgeraten. Die Volksgruppenführung weilte zu dieser Zeit bereits in Ödenburg und flüchtete von dort im März 1945 nach Oberösterreich. Ihrer Flucht schlossen sich viele Funktionäre des Volksbundes mit ihren Familien aus den deutschen Siedlungs- gebieten an. Bereits am 16. Februar 1945 stand der Name Franz Basch auf der Na- menliste von 105 als Kriegsverbrecher bezeichneten Personen, die der ungarische Ministerpräsident der Debrecener Provisorischen Regierung, General Béla Miklós von Dálnoki (1890-1948), der Alliierten Kontrollkommission übergab.308 Am 11. Juli 1945 wurde das Untersuchungsverfahren gegen Basch von der Budapester Volksan- waltschaft eingeleitet. Basch wurde von den amerikanischen Besatzungsbehörden am 9. Oktober nach Budapest überstellt und den ungarischen Behörden übergeben. Am Ende eines vier Tage währenden öffentlichen Prozesses wurde Franz Basch als Kriegsverbrecher am 18. Januar 1946 zum Tode verurteilt und nach zwei vergebli- chen Versuchen, ihn zu begnadigen, am 26. April 1946 durch Erschießen hingerich- tet. Zur Zeit des Basch-Prozesses liefen die Vorbereitungsmaßnahmen für die Vertrei- bung der Ungarndeutschen bereits auf Hochtouren. Den führenden politischen Kräf- ten ging es im Basch-Prozess darum, die bereits öffentlich propagierte Gleichsetzung von Ungarndeutscher = Volksbund = Nazi = Kriegsverbrecher = Vaterlandsverräter durch ein Gerichtsverfahren und entsprechendes Gerichtsurteil zu legitimieren. Eine solche primäre politische Zielsetzung demonstrierten sowohl die Anklage als auch das Urteil des Prozesses. Doch nicht alle Zeugen erfüllten die ihnen zugedachte Rolle ei- nes Mitanklägers. Miklós Mester (1906-1989), Kultusminister der Regierung Döme Sztójay (1883-1946) im Jahr 1944, stellte beispielsweise in seiner Zeugenaussage zentrale Punkte der Anklage überhaupt in Frage, als er hervorhob, dass für die Über- treibungen in der Nationalitätenpolitik nicht Basch und seine Organisation zur Re- chenschaft gezogen werden können. Seiner Meinung nach galt Basch in Ungarn des- halb als zu radikal und in Deutschland als zu gemäßigt, weil die ungarische Regierung einerseits eine Politik der weitgehenden Anlehnung an das Dritte Reich befolgte, andererseits jedoch jede ethnopolitische Aktivität diskriminiert habe. Und der lang- jährige Kultusminister Bálint Hóman bestätigte gleichfalls die Loyalität von Basch und hob in seiner Aussage hervor, dass dieser nur das verlangt habe, „wozu sich die Regierung bereits im Trianoner Friedensvertrag verpflichtet hatte“.309

307 Hans Weibgen: Bericht vom 2. Dezember 1944 an den SS-Stab. Bundesarchiv Koblenz, ZSG 101, Bd. 34, S. 643-644. 308 Public Record Office, FO 371/48511, R 9422/7435/21 vom 14. Mai 1945. 309 Akten des Volksgerichtsprozesses gegen Franz A. Basch, Zitat von Mester auf S. 126-128 u. 200-204, von Hóman auf S. 197.

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5.6 Franz Anton Basch Die hier skizzierte Biografie von Basch soll exemplarisch zeigen, unter welchen Rahmenbedingungen sich eine Gruppenelite aus den Reihen der Ungarndeutschen nach 1918 herausbilden konnte.310 Franz Anton Basch wurde am 13. Juli 1901 in Zürich geboren. Sein Vater, Anton Basch (geb. 1876), stammte aus der Banater Gemeinde Hatzfeld/Jimbolia und arbeite- te als Spenglermeister in der Schweiz. Nach dem „Bürgerregister der Gemeinde Neu- dorff/Lutzen“ in der Schweiz kam er am 8. Oktober 1900 direkt aus Russland in die Eidgenossenschaft.311 Hier lernte er seine zukünftige Frau, Katharina Amrein, ken- nen, die er am 25. Februar 1901 ehelichte. Nach den offiziellen Eintragungen in Zü- rich verließ die Familie am 19. März 1904 die Schweiz und ging nach Budapest.312 Der junge Basch besuchte 1911-1913 in seiner Heimatgemeinde die ersten zwei Klassen der Knaben-Bürgerschule. In dieser vierklassigen Bürgerschule der Gemein- de Hatzfeld war ausgerechnet im Geburtsjahr von Basch die ungarische Unterrichts- sprache eingeführt worden.313 Er genoss dadurch in seiner Schulzeit eine national- ungarische Erziehung. Nach seinem Abitur wollte er in Ungarn studieren und Schrift- steller werden. Erst nachdem er eine Ausreisegenehmigung in die Schweiz beantragt hatte, konnte er den SHS-Staat (Jugoslawien) verlassen, ging jedoch direkt nach Bu- dapest als seinem eigentlichen Ziel. Dort wurde er in die damalige Elite-Schule Un- garns, in das Eötvös-Kolleg, aufgenommen und studierte zunächst Germanistik, unga- rische Sprache und Literatur.314 In diesem Kolleg herrschte nicht nur ein „glühender magyarisch-nationaler Geist“, wie die zeitgenössische Atmosphäre vom damaligen Kollegsdirektor beschrieben wurde315, sondern genoss Basch auch eine besondere Erziehung. Diese erste Station in Ungarn war für einen angehenden Schriftsteller eine denkbar günstige, denn Basch wurde hier für eine Führungsrolle erzogen und war auf

310 Als unentbehrliche Quellengrundlage dazu sei verwiesen auf Akten des Volksgerichtspro- zesses gegen Franz A. Basch, hier insbesondere der biografische Abschnitt über Franz Basch in der Einleitung, S. XXXVII-LXI. 311 Mitteilung des Personenmeldeamtes der Stadt Zürich vom 17. Juli 1998. 312 Ebenda. Diese Eintragung steht im Widerspruch zu bisherigen Annahmen bzw. zur Aussa- ge von Basch in seinem Prozess, wonach die Familie 1904 direkt nach Hatzfeld zurückge- kehrt ist. Fehlerhaft sind einige Angaben über Basch in der Neuen Deutschen Biographie, in der unter anderem als Geburtsort Hatzfeld angegeben wird. BUZÁS. Vgl. dazu FLACH, Richtigstellung. 313 NEIDENBACH, S. 108. 314 Das Eötvös-Kolleg wurde am 22. September 1895 in Budapest gegründet. Nach 1918 wur- den planmäßig Studenten „ungarischer Muttersprache“ aus den „abgetretenen Gebieten“ aufgenommen, so dass deren Anteil während der Zwischenkriegszeit rund ein Viertel aller Kollegstudenten ausmachte. Aus Rumänien – und Basch wurde zu dieser Gruppe gerechnet – besuchten insgesamt elf Stipendiaten diese Einrichtung. Vgl. KOVÁCS/SZABÓ-PÁL, hier S. 59 f. Aufnahmeantrag von Basch ins Eötvös-Kolleg vom 10. Januar 1921. Eötvös József Collegium Könyvtára és Levéltára. Doboz 1, Dosszié 2. Basch Ferenc [Bibliothek und Archiv des József Eötvös-Kollegs, hier zit. als EJCKL]. 315 NAGY, Eötvös, S. 86.

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dem besten Weg, Aufnahme in die gesellschaftliche Elite zu finden. Doch ausgerech- net in diesem Kolleg sollte er zwei Konfrontationen erleben, die seine Laufbahn in ei- ne ganz andere Richtung lenkten. Basch konnte im Wintersemester 1920/21 als Stipendiat ins Eötvös-Kolleg einzie- hen, wurde aber Anfang 1922 lungenkrank und daher in die III. Klinik für innere Krankheiten des János-Krankenhauses eingewiesen. Am 24. Mai 1922 ging der Be- schwerdebrief eines Ministerialrats aus dem Landwirtschaftsministerium im Kultus- ministerium ein. Ministerialrat János Ráduly lag nämlich mit Basch im gleichen Zimmer und glaubte nach einer heftigen Diskussion über die Minderheitenfrage bei dem jungen Studenten „eine unpatriotische Haltung“ beobachten zu können. Seiner Beschwerde nach soll Basch „unser Vaterland, unsere Nation und unsere Regierung beschimpft“ und sich erniedrigend über „unsere Wissenschaft, Literatur und Kunst“ geäußert haben.316 Dieser Brief wurde am 19. Juni an den Direktor des Kollegs zwecks Klärung des Sachverhalts weitergeleitet. In seiner ersten Stellungnahme beschrieb Géza Bartoniek (1854-1930, Direktor des Kollegs von 1895 bis 1927) Basch als einen „besonders fleißigen und in jeder Hinsicht tadellosen Zögling“ und leitete unverzüglich eine Un- tersuchung ein. Er schrieb am 31. Juli den Direktor der Klinik, Baron Dr. Sándor Korányi, an und bat um die Möglichkeit, den Zimmergenossen von Basch, den späte- ren ungarischen Schriftsteller Géza Féja (1900-1978), zu befragen und dessen Aussa- gen zu protokollieren. Ausdrücklich wies er darauf hin, dass es sich „um die Zukunft eines braven und anständigen jungen Menschen handelt“317. Außer dem erwähnten Zimmergenossen bestätigten zwei weitere Personen, dass die Anschuldigungen von Ráduly nicht der Wahrheit entsprachen, Basch Ungarn auch nicht als ein „dreckiges Land“ bezeichnet habe.318 Obwohl Basch damit entlastet schien, wandte sich Barto- niek am 27. August direkt an den Beschuldigten, der sich zu einem Kuraufenthalt in Sankt Gallen befand, und bat ihn um eine „ganz ehrliche Stellungnahme“. Basch ant- wortete am 22. September aus seiner Heimatgemeinde Hatzfeld, in der er gerade bei seinen Eltern zu Besuch weilte. Sehr emotional beteuerte er darin seine Unschuld und stellte die Gegenfrage: „Wenn manche Ansichten sich von der angeblich offiziellen unterscheiden, so weiß ich kaum, wer heutzutage in unserem Vaterland noch patrio- tisch ist?“ Er verwies auf sein bitteres Schicksal, seine lange Krankheit, und führte seine explosive Meinungsäußerung eben darauf zurück, dass ein „älterer“ und in der sozialen Hierarchie „höher gestellter“ Mann ihn aufgehetzt und die Nationalitäten „ungerecht“ angegriffen hätte. Nach eigenen Angaben fühlte sich Basch zwischen zwei Stühlen, da er während seines Aufenthaltes in der Schweiz ständig Ungarn habe verteidigen müssen, und nun werde er selbst angeklagt. In seiner Stellungnahme stritt er ab, jemals mit Ráduly über Wissenschaft gesprochen zu haben, und betonte, dass

316 EJCKL, Brief Rádulys vom 24. Mai 1922. 317 Ebenda, Korrespondenz des Kollegdirektors. 318 Ebenda, Bestätigung von Gyula Havalda vom 1. August 1922.

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ausgerechnet diese „die wirksamste Waffe ist, mit der wir unsere irredentistischen Ziele verwirklichen können!“319. Wie patriotisch der junge Basch damals noch gedacht haben musste, geht auch aus einem jüngst veröffentlichten Briefwechsel mit einem seiner Schulkollegen namens Michael Horváth hervor, mit dem er offenbar sehr eng befreundet war. Auf dessen Nachricht, die jugoslawische Staatsbürgerschaft angenommen zu haben, schrieb Basch ihm am 3. September 1922 schwer enttäuscht: „Dein niedriges Schicksal tut mir leid, aber wenn ich die Ereignisse und die Schicksale ganz ruhig betrachte, dann kann ich noch ruhiger sagen: etwas Besseres habt Ihr nicht verdient, und da gibt es keine Ausnahme. Für 5 Dinar habt Ihr Eure Haut verkauft, und das war noch das Ein- zige, das auch wir Ungarn von Euch gekauft hätten [...] warum seid Ihr alle Verrä- ter?“320 Und eine Woche später ergänzt er seine Aussage noch etwas belehrend: „Staaten tauschen wir nicht und auch unsere Mütter nicht, auch wenn dafür woanders mehr geboten wird.“321 Basch kam später niemals mehr auf seine Affäre im Krankenhaus zurück, sie muss aber tiefe Spuren in ihm hinterlassen haben, da eine weitere Konfrontation eine ent- scheidende Wende in seinem Leben herbeiführte. Das Eötvös-Kolleg bot für seine Studenten Vorlesungen an, die im Allgemeinen als reguläre Vorlesungen innerhalb der Universität anerkannt wurden.322 Wahrscheinlich im Rahmen einer solchen Ver- anstaltung äußerte der ehemalige Kolleg-Student und damals schon sehr bekannte un- garische Schriftsteller Dezső Szabó seine Überzeugung, wonach aus assimilierten bzw. fremdstämmigen Literaten niemals vollwertige ungarische Schriftsteller werden könnten. Diese Ansicht von Szabó rüttelte an den Fundamenten der bisherigen Wert- vorstellungen von Basch und verunsicherte den angehenden Akademiker zutiefst. Zur gleichen Zeit erhielt Basch auch von anderer Seite entscheidende Anregungen. Er studierte außer ungarischer Literatur auch Germanistik, ein Fach, das an der Buda- pester „Péter-Pázmány-Universität“ von Professor Jakob Bleyer vertreten wurde. Bleyer stammte aus der Gemeinde Tscheb in der Süd-Batschka, die nach dem Ersten Weltkrieg gleichfalls an den SHS-Staat angegliedert wurde. Die Gemeinsamkeit der Herkunft und der Interessen für Geschichte und Kultur der deutschen Minderheit im Donauraum dürften Lehrer und Schüler einander nähergebracht haben. Der geschei- terte Nationalitätenminister Bleyer323 war zu jener Zeit mit seinem Plan befasst, einen

319 Ebenda, Antwortschreiben von Basch vom 22. September 1922. 320 HORWATH, S. 10. 321 Ebenda, S. 11: Brief vom 13. September 1922 an Michael Horváth. 322 DÉNESI, S. 100. 323 Jakob Bleyer, der am Sturz der Peidl-Regierung aktiv beteiligt war, übernahm am 15. Au- gust 1919 auf eigenen Wunsch statt des ihm angebotenen Kultusministeriums die Leitung des Nationalitätenministeriums. Nach der Vorstellung der ungarischen Regierung bestand seine Aufgabe allerdings nicht in der Etablierung einer nationalitätenpolitischen Konzepti- on für die Nationalitäten innerhalb Ungarns, sondern in einer erfolgreichen Propagandatä- tigkeit für die Behauptung des umstrittenen Burgenlands (damals noch Westungarn) und in der verdeckten Unterstützung der magyarischen Volksgruppen in den „abgetretenen Gebie- ten“. Nach Bleyers Erkenntnis wurde seine Person missbraucht, die Abtretung des Burgen-

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deutschen Kulturverein zu gründen. Doch mit diesem Projekt zog er die Abneigung der ungarischen Gesellschaft auf sich und seine Mitarbeiter.324 Das waren vor allem Studenten der Bleyer nahe stehenden akademischen Verbindung Gothia. Einschüchte- rung ungarndeutscher Studenten auf der einen Seite, gesellschaftliche Isolierung Bleyers auf der anderen führten 1921 dazu, dass Bleyer auf die Mitarbeit von Studen- ten verzichtete, woraufhin diese Studentenverbindung aufgelöst wurde.325 Dennoch akzeptierte Bleyer 1923 eine zweite Initiative ungarndeutscher Studenten, eine Ver- bindung zu gründen, wobei die Organisationsarbeit von den Studenten selbst besorgt wurde. Zu diesem Zweck wurde auch Basch von seinen jungen Landsleuten ange- sprochen. Aus Andeutungen seiner damaligen Weggefährten kann man darauf schließen, dass sich Basch Anfang 1923 noch keinesfalls mit der deutschen Minderheit identifi- zierte.326 Das änderte sich im Verlauf dieses Jahres. Der Sommer 1923 war für Basch jene Phase, die seinem Leben eine andere Richtung gab. So soll er viel über die Prob- leme seiner Minderheit nachgedacht haben, und „mit dem Herzen mehr als dem Ver- stand fühlte er sich von dieser angezogen und [ihr] verpflichtet“.327 Die Gründung der ungarndeutschen Studentenverbindung Suevia war eine brisante nationalitätenpoliti- sche Angelegenheit. Der erste Sprecher der Verbindung, Stefan Steyer, machte seinen Bundesbrüdern die Notwendigkeit eines Zusammenschlusses der ungarndeutschen In- telligenz deutlich, indem er auf folgenden Mangel hinwies: „Wir Deutsche in Ungarn artikulieren uns nicht als Volksgemeinschaft, wir sind für die Deutschen in Deutsch- land und Österreich sowie in allen Volksgruppen in Europa eine amorphe Masse ohne

lands als sein persönliches Versagen interpretiert, und deshalb trat er am 16. Dezember 1920 von seinem Amt zurück. 324 Ein damals Aufsehen erregender Fall war der Gerichtsprozess gegen den Gemeindearzt Martin Steer. Um diesen nicht weiter zu gefährden, verbot Bleyer, den Namen Steer jemals in seinem Kreis zu erwähnen. „So bewirkte der Prozeß, das noch mehr Leute ängstlich, vorsichtiger wurden.“ – STEYER, S. 5. 325 Ebenda. 326 So äußerte sich der aus der Banater Gemeinde Elek stammende und gleichfalls dem Eöt- vös-Kolleg angehörende Jurastudent Georg Stumpf gegenüber dem Hauptorganisator der künftigen Suevia Budapestina, Stefan Steyer, folgendermaßen: „Steffi, du schaffst es, geh zu Bleyer, teile ihm mit! Ich bringe mehr meiner Landsleute mit nächstemal. Jetzt mußt Du, Steffi, noch ins Eötvös-Kolleg gehen, dort ist Franz Basch aus Hatzfeld und Josef Wölfl aus Güns. Bei Basch wirst du kein Glück haben aber versuche es einmal als sein Landsmann, als Banater!“ Tatsächlich endete das erste Gespräch Steyers mit Basch ergeb- nislos. Der Vortrag von Szabó muss demnach spätestens im Mai 1923 stattgefunden haben, da Ende des Sommersemesters Steyer erneut auf Basch zurückkam. „Diesmal endete unse- re Diskussion positiv. Basch sagte zu, zu Beginn des Wintersemesters [1923/24] die zu gründende Vereinigung zu besuchen.“ – STEYER, S. 8 f. Tatsächlich hielt Basch in diesem Kreis bald darauf einen Vortrag über den Banater Dichter Nikolaus Lenau „aus der Sicht der Deutschen in Ungarn“. 327 Ebenda, S. 11.

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gebührende Willensäußerung.“328 Basch schloss sich diesem Studentenkreis an und zog daraus die Konsequenzen. Denn Studenten des Eötvös-Kollegs hatten alle ihre Mitgliedschaften in Vereinen der Kollegsleitung mitzuteilen, wovon nur konfessio- nelle Vereinigungen ausgenommen waren.329 Das Eötvös-Kolleg verstand sich als weltanschaulich tolerante und liberale Einrichtung, lediglich „Extremismus“ war unerwünscht.330 Als ein solcher wurde aber zu jener Zeit in Ungarn eine ethnopoliti- sche Aktivität bewertet. Deshalb zog Basch am 27. August 1923 aus dem Eötvös- Kolleg aus331 und nahm bereits am Gründungsfest der Suevia im Herbst 1923 teil. Wie aus zeitgenössischen Fotos hervorgeht, war Basch ein sehr aktives Mitglied der Verbindung.332 Der 22-Jährige fand offensichtlich bei der Suevia und bei seinem Leh- rer Jakob Bleyer eine neue geistige Heimat. Obwohl Bleyer in seiner Nationalitätenpolitik von Anfang an mit der Hilfe der Suevianer gerechnet hatte, bestand er darauf, dass die Studenten zunächst ihr Studium erfolgreich zu Ende brachten. Dank guter Beziehungen zu reichsdeutschen Volks- tumsverbänden, wie etwa dem Verein für das Deutschtum im Ausland (VDA), konnte Bleyer für seine Studenten jeweils einen zweisemestrigen Studienaufenthalt in Deutschland vermitteln. Auch Franz Basch machte von dieser Möglichkeit Gebrauch und ließ sich am 5. November 1925 unter der Nummer 1393 für das Wintersemester 1925/26 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München immatrikulieren.333 Es war sein zehntes Fachsemester in deutscher Philologie. Diese Auslandserfahrung sowie der Studienabschluss in Budapest standen im Zei- chen seiner zukünftigen Tätigkeit an der Seite Bleyers im Ungarländischen Deutschen Volksbildungsverein. Darauf wies bereits sein im Kreis der akademischen Ortsgruppe des VDA am 22. Februar 1926 gehaltener Vortrag über die deutsche Bewegung in Ungarn hin, der noch im gleichen Jahr in der Schriftenreihe „Das Grenz- und Aus- landsdeutschtum“ erschien.334 Basch ging darin ausführlich auf die erst anderthalbjäh- rige Geschichte des Volksbildungsvereins ein, der nach der offiziellen Genehmigung der ungarischen Regierung am 24. August 1924 gegründet werden durfte. Im Vortrag kam Basch nach einem „geographisch-historischen Überblick“ kurz auf die engstirni- ge Minderheitenpolitik früherer Zeiten zu sprechen. Kontrastierend dazu hob er her-

328 Ebenda, S. 12. 329 Die Betreuung der katholischen studentischen Jugend oblag dem Orden der Zisterzienser, der hinter der katholischen Studentenverbindung Emericana stand. Deshalb unterhielt das Eötvös-Kolleg besonders enge Beziehungen zu diesem Orden. 330 „Szabadon szolgál a szellem“, S. 101. 331 Országos Levéltár. Miniszterelnökségi Iratok. (MOL. ME) K 28. Cs 99, T. 206. Notiz des Ministerpräsidiums vom 30. September 1926. 332 Nachlass Adam Schlitt, Sinsheim. Fotosammlung. 333 Schriftliche Mitteilung des Universitätsarchivs der Ludwig-Maximilians-Universität Mün- chen vom 8. und 20. August 1996. 334 BASCH, Deutschtum. Es fällt auf, dass die übrigen sechs Veröffentlichungen von bereits bekannten Persönlichkeiten der Volkstumsliteratur verfasst wurden. Offensichtlich wurde das Referat von Basch besonders hoch bewertet, da nach Information der Schriftleitung keineswegs alle Vorträge für den Druck vorgesehen waren.

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vor, dass in der ungarischen Nationalitätenpolitik eine neue Epoche angebrochen sei, auch wenn viele Fragen noch ungelöst geblieben seien. Basch beschwor die Überein- stimmung der Vereinsführung mit der Nationalitätenpolitik des Ministerpräsidenten Bethlen und führte die bei ihrem Vollzug aufgetretenen Schwierigkeiten auf die op- positionelle Einstellung der unteren Behörden zurück. Die Regierung „hat leider ebenso mit einer starrköpfig an das Alte sich klammernden Auffassung und mit einem öffentlichen Verhalten zu kämpfen, wie wir selbst“. Demnach waren die Gegner der deutschen Bewegung zugleich Gegner der offiziellen Politik der ungarischen Regie- rung und rekrutierten sich aus den Reihen der „Wetterhähne“ und aus den „Klumpen unserer Abtrünnigen“, also aus den Assimilanten.335 Deutlich ist in diesem Vortrag von Basch die Absicht zu erkennen, seinen Zuhörern eine positive Beurteilung der damaligen Lage des Volksbildungsvereins und eine optimistisch gefärbte Sicht von dessen Zukunft zu vermitteln. In eine bessere Zukunft sollte nach Basch die Taktik der kleinen Schritte in der Nationalitätenpolitik („Unser Losungswort lautet: langsam aber sicher“) führen. Er identifizierte sich nicht nur mit der Minderheiten-, sondern auch mit der Außenpolitik der ungarischen Regierung. Basch bekannte sich zum „irredentistischen Gedanken“, also zur Revision der Grenzen von Trianon, um dereinst mit „unsern so kräftig sich entwickelnden deutschen Brüdern [...] eine deutsche Volksgemeinschaft“ zu bilden.336 Ferner äußerte Basch die Überzeugung, dass die kulturelle Bewegung der Deut- schen künftig in „politisch-parlamentarischem Sinne“ ein Faktor sein werde, d.h. der Verein im Verbund mit der Regierungspartei politisch aktiv werden könnte. Doch ei- ne solche politische Betätigung innerhalb des Volksbildungsvereins stand im scharfen Gegensatz zur Regierungspolitik. Gustav Gratz, der schon 1924 gegen jede politische Betätigung Stellung bezog, wollte die Zielsetzung des Vereins in einem ganz anderen Zusammenhang, nämlich in einem außenpolitischen sehen: „Die deutschsprachige Bevölkerung Ungarns hat keine andere Pflicht, als durch eine getreue Bewahrung der von ihren Vätern ererbten patriotischen Gesinnung der ungarischen Regierung eine solche Lösung der Frage der nationalen Minderheiten zu erleichtern, und sie wird die- se Pflicht gewiss niemals vergessen.“337 Gratz lehnte daher den Gedanken an eine

335 BASCH, Deutschtum, S. 11. In diesem Zusammenhang erklärte Gratz in der Jahresver- sammlung des Volksbildungsvereins im August 1926 die Haltung der Regierung wie folgt: „Das ungarische Interesse in der Nationalitätenfrage ist heute offenbar ein anderes, als es in den Augen mancher Ungar vor dem Kriege sein mochte. Diese weise Erkenntnis zeigt sich in der Stellungnahme der Regierung zu den die deutsche Minderheit betreffenden Fragen. […] Wenn die Regierung […] in der Behandlung der nationalen Minderheiten einen neuen Geist einzuführen scheint […] vielleicht auch nicht ausschließlich darum, weil sie zu einer besseren inneren Erkenntnis gelangt ist, sondern sie tut es, weil eine duldsame, zuvorkom- mende Behandlung der nationalen Minderheiten seit jenen Ereignissen, durch die starke ungarische Minderheiten unter fremde Staatshoheit gelangt sind, eines der obersten natio- nalen Interessen geworden ist; sie tut es, um ein Exempel dafür zu statuieren, wie man die nationalen Minderheiten befriedigen kann.“ GRATZ, Probleme, S. 93 f. 336 BASCH, Deutschtum, S. 18. 337 GRATZ, Probleme, S. 95.

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Parteigründung eindeutig ab.338 Basch jedoch wollte sich eine solche Option offen halten. Er hob zwar hervor, „wir fassen die Nationalitätenfrage vor allem als Kultur- problem auf“, aber gleichzeitig erwähnte er auch, dass die parlamentarische Vertre- tung der deutschen Minderheit noch nicht gelöst sei.339 Im Gegensatz zu Gratz hielt Basch zumindest langfristig eine politische Mobilisierung der Ungarndeutschen für nötig und nützlich. Eine solche jedoch war auch für den vorsichtigen Jakob Bleyer nur als ein letzter Ausweg vorgesehen, wie er ihn 1926 im Sonntagsblatt andeutete: „Die Bestrebungen des Deutschtums in Rumpfungarn sind rein sprachlicher und kultureller Natur, und dieses Deutschtum wird sich niemals auf die gefährlichen Gewässer einer eige- nen Parteipolitik begeben. Niemals – es sei denn, dass Unverstand und Engherzigkeit es gegen seinen eigenen Willen und seine bessere Einsicht dazu zwingen, es sei denn, dass ihm jeder andere Ausweg versperrt wird.“340 Im Gegensatz zu seinem Mentor Jakob Bleyer bediente sich Franz Basch nur ein einziges Mal des Begriffs „Deutschungar“, sonst sprach er konsequent von „Deut- schen in Ungarn“ oder „ungarländischen Deutschen“. Auch die Verwurzelung in Un- garn war seiner Meinung nach nicht in einer „deutschungarischen Identität“, sondern in „einer urdeutschen Heimatliebe“ zu suchen.341 Im Rahmen der von ihm beschwo- renen „deutsch-ungarischen Schicksalsgemeinschaft“ wies er dem Ungarndeutschtum die Rolle eines Brückenbauers zu. „Es ist die anerkannte Bedeutung unserer Rolle als Vermittler des deutschen Wesens, der deutschen Kultur, deren Vorposten die Aus- landsdeutschen in allen Erdteilen der Welt sind. Wir sind aber auch die Vermittler des ungarischen Heimatgedankens.“342 Basch forderte nicht nur Solidarität, wenn er abermals betonte, „nie brauchten wir das Händereichen der Urheimat so, wie wir es heute brauchen“, sondern unterstrich auch mit spürbarem Stolz die Rolle der Ungarn- deutschen, die in der „Kulturgemeinschaft aller Deutschen“ zwar noch ihr „Plätz- chen“ suchten, doch letzten Endes deren gleichberechtigte Mitglieder seien. In einem dritten Schritt plädierte Basch für eine Solidarität Deutschlands mit den Ungarndeutschen, was allerdings mit den Ansichten des UDV-Vorsitzenden Gratz nicht vereinbar war. Denn Gratz legte Wert auf die Feststellung, der Volksbildungs-

338 „Die Bildung einer deutschen nationalen politischen Partei, der sich Anhänger verschie- dener politischen Weltanschauungen anschließen würden, würde besagen, daß der ungar- ländische Deutsche tatsächlich nur für eigene Bestrebungen Interesse hat, den großen staat- lichen Problemen aber fremd, kalt und gleichgültig gegenübersteht.“ GRATZ, Probleme, S. 92. 339 BASCH, Deutschtum, S. 16 f. Die Deutschen stellten in 13 Wahlkreisen eine absolute Mehrheit, in sieben eine große Minderheit. Bereits in der damaligen Fachliteratur wurde darauf hingewiesen, dass die Ungarndeutschen in 10 bis 15 Wahlkreisen die Chance hätten, eigene Kandidaten ins Parlament zu wählen. Vgl. WERTHEIMER, S. 151. Tatsächlich ge- langten 1926 Ladislaus Pintér, Gustav Gratz und Jakob Bleyer mit Hilfe der Regierungs- partei ins Parlament. Johann Faul-Farkas und Guido Gündisch mussten allerdings auf eine Kandidatur verzichten. 340 Sonntagsblatt vom 7. November 1926. 341 BASCH, Deutschtum, S. 17. 342 Ebenda, S. 17 f.

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verein sei „nur in seiner sprachlichen Form und vielleicht auch in seiner Gemütsrich- tung“ deutsch, in seinem „Wesensinhalt“ aber ungarisch. Wortmeldungen „ausländi- scher Kreise“ zugunsten der Ungarndeutschen lehnte Gratz kategorisch ab und führte das Misstrauen der ungarischen Behörden genau auf solche Stimmen zurück.343 Wie sehr Gratz damit die Stimmung in seinem Land wohl richtig einzuschätzen wusste, zeigte eine Mitteilung des ungarischen Außenministeriums an das Innenmi- nisterium, die einen Bericht der Ungarischen Studentenkommission für das Ausland (Magyar Diákkülügyi Bizottság) über den Vortrag von Basch enthielt. Diesem zufolge wurde die ungarische Nationalitätenpolitik vom Referenten „aufs Schärfste kritisiert“, der Ton seines Vortrags habe dem „extremsten Pangermanismus“ entsprochen. Als besonders unverschämt brandmarkte der Mitarbeiter des Außenministeriums, dass Basch alle Kulturleistungen in Ungarn den Deutschen zugeschrieben habe.344 Um in Zukunft solche Vorträge zu verhindern, bat das Außenministerium das Innenministe- rium, Auslandsreisen von Basch künftig zu unterbinden.345 Ab dieser Zeit stand 346 Basch deshalb unter ständiger Beobachtung der politischen Polizei. Der ursprünglich im national-magyarischen Geist erzogene Basch wurde von die- sem Studienaufenthalt in München entscheidend geprägt. Zu dieser Zeit verbrachten unter anderem Max Albert und Heinrich Neun (1903-1974) ihre Auslandssemester im Deutschen Reich. Die meisten beteiligten sich an der Arbeit der Volkstumsverbände, manche, wie Sebastian Lakner, schlossen sich reichsdeutschen Studentenverbindun- gen an, die sich intensiv mit den Auslandsdeutschen beschäftigt hatten.347 Die für die politische Mobilisierung geeignet erscheinende Idee der Volksgemeinschaft, die sich die im Reich ausgebildeten jungen Ungarndeutschen zu eigen gemacht hatten, begann sich gerade in der Zeit zu verbreiten, als Bleyer aufgrund seiner ethnopolitischen Er- folglosigkeit intensiv darüber nachdachte, welche neuen Wege er als Anführer seiner Minderheit in Zukunft einschlagen sollte. Basch wurde nach Abschluss seiner Studien auf der Jahreshauptversammlung am 20. August 1928 zum Kultursekretär des UDV gewählt. Als solcher besuchte er die Ortsgruppen des Vereins und lernte die Lage in den ungarndeutschen Dörfern erst richtig kennen. Das Bild, das er von den „Neuanfängen der ungarischen Nationalitä- tenpolitik“ in seinem Münchner Vortrag noch sehr optimistisch und positiv gezeich- net hatte, erwies sich als mit der Realität vor Ort kaum oder gar nicht vereinbar. Der

343 GRATZ, Probleme, S. 82, 86 u. 99 f. 344 Basch zitierte tatsächlich Matthias Bél aus dem Jahre 1730 und Pulszky aus dem Jahre 1884, die in ihren Schriften die deutschen Kulturleistungen in den ungarischen Städten ge- würdigt hatten, zählte bekannte Persönlichkeiten deutscher Abstammung in Ungarn auf und stellte daraufhin die Frage: „Sind das nun nicht alles handgreifliche und unleugbare Beweise dafür, dass das Deutschtum in Ungarn dem Heimatlande nur zum Nutzen sein kann?“ Die Grundthese seiner Ausführung wiederum lautete: „Magyaren und Deutsche ha- ben bis zum heutigen Tage in Ungarn eine gemeinsame Zivilisation. Sie war in mancher Beziehung ihr gemeinsames Werk.“ BASCH, Deutschtum, S.14 f. 345 MOL, ME. K 28. Cs. 99. T. 206. Schreiben des Außenministeriums vom 17. Juli 1926. 346 Ebenda, Schreiben des Innenministeriums vom 30. September 1926. 347 Nachlass Adam Schlitt Sinsheim. Lebenslauf von Sebastian Lakner.

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Vereinstätigkeit wurden überall Hindernisse in den Weg gelegt, in einigen Komitaten war sie überhaupt verboten, viele Anhänger des Vereins wurden durch polizeiliche Maßnahmen terrorisiert und eingeschüchtert, die Schulfrage erwies sich als unlösbar und selbst im kirchlichen Bereich wurde die Muttersprache systematisch diskriminiert. Im selben Jahr, als Basch seine Vereinstätigkeit aufnahm, proklamierte Graf Pál Teleki, einer der führenden Repräsentanten des Horthy-Regimes, seine These der dreierlei Minderheiten: Nach Ansicht Telekis hatte nur die „Zwangsminderheit“, nämlich alle magyarischen Minderheiten in den Nachbarländern Ungarns, Anspruch auf einen Minderheitenschutz, während er allen übrigen keinen solchen zubilligte.348 Die Nationalitätenpolitik der Bethlen-Regierung neigte immer mehr dazu, solche An- sichten zu ihrer Grundlage zu machen, und der UDV verkümmerte zu einer Statisten- rolle. Nachdem die Regierung im Herbst 1930 den UDV als ein Instrument der reichs- deutschen, offensiv angelegten Volkstumspolitik verurteilt hatte349, die eine von Budapest angestrebte Verständigung mit der Reichsregierung in Richtung einer Zu- sammenarbeit deutscher und magyarischer Minderheiten in den Nachbarländern abge- lehnt hatte, verlor die Regierung jegliches Interesse, einen solchen „unpatriotischen“ Verein weiterhin zu unterstützen. Damit war die ursprüngliche Konzeption des Ver- eins, nämlich in ständiger Zusammenarbeit mit der Regierung ungarndeutsches Iden- titätsmanagement zu betreiben, gescheitert. Bleyer selbst kommentierte 1932 die Lage realistisch mit folgenden Worten: „Der von mir seit 15 Jahren befolgte Weg hat sich als eine Sackgasse erwiesen.“350 Und der Vereinsvorsitzende Gustav Gratz bezeichne- te das Jahr 1932 als die „Zeit der absoluten Hoffnungslosigkeit“ und stellte 1938 rückblickend fest: „Zu den tiefsten Gründen der Spaltung, welche sich später im Ver- ein vollzogen hat, gehören die Nachwirkungen jener seelischen Depression, die sich des ungarländischen Deutschtums im Jahre 1932 bemächtigt hatte.“351 1931 gründete Bleyer die Deutsche Arbeitsgemeinschaft, die frei von den Fesseln, die dem Verein von der Regierung angelegt waren, die Aufgabe erhielt, einen Aus- weg aus der Sackgasse zu suchen und „eine parallele Volkstumsarbeit“ zum Verein zu entfalten, worunter die in ihr versammelten Jungakademiker nicht zuletzt eine poli- tische Mobilisierung der Ungarndeutschen verstanden. Auf der im August 1932 abge- haltenen Sitzung der Arbeitsgemeinschaft trat Franz Basch für die Mobilisierung aller Deutschen in Ungarn unter der Losung der deutschen Volksgemeinschaft ein und plä- dierte dafür, sich wirtschaftlich und politisch als Interessenverband zu organisieren und bei der Wahl der Dorfrichter, -notare und -geistlichen stets die Bedürfnisse der deutschen Bevölkerung zu berücksichtigen.352 Während der pragmatische Franz Ro-

348 Die Parlamentsrede aus dem Jahre 1928 wurde später zu einer Studie ausgeweitet. – TELE- KI, Nationalitätenpolitik. 349 MOL, ME. K 28. Cs. 13. T. 57. Memorandum vom 18. November 1930: Die Lage der Sprachminderheiten in Rumpf-Ungarn. 350 GRATZ, Probleme, S. 17. 351 Ebenda, S. 23. 352 Bundesarchiv Koblenz (= BA) R 57 neu, 1155, Heft 17. Verhandlungsbericht über die am 20.-21. August 1932 abgehaltene Sitzung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft.

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then sich um die Organisation bemühte, konzentrierte sich Basch auf die programma- tische Grundlegung der in eine neue Richtung weisenden Aktivitäten. Die Anfänge dieser neuen Richtung waren zunächst sehr bescheiden, vom Tod Ja- kob Bleyers überschattet, vom Richtungsstreit innerhalb des UDV bis zum Jahre 1935 überdeckt und durch reichsdeutsche Verbände und Regierungsstellen nur zum Teil abgesichert, zum Teil auch in Frage gestellt, da die NS-Reichsregierung aus außenpo- litischen Gründen der regierungstreuen Gratz-Fraktion bis 1936 demonstrativ den Vorzug gab. Nach dem Tod Bleyers im Dezember 1933 setzte sich mit der Wahl eines „Rates der Sieben“ der Arbeitgemeinschaft eine neue Führung durch, die die Arbeit des Ver- eins lenkte, auch wenn der Verein nach außen weiterhin von Gustav Gratz repräsen- tiert wurde.353 Diesem Rat gehörten an: Franz Basch, Johann Faul-Farkas, Ägidius Faulstich, Anton König, Franz Kußbach, Heinrich Mühl und Franz Rothen. Aufgrund einiger organisatorischer Erfolge zeichnete sich ein Stimmungswechsel ab, den der am 6. Mai 1934 zum Generalsekretär des Vereins gewählte Basch auf der Jahres- hauptversammlung im August 1934 in seiner Rede wie folgt artikulierte: „Etwas weit über menschliches Tun und Wollen Hinausragendes ist hier am Werk: Die Idee vom heiligen Recht der Volksgruppen, die zu den gewaltigsten des 20. Jahrhunderts gehört und die ungarischen Volksgruppen mit derselben magischen Kraft leitet, treibt und wachsen lässt wie die deutschen und alle anderen. [...] Dieser Idee von Volksrecht und kulturellem Selbstschutz der Volksgruppen können weder Berge noch Bollwerke entgegenstehen.“354 Eine neue Herausforderung nicht nur für den Verein, sondern auch für die ungari- sche Öffentlichkeit bot die Rede von Franz Basch am 19. November 1933 in der Ge- meinde Bátaapáti (Komitat Tolna), in der er erklärte: „Ein jeder, der zu uns gehört und der ohne Zwang seinen ehrlichen deutschen Namen hergibt, hat es auch nicht verdient, daß er ihn bisher in Ehren getragen hat.“ Der Obernotär von Bátaapáti ent- zog ihm daraufhin das Wort, löste die Versammlung auf und erstattete Anzeige „we- gen Schmähung der ungarischen Nation“.355 Im daraufhin eröffneten Prozess gegen Franz Basch wegen „Schmähung der unga- rischen Nation“ wurde er in erster Instanz am 28. September 1934 zu drei Monaten Gefängnis und zum einjährigen Verlust seiner politischen Rechte verurteilt.356 Auf di-

353 BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 21. 354 Sonntagsblatt vom 26. August 1934. 355 BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 38. 356 Aus der mündlichen Urteilsbegründung wird Folgendes überliefert: „Die Namensmagyari- sierungsaktion ist eine spontane Ausgestaltung der ungarischen nationalen Seele und liegt im Interesse der nationalen Einheit Ungarns, die unbedingt angestrebt werden muß. Höchs- tes Ziel ist das Einswerden der Nation in Sprache und Namen. Da dieser Ausdruck der un- garischen nationalen Seele von einem jeden ehrlich-patriotisch denkenden Staatsbürger selbstverständlich hochgeschätzt werden muß, so ist eine Stellungnahme dagegen unbe- dingt als eine Schmähung und Geringschätzung der ungarischen Ehre und der ungarischen nationalen Seele zu werten.“ Strafverschärfend wirkte sich aus, dass Basch führendes Mit- glied des UDV war, da nach Ansicht des Gerichts der Verein „eine antipatriotische [und] ungünstige Atmosphäre“ verbreite, „in der patriotisch fühlende und denkende Staatsbürger

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rekte Weisung des ungarischen Ministerpräsidenten Gömbös ging der Prozess in die nächste Instanz und Basch wurde vom Königlichen Tafelgericht in Fünfkirchen am 17. April 1935 zu fünf Monaten Gefängnis und zum Verlust seiner politischen Rechte auf drei Jahre verurteilt. Durch Berufung des Angeklagten gelangte sein Fall vor die höchste Instanz in Budapest, die am 24. Juni 1936 das Urteil in vollem Umfang bestä- tigte. In der Urteilsbegründung wurde Basch vorgeworfen, dass er mit seiner Äuße- rung das „Ungarntum in den Augen der deutschen Minderheit als minderwertige Ras- se hingestellt“ habe, „an die sich zu assimilieren mit einem Wertverlust für den Betreffenden verbunden sei“.357 Selbst Gustav Gratz bezeichnete gegenüber dem Gesandten Mackensen das Urteil als „zu hart“ und erklärte sich bereit, für die Rehabi- litierung von Basch die Initiative zu ergreifen. Er schlug dem Verurteilten vor, ein Gnadengesuch beim Reichsverweser Horthy einzureichen, was dieser allerdings ent- schieden ablehnte.358 Am 9. September 1936 trat Basch in Fünfkirchen seine Gefängnisstrafe an. Im Reich und in den Kreisen des Auslandsdeutschtums wurde er in den Monaten seiner Haft als Märtyrer und Opfer ungarischer Unterdrückung gefeiert. Der Basch-Mythos war geboren. Er stand im Mittelpunkt gehässiger Angriffe seitens der ungarischen Öffentlichkeit und großer Beifalls- und Solidaritätskundgebungen innerhalb seiner Minderheit, im Auslandsdeutschtum und im Reich. Der verurteilte Basch stieg da- durch in die erste Reihe der ethnopolitischen Akteure auf. Er wirkte polarisierend und mobilisierend zugleich. Das hatte bereits seine vergebliche Kandidatur bei den Parlamentswahlen im März 1935 im Wahlkreis Bonyhád gezeigt. Ein Augenzeuge erinnert sich: „Ich war gerade 16 Jahre alt als die sogenannte ,Dr. Basch-Wahl‘ stattfand. Zu dieser Zeit war ich schon sehr aktiv im Einsatz [...] Gegenkandidat zu Dr. Basch war Dr. Becar [Gyula Pekár]. Unsere Schule diente als Wahllokal. Die Vertrauensleute ließen jedoch zunächst nur diejenigen zur Wahlurne, von denen sie wußten, daß sie Dr. Becar wählten. Gelegent- lich, um den Anschein der demokratischen Wahl zu wahren, ließ man auch eine Gegen- stimme, also eine Stimme für Basch, zu. Allmählich entstand Empörung über dieses Ver- halten der Vertrauensleute. Die Bevölkerung war von dieser Machenschaft – Schwindelei entsetzt [...]. Eine ziemliche Anzahl von Menschen alt und jung sammelten sich vor dem Wahllokal auf der Straße an und es wurde über das Verhalten Kritik geübt. Dann kam die Gendarmerie mit aufgepflanzten Bajonetten. Das Wahllokal wurde geschlossen, die Men- schen auseinandergetrieben, so als wären sie Verbrecher. Wir jungen Burschen kletterten auf die Hofställ, eine Erhöhung, von welcher aus wir die Schule sehen konnten und schrie- en aus voller Kehle: ,Hoch lebe Dr. Franz Basch!‘“359 Der seit 1932 schwelende Richtungsstreit im UDV erreichte 1935 seinen Höhe- punkt. Empört über die Parlamentskandidatur von Basch und Kußbach verlangte die

in ihrem Bestreben, sich der ungarisch-patriotischen Einheit anzuschließen und zu diesem Zwecke auch ihre Namen abzuändern und ungarische Namen aufzunehmen, mit verschie- denen seelischen Mitteln behindert werden“. – Sonntagsblatt vom 7. Oktober 1934. 357 Nation und Staat 9 (1935/36), S. 707. 358 BA R 18/3329. Bericht der deutschen Gesandtschaft vom 30. Juni 1936. 359 Nachlass Adam Schlitt Sinsheim: Lebenslauf von Martin Kolb aus Möcsény.

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Regierung über ihren Vertrauensmann, Dr. Márton Richter: „Es genügt nicht, dass die Regierung im Interesse der Sicherung der ungarischen patriotischen Interessen eine Anzahl Delegierter in die Vereinsleitung entsendet, es dürfen vielmehr nur solche in dieser Leitung sitzen, die bezüglich ihrer ungarischen Gesinnung eine vollkommene Gewähr bieten.“360 Gratz verpflichtete sich nun, den „Fall Basch“ im Rahmen der Vereinsführung zu „erledigen“, woraufhin die Regierung ihre Absicht, den UDV aufzulösen, fallen ließ.361 Auf der Vollzugsausschusssitzung vom 14. Juni 1935 prangerte Gratz die volksdeutsche Richtung in der Vereinsführung an und betonte, dass Führungsmitglie- der ohne Genehmigung des Vorstands keine politische Aktivität entfalten dürften. Während aber Kußbach als Schwiegersohn Bleyers trotz seiner Kandidatur von Gratz in Schutz genommen wurde, sollte Basch aus der Vereinsführung entfernt werden. Gratz sprach sich für eine „Beurlaubung“ des Generalsekretärs Basch aus, bis das endgültige Gerichtsurteil in seiner Sache vorliege. Doch Professor Huß verlas im Namen von Gleichgesinnten eine Protestnote und kündigte den demonstrativen Aus- zug aller volksdeutschen Aktivisten aus dem Verein an. Diese vereinigten sich in der daraufhin gegründeten VK unter der Führung von Professor Richard Huß, Franz Basch und Ägidius Faulstich. Die im November 1935 gegründete Zeitschrift Deutscher Volksbote wurde zum Forum heftiger Auseinander- setzungen mit dem UDV unter Gustav Gratz. Aufgrund einer diplomatischen Intervention Berlins wurde Basch am 9. Januar 1937 vom Reichsverweser Horthy amnestiert und freigelassen. Er nahm seine Tätig- keit „im Gelände“, wie er seine Einsätze in den ungarischen Dörfern nennt, sofort wieder auf. Der UDV verlor deutlich an Boden und die VK wurde nun eindeutig so- wohl vom Auswärtigen Amt als auch von der VoMi favorisiert. Im Rahmen des Staatsbesuchs der ungarischen Regierung in Berlin vereinbarten die beiden Staatssekretäre von Mackensen und Tibor Pataky die Legalisierung der VK und einigten sich auf Franz Basch als zukünftigen Leiter einer neuen ungarndeut- schen Vereinsorganisation. Die legalisierte VK nahm den Namen Volksbund der Deutschen in Ungarn (VDU) an. Die Gründungsversammlung des Volksbundes fand am 26. November 1938 im Budapester Eisenbahner- und Schifffahrtsklub statt, die Festrede hielt Franz Basch, den die an die tausend versammelten Repräsentanten der „Volksgruppe“ akklamatorisch zum Vorsitzenden wählten. Nachdem die ungarische Regierung verhinderte hatte, dem Volksbund das Recht zu gewähren, sich wie die Deutschen in der Slowakei als Volksgruppe zu organisie- ren, wurde sie nach Unterzeichnung des Zweiten Wiener Schiedsspruchs am 30. Au- gust 1940 vom Deutschen Reich dazu gezwungen, eine bilaterale Vereinbarung abzu- schließen, die alle bis dahin vergeblich geforderten Rechte des Volksbundes als aus- schließliche Volksgruppenorganisation aller Ungarndeutschen gewährleistete. Basch wurde de facto als Vorsitzender der Volksgruppe bestätigt.

360 Zit. nach: Nation und Staat 8 (1934/35), S. 400. 361 GRATZ, Probleme, S. 29 ff.

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Der 26. November 1938 und später auch der 30. August 1940 wurden von der Volksbundführung als großer Sieg gefeiert, obwohl sie an den betreffenden diploma- tischen Vorbereitungen nicht beteiligt war. Franz Basch kommentierte die Volks- bund-Gründung tags darauf: „Im Laufe des letzten Jahres hatte ich des öfteren Gelegenheit, mit ungarischen Politikern im In- und Ausland zu sprechen. Im Banne der stets aufrichtig geführten Aussprachen fand ich unter diesen Männern keinen einzigen, der schließlich nicht zugegeben hätte, daß in der praktischen Behandlung der deutschen Volksgruppenfrage in Ungarn endlich grundsätz- licher Wandel geschaffen werden müsse.“362 Offenbar ist Basch selbst der Suggestion erlegen, die ungarische Regierung habe in Revision ihres bisherigen nationalitätenpolitischen Kurses ihr Plazet zur Gründung der Volksgruppenorganisation gegeben. Der Kampf in den anschließenden Monaten um die Bewilligung der Volksbund-Satzung sollte ihn eines Besseren belehren. Es gab keinen Wandel in der Nationalitätenpolitik der ungarischen Regierung, sondern nur eine durch äußeren Druck herbeigeführte Anpassung, die an der fortgesetzten Hinhaltetaktik wenig änderte. Der Volksbund unter Basch wurde nicht als Organ der Interessenvertretung akzeptiert, sondern als unliebsames Instrument fremder Macht- interessen angesehen und weiterhin systematisch diskriminiert. Im Ergebnis blieb der Volksbund wieder nur ein Kulturverein, und die ungarische Regierung tat bis zum Spätsommer 1940 alles, um es dabei zu belassen. Ihre grundsätzliche Inkonsequenz lag darin, dass sie aus Gründen ihrer ganz einseitig auf die magyarischen Minderhei- ten festgelegten Sicht der Minderheitenproblematik im Allgemeinen und in Verken- nung der tatsächlichen Machtverhältnisse im Besonderen noch immer nicht zur Ein- sicht gelangt war: Will sie ihren revisionspolitischen Kurs fortsetzen, dann ist sie auch weiterhin auf die außenpolitische Hilfe des Dritten Reiches angewiesen. Benö- tigt sie aber diese Hilfe, dann wäre es klüger, von sich aus die deutsche Minderheit mit deren Forderungen zufriedenzustellen, als sich in Form eines weiteren Diktats (nämlich des vom 30. August 1940) ihren nationalitätenpolitischen Kurs vorschreiben zu lassen. Eine rechtzeitige, eine solche Richtung einschlagende Initiative seitens der ungarischen Regierung (wie sie auch von Innenminister Kozma vorgeschlagen wur- de) hätte ihr – aber nicht nur ihr, sondern auch der deutschen Minderheit – mehr poli- tischen Spielraum belassen. Der am 30. August 1940 vollzogene Akt der weitgehen- den Auslieferung dieser Minderheit an das Deutsche Reich war für beide Seiten, für den Staat Ungarn wie für die deutsche Minderheit, ein überaus verhängnisvoller Schritt. Denn 1940 waren die Ungarndeutschen das politische Opfer für die Annexion Nordsiebenbürgens, das 1945 bereits wieder verloren gegangen war. Die Annexion erwies sich als ein sehr kurzfristiger Gewinn, die Vertreibung vieler der Kollaboration mit dem Dritten Reich beschuldigter Ungarndeutschen jedoch als ein endgültiger Ver- lust. Basch wurde von den ab 1940 aus Berlin nach Budapest entsandten Beratern der VoMi in der Volksbundführung selbst schrittweise marginalisiert. Als Ansprechpart- ner der ungarischen Regierung und als charismatischer Akteur, der seine Landsleute

362 Günser Zeitung vom 27. November 1938.

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für die Ziele des Volksbundes begeistern konnte, wurde er noch gebraucht. Er diente den im Deutschen Haus sich breit machenden NS-Anhängern, deren Lager durch die Volksdeutschen aus der Batschka und Nordsiebenbürgen aufgrund der Revisionser- folge 1940 und 1941 ganz wesentlich verstärkt wurde, nur mehr als Gallionsfigur. 1944 wurde er auch gezwungen, seine seit 1928 praktizierte Lebensgemeinschaft mit der Jüdin Klára Spieler aufzugeben und eine seiner Sekretärinnen zu ehelichen.363 Im Februar 1945 setzte ihn die ungarische Regierung auf die Liste der Kriegsverbrecher, übrigens als einzigen Ungarndeutschen. Mit ihm saßen alle Ungarndeutschen auf der Anklagebank und wurden in einem Schauprozess verurteilt, Basch selbst zum Tod, seine Landsleute zum Verlust ihrer Heimat. Ausgerechnet in Bezug auf den entscheidenden Zeitabschnitt der Jahre 1932-1938 wissen wir über die politischen Ansichten von Basch selbst so wenig, dass es derzeit nicht möglich ist, eine quellengestützte und damit gesicherte Beurteilung der Frage nach seiner politischen Einstellung vorzunehmen. Wie bei mancher historischen Quelle werfen die Akten des Volksgerichtsprozesses 1945/46 mehr Fragen auch zu diesem Komplex auf, als durch sie beantwortet werden können. Dessenungeachtet soll nun zum Abschluss dieses Kapitels der Versuch gemacht werden, ein – wenn auch nur skizzenhaftes – Bild der Persönlichkeit von Franz Basch zu zeichnen und einige Grundzüge hervorzuheben. Gleich zu Beginn seines Lebenswegs als Erwachsener fällt auf, dass dieser von Anfang an von Konfrontationen gekennzeichnet war, die schon sehr früh in ihm eine Sensibilität für solche Situationen geweckt haben mussten, in denen ein Mensch An- klage und Verurteilung durchzustehen hat. In der ersten Konfrontation am Beginn seiner Studentenzeit vermochte er einer drohenden Verurteilung zu entgehen, in der zweiten mit dem ungarischen Schriftsteller Dezső Szabó sprach er noch über sich selbst das Urteil, nämlich sein ursprüngliches Lebensziel, ungarischer Schriftsteller zu werden, aufzugeben. Seine dritte Konfrontation, diesmal bereits mit der ungarischen Staatsgewalt, endete mit einer Verurteilung und die vierte kostete ihn das Leben. Eine fünfte Konfrontation, die ihn sein ganzes Leben lang begleitet hat und ihrer Natur nach außerhalb dieser Reihe steht, war eine psychische, nämlich die Konfrontation mit seiner schwer angegriffenen Gesundheit, seinem Lungenleiden, das seinem Ak- tionsradius, seiner Vitalität, seiner Contenance und seiner Leistungsfähigkeit enge Grenzen gesetzt hat. Wir haben es bei Basch mit einem introvertierten, dennoch charismatischen, füh- rungsbegabten Menschen zu tun mit vielseitigen, konkret musisch-ästhetischen, phi- losophischen, historischen und literarischen Interessen. Er scheute sich nicht, Verant- wortung zu übernehmen und Macht auszuüben, auch wenn er Letzteres sowohl seinen eigenen als auch fremden Aussagen zufolge nicht immer freiwillig tat. Dies alles ge- schah aus Pflichtgefühl und aus einer Berufung heraus, die seiner Fähigkeit zur An- passung an Situationen wie an Konstellationen auch ganz deutliche Grenzen gesetzt hat. Sein Sendungsbewusstsein muss bereits schon sehr früh einen wesentlichen Teil

363 Aussage von Klára Spieler in: Akten des Volksgerichtsprozesses gegen Franz A. Basch, S. 128.

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seiner Identität ausgemacht haben, auch wenn es erst im Lauf der Zeit, spätestens nach seinem Studienaufenthalt in Deutschland, zu einer deutlicheren Orientierung kam. Zweifellos vermochte er in seinem Auftreten gewinnend und anziehend und damit integrierend wirken, was beinahe alle Personen, die ihn näher gekannt haben, bezeugen. Sein offenbar angeborener Stolz (vielleicht aus mütterlicher, Schweizer Wurzel) war sicherlich der auslösende Faktor für seine erste Konfrontation im Buda- pester Krankenhaus und der inhaltliche Kern derselben, sollten doch Ethnopolitik und Minderheitenidentität zum Leitmotiv seines Lebens werden, nachdem er sich durch die Konfrontation mit Szabó zur Einsicht gezwungen sah, dass aus ihm aus „rassisch- ethnischen Gründen“ kein ungarischer Schriftsteller mehr werden könne. Doch diese stillschweigende Aneignung einer solchen rassistischen Argumentation machte ihn dennoch nicht zum Rassisten. Ein solcher „weltanschaulicher Mangel“ sollte ihm in Verbindung mit seiner knapp anderthalb Jahrzehnte währenden Lebensgemeinschaft, die er mit der Jüdin Klára Spieler eingegangen war, in der nationalsozialistischen Ära noch schwer zu schaffen machen. Sein privater und angesichts der Erwartungen und Wertvorstellungen seines Umfeldes sehr abweichender Lebenswandel weist darauf hin, dass Basch ursprünglich weder Opportunist noch Nationalsozialist war. Das An- gebot einer Zusammenarbeit mit der SS und ihrem (SD), das ihm Fritz Valjavec (1909-1960) 1936 machte364, wies er damals noch entschieden zurück und darüber zerbrach auch seine langjährige Freundschaft mit Fritz Valjavec (1909- 1960).365 Doch einige Jahre später, nach dem Volksgruppenabkommen von 1940, diente er bereits als Volksgruppenführer der SS und damit dem nationalsozialistischen Regime und wurde in Ungarn wie in Deutschland als führender Repräsentant des Na- tionalsozialismus wahrgenommen. Seine Bemühungen, an einmal gewonnenen Über- zeugungen festzuhalten, führten ihn in ausweglose Situationen und Konfliktlagen, die er keineswegs zu bewältigen vermochte. Lageanalyse und Kräfteeinschätzung waren offenbar nicht seine Stärke. Dazu waren sein Handeln und sein Denken zu gefühlsbe- stimmt. Damit in Zusammenhang steht auch, dass er sich stets an ziemlich unklaren Zielvorstellungen orientierte, und es genügte ihm offenbar, die Richtung eindeutig zu bestimmen, nämlich die politische und gesellschaftliche Emanzipation der von ihm vertretenen Minderheit. Da ihm darüber hinaus nicht klar war, was er eigentlich kon- kret durchsetzen wollte, war er sich auch sehr unsicher in der Frage, mit welchen Mit- teln und Methoden er sein selbst gesetztes Ziel erreichen wollte. Diese Unsicherheit verrät auch sein in solchen Fragen sehr wolkiges „Generationsprogramm“, demzufol- ge Emanzipationsfortschritte nur innerhalb eines längeren Zeitrahmens erreichbar wä- ren. Taktisch neigte er daher dazu, seinen Mitstreitern Konzessionen zu machen und Dinge zuzulassen, die ihm als bloße Äußerlichkeiten und unbedeutend erschienen, ohne deren Folgen richtig einzuschätzen oder zur Kenntnis zu nehmen. Es entsteht der Eindruck, dass er den Nationalsozialismus und die hinter ihm stehenden Kräfte als

364 Nachlass Valjavec, Korrespondenz, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München; Briefe von Valjavec an Basch vom 22. Februar und 6. Juni 1936. Im zweiten Brief beschwerte sich Valjavec: „Die bewussten Aufzeichnungen habe ich noch immer nicht bekommen.“ 365 SPANNENBERGER, Nachwuchswissenschaftler, S. 206.

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Instrument, als Vehikel der von ihm betriebenen Mobilisierung seiner Volksgruppe einstufte und anfänglich vielleicht tatsächlich daran glaubte, Nationalsozialismus und Drittes Reich zu diesem Zweck einsetzen, ja benützen zu können. Als er infolge die- ser katastrophalen Fehleinschätzung bereits selbst zum Instrument der von ihm geru- fenen Kräfte geworden war, versuchte er, seinen politischen Spielraum dadurch aus- zuweiten, dass er Budapest und Berlin gegeneinander auszuspielen suchte. An diesem Punkt wird wieder deutlich, dass er von Politik und ihren Spielregeln, insbesondere in einer Diktatur, wenig begriffen hatte. Solche Versuche bewirkten nur, dass die Schlinge, in der sein Kopf bereits steckte, immer enger gezogen wurde. Eine totale Kontrolle seitens der SS und eine zunehmende Isolierung seiner Person auch inner- halb der Volksgruppenführung waren die Folge seiner widersprüchlichen Tätigkeit in den Kriegsjahren. Konsequenzen daraus zu ziehen und von seinem Amt zurückzutre- ten, dazu erwies er sich als körperlich zu schwach und seelisch zu feige, wie das auch Klára Spieler 1945 bestätigt hat. Doch nicht nur die Angst vor dem Tag nach dem Rücktritt fiel hier ins Gewicht, sondern auch sein ausgeprägtes Ehrgefühl, das ihn daran hinderte, die Gruppe und ihre Organisation, die er als sein Lebenswerk aufge- baut hatte, in der schwersten Zeit im Stich zu lassen. Basch hat wenig Probleme gehabt, Macht auszuüben, auch wenn einige seiner Aussagen dies suggerieren möchten. Sein Problem lag vielmehr darin, mit den von außen gesetzten Grenzen seiner Macht zurechtzukommen. Seine häufigen Rücktritts- drohungen hatten den Zweck, diese Grenzen zu erproben und nach Möglichkeit ein wenig zu erweitern. Eine solche plumpe Methode zeigt aber auch, dass ihm das politi- sche Geschäft mit seinen Tricks, Finten und Raffinessen nicht lag und er es wahr- scheinlich aufgrund seiner ästhetisch-musischen Orientierung sogar ablehnte. Seine zahlreichen Gegner innerhalb des Volksbundes, die dieses Geschäft besser beherrsch- ten, konnten ihn deshalb rasch übertrumpfen, vermochten jedoch nicht, ihn gänzlich auszuschalten. Sie scheiterten an seiner Popularität und seiner Fähigkeit, Menschen für sich zu begeistern und einzunehmen. Im Gegensatz zu seinen „innerparteilichen Gegnern“ bevorzugte Basch die stille Diplomatie, die Kunst der Vermittlung, des Ausgleichs und des Dialogs. Zu seinem Unglück waren gerade in der Epoche, die ihm eine politische Spitzenstellung bescherte, solche Fähigkeiten immer weniger gefragt. Die Rolle, die Basch seit 1940 zugewiesen war, nämlich seine „Volkstumsarbeit“ unter Rahmenbedingungen und mit Methoden anzustreben, die schließlich dieses Ziel zunichte machten, indem sie die Existenzgrundlagen dieser Minderheit zerstörten, diese Rolle war selbstverschuldet, auch wenn er aus der Perspektive seiner Berliner Befehlsgeber bereits zu einem kleinen Rädchen innerhalb der Befehlskette herabge- sunken war und sich damit die Frage stellt, über welchen Entscheidungsfreiraum er noch verfügte. Die emotionale Faszination der von ihm angestrebten „Volksgemein- schaft“ war zu groß und seine Fähigkeiten als Politiker waren zu gering, um die nach 1937/38 einsetzende und nach 1940 vollends durchgesetzte nationalsozialistische In- strumentalisierung seiner ethnischen Emanzipationsbewegung, der er charismatisch beträchtlichen Schwung verliehen hatte, rechtzeitig zu durchschauen, diese Instru- mentalisierung zu verhindern. Er hätte sich nur durch seinen Rücktritt davon distan- zieren können, doch dazu fehlte ihm wahrscheinlich nicht nur der Mut, sondern auch

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die realistische Einschätzung seiner Handlungsoptionen. Die eigentliche Tragik seines Lebens ist darin zu sehen, dass es für das falsche, manipulierte und manipulierbare Konzept der „Volksgruppenorganisation“ weit und breit keine Alternative zu geben schien, wie sein legitimes Ziel der Gruppenemanzipation hätte verwirklicht werden können. Sein grundsätzlicher Fehler, von der Rechtmäßigkeit seines Zieles eine Legi- timität der Methoden zur Erreichung dieses Zieles abzuleiten, wird aus einer solchen Alternativlosigkeit heraus verständlich, wobei die wachsende Unduldsamkeit des Horthy-Regimes allen Minderheiten gegenüber seine Grundüberzeugung, dass die Ethnopolitik dieser Epoche über keinen anderen Ausweg verfügte, noch entscheidend verstärkt hat. Als Protagonist eines verbrecherischen Regimes war Basch sicherlich ein zur Ver- antwortung zu ziehender Täter. Der Volksgerichtsprozess, der sich dieser Aufgabe unterziehen sollte und Basch am 18. Januar 1946 wegen Kriegsverbrechen zum Tod verurteilte, machte Basch allerdings zum Opfer einer politischen Justiz, in der das Ur- teil von vornherein festgestanden hatte. Daran konnten auch die erstaunlich freimüti- gen Zeugenaussagen u.a. von Gustav Gratz, Miklós Mester und Klára Spieler nichts ändern, die inhaltlich keineswegs der ihnen zugedachten Rolle als Belastungszeugen entsprachen.366 Basch selbst charakterisierte seine politische Rolle als Volksgruppen- führer in einem seiner Verhöre im Ermittlungsverfahren zum Prozess: „Der einen Sei- te mochten wir als Nazis erscheinen, der übrigen Welt als halb in der Entwicklung stehen gebliebene ‚Völkische‘.“367

6 Die Loyalität der Deutschen in Ungarn: Horthy oder Hitler – Eine Zusam- menfassung

Der Aufbau des ungarischen Nationalstaats im Verlauf des 19. Jahrhunderts zog als Reaktion bei fast allen nichtmagyarischen Bevölkerungsgruppen des Königreichs einen Gruppenbildungsprozess der Nationalitäten nach sich, der vor allem in der Pe- riode von 1867-1918 auch zur Bildung von Parteien und einer Reihe von Interessen- verbänden und -vereinen geführt hatte. Der Gruppenbildungsprozess der Ungarndeutschen setzte im Vergleich zu dem der übrigen Nationalitätenbevölkerung Altungarns allerdings erst verspätet nach der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ein und benötigte mehrere Phasen, bis er im Verlauf der 1930er Jahre zumindest kurzfristig durchgesetzt werden konnte. Auf dem Gebiet Trianon-Ungarns hat sich ein solcher Prozess im Verlauf des Ers- ten Weltkriegs allmählich angedeutet, um dann im Revolutionsjahr 1918/19 eine erste Zuspitzung zu erfahren. Meine zentrale These zielt darauf ab, dass die ungarische Eli- te von Anfang an und längere Zeit darin erfolgreich war, das Ungarndeutschtum als politische Ressource in ihre Politik einzubringen und diese Zielsetzung mit einem Deutungsmonopol über den Identitätsdiskurs zu verknüpfen. Damit wollte sie zwei

366 Akten des Volksgerichtsprozesses gegen Franz A. Basch, S. 109-131. 367 Aussage von Basch vom 19. Oktober 1945, ebenda, S. 45.

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ihrer obersten Ziele erreichen: die ethnische Homogenisierung Rumpf-Ungarns und die Revision der Pariser Friedensverträge. Denn nach 1918 wurde sehr rasch ein brei- ter gesellschaftlicher Konsens darüber erzielt, dass Altungarn an der Illoyalität seiner Nationalitätenbevölkerung zugrunde gegangen wäre. Zum wichtigsten Objekt der aus diesem Axiom abgeleiteten Magyarisierungspolitik wurde die größte verbliebene Minderheit im Lande, nämlich die deutsche mit mehr als einer halben Million, das waren 1920 sieben Prozent der Gesamtbevölkerung. In der ersten, bis 1921 andauernden Phase dieser Politik konzentrierten sich die Akteure der ungarischen Politik darauf, Minderheitenschutz als Mittel der Loyalitäts- sicherung einzusetzen. Nach dem endgültigen Verlust des Burgenlands war die zwei- te, bis zur Weltwirtschaftskrise andauernde Phase von Bestrebungen gekennzeichnet, auf der Ebene der Kommunalverwaltung jeglichen Gruppenbildungsprozess zu ver- hindern, auf nationaler Ebene jedoch einen solchen stark eingeschränkt zu gewähren, d.h. unter der Bedingung, das Deutungsmonopol der politischen Elite im nationalen wie im Gruppendiskurs anzuerkennen und die Gruppenbildung auf den kulturellen Bereich zu beschränken (was nebenbei bemerkt mit dem Folklorekonzept der kom- munistischen Nationalitätenpolitik nach 1945 vergleichbar ist). In den krisengeschüt- telten 1930er Jahren haben die politischen Akteure die Deutungshoheit über den Iden- titätsdiskurs der Ungarndeutschen endgültig verloren, mit scharfen Unterdrückungs- maßnahmen darauf reagiert und erst ab 1936/37 wiederum auf die Ungarndeutschen als politische Ressource im Kampf um die Durchsetzung ihrer Revisionsansprüche zurückgegriffen. Auf der Seite der deutschen Minderheit verband sich in dieser Perio- de ein neues Identitätsangebot mit einem expliziten und schließlich mobilisierend wirkenden Gruppenbildungsprozess. Eine tiefgehende Zäsur stellte dann das Wiener Volksgruppenabkommen vom 31. August 1940 dar, mit dem von den Akteuren das Konzept der ungeteilten Identität wie der ungeteilten Loyalität der Ungarndeutschen aufgegeben wurde und ein wechselseitig erbittert geführter Kampf zwischen dem Großdeutschen Reich und Ungarn um die nunmehr gemeinsam zu nutzende Ressour- ce Ungarndeutschtum entbrannte. Wenden wir uns nun der ersten Phase von 1918 bis 1921 zu. In ihr spielte Jakob Bleyer eine Schlüsselrolle, weil er als Repräsentant der ungarischen klerikal-konser- vativen Elite die Führungsrolle im Gruppenbildungsprozess der Ungarndeutschen übernahm, damit konkurrierende Konzepte und Versuche ausschaltete und – was das Wichtigste ist – den ungarndeutschen Identitätsdiskurs von vornherein ganz dem na- tional-ungarischen unterordnete, indem er in seiner Identitätskonzeption zwar von zwei Völkern, jedoch nur von einer Nation ausging. Seine bereits 1917 veröffentlichte „deutschungarische Ideologie“ verkündete als obersten Grundsatz die unteilbare Harmonie von Deutschtum und Ungartum, die nur der ungarische Staat garantieren und gewährleisten könne.368 Die hehrste Aufgabe der Deutschen in Ungarn sah er dar- in, „die national-ungarische Vorherrschaft im Staat nach allen Richtungen zu kräfti- gen“, und so „seien wir, die Deutschungarn, eben darum zu allen Opfern bereit, die uns im Namen dieser Vorherrschaft als Staatsnotwendigkeiten abverlangt werden“.

368 BLEYER, Németség.

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Deshalb verteidigte Bleyer ausdrücklich die Assimilation, konkret die Magyarisierung aller Deutschen, wenn sie aus dem bäuerlichen in das städtische Milieu überwechsel- ten, denn „nie und nimmer würde das Ungartum gestatten, daß das freiwillige Zu- strömen deutscher Fähigkeiten in das Sammelbecken ungarischer Kraft durch die Er- richtung künstlicher Schutzwälle verhindert werde“.369 Zutreffend stellte der deutsche Generalkonsul in Budapest, Egon Franz Graf von Fürstenberg (1869-1925), deshalb fest, Bleyer stünde „im Dienst der traditionellen magyarischen Nationalitätenpolitik und etwas stark unter klerikalem Einfluss“370. Bleyers kulturpolitisches Programm beschränkte sich darauf, die Bewahrung von Muttersprache und Kultur im deutschungarischen Dorf zu sichern, um dadurch zu- gleich jeder ethnopolitischen Emanzipationsbewegung von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen. Mit diesem Minimalprogramm eroberte er nicht nur die Her- zen der zahlreichen, bereits assimilierten Intellektuellen, sondern auch die ungarische Elite, die in Bleyer ein nützliches Instrument entdeckte, seine von ihm angeführten Deutschen als politische Ressource im Kampf um die Revision der Grenzen von 1918 einzusetzen. Seine eigenen Konkurrenten (wie Rudolf Brandsch oder Gustav Gün- disch) drängte Bleyer mit dem Vorwurf ins politische Abseits, sie seien „alldeutsche Träumer“371, wodurch er die pangermanische Bedrohung heraufbeschwor, die nach ungarischer Sichtweise gleich den anderen, nach Sezession strebenden Nationalitäten die Integrität des ungarischen Staates gefährde. Im Kampf um das Burgenland, dessen vertraglich geregelte Abtretung an Öster- reich die ungarische Politik mit allen Mitteln verhindern wollte, wurde Bleyer im Au- gust 1919 zum Leiter des Nationalitätenministeriums ernannt, dessen wichtigste Auf- gabe nach Aussage seines Sekretärs Antal Pótz darin bestand, „zwecks revisionisti- scher Bestrebungen dem Ausland zu demonstrieren, dass es in Ungarn eine ehrliche Nationalitätenpolitik gibt“372. Um sich der Loyalität der Minderheitenbevölkerung, vor allem der deutschen, zu versichern, wurde rasch eine Reihe von Minderheiten- rechten gewährt. Doch nach dem endgültigen Verlust des Burgenlands wurde Bleyer am 16. Dezember 1920 zum Rücktritt gezwungen und sein Ministerium ein Jahr spä- ter aufgelöst. Wie es aus der Sicht ungarischer Amtsträger in dieser Zeit um die Loyalität der deutschen Minderheit bestellt war, erhellen zwei Reaktionen auf eine Initiative des Staatssekretärs im Nationalitätenmisterium, György Steuer, der – kurz vor Auflösung seines Ministeriums – im Dezember 1921 die führenden Beamten der Komitate dazu aufforderte, Dorfnotärstellen mit Personen zu besetzen, die die Sprache der jeweiligen Nationalität beherrschen, „ansonsten würde die Führung der nichtungarischsprachigen Bevölkerung aus der Hand der Notäre gleiten und von Nationalitätenagitoren über-

369 Ebenda. 370 Zit. nach FATA, Jakob Bleyer, S. 57. 371 So in: Neue Post vom 10. und 15. Mai 1918. 372 Zit. nach SPANNENBERGER, Volksbund, S. 26.

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nommen“.373 In seiner Antwort argumentierte der Obergespan des Komitats Fejér ge- genüber Steuer, dass in seinem Komitat alle Deutschen bereits assimiliert seien. „Um die Nationalitätenfrage nicht künstlich wiederzubeleben“, lud er Steuer zu sich ein, um sich vor Ort von den Zuständen im Komitat zu überzeugen und die Gegenstands- losigkeit seiner Initiative einzusehen. Noch entschiedener fiel die Reaktion des Ober- gespans des Komitats Bács-Bodrog aus. Zum besseren Verständnis ist hier anzufüh- ren, dass aus diesem Komitat, d.h. aus dem bei Ungarn verbliebenen Teil, erst im Spätsommer dieses Jahres die Truppen des SHS-Staates abgezogen waren. In seinem direkt an den Ministerpräsidenten gerichteten Brief argumentierte er dahingehend, dass eine solche Initiative nicht nur unbegründet, sondern seiner Meinung nach gera- de im Hinblick auf die deutsche Bevölkerung seines Komitats sogar schädlich sei: Denn er habe Kontakt mit den Führern der Ungarndeutschen seines Komitats aufge- nommen, nämlich mit Imre Till aus Katymár und Dorfrichter Peter Hauser aus Csávo- ly, die ohne Beeinflussung erklärt hätten, sie seien stolz darauf, dass sie während der serbischen Unterdrückung wegen ihres Ungartums verfolgt worden waren und des- halb jetzt ihr „Ungartum genießen“ wollen. „Ich musste feststellen, dass es im Komi- tat Bács-Bodrog keine deutsche Frage gibt, soweit sie nicht jemand aus Eigennutz mit künstlicher Wiederbelebung der Konflikte wiederzuerwecken versucht“, stellte der Obergespan die Lage zusammenfassend fest.374 Er unterstrich damit nicht nur die Loyalität der Dorfhonoratioren der ungarndeutschen Minderheit, sondern sah in dieser auch die Gewähr dafür, dass keinerlei ethnopolitische Aktivität seitens der Minderheit zu befürchten sei, sofern solche nicht durch Maßnahmen der Zentralbehörden – bei- spielsweise durch die vom Obergespan strikt abgelehnte Sprachbestimmung – initiiert oder gar gefördert würden. Oszkár Jászi, der in dem von 31. Oktober 1918 bis 10. Januar 1919 amtierenden Kabinett Károlyi das Amt des Nationalitätenministers innehatte und im August 1919 nach der Etablierung des Horthy-Regimes erkennen musste, dass alle seine Demokra- tisierungsbemühungen gescheitert waren, stellte der in diesem Monat an die Macht gekommenen politischen Führungsgruppe ein Zeugnis aus, das den Gentry-Charakter wie den engstirnigen, bereits rassistischen Nationalismus derselben hervorhob und in seiner Beurteilung ausdrücklich auch die Honoratiorenschicht der deutschen Minder- heit einbezog: „Alle leitenden Posten des Landes sind von der unkultiviertesten Kompanie des Landes be- setzt: von solchen Menschen, deren Horizont über den eines sich an Phrasen berauschen- den, Hunger leidenden und verbitterten unteren Beamtentums nicht hinausgeht. Eine füh- rende Rolle spielt vor allem das schwäbische Kleinbürgertum (Friedrich, Huszár, Heller, Schnetzer, Bleyer usw.), dessen Antisemitismus und eingeengter Nationalismus immer der stärkste war.“375

373 Zit. ebenda, S. 35 u. 40. Nach Auflösung des Nationalitätenministeriums wurde György Steuer am 10. Februar 1922 von der Bethlen-Regierung zum Regierungskommissar für die deutsche Minderheit in Ungarn eingesetzt. 374 Ebenda. 375 Zit. nach FATA, Jakob Bleyer, S. 59.

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Daraus wird deutlich, dass die Loyalität der ungarndeutschen Minderheit ganz stark mit einem Nationalismus verklammert war, der sich zu diesem Zeitpunkt in kei- nem Punkt von der rechtsextremen Nationalismus-Variante des Horthy-Regimes un- terschied. Die ungarische Minderheitenpolitik der sich anschließenden 1920er Jahre ist durch eine erfolgreiche Doppelstrategie gekennzeichnet: Einerseits ermöglichte sie 1924 die Gründung des Ungarländischen Volksbildungsvereins unter der Führung von Jakob Bleyer und Gusztav Gratz, andererseits hintertrieb sie recht wirkungsvoll dessen Ak- tivitäten vor Ort, nämlich auf der Ebene der Kommunen und Regionen (Komitate). Mit dieser Doppelstrategie wollte sich die Regierung die politische Ressource Un- garndeutsche für ihre Revisionspolitik nach Maßgabe der politischen Lage bewahren, da der Ministerpräsident Graf Bethlen und auch seine Nachfolger im Amt davon überzeugt waren, eine Grenzrevision langfristig nur mit Hilfe Deutschlands durchset- zen zu können. Andererseits war sich die Regierung natürlich darüber im Klaren, dass Haltung und Stimmungslage der ungarischen Gesellschaft jeglichen Minderheiten ge- genüber a priori so sehr von Intoleranz und Intransigenz bestimmt war, dass sie dar- auf vertrauen konnte, dass die von ihr genehmigte Repräsentanz der Ungarndeutschen in Gestalt eines Kulturvereins sich keineswegs in einen für sie bedrohlichen Faktor der ungarischen Innenpolitik zu verwandeln vermochte. Sie sollte Recht behalten, denn dieser Kulturverein war von Anfang an vollauf mit dem täglichen Kleinkrieg mit Dorfnotären, Oberstuhlrichtern, Unter- und Obergespanen beschäftigt. Um jegliche politische Potenz auszuschließen, baute die Regierung noch zusätzliche „Sicherun- gen“ in den Kulturverein ein. Sein Vorsitzender war ein Vertrauensmann der Regie- rung, nämlich Gustav Gratz, ein ehemaliger Außenminister, Liberaler und Legitimist aus Überzeugung. Bleyer fungierte nur als sein die Geschäfte führender Stellvertreter. Außerdem wurde die Hälfte aller maßgeblichen Funktionärsposten mit Regierungs- leuten besetzt. Doch viel ausschlaggebender noch war die subtil wirksame geistige Kontrolle durch einen Identitätsdiskurs, der sich ausschließlich an dem nationalungarischen orientierte, um dadurch die Loyalität der deutschen Minderheitenbevölkerung weiter- hin zu gewährleisten. Wie sich diese Orientierung vollzog, verdeutlichte der junge Franz Basch auf seinem ersten öffentlichen Auftritt als Student in München, als er aus dem Schülerkreis um Bleyer kommend 1926 einen Vortrag über die deutsche Bewe- gung in Ungarn hielt. In diesem identifizierte er sich voll und ganz sowohl mit der Minderheitenpolitik als auch mit der Revisionspolitik der ungarischen Regierung. Ei- ne Revision der Trianon-Grenzen sollte seiner Meinung allerdings auch dazu dienen, mit „unseren so kräftig sich entwickelnden deutschen Brüdern (in den derzeitigen Nachbarländern) eine deutsche Volksgemeinschaft“ zu bilden. Erwachendes Volks- bewusstsein und Loyalität der ungarländischen Deutschen dem ungarischen Staat ge- genüber waren seiner Überzeugung nach die wichtigsten Faktoren, die zur Gründung des Volksbildungsvereins geführt hätten.376

376 Eine erweiterte Fassung seines Münchner Vortrags publizierte Franz Anton Basch unter dem Titel: Das Deutschtum in Ungarn, München 1926. Der österreichische Gesandte in

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Das Konstrukt ungarndeutsche Minderheit als ethnisch definierte Gruppe blieb somit bis zur Weltwirtschaftskrise ein regierungsamtliches Konzept, das seiner Inten- tion nach in der Verfügungsgewalt der ungarischen politischen Akteure verbleiben sollte. Das wird von Jakob Bleyer bestätigt, wenn er in seiner Parlamentsrede von 1928 seine Tätigkeit im Kulturverein mit folgender Zielvorstellung begründete: näm- lich das Schwabentum, das durch das Weltkriegserlebnis zum Volksbewusstsein ge- funden habe, davor zu bewahren, im unvermeidbar gewordenen Kampf gegen seine kulturelle Unterdrückung in eine Frontstellung gegen den ungarischen Staat zu ge- raten und parallel dazu von dem in Deutschland erwachten Interesse für das Aus- landsdeutschtum als eine Irredenta-Bewegung manipuliert zu werden.377 Jedoch er- wies sich die von Bleyer vorausgesetzte Einsicht der politischen Akteure in die Not- wendigkeit eines minderheitenpolitischen Ausgleichs, in dem er die unumgängliche Voraussetzung einer langfristig abgesicherten Loyalität der von ihm angeführten Deutschen ihrem Staat gegenüber erblickte, als Illusion.378 Die Enttäuschung darüber verwandelte Bleyer allmählich zu einem verbitterten Ankläger der ungarischen Nationalitätenpolitik, deren instrumentellen wie kompromisslosen Charakter er aller- dings erst Anfang der 1930er Jahre durchschaut hatte. So schrieb er in einem an Gus- tav Gratz gerichteten Brief vom 6. August 1932: „Was das Wesen der Sache betrifft, so stand ich von Anfang an auf dem Standpunkt, daß Ungarn von sich heraus die deutsche Frage lösen soll und lösen wird. Ich baute zu sehr auf das Recht und die Gerechtigkeit, auf die Einsicht und auf die nüchterne Erfassung der ei- genen Interessen. In diesem Sinne und diesem Glauben habe ich viele Jahre lang gekämpft und gearbeitet. Diesen Glauben habe ich vollständig verloren. Ungarn wird nie die deut- sche Frage lösen, nämlich nicht aus sich selbst heraus. Die Magyarisierung war nie so rücksichtslos, so zielbewußt und so durchgreifend wie heute.“379 In seinen letzten Lebensjahren hat Bleyer deshalb selbst dazu beigetragen, eine Neuorientierung nicht zuletzt auch im Identitätsdiskurs herbeizuführen. Diese Zäsur

Budapest berichtete am 15. Juni 1929 nach Wien, dass Bleyer ihm gegenüber die „voll- kommene Loyalität gegenüber dem ungarischen Staatsgedanken besonders betonte“ und in diesem Punkt so weit ging, „besonders hervorzuheben, daß die Deutschen Ungarns auch betreffs des Burgenlandes auf dem ungarischen Standpunkt stünden und dies umso mehr, als der Verlust des westungarischen Gebiets ihre Stellung in dem übrig gebliebenen Teile des Landes ungemein geschwächt habe“. – Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Re- publik, Gesandtschaftsarchiv Budapest, K. 10. 377 Bleyers Leitartikel „Die deutsch-ungarische Frage vor dem Parlament“ in: Sonntagsblatt vom 1. April 1928. 378 Laut SPIRA, Relations, S. 117 ff., beruhte das gesamte politische Konzept Bleyers auf fal- schen Prämissen, insbesondere seine Zielsetzung, es ließe sich ein partnerschaftliches Ver- hältnis zwischen Schwaben und Magyaren an Stelle der bisherigen magyarischen Hegemo- nie erreichen, gewissermaßen als Belohnung für die von Bleyer angestrebte vollständige Integration der Ungarndeutschen in den ungarischen Staat. Bellér kennzeichnet dieses Konzept als „politische Naivität Bleyers“. – BELLÉR, Kialakulása, S. 283. 379 Veröffentlicht in GRATZ, Probleme, S. 17.

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zog auch den endgültigen Bruch mit seinem bisherigen, ganz auf den Kulturbereich beschränkten ethnopolitischen Minimalprogramm nach sich. Ethnisierungsprozesse vollziehen sich in der Regel im Zusammenhang mit Krisen- situationen und der Diskurs der ethnischen Identifikation ist somit ein auf Neuorien- tierung ausgerichteter Diskurs, um eine Neudefinition der Abgrenzung der eigenen Wir-Gruppe und ihrer Beziehungen zum veränderten Umfeld durchzusetzen. Das Ge- fühl, mit dem regierungsabhängigen Honoratiorenverein des Gustav Gratz und Jakob Bleyer in eine Sackgasse geraten zu sein, weil dieser sich unfähig erwies, dem in der Krisensituation anfangs der 1930er Jahre sprunghaft angewachsenen Bedarf an Neu- orientierung nachzukommen, dieses Gefühl wurde nicht nur von den jungen, von Bleyer erzogenen Führungskräften des Vereins geteilt, sondern auch von einer breiten Masse all der Bauern und Landarbeiter, die in der Weltwirtschaftskrise eine Gefähr- dung ihrer Existenz heraufziehen sahen. Der alte Honoratiorenverein UDV verküm- merte daher zunehmend zu einem Repressionsinstrument der Regierung und parallel zu ihm wurden die neuen Strukturen einer „deutschen Bewegung“ unter dem Namen „Volksdeutsche Kameradschaft“ aufgebaut, um unter der Führung von Franz Basch und Richard Huß die von vielen erwartete Neuorientierung vorzunehmen und durch- zusetzen. Mit der VK und später mit dem Volksbund betrat eine neue Generation das Forum der ethnopolitischen Auseinandersetzung mit dem Staatsvolk. War es für die Grün- dergeneration des Bleyer’schen Honoratiorenvereins noch ein Problem, der eigen- wie fremdnationalen Umwelt zu erklären, wie man als Ungar auch Deutscher sein konnte, so artikulierte die Nachfolgegeneration der 1930er Jahre immer offener ihr Unbehagen an einer solchen Doppelidentität. Da sie aufgrund der mittlerweile ge- wonnenen historischen Erfahrungen vom ungarischen Staat und der Mehrheitsgesell- schaft keine Regelungskompetenz für die Angelegenheiten ihrer eigenen Gruppe mehr erwartete (eine solche jedoch nunmehr von Berlin!), sah sie jetzt vor allem darin ein Problem, wie man als Deutscher in Ungarn weiterhin zu existieren und sich zu behaupten vermochte. Unter dem Eindruck der zunehmenden magyarischen Intransi- genz wuchs die Bereitschaft, die Segregation einer Integration und die Dissimilation einer Assimilation vorzuziehen.380 Ein wesentlicher Grund für den Erfolg des Volks-

380 So beobachtete der von Ministerpräsident Teleki zur Überprüfung der Volkszählungser- gebnisse vom Februar 1941 in die transdanubischen Siedlungsgebiete der Deutschen ent- sandte Statistiker Károly Blinck vor Ort: „Die Volksbund-Führer wollen die Deutschen von den Angehörigen anderer Nationen in jeder Hinsicht völlig isolieren. Sie verbieten streng die Eheschließung mit ihnen und streben eine wirtschaftliche und kulturelle Autarkie an, mit eigenen Finanzinstituten, mit rein deutschsprachigen Volks- und Mittelschulen, mit deutschen gesellschaftlichen Vereinen, kulturellen, sozialen und gesundheitlichen Einrich- tungen.“ – Központi Statisztikai Hivatal Levéltára, Fonds F 2-1, Titkos iratok 1946/16492: Német ügyek 1941-1946. Blinck Károly titkos jelentése a népszámlálás végrehajtásáról Déldunántúlon és Székelyföldön [Der Geheimbericht von Károly Blinck über die Durch- führung der Volkszählung in Südtransdanubien und im Szeklerland].

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bundes und seines Konzeptes der Selbsthilfe381, das die deutsch-ungarische Verstän- digung als Illusion und die damit verbundene deutsch-ungarische Identität als nicht mehr haltbare Konstruktion endgültig begrub, bestand offenbar darin, dass er das auf- gestaute Bedürfnis der Deutschen in Ungarn nach Selbstbestimmung und politischer Partizipation mit Hilfe des Dritten Reiches als jetzt offen auftretender Patronagestaat befriedigte und die sich inhaltlich radikalisierende politische Mobilisierung – soweit sie sich ethnisch definierte – in seine Bahnen lenkte. Denn auch unabhängig von allen Querelen zwischen altem und neuem Verein vollzog sich in den deutschen Siedlungsgebieten eine politische Mobilisierung, zu- nächst sichtbar am Wahlverhalten bei den Parlamentswahlen von 1935 und 1939, bei denen jeweils Kandidaten, die in Opposition zur Regierung standen, den Zuschlag er- hielten. Der Protest richtete sich nicht nur gegen irgendwelche Unterdrückungsmaß- nahmen, deren Zahl mit der gleichen Geschwindigkeit zunahm, mit der die Protest- bewegung sich ethnisierte, sondern in dieser Protesthaltung war auch das Mobilisie- rungspotential der ungelösten und am flachen Land besonders drückenden sozioöko- nomischen Probleme erkennbar.382 Andererseits sah die ungarische Gesellschaft in allen Aktivitäten zum Zweck des Minderheitenschutzes eine Bedrohung ihres Nationalstaats und reagierte darauf nicht nur mit Unverständnis, sondern auch mit überzogenen Repressionsmaßnahmen. So berichtete der Deutsche Schutzbund Berlin in einem an den österreichischen Außen- minister Johannes Schober (1874-1932) gerichteten Brief vom 12. Januar 1931: „Am schlimmsten ist das der offiziellen Politik entgegengesetzte Verhalten der Behörden und der gesellschaftliche Terror. [...] Die ungarische Gesellschaft betrachtet und erklärt je- de Bewegung, so sehr sie auch gesetzmäßig ist, die sich auf die Rettung und Erhaltung deutscher Sprache und deutschen Volkstums bezieht, als Pangermanismus und Vaterlands-

381 Nach seiner Wahl zum neuen Vorsitzenden durch die Gründungsversammlung des Volks- bundes der Deutschen in Ungarn am 26. November 1938 betonte Franz Basch in seiner Ansprache daher diesen Aspekt: „Volksgruppen müssen ihr Volkstum zumeist allein schützen. Sie müssen sich für ihren Volkstumsschutz eigene völkische Bollwerke schaffen, die sie zusammen mit ihren eigenen Führern [...] aufbauen und unaufhörlich in Tätigkeit halten. Ein solches Bollwerk unsere Volkes soll und wird der Volksbund der Deutschen in Ungarn werden. Der Volksbund ist eine Heimstätte aller Deutschen in Ungarn [...] In der Erfassung und Betreuung unseres Volkes durch den Volksbund kennen wir keine Alters- grenzen und kein Geschlecht, keine Konfession und keine Berufsstände, keine Stammes- und Klassenunterschiede. Durch das Gefühl wahrhaftiger Volkskameradschaft in guten wie in bösen Zeiten zusammengeschmiedet, verkörpern und prägen wir in unserem Volksbund immer nur einen Willen, den Volkswillen.“ – BASCH, Aufbruch, Zitat auf S. 206. 382 Ungarn wurde in einer 1928 von György Oláh publizierten und berühmt gewordenen Streitschrift als das Land der drei Millionen Bettler charakterisiert, was sich auf die Masse des landlosen und oft genug auch arbeitslosen Agrarproletariats bezog, bei einer damaligen Gesamtbevölkerung von 8,7 Millionen. 72 Prozent aller bäuerlichen Betriebe mussten sich rund zehn Prozent der agrarischen Nutzfläche teilen, über die übrigen 90 Prozent verfügte mittelbar oder unmittelbar der Großgrundbesitz. Zur politischen Mobilisierung der deut- schen Minderheitsbevölkerung in den 1930er Jahren vgl. VONYÓ, Gömbös Gyula, insbes. S. 124-134.

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verrat. Alle traditionelle Staatstreue und Vaterlandsliebe der Deutschen in Ungarn ist in den Augen der ungarischen Gesellschaft wertlos und als patriotisch wird der Deutsche nur dann anerkannt, wenn er sich dem Ungarntum assimiliert und die Assimilierung der Kinder duldet und fördert.“383 Die gegen die „Pangermanen“ gerichtete Ausgrenzungsstrategie der ungarischen Gesellschaft bewirkte bei den davon Betroffenen eine nationalistische Umdeutung der ethnischen Differenz. An die Stelle des bis in die 1920er Jahre noch bestimmenden Traditionstypus der deutschungarischen Identität mit ihrem staatspatriotischen „Hun- garus“-Bewusstsein384 trat eine neue, deutsch-völkische Identität, deren Träger sich in der VK sammelten. Diese Gruppe definierte sich nicht mehr als Deutschungarn, son- dern als Deutsche in Ungarn und ihrer 1938 gegründeten Organisation gab sie daher den Namen „Volksbund der Deutschen in Ungarn“. Der Volksbund trat als Repräsen- tant und Glied der Volksgemeinschaft aller Deutschen und damit eines weit über die Landesgrenzen hinausreichenden Kollektivs auf. Mit dem neuen Souverän „Volks- gemeinschaft“ verband sich die Vision einer sozialen wie auch Landesgrenzen über- greifenden Solidarität, um vor Ort mit der als „Kameradschaft“ bezeichneten Grup- pensolidarität die Bruchstücke einer bereits zerfallenen Dorfgemeinschaft zu entrüm- peln und im Sinne eines social ingeneering neu zusammenzufügen. Der Volksge- meinschafts-Diskurs und die durch ihn mobilisierte Gruppensolidarität und -loyalität trat an die Stelle des traditionellen, im Grundsatz assimilatorischen „deutschungari- schen“, seit 1919/20 an den ungarischen Revisionsnationalismus angebundenen Dis- kurs. Die Diskurshoheit der ungarischen Gentry-Elite der Horthy-Ära wurde von der Diskurshoheit der „völkischen“, politisch wie ideologisch sich immer stärker an Ber- lin orientierenden, im Volksbund sich sammelnden Gruppe abgelöst. Damit wurde der bislang ungeteilten Loyalität zum ungarischen Staat eine Gruppenloyalität gegen- übergestellt. Inwieweit Letztere als Basis und Ausgangspunkt für einen Loyalitäts- konflikt dienen konnte, war nunmehr vom Handeln der drei politischen Akteure, näm- lich vom Heimatstaat Ungarn, dem Patronagestaat Deutschland und der Gruppenfüh- rung, abhängig geworden. Im Falle von Interessenkonflikten zwischen Patronagestaat und Heimatstaat drohte jedoch die Minderheit als Spielball der wechselseitig zur Gel- tung gebrachten Interessen zwischen zwei Mühlsteinen zerrieben und zermalmt zu werden, wie das als einer der wenigen Zeitgenossen Graf István Bethlen in seinem an Horthy gerichteten Memorandum vom 14. Januar 1939 hellsichtig vorausgesehen hat.385 Die Treue zur deutschen Volksgemeinschaft bzw. zum deutschen Volk und die Treue zum ungarischen Staat waren ab diesem Zeitpunkt nur solange miteinander vereinbar, solange nicht die eine gegenüber der anderen ausgespielt wurde, was spä- testens seit dem Eintritt Ungarns in den Zweiten Weltkrieg politische Praxis gewor-

383 Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Gesandtschaftsarchiv Budapest, K 18. 384 „Before , most Swabians had no difficulty harmonizing their loyalty to the Hungarian state. But following Hungary’s dismemberment after the war, the Magyars be- gan demanding undivided devotion to the Magyar cultural and political nation from all Hungarian citizens.“ – So SPIRA, Nation, S. 89. 385 Das Memorandum ist veröffentlicht in: Horthy Miklós titkos iratai, S. 209.

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den war, so beispielsweise bei der Werbung für die Rekrutierung zur Waffen-SS ab 1942. Dieses neue Wir-Bewusstsein einer jetzt tatsächlich in Bildung begriffenen Grup- pe missverstand die ungarische Regierung in ihrer Denkschrift vom 4. April 1936 als eine von außen gelenkte, subversive, „staatsgefährdende“ Richtung, der man nur mit polizeilichen und administrativen Mitteln begegnen könne. Deren Anführer hätten ei- gentlich schon längst Landesverrat begangen und seien deshalb als Landesverräter zu betrachten.386 Deshalb wurde auch die Justiz eingesetzt, um missliebige Personen wie Franz Basch zu kriminalisieren. So verurteilte ihn 1934 der Gerichtshof in Fünfkir- chen wegen einer von ihm gehaltenen Rede, in der er sich gegen die Namensmagyari- sierung gewandt hatte, zu einer mehrmonatigen Gefängnisstrafe und dem befristeten Entzug seiner politischen Rechte mit der Begründung, dass die Namensmagyarisie- rung „eine spontane Ausgestaltung der magyarischen nationalen Seele ist, womit auch die fremdsprachigen Staatsbürger die nationale Einheit dokumentieren wollen“387. Das Urteil wurde in den zwei nachfolgenden Berufungsverhandlungen übrigens noch verschärft.388 Dezső Szabó, einer der populärsten und einflussreichsten Protagonisten des unga- rischen Nationalismus rassistischer Ausrichtung der Zwischenkriegszeit, ging in sei- ner Perzeption der politischen Verhältnisse bereits 1935 von einem Loyalitätsbruch der ungarndeutschen Minderheit und deren damit verbundener Instrumentalisierung im Dienst Hitlerdeutschlands aus, als er schrieb: „Hitler ist die kontinuierliche, elementare und permanent tödliche Gefahr für das Ungar- tum. […] Seine Politik der Gewalt wird besonders mit dem Mittel des ökonomischen Drucks ausgeübt, seine Politik der Durchdringung durch die blinden Irredentisten und mit Hilfe des verhängnisvollen Faktums, dass an allen Schaltstellen des ungarischen Lebens deutschblütige, deutschäugige und deutschfühlende Wachtposten tätig sind.“389 Die herrschende ungarische Elite war sich darin einig, die Loyalität all derer in Zweifel zu ziehen, die im Sinne der Minderheitenschutzgesetzgebung der Pariser Frie- densverträge Gruppenrechte einforderten, sofern dies im eigenen Land und nicht jen- seits der Grenzen für die Rechte der ungarischen Minderheiten geschah. Abgesehen da- von, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wurde, was der Ethnozentrismus dieser Elite nicht zur Kennntnis nehmen wollte, hatte der sich damit anbahnende Bruch der Loyali- tätsachse seitens der Mehrheit gegenüber der Minderheit verheerende Konsequenzen. Gustav Gratz, noch immer Vorsitzender des UDV, wurde nicht müde, bis 1938 davor

386 Siehe dazu BELLÉR, Volksbildungsverein, S. 82 f. 387 Sonntagsblatt vom 7. Oktober 1934. 388 Basch wurde vom Berufungsgericht in zweiter Instanz am 24. Juni 1936 zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt, trat diese Strafe am 9. September an und wurde aufgrund einer Inter- vention Berlins vom Reichsverweser Horthy amnestiert und am 9. Januar 1937 freigelas- sen, von der deutschen Öffentlichkeit inzwischen bereits als Märtyrer der Deutschen in Ungarn und als deren überragende Führerpersönlichkeit gefeiert. Vgl. dazu SPANNENBER- GER, Volksbund, S. 95 ff. 389 SZABÓ, Magyarország helye Európában, hier zit. nach: Helyünk Europában, S. 345.

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öffentlich zu warnen, dass die Betonung der Volksgemeinschaft nur zum Zusammen- stoß mit den Magyaren führen müsse, und einen seiner Leitartikel im Sonntagsblatt vom 23. Juni 1935 schloss er mit der Loyalitätsbeteuerung: „Wir sind Deutsche, zu- gleich aber gute Ungarn“ und das sei durch nichts Besseres zu ersetzen. Entscheidend war aber nicht seine Stimme, sondern es waren die Machtverhältnis- se, die die ungarische Seite durch Ausgrenzung und Repression zu stabilisieren such- te, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, die eigene Minderheitenpolitik zu ändern oder gar zu revidieren. Schon 1932 hatte Jakob Bleyer erkannt, dass eine Re- vision dieser Politik nur durch Druck von außen, durch eine von ihm in seinem letzten Lebensjahr noch angestrebten Intervention aus Berlin zu erwarten war.390 In dem sich seit 1933 allmählich neu gestaltenden Dreiecksverhältnis von Patronagestaat, Heimat- staat und Minderheit erfuhr der Patronagestaat, das heißt Deutschland, eine immer stärkere Aufwertung, je stärker er in die ungarische Politik eingriff, was ab 1936/37 der Fall war. Zugleich hat sich Ungarn nach dem Anschluss Österreichs durch seine Revisionspolitik immer stärker an Deutschland gebunden. Der vorhin bereits erwähn- te Bruch der Loyalitätsachse seitens der ungarischen Gesellschaft setzte nunmehr ei- nen Erosionsprozess der Loyalität auch in den Reihen der Deutschen in Ungarn in Gang. Denn die Gewährleistung staatsbürgerlicher Loyalität wurde von ihrer Seite aus nunmehr mit der Forderung nach Gewährung von Rechten für die Volksgemein- schaft, für die Volksgruppe und den von ihr beanspruchten Status einer öffentlichen Körperschaft verbunden. Ihr Treueverhältnis zum ungarischen Staat war somit nur mehr vorbehaltlich und es war an Bedingungen geknüpft, deren potenzielle Einlösung seitens der ungarischen Elite bereits als „staatsfeindlich“ und damit als Verrat wahr- genommen wurde. So wurden in einer am 14. Januar 1939 dem Reichsverweser Hor- thy überreichten Denkschrift der von Graf Bethlen angeführten „christlich-nationalen rechtskonservativen Opposition“ dem Ministerpräsidenten Béla Imrédy „nicht wie- dergutzumachende Fehler“ in seiner Minderheitenpolitik vorgeworfen. Imrédy wurde dafür verantwortlich gemacht, dass „das Schwabentum, das bisher einer staatstreuen Führung unterstellt war und seine Treue mit der deutschen Volkskultur stets mit der Treue zum ungarischen Staat zu vereinbaren wusste, infolge der Schwäche oder Wankelmütigkeit der Regierung nunmehr unter eine Führung gekommen ist, deren Staatstreue nicht nur zweifelhaft, sondern deren staatsfeind- liche Haltung in Gerichtsurteilen bereits festgestellt worden ist“,

390 So schreibt Bleyer in seinem bereits zitierten Brief vom 6. August 1932 an Gustav Gratz: „Der von mir seit 15 Jahren befolgte Weg hat sich als eine Sackgasse erwiesen. Was ist in- folgedessen die ultima ratio? Wenn das Deutsche Reich und das Deutschtum der Welt tat- sächlich die einzelnen deutschen Volksgruppen retten will, so muß es eben Ungarn gegen- über alle Mittel anwenden, die ihm zur Verfügung stehen. Es wird sich dann zeigen, ob Ungarns Widerstandskraft größer ist als die Stoßkraft des Gesamtdeutschtums. [...] Ich glaube klar zu sehen, daß es für das ungarländische Deutschtum nur zwei Wege gibt: ent- weder sich den ungarischen Assimilationsbestrebungen zu fügen oder aber an das große Deutschtum zu appellieren. Daß der letztere Weg unsicher ist und daß er Schaden für beide Teile bringen wird, ist nicht zweifelhaft.“ – GRATZ, Probleme, S. 18.

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– eine Anspielung auf den vorhin erwähnten Basch-Prozess. Der von Imrédy ge- billigte Volksbund bilde nämlich – so die Autoren der Denkschrift – einen „Staat im Staat, der nicht die Freundschaft mit Deutschland pflegen wird, sondern die Rolle der ,Henlein-Partei‘ übernehmen und damit eine gefährliche Konfrontation Ungarns mit Deutschland herbeiführen wird. Das einheimische Deutschtum, das in Treue zur ungarischen Nation steht, ist, wie möglicherweise auch das Ungartum, zwischen zwei Mühlsteine geraten. Von innen werden sie die staatlich anerkannten, selbstbewussten großdeutschen Organisatio- nen terrorisieren, von außen wird das mächtige Deutsche Reich sie mit allen Mitteln verfüh- ren. Was hat die ungarische Nation von einer solchen Lösung zu erwarten?“391 Mit solchen Vorwürfen und Bedrohungsperzeptionen reagierten die Autoren der Denkschrift392 auf die Forderungen des Volksbund-Vorsitzenden Franz Basch, die dieser in seinem Anfang Januar 1939 der ungarischen Tageszeitung 8 órai Újság ge- gebenen Interview in der ungarischen Öffentlichkeit erhoben hatte und dessen Text er auch im Organ des Volksbundes, in der Wochenzeitung Deutscher Volksbote, veröf- fentlichte. Basch beteuerte darin, „der Verein des einheimischen bewussten Deutsch- tums“ wolle „ausschließlich auf gesetzlichem Wege sein Programm durchsetzen“, und forderte eine politische Repräsentation und Partizipation durch die Einrichtung eines deutschen Staatssekretariats und die Gewährung von 18 Parlamentsmandaten, wobei mit solchen Forderungen „unter den europäischen Volksgruppen das einheimi- sche Deutschtum das bescheidenste“ sei.393 Der Obergespan des Komitats Baranya sah im Volksbund nur Ruhestörer, die das Deutschtum aufwiegeln und „schließlich die deutsche Intervention erzwingen woll- ten“.394 Während Basch den Volksbund als Ergebnis und Verkörperung der legitimen Wünsche der deutschen Volksgruppe bewertete, betrachtete der am 16. Februar 1939 Imrédy als Ministerpräsidenten ablösende Graf Pál Teleki diese von ihm im April 1939 nur als Kulturverein zugelassene Institution als bloßes Machtinstrument des Deutschen Reiches, und auch der Repräsentant des Deutschen Auslands-Instituts in Budapest, Otto Albrecht Isbert (1901-1986), notierte zu diesem Zeitpunkt, dass die Stellung von Basch „im wesentlichen durch das Reich gesichert“ sei.395 Bereits als Kultusminister im Kabinett Imrédy hatte Teleki dem Volksbund jegliche Rechte einer Interessenvertretung abgesprochen und erklärt, dass er in der Schulfrage nur mit den Eltern vor Ort und nicht mit dem Volksbund verhandeln werde.396

391 Horthy Miklós titkos iratai, Nr. 43, Zitat auf S. 208 f. 392 Unterzeichnet wurde die Denkschrift von István Bethlen, Sándor Sztranyavszky, , Pál Pesthy, Tibor Zsitvay, Zoltán Tildy, Márton Lányi, Tibor Eckhardt, Andor Lázár, Ferenc Marshall und Géza Bornemissza. 393 Deutscher Volksbote vom 8. Januar 1939: Franz Basch spricht zur ungarischen Öffentlich- keit. 394 Ebenda. 395 Zit. nach SPANNENBERGER, Volksbund, S. 161. 396 Diese Stellungnahme erfolgte anlässlich einer Sitzung des Parlaments am 25. Januar 1939, in der Teleki ankündigte, dass der gemischtsprachige Schultypus (B) nunmehr auch in den Konfessionsschulen eingeführt werden sollte. – Deutscher Volksbote vom 29. Januar 1939.

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In dem anlässlich der ersten Massenveranstaltung des Volksbundes an Teleki ge- richteten Grußtelegramm vom 30. April 1939 betonte Basch, dass Ungarn und das Deutsche Reich „durch eine unzertrennliche Schicksalsgemeinschaft miteinander auf Gedeih und Verderben verbunden sind“ und die deutsche Volksgruppe ein Bindeglied zwischen beiden Ländern sein wolle, da sie sich ja „zur restloser Treue zu ihrem un- garischen Vaterland ebenso bekenne wie sie in unwandelbarer und inniger Hingabe in der deutschen Volksgemeinschaft lebt“.397 Doch diese Loyalitätsbekundungen änderten nichts an der regierungsamtlichen Einstufung des Volksbundes als einer vom Dritten Reich aufgezwungenen Organisa- tion, die unter den „deutschsprechenden Ungarn“ auf künstlichem Wege, d.h. durch „nationalsozialistische Agitation“, eine deutsche Gesinnung verbreiten wolle und im Dienst der Interessen des Deutschen Reiches stehe. In dieser Bewertung sah sich die ungarische Regierung durch das mit dem Zweiten Wiener Schiedsspruch von Berlin durchgesetzte Volksgruppenabkommen vom 30. August 1940 bestätigt und nur die damit verbundenen, mit deutscher Hilfe erzielten Erfolge der ungarischen Revisions- politik ließen es Teleki hinnehmbar erscheinen, auch „diese Kröte“, wie er sich aus- drückte, zu schlucken. Durch eine solche wechselseitige Orientierung und damit verbundene Instrumen- talisierung innerhalb des asymmetrischen Verhältnisses von Patronagestaat, Heimat- staat und Minderheit wurde die Loyalität der Letzteren von allen Seiten zunehmend in Frage gestellt. Diese Loyalität unterlag einem immer stärkeren Erosionsprozess, der den Vertrauensverlust seitens des Gemeinwesens, dem gegenüber man ursprünglich seine Loyalität verbürgt hatte, widerspiegelte. So empfing Ministerpräsident Teleki am 12. Februar 1941 die drei Volksbundabgeordneten Heinrich Mühl, Jakob Brandt und Erich Keintzel, die Beschwerden über die gerade abgeschlossene Volkszählung vorbringen wollten, mit dem massiven Vorwurf: „Klagen? Ich habe mich über Sie zu beklagen. Das Verhalten der deutschen Volksgruppe lässt viel zu wünschen übrig. Sie scheint vergessen zu haben, dass sie zur Loyalität verpflichtet ist, aber sie tut alles an- dere, von Loyalität keine Spur. Im Gegenteil: Sie ist illoyal!“398 Wurde hier die Klage über die Illoyalität von ungarischer Seite noch als Diszipli- nierungsinstrument eingesetzt, so verband sich diese Klage einen Monat später bereits mit dem pauschalen Vorwurf, Landesverrat und Subversion zu begehen, wobei die Rolle Konrad Henleins als Vergleichsmodell für die Funktion des Volksbundes dien- te, worauf auch der ungarische Außenminister László Bárdossy (1890-1946) bei sei- nem deutschen Zusammentreffen mit Ribbentrop am 21. März 1941 in München an- spielte: „[...] man habe manchmal den Eindruck, als ob die Führung des Volksbundes der Deut- schen in Ungarn die Taktik Konrad Henleins vor der Auflösung der Tschechoslowakei ver- folge. Führende Persönlichkeiten desselben seien sogar so weit gegangen, ungarischen Stellen gegenüber zu erklären, dass das Reich hier bald Ordnung schaffen werde, wenn die

397 Zit. nach SPANNENBERGER, Volksbund, S. 167. 398 TILKOVSZKY, Ungarn, S. 140.

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Ungarn sich nicht ihrem Willen beugten. Die Führung des Volksbundes sei von Hass er- füllt und unduldsam. Sie hetze und mache so nur auf beiden Seiten böses Blut.“399 Diesen Erosionsprozess im wechselseitigen Vertrauensverhältnis Ungarischer Staat und Ungarndeutsche machte auch der an Hitler gerichtete Brief des Reichsver- wesers Nikolaus Horthy vom 3. November 1939 sichtbar, in dem Horthy sich ganz die Argumentation Hitlers aus der Reichstagsrede vom 6. Oktober zu eigen machte und diese direkt auf das Ungarndeutschtum anzuwenden suchte. Es ging um das da- mals verkündete Rückführungsprogramm der „unhaltbaren Splitter des deutschen Volkstums heim ins Reich“, nämlich durch entsprechende Umsiedlungsverträge und -aktionen. Horthy schlug nun vor, mit einer solchen Aktion den illoyalen Teil der Un- garndeutschen umzusiedeln, um dadurch alle „Reibungsflächen“ in den bilateralen Beziehungen endgültig zu beseitigen.400 Ein solcher Vertrauensverlust hat die Strategen der Ausgrenzung und Dissimilati- on auf beiden Seiten, nämlich der Mehrheits- wie der Minderheitsgesellschaft, nur in ihren Bestrebungen bestätigt: nämlich seitens der ungarischen Gesellschaft das „volksdeutsche Programm“ als staats- und nationsfeindlich zu verurteilen401, seitens der „volksdeutschen Bewegung“ für dieses im April 1938 verkündete Programm im- mer entschlossener einzutreten. In diesem Programm waren sieben von neun Punkten eindeutig politisch ausgerichtet (darunter Vereins-, Presse- und Versammlungsfrei- heit) und es wurde bereits in Punkt 1 die Anerkennung der Volksgemeinschaft und der Volksgruppe als juristische Person gefordert. Damit war in den Augen der politi- schen Elite die ungarische Staatsdoktrin der einheitlichen ungarischen politischen Na- tion grundlegend in Frage gestellt. Wie sehr diese Doktrin auch nach der Zulassung des Volksbundes weiterhin in Geltung geblieben war, zeigten die von der Volksbund- führung erbittert geführten und meist erfolglosen Auseinandersetzungen, mit der neu- en Organisation tatsächlich auch politisch und nicht nur kulturell tätig zu werden und entsprechende Autonomierechte einzufordern. Erst durch die nochmalige Intervention des Patronagestaats Deutschland wurden solche im Rahmen des Zweiten Wiener Schiedsspruchs am 30. August 1940 in einem bilateralen Vertrag, dem sogenannten Volksgruppenvertrag, durchgesetzt. Mit diesem Vertrag wurde das Ungarndeutschtum als politische Ressource inten- tional endgültig dem Großdeutschen Reich überantwortet. Die nachfolgenden Kriegs-

399 Ebenda, S. 143. 400 Horthy nannte die Aussiedlung einen „ausgezeichneten Gedanken“, der auch für die Un- garndeutschen gelten sollte: „Wenn dies einmal durchgeführt wird, dann wird das Bestre- ben jener zunichte, die über die Minderheitenfrage einen Keil zwischen uns und das Deutsche Reich treiben wollen.“ – A Wilhelmstraße és Magyarország, Nr. 285; auch in Akten zur deutschen auswärtigen Politik. Reihe D, Band VIII, Nr. 328. 401 Hier noch einmal aus dem Bericht (siehe Anm. 379) von Karolyi Blinck: „Die Volksbund- führer sind zweifellos Vaterlandsverräter, die keinerlei seelische Gemeinschaft mit dem ungarischen Boden und ihrem ungarischen Vaterland verspüren und das Schwabenvolk – nach dem Beispiel der Siebenbürger Sachsen – in kultureller, wirtschaftlicher und politi- scher Hinsicht vom Ungartum ganz isolieren wollen, um den laufenden Assimilationspro- zeß zum Stillstand zu bringen.“

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jahre blieben dennoch von Kämpfen zwischen Patronagestaat und Ungarn gekenn- zeichnet, in denen es darum ging, in der politischen Praxis jeweils möglichst viel von dieser Ressource entweder für den Patronagestaat oder für den Heimatstaat zu nutzen oder besser gesagt, die Minderheit selbst bis zur Neige auszuplündern. Denn keiner dieser beiden ungleichen Partner war jetzt auf den weiteren Erhalt der Ressource „Ungarndeutschtum“ bedacht und das ist die ausschlaggebende Zäsur im Verhalten der ungarischen Gesellschaft und Politik gegenüber dieser Minderheit seit 1918. Für das Großdeutsche Reich war dieser „deutsche Volkssplitter“ nur ein Instrument für seine aggressiven Expansionsbestrebungen. Die ungarische Gesellschaft wiederum sah in großen Teilen dieser Bevölkerungsgruppe nur illoyale Verräter ihrer Nation (das ungarische Wort für Verräter áruló wurde auf viele Häuser der „Volksbundisten“ geschmiert), deren man sich bei der erstbesten Gelegenheit entledigen wollte. Der Bruch in der Loyalitätsachse war nicht mehr zu kitten und damit – für diese histori- sche Periode – zu einem endgültigen geworden. Da die Bestimmungen des Wiener Volksgruppenabkommens von ungarischer Sei- te in der politischen Praxis zum Teil erfolgreich ignoriert und dadurch nicht ange- wendet wurden402, plante die Volksgruppenführung zusammen mit der reichsdeut- schen Regierung ein neues, rigideres Abkommen, das die Autonomierechte der Volksgruppe und ihrer Institutionen noch eindeutiger festlegen sollte. In dem im Sommer 1941 fertig gestellten Vertragsentwurf fehlte im Gegensatz zum Wiener Ab- kommen jegliche Erwähnung einer Verpflichtung der in Ungarn lebenden Deutschen zur Loyalität gegenüber dem ungarischen Staat.403 Wie auch die im selben Jahr anlau- fenden, ab 1942 vertraglich geregelten SS-Rekrutierungen verdeutlichten, bekam spä- testens ab diesem Zeitpunkt die Loyalität gegenüber der Volksgemeinschaft und ih- rem Patronagestaat Deutschland den Vorrang vor der Loyalität zum ungarischen Heimatstaat. Doch nicht zu übersehen sind andererseits Belege dafür, dass die ungarndeutsche Bevölkerung in dieser Frage gespalten war. Darauf weisen u.a. die Ergebnisse der Volkszählung vom Jahresanfang 1941 hin. Die ungarischen Behörden hatten nämlich in den betreffenden Erhebungen neben der Frage nach der Muttersprache (die seit 1880 erhoben wurde) erstmals die Frage nach der Nationalität gestellt und in ihrer Propaganda ganz klar gemacht, dass diejenigen, die sich zwar zur Muttersprache, je- doch nicht zu ihrer Nationalität bekannten, ihre Loyalität zum ungarischen Staat zum Ausdruck bringen wollten. Auf dem Gebiet des heutigen Ungarns hatten sich 478 414 Personen zur deutschen Muttersprache, jedoch nur 303 419 zur deutschen Nationalität

402 Selbst staatsrechtlich machte das die ungarische Regierung deutlich, als sie trotz deutschen Drucks sich weigerte, das Wiener Volksgruppenabkommen durch Ratifizierung des bilate- ralen Vertrags seitens des ungarischen Parlaments als Gesetz in das ungarische Recht zu übernehmen. Der Vertragstext wurde daher am 28. November 1940 im ungarischen Ge- setzblatt Budapesti Közlöny nur als Regierungsverordnung veröffentlicht. Ferner auch in: Magyarországi Rendeletek Tára 1940 [Sammlung der Verordnungen Ungarns 1940], Bu- dapest 1941, S. 3239-3245. 403 TILKOVSZKY, Ungarn, S. 164.

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bekannt, das bedeutete, dass die Differenz von 174 995 Personen und damit 37 Pro- zent der ungarndeutschen Bevölkerung ihre Loyalität zu Ungarn ausdrücklich bekun- den wollten. Es wäre allerdings zu einfach, dies als ein klares Votum dieses und nur dieses Bevölkerungsteils gegen den Volksbund und für den ungarischen Staat zu be- werten, weil in den mit der Volkszählung verbundenen, sehr aufgeregt und hitzig ge- führten politischen Debatten und Propagandafeldzügen von beiden Seiten verschie- denste Argumente miteinander verknüpft und damit vielfach Druck unter sehr unter- schiedlichen Aspekten ausgeübt wurde. Von geringerer Bedeutung waren wahr- scheinlich die von der Volksbund-Seite unternommenen Versuche, mit rassistischen Argumenten Druck auszuüben, indem unter Anwendung rassistischer Denkmuster die Einheit des Blutes mit Abstammung, Volk und Nation propagiert wurde, um ein diffe- renziertes Votum für Sprache und Nationalität von vornherein auszuschließen. Von größerem Gewicht hingegen waren die von beiden Seiten ins Feld geführten Aussied- lungsgerüchte, wobei die ungarische mit reichsdeutschen Plänen der Aussiedlung al- ler Ungarndeutschen404, der Volksbund jedoch den im Bekenntnis zur Nationalität für Ungarn Votierenden damit drohte, zwangsinterniert oder zu Zwangsarbeit herangezo- gen zu werden, um schließlich nach Siebenbürgen auswandern zu müssen. Wie sehr der drohende Verlust von Hof und Heimat ausschlaggebend gewesen sein musste, verdeutlicht der Bericht von Károly Blinck, dem Vorsitzenden der Kommission, die von Ministerpräsident Teleki zum Zweck der Verifizierung der Volkszählungsergeb- nisse eingesetzt worden war. Blinck nämlich berichtete am 1. März 1941: „Die schwä- bische Bevölkerung fühlt sich hier wohl, will hier bleiben, hält an ihrem Bodenbesitz fest und wäre dazu bereit, nicht nur ihre Nationalität, sondern auch ihre Muttersprache abzustreiten, wenn sie glaubt, nur für diesen Preis hier bleiben zu können.“405 Über solche Fragen der Identität, konkret der Definition der Zugehörigkeit des Einzelnen zu Land und Kollektiv, hat sich spätestens ab diesem Zeitpunkt ein Riss quer durch die gesamte ungarländische deutsche Bevölkerung gezogen, der die Ge- sellschaft der von Deutschen bewohnten Gemeinden an vielen Orten spaltete. Fest- zumachen ist das u.a. an der Zweiteilung im Vollzug tradierter Bräuche und der damit verbundenen Feste. Es gab seitdem beispielsweise getrennte Faschingsbälle (nämlich die der bundások, d.h. der Volksbundmitglieder, und der rongyosok, der ungarisch ge- sinnten Deutschen).406 Aber gerade auch im wirtschaftlichen Leben machte sich diese Spaltung durch entsprechend ausgerichtete Markt- und Geschäftsbeziehungen, Kre- ditvergaben etc. bemerkbar. Aber es gab auch Gemeinden, die eine solche Spaltung dadurch vermeiden wollten, dass sie geschlossen und unterstützt durch die soziale Kontrolle der Dorfgemeinschaft für die eine oder die andere Seite Partei ergriffen und

404 Zu den Umsiedlungsplänen auf deutscher Seite vgl. WEHLER; TILKOVSZKY, Ungarn, S. 65- 75; SPANNENBERGER, Volksbund, S. 345-355. 405 Központi Statisztikai Hivatal, Fonds F 2-1, Titkos Iratok 1946/16492: Német ügyek 1941- 1946. Blinck Károly titkos jelentése a népszámlálás végrehajtásáról Déldunántúlon és Szé- kelyföldön [Deutsche Angelegenheiten 1941-1946. Der Geheimbericht von Károly Blinck über die Durchführung der Volkszählung in Südtransdanubien und im Szekler-Gebiet]. 406 TILKOVSZKY, Ungarn, S. 141.

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entweder, ihren deutschen Charakter verbergend, sich als Ungarn ausgaben oder ihr „Deutschtum“ an der Seite des Volksbundes selbstbewusst und prononciert hervorho- ben.407 Ein völlig anderer Versuch, sich dem Loyalitätsdruck des neuen Souveräns der Volksgemeinschaft zu entziehen, ist in einem Vorfall zu sehen, bei dem sich die ano- nym gebliebenen Akteure einer symbolischen Dimension bedienten. Wahrscheinlich in der Nacht zum 1. Mai 1943 – der genaue Zeitpunkt ist nicht mehr zu eruieren – wurde an zentraler Stelle in der deutschen Bergarbeitersiedlung Pécsbányatelep am Rande der Stadt Fünfkirchen ein Grabstein aufgestellt mit der ungarischen Inschrift: „Itt nyukszik Hitler Adolf“, auf Deutsch: „Hier ruht Adolf Hitler“, wobei die falsche Ortografie von nyukszik (richtig wäre nyugszik) mit der damit verbundenen Ausspra- che auf eine ungarndeutsche Autorenschaft hinweist. Im Bericht des Gebietspropa- gandaleiters „Schwäbische Türkei“ des Volksbundes vom 3. Juni 1943 an die VoMi, der die „Einwohner“ dieses Ortes „als blutsmässige Deutsche“ klassifiziert, wird das Ungeheuerliche dieses Vorfalls vor allem darin gesehen: „Dieser Stein befindet sich an der Straße zwischen Pécs und Pécsbányatelep an der Brücke bei Andreas-Schacht. Es ist hier eine Autobusstelle und ein Verkehrsweg, wo die Arbeiter von der Kolonie zur Arbeit gehen. In der Nähe befindet sich auch ein Lebensmittelmagazin der DDSG [Donaudampfschifffahrtgesellschaft]. Die Aufschrift wurde bestimmt von ei- nem Kommunisten gemacht und befand sich, trotzdem an dieser Stelle ein großer Verkehr herrscht und er der Polizei sofort auffallen hätte müssen, ungf. 4-5 Wochen [dort]. [...] Der Stein soll den Eindruck eines Grabsteines erwecken.“408 Wie wir aus der gut erforschten Geschichte der Arbeiterbewegung dieser Region wissen, war Pécsbányatelep eine von der DDSG begründete Siedlung, die wegen ihrer betont sozialdemokratischen Ausrichtung von der politischen Polizei des Horthy- Regimes intensiv überwacht wurde.409 Dieser demonstrative Akt, der nicht nur für alle Hitler-Anhänger eine Provokation darstellte, sondern mit der symbolischen Grablegung eine unübersehbare Distanzierung vom Dritten Reich und seinen Anhängern in Ungarn deutlich zu machen suchte, war daher sicherlich nicht unbemerkt geblieben. Die Polizei scheute in disesen Jahren keineswegs davor zurück, die Arbeiter mit Maßnahmen wie

407 Eine zweite, gleichfalls von Teleki eingesetzte Kommission zum Zweck der Verifizierung der Volkszählungsergebnisse von 1941 stellte unter der Leitung von Alajos Kovács bei- spielsweise fest, dass in der rein deutschen Gemeinde Császártöltés der Volksbund über- haupt nicht Fuß fassen konnten und sich nur 25 Prozent ihrer Einwohner zur deutschen Na- tionalität bekannt hatten, wohingegen in den Gemeinden Hajós oder Bácsalmás das Be- kenntnis zur deutschen Muttersprache mit dem zur Nationalität übereinstimmte und diese Orte völlig in der Hand des Volksbundes waren. – Zit. nach SPANNENBERGER, Volksbund, S. 250. 408 Pol. Arch. AA, R 100412, Bd. 2, f. 126 u. f. 154. Auch in SZITA, Baranyai-pécsi, S. 369. 409 SZITA, Baranyai-pécsi, S. 335-380. Die Angelegenheit des Grabsteins führte aufgrund eines Berichts der Volksbundleitung an die VoMi Berlin am 13. Januar 1944 zu einer Interventi- on des Reichsführers SS beim Auswärtigen Amt, ebenda, S. 368 u. 370; bedauerlicherwei- se hat Szita die Geschichte dieser Intervention mit ihren Rückwirkungen auf Ungarn nicht weiter verfolgt.

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beispielsweise willkürlichen Verhaftungen einzuschüchtern, tolerierte offenbar jedoch diese eindeutige Demonstration einer Loyalitätsbekundung und war deshalb bereit, über deren politisch eher linksgerichtete Konnotation hinwegzusehen.

*

Fassen wir zusammen: Gegenüber Minderheiten bot das Ungarn der Zwischen- kriegszeit nur eine definitiv stark eingegrenzte Loyalitätsoption an, die stets an die Akzeptanz der ungarischen Staatsdoktrin gekoppelt blieb. Diese Doktrin des ethnisch homogenen und unitarisch verfassten Nationalstaats hat auf jede Minderheit einen starken Loyalitätsdruck dahingehend ausgeübt, auf eine eigene Gruppenidentität und den damit verknüpften Gruppenbildungsprozess zu verzichten. Hier wurde die verti- kale Loyalitätsbeziehung des Staatsbürgers gegenüber seinem Staat ganz bewusst eingesetzt, um eine horizontale Loyalitätsbeziehung innerhalb der Gruppe, eine Bin- nenloyalität, zu unterbinden.410 Unter dem Eindruck der mobilisierenden Wirkung der deutsch-völkischen Identität mit ihrer immer ausschließlicheren Orientierung an den Patronagestaat suchte die ungarische Elite die Trägergruppe dieser Identität mit dem Vorwurf ihrer Illoyalität zunächst zu disziplinieren, später zu kriminalisieren. Die Be- rufung auf Loyalität wurde von beiden Seiten, ungarischer wie deutscher, als Instru- ment zur Disziplinierung eingesetzt, wobei von ungarischer Seite der Appell an die traditionelle Staatstreue der „Schwaben“ zunehmend an Wirkung verlor, je mehr auf Seiten der „Volksbundisten“ an die Stelle ihrer Treue zum ungarischen Staat die Treue zur eigenen Gruppe, zur Volksgemeinschaft und zum Patronagestaat getreten war. Festzuhalten bleibt in diesem Zusammenhang eine im Verlauf der 1930er Jahre erfolgte und in den 1940er Jahren sich verhärtende Aufspaltung der deutschen Min- derheitenbevölkerung in mehrere Gruppen unterschiedlichen Loyalitätsverhaltens, die eng an entsprechende Identitätskonzeptionen gekoppelt waren: ‒ die Gruppe 1, die in Koppelung mit ihrer Mehrfachidentität (dem Modell Bleyer folgend: ich bin Ungar und ich bin auch Deutscher) ihre emotionale Bindung und damit auch ihre Loyalität zum ungarischen Staat zu bewahren vermochte und sich gegenüber dem Volksbund entweder indifferent verhielt oder die Rolle eines zeitweisen, eher opportunistischen Mitläufers einnahm, der sich beide Optionen (nämlich der Binnenloyalität und der vertikalen Loyalität) offen halten wollte; ‒ die Gruppe 2, die ihrer emotionalen Bindung an die Volksgemeinschaft im- mer mehr den Vorzug gab und ihre „deutsch-völkische Identität“ mit einer immer deutlicher ausgerichteten Loyalität zum Patronagestaat Deutschland verband, womit sie den harten, begeisterten Kern des Volksbundes bildete; ‒ schließlich die Gruppe 3, die sich entschieden dem totalitären Alleinvertre- tungsanspruch des Volksbundes, Repräsentant aller Deutschen in Ungarn zu

410 Zur Begriffsbildung siehe SCHULZE WESSEL, hier insbes. S. 14.

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sein, widersetzte und die national-ungarische Identitätsvariante (ich bin Un- gar deutscher Abstammung) aus mehreren Gründen vorgezogen hat: einer- seits um sich den Organisationsbestrebungen des Volksbundes zu entziehen, andererseits um mit ihrer deutlichen Distanzierung vom politischen Kurs der Dissimilation und Segregation der „Volksgruppe“ den damit heraufbeschwo- renen Loyalitätsbruch zu vermeiden und traditionellere Formen des Zusam- menlebens mit der ungarischen Mehrheitsgesellschaft zu bewahren. In dieser dritten Gruppe wird die Loyalität dem Staat Ungarn gegenüber als Begrün- dung dafür herangezogen, sich der Herrschaft der „Volksgruppe“ zu entzie- hen und damit einem drohenden Herrschaftswechsel vorzubeugen. Offenbar war das von den Angehörigen dieser Gruppe dem ungarischen Staat entge- gengebrachte Vertrauen wesentlich stärker; zudem trug der offen vorgetrage- ne Herrschaftsanspruch der „Volksgruppe“ erheblich zum Misstrauen gegen- über diesem neuartigen Konstrukt bei. Dazu hat wahrscheinlich auch die en- ge Verbindung dieses Konstrukts mit einer neuen, explizit politisch orientier- ten Sprache und Ideologie beigetragen, die den bislang unpolitisch-konserva- tiven Charakter dieser bäuerlichen Gesellschaft geradezu herausforderte und als Provokation empfunden werden musste und dadurch zugunsten des Alt- hergebrachten auf breitere Ablehnung stieß, dies vor allem bei den Schichten, die sich in ihrer Besitzorientierung nicht ökonomisch bedroht sahen. Gerade in diesem Zusammenhang ist auch von gesellschaftlichen Überlappungen der ersten Gruppe (der Mehrfachidentität) mit der dritten Gruppe auszugehen, da die hier vorgenommene Typisierung in drei Gruppen selbstverständlich nur idealtypisch verstanden werden kann. Loyalität erhielt in Gruppe 3 und m.E. auch in Gruppe 1 explizit die Dimension einer die Sozial- und Marktbeziehun- gen regelnden, aber auch die Festgestaltung dominierenden Alltagspraxis, um demonstrativ die für „alle Seiten deutlich erkennbare Rückvergewisserung, und zwar hinsichtlich der Akzeptanz staatlicher Souveränität herzustellen“411, wo- bei diese explizit an den Staat Ungarn gebunden blieb. Parallel zur Destabilisierung der inneren Machtverhältnisse durch das immer stär- kere Auftreten des Patronagestaats, nämlich des Dritten Reiches, beschleunigte sich nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs der Erosionsprozess der Loyalität auf beiden Seiten. Eine auf Volk und Staat aufgeteilte Identität zog auch eine geteilte Loyalität nach sich. Der Entzug der ungarischen Staatsbürgerschaft für alle, die sich von der Waffen-SS rekrutieren ließen, hat dies auch nach außen verdeutlicht. In den ungarischen wie reichsdeutschen Planspielen für eine Aussiedlung der Ungarndeut- schen kündigte sich der endgültige Bruch der Loyalitätsachse an, da in der Wahrneh- mung von ungarischer Seite (im Gegensatz zur ungarndeutschen Wahrnehmung) Mehrheit und Minderheit nicht mehr durch ein Bekenntnis zum gemeinsamen Staat miteinander verbunden waren.

411 HASLINGER, Loyalität, Zitat auf S. 48.

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V Die Vertreibung der Deutschen aus dem östlichen Europa

1 Konzepte der Vertreibung: Berlin – London – Prag – Budapest

Die Vertreibung der Deutschen aus dem östlichen Europa war Teil gewaltiger Bevöl- kerungsverschiebungen des 20. Jahrhunderts. Für die zweite Hälfte der 1940er Jahre lässt sich in diesem Zusammenhang sagen: Auf jeden deutschen Vertriebenen und Flüchtling kommen zwei andere in den osteuropäischen Ländern, die zur selben Zeit ähnliche Prozesse erdulden mussten.1 Allen diesen Bevölkerungsverschiebungen gemeinsam ist, dass die davon Betroffenen überwiegend Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten waren und zum Opfer der Bestrebungen nach ethnischer Ho- mogenität in ihren Heimatländern wurden. Mit ihrer Vertreibung sahen sie sich ihrer bisherigen Existenzgrundlage beraubt. In der Sprache und in den einschlägigen Pro- grammschriften der Täter blieben solche Zusammenhänge im Allgemeinen ausge- klammert. Vielmehr wurde der Leidensdruck der Betroffenen tabuisiert, was in der bevorzugten Verwendung steriler und scheinbar objektiver Begriffe wie „transfer of population“, „Abschub“ (odsun), „Aussiedlung“ (kitelepités), „Umsiedlung“ (áttelepi- tés) etc. zum Ausdruck kam.

1.1 Berlin Fünf Wochen nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs sprach Hitler am 6. Oktober 1939 in seiner Rede vor dem deutschen Reichstag von einer „neuen Ordnung der eth- nographischen Verhältnisse, d.h. einer Umsiedlung der Nationalitäten, so dass sich am Abschluss der Entwicklung bessere Trennungslinien ergeben, als das heute der Fall ist, […] denn der ganze Osten und Südosten Europas ist zum Teil mit nicht halt- baren Splittern des deutsches Volkes gefüllt“, die ins Reich heimgeholt werden soll-

1 ROBERT STREIBEL: Vorwort, in: Flucht und Vertreibung zwischen Aufrechnung und Ver- drängung, S. 10. Die Gesamtzahl der deutschen Vertriebenen wird auf 14 bis 15 Millionen geschätzt. Siehe dazu UEBERSCHÄR. Einen Epochen übergreifenden Überblick bietet BADE, insbes. Kapitel III: Die Epoche der Weltkriege: Flucht, Vertreibung, Zwangsarbeit, S. 232- 300. – Betreffend Polen siehe: Verlorene Heimat; „Nasza ojczyzna stała się dla nas obcym państwem …“. – Betreffend die Tschechoslowakei siehe: STANĚK; Odsun. Die Vertreibung der Sudetendeutschen; SLAPNICKA. – Zu Ungarn siehe den Forschungsbericht von SITZLER, Stimmen, hier insbes. S. 31-39.

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ten.2 (1900-1945) erhielt als Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums den Auftrag, Polen und Juden aus Westpreußen und dem Warthegau zu vertreiben und die erwähnten volksdeutschen „Splitter“ in diese annek- tierten Gebiete umzusiedeln. Damit war das Signal für umfangreiche Bevölkerungs- verschiebungen und Zwangsmigrationen gegeben, die länger als ein Jahrzehnt anhal- ten und ganz Europa erfassen sollten. Der erste Umsiedlungsvertrag Berlins mit Ita- lien am 21. Oktober 1939 betraf die Deutschen Südtirols, die vor die Alternative gestellt wurden, entweder auszusiedeln oder sich vollends zu assimilieren. 70 000 Südtiroler entschieden sich für die Umsiedlung, von denen nach dem Weltkrieg ein bedeutender Teil zurückkehrte. Diesem Vertrag folgten eine lange Reihe weiterer Verträge, die die Umsiedlung der Volksdeutschen aus dem Baltikum, Wolhynien, der Bukowina, Bessarabien, der Dobrudscha, Slowenien, Bosnien und Südrussland (Schwarzmeerdeutsche) „heim ins Reich“ zum Ziel hatten. Der in Osteuropa geführte Vernichtungskrieg, die Eroberung neuen Lebensraums und dessen Säuberung und Einrichtung nach rassistischen Kriterien waren Teil des Konzepts „Generalplan Ost“, in dem der Holocaust im Rahmen der Vernichtungs-, Umsiedlungs- und Vertreibungsaktionen eine ganz zentrale Rolle eingenommen hat. Der Historiker Götz Aly hat nachgewiesen, in welchem entscheidenden Ausmaß Ju- denvernichtung und Umsiedlungspolitik des Dritten Reiches ineinander verzahnt ge- wesen sind.3 In dieser Politik waren ganz deutlich folgende Kriterien auszumachen: 1) das Prinzip der ethnischen Entmischung. Durch Umsiedlung eine „entmischen- de“ Neuordnung der ethnischen Verhältnisse zu erreichen und mit einer solchen zu- gleich einen wesentlichen Konfliktherd Europas zu beseitigen, darauf haben sich alle berufen, die seit 1939 einen „transfer of population“ in irgendeiner Form propagier- ten. Den Anfang machte – wie wir bereits gesehen haben – Adolf Hitler, doch das Prinzip der Entmischung als Instrument der Konfliktprävention hat sich in den 1930er Jahren bereits in ganz Europa als Denkschule internationaler Politik in Anwendung auf Minderheitenfragen durchgesetzt.4 2) das Prinzip der ethnischen – und für das Dritte Reich insbesondere der rassi- schen – Homogenität als Endziel nationalstaatlicher Politik. Die ethnisch unterschied- lichen Minderheiten, die diesem Ziel im Wege standen und als andauernde Konflikt- herde dämonisiert wurden, galt es zu beseitigen und mit ihnen auch die Minderheiten- schutzverträge der Pariser Friedensverträge nach dem Ersten Weltkrieg, die man für politisch gescheitert erklärte. In den von Hitler und Himmler dirigierten Umsied- lungsaktionen besaßen die davon betroffenen Menschen den Stellenwert von Rohma- terial, denn ihre angestammte Heimat mussten sie meist gegen ihren Willen verlassen. Waren doch die umgesiedelten „Volksdeutschen“, wie man die Angehörigen der deutschen Volksgruppen im östlichen Europa bezeichnete, dazu bestimmt, den seit 1938 annektierten bzw. im Zweiten Weltkrieg eroberten Lebensraum zu germanisie-

2 Der großdeutsche Freiheitskampf. Reden Adolf Hitlers vom 1. September 1939 bis 10. März 1940, München 1942, S. 82 f. 3 ALY, insbes. S. 35-55; vgl. dazu: Der „Generalplan Ost“. 4 Vgl. LEMBERG.

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ren. Mehr als eine Million Menschen, die seit Jahrhunderten in geschlossenen Sied- lungen und Sprachinseln unter starken Gruppenbindungen in Ost- und Südosteuropa gelebt haben, wurden in den Jahren 1938-1944 innerhalb des deutschen Herrschafts- gebiets umgesiedelt. Ihr Schicksal war in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Einer- seits befanden sie sich als Angehörige der dominierenden Ethnie auf der Seite der Privilegierten und galten dort, wo sie auf Kosten vertriebener autochthoner Bevölke- rung angesiedelt wurden (in Böhmen, im Warthegau, in Westpreußen-Danzig, in Oberschlesien), als Täter, andererseits war ihnen – nunmehr als Opfer – das Schicksal von Entwurzelung und Vertreibung mehrmals beschieden – zu Beginn und am Ende des Weltkriegs, als sie auf der Flucht vor der Roten Armee ihre „neue Heimat“ wieder aufgeben und nach Westen ziehen mussten. Die Umsiedler des Dritten Reiches sahen sich von ihren neuen Herren auch einer systematischen Diskriminierung ausgesetzt. Sie hatten sich einer rassehygienischen Überprüfung und der Kontrolle ihrer politischen Gesinnung zu unterziehen, nach der sie dann von der VoMi in die „Deutsche Volksliste“ eingruppiert wurden, womit über ihren sozialen und rechtlichen Status und Aufenthaltsort entschieden war. Zu diesem Zweck wurden die Umsiedler nach ihrer Ankunft im Reich in Lagern untergebracht, in denen ihre rassisch-völkische Kategorisierung erfolgte. Im positivsten Fall wurden sie als O-Fälle eingestuft, also für die Ansiedlung im Osten als Wehrbauern mit Aus- sicht auf Land und Besitz, im Gegensatz zu den A-Fällen, denen in der Regel der soziale Abstieg als Hilfsarbeiter im Altreich bevorstand. Außerdem gab es noch die dritte Kategorie der „Deutschen auf Widerruf“ und eine vierte solcher Menschen, die aufgrund rassischer und anderer Merkmale (Sprachkenntnisse) als germanisierbar an- gesehen wurden.5 Bei den Evakuierungsmaßnahmen am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden nur die in den ersten beiden Kategorien eingestuften Personen berücksichtigt. Abgesehen von all diesen unmenschlichen Prozeduren und Vorgängen, auch der lan- gen Lagerzeiten, empfanden die Umsiedler am schlimmsten den Verlust aller Nach- barschafts- und Gruppenbeziehungen, deren Aufrechterhaltung ihnen prinzipiell un- tersagt blieb, also den Verlust ihrer Identität. Sie benötigten nach 1945 Jahrzehnte, um unter äußerst schwierigen Bedingungen in den Nachkriegsjahren eine neue Identi- tät zu finden. Seitdem sich im Sommer und Herbst 1941 die Judenverfolgung unter dem Deck- mantel des Krieges zum Völkermord, zum Genozid hin entwickelt hatte, nahmen die Vertreibungsprozesse immer grausamere Züge an. Dazu gehörten die stufenweise Entrechtung der betroffenen Menschen, deren systematische Expropriation und Be- raubung, der Verlust ihrer Heimat und überwiegend auch ihres Lebens.

1.2 London Vor diesem Hintergrund ist die Debatte über die Neuordnung Europas nach dem Sieg über die Nazis zu sehen, die in Kreisen der britischen Regierung in London in ständi- gem Kontakt mit der tschechoslowakischen und polnischen Exilregierung geführt

5 Ausführlich darüber LENIGER, S. 148-223.

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wurde. In dieser Debatte spielte die Frage eines Bevölkerungstransfers insbesondere der Deutschen aus Ost- und Ostmitteleuropa eine zunehmende Rolle. Dabei ist zu be- obachten: Je näher das Ende des Krieges rückte, desto radikaler fielen die dazu vorge- legten Konzepte aus, d.h. es stieg die Bereitschaft, eine immer größere Zahl von Men- schen und Territorien in den Transfer der deutschen Bevölkerung von Ost nach West einzubeziehen. Das hatte einerseits mit der Ausweitung der Kriegsziele, insbesondere der sowjetischen, zu tun, andererseits auch damit, dass mit der vermehrten Informati- on über deutsche Kriegsverbrechen das Bedürfnis nach Rache und Vergeltung stark zugenommen hatte. In einer am 1. September 1942 vorgelegten Studie des britischen Außenministe- riums waren die wichtigsten politischen Zielvorgaben für den Transfer bereits enthal- ten. In ihr betrachteten britische Experten das Prinzip der ethnischen Entmischung als wirkungsvolles Instrument der Konfliktprävention wie der Konfliktlösung: Denn die deutschen Minderheiten hätten sich als fünfte Kolonne Hitlers instrumentalisieren las- sen und die damit heraufbeschworenen Spannungen seien nur durch ihre endgültige Entfernung zu beseitigen.6 Doch war den Verfassern der Studie noch sehr bewusst, dass durch einen solchen Transfer viele Unschuldige leiden, ihre Existenzbasis verlie- ren und nach Kriegsende vollends dem Elend ausgeliefert sein würden. Die Skepsis der führenden Beamten des Londoner Außenministeriums betreffend die Kontrollier- barkeit der durch den Transfer ausgelösten Vorgänge schlug sich auch in ihren Regie- rungsvorlagen aus dem Frühjahr 1944 nieder.7 In diesen wurden intensiv zwei Fragen diskutiert: zunächst einmal die zeitliche Planung der Vertreibung, für die man einen Zeitrahmen von fünf Jahren als nötig ver- anschlagte, wollte man eine sozial und wirtschaftlich vertretbare Abwicklung des Transfers gewährleisten. Die zweite Frage war die Kontrolle des Transfers in den Vertreibungsgebieten durch Kommissionen, in denen alle drei Großmächte vertreten sein sollten. Doch war man sich darüber im Klaren, dass diese Kommissionen Trup- pen benötigten, um ihre Autorität vor Ort auch durchzusetzen. Dennoch kam man zu dem Schluss, dass der Einsatz britischer Einheiten abzulehnen sei, denn diese würden ihre Arbeit in den Transfergebieten als „grausam, ungerecht und unnötig betrachten“.8 Die Konsequenzen einer solchen Nichtbeteiligung wurden ganz klar darin gesehen, dass die Vertreter der Westmächte nur einen geringen oder gar keinen Einfluss auf den Transfer nehmen könnten, wenn dieser unter der Präsenz der Roten Armee als einziger militärischer Macht abgewickelt werden musste. Zusätzlich machte am 30. Mai 1944 ein leitender Beamter des Foreign Office darauf aufmerksam, dass der größtmögliche Transfer aller Deutschen nur dann durchführbar sein werde, wenn die-

6 Public Record Office London (PRO), FO 371/35261, U1292/58/72. 7 Hier vor allem die abschließende Stellungnahme des „Interdepartmental Committee on the Transfer of German Populations“ der britischen Regierung vom 12. Mai 1944, PRO, FO 371/39092, C6391/220/18,2, sowie das Sitzungsprotokoll dieses Gremiums vom 7. De- zember 1943 (FO 371/33462, C14581/279/18), 15. März 1944 (FO 371/39091, C3590/220/ 18), 11. April und 14. April 1944 (FO 371/39092, C5049/220/18). 8 PRO, FO 371/34460, C4869.

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ser von den Russen ausgeführt wird, denn nur diese sind darauf vorbereitet, „to act ruthlessly and will not be tied down by any agreed rules and regulations“.9 Die vorbe- haltlose und restlose Vertreibung aller Deutschen, durch keine Differenzierung nach individueller Schuld der Betroffenen und sonstige Normen wie etwa Menschen- oder Minderheitenrechte eingeschränkt, das war das erklärte Ziel der britischen Politik. Ei- ne britische Präsenz in den Vertreibungsgebieten wurde deshalb als nicht zweckdien- lich ausgeschlossen. In seiner Unterhausrede vom 15. Dezember 1944 drückte Churchill die Zielset- zung seiner Politik ganz unverblümt aus: „Die Vertreibung ist [...] das befriedigendste und dauerhafteste Mittel. Es wird keine Mi- schung der Bevölkerung mehr geben, wodurch endlose Probleme entstehen. [...] Reiner Tisch wird gemacht werden. Ich bin von der Aussicht einer Entflechtung der Bevölkerung nicht beunruhigt, auch nicht von diesen umfangreichen Umsiedlungen, die durch moderne Hilfsmittel jetzt besser möglich sind als früher.“10 Churchill ging vom Beispiel des griechisch-türkischen Bevölkerungsaustauschs nach dem Vertrag von Lausanne 1923 aus, den er als ein Modell für die Vertreibung der Deutschen nach Kriegsende betrachtete. Auch der amerikanische Präsident Frank- lin Delano Roosevelt (1882-1945) orientierte sich an Lausanne und äußerte sich (1943) in einem Gespräch mit dem britischen Außenminister Robert Anthony Eden (1897-1977): „Wir sollten Vorkehrungen treffen, um die Preußen aus Ostpreußen auf die gleiche Weise zu entfernen, wie die Griechen nach dem letzten Krieg aus der Tür- kei entfernt wurden.“11 Beide Staatsmänner setzten sich damit über wichtige Eckpunkte dieser histori- schen Vertreibungsaktion hinweg, die ihre Administrationen sehr wohl problemati- sierten. Denn der Vertrag von Lausanne sanktionierte nur im Nachhinein die bereits vollzogene Vertreibung der Griechen aus Anatolien, die unter Leid, Greueltaten und Menschenopfern geschehen war. (Die Parallele zu Potsdam ist hier nicht zu überse- hen!) Lord George Nathaniel Curzon (1859-1925), der britische Delegationsleiter bei der Lausanner Friedenskonferenz, der vergeblich gegen diese als Bevölkerungsaus- tausch getarnte Vertreibung Stellung genommen hatte, kritisierte ihn als „eine durch und durch üble und grausame Lösung, für die die Welt in den kommenden 100 Jahren einen hohen Preis zu zahlen haben wird“12. Ausschlaggebend für die machtpolitische Durchsetzung der Vertreibung auf inter- nationaler Ebene waren die Haltung der Großmächte und hierbei insbesondere die

9 PRO, FO 371/39092, C 6391/220/18. Vermerk des Deputy Under-Secretary des Foreign Office, Orme Gaston Sargent, vom 30. Mai 1944. 10 Zit. nach SCHECHTMAN, S. 186. 11 Foreign Relations of the United States. Diplomatic Papers 1943, vol. 3, S. 15; HENKE, S. 50 u. 56, klassifiziert Lausanne als „fixe Idee“ Churchills und der führenden Politiker der Anti-Hitler-Koalition, als legitimen Präzedenzfall für die Vertreibung der Deutschen aus dem östlichen Europa. 12 The Armenian Genocide in the U.S. Archives 1915-1918, Mikrofiche 119, hier zit. nach NAIMARK, S. 73.

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Anpassungsleistung Großbritanniens und der USA an die Kriegsziele der Sowjetuni- on. Denn bis zum Kriegseintritt der Sowjetunion hatten die tschechoslowakische und die polnische Exilregierung von Großbritannien keine offizielle Stellungnahme zu ih- ren Vertreibungsplänen erreichen können. Eine Wende trat erst in dem Augenblick ein, als die britische Regierung wesentliche Details der sowjetischen Kriegsziele, ins- besondere die dezidierte Befürwortung der Vertreibungspläne seitens Josef Stalins, in Erfahrung gebracht hatte. Der britische Außenminister Eden gab nach den im Dezem- ber 1941 geführten Gesprächen mit Stalin seinem Ministerium den Auftrag, ein Gut- achten zur zukünftigen Westgrenze Polens, der ČSR und Jugoslawiens zu erstellen und dabei einen Bevölkerungstransfer einzukalkulieren.13 Das darauf erstellte Gutach- ten mit der Aussage, Deutschland könne 3 bis 6,8 Millionen Vertriebene aufneh- men,14 bildete die Grundlage für die am 6. Juli 1942 gefallene Entscheidung des briti- schen Kriegskabinetts, „in geeigneten Fällen den Transfer deutscher Minderheiten aus Ostmittel- und Südosteuropa nach Deutschland zu befürworten“.15 Nach Ansicht des Foreign Office könnten die Staaten dieser Region ihre Unab- hängigkeit zwischen Deutschland und einer nach Westen vorgeschobenen Sowjetuni- on nur bewahren, wenn sie sich zu Konföderationen zusammenschließen, ihre strate- gische und wirtschaftliche Position auf deutsche Kosten stärken und nicht durch gro- ße deutsche Minderheiten in ihrem Innern geschwächt würden.16 So reagierte London auf die für die britische Politik überraschend deutlich gewordenen sowjetischen Kriegsziele, durch die Westverschiebung Polens und den Transfer der deutschen Minderheiten aus Osteuropa Polen die Abtretung seiner Ostgebiete zu erleichtern. Im Falle Polens ist die Besonderheit hervorzuheben, dass hier die Vertreibung primär als Folge von Gebietskompensationen durch die von der Sowjetunion diktierte Ost-West- Verschiebung des Landes in Gang gesetzt wurde. Sie war somit untrennbar mit der Regelung der zukünftigen Grenzen des Landes verbunden.

1.3 Prag Mit dem tschechoslowakischen Staatspräsidenten Edvard Beneš (1884-1948) im Lon- doner Exil teilte die britische Regierung zwar die Meinung, dass das Vorkriegssystem der Minderheitenschutzverträge versagt habe, ging aber mit ihren eigenen und ganz selbständigen Überlegungen weit über die anfänglich eher gemäßigten und auf eine Teillösung orientierten Vorstellungen von Beneš hinaus. Hingegen hat Beneš wiede- rum „erstaunlich lange“, nämlich noch bis 1944, an seiner Kompromisslösung: Teil- abtretung deutsch besiedelter Grenzstreifen, Teilvertreibung der Deutschen, Assimila- tion der Restminderheit, festgehalten.17 Die harte britische Linie ist auch an der

13 BRANDES, Großbritannien, S. 246 f.; DERS., Weg. 14 Memorandum des Foreign Research and Press Service, unterzeichnet von A.J. Toynbee, vom 12. Februar 1942, PRO, FO 371/30930, C2167/241/18. 15 War Cabinet Conclusions vom 6. Juli 1942. CAB 65/27. Hier zit. nach BRANDES, Weg, S. 149. 16 Vgl. BRANDES, Großbritannien, S. 246 f. 17 BRANDES, Alternative.

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Schlussfolgerung des britischen Interministeriellen Ausschusses für den Transfer deutscher Bevölkerung vom Mai 1944 erkennbar, der die vollständige Aussiedlung aller Deutschen einer Teilvertreibung vorzog.18 Außenminister Eden bezeichnet es daher im Juli 1944 als das erklärte Ziel der britischen Regierungspolitik, „dass alle Deutschen zurück nach Deutschland gehen sollten“.19 Der besagte Ausschuss warnte auch vor einer Garantie von Minderheitenrechten, da eine solche den Transfer nur er- schweren würde. Wer dennoch bleiben wolle, müsse mit seiner völligen „Entgermani- sierung“ rechnen. Im Unterschied zu Beneš legte aber London großen Wert darauf, dass der Transfer nicht sofort und spontan, sondern auf organisierte Weise innerhalb eines festen, auf mehrere Jahre anberaumten Zeitplans abgewickelt werden müsse, denn „schnelle und ungeordnete Transfers würden ein unkalkulierbares Maß mensch- lichen Leidens verursachen, wie dies Hitlers Vertreibungen gezeigt haben“20. Die USA haben sich diesem britischen Standpunkt, wie er auch im Vertreibungs- beschluss der Potsdamer Konferenz seinen Ausdruck fand, angeschlossen, nämlich den „transfer of populations in orderly and human manner“ durchzuführen. Die ent- scheidende Diskussion auf der 8. Plenarsitzung der Potsdamer Konferenz am 31. Juli 1945 machte den eigentlich nur formalen Dissens zwischen Ost und West noch ein- mal deutlich. Gegenüber dieser von den Westmächten mit Nachdruck gewünschten Vertragsformel demonstrierte Stalin sein tiefgehendes Unverständnis mit dem Argu- ment, dass der Prozess bereits im Gange sei und jede Regelung zu spät komme.21 Die Westmächte benötigten diese Vertragsformel jedoch aus zwei Gründen: zum Ersten um die wilde Phase der Vertreibung in die geregelte zu überführen, zum Zweiten um den ungeheuerlichen Vorgang der Millionen umfassenden Massenvertreibung vor der eigenen Öffentlichkeit zu kaschieren.

1.4 Prag und Budapest: Gemeinsamkeiten und Unterschiede Die Gemeinsamkeiten sind in acht Punkten zusammenzufassen: 1. Beide Regierungen haben von sich aus die Initiative zur Vertreibung ergrif- fen, die tschechoslowakische bereits Anfang der 1940er Jahre noch in ihrem Londoner Exil, die ungarische im Mai 1945.22

18 PRO, FO 371/39092-C6391. Report vom 12. Mai 1944. 19 PRO, FO 371/39092-C9721. 20 PRO, FO 371/39092-C6110. 21 PRO, FO 371/46811-C4538. 22 Drei Tage nach der deutschen Kapitulation berichtete der britische Diplomat aus Budapest, Alvary D.F. Gascoigne (1893-1970, Chef der britischen diplomatischen Vertretung in Bu- dapest vom Januar 1945 bis Juni 1946), der ungarische Außenminister János Gyöngyösi sei am 12. Mai 1945 an ihn mit der Frage herangetreten, welche Haltung die britische Regie- rung zu einer Deportation von 200 000 ungarischen Schwaben aus Ungarn nach Deutsch- land einnehme. – PRO, FO 371/46810, C 2453. Die Konferenz der Koalitionsparteien, die sich für die Aussiedlung der Volksbundmitglieder aussprach, fand am 14. Mai 1945 statt. Der Brief des Außenministers Gyöngyösi mit dem formellen Antrag auf Aussiedlung von 200 000 bis 250 000 Ungarndeutschen an die Alliierte Kontrollkommission trägt das Da-

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2. Beide Regierungen setzten sich mit ihrer Initiative das Ziel, mit der Vertrei- bung die ethnische Homogenität ihrer Länder als Endziel nationalstaatlicher Politik zu erreichen und ethnischen Pluralismus innerhalb ihrer Staatsgrenzen endgültig zu beseitigen. Die politische Elite beider Länder betrachtete die weltpolitische Konstellation nach dem Sieg der Alliierten als die günstigste Möglichkeit, sich aller ihrer Deutschen zu entledigen. So erklärte Staatsprä- sident Beneš bei seinem Treffen mit Stalin am 16. Dezember 1943: „Die Niederlage Deutschlands gibt uns die einzigartige historische Möglichkeit, das deutsche Element radikal aus unserem Staat zu entfernen.“23 Und zwei Jahre später äußerte sich der ungarische Minister József Antall (1896-1974) ganz ähnlich, die vorherrschende Meinung der politischen Entscheidungsträ- ger in der Ministerratssitzung vom 22. Dezember 1945 zusammenfassend: „Vom nationalitätenpolitischen Standpunkt ist es unzweifelhaft im Interesse Ungarns, dass die Deutschen in umso größerer Zahl das Land verlassen. Nie- mals wird eine solche Gelegenheit wiederkehren, sich von den Deutschen zu be- freien“24. 3. Beide Regierungen bedienten sich der propagandistischen Diffamierung und Dämonisierung ihrer deutschen Minderheit als „fünfte Kolonne“, als „Staat im Staat“, als „Quartiermacher Adolf Hitlers“ im eigenen Land. Im Falle der Tschechoslowakei wurden die Sudetendeutschen für die Zerschlagung der Tschechoslowakei mit dem Münchner Abkommen von 1938 verantwortlich gemacht, im Falle Ungarns für die deutsche Besetzung des Landes am 19. März 1944 und deren Folgen. 4. Die daraus abgeleitete These von der Kollektivschuld der Deutschen hatte in beiden Ländern deren Kriminalisierung zur Folge, den Verlust ihrer politi- schen Rechte, insbesondere der Staatszugehörigkeit, schließlich die Konfis- kation und Enteignung ihres Vermögens. Die These von der Kollektivschuld stieß bei den Westmächten allerdings auf einhellige Ablehnung. Vergeblich war die britische Regierung darum bemüht, die tschechoslowakische Exilre-

tum 26. Mai 1945. Vgl. dazu BALOGH, Aussiedlung, S. 227. Auf den Zusammenhang der Deutschenvertreibung mit der Vertreibung von Magyaren aus den Nachbarländern, vor al- lem aus der Tschechoslowakei, kam Gascoigne bereits am 4. Juni 1945 zu sprechen, als er seiner Regierung nach London berichtete: „All I can say at the moment is that the matter is considered an urgent one, not so much because it is required to rid Hungary of his former fifth column, but because the influx into Hungary of Hungarians deportees from Czecho- slovakia and Romania is increasing and space and accommodation is required for them. With other words it is desired, where possible, to replace the Schwaben by the Hungarian deportees but that is not being noised abroad.“ – PRO, FO 371/46710, C 3176. Zur briti- schen Politik betreffend die Vertreibung der Deutschen aus Ungarn und Ostmitteleuropa vgl. SEEWANN, Vertreibungsprozeß. 23 Nacional’nyj vopros v Vostočnoj Evrope, S. 231. 24 Tildy Zoltán kormányának minisztertanácsi jegyzőkönyvei 1945. november 15. – 1946. február 4, S. 346.

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gierung davon zu überzeugen, bei der von ihnen geplanten Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei auf jegliche Schuldzuweisung zu ver- zichten und anstelle einer moralischen Begründung nur eine politische anzu- führen. Prag wie Budapest wollten und konnten auf moralisch-ethische Kate- gorien nicht verzichten, die Emotionen waren zu stark, als dass sich eine ra- tionale, rein politisch ausgerichtete Argumentationslinie für die Vertreibung hätte durchsetzen können. 5. Das Umverteilungspotenzial des deutschen Eigentums war wahrscheinlich der politisch wie gesellschaftlich wirksamste Motor der Vertreibung. Ungarn konnte dabei auch auf Erfahrungen mit dem Umverteilungspotenzial des jü- dischen Eigentums im Zuge der Judenverfolgung ab 1938 zurückgreifen. Die Historikerin Emilia Hrabovec schreibt in Hinblick auf die tschechische Ge- sellschaft: „Das, was die Politiker euphemistisch als Verbindung der nationalen mit der so- zialen Revolution bezeichneten, präsentierte sich dem kleinen Mann auf der Straße als eine einmalige Chance, beim allgemeinen Ausverkauf des deutschen Besitztums auch für sich etwas zu erbeuten, seine materielle Lage zu verbessern und den sozialen Aufstieg zu schaffen.“25 Wo es eine Auswahlmöglichkeit unter den zu Vertreibenden gab wie in Ungarn, wurden primär und konsequent alle diejenigen vertrieben, die einen verteilenswerten Besitz aufzuweisen hatten, völlig unabhängig von ihrer tat- sächlichen politischen Aktivität und Einstellung vor 1945. Gerade dieses Umverteilungspotenzial hat sowohl der Binnenmigration und der Bodenre- form als auch der Vertreibung in Ungarn die Richtung gewiesen, wie die His- torikerin Ágnes Tóth gezeigt hat.26 Wie wirkungsmächtig das Umvertei- lungspotenzial des deutschen Eigentums anzusetzen ist, verdeutlicht auch die Tatsache, dass alle Vertreibungsregime bereits in den ersten Tagen ihrer Machtergreifung Dekrete und Gesetze zur Konfiskation und Enteignung deutschen Besitzes und Vermögens erlassen haben: so Jugoslawien am 21. November 1944, Ungarn am 27. Februar 1945, Polen am 2. März, die Tsche- choslowakei im Regierungsprogramm von Kaschau/Košice vom 17. Februar 1945, sowie mit Dekret vom 19. Mai und 21. Juni 1945. 6. Zur Legitimation von Enteignung und Umverteilung wurden auch ge- schichtspolitische Argumente bemüht. So hieß es in Ungarn in Anspielung auf die Einwanderung der Schwaben im 18. Jahrhundert: „Mit einem Bündel sind die Schwaben ins Land gekommen, mit einem Bündel sollen sie wieder gehen.“27 In Tschechien wurde die Vertreibung als logischer Höhepunkt der

25 HRABOVEC, Zitat S. 135. 26 TÓTH, Telepítések. 27 Der die Pressekampagne für die Vertreibung eröffnende Zeitungsartikel von Imre Kovács, dem führenden Politiker der Nationalen Bauernpartei, trug diesen Titel: „A svábság egy ba- tyuval jött ide, egy batyuval is menjen.“ – Szabad Szó vom 10. April 1945.

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nationalen Geschichte herausgestellt, an dem historische Gerechtigkeit für jahrhundertelange Unterdrückung (seit der Schlacht am Weißen Berg 1620) geübt und Wiedergutmachung für die vom Feind angerichteten Schäden ein- gefordert werden konnte. 7. Die Vertreibung wurde in beiden Ländern von einem breiten Grundkonsens innerhalb der Gesellschaft getragen und damit gebilligt. Es gab nur wenige Stimmen und kleine Gruppen, die sich kritisch bis ablehnend geäußert haben. Herausgegriffen werden soll hier als ungarisches Beispiel nur Kardinal József Mindszenty (1892-1975), der  selbst ungarndeutscher Abstammung  in ei- nem Brief vom 12. Mai 1946 an die britische Regierung die Einstellung der Vertreibung mit folgenden drei Argumenten forderte: Zum einen sei diese inhuman und ungerecht, weil auch patriotische Deutsche vertrieben würden; zum anderen würde Deutschland durch die Vertriebenen allzu schnell wieder gestärkt und schließlich würde durch diesen Vorgang die Macht der Slaven und Russen in Mitteleuropa gefährlich zunehmen.28 8. Die Vertreibung diente als wirksames Instrument zur Durchsetzung der poli- tischen Ziele aller Parteien: Ein gesamtgesellschaftlicher Grundkonsens in puncto Vertreibung stellte sich deshalb so rasch und reibungslos ein, weil sich mit der Vertreibung die politischen Ziele sowohl des bürgerlich-rechten Lagers als auch der Linken, insbesondere der Kommunisten, realisieren lie- ßen. Die Rechte feierte mit der Vertreibung den Vollzug des Nationalstaats; mit den Worten von Edvard Beneš in dessen Rundfunkansprache vom 17. Februar 1945: „Die Endlösung der Frage unserer Deutschen und Magyaren muss vorbereitet werden, da die neue Republik ein tschechoslowakischer Nationalstaat sein wird.“29 Die Linke setzte die durch die Vertreibung möglich gewordene Umvertei- lung (vor allem von Agrarland im Rahmen der Bodenreform) im Interesse ihrer Anhängerschaft ein, um mehr Anhänger für sich zu gewinnen. Die Be- seitigung des Klassenfeinds, nämlich des westlich orientierten deutschen Bürgertums und der wohlhabenden deutschen Bauern, verbunden mit der Förderung des deutschen Agrar- und Industrieproletariats, das ganz gezielt in Ungarn, zum kleineren Teil auch in Tschechien und in Polen von der Vertrei- bung verschont blieb, schließlich die Wellen von Enteignung und Entrech- tung, die über das deutsche Element hinausgehend alsbald nationale Züge an- nahm und die ganze Gesellschaft ergriff, das alles bildete wesentliche Statio- nen auf dem Weg zur kommunistischen Machtergreifung Ende der 1940er Jahre. Die Entrechtung und Enteignung einer Bevölkerungsgruppe ist als wichtige, gleichsam experimentelle Vorstufe für die darauffolgende Entrech-

28 PRO, FO 371/55305, C6426. Dieser Brief ist bis heute unveröffentlicht geblieben. 29 KAPLAN, S. 25.

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tung und Enteignung einer ganzen Gesellschaft zu sehen, wie sie die Kom- munisten nach ihrer Machtergreifung durchgesetzt haben. Was waren nun die Unterschiede, die in puncto Vertreibung zwischen Prag und Budapest auszumachen sind? Unterschiede sind vor allem in der Abwicklung der Vertreibungsmaßnahmen festzustellen. Die tschechoslowakische Regierung setzte wie übrigens auch die polnische vor allem darauf, mit und nach Kriegsende in mög- lichst kurzer Zeit möglichst viele Deutsche aus ihrem Land zu vertreiben. Für diese Phase der sogenannten „wilden Vertreibung“, die besonders viele Opfer gefordert hat, besaß die Prager Regierung die Unterstützung der sowjetischen Führung. Das Kalkül beider Regierungen in Prag und Warschau war, die westlichen Alliierten vor vollen- dete Tatsachen zu stellen, so dass London und Washington gar nichts anderes übrig bleiben sollte, als das Ergebnis der Vertreibung nachträglich zu sanktionieren. Zentra- le Stimulierung der Vertreibungsmaßnahmen und lokale Aktionen vor Ort in den Ver- treibungsgebieten führten oft zu unkontrollierten, von Rache und Vergeltung geleite- ten Gewaltakten, wobei die Täter, „Revolutionäre“, „Nationalausschüsse“ und frisch aufgestellte Polizeieinheiten, den rechtsfreien Raum und das vorübergehende Macht- vakuum eines Systemwechsels für Vertreibung und Besitzkonfiskation geschickt zu nutzen wussten. Die Phase der „wilden Vertreibung“ hat es in Ungarn mit wenigen Ausnahmen, etwa den brutalen Maßnahmen des Regierungsbeauftragten für die Ansiedlung der Szekler, György Bodor (1904-1976), im Komitat Tolna nicht gegeben. Einer der Gründe dafür ist wohl in der Tatsache zu sehen, dass Ungarn als „letzter Verbündeter Hitlers“ einer wesentlich stärkeren Kontrolle durch die Siegermächte unterlag und deshalb das politische Kalkül, mit willkürlichen Maßnahmen die Alliierten unter Druck zu setzen, von vornherein ausgeschlossen blieb. Allerdings ging der geregelten Massenaussiedlung eine Phase der Entrechtung, Enteignung und massenhaften Inter- nierung der Ungarndeutschen voraus, die im Februar 1945 einsetzte und für viele bis 1948 andauerte. Ein zweiter bedeutsamer Unterschied ist, dass ungefähr die Hälfte der Ungarndeutschen in Ungarn verbleiben konnte, obwohl die am 29. Dezember 1945 erlassene Aussiedlungsverordnung die Vertreibung aller Deutschen vorgesehen hatte. Als sich ab 19. Januar 1946 die Vertriebenenzüge in Richtung amerikanische Besatzungszone Deutschlands in Bewegung setzten, gab es Treuebekundungen zur ungarischen Heimat, die in der Tschechoslowakei einfach unvorstellbar gewesen wä- ren. Die ungarndeutschen Bauern und Bürger sangen die ungarische Nationalhymne und viele teilten das Gefühl, die Heimat nur vorübergehend, sozusagen strafweise und damit auf Zeit, verlassen zu müssen. Der größte Unterschied zwischen Prag und Bu- dapest bestand darin, dass für die überwiegende Mehrheit der Vertriebenen das Band der Zugehörigkeit zur ungarischen Heimat und zur ungarischen Kultur noch nicht durchschnitten oder verloren gegangen war, und für viele Vertriebene, die sich nach langen Jahren doch in die deutsche Gesellschaft integrierten, integrieren mussten, ist das bis in die Gegenwart auch so geblieben.

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2 Die Vertreibung der Deutschen aus Ungarn

Die Initiative zur Vertreibung der Deutschen aus Ungarn ging einerseits von der poli- tischen Führung des Landes, anderseits von der tschechoslowakischen Regierung aus.30 Mit Ausnahme der Sozialdemokraten traten alle in der provisorischen Natio- nalversammlung vertretenen Parteien31 für eine teilweise oder vollständige Vertrei- bung der Ungarndeutschen ein. Ihre Konferenz vom 14. Mai 1945 machte diesen Konsensus bereits klar.32 Von Anfang an stand Ungarn jedoch auch unter dem Druck der Tschechoslowakei, die möglichst viele der in der Slowakei beheimateten Magya- ren nach Ungarn abschieben wollte und  um für diese Platz zu schaffen  sich bei den Siegermächten für die Vertreibung aller Ungarndeutschen einsetzte.33 Aus diesen Gründen ersuchte die ungarische Regierung bereits am 26. Mai 1945 die Siegermäch- te um deren Zustimmung zur Vertreibung von 200 000 bis 250 000 „faschistischen“ Ungarndeutschen.34 Eine solche wurde schließlich mit dem Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 erteilt. Darauf fasste die ungarische Regierung am 13. August den Beschluss, eine „Aus- siedlung“ vorzunehmen, konnte sich jedoch noch nicht auf eine Definition des auszu- siedelnden Personenkreises einigen. Diese Definition lieferte erst viel später der Re- gierungsbeschluss vom 22. Dezember und die daraufhin ausgearbeitete Regierungs- verordnung Nr. 12330/1945 vom 29. Dezember 1945 über die „Aussiedlung“ der Ungarndeutschen, die vorsah, aufgrund des Prinzips der Kollektivschuld mit 500 000 Personen eigentlich alle Deutschen zu vertreiben, d.h. alle diejenigen, die sich bei der

30 TÓTH, Migrationen; ungar. Originalausg.: TÓTH, Telepítések; SEEWANN, Geschichts- schreibung; DERS., Vertreibungsprozeß; BALOGH, Aussiedlung; DERS., Bevölkerungsab- kommen; FEHÉR, Kitelepítése; ZIELBAUER, Évtizede; ohne Berücksichtigung des neueren Forschungsstandes, beispielsweise der Arbeiten von Ágnes Tóth, und mit einer schlechten deutschen Übersetzung ist noch die zweisprachige Monografie des Rechtshistorikers ZIN- NER zu nennen. 31 Unabhängige Kleinlandwirte-, Landarbeiter- und Bürgerpartei, Sozialdemokratische Partei, Ungarische Kommunistische Partei, Nationale Bauernpartei, Bürgerlich-Demokratische Partei. 32 Anwesend waren die Vertreter der Nationalen Bauernpartei: Ferenc Erdei, Imre Kovács und Péter Veres, der Sozialdemokratischen Partei: Árpád Szakasits und Vilmos Zentai, von der Unabhängigen Kleinlandwirtepartei János Gyöngyösi, von der Kommunistischen Partei Mátyás Rákosi und der parteilose Graf Géza Teleki. 33 KAPLAN, insbes. S. 96-180. 34 Die britische Regierung wurde erstmals am 12. Mai von ihrem diplomatischen Vertreter Sir Alvary Gascoigne aus Budapest über die Vertreibungspläne der ungarischen Regierung in- formiert. – PRO, FO 371/46810-C2453. Die erste Reaktion aus London war negativ: „We should certainly oppose these transfers. The problem of the transfer of Germans from Po- land and Czechoslovakia will be quite unmanageable enough, and I see no reason, why we should in addition facilitate the expulsion of a German minority from Hungary, an ex- enemy state“, teilte das Foreign Office Gascoigne am 21. Mai 1945 mit.

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Volkszählung von 1941 sowohl zur deutschen Nationalität als auch zur deutschen Muttersprache bekannt hatten.35 Nur wenige haben ihre Stimme erhoben gegen diese Massenhysterie, gegen die Il- lusion, auf der Grundlage von Unrecht und Unmenschlichkeit eine vorteilhaftere Ausgangsposition für die eigene Nation erlangen zu können. István Bibó (1911-1979) beispielsweise bezeichnete die „Enteignung der Mobilien nur ganz einfach als Raub [...] Deshalb sollten wir, wenn nicht auf die Schwaben, so doch auf uns selbst Rücksicht nehmen und nicht vergessen, dass das Leben mit geraubtem Gut eine Demoralisierung bedeutet, die einen schwerwiegenderen Verlust verursacht als den eigentlichen wirtschaftlichen Wert des Gutes selbst.“36 Doch es ging gerade um das „Gut“, nämlich Haus und Hof, Grund und Boden, das verdeutlichte Innenminister Ferenc Erdei (1910-1971) im Mai 1945, als er davon sprach, dass eine „umfassende Lösung der Schwabenfrage eigentlich deshalb akut geworden ist, weil die un- garische Bevölkerung, die über die Grenzen gekommen ist, untergebracht werden muss und das arme Bauernvolk aus den übervölkerten Agrargebieten des Landes Land erhalten und umgesiedelt werden muss.“37 Der damalige evangelische Bischof Lajos Ordass (1901-1978) verurteilte die Ver- treibung als einen „Bevölkerungstausch, der an faschistische Methoden erinnert“, und als einen „selbstmörderischen Schritt der ungarischen Nation, denn wenn dieser aus- geführt ist, haben wir selbst an Zahl und an Kraft verloren“38. Der Protest auch der katholischen Bischofskonferenz und einiger weniger Persön- lichkeiten des öffentlichen Lebens kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass über die Vertreibung selbst innerhalb der ungarischen Gesellschaft ein parteiübergreifender Konsensus bestand, von dem sich nur die Sozialdemokraten – allerdings sehr zöger- lich und wenig wirkungsvoll – distanzierten. Der kommunistische Parteiführer Mátyás Rákosi (1904-1971) verteidigte die Anwendung des auf der Ministerratssit- zung vom 21. Dezember 1945 beschlossenen Prinzips der Kollektivschuld der Deut- schen, mit dem ihre Vertreibung legitimiert wurde, mit Worten, die die Verantwor- tung dafür bereits damals auf die Siegermächte abzuwälzen suchten: „Die Vertreibung der Deutschen haben nicht wir erfunden. Deshalb haben wir jetzt nur den Weg eingeschlagen, um den Entscheidungen der demokratischen Großmächte und der de- mokratischen öffentlichen Meinung Folge zu leisten und wir würden nur eine riesige Uner-

35 Auch die Familie der ungarischen Fußballlegende Ferenc Puskás zitterte davor, aus Ungarn vertrieben zu werden. Denn sie „hatte bis vor nicht allzu langer Zeit Purczeld geheißen, […] ihre Wurzeln lagen irgendwo in Deutschland“. – KASZA, S. 26, unter Berufung auf TAYLOR/JAMRICH, S. 16. 36 TÓTH, Bibó, S. 352. 37 Hier zit. nach TÓTH, Migrationen, S. 48. 38 TÓTH, Hazatértek, S. 15.

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fahrenheit in außenpolitischer Hinsicht bekunden, wenn das Ungarntum es ablehnte, das deutsche Volk kollektiv zur Verantwortung zu ziehen.“39 Die Frage der ungarischen Flüchtlinge aus den Nachbarländern und der deutschen „Aussiedler“ war von Anfang an miteinander verknüpft. Darauf wies bereits die Gründung des Amts für Volksfürsorge (Népgondozó Hivatal) am 10. Mai 1945 hin, das für beide Bereiche zuständig war, dem Innenministerium unterstand und ab dem 2. Juli auch für alle Ansiedlungsvorgänge zuständig war, die mit den „auszusiedeln- den faschistischen Deutschen“ zusammenhingen. Allmählich erkannten die mit der Bodenreform beschäftigten Behörden, dass die am 17. März 1945 verfügte Aufhebung des Großgrundbesitzes und dessen Verteilung sowie die mit der gleichen Verordnung verfügte Konfiskation des Besitzes der Anfüh- rer und Mitglieder des Volksbundes nicht ausreichen würden, um den Landhunger der besitzlosen Bauern aus Ostungarn sowie den Bedarf an Unterkünften seitens der nach Ungarn strömenden Flüchtlinge zu befriedigen. Deshalb wurde der für die Besitzkon- fiskation vorgesehene Personenkreis ständig erweitert. Als im November 1945 kein Boden für die im Rahmen der Bodenreform angebotene Neuansiedlung mehr zur Ver- fügung stand, andererseits der Strom der Binnenmigration landhungriger Bauern von Nord- und Ostungarn sich noch immer ungebremst in Richtung Südtransdanubien und dem Donau-Theiß-Zwischenstromland ergoss, erblickte man in der Anwendung des Prinzips der Kollektivschuld das wirkungsvollste Instrument, durch eine Verteilung des gesamten „deutschen Besitzes“ den noch immer offenen Bedarf an Grundstücken zu decken.40 Dies war ein glatter Bruch mit dem Beschluss vom Frühjahr 1945, Einzelpersonen auf ihr individuelles Verhalten als Grundlage für eine eingeschränkte Aussiedlungs- aktion zu überprüfen. In insgesamt 503 Landgemeinden wurden durch Ausschüsse die Schwaben auf ihre „Treue zu ungarischen Nation“ untersucht. Das waren 273 000 Personen, die sich in der Volkszählung von 1941 zur deutschen Nationalität und zur deutschen Muttersprache bekannt hatten. Die 30 000 Personen mit demselben Dop- pelbekenntnis, die jedoch in Städten wohnten, blieben unberücksichtigt. Daneben gab es noch ein im Sommer begonnenes, differenzierteres Verfahren, das die Deutschen auf vier Tätergruppen aufteilen sollte, jedoch nur einen Teil des Ungarndeutschtums erfasste, insgesamt 69 520 Personen, die von 68 Bezirksausschüssen in 96 Gemeinden beurteilt wurden. Am 10. November 1945 legten die 68 Ausschüsse ihr Ergebnis vor, während das Ergebnis der „Treue-Ausschüsse“ niemals dokumentiert wurde41:

39 Ebenda, S. 13. 40 Ausführlich dazu siehe TÓTH, Migrationen, S. 70-108. 41 PRO, FO 371/46816-C9225. Publiziert von SEEWANN, Vertreibungsprozeß, S. 74-76; auch in TÓTH, Migrationen, S. 58.

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Personen Anteil Zuordnung zu Tätergruppen nach § 4 der Regierungsver- ordnung 3820/1945 6 952 10% Führer des Volksbundes, Waffen-SS-Freiwillige 19 465 28% Mitglieder des Volksbundes, der Hitlerjugend 22 246 32% Sympathisanten des Volksbundes 20 857 30% Weder Führer noch Mitglieder noch Sympathisanten

Dieses Ergebnis wurde von Außenminister János Gyöngyösi auf die Gesamtzahl der Ungarndeutschen hochgerechnet, aufgrund dessen er in seinem Schreiben vom 1. Dezember 1945 an die alliierten Mächte die Gesamtzahl der auszusiedelnden Schwaben auf 200 000 bezifferte. Es ist freilich nur Zufall, dass diese Zahl mit der Gesamtzahl der tatsächlich Vertriebenen mehr oder weniger identisch war, denn es waren ganz andere Kriterien, die in der Vertreibungspraxis zur Geltung kamen. Die Aussiedlungsverordnung vom Dezember 1945 machte jedoch die ganze Ar- beit der zahlreichen Untersuchungsausschüsse vor Ort mit einem Schlag zunichte, denn das von ihr angewendete Prinzip der Kollektivschuld als Grundlage zur Be- stimmung der Auszusiedelnden schob die Frage nach der individuellen Schuld als Kriterium der Aussiedlung vollkommen beiseite.42 István Bibó hat als damaliger Leiter der Abteilung Öffentliche Verwaltung des In- nenministeriums das Prinzip der Kollektivschuld als Unrecht gebrandmarkt und auf die Gefahren in der praktischen Durchführung sowie die Elemente hingewiesen, die an die Judendeporationen von 1944 erinnerten.43 Scharf kritisiert wurde die Verord- nung auch von Nándor Keszthelyi (1908-1976), dem Leiter der Abteilung für Interna- tionale Angelegenheiten im Innenministerium, der hervorhob: „Es ist unmöglich, die- jenigen in die Aussiedlung miteinzubeziehen, die sich zur deutschen Muttersprache bekennen.“44 István Kertész (1904-1986), Leiter der Abteilung für Friedensvorbereitung des Außenministeriums, machte unter Hinweis auf die ungarischen Minderheiten in den Nachbarländern darauf aufmerksam, dass es der Überzeugung der Alliierten „wider- spräche, wenn ungarische Bürger auf Grund ihrer ethnischen Herkunft ausgesiedelt würden“, wodurch die ungarische Aussiedlungsverordnung betreffend die ungari- schen Schwaben als „Muster und Präzedenzfall“ für ähnliche Verfahren gegen die Magyaren in der Tschechoslowakei, in Jugoslawien und in Rumänien dienen könnte. Abschließend bezeichnet er „die gesamte Konstruktion und den Geist der Verordnung als eine getreue Kopie der antisemitischen Verordnungen Ungarns“ aus den Jahren vor 1945.45

42 Magyar Közlöny vom 29. Dezember 1945; Text mit der Ausführungsverordnung vom 4. Januar 1946 in: A magyar állam és a nemzetiségek, S. 316-319 u. 323-330; auch in: Do- kumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ostmitteleuropa. Bd. 2, S. 91E-104E. 43 Siehe dazu den Text seines Memorandums im Quellenanhang. 44 TÓTH, Migrationen, S. 62. 45 Ebenda, S. 63.

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Da von den Behörden bereits ab Frühjahr 1945 zur quantitativen Erfassung der Deutschen in Ungarn, insbesondere der „Muttersprachler“, die diesbezüglichen Er- gebnisse der Volkszählung aus dem Jahr 1941 als Datengrundlage herangezogen wurden, meldete sich auch der Präsident des Statistischen Zentralamts, Dezső Elekes (1889-1965), zu Wort. Er verwies auf die Rechtsgrundlage der Volkszählung von 1941, der zufolge „die vollkommen freie Eintragung jeglicher Nationalität oder Mut- tersprache später keinerlei politische oder sonstige Nachteile mit sich bringen soll- te“.46 Gegen die noch dazu unkritische Auswertung dieser Daten protestierte er auch mit dem Argument, deren Verwendung zum Zweck der Aussiedlung werde den Wahrheitsgehalt künftiger statistischer Erhebung erheblich gefährden. Damit sollte Elekes Recht behalten, so dass bis in die Gegenwart hinein keine ungarische Volks- zählung mehr ein zahlenmäßig einigermaßen zutreffendes Bild von der tatsächlichen Zahl der Ungarndeutschen zu vermitteln vermag. Eine „wilde Vertreibung“ hat es in Ungarn – mit Ausnahme der allerdings nicht grenzüberschreitenden Bodor-Aktion – nicht gegeben. Doch setzte bereits mit den ersten Verordnungen ab Ende Februar 1945 die Entrechtung, Enteignung und mas- senhafte Internierung der Schwaben in Sammellagern und damit ihre Zwangsumsied- lung innerhalb des Landes ein. Ziel dieser Maßnahmen war es, schwäbische Bauern- höfe mit ihrem Grund und Boden so schnell wie möglich einerseits an ungarische Flüchtlinge vor allem aus der Tschechoslowakei, andererseits an landhungrige Zwerg- bauern aus Ostungarn zu verteilen. Im Komitat Tolna ist durch sein brutales Vorge- hen insbesondere György Bodor aufgefallen, der im Frühjahr 1945 die Deutschen aus ihren Bauernhöfen in der Völgység hinauswerfen ließ, um in diesen Szekler unterzu- bringen, die ursprünglich im Jahre 1941 von der Bukowina in die Batschka umgesie- delt worden waren und von dort wiederum nach Kriegsende von den jugoslawischen Behörden als „landfremde Elemente“ vertrieben wurden. Im Zeitraum vom 25. April bis Anfang Juni 1945 hatte Bodor aus 25 Gemeinden 4 350 deutsche Familien (rund 12 500 Personen) vertrieben, um dort 2 446 Szeklerfamilien anzusiedeln. Die von Mitwirkenden beschriebene Methode war immer die gleiche: Im Morgengrauen wur- de ein Dorf (wie beispielsweise Mórágy) von der Polizei umzingelt, die Dorfbewoh- ner wurden auf einer Wiese zusammengetrieben, „und es wird jeder, dessen sie hab- haft werden können, in das Ghetto mitgenommen, in das Schloß Lengyel“, in dem unbeschreibliche Zustände herrschten und Massenquälereien einschließlich Verge- waltigungen an der Tagesordnung waren.47 Um den ankommenden Flüchtlingen, Binnenmigranten und magyarischen Aussiedlern aus der Slowakei Platz zu machen, mussten viele Familie schon ab dem Frühjahr 1945 ihre Häuser verlassen und zu Verwandten ziehen. Häufig jedoch wurden sie in Internierungslagern wie Tevel ge- sammelt, aus denen sie auch zur Zwangsarbeit herangezogen werden konnten. Erst nach Monaten, manche sogar erst nach Jahren, bestiegen sie die Züge, die sie nach

46 Ebenda, S. 65; dazu detailliert mit Edition zahlreicher Quellen: A magyarországi németek kitelepítése és az 1941.évi népszámlálás; BANK/ŐZE. 47 BODOR; FÜZES, Forgószél; KŐHEGYI/TÓTH; ÖSY-OBERDING; SAJTI, Telepítés; TÓTH, Inter- nálótábor.

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Deutschland, in das heutige Baden-Württemberg oder nach Sachsen brachten. Ein normales Leben, einen geregelten Lebensunterhalt gab es für viele über ein Jahrzehnt nicht mehr, sie blieben für lange Zeit entwurzelt und traumatisiert. Das Beispiel der Szekler und der aus der Slowakei vertriebenen Magyaren zeigt, dass jegliche Umsiedlungs- und Vertreibungsaktion fortwährend neuerliche nach sich zog und damit die Wirkungsspirale der gewaltsamen Entwurzelung, Enteignung und Entrechtung immer größere Bevölkerungskreise erfasste. Nach der Ausweisungsverordnung wurde vertrieben, wer sich 1941 zur deutschen Nationalität und zur deutschen Muttersprache bekannt hatte, dem Volksbund angehör- te, in der Waffen-SS diente und seinen Familiennamen regermanisierte. Doch in der Praxis war es anders: Als Deutscher aus Ungarn vertrieben wurde im Allgemeinen derjenige, der genügend Besitz vorzuweisen hatte, der auf Flüchtlinge und An- spruchsberechtigte der Bodenreform zu verteilen sich lohnte. Insbesondere die Um- verteilung deutschen Eigentums an die aus der Slowakei ausgesiedelten Magyaren war bereits im Frühjahr 1945 infolge der diesbezüglichen Maßnahmen der Prager Re- gierung von besonderer Dringlichkeit. So berichtete der britische Diplomat Sir Alvary D.F. Gascoigne (1893-1970) am 4. Juni 1945 aus Budapest: „Die Angelegenheit [der Vertreibung] ist nicht so sehr deshalb so dringend, weil Ungarn seine frühere fünfte Kolonne los werden möchte, sondern weil der Zustrom ungarischer Deportierter aus der Tschechoslowakei und Rumänien ansteigt und für diese Haus und Hof benötigt werden. Mit anderen Worten, es wird gewünscht, die Schwaben, wo möglich, durch ungarische Deportierte zu ersetzen, doch will man hier darüber nicht öffentlich dis- kutieren.“48 Die Aktivisten des dämonisierten Volksbundes jedoch hatten in der Regel wenig oder gar keinen Besitz und kamen deshalb häufig nicht auf die Aussiedlerlisten, ob- wohl sie als Begründung für die Vertreibung der „faschistischen Deutschen“ dien- ten.49 Vor Ort zählte daher Politik oder gar Faschismusvorwurf wenig, zumal die füh- renden Volksbundfunktionäre in der Regel bereits vor Kriegsende nach Deutschland geflüchtet waren. Viele, die Besitz hatten, suchten daher, in den Städten als Industrie- und Bergarbeiter unterzutauchen und konnten sich auf diese Weise der Vertreibung entziehen. Nicht jedoch der Konfiskation ihres Besitzes, den sie nicht selten bereits nach einigen Jahren wieder zurückerwerben konnten, da diejenigen, die den Besitz zugeteilt bekommen hatten, häufig wirtschaftlich mit diesem nichts Rechtes anzufan- gen wussten und froh waren, dafür wieder einen Käufer zu finden, um an ihren ur- sprünglichen Heimatort beispielsweise in Ostungarn zurückzukehren. Die geregelte Massenaussiedlung in die amerikanische Besatzungszone begann am 19. Januar 1946 mit dem ersten Eisenbahntransport aus Budaörs, wurde wegen wachsenden innen- und außenpolitischen Drucks Anfang Juni unterbrochen, am 8. November wieder aufgenommen und nach wenigen Transporten von den amerikani- schen Behörden im Dezember eingestellt. Als der stellvertretende amerikanische Mi- litärgouverneur General Lucius D. Clay (1897-1978) in Nürnberg den ersten Zug aus

48 PRO, FO 371/46810-C3176. 49 Dazu einige Dokumente im Quellenanhang.

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Budaörs empfing, bot sich ihm ein erschütterndes Bild: „Die Ausgewiesenen waren ohne genügenden Proviant und nur mit notdürftigstem Reisegepäck zusammengeholt worden. Hungrig und armselig kamen sie an“, schrieb Clay.50 Aus dem Bericht einer Bauersfrau aus Budaörs erfahren wir die Vorgeschichte: „Auf einmal über Nacht fängt man in der oberen Neugasse, Nußbaumgasse und in noch vier Gassen an, die Leute zu wecken. Die Polizei drängt auf eine Viertelstunde Zeit, dann treibt man sie aus der Wohnung. Diese ersten konnten kaum etwas mitnehmen, eben nur so viel, was sie schnell in einem oder zwei Bündeln von den Kasten nehmen und mit sich zur Bahn tragen konnten. Mit diesen Leuten füllte sich der erste Zug.“51 Die Nachgeschichte erfahren wir aus dem Bericht eines englischen Offiziers, der als Angehöriger der Alliiertenkommission zwei Tage später die Häuser der Vertriebe- nen in Budaörs untersuchte und zu seinem Entsetzen feststellen musste, dass in deren Wohnungen so gut wie alles verblieben war, was als familiär angesehen werden konnte: Familienbilder, Fotoalben, Schmuck, Dokumente, Brillen, familiäre Erinne- rungsstücke jeder Art wie z.B. Hochzeitsgewand oder Taufkleid.52 Das war ein klarer Bruch der von den Alliierten mit der ungarischen Regierung getroffenen Vereinba- rungen, die rechtzeitige Information der Betroffenen und dadurch gewährleistete Vor- bereitungszeit vorsahen. Außerdem lehnten die Repräsentanten der US-Behörden das Kollektivschuldprinzip als Legitimation der Vertreibung entschieden ab, verurteilten dieses auch in der Alliierten Kontrollkommission in Ungarn und suchten aus diesem Grund die Zahl der zu Vertreibenden zu verringern.53 Im Juni 1946 kam deshalb die Vertreibung der Deutschen aus Ungarn in die amerikanische Besatzungszone ins Stocken. Nach langwierigen Verhandlungen sahen die Bestimmungen des zwischen der ungarischen Regierung und den amerikanischen Militärbehörden am 22. August 1946 abgeschlossenen Abkommens vor, dass jeder Vertriebene 50 Kilogramm Ge- päck und 500 Reichsmark mitführen und auch Tage vorher über den Transporttermin informiert werden sollte. In der Praxis wurden diese Regeln jedoch häufig missachtet. Die amerikanischen Behörden protestierten dagegen, dass die ungarischen Behörden insbesondere gegen die 500-Mark-Regel verstießen. Das war auch einer der Gründe, warum sich ab November 1946 die US-Behörden weigerten, weitere Transporte in ih-

50 CLAY, S. 323. 51 Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ostmitteleuropa, Bd. 2, S. 182. 52 PRO, FO 371/55391C 1700/12/18: Subject: Deportation of Schwabian. Inspection to Bu- daörs. 53 So protestierte der Vertreter der USA in der Alliierten Kontrollkommission, General Wil- liam S. Key, auf deren Sitzung vom 25. Januar 1946 gegen die Aussiedlungsverordnung der ungarischen Regierung und gegen die Anwendung des Kollektivschuldprinzips und betonte, das die Aussiedlung auf Initiative Ungarns erfolge: „Gen. Key said that he had heard complaints regarding the selection of the deportees and about the whole matter and suggested that the original Government decree which stated that the move was by ‚Order of the ACC‘ should be amended to read ,By permission of the ACC‘. He pointed out that the Hungarian Government had, on their own initiative, asked that the Schwabians should be deported.“ – Documents of the meetings of the Allied Control Commission for Hungary 1945-1947, S. 123.

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re Besatzungszone zuzulassen. Darauf ersuchte die ungarische Regierung am 20. März 1947 die Alliierte Kontrollkommission, die Vertreibung von weiteren 190 000 Ungarndeutschen zu ermöglichen. Da die US-Vertreter in der Kommission dies ablehnten, reichte die Regierung am 11. Juli 1947 den Antrag ein, die Vertrei- bung in die sowjetische Besatzungszone fortzusetzen. Die Sowjetunion erklärte sich daraufhin bereit, 50 000 Personen deutscher Nationalität in ihrer Zone aufzunehmen. Laut ungarischen, von Tóth bearbeiteten Quellen kamen insgesamt 166 800 Ungarn- deutsche nach „Westdeutschland“, nach Baden-Württemberg, Bayern und Hessen54, und im Zeitraum vom 19. August 1947 bis zum 15. Juni 1948 ca. 35 000 bis 50 000 Personen in die sowjetische Besatzungszone (spätere DDR).55 An die 230 000 Un- garndeutsche blieben zurück. Für die Region Nord- und Westtransdanubien (Komitate Fehér, Komárom-Esztergom, Veszprém, Győr-Moson, Sopron und Vas) hat Zielbauer festgestellt, dass von den ursprünglich für die Vertreibung vorgesehenen 93 207 Per- sonen im Jahr 1946 39 610, 1947 4 206, 1948 20 470 und damit 69 Prozent tatsäch- lich vertrieben wurden.56

2.1 Die Verantwortung für die Vertreibung Nach Auswanderung und Ansiedlung im 18. Jahrhundert ist das Jahr 1945 wohl die schwerste Zäsur in der Geschichte der Deutschen im östlichen Europa. Mit der Ver- treibung und den damit verbundenen Prozessen der Entrechtung, Enteignung und Demoralisierung wurden die traditionellen Formen ethnischen Zusammenlebens weit- gehend zerstört. Die deutschen Siedlergruppen in Jugoslawien, Rumänien, Ungarn und der Slowakei waren politischen Stürmen ausgesetzt, die in den genannten Län- dern den Verlust nicht nur ihrer Bürgerrechte, sondern meist auch ihrer Existenz- grundlage, in Jugoslawien auch ihres Lebens nach sich zogen. Es gibt mehrere Gründe, warum diese deutschen Siedlergruppen so unmittelbar in den Strudel des Zusammenbruchs des Dritten Reiches und der Kapitulation Deutsch- lands hineingezogen wurden. Einerseits hat sie der extreme Nationalismus ihrer Hei- matstaaten vertrieben, andererseits das Dritte Reich sie für seine Expansionspolitik instrumentalisiert und politisch wie ideologisch gleichzuschalten versucht. Dadurch wurden die deutschen Siedlergruppen zum Sündenbock der politischen Elite Ungarns, die auf die Deutschen im eigenen Land die Verantwortung für die poli- tische und militärische Kooperation mit dem Dritten Reich abzuwälzen suchte. Fa- schismusvorwurf und die Anklage, die Rolle einer „fünften Kolonne“, eines „Quar- tiermachers für Hitler“ übernommen zu haben, dienten als die wichtigsten Argumente dafür, alle Deutschen kollektiv verantwortlich zu machen. Mit dem Kollektivschuld- Prinzip begründeten die Regierungen in Warschau, Prag und Budapest letztlich ihre

54 TÓTH, Hazatértek, S. 16. 55 TÓTH, Migrationen, S. 212, berichtet von 35 000 Personen, in Hazatértek wiederum von 50 0000; FÖGLEIN, Nemzetiség, S. 126, spricht gleichfalls von 50 000 und weist darauf hin, dass die zeitgenössischen deutschen Statistiken höhere Vertriebenen-Zahlen angeben, weil in ihnen stets die Flüchtlinge und Evakuierten vor und nach Kriegsende mitgezählt wurden. 56 ZIELBAUER, Adatok, S. 82.

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Forderung nach Vertreibung aller Deutschen aus ihren Ländern. Der ungarischen Re- gierung war von Anfang an klar, dass die Anwendung dieses Prinzips unter Berufung auf die Potsdamer Beschlüsse in keiner Weise gerechtfertigt war. So stellte ein Regie- rungsmitglied, der Parteiführer der Kleinlandwirte-Partei und katholische Prälat István Balogh (1894-1976), Staatssekretär im Amt des Ministerpräsidenten, am 3. März 1946 in einer Unterredung mit dem Präsidenten des Statistischen Zentral- amts, Dezső Elekes (1889-1965), fest: „Wir [die Regierungsmitglieder] haben gelogen: In Potsdam war keine Rede von einer Aussiedlung auf kollektiver Basis, [...] das heutige Verfahren [der Aussiedlung] ist nicht richtig und die Amerikaner – General Key – haben gegen unsere Berufung auf Potsdam protestiert.“57 Gegenüber den bereits im Jahre 1945 von den osteuropäischen Regierungen in die Welt gesetzten und bis in die Gegenwart propagierten „Potsdam-Legenden“ ist fest- zuhalten, dass kein einziges Land zur Vertreibung gezwungen wurde und jede Regie- rung aus freien Stücken die entsprechenden Initiativen und Maßnahmen in die Wege leitete, ihr also die volle Verantwortung für die Vertreibung wie für deren Folgen zu- zusprechen ist. Da die Vertreibung ohne aktive Mitwirkung seitens aller Alliierten ebenfalls nicht möglich gewesen wäre, haben sich auch diese an dem Vorgang und dem damit verbundenen Elend schuldig gemacht.

2.2 Die Folgen der Vertreibung Bis heute sind die materiellen Folgen der Vertreibung für das Land Ungarn und seine Volkswirtschaft nicht näher untersucht worden. Wir wissen von katastrophalen Ernte- ausfällen in der Zeit von 1945-1948, die ursächlich mit den chaotischen Folgen der Vertreibung, Neuansiedlung und Binnenmigration in Verbindung zu bringen sind. Der Viehbestand, den die aus ihren Häusern geworfenen Deutschen zurückließen, ist in vielen Orten elendiglich zugrunde gegangen oder wurde von den Neuansiedlern geschlachtet und verzehrt, darunter viele wertvolle Zuchttiere. Noch dazu war die Hälfte der Neuansiedler auf ehemals schwäbischem Boden, insgesamt rund 60 000 Personen, mit der Landwirtschaft nicht vertraut und verursachte durch ihre Inkompe- tenz großen Schaden.58 Innerhalb Ungarns wurden in den Jahren 1946-1948 rund 136 000 Personen, 34 000 Familien, umgesiedelt, dazu kamen noch 60 000 bis 80 000 ungarische Flüchtlinge und Migranten aus den Nachbarländern sowie rund 90 000 Magyaren aus der Slowakei, die im Zuge der Bodenreform und der Umverteilung des deutschen Eigentums eine Existenzgrundlage in Form von Grund und Boden sowie Wohnhäusern und Wohnungen erhalten haben.59 Nachdem der am 27. Februar 1946 beschlossene Bevölkerungsaustausch zwischen der Tschechoslowakei und Ungarn im April 1947 in Gang gekommen war, erkannte die ungarische Regierung, „dass ohne Aussiedlung der Schwaben die Durchführung des slowakisch-ungarischen Bevölke-

57 BANK/ŐZE, Quelle Nr. 36, S. 174. 58 TÓTH, Migrationen, S. 175. 59 Ebenda, S. 217.

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rungsaustausches nicht sichergestellt werden konnte“60. Da die hierauf begonnenen Verhandlungen mit den US-Behörden um weitere Vertriebenentransporte im Frühjahr 1947 zu keinem Ergebnis führten, nahm sie solche am 5. August mit der Sowjetunion auf, die einer Umsiedlung von bis zu 50 000 Schwaben zustimmte, so dass ab 19. Au- gust 1947 eine zweite Welle der Vertreibung, nunmehr in die sowjetische Besat- zungszone, insbesondere nach Sachsen, einsetzte, die bis zum 15. Juni 1948 andauer- te. Doch der Widerstand gegen die Vertreibung wuchs. Auf der Sitzung des Minister- rats vom 28. August 1947 machte der Agrarminister Károly Bárányos (1892-1956) auf die in den Komitaten Tolna und Baranya entstandene, bürgerkriegsähnliche Situa- tion aufmerksam und wies darauf hin, dass der immer unverhüllter zur Anwendung kommende Vermögensaspekt nicht nur den Widerstand der Schwaben, sondern auch der lokalen Gesellschaft herausfordere. So berichtete ein Mitarbeiter im Amt des Mi- nisterpräsidenten, Aurél Kern, von seiner Reise durch die betroffenen Gebiete: „Sollte ich das laufende Aussiedlungsverfahren der Schwaben charakterisieren, müsste ich feststellen, dass als leitendes Motiv dabei nicht die Staatstreue oder gleichwertige morali- sche Gründe, sondern überwiegend die Vermögenssituation der auszusiedelnden Person bestimmend ist.“61 Wer Dörfer besucht, aus denen viele Deutsche vertrieben wurden, kann bis heute beobachten, wie viele Äcker mit wild blühendem Weizen, Obstgärten mit verkrüppel- ten Bäumen, sogar auch Weingärten, die schon in den Urbarien des 18. Jahrhunderts verzeichnet sind, bis in die Gegenwart brachliegen und die Verwüstung einer Kultur- landschaft bezeugen, die beinahe 300 Jahre lang Bestand hatte und zum Nutzen aller blühte. Als unmittelbare Folge der Enteignungs- und Vertreibungsmaßnahmen verloren die Deutschen in Ungarn von der 1941 in ihrem Besitz befindlichen Bodenfläche in der Größe von 638 337 Katastraljoch, was damals 5,5 Prozent des gesamten landwirt- schaftlich genutzten Bodens in Ungarn ausmachte, 488 223 Joch und damit 76,5 Pro- zent. Enteignet wurden im Zuge der Durchführung der Verordnungen 600/1945ME und 3820/1945ME 239 623 Joch. Beschlagnahmt wurden während der Vertreibung weitere 248 600 Joch. 1941 besaßen die Ungarndeutschen 60 400 Hausimmobilien, von denen 1945 44 750 und damit 74,1 Prozent beschlagnahmt wurden, wodurch nur 15 650 Häuser im Eigentum ihrer Besitzer verblieben. Ein zusammenfassender Aus- zug der Inventare der bis August 1946 vertriebenen ca. 110 000 Personen listete als deren Eigentum auf: 43 377 Pferde, 15 499 Rinder, 21 185 Schweine, 134 Traktoren, 350 Dreschmaschinen, 1 599 Saatmaschinen, 6 827 Pferdewagen, 8 317 Pflüge, 7 026 Häckselmaschinen, 18 254 Fässer, 4 925 Hektoliter Wein, 3 322 Doppelzentner Wei- zen, 75 509 Doppelzentner Mais, 21 230 Doppelzentner Viehfutter, 40 585 Möbelstü- cke, 6 010 Nähmaschinen, 1 458 Fahrräder, 52 442 Doppelzentner Brennholz und 146 kleinere Gewerbebetriebe. 62 Prozent der beschlagnahmten Immobilien mit 306 000 Joch wurde den Neusiedlern innerhalb Ungarns zugeteilt; von den aus der Slowakei umgesiedelten Magyaren wurden 7 354 Familien in ehemaligen Häusern der Schwa-

60 Ebenda, S. 202. 61 Zit. nach ebenda, S. 206.

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ben untergebracht und erhielten 88 248 Joch zugeteilt. Die übrig gebliebenen 94 000 Joch wurden an Kleinbauern teils verteilt, teils verpachtet.62 Von den 646 400 Katas- traljoch in den 1 472 von der Vertreibung betroffenen Gemeinden wurden 540 000 an die ungarische Bevölkerung und 92 000 an den Staat verteilt, der diese als Grundstock für seine im Aufbau befindlichen Genossenschaften und Kolchosen nutzte. Noch im Sommer 1949, also ein Jahr nach Abschluss der Vertreibung, waren in 727 Gemein- den die Eigentumsrechte der Agrarimmobilien der Vertriebenen ungeklärt.63 Noch folgenschwerer war die Zerstörung der Siedlungsstruktur und hier insbeson- dere der wenigen kompakten Siedlungsblöcke der Ungarndeutschen, wie sie seit der Ansiedlung im Verlauf des 18. und 19. Jahrhunderts entstanden waren und sich durch die horizontale Mobilität im 19. Jahrhundert (Tochtersiedlung, Einsiedlung) fortlau- fend vergrößert hatten. Kaum mehr als 10 Prozent ihrer ursprünglichen Mehrheitsge- meinden haben den Sturm der Vertreibung überstanden und die in Ungarn verbliebe- ne Minderheit ist seit 1946 genötigt, völlig zerstreut über das ganze Land in über 400 Gemeinden zu leben, was seitdem jegliches Identitätsmanagement und jegliche För- derungsmaßnahme vor große Probleme stellt. Die Gegenüberstellung des deutschen Bevölkerungsanteils von 1941 zu 1948 zeigt bei einigen Komitaten dessen Halbierung (Baranya, Pest Somogy, Veszprém), bei an- deren eine noch größere Reduzierung auf ein Drittel (Bács-Bodrog, Sopron, Tolna) oder noch mehr (Csanád).

Tabelle 31: Anteil der Ungarndeutschen an der Gesamtbevölkerung 1941 und 1948 Komitat Prozentualer Anteil der Ungarndeutschen an der Gesamtbevölkerung 1941 1948 Bács-Bodrog 27 11 Baranya 35 17 Csanád 6 1 Pest-Pilis-Solt-Kiskun 6 3 Somogy 4 2 Sopron 18 6 Tolna 28 8 Veszprém 10 6

Quelle: TÓTH, Migrationen, S. 218.

Die mit der Vertreibung verbundenen psychischen, traumatischen Schäden, die Zertrennung vieler Familien, die Erfahrung der politischen und gesellschaftlichen Ausgrenzung und der damit verbundenen Diskriminierung haben die Bereitschaft zur weitgehenden Assimilation, ja zur gesellschaftlichen Überanpassung gefördert und

62 Die Zahlen ebenda, S. 218 f. 63 TÓTH, Hazatértek, S. 52.

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damit ganz entscheidend zum Verlust der Muttersprache als Erstsprache beigetragen. Die gesamte sozialistische Periode der 1940 Jahre von 1949 bis 1989 ist daher von der Schwäche bzw. vom Verlust ungarndeutscher Identität und der Entwicklung neuer Identitätsformen geprägt. Zu diesem auch strukturell durch Binnenwanderung und demografische Gegebenheiten bedingten Identitätsverlust hat das Regime noch bei- getragen, weil es – wie im folgenden Kapitel behandelt – bis 1968 in keiner Weise und nach 1968 nur sehr beschränkt die kulturelle Identität von Minderheiten förderte, vielmehr diese stets für die Ziele des Regimes, für den „Aufbau des Sozialismus“ zu instrumentalisieren suchte. In vergleichender Betrachtung der Zwischenkriegszeit mit der sozialistischen Epoche ist als gemeinsames Merkmal hervorzuheben, dass beide Regime Minderheiten für ihre jeweiligen Ziele instrumentalisierten und keineswegs Minderheitenschutz durch Förderungsmaßnahmen umzusetzen trachteten. Minderhei- ten wurden als politische Ressource behandelt, die beide Regime vor wie nach 1945 wirtschaftlich ausgeplündert und politisch instrumentalisiert haben.

2.3 Die Wahrnehmung der Verantwortung für die Vertreibung In der sozialistischen Periode hat als erster Politiker György Aczél (1917-1991), das lange Zeit für Kulturfragen zuständige Politbüromitglied der Ungarischen Sozialisti- schen Arbeiterpartei, mit seiner Rede vor dem IV. Kongress des Demokratischen Verbandes der Ungarndeutschen am 3. Dezember 1983 die „Aussiedlung“ und das Prinzip der Kollektivschuld als Unrecht verurteilt.64 Innenpolitisch wie gesellschaft- lich hat er damit ganz wesentlich zur Rehabilitierung des Ungarndeutschtums beige- tragen und das Tor für eine freie, nicht mehr parteigebundene Erforschung der Ge- schichte des Ungarndeutschtums im Allgemeinen und seiner Vertreibung im Beson- deren geöffnet. Seitdem ist es auch publizistisch kaum mehr möglich gewesen, die Vertreibung etwa mit der Tätigkeit des Volksbundes und damit als einen Akt ausglei- chender Gerechtigkeit zu rechtfertigen, wie das davor üblich war. Inwiefern die Ver- treibung einem wie auch immer definierten „ungarischen Interesse“ gedient haben soll, darüber gibt es bis heute auseinandergehende Meinungen, die freilich ignorieren, dass ein Verbrechen niemals durch ein Interesse legitimiert werden kann. Die Rede von Aczél hatte eine befreiende, emanzipierende Wirkung, doch folgten ihr keine weiteren gesetzgeberischen Maßnahmen. Das blieb dem ungarischen Staat nach der Wende von 1989 vorbehalten. Dieser hat in das Gesetz Nr. XXIV/1992 „Über die Entschädigung für Schäden am Privateigentum aufgrund von Rechtsvor- schriften, die in der Zeit vom 01.05.1939 bis zum 08.06.1949 erlassen wurden“ auch die Vertriebenen mit einbezogen und ihnen somit eine weniger wertmäßige als viel- mehr symbolische Teilentschädigung gewährleistet. Auch bei der Auszahlung von Renten wurden die Folgen der schweren Diskriminierungen in der Zeit von 1945 bis 1949 mit einem Bonus in der Höhe von 500,– Forint berücksichtigt. Zugunsten der in die Sowjetunion Deportierten wurde am 7. Dezember 1993 ein Gesetz über deren Re-

64 Die Rede von György Aczél wurde mit einiger Verspätung veröffentlicht, in: Neue Zeitung vom 24. Dezember 1983.

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habilitierung verabschiedet, das auch einen Zuschlag zur Rente vorsah, wobei jedes in der Sowjetunion verbrachte Jahr mit eineinhalb Arbeitsjahren in der Berechnung der Dauer der Berufstätigkeit veranschlagt wurde. Nachdem seit 1990 eine Reihe von Politikern, darunter auch Staatspräsident Árpád Göncz (geb. 1922), das Unrecht der „gewaltsamen Aussiedlung“ mehrfach angepran- gert hatte65, bot deren 50. Jahrestag 1996 Mitgliedern der ungarischen Regierung wiederholt Gelegenheit, sich im Rahmen verschiedener lokaler Gedenkfeiern aus- drücklich bei den Ungarndeutschen für „das erlittene Unrecht“ zu entschuldigen. Hervorzuheben ist hier die Rede des für Minderheitenfragen zuständigen Staatssekre- tärs Csaba Tabajdi (geb. 1952) vom 2. März 1996: „Mit der Aussiedlung ließ sich die damalige ungarische Politik ein schweres Versäumnis zu Schulden kommen und beging einen großen Fehler. Ich bitte alle aus Ungarn ver- schleppten, aus ihrer Heimat vertriebenen, unschuldigen Ungarndeutschen um Vergebung. [...] Das Prinzip der Kollektivstrafe verurteilend, rufe ich nach 50 Jahren alle zur Selbstprü- fung auf, denn nur die Selbstbesinnung, die ehrliche Erforschung des Gewissens, berechti- gen zur gegenseitigen Versöhnung und zur Verzeihung von Seiten der Vertriebenen.“66

2.4 Die Verschleppung von Ungarndeutschen in die Sowjetunion Die Deportation von Angehörigen der deutschen Minderheit in Ungarn zur Zwangs- arbeit in die Sowjetunion war die erste Verfolgungsmaßnahme unmittelbar nach der Besetzung des Landes durch die Rote Armee im Spätherbst 1944 und in den Winter- monaten 1945 und bildete den Auftakt für weitere Maßnahmen wie Enteignung, Internierung und schließlich Vertreibung. Das 20. Jahrhundert war auch ein Jahrhundert der Zwangsarbeit. Die Zwangsar- beit nahm den betroffenen Menschen alle Rechte, sortierte sie mit einer in die Haut eintätowierten Nummer in das Kollektiv der Arbeitssklaven ein und behandelte sie schlimmer als das Vieh. Denn im Unterschied zu diesem ließ sie den Sklaven nicht einmal das Lebensnotwendige zukommen. Diese Zwangsarbeit hat sich nach 1917 in Russland und nach dem Machtantritt der Nazis 1933 wie eine schreckliche Epidemie über weite Teile Europas verbreitet. Der von Stalin 1929 geschaffene Archipel Gulag hat Millionen Menschen versklavt67, ebenso die Arbeitslager der Nazis. Allein auf dem Gebiet des heutigen Österreichs waren in den Jahren des Zweiten Weltkriegs über eine Million Zwangsarbeiter für die Kriegswirtschaft des Dritten Reiches tätig, ohne deren Einsatz die Rüstungsproduktion bereits 1943 zum Stillstand gekommen wäre.68 Mit dem Einmarsch der Roten Armee in Ungarn – im Oktober 1944 – wurden un- garische Staatsbürger auch dieses Landes in den Archipel Gulag „integriert“.

65 Ausführlich darüber SEEWANN, Diskussionen. 66 Der Text der Rede wurde auszugsweise abgedruckt in: Der neue Pester Lloyd vom 6. März 1996. 67 KRONER, Deportation; The Economics of Forced Labor. 68 Rüstung, Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit im „Dritten Reich“; KARNER/RUGGEN- THALER.

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Im Allgemeinen wird der russische Armeebefehl Nr. 0060 vom 22. Dezember 1944 als Beginn der Verschleppung ungarischer Staatsbürger in die Sowjetunion an- gesehen. Er ordnete die Mobilisierung sämtlicher arbeitsfähiger Personen deutscher Abstammung oder der Personen mit deutsch klingenden Namen für den Arbeitsein- satz, für die Wiedergutmachung der Kriegsschäden an. Der Befehl galt für Männer im Alter von 17 bis 45, für Frauen von 18 bis 30 Jahren.69 Doch die Verschleppung be- gann bereits Ende Oktober in Ostungarn, im Alföld, in Gebieten also, in denen beina- he keine Deutschen lebten, die aber als Erste das Unglück hatten, in die Hände der Sowjets zu fallen. Wie Ilona Szebeni nachgewiesen hat, wurde unmittelbar nach der Besetzung von Orten wie Hajdúböszörmény am 28. Oktober oder von Nyíregyháza am 2. November mit der Verschleppung von tausenden Menschen aus Nordostungarn in die Sowjetunion begonnen (insgesamt waren es allein aus dieser Region an die 20 000 Menschen), darunter viele, häufig auch schwangere Frauen.70 Aufgrund von nachträglich zusammengestellten Listen der Opfer stellt sich heraus, dass sich unter ihnen so gut wie keine Deutschen befunden haben. Der Archipel Gulag kannte frei- lich keinen ethnischen Unterschied. Mit dem bereits erwähnten russischen Militärbefehl vom 22. Dezember 1944 wur- den Verhältnisse geschaffen, auf die keine ungarische Regierung Einfluss nehmen konnte, denn die provisorische Nationalregierung Ungarns wurde erst am Abend des gleichen Tages in Debrecen gebildet. Dieser Befehl enthielt keinerlei Information über den Ort des Arbeitseinsatzes. Die ungarische Regierung war jedoch nachweislich seit Anfang Januar über das Ziel der Verschleppung ihrer Staatsbürger, nämlich die Sowjetunion, informiert. Sie unterließ es aber, ihre Kenntnisse an die von der Ver- schleppung betroffenen Personen weiterzugeben, die daher völlig unvorbereitet und in Unkenntnis ihres bevorstehenden Schicksals mit gar keiner oder nur unzulänglicher Ausrüstung zum Abtransport in die Waggons getrieben wurden.71 Als die Rote Armee

69 ZIELBAUER, Verschleppung, S. 10. 70 SZEBENI, S. 8 f. Die Zahlen der Deportierten bei ZIELBAUER, Verschleppung, S. 21 u. 28. 71 Die Belege für die Kenntnis der ungarischen Regierung sammelte FÜZES, Rabszolgaság, S. 18. – So berichtete der Vizegespan des Komitats Békés dem damaligen Innenminister Ferenc Erdei am 2. Januar 1945: „Vor einigen Tagen begannen die sowjetischen Militär- befehlshaber auf Befehl damit, Listen von den ungarischen Bürgern mit deutschen Namen, das heißt der Männer im Alter von 18 bis 45 und der Frauen von 18 bis 30 Jahren, zu erstellen mit dem Ziel, diese an einen unbekannten Ort und für ungewisse Zeit nach Russ- land zu transportieren. Mit vorzüglicher Hochachtung ersuche ich den Herrn Minister, so weit es ihm möglich ist, mit der zuständigen sowjetischen Kommandantur Kontakt aufzu- nehmen mit dem Ziel, die ungarischen Staatsbürger mit deutschen Namen, die weder Mit- glieder des Volksbundes noch der Pfeilkreuzler noch anderer rechtsradikaler Parteien waren, ferner ihre Namen magyarisierten, schließlich in einer Mischehe leben oder aus einer solchen stammen, von ihrem Transport ins Ausland zu befreien.“ Der Brief wurde per Bote nach Debrecen gebracht, so dass die Antwort als Telegramm bereits am 4. Januar um 9 Uhr in Gyula eintraf: „Wir haben alles getan, um einzuschreiten, für Donnerstagmorgen wurde uns eine Reaktion versprochen. Wenn wir morgen früh Hilfe bekommen, schicken wir sofort jemanden. Wenn wir niemanden schicken, bedeutet das, dass wir nichts tun kön-

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Gebiete mit größeren deutschen Siedlungen erreichte, hat sie tatsächlich in erster Li- nie ungarische Schwaben für die Zwangsarbeit in den Bergwerken der Ukraine aus- gewählt. Als eines der ersten großen Schwabendörfer war davon am 26. Dezember die Gemeinde Elek im Komitat Békés betroffen, allein aus ihr wurde ein Fünftel der schwäbischen Bevölkerung, genau 1 176 Personen, zur malenky robot, zur kleinen Arbeit, bestimmt, ein die Tragödie verharmlosender Begriff, der sich jedoch für die Bezeichnung der Verschleppung und der anschließenden Zwangsarbeit in der Sowje- tunion durchgesetzt hat. Aus dem Komitat Baranya wurden von den hier 1941 registrierten 73 000 Deut- schen 5 000 deportiert (7 Prozent), aus Südosttransdanubien insgesamt rund 12 000 Personen, aus ganz Ungarn insgesamt 60 000 bis 65 000.72 Eine Tragödie viel größe- ren Ausmaßes hat das Eingreifen des couragierten Obergespans der Baranya, Dr. István Boros, verhindert. Er verfügte nämlich am 22. Januar 1945 den endgültigen Abbruch der Abtransporte und verbot, für solche weiterhin Eisenbahnwaggons zur Verfügung zu stellen.73 Als Mitglied der Kommunistischen Partei besaß er auch den Sowjets gegenüber offenbar genügend Autorität, die er für die Rettung der Baranyer Schwaben einsetzte. Gegenüber dem russischen Militärkommando berief sich Boros darauf, dass der zwei Tage zuvor abgeschlossene ungarisch-sowjetische Waffenstill- standsvertrag keinerlei Bestimmung über den Abtransport ungarischer Staatsbürger in die Sowjetunion enthielt. Die Komitatsverwaltungen von Tolna und Somogy folgten dem Beispiel von Boros. Nur in den westungarischen Komitaten Zala, Györ und Mo- son und vereinzelt im Pester Komitat sind noch Verschleppungen im März und April vorgekommen (in der Baranya allerdings auch, nämlich in Hird, Püspöklak, Ófalu, Babarc und Szederkény). Viele der Verschleppten sind nicht wieder zurückgekehrt, man schätzt die Zahl der in der Sowjetunion Verstorbenen auf rund ein Viertel bis ein Drittel der Verschlepp- ten. Der Historiker György Zielbauer stellt fest, dass die Überlebenden bis Ende De- zember 1949 nach Ungarn überstellt wurden, zusammen mit 213 000 ungarischen Kriegsgefangenen.74 Doch mit ihrer Rückkehr nach Ungarn war für viele der Lei-

nen. Alles Drängen ist umsonst. Der Innenminister Erdei.“– FÜZES, Rabszolgaság, S. 19. In der Verordnung des Innenministers vom 5. Januar 1945 werden zwar die Kriterien für eine Befreiung von der Deportation aufgezählt, es wird jedoch mit keinem Wort das Ziel der Transporte erwähnt. 72 FÜZES, Rabszolgaság, S. 21 f.; ZIELBAUER, Verschleppung, S. 28: aus Transtiszien und Nordostungarn 19 816 Personen, aus Budapest und dem Gebiet zwischen Donau und Theiß 17 956, aus Südosttransdanubien 11 455, in den Namenlisten des Außenministeriums unerwähnt geblieben waren ca. 14 700 Personen, das ergibt zusammen 63 927 Personen. Davon abweichende Zahlen nennt POLJAN, S. 182: Nach seinen Angaben wurden 31 923 Personen (20 898 Männer und 10 934 Frauen) in die Sowjetunion deportiert, von denen im Zeitraum von 1945 bis 1949 29 100 zurückkehrten. Diese Zahlen stützen sich auf die Aus- wertung sowjetischer Quellen, ungarische Quellen wurden von Poljan offenbar nicht he- rangezogen. 73 FÜZES, Rabszolgaság, S. 24 f. 74 ZIELBAUER, Verschleppung, S. 50.

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densweg noch nicht zu Ende. In ihrem Heimatort fanden sie häufig ihre Familien nicht mehr vor, weil diese inzwischen nach Deutschland vertrieben worden waren. Andere wiederum mussten in ungarischen Arbeitslagern wie Tiszalök ihre Zwangsar- beit noch Monate bis zu ihrer endgültigen Entlassung fortsetzen. Erst mit der Auflö- sung dieses Arbeitslagers 1953 war die Periode der Verfolgung durch Enteignung, Entrechtung, Deportation, Flucht und Vertreibung der Ungarndeutschen tatsächlich beendet.75

2.5 Die nach Ungarn „zurückgeflüchteten“ Vertriebenen – Vertriebene und Heim- kehrer. Diskurs und Erinnerung Im Zeitraum vom 19. Januar 1946 bis zum 15. Juni 1948 wurden laut ungarischer Sta- tistik rund 166 000 Deutsche aus Ungarn in die amerikanische und 50 000 in die sow- jetische Besatzungszone Deutschlands vertrieben. Von diesen Vertriebenen haben es mindestens 10 000 Menschen vorgezogen, ihrer „Urheimat“ Deutschland (wie diese damals im ungarischen Amtsjargon bezeichnet wurde) so schnell wie möglich den Rücken zu kehren und nach Ungarn „zurückzuflüchten“. Dies geschah unter schwie- rigen, ja oft abenteuerlichen Umständen über viele Grenzen hinweg. Endlich in Un- garn angekommen, nahmen sie erneut Verfolgung, wiederholte Abschiebung, Verhör, Verurteilung, Gefängnis und gesellschaftliche Ausgrenzung und Diskriminierung auf sich. Es ist ein in Europa ziemlich einzigartiger und bislang weitgehend wenig bekann- ter Vorgang, den die ungarische Historikerin Ágnes Tóth mit ihrem neuesten Buch aufgearbeitet hat.76 Doch bevor auf dieses Werk näher eingegangen wird, soll auf die Rahmenbedin- gungen der Forschung hingewiesen werden, der zwei öffentliche Diskursstränge zu- zuordnen sind; ferner auch auf einige weitere Werke, in denen empirisch erfasste Erinnerung an die jüngste Geschichte der Ungarndeutschen und ihre Vertreibung wie übrigens auch bei Tóth eine wichtige Rolle spielt. Historisch gesehen haben wir es in Ungarn mit zwei Vertreibungsdiskursen zu tun. Der erste ist untrennbar mit dem Vorgang der Vertreibung selbst verknüpft und diente der Legitimierung und Rechtfertigung dieses Vorgangs. Er schuf die „Potsdam- Legende“, nach der die Ungarndeutschen allein auf Initiative und Befehl der Sieger- mächte ausgesiedelt werden „mussten“. Um die Rolle der Kommunistischen Partei im Vertreibungsgeschehen zu vertuschen, war das Thema selbst lange Zeit tabu; erst seit den 1960er Jahren wurde es einigen auserwählten Historikern erlaubt, die Geschichte der Ungarndeutschen im 20. Jahrhundert zum Thema ihrer Forschung zu machen, allerdings in sehr engen Grenzen, die die Deutungshoheit der Partei nicht in Frage stellen durften. Als 1993 das erste Buch von Ágnes Tóth über die Vertreibung in der führenden historischen Fachzeitschrift Századok rezensiert wurde, fühlte sich der Rezensent –

75 BANK/ŐZE, S. 250-273. 76 TÓTH, Hazatértek.

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offenbar noch ganz in dieser „Forschungstradition“ verhaftet – bemüßigt, der Autorin „gewisse Mängel in ihrer Geschichtsanschauung“ nachzuweisen, unter anderem ihr Schweigen darüber, „in welchem Ausmaß eine ganz ungarnfeindliche Nazi-Aktivität sich gerade in den Gebieten entfaltete, die zum Epizentrum der Aussiedlung gewor- den sind“.77 Die „Aussiedlung“ wurde im Rahmen dieses Diskurses als eine gerechte und politisch gerechtfertigte Strafe angesehen, eine Deutung, welche die ungarische Historiografie im Zeitalter des Sozialismus bis in den 1980er Jahren vertreten musste und – wie an der soeben zitierten Rezension zu sehen – von einigen Historikern auch nach der Wende von 1989 weiterhin vertreten wurde. In einer moderateren, in der Endzeit des Sozialismus salonfähig gewordenen Va- riante der „Potsdam-Legende“ wird die Initiativrolle der ungarischen Regierung zwar anerkannt, die kollektive Vertreibung jedoch als eine durch das Potsdamer Abkom- men Ungarn aufgezwungene Maßnahme dargestellt.78 Diese zeitlich jüngere Variante entstand in Reaktion auf einen zweiten Vertreibungsdiskurs, der in den 1980er Jahren von der politischen Führung der Kommunistischen Partei initiiert wurde. Dieser Dis- kurs war vor allem ein Opferdiskurs.79 Im Mittelpunkt standen das Geschehen der Vertreibung und die Frage, was geschah mit den Vertriebenen? Regierungsamtliche Bekundungen der Schuld und der direkten oder indirekten, an die Opfer adressierten Entschuldigung datieren aus den Jahren 198380, 199681 und zuletzt vom 16. Novem- ber 2007 in Form einer Enquete des Ungarischen Parlaments mit der Rede der Parla- mentspräsidentin (geb. 1956) und des Kabinettsministers des Minister- präsidenten, Péter Kiss (geb. 1959), und haben diese Diskursvariante gewissermaßen amtlich legitimiert. Man sprach von Schuld und Verbrechen, Unrecht und Unmensch- lichkeit. Das große Verdienst dieses zweiten, von der Partei- und Staatsführung ini- tiierten Diskurses war die Rehabilitierung des Ungarndeutschtums, die nunmehr eine freie Aufarbeitung der ungarndeutschen Zeitgeschichte ermöglichte. Auch in diesem Diskurs wurden Ursachen der Vertreibung nur am Rande themati- siert und die Frage nach den Tätern erst in jüngster Zeit gestellt. Doch der Begriff „Opferdiskurs“ ist unscharf und daher klärungsbedürftig. Denn es ist von den Opfern die Rede, aber die Opfer selbst kommen (noch immer) kaum zu Wort. Ein allmähli- ches Umdenken dokumentierte hier die im Budapester Museum „Haus des Terrors“ (Terror Háza) im Juni 2006 gezeigte Ausstellung unter dem Titel „Ungarische Tra- gödie 1946 – Deutsches Schicksal in Europa, schwäbisches Schicksal in Ungarn“, in der visuell zwar Zeitungsausschnitte aus der Zeit der Vertreibung und eine große,

77 Rezension von FERENC A. SZABÓ in: Századok 129 (1995), S. 755-758. 78 BELLÉR, Beurteilung. 79 SEEWANN, Diskussionen, S. 106. 80 Rede des Politbüromitglieds György Aczél vom 3. Dezember 1983 auf dem IV. Kongress des Demokratischen Verbandes der Ungarndeutschen, veröffentlicht in: Neue Zeitung vom 24. Dezember 1983. 81 Rede des Staatssekretärs Csaba Tabajdi am 2. März 1996 anlässlich der ersten in Ungarn gezeigten Ausstellung über die Vertreibung, veröffentlicht in: Der Neue Pester Lloyd vom 2. März 1996.

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mehrere Wände füllende Liste der Orte mit Angabe der Zahl der aus ihnen vertriebe- nen Deutschen dominierten. Wer jedoch die zwei dort zur Verfügung stehenden Hör- stationen zur Kenntnis nahm, konnte auch die Stimmen von Vertriebenen und deren „Geschichte“ hören. Doch der suggestive Titel der Ausstellung zeigte sich wiederum mehr der ersten Diskursvariante, nämlich der „Potsdam-Legende“, verpflichtet. Mit der Ausstellung war eine am 31. Mai abgehaltene wissenschaftliche Konferenz ver- bunden, deren Vorträge publiziert werden sollten. Da sich die Museumsleitung mit der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen über die Finanzierung nicht einig werden konnte, erschien stattdessen und pünktlich zur oben genannten Parlamentsen- quete im November 2008 eine Broschüre, die vor allem deshalb bemerkenswert ist, weil sie zum ersten Mal Täter nennt, deren Namen und auch deren Porträts publiziert, insgesamt acht ausländische und 15 inländische Personen unter Angabe ihrer zum Zeitpunkt der Vertreibung politischen Funktionen. Es bleibt freilich schwierig, die Nennung von Tätern mit einer zutreffenden allgemeinen historischen Einordnung der Vertreibungsgeschichte zu verbinden, wenn man diese weiterhin als „ungarische Tra- gödie“ bezeichnet.82 Die Widersprüche in der Erinnerung der ungarischen Gesellschaft, das Thema Vertreibung betreffend, werden wahrscheinlich noch längere Zeit Bestand haben, wichtig jedoch ist, dass diese Erinnerungsarbeit in Gestalt von Ausstellungen, Konfe- renzen und darauf bezogener öffentlicher Berichterstattung in den Medien tatsächlich begonnen hat. Dazu gehören auch die vor allem im Jahrzehnt nach 1996 errichteten Denkmäler, die in und an zahlreichen Orten der Vertreibung und ihrer Opfer geden- ken. Wurde in der ungarischen Öffentlichkeit bis 1989 der verharmlosende und den Zwangscharakter verschleiernde Begriff von der „Aussiedlung“ (kitelepítés) der Un- garndeutschen verwendet, so ist seither an dessen Stelle eine Vielzahl von Begriffen getreten, so elhurcolás = Verschleppung, elüzés = Vertreibung. Im Jahre 2005 wurden auf dem Gebiet der Republik Ungarn insgesamt 48 Denk- mäler zur Vertreibung der Deutschen und 2 Denkmäler zur Vertreibung der Slowaken registriert.83 In der Zeit danach ist diese Zahl anlässlich des 60. Jahrestags der Ver- treibung 2006 sicherlich noch einmal angestiegen. Als Initiatoren und Auftraggeber der Denkmäler sind überwiegend die von der Vertreibung betroffenen Gemeinden sowie die örtliche Selbstverwaltung der Ungarndeutschen auszumachen. Inhaltlich gesehen sind diese Denkmäler häufig dem Vertreibungsgeschehen des jeweiligen Or- tes gewidmet. Bis heute gibt es keinen zentralen Erinnerungsort: Die Landesselbst- verwaltung der Ungarndeutschen verweist in diesem Zusammenhang auf mehrere re- gional zentrierte Erinnerungsorte in Fünfkirchen, Bácsalmás, Budaörs und Elek. An

82 So heißt es in dieser Broschüre: „Denn unter den Vertriebenen befanden sich auch die als Schwaben bezeichneten Ungarndeutschen. […] Wir haben sie aus unserer Nationalgemein- schaft ausgestoßen und sie aus der gemeinsamen Heimat vertrieben. Von dort, wo wir über Jahrhundert gemeinsam gelebt haben.“ – „In der Wiege geschaukelt, mit einem Bündel rausgeworfen“, S. 7. 83 BOROS.

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der Finanzierung der Denkmäler sind in einem erheblichen Ausmaß in Deutschland lebende Vertriebene beteiligt, die damit ihre Zugehörigkeit zu ihrer ehemaligen Hei- matgemeinde unterstreichen möchten. Das Denkmal in Mosonszentpéter macht in seiner Inschrift explizit deutlich, dass es ein „Geschenk der 1946 ausgesiedelten Deutschen ist“. Auf dem Denkmal von Dunabogdány steht der zweisprachige Text: „Gestiftet von der CDU Fraktion der Gemeinde Leutenbach“. Einige Denkmäler wurden unter Beteiligung hoher Repräsentanten des ungari- schen Staates bzw. der Regierung eingeweiht, z.B. das am Lenauhaus von Fünfkir- chen 1996 vom damaligen ungarischen Staatspräsidenten Árpád Göncz und dem deutschen Botschafter, das Denkmal von Elek vom Bischof Endre Gyulay (geb. 1930); am Denkmal von Solymár legte der deutsche Bundespräsident Roman Herzog (geb. 1934) anlässlich seines Staatsbesuchs in Ungarn 1997 einen Kranz nieder. Was den Standort der Denkmäler betrifft, so lassen sich hier einige bemerkens- werte Gemeinsamkeiten und Typisierungen feststellen: Einige haben Tatorte als Standort ausgewählt, beispielsweise das öffentliche Gebäude, an dem die Vertriebe- nen für den Abtransport gesammelt wurden (Budaörs), oder den Bahnhof, an dem die Einwaggonierung der Vertriebenen stattgefunden hat (Budakalász), oder das Internie- rungslager, in dem die Vertriebenen wochen- oder monatelang auf ihre Ausreise war- ten mussten. Sehr häufig wurden sakrale Orte ausgewählt, Kirchen und Friedhöfe, wodurch das Gedenken auf die ganze Glaubensgemeinschaft eines Dorfes ausgedehnt wird, andererseits die Religiosität der Vertriebenen hervortritt. Viele Denkmäler übernehmen eine mehrfache, eine kombinierte Erinnerungsfunk- tion, sie gedenken nicht nur der Vertreibung, sondern auch der Opfer des Zweiten Weltkriegs und des Schicksals der in die Sowjetunion Verschleppten, wie z.B. in Nagymaros, wodurch wiederum eine gruppenübergreifende Erinnerung der lokalen Gesellschaft angepeilt wird. Das Denkmal von Hegyeshalom/Straßsommerein ge- denkt sowohl der Opfer der Revolution von 1956 als auch der Vertreibung. Problema- tisch bleibt eine solche Multifunktionalität eines Einzeldenkmals, da die Opfer- geschichten gleichsam nivelliert und das jeweils historisch Besondere ausgeblendet oder als vergleichbar dargestellt wird, was spätestens bei Einbeziehung des Holo- causts die Grenze des Zuträglichen überschreitet. Ihrem gruppenübergreifenden Charakter zeigen sich die Denkmäler durch ihre durchgehende Zweisprachigkeit deutsch-ungarisch verpflichtet. Andererseits wollen sie dadurch auch die besondere, dem ungarischen Kulturkreis verbundene Identität der Ungarndeutschen hervorheben. Auf den Denkmälern finden sich häufig Motive und Zitate aus der Bibel bzw. allegorische Verweise auf die Leidensgeschichte Jesu, beispielsweise wird auf dem Denkmal am Bahnhof von Soroksár der seiner Kleider beraubte Christus dargestellt. In Fertőrákos wurde ein früheres Sowjetdenkmal in ein Denkmal der Kriegsopfer und Vertriebenen umgestaltet und die Gestalt der leidenden Madonna erwählt, die auch in Solymár als Sinnbild für das Leiden der Vertriebenen wie der in der Heimat Verbliebenen dient. Die Figur des nur mit einem Bündel verse- henen, seines gesamten Vermögens beraubten Vertriebenen wird als eine der authen- tischsten Ikonen des Vertreibungsgeschehens von den Autoren bzw. Bildhauern der

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Denkmäler häufig genutzt, zum Beispiel bei dem im Hof des Lenau-Hauses in Fünf- kirchen aufgestellten Denkmal. In der Mitte zerbrochene Steinstelen oder Bäume suchen die zerstörerischen Fol- gen der Vertreibung zu versinnbildlichen. Andererseits machen stilisierte Wurzelstö- cke wie in Nagykovács deutlich, dass die Vertreibung die Verwurzelung der Vertrie- benen in ihrer Heimat trotz aller Heimsuchungen nicht aufzuheben vermocht hat. Zahlreiche Denkmäler heben durch ihre Inschriften die Verbundenheit ihrer Gemein- den mit Partnerstädten und -dörfern oder gar mit einem Bundesland in Deutschland wie Baden-Württemberg hervor. Denkmäler dienen manchmal auch als Versamm- lungsort für alljährliche Gedenktage wie z.B. in Solymár am 16. April, dem Jahrestag des Abtransportes 1946. Eine besondere Rolle übernehmen die Denkmäler, die das Gedenken der Vertrei- bung der Deutschen mit der Erinnerung an die Vertreibung der Magyaren aus Ober- ungarn bzw. aus der Vojvodina verbinden, die zwar gleichfalls den Heimatverlust er- litten, jedoch in die Häuser der deutschen Vertriebenen eingewiesen wurden. So hat beispielsweise die Gemeinde Harta im Komitat Bács-Kiskun zum 50. Jahrestag zwei Gedenktafeln errichten lassen, die eine an der Wand des Bürgermeisteramtes für die vertriebenen Deutschen, die zweite an der Wand der katholischen Kirche des Ortes für die 1947 in das Dorf eingewiesenen Magyaren aus der Slowakei, den felvidéki (Oberländern). Eine ganze Gruppe von Denkmälern soll explizit der Versöhnung die- nen zwischen den um Verzeihung bittenden Tätern und ihren Opfern oder den ver- triebenen Schwaben und den ebenfalls vertriebenen, aber die schwäbischen Bauern- höfe übernehmenden Magyaren aus der Slowakei. In Beremend an der ungarisch- kroatischen Grenze errichtete man eine Versöhnungskapelle, die das Gedenken an die Vertreibung der Deutschen mit der Erinnerung an die Opfer des jugoslawischen Bür- gerkriegs der 1990er Jahre verbindet und zur Versöhnung der verschiedenen Konfes- sionen und ethnischen Gruppen beizutragen sucht. Im Unterschied zur Tschechoslowakei, Polen oder Jugoslawien war die Aufstel- lung all dieser Denkmäler mit keinerlei politischen Auseinandersetzungen oder gar Konflikten verbunden. Anders als bei den (rund 80) Trianon-Denkmälern, die das Martyrium der staatlichen Teilung der ungarischen Nation seit 1918 stilisieren, be- mühen sich die Vertreibungsdenkmäler um eine Ikonografie der Gemeinsamkeit der Heimsuchungen, der Schicksalsverbundenheit und Schicksalsgemeinschaft von Mehr- heit und Minderheit, der Symbolisierung der wechselseitigen Versöhnung. Am besten kommt das auf dem Vertreibungsdenkmal von Mosonszolnok in Westungarn zum Ausdruck, das einen Vers aus dem berühmten Gedicht „An der Donau“ von Attila József (1905-1937) aus dem Jahre 1936 zitiert: „Der Kampf, den unsere Ahnen foch- ten, Erinnerung löse ihn auf in Frieden“. Die bei der Aufarbeitung des Vertreibungsgeschehens auftretenden Widersprüche weisen auch auf Forschungsdesiderate hin. Hier sind folgende Themen hervorzuhe- ben: Was waren die Folgen der Vertreibung, zunächst einmal für die zurückgebliebe- nen Deutschen, in einem größeren historischen Zusammenhang jedoch auch für die ungarische Wirtschaft und Gesellschaft? Es liegen bislang weder Mikrostudien vor, die solche Folgen für die Gemeinden, aus denen vertrieben wurde, näher untersuchen,

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noch Versuche, solche Fragen aus regional- oder gar landesgeschichtlicher Perspekti- ve zu analysieren. Zu dieser Thematik gehören auch die Konflikterfahrungen der in Ungarn verbliebenen Deutschen mit den Bevölkerungsgruppen, die an Stelle der Ver- triebenen in den ehemals deutschen Dörfern angesiedelt wurden (ungarische Flücht- linge aus den Nachbarländern, einheimische landlose Landarbeiter, denen im Zuge der „Bodenreform“ ein deutscher Bauernhof zugewiesen wurde etc). Zu den Deside- rata gehört auch das von Tóth zum ersten Mal bearbeitete Thema der nach Ungarn zu- rückgekehrten Vertriebenen. Nach 1989 sind einige Arbeiten erschienen, die auf der Basis von Ego-Dokumen- ten und der damit verbundenen systematischen Befragung die Erinnerung von Un- garndeutschen näher untersucht haben. Die zeitlich erste von Györgyi Bindorffer hat durch Befragung der Ungarndeutschen in der Gemeinde Dunabogdány am Donauknie versucht, deren Doppelidentität näher zu bestimmen, wie sie bereits im Titel ihres Buches angedeutet wird.84 Da diese dörfliche Gruppe zum Zeitpunkt der Vertreibung beinahe ausschließlich aus Arbeitern bestand, wurden nur wenige vertrieben und des- halb spielt hier die Vertreibung nur eine indirekte Rolle, indem nämlich die heraus- gestellte Loyalität und Doppelidentität der Ungarndeutschen als „gute Ungarn“ die Befreiung dieser Gruppe von der Vertreibung plausibel machen sollte. Bindorffer hat sehr reichhaltige Materialien zu den verschiedenen Dimensionen der Identität und der Identitätskonstruktion, zum Namens- und Sprachgebrauch, ferner zu Religion, Hei- mat- und Staatsbewusstsein, interethnischen Beziehungen und Assimilation vorgelegt. In zwei weiteren, mit empirischen Methoden durchgeführten Forschungsprojekten, deren Ergebnisse in Buchform vorliegen85, übernimmt die Erinnerung an die Vertrei- bung eine ganz spezifische Funktion. Die Projektleiterin, die Soziologin Éva Kovács, hat diese am Beispiel von Villány als „unterdrückte“ und von Jánossomorja bzw. An- dau als „imaginierte“ Erinnerung charakterisiert und gezeigt, wie Erinnerung als symbolisches Kapital in diesen drei Gemeinden in den Jahren des wirtschaftlichen Umbruchs nach 1989 höchst unterschiedlich mobilisiert und eingesetzt wird. Aus Jánossomorja, einer großen Landgemeinde, die 2004 zur Stadt erhoben wurde und 3 km von der österreichischen Grenze entfernt liegt, wurden nach dem Zweiten Welt- krieg mehr als zwei Drittel der Deutschen ausgesiedelt, aus dem im Jahr 2000 gleich- falls zur Stadt erhobenen Villány (15 km von der kroatischen Grenze entfernt) wurde ungefähr ein Drittel der Deutschen vertrieben, viele von ihnen jedoch nur zeitweilig als „Kulaken“, von denen später viele zurückkehren konnten. Beide Gemeinden lie- gen an der Peripherie Ungarns, bei beiden spielt die Erinnerung an die Vertreibung eine bedeutende Rolle im lokalen Diskurs und beide Gemeinden haben in den 1990er Jahren einen steilen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt, der mit einer spezifischen Rekonstruktion von Erinnerung in Zusammenhang gebracht werden kann.

84 BINDORFFER. Auf die allerersten Arbeiten einer oral history, die ohne systematische Grundlage einfach durch Interviews entstandene Texte gesammelt hat, ohne sie kritisch auszuwerten, soll hier nicht näher eingegangen werden. 85 BAUMGARTNER/ KOVÁCS/VÁRI; A gazdasági átmenet etnikai tájképei.

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„In Jánossomorja wird der Wohlstand der Stadt damit erklärt, dass das finanzielle Geschick und die Mentalität der vertriebenen Schwaben erhalten geblieben sind: Ihre einstige Tüch- tigkeit, ihr Fleiß, ihre Sparsamkeit seien der Grund für den heutigen Aufschwung. “86 Die nach 1989 gemachte Wiederentdeckung der deutschen Wurzeln dieser Stadt mit 7 000 Einwohnern, in der heute nur mehr 19 schwäbische Familien leben, das da- durch legitimierte „Ethnobusiness“ für die erfolgreiche Ansiedlung deutschsprachiger Firmen und Konzernniederlassungen aus Österreich und Deutschland, deutsche Schu- le, deutsche Minderheitenselbstverwaltung, Blasmusikkapelle und die einmal jährlich organisierte Rückkehr der Vertriebenen dienen der Rekonstruktion und „Erhaltung der ethnischen Landschaft“ und dieses in den Dienst des wirtschaftlichen Auf- schwungs gestellte Produkt kann man auch als „symbolische Ethnizität“ bezeichnen. Die Frage ist, ob eine solche auch auf Villány zutrifft, eine Stadt, die heute zum Zent- rum einer der erfolgreichsten Weinbauregionen Ungarns aufgestiegen ist. Auch hier gibt es vor allem in Kombination mit Tourismus ein erfolgreiches Ethnobusiness, das sich zum Unterschied zu Jánossomorja auf ein in der Stadt und in den umliegenden, in die Weinregion einbezogenen Dörfern präsentes Deutschtum (30-40 Prozent der Bewohner sind Schwaben) berufen kann. Diese beherrschen auch das Kulturleben der Stadt und die zahlreichen Feste der Gemeinde sind von der schwäbischen Kultur ge- prägt. Doch die Erinnerung an die Vertreibung wird hier unterdrückt, die schwäbische Herkunft als Topos für die Begründung oder Interpretation des wirtschaftlichen Auf- schwungs in den Hintergrund gerückt. „Das Fehlen dieses Diskurses kann man in erster Linie auf die mit der schwäbischen Her- kunft verbundenen emotionalen Wunden und Traumata zurückführen. Die Erinnerungen an die in der Kindheit erlebten Vertreibungen und Internierungen werden von den heute Er- wachsenen nicht gerne aufgefrischt, ihre Werdegänge gingen einher mit der Unterdrückung und dem Verschweigen ihrer nationalen Identität.“87 Es ist offenbar ein gebrochenes Verhältnis zur Vergangenheit; die Wunden, die diese schlug, sind noch nicht verheilt, die Rekonstruktion der Erinnerung steht noch aus. Erst die junge Generation der unter 30-Jährigen wird sich wahrscheinlich einen anderen Umgang mit der jüngeren Vergangenheit aneignen, wofür einige Anzeichen sprechen, beispielsweise das offenkundige Interesse der gegenwärtigen Studentenge- neration, gerade die jeweils örtliche Vergangenheit und Zeitgeschichte ihrer Her- kunftsgemeinde näher zu untersuchen. So ist der Projektleiterin zuzustimmen, wenn sie ihre Forschungen vor Ort wie folgt resümiert: „Es gibt keine Ethnizität ohne Ethnopolitik, keine Erinnerung ohne Erinnerungspolitik. Die Aussagen, die wir über die Erinnerung an die Vertreibungen formulieren, stehen ohne die Analyse der aus ihnen entstandenen beziehungsweise sie beschreibenden Erinnerungs- und Identitätspolitik nur auf sehr wackligen Beinen.“88

86 KOVÁCS, Erinnerung, S. 115. 87 Ebenda, S. 117. 88 Ebenda, S. 120.

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Das ist der diskursgeschichtliche wie der methodische, auf die Rekonstruktion der Erinnerung bezogene Rahmen, in den auch die Studie von Ágnes Tóth zu stellen ist. Sie hat ein bislang übersehenes Stück Zeitgeschichte aufgearbeitet, das untrennbar mit der Vertreibung verknüpft ist. Übersehen wahrscheinlich auch deshalb, weil die hier thematisierte Rückkehr auch den landläufigen Mythos der Vertreibung als einen irreversiblen Vorgang in Frage stellt.

2.6 Die Rückkehr ungarndeutscher Vertriebener 1946-1950 Die Wiederinbesitznahme der ihnen geraubten Heimat, den Machthabern und ihren Maßnahmen, Gesetzen, Grenzorganen und Polizeibehörden zum Trotz; dieser Über- macht Widerstand zu leisten als Verfemte und Diskriminierte, die, angelangt in ihrer alten Heimat, in ihrem Dorf, monate-, ja jahrelang untertauchen und sich tarnen muss- ten; dies alles mit der hartnäckig und unbeirrbar verfolgten Zielsetzung, das Verlore- ne: Heimat, Hausstand, Bauernwirtschaft, Stück für Stück zurückzugewinnen – das ist ein Drama, das wir erst jetzt als Leser der von Tóth systematisch dokumentierten Erinnerungen der Betroffenen nachvollziehen können. Die ungarischen Behörden, insbesondere die Grenzorgane, waren 1946 gegenüber den Rückkehrern zunächst ratlos, denn niemand hatte damit gerechnet, dass Vertrie- bene samt ihren Familien einschließlich Kleinkindern schon bald nach der Abfahrt der ersten Vertreibungszüge im Winter 1946, wenige Tage nach ihrer Ankunft in Deutschland, wieder vor Ungarns Grenzen stehen würden und Einlass begehrten in ein Land, das sie unter Schimpf und Schande und höchst entwürdigenden Begleitum- ständen davongejagt hatte. Die große Mehrheit der „zurück Geflüchteten“ – wie sie in Ungarn auch genannt wurden – ist binnen Jahresfrist ihrer Vertreibung heimgekehrt. Viele der Rückkehrer versuchten einer Konfrontation mit den Grenzorganen auszu- weichen, indem sie über die „grüne Grenze“ gingen. Oft genug wurden sie jedoch un- terwegs aufgegriffen, verhört und in ein Gefängnis gesteckt. Viele wurden mehrfach über die Grenze abgeschoben, nur um sogleich erneut zu versuchen „heimzukehren“. Nicht wenige wurden auch zu Gefängnisstrafen verurteilt, beispielsweise ein Bauer aus Dunaszekcső, der 1948 nach Zwickau ausgesiedelt worden war und im August 1951 am Grenzübergang Deutschkreuz aufgegriffen und vom Bezirksgericht in Győr zu vier Jahren Gefängnis verurteilt wurde, da seine „Tat eine außerordentliche Gefahr für die Gesellschaft“ darstellte, so die Begründung des Gerichts. Die Strafe wurde in der zweiten Instanz im Januar 1952 auf eineinhalb Jahre verringert.89 Die Grenzorgane reagierten – auch aus Mangel an Weisungen – völlig unter- schiedlich auf dieses unvorhergesehene Phänomen der Rückkehr, mit dem sie sich zeitlich gesehen bis Anfang der 1950er Jahre auseinandersetzen mussten: Mancher Offizier der Grenzwacht führte solche Rückkehrerfamilien zum nächsten Bahnhof mit der nachdrücklichen Aufforderung, sich hier nicht mehr sehen zu lassen.90 Andere wiederum nahmen Rückkehrer fest, unterzogen sie einem Verhör und überstellten sie

89 TÓTH, Hazatértek, S. 59. 90 Ebenda, S. 149.

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in das Abschiebelager in Budapest, Andrássy-Straße Nr. 60, geleitet von der Politi- schen Geheimpolizei (heute Sitz des Museums des Terrors). Diese behandelte die Rückkehrer als fremde Staatsbürger mit dem Strafbestand eines illegalen Grenzüber- tritts. Der Aufenthalt in diesem Abschiebelager gehörte zu den schrecklichsten Erleb- nissen der Rückkehrer. Bis zu 80 Personen wurden in einem Raum gefangen gehalten, ohne Waschmöglichkeit und voll mit Wanzen, die jeglichen Schlaf verhinderten. „Al- les haben sie uns weggenommen, wir hatten nichts, nur das, was wir als Kleider an- hatten“.91 Auch um weitere Rückkehrer abzuschrecken, wurden solche häufig und wiederholt abgeschoben, obwohl es dafür zunächst keine Rechtsgrundlage gab; diese wurde erst im Juni 1948 geschaffen. Es gab auch Razzien in Grenz- und Heimatdör- fern, um Rückkehrer aufzugreifen, meist mit geringem Erfolg. Wiederholt wurden aus den aus Österreich kommenden fahrplanmäßigen Zügen über hundert Rückkehrer aufgegriffen und sofort über die Grenze abgeschoben. Von den österreichischen Grenzbehörden wurden sie jedoch im Allgemeinen nicht mehr ins Land gelassen, so dass die ungarischen Grenzbehörden sich gezwungen sahen, ihre nochmalige Rück- kehr zu tolerieren. Der österreichische Botschafter in Budapest hat Ende 1948 offi- ziellen Protest gegen diese Behandlung der Rückkehrer erhoben. Für das Jahr 1948 sind insgesamt 760, für 1950 126 Abschiebungen amtlich nachgewiesen.92 Eine Ende 1946 vom Innenministerium angeordnete landesweite Erhebung der Rückkehrer verzeichnet in ihrem am 27. Januar 1947 festgestellten Ergebnis 557 Rückkehrer, von denen der größte Teil, nämlich 401, in das traditionelle Siedlungsge- biet der Schwäbischen Türkei (Komitate Baranya und Tolna) zurückgekehrt war. Doch viele Gemeinden waren oder sahen sich nicht in der Lage, Auskunft über „ihre“ Rückkehrer zu geben. Man kann daraus auch auf eine versteckte Solidarität mit den Heimgekehrten oder zumindest Sympathie für sie schließen. Erstaunlich spät, im Ap- ril 1947, verfügte Innenminister László Rajk (1909-1949) eine sofortige Meldepflicht jedes Rückkehrers seitens der betroffenen Gemeinden und Grenzwachen. Doch darü- ber hinaus gab es weder bindende Rechtsvorschriften für die Behandlung und Auf- nahme der Rückkehrer, so dass die einzelnen mit den Rückkehrern befassten Behör- den (Grenzwache, Politische Polizei, übrige Verwaltungsbehörden) sehr voneinander abweichend und fallweise unterschiedlich über die Behandlung der Rückkehrer ent- schieden. Mit der endgültigen Einstellung der Vertreibung im Juni 1948 waren die Rechte der in Ungarn verbliebenen Deutschen, die überwiegend unter nicht länger hinnehmbaren Rahmenbedingungen der Entrechtung und Enteignung als Hilfsarbeiter ihr Leben fristeten, zu regeln und diesbezüglich eine grundsätzliche Entscheidung zu fällen. Damit in Zusammenhang hat sich auch das Los der Rückkehrer stufenweise verbessert und sie von ihrem Status der Illegalität befreit. Der über das Land bereits unumschränkt herrschende Vorsitzende der Kommunistischen Partei Matyás Rákosi erklärte am 27. November 1948 auf einer Sitzung des Zentralkomitees:

91 Ebenda. 92 Ebenda, S. 43 f.

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„Jetzt ist die Zeit gekommen, die Verhältnisse der hier verbliebenen Personen deutscher Muttersprache zu regeln und es ihnen zu ermöglichen, sich in unsere Demokratie einzu- gliedern.“93 Es ging hier nicht nur um die Heimkehrer, sondern überhaupt um die im Lande verbliebenen 230 000 Deutschen, von denen 120 000 aus beruflichen Gründen von der Vertreibung ausgenommen waren.94 Die Verordnung vom 25. März 1950 ermög- lichte dem Innenminister, allen denjenigen zurückgekehrten deutschen Vertriebenen die ungarische Staatsbürgerschaft zu gewähren, „die das auch verdienen“.95 Der lange Weg der Reintegration und Rehabilitierung der Ungarndeutschen hatte damit begon- nen; erst um die Mitte der 1980er Jahre kann er als abgeschlossen betrachtet werden. In der Erinnerung der Heimgekehrten wird fein säuberlich unterschieden zwischen den telepesek, den ungarischen Neuansiedlern, und den felvidéki, den vertriebenen Ungarn aus dem „Oberland“, aus der Slowakei, die auch als „Slowaken“ bezeichnet werden. Die Neuansiedler waren zwar oft „gute Leute“, doch verstanden sie nichts von der Bewirtschaftung eines Bauernhofes mit über 20 Joch und richteten den in der Regel auch zugrunde: „Sie haben alles kaputt gemacht.“96 Obgleich in der Erinnerung keinerlei Hass gegenüber den felvidéki geäußert wird, bleibt das Verhältnis zwischen ihnen und den Deutschen, die wie sie ihre Heimat verloren haben, ungeklärt, es gibt bezeichnenderweise keine Aussagen zum emotionalen Verhältnis zwischen der „Wir- Gruppe“ und dieser fremden „Sie-Gruppe“: „Sie haben uns ausgesiedelt, doch waren wir noch gar nicht fort, da waren sie schon da. Sie sind aus der Tschechoslowakei hierher gekommen, auch aus ungarischen Dörfern, und sind in unsere Wohnungen eingezogen.“97 Das Gefühl der in Deutschland angekommenen Vertriebenen, hier keine Aufnah- me gefunden zu haben, setzte sich aus mehreren Komponenten zusammen: Aus einem an Lebensmitteln reichen Land kommend, erlebten sie den grundlegenden Mangel an solchen. Das Brot, das für sie bislang keine Bedeutung hatte, wurde plötzlich zu ei- nem Zahlungsmittel und war wie vieles andere nur gegen Lebensmittelmarken zu be- kommen, ein System, das sie erst jetzt kennenlernten. Sie erlebten auch die für sie unvorstellbare Armut der Bevölkerung, das ungeahnte Ausmaß der Zerstörung des Landes durch den Bombenkrieg, die wirtschaftliche Katastrophe und die kulturelle Fremdheit. Angesichts dieses Schocks erfuhr ihre ungarische Heimat eine neue Auf- wertung als ein Land, in dem sie nicht hungern mussten, selbst nach ihrer Enteignung nicht. Die Erfahrung „zu Hause war es besser als hier“ (in Deutschland) spiegelt sich auch in der Erzählung der Rückkehrer wider: „Als wir zurück, nach Hause gekommen waren, gab es Brot, gab es Fleisch, Wurst, Kolbász, dort gab es gar nichts.“98

93 Ebenda, S. 53. 94 Ebenda, S. 16 u. 50. 95 Ebenda, S. 55. 96 Ebenda, S. 111. 97 Ebenda, S. 144. 98 Ebenda, S. 124.

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Schlimmer jedoch war die Zurückweisung seitens der Deutschen, mit denen sie in Kontakt kamen. Sie wird von fast allen Interviewten hervorgehoben. Ihre Erfahrungen heben die ablehnende Stimmung seitens der deutschen Bevölkerung hervor: „Jetzt kommen die Flüchtlinge. Doch ich sagte, wir sind keine Flüchtlinge, wir wurden ver- trieben. Dennoch sagten sie immer, jetzt kommen die ungarischen Zigeuner, das war all- gemein so. Natürlich, wir hatten gar nichts, so dass sie damit kamen, dass diese Flüchtlinge sie noch auffressen werden.“99 Noch dazu wurden die „Flüchtlinge“ als kriminell eingestuft: „Die haben uns draußen so angesehen, als ob wir irgendein Verbrechen in Ungarn began- gen hätten und deshalb ausgesiedelt worden sind. Uns wollte niemand glauben.“100 Für einen Neuanfang in Deutschland sah diese Gruppe, die sich zur Rückkehr ent- schlossen hatte, aus vielerlei Gründen keine Chance, eine solche nur in Ungarn, ei- nem Land, das sie trotz aller negativen Erfahrungen sehr gut kannten im Gegensatz zu Deutschland, das ihnen offenbar gänzlich fremd erschien. Das Gefühl, in eine „völlig verdrehte Welt“ gekommen zu sein, verband sich mit der Folgerung, „hier kann ich mich nicht integrieren und nicht bleiben“101. Tóth zieht daraus den Schluss: „Es ging nicht darum, dass die deutsche Gesellschaft die Vertriebenen nicht aufgenommen hat. In Wirklichkeit wird in der Erinnerung der Zurückgekehrten das Ausmaß der kulturel- len Distanz zwischen den beiden Gemeinschaften als für sie unüberbrückbar beurteilt. Deshalb erschien ihnen die Rückkehr zum Schauplatz ihres früheren Lebens trotz aller Zweifel, Probleme und Unsicherheiten attraktiver als die Möglichkeiten, die ihnen das da- malige Deutschland bot.“102 Es ging nicht nur um Heimweh, sondern auch um die Entscheidung, wohin man gehört, welche Identität man annimmt oder beibehält. Für diejenigen, die sich in Deutschland kein Leben vorstellen konnten, war es einfacher, den Weg zurück zu wählen, obwohl dieser Weg wesentlich schwieriger und unkalkulierbarer war, als am Ort bzw. im Land der Vertreibung zu bleiben. Mit dem Verbleib in Deutschland war allerdings eine vollkommene Neuorientierung und damit auch ein schwieriger Identi- tätswandel verbunden, der psychisch schwer einschätzbar blieb. Deshalb fiel manchen offenbar die Entscheidung zurückzugehen leichter, zurück in ein Land, das sie zwar verstoßen hatte, dem sie sich jedoch weiterhin zugehörig fühlten: „Zunächst war es auch Heimatliebe, denn das war unsere Heimat. Man konnte sich das vorstellen, wenn eine Nationalität, die hier zweihundert Jahre lebt und die ihre Heimat nur deshalb verliert, weil es ein Verbrechen ist, dass man zufällig deutscher Abstammung ist. Doch sie [die Vertriebenen-Rückkehrer] fühlten es ganz stark, dass sie nicht zu Deutsch-

99 Ebenda, S. 125 f. 100 Ebenda, S. 126. 101 Ebenda, S. 133. 102 Ebenda.

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land gehören. Wir gehören hierher! Mein Vater fühlte sich dort nicht gut, weil er um jeden Preis zurückkommen wollte.“103 Das Angebot, sich als „Flüchtling“ in ein fremdes Land zu integrieren, stieß bei der Gruppe der Rückkehrer auf entschlossene Ablehnung. Ausschlaggebend dafür war einerseits, die Familie wieder dort zusammenzuführen, woher sie gekommen war, weil durch die Vertreibung viele Familien auseinandergerissen worden waren. Hier ist zu bedenken, dass die mehrere Generationen umfassende Großfamilie damals noch eine Geborgenheit vermittelnde Realität war. Das traf auch auf die heimatliche Dorf- gemeinschaft zu, die bis 1945 in über 300 Dörfern mit einer absoluten deutschen Mehrheit als sozialer Bezugspunkt von Heimat erfahren und daher als unverzichtbar bewertet wurde. Das geschah trotz der politischen Spaltung, die bereits in den Kriegs- jahren durch die Konfrontation der Nazi-Anhänger und -Gegner eingetreten und zu der nach der Vertreibung deren demografisch-ethnische Zerrissenheit durch Zusied- lung hinzugekommen war. Die Lage der Heimgekehrten war eine außerordentliche. Sie mussten sich als Hilfsarbeiter, häufig nur geduldet, unter scharfer Polizeiaufsicht stehend, praktisch aus dem Nichts, unter schwierigsten Rahmenbedingungen, doch unter dem solidari- schen Einsatz der Großfamilie, eine neue Existenz aufbauen und doch konnten sie nach einigen, erstaunlich wenigen Jahren entweder das Haus ihrer Familie oder zu- mindest ein Haus in ihrem Heimatdorf zurückerwerben. Denn das war das eigentli- che, das wichtigste Ziel ihrer Rückkehr: die Heimat, verstanden als ganz konkreter Ort, als Ort ihrer Geburt, ihrer Familie, mit dem ihnen vertrauten Umfeld, zurückzu- erlangen. Sie haben keine wie schwierige Arbeit auch immer und Anstrengung ge- scheut, um dieses Ziel zu erreichen: „Wir mussten vom Staat unser Haus zurückkaufen, […] und so gelangten wir nach Hause. Im ganzen Dorf freuten sie sich, dass wir unter den Ersten waren, die wieder einmal in ihr eigenes Haus gelangen konnten.“104

103 Ebenda, S. 136 f. 104 Ebenda, S. 157.

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VI Die Periode des Sozialismus 1949-1989

Der bereits 1945 einsetzende Prozess der Sowjetisierung der ostmittel- und osteuropä- ischen Länder, die von der Roten Armee befreit wurden, um gleich anschließend un- ter das sowjetische Joch gezwungen zu werden, wurde durch die Machtübernahme der Kommunistischen Partei im Jahre 1949 in Ungarn endgültig durchgesetzt.1 Eines der Hauptmerkmale der Sowjetisierung war die Übernahme sowjetischer Politikleitli- nien und -programme. Dazu gehörte auch die von Lenin begründete und von seinen Nachfolgern weiterverfolgte und modifizierte Nationalitätenpolitik, deren Prinzipien und Methoden in allen Ländern des Sowjetblocks mehr oder weniger übernommen wurden und die hier im Folgenden deshalb bis zu einem gewissen Grad auch länder- übergreifend dargestellt wird.

1 Grundzüge der Lenin’schen Nationalitätenpolitik

Der klassische Marxismus ging vom Vorrang des Klassenbewusstseins und der Un- vermeidbarkeit des Klassenkampfes aus, der mit jeglichem Nationalismus als unver- einbar angesehen wurde. Das zweite Moment war die Forderung des strategischen Marxismus nach nationaler Selbstbestimmung im Allgemeinen, verbunden mit einer sehr selektiven Unterstützung für nationale Bewegungen im Besonderen. Das dritte Spannungsmoment bildete die Anerkennung der historischen Rolle von Nation und Nationalstaat im Übergang vom Feudalismus über den Kapitalismus zum Sozialis- mus. Diese letzte Konzeptionsvariante wurde vor allem vom Austromarxismus, von Otto Bauer und Karl Renner, weiterentwickelt, die Nation als den wesentlichen Ak- teur der sozialen Veränderungen betrachteten und im Widerspruch zum kommunisti- schen Manifest die Vollendung der Nationsidee vom und im Sozialismus erwarteten.2 Lenin wiederum bevorzugte die zweite Variante, die Forderung nach nationaler Selbstbestimmung, allerdings erst aufgrund seiner Erfahrungen im ersten und zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts.3 War Lenin 1903 noch überzeugt, dass der Klassen- gegensatz die nationale Frage bereits weit in den Hintergrund gedrängt habe, so schrieb er 1913 in einem an Maksim Gorkij (1868-1936) gerichteten Brief: „Was den

1 MEVIUS; ROMAN; ROMSICS, Hungary; GATI. 2 RENNER; BAUER; MOMMSEN; MOZETIŽ. 3 CONNOR; SIMON, Nationalismus; KAPPELER.

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Nationalismus betrifft, so bin ich ganz Deiner Meinung, dass es nötig ist, diesem mehr Aufmerksamkeit zu schenken.“4 In seinem letzten Lebensjahrzehnt, von 1914 bis 1924, war eines seiner wichtigsten Themen die Frage, wie man Nationalismus be- kämpfen und wie man Nationalismus soweit wie möglich im Interesse der internatio- nalen kommunistischen Bewegung manipulieren kann. Überzeugt davon, dass nur große, multinationale Staaten als fortschrittlich angese- hen werden können, ging Lenin davon aus, dass kleine Nationen nach Erlangen ihrer Unabhängigkeit ihren wirtschaftlichen Eigeninteressen folgend sich wieder größeren Staaten anschließen und sich mit diesen vereinigen würden. Nationalismus ist nach Lenin nur so zu bekämpfen, indem man ihm anscheinend nachgibt und ihm alles kon- zediert, auch die Unabhängigkeit, denn es ist besser, diese anzubieten, als durch Un- terdrückung einer solchen Forderung den Nationalismus zu stärken. Deshalb schrieb Lenin 1913, „das Recht auf Selbstbestimmung ist eine Ausnahme von unserer gene- rellen Forderung nach demokratischem Zentralismus“5, sozusagen eine Übergangser- scheinung; es ist ein abstraktes Recht, das für propagandistische Zwecke genutzt wer- den, doch keineswegs in der politischen Praxis angewendet werden sollte. Dieses Selbstbestimmungsrecht blieb somit der marxistischen Strategie untergeordnet und nicht irgendwelchen Prinzipien der Ethnizität. Diese hatte innerhalb der Partei nichts zu suchen, denn wie Lenin sagte: „Wir Sozialdemokraten sind gegen jeglichen Natio- nalismus und befürworten den demokratischen Zentralismus.“ Was bedeutet das jedoch für einen sozialistischen multinationalen Staat? Dem Par- teiprogramm der Bolschewiken von 1903 zufolge beabsichtigten diese, nach ihrer Machtergreifung die Politik der nationalen Gleichberechtigung einzuführen und das Recht auf Gebrauch der eigenen Sprache und der Erziehung in dieser Sprache zu ge- währleisten. Diese Garantien waren auch in Stalins berühmter Studie „Marxismus und die nationale Frage“6 von 1913 enthalten, in der Stalin hervorhob, dass für ethnisch klar konturierte Einheiten wie Polen, Ukraine oder den Kaukasus ein System regiona- ler Autonomien geschaffen werden und der Minderheitenschutz Priorität bekommen sollte. Doch solche Rechte waren gleichfalls nur für eine Übergangszeit gedacht, die nach Lenin notwendig war, um die historischen Konflikterfahrungen zwischen Mehr- heit und Minderheit und damit die Barrieren für eine spätere freiwillige Assimilation zu überwinden. Denn Lenin beurteilte den Nationalismus als mentales Produkt der na- tional-bürgerlichen Unterdrückung. Zwangsmaßnahmen mit dem Ziel seiner Über- windung hätten das unerwünschte Resultat seiner Stärkung zur Folge, was auf jeden Fall strikt zu vermeiden sei. Für Lenin war das Schlüsselelement nicht die Sprache, sondern ihre Botschaft, der Inhalt der Sprache, was die spätere Parole sozialistischer Nationalitätenpolitik begründete: „national in der Form, sozialistisch im Inhalt“. Es ging ihm darum, den Inhalt dieser Sprache, der Botschaft zu kontrollieren, in welcher Sprache erschien ihm hingegen sekundär.

4 Zit. nach CONNOR, S. 30. 5 Ebenda, S. 34. 6 STALIN, Nacional’nyj vopros.

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Lenins Strategie in der „nationalen Frage“ lässt sich in drei Punkten zusammen- fassen: 1. Vor der Machtergreifung versprich allen nationalen Gruppen das Recht auf Selbstbestimmung und Sezession und biete allen die nationale Gleichberech- tigung an! 2. Nach der Machtergreifung begrenze das Recht auf Sezession und beginne mit dem langfristigen Prozess der Assimilation im Rahmen einer territorialen Au- tonomie für alle kompakten ethnisch-nationalen Gruppen! Zitat Lenins: „Wir sind für große Staaten und für eine Verschmelzung der Nationen.“ 3. Die Partei selbst bleibt zentralisiert und frei von allen Nationalismen. Nach der Oktoberrevolution entstanden innerhalb der ehemaligen Grenzen des russischen Reiches 13 neue Staaten, die von der Regierung Lenins aufgrund des Selbstbestimmungsprinzips anerkannt wurden. Bis Ende 1922, nach der siegreichen Beendigung des russischen Bürgerkriegs, sind davon nur mehr vier übrig geblieben, die drei baltischen Länder und Finnland, und nach dem Vollzug des Hitler-Stalin- Paktes von 1941 nur mehr eines, nämlich Finnland. Vom Intermezzo des Zweiten Weltkriegs abgesehen blieb das auch so bis zum Wendejahr 1990/91. Ideologisch gesehen haben nach der Oktoberrevolution sowohl Lenin als auch Sta- lin das Recht der Sezession an die Zustimmung der Massen des betreffenden Landes gebunden. Doch war klar, dass die einzig legitime Vertretung der Massen, die kom- munistische Partei, zu dem allein zulässigen Schluss kommen musste, dass die Souve- ränität der in der Sowjetunion vereinigten Nationen in dieser brüderlichen multinatio- nalen Familie am besten gewährleistet werden konnte. Deshalb wurde in den Verfas- sungen der Sowjetunion von 1924, 1936 und 1977 ausdrücklich hervorgehoben, dass dieser Staat durch die freiwillige Union der Sowjetrepubliken konstituiert wird. In der politischen Praxis nach der Machtergreifung ließ Lenin jedoch keinen Zweifel darü- ber zu, dass jegliche Sezession von der Sowjetunion nur Übergangscharakter haben könne und am Ende einer solchen Entwicklung die Reunion zu stehen habe. Worauf es freilich der Sowjetunion mit dieser Politik der nationalen Selbstbestimmung an- kam, war der propagandistische Nutzen, den sie im Verlauf des 20. Jahrhunderts ge- genüber den Völkern in Asien und Afrika daraus zu ziehen vermochte, nämlich sich als Vorkämpfer dieses Prinzips und damit auch als Befreier dieser Völker anzubieten und zu profilieren. Es liegt ganz in der Logik einer solchen Strategie begründet, dass Nikita Sergeevič Chruščëv in seiner berühmten Entstalinisierungsrede auf dem 20. Parteitag der KPdSU 1956 Stalin auch in dem Punkt kritisierte, durch die Misshand- lung nationaler Gruppen innerhalb der Sowjetunion das Image des Vaterlandes der Werktätigen als erfolgreiches Modell eines multinationalen Staates negativ beein- flusst zu haben. Der offizielle Mythos von der freiwilligen Vereinigung der Nationen im Sowjetstaat und deren Gleichberechtigung in diesem multinationalen Staat sollte verschleiern, wie instrumentell Minderheitenschutz und Selbstbestimmung im Inter- esse der Machtergreifung sowie der Stabilisierung der Sowjetmacht praktiziert wurde. Es ist daher schon an diesem Punkt der Schluss zu ziehen: Im Sowjetstaat ging es niemals um den Schutz von nationalen Gruppen bzw. nationalen Minderheiten als

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solchen, sondern um eine Politik der Integration derselben, ihrer Inklusion, um die Macht der Einheitspartei zu stabilisieren und durch eine scheinbare, kurzfristig gewährte Erfüllung nationaler bzw. ethnischer Wünsche langfristig abzusichern. Der offizielle Mythos von nationaler Selbstbestimmung und Gleichberechtigung sollte je- doch auch dazu dienen, der Sowjetunion das Image einer Vorkämpferin dieser Ideale in der ganzen Welt zu verleihen und sie als Bündnispartnerin attraktiv zu machen, nicht zuletzt zu dem Zweck, an die Sowjetunion angrenzende Länder, ethnische Min- derheiten und Nationen für das Vaterland der Werktätigen zu gewinnen. Die Instru- mentalität dieser Nationalitätenpolitik und des Umgangs mit Minderheiten ist wohl als deren wichtigstes Charakteristikum anzusehen. Für Lenin blieben ethnischer Pluralismus und der damit verbundene kulturelle Pluralismus eine formale Angelegenheit auf dem Weg zur sozialistischen Einheit in nationaler Vielfalt. Unterschiedliche Sprachen und andere Manifestationen national- ethnischer Vielfalt fungierten nur als Medien für den sozialistischen Inhalt, den die Partei zu bestimmen hatte. Nationale Gleichberechtigung blieb gleichsam ein Hohl- raum, der mit einer neuen Identität aufzufüllen war, [nämlich mit] der Identität des neuen, sozialistischen Menschen, des Sowjetmenschen, für den als Ergebnis einer solchen Synthese Nationalkulturen nur mehr als miteinander verschmolzenes Amal- gam fortexistierten, wodurch die nationale Frage in der sozialistischen Gesellschaft aufgehoben und endgültig gelöst sei. In dieser teleologischen Konstruktion war der Glaube vorherrschend, dass eine solche Sowjetisierung von den Minderheiten nicht als fremdbestimmtes Programm der Herrschaft einer dominanten ethnischen Gruppe (nämlich der Russen) aufgefasst werden konnte, wenn dieses Programm in der jewei- ligen Minderheitensprache adressiert und vor Ort auch von Repräsentanten der jewei- ligen Minderheit selbst vertreten wurde. Dieser Glaube entpuppte sich langfristig je- doch als Illusion. 1925 erschien Stalins Buch „Der Marxismus und die nationale, koloniale Frage“, das mehr als ein halbes Jahrhundert lang die Leitlinien der sowjetischen Minderhei- tenpolitik vorgab und deren Programm in der Formel „national in der Form, sozialis- tisch im Inhalt“ zusammenfasste. Stalin führte darin aus: „Proletarische Kultur, welche ihrem Inhalt nach sozialistisch ist, übernimmt verschiedene Formen und Methoden ihres Ausdrucks unter den verschiedenen Völkern, die in das Auf- bauwerk des Sozialismus einbezogen worden sind, abhängig von den Verschiedenheiten der Sprachen, Gewohnheiten usw. Proletarisch im Inhalt, national in der Form – das ist die menschliche Universalkultur, die der Sozialismus zum Ziel hat. Proletarische Kultur hebt die Nationalkultur nicht auf, sondern verleiht ihr den Inhalt. Nationale Kultur hebt anderer- seits proletarische Kultur nicht auf, sondern verleiht ihr die Form.“7 Deshalb sollte die patriotische und internationale Erziehung speziell in den Min- derheitenschulen jegliche Überreste des Nationalismus bekämpfen, prinzipiell ana- tional ausgerichtet sein und die freundschaftliche Einstellung und den Respekt gegen- über allen anderen nationalen Gruppen und Völkern fördern. Damit logisch verbun- den war das in allen sozialistischen Verfassungen verbürgte Recht auf den freien

7 Zit. nach STALIN, Marxism, S. 210.

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Gebrauch der Muttersprache der jeweiligen Minderheit, das Recht auf muttersprach- lichen Unterricht sowie das Recht auf die Fortentwicklung der jeweiligen Minderhei- tenkultur.

2 Die Anwendung der sowjetischen Nationalitätenpolitik in den Ländern Ostmitteleuropas

Mit der kommunistischen Machtübernahme im Verlauf der späten 1940er Jahre ist im Verhältnis Minderheit–Staat–Mehrheitsgesellschaft zunächst einmal eine Entspan- nung eingetreten. Die Vertreibungs- und Umsiedlungsprozesse wurden gestoppt und die Angehörigen der bis dahin verfolgten Minderheitengruppen wie beispielsweise der deutschen erhielten ihre Rechte als Staatsbürger zurück. Die in vielen Lebensbe- reichen gültigen Diskriminierungsmaßnahmen wurden aufgehoben oder zumindest zurückgedrängt. Aus dem „Paradies“ des totalitären Staates mit dem Proletariat als herrschender Klasse wurden nur die klassenfeindlichen Elemente vertrieben oder liquidiert; die klassenfremden Elemente jedoch als subversiv unterdrückt und mit dem Ziel umerzogen, aus ihnen arbeitsame „Proletarier“ zu machen. Die in langer Tradi- tion herausgebildeten ethnischen Trennlinien besaßen im Rahmen dieses tiefgreifen- den Umbruchs der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse keinerlei richtungweisende Funktion und verloren zumindest offiziell ihren bis dahin immanen- ten politischen Charakter, obgleich ihre mentale Rolle als identitätsstiftendes Merk- mal auch diesen Umbruch überdauert hat. Dabei übernahmen das Herrschaftssystem und insbesondere seine Ideologie eine sehr dialektische Funktion: Einerseits warfen sie in Erwartung der klassenlosen Gesellschaft die nationale und ethnische Kategorie „auf den Müllhaufen der Geschichte“. Mit diesem Paradigmenwechsel schien das Ende des Nationalstaats und seiner ihm eigenen Unterdrückungsmechanismen gegen- über ethnisch fremden Minderheiten gekommen zu sein. Andererseits jedoch bean- spruchte die neue Herrschaftsordnung zum Zweck des Machterhalts und der System- stabilisierung die totale Kontrolle über die gesamte Gesellschaft und alle ihre Lebens- bereiche. Sie unterwarf damit alle Gruppen dieser Gesellschaft einem neuen System der Unterdrückung und der Kontrolle unter Anwendung direkt-koerziver Mittel. Auf dem „Umweg“ solcher Unterdrückungsmechanismen kehrte die ethnische und natio- nale Kategorie in die Politik zurück: erstens als nationaler Faktor nach außen, d.h. als Emanzipationspotenzial gegenüber dem übermächtigen Moskauer Blockzentralismus; zweitens als ethnischer Faktor nach innen, d.h. als Instrumentalisierungspotenzial von Gruppeninteressen und -gegensätzen im Spannungsfeld von entmündigter Minderhei- ten-Peripherie und überorganisiertem Zentrum der Bevölkerungsmehrheit, der Titu- larnation.8

8 KING, Minorities; LUDANYI; The Politics of Ethnicity in Eastern Europe; SCHÖPFLIN, Lage; DERS., Minorities; Nationen, Nationalitäten, Minderheiten; BRUNNER, Nationalitätenprob- leme; BRICKE, Minderheiten; SEEWANN, Minderheiten und Nationalitätenpolitik.

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Nach Beendigung der ersten, stalinistisch-terroristischen Phase der sozialistischen Revolution Mitte der 1950er Jahre war in allen Ostblock-Ländern eine den hier ange- deuteten Entwicklungslinien folgende Revitalisierung nicht nur des ethnischen Fak- tors, sondern auch der entsprechenden historischen Konflikterfahrungen zu beobach- ten.9 Die Rückkehr alter Stereotypen in ein völlig neues Umfeld sozialer und politi- scher Hierarchien machte selbst den dogmatischsten Machthabern zunehmend deut- lich, dass die Automatismusthese Stalins, der zufolge sich nach Einführung sozialisti- scher Verhältnisse die Nationalitätenfrage automatisch lösen würde, schließlich doch als hinfällig angesehen werden musste. An die Stelle dieser Automatismusthese trat eine neue, faktisch jedoch eher traditionell-alte nationalitätenpolitische Konzeption. Das Bestreben, eine solche zu entwickeln bzw. teilweise an alte nationalitätenpoliti- sche Traditionen anzuknüpfen, fällt zeitlich gesehen in die zweite Hälfte der 1950er und den Anfang der 1960er Jahre, als mit der Überwindung der stalinistischen Phase eine Neubestimmung des generellen politischen Kurses erfolgte.

3 Grundmerkmale sozialistischer Nationalitätenpolitik

Sozialistische Nationalitätenpolitik wies bei aller historisch, regional und national be- dingten Unterschiedlichkeit ein in manchen Grundzügen gemeinsames Profil auf und bewirkte bei den betroffenen Minderheiten auch ähnliche Verhaltensmuster, die im folgenden Abschnitt näher analysiert werden. 1. Die inhaltliche Bestimmung: Sozialistische Nationalitätenpolitik hatte stets einen instrumentellen Charakter. Sie war keinesfalls Selbstzweck in dem Sinne, dass Minderheitenschutz jemals Priorität erlangt hätte. In Ungarn oder Bulgarien beispielsweise wurde ihr als besonderer Form der Bündnispolitik von János Kádár (1913-1989) und Todor Christov Živkov (1911-1998) eine unmittelbare innenpolitische Integrationsfunktion mit dem mittelbaren Ziel der Systemerhaltung und Systemstabilisierung zugewiesen. Die Parole dieser Periode lautete in Ungarn: Integration ja, Assimilation nein. Die sich bereits im allgemeinen Kontext des Strukturwandels vollziehende Integration der Minderheitenbevölkerung in die sozialistische Wirtschaft und Gesellschaft sollte daher mit allen Mitteln gefördert, ihre sprachliche Assimilation aber nach Möglichkeit verhindert werden.10 Im Alltag beschleunigten sich die As- similationsprozesse dennoch, auch wenn man sie in Hinblick auf die magya-

9 DEÁK, Past. 10 Zur ungarischen Nationalitätenpolitik von 1948 bis 1989 siehe DOBOS, Kisebbségpolitika; SEEWANN, Minderheiten in der ungarischen Innenpolitik; HEUBERGER; STARK, Kisebbségi; CROWE; ARDAY/HLAVIK; KŐVÁGÓ, Leben; SEEWANN/SITZLER, Ungarns Nationalitäten; ARDAY/JOÓ/SZÉKELY; NIEDERHAUSER, Magyarországi; KŐVÁGÓ, Nemzetiségi kérdés; RÉVÉSZ, Minderheiten; KŐVÁGÓ, Nemzetiségek; STEFKA; HERCZEG, Minorities; KŐVÁGÓ, Kisebbség; In mehreren Sprachen, mit gemeinsamem Willen; KÓSA, Nemzetiségek; KŐVÁGÓ/TILKOVSZKY.

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rischen Minderheiten in den Nachbarländern vermeiden wollte, wobei die Rücksichtnahme auf die ungarischen Konnationalen in den Nachbarländern als Prinzip der ungarischen Nationalitätenpolitik bis in die Gegenwart die Richtung weist. 2. Der Zeitfaktor: Sozialistische Bündnispolitik mit der Zielsetzung, möglichst viele gesellschaftliche Gruppen in die sozialistische Gesellschaft zu integrie- ren, konnte freilich erst nach der Eliminierung des Klassenfeinds, also nach der heißen Phase des Klassenkampfes am Ende der stalinistischen Periode einsetzen. Somit hat diese Politik ihr Institutionensystem sowie ihren Maß- nahmenkatalog erst in einer Periode entwickelt, in der die traditionelle Ag- rarkultur der Minderheitenbevölkerung und deren sozioökonomische Basis im Zuge der Kollektivierung und Industrialisierung bereits zerstört war. 3. Deshalb bedeutete sozialer Wandel unter sozialistischen Vorzeichen den Ver- lust traditioneller Lebensorientierung und für die Nationalitätenbevölkerung aufgrund ihrer spezifischen Lebensbedingungen noch mehr, nämlich Gefähr- dung oder gar Verlust ihrer ethnischen Identität. Sprachliche Assimilation bis hin zum Sprachwechsel in der Jugendgeneration ist nur eine Resultante die- ses Prozesses, in dem gesamtgesellschaftliche und politisch bedingte Verän- derungen miteinander verschmolzen. Zu Systemveränderungen solcher Art gehörten der Verlust der eigenen Scholle durch die Kollektivierung der Landwirtschaft genauso wie der Verlust der Dorfgemeinschaft – und damit auch der Heimat und der Sozialgruppe, mit der man sich identifizieren konn- te – durch berufsbedingte Migration in andere, meist größere Gemeinden oder in die Stadt. Dort angekommen, konzentrierten sich die neuen Stadtbür- ger ganz darauf, ihre schwäbische Herkunft zu verbergen, auch wenn sie an ihrer Verhaltensweise bald als solche erkannt werden konnten.11 Nur moder- nisierungsunwillige, durch Religion und spezifische Subkultur gleichsam in ihrem Konservativismus geschützte, sozial marginalisierte Minderheiten wie die Türken in Bulgarien oder die Zigeuner in allen betroffenen Ländern er- wiesen sich dem Druck politischer Maßnahmen und des sozialen Wandels gegenüber als weitgehend resistent. 4. Die Objektrolle der Minderheiten: Der sozialistische Staat ließ von sich aus keine freie, offene und damit pluralistische Gesellschaft zu. Gesellschaft wurde dort stets als Objekt staatlicher Machtausübung begriffen, wobei die Machtausübung Monopol der Partei war. Die sozialistische Gesellschaft war folglich kein eigenständig handelndes, autonomes Subjekt. Unabhängige ge- sellschaftlich relevante Gruppenbildung und Interessenartikulation wurden daher prinzipiell unterdrückt. Innerhalb der somit verstaatlichten Gesellschaft war Gruppenbildung nur insoweit zugelassen und gefördert, als sie durch Staat und Partei kontrolliert und kontrollierbar blieb. Alle Organe, die als Na- tionalitätenverbände die Minderheiten als Subjekt repräsentierten und hand-

11 Siehe dazu die Mikro-Studie von TEFNER.

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lungsfähig machen sollten, waren daher Regierungs- und Parteiorgane und in die Parteidisziplin und -interessen eingebunden. Sie agierten somit nicht oder nur sehr eingeschränkt als Interessenvertretungen ihrer Bevölkerungsgrup- pen. Innerhalb der engen, von der Partei gezogenen Grenzen waren nur ge- plante und kontrollierbare gemeinschaftsbildende Prozesse vorgesehen, also keine spontanen und tatsächlich gemeinschaftsbildenden Prozesse, die im Allgemeinen von unten nach oben verlaufen. Der ungarndeutsche Journalist Peter Leipold hat in einem Artikel in der Neuen Zeitung vom 15. Oktober 1986 genau diese Problematik anvisiert und sie vorsichtig in Form einer Fra- ge vorgebracht: „Wie kann ein zentral, also von oben gelenkter Verband mit seinem im Allge- meinen kleinen Apparat den hohen Erwartungen nachkommen, die außerdem meistens von ihm selbst formuliert worden sind, wenn die Gebiets- und lokale Vertretung nicht oder nur schwach gegeben ist? Das Dilemma ist nun: zentral organisierte Nationalitätenverbände in einem sich dezentralisierenden Land, wo die von unten kommenden Initiativen immer mehr Ansehen genießen.“ 5. Dadurch blieb den ethnischen Gruppen eine entscheidende Qualität verwei- gert, nämlich sich als soziale Gruppe zu konstituieren, die ihre Interessen in eigenen Gremien frei artikulieren kann. Von vornherein war ihnen jede Mög- lichkeit einer Selbstbestimmung als Subjekt ihres sozialen Handelns genom- men. Das eindeutige Übergewicht der Objekt-Rolle der ethnischen Gruppen hatte die fatale Folge, dass diese Gruppen auf alle Veränderungen politischer, kultureller und sozioökonomischer Natur nur passiv reagieren konnten, weil im Prinzip eine aktive, ihre Subjekt-Rolle im gegebenen System nicht reali- sierbar war. Aber nur eine solche aktive Rolle hätte diese Gruppen befähigt, sich im gesamtgesellschaftlichen Prozess der Umwandlung in eine Industrie- gesellschaft als ethnische und soziale Gruppe erfolgreich zu behaupten. Das oft widersprüchliche Bild sozialistischer Nationalitätenpolitik, das ei- nerseits einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zugunsten der Nationalitä- ten, beispielsweise im Aufbau kultureller Basiseinrichtungen etc., zeigte, bei der davon betroffenen Minderheitenbevölkerung jedoch eine ablehnende, apathische oder zumindest indifferente Haltung gegenüber dem reichhaltigen Angebot staatlicher Förderung hervorrief, hat in diesem Ungleichgewicht, d.h. in der Dominanz der Objektrolle, ihre Wurzel. Zahlreiche nationalitätenpolitische Defizite sind unter dem Aspekt der zum Objekt staatlicher Politik degradierten Minderheiten mit Händen zu grei- fen. Als das wichtigste ist wohl die falsche Behandlung des Sprachwechsels, der Assimilation, anzusehen, zumal diese nicht unbedingt mit einen Identi- tätswechsel gekoppelt sein muss. In der Industriegesellschaft mit ihrem ge- steigerten Bedarf an Kommunikation ist die Beherrschung der Mehrheits- sprache ein ganz natürliches Erfordernis, um sich in ihr beruflich-existenziell behaupten zu können. So gesehen gibt es tatsächlich so etwas wie eine „na- türliche“ Assimilation. Das Unnatürliche an ihr ist nur die vollständige Auf- gabe der Muttersprache, wie sie bei vielen Nationalitätenangehörigen in Un-

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garn vor 1989 zu beobachten war. Einen Ausweg bietet hier nur die interkul- turelle Zweisprachigkeit, die schon in den Schulen verankert sein sollte. Eine solche Zweisprachigkeit setzt in der Praxis ein starkes Selbstbewusstsein und damit eine klare Lebensorientierung, d.h. eine in sich gefestigte ethnische Identität, voraus. Die sozialistischen Nationalitätenverbände jedoch förderten in ihrer Ar- beit vor allem die objektiven Merkmale ethnischer Gruppenzugehörigkeit (beispielsweise Folklore, Volkstanz, Blaskapellen, die Produktion materieller Volkskultur wie Keramik, Textilien etc.). Weil Eigenverantwortlichkeit, Spontaneität und eigenständig begründete Identität alles andere als gefragt war, unterließen sie im Allgemeinen die Förderung der subjektiven Faktoren ethnischer Identität wie die kritische Beschäftigung mit der Geschichte der eigenen Gruppe, ihrer Sprache, ihres Sprach- und Sozialverhaltens und ihres gesellschaftlichen Umfelds. Die Nationalitätenverbände verwalteten unter Anwendung bürokratischer Methoden die ihnen überantwortete Gruppe, aber sie hatten wenig Ahnung von den Möglichkeiten und Methoden eines akti- ven, intra- und interethnisch wirksamen Identitätsmanagements. 6. Die Auswirkungen gesamtgesellschaftlicher Prozesse auf die Minderheiten- bevölkerung: Die forcierte Industrialisierung nach 1945 zog tiefgreifende Veränderungen der Sozial- und Siedlungsstruktur nach sich. In den 1960er und 1970er Jahren waren jährlich durchschnittlich 5 bis zu 10 Prozent der Gesamtbevölkerung an der Binnenwanderung beteiligt und die Städte ver- zeichneten einen Zuwachs von 50 bis 75 Prozent ihrer ursprünglichen Ein- wohnerzahl. Da dieser Umbruch planwirtschaftlich strukturiert war, verfügte die Administration über zahlreiche Möglichkeiten, die Ansiedlung von An- gehörigen bestimmter ethnischer Gruppe zu steuern. In allen sozialistischen Ländern lässt sich beobachten, dass Angehörige des Staatsvolkes planmäßig vor allem in den historischen Siedlungszentren der Minderheiten, diese wie- derum in Siedlungszentren der Mehrheit angesiedelt wurden. So wurde Bu- karest zur größten ungarischen Stadt außerhalb Ungarns und Rumänien hat sich zum Vorreiter einer solchen Siedlungspolitik gemacht. Abnahme des Minderheitenanteils in deren historischen Siedlungsgebieten und -zentren mit gleichzeitiger Zunahme des Anteils der Titularnation ist auch im Zuge der Industrialisierung westeuropäischer Länder zu beobachten. Als Beispiel kann das historische Zentrum Südtirols, die Stadt Bozen, dienen, die heute bereits eine italienische Mehrheit von über 70 Prozent hat. Der wesentliche Unter- schied zwischen dem Industrialisierungsprozess westlicher und sozialisti- scher Prägung besteht unter dem Aspekt des Minderheitenschutzes wohl dar- in, dass die Minderheiten-bevölkerung in sozialistischen Regimen solchen gesamtgesellschaftlichen Prozessen schutz- und hilflos ausgeliefert war und keine Möglichkeit hatte, Selbstschutzmaßnahmen zu entwickeln. Die sys- tembedingten Gründe dafür wurden bereits angeführt.

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Sozialistische Nationalitätenpolitik hatte immer auch einen stark voluntaristischen Charakter, der mit ihrer Schaufensterfunktion korrespondierte. Quantitativ aufgebläh- te, geschönte Erfolgsbilanzen sollten zeigen, dass es die sozialistische Gesellschaft im Unterschied zur kapitalistischen geschafft hatte, mit Minderheiten humaner umzuge- hen, ethnische Spannungen aufzulösen und den Idealzustand des friedlichen Zusam- menlebens zu erreichen. Vielleicht dachten manche Vertreter der Staats- und Partei- führung tatsächlich, Identitätsmanagement per Diktat von oben und im Rahmen pa- ternalistischer Verhaltensmuster betreiben zu können. Gepflegt wurde mit solchen Methoden allerdings nicht die Identität, sondern einzig und allein das Wohlverhalten, die Anpassung an und die Integration in das System. Was die Identität der Minderheit betrifft, so trugen die ihr zugedachten administrativen Maßnahmen keineswegs zu ih- rer Förderung bei. Beispielsweise stellte gerade der Atheismus-Kurs von Partei- und Staatsapparat einen ganz wesentlichen Bereich der primär religiös definierten Identi- tät einzelner Minderheiten wie der bäuerlichen Schwaben oder der Siebenbürger Sachsen grundsätzlich in Frage. Da Identitätskonflikte sich als unlösbar erweisen, wenn sie nicht in Richtung eines Interessenausgleichs transformiert werden können, wird durch eine Identitätskonflikte auslösende Nationalitätenpolitik die Stabilität des Regimes selbst langfristig gesehen in Frage gestellt. Ein Beispiel dafür bietet das ge- waltsame Ende des Ceauşescu-Regimes in Rumänien, das durch einen Aufstand an der Peripherie mit einem erheblichen Nationalitätenanteil eingeleitet wurde. Den negativen Folgen dieser auch auf die Mehrheitsgesellschaft zutreffenden „Identitätsmangelwirtschaft“ versuchte man in der Spätphase des sozialistischen Sys- tems, ab Anfang oder Mitte der 1970er Jahre, mit einer Umkehrung der Stalin’schen Losung zu begegnen: Statt „national in der Form, sozialistisch im Inhalt“, wie es Sta- lin noch gefordert hatte, wurde man zusehends nationaler im Inhalt und der Sozialis- mus nahm immer formalere oder, wie im Fall Rumäniens, wieder stalinistische Züge an. Der Nationalismus wurde in Richtung Systemlegitimation funktionalisiert und es entstand die in sich widersprüchliche Variante des „Nationalkommunismus“. Die Minderheiten wiederum sahen sich durch diese Entwicklung plötzlich wieder am Ein- gang der Sackgasse nationalstaatlicher Nationalitätenpolitik postiert. Diese langfristig für jedes politische System dysfunktional wirkende Alternative war mit der Wende von 1989 wieder salonfähig geworden.

4 Rahmenbedingungen und Zäsuren des ethnischen Überlebens in Ungarn

Die dem Ungarndeutschtum kollektiv angelastete Schuld, faschistisch gewesen zu sein und das Land Ungarn an seine Feinde verraten zu haben, und die aus diesem Konstrukt gezogene Konsequenz seiner Vertreibung haben nach 1945 alle an sich po- sitiven Erfahrungen des ethnischen Gemeinschaftslebens der Zwischenkriegszeit, die ethnische Solidarität, ins Negative gewendet, alle bis dahin aufgebauten und entwi- ckelten Gruppenleistungen und -werte diskreditiert. Nicht zuletzt jedoch auch den Gebrauch der eigenen Sprache. Um die eigene Existenz zu behaupten, sah sich der einzelne Ungarndeutsche – soweit er überhaupt in seiner Heimat verbleiben durfte –

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dazu gezwungen, sein ethnisches Bewusstsein und die damit verbundenen Werte zu verleugnen, sein Gruppendasein restlos aufzugeben. Wie gestaltete sich nun die Ent- wicklung seit 1945 auf der hier nur angedeuteten Ausgangslage einer auch geistig- moralischen Trümmerlandschaft als Folge von inneren und äußeren Zerstörungen, die viel weniger an Heilgebliebenem hinterließen, als man beispielsweise noch 1918 an Entwicklungspotenzial vorgefunden hatte? Die Geschichte des Ungarndeutschtums von 1945 bis zur Gegenwart ist geprägt von einer Reihe grundlegender Veränderungen, die auch die wesentlichen Zäsuren dieser Periode setzen12: Auf Flucht und Vertreibung folgte die Phase der politischen Diskriminierung und gesellschaftlichen Ächtung, darauf ein tiefgreifender sozialer Wandel und schließlich eine 1983 einsetzende nachhaltige Liberalisierung des politi- schen und kulturellen Lebens mit wesentlichen Auswirkungen insbesondere auf die Gestaltung der ungarischen Nationalitätenpolitik. Befasst man sich mit der Chronolo- gie dieser Zäsuren, so sind unter dem politischen Aspekt die Jahreszahlen 1949, 1955, 1968 und 1983 zu nennen. Das Jahr 1948 markiert das Ende der Vertreibung, 1949 brachte die erste sozialistische Verfassung, in der die prinzipielle Gleichberechtigung der Nationalitätenbevölkerung Ungarns verankert wurde, die für das Ungarndeutsch- tum freilich erst 1955 mit der Gründung seines offiziellen Verbandes zumindest an- satzweise Realität geworden ist. 1968 vollzog sich eine Neuorientierung der ungari- schen Nationalitätenpolitik und 1983 wurde diese durch die Rehabilitierung der Un- garndeutschen vom Vorwurf der Kollektivschuld und durch Einbeziehung von Förde- rungsmaßnahmen aus der Bundesrepublik Deutschland noch einmal modifiziert. Setzt man die Zäsuren unter dem Aspekt der sozioökonomischen Veränderungen, die freilich zunächst gesamtgesellschaftlich zu erfassen sind, kann man zwei solche Zäsuren ausmachen: das Jahr 1961, in dem die Zwangskollektivierung der Landwirt- schaft abgeschlossen war, was gerade für die Nationalitätenbevölkerung tiefgehende Veränderungen ihrer primär dörflichen Lebenswelt bedeutete13; als zweite Zäsur so- dann das Jahr 1975, in dem erstmals die Zahl der in der Industrie Beschäftigten abge- nommen hat. Dies ist als Indikator für eine im Verlauf der 1970er Jahre feststellbare Konsolidierung der ungarischen Sozialstruktur unter dem Signum der Industriegesell- schaft zu verstehen, und zwar einer Industriegesellschaft auf mittlerem Niveau im Übergang von der extensiven zur intensiven Wirtschaftsentwicklung. Seitdem hat sich nur mehr die Zahl der im Dienstleistungssektor Beschäftigten fortlaufend erhöht, ein gerade für die geistig-kulturelle Entwicklung der Nationalitätenbevölkerung sehr wichtiger Prozess.14 Mit Ausnahme von 1949, der Etablierung sozialistischer Macht- und Produktionsverhältnisse, ist somit eine Ungleichzeitigkeit der politischen und so- zioökonomischen Prozesse festzustellen, die der Entwicklung des Ungarndeutschtums ein sie bis 1989 kennzeichnendes Spannungsverhältnis verlieh. Dieses Spannungsver-

12 SEEWANN, Typologie; TILKOVSZKY, Die Deutschen; SEEWANN, Deutschtum; VÖLGYES; BRUNNER, Volksgruppe; VÖLKL; RÉVÉSZ, Nationalitätenfrage in Ungarn; TAFFERNER, Minderheit; WILD, Német. 13 FÉL/HOFER; BELL. 14 PITTAWAY; KLINGER; KOLOSI; FERGE.

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hältnis kann pauschal dahingehend charakterisiert werden, dass die politisch induzier- ten Maßnahmen seit den 1950er Jahren den sozioökonomischen Veränderungen – auch der Nationalitätenbevölkerung – um rund ein Jahrzehnt hinterherhinkten. Auf diese systemimmanente Verzögerung der Anpassung der politischen Len- kungsmechanismen und -entscheidungen an den Strukturwandel sind zahlreiche Wi- dersprüche und mittelfristige Versäumnisse der ungarischen Nationalitätenpolitik zu- rückzuführen. Der in Ungarn verbliebene, der Zahl nach halbierte Teil der Ungarndeutschen war de jure bis 1949/50, de facto jedoch bis 1955 seiner bürgerlichen Rechte beraubt. Als Ergebnis der Entrechtung und Diskriminierung wurde in einem Protokoll des Wahl- ausschusses der Patriotischen Volksfront von 1949 festgehalten: „In der Gemeinde Szálka wird binnen dreißig Jahren das deutsche Wort ausgestorben sein, denn das hier verbliebene Deutschtum möchte vergessen, dass es irgendwann einmal deutsch gewesen ist.“15 Das korrespondiert wiederum mit der Aussage eines Ungarndeutschen aus Tarján: „Nach dem Krieg war ich kein Deutscher, […] da hat man nicht viel geprahlt mit dem Schwobische.“16 Erst die im Juni 1955 erfolgte Gründung des Kulturverbandes ungarländischer deutscher Werktätigen signalisierte hier eine Wende, obgleich die Nachwirkungen dieses Jahrzehnts vor allem im Identitätsbewusstsein der Ungarndeutschen bis heute noch zu verspüren sind. In die 1950er und 1960er Jahre fiel der vollkommene Umbruch der sozioökonomi- schen Verhältnisse. Mit der 1961 abgeschlossenen Kollektivierung der Landwirt- schaft und dem daraufhin beschleunigten Wandel der primär dörflichen Lebenswelt der Nationalitäten in Richtung Urbanisierung, Industrialisierung und Mobilisierung hatten sich die Siedlungs- und Berufsstruktur, aber auch die Wohn- und Bildungsver- hältnisse und das Identitätsbewusstsein der deutschen Minderheit nachhaltig verän- dert. Die hervorstechendste Veränderung in der Berufsstruktur war die Verdoppelung des Anteils der im industriell-urbanen Bereich Beschäftigten seit 1945 auf 60 Prozent im Jahr 1975. Bei der Gruppe der bis Vierzigjährigen, innerhalb derer sich im Übri- gen der Anteil der Abiturienten binnen zwei Jahrzehnten von 1955 bis 1975 vervier- facht hatte, betrug diese Quote der in Stadt und Industrie Beschäftigten im Jahre 1980 schon 70 Prozent, womit die Entwicklungsrichtung bereits angedeutet war. Streuung und Zersplitterung als Kennzeichen der ungarndeutschen Siedlungsstruktur wurden durch Vertreibung, Umsiedlung und die im Zuge der Industrialisierung Ende der fünfziger Jahre einsetzende Binnenwanderung noch wesentlich verstärkt, so dass 1980 die rund eine viertel Million Menschen umfassende Minderheit in 400 Orten in 13 Komitaten lebte.17 Zwar hatte sich in den 40 Jahren der sozialistischen Periode der Anteil der Deutschen, die im urbanen Bereich wohnten, mehr als verdoppelt und be-

15 LÁSZLÓ, Népességcsere, S. 185. 16 ERB, Dimenziói, S.108. 17 BudaPress vom 10. Januar 1983.

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wegte sich regional unterschiedlich zwischen 20 und 40 Prozent. Dennoch lebte die überwiegende Mehrheit nach wie vor auf dem Land und dort meist in kleinen Ge- meinden, die sich nach der Kollektivierung kaum mehr entwickelten und deren Be- völkerung infolge Landflucht und Mobilität kontinuierlich abnahm, d.h. einem Über- alterungsprozess unterworfen war, da die junge Generation nach Schul- und Berufs- ausbildung im Allgemeinen in die urbanen Zentren abwanderte. In der Baranya, dem Komitat mit dem höchsten Anteil der ungarndeutschen Be- völkerung (knapp zwei Fünftel), war dieser Wandel anhand genauer Zahlen besonders eindrucksvoll nachzuvollziehen: 1920 lebten 84 Prozent der Ungarndeutschen dieses Komitats in 113 deutschen Mehrheitsgemeinden (von insgesamt 272 mit deutscher Bevölkerung), in denen der deutsche Anteil also 50 Prozent überstieg. 1980 dagegen lebten nur 11 Prozent der ungarndeutschen Bevölkerung des Komitats in 26 Mehr- heitsgemeinden (von insgesamt 236 mit deutscher Bevölkerung). Die Proportionen hatten sich damit innerhalb von 60 Jahren vollständig verkehrt. Denn 1980 wohnten 80 Prozent aller Ungarndeutschen des Komitats in Kleindörfern, die in der Regel we- niger als 500 Einwohner aufwiesen. Zwei Drittel der ungarndeutschen Bevölkerung befand sich darüber hinaus in solchen Dörfern in einer absoluten Minderheitensitua- tion, da ihr jeweiliger Anteil unter der 25-Prozent-Marke verblieb. Die Gegebenheit der absoluten Diaspora, der Zersplitterung der Nationalitätenbevölkerung in Klein- gruppen mit einer durchschnittlichen Größe von 80-100 Personen, ist damit zu einem der beherrschenden Kennzeichen ungarndeutscher Lebensverhältnisse geworden.18 Es versteht sich von selbst, dass diese Gegebenheit jede Bemühung um Bewahrung des Ethnikums und Pflege seiner Kultur ungeheuer problematisch und schwierig machte. Sie erklärt auch schon hinreichend die Stärke der Assimilationsbewegung, der wir uns nun zuwenden wollen. Der Assimilationsprozess – gemeint ist hier nur die sprachliche Assimilation – er- fasste in erster Linie die Altersgruppe der bis Vierzigjährigen, die sich bei Schul- und Berufseintritt bzw. angehender Berufskarriere in besonderem Maße vor die Notwen- digkeit gestellt sahen, sich sprachlich an die neuen Verhältnisse bzw. die neue Umge- bung anzupassen. Dieser Prozess führte bis zum Ende des Einparteienstaats zu fol- gendem Ergebnis: je älter die Nationalitätenangehörigen, desto größer unter ihnen der Anteil derer, die sich zu ihrer Muttersprache bekannten und diese beibehielten; je jünger, desto geringer wurde der Anteil derer, die ihre Muttersprache noch tatsächlich beherrschten. Das Tempo des Sprachverlusts und des Sprachwechsels nahm ab 1960 beträchtlich zu, und der Anteil der sprachlich Assimilierten vergrößerte sich mit je- dem Jahrzehnt um ungefähr 10 Prozent; bei den Ungarndeutschen unter 40 Jahren betrug er Anfang der 1980er Jahre bereits 80 Prozent. Sein Ausmaß wurde auch daran sichtbar, dass im Jahre 1980 nur mehr jedes zehnte ungarndeutsche Kind bei seinem Schuleintritt deutsch sprechen konnte.19

18 KŐVÁGÓ, Nemzetiségek, S. 166-125; HOÓZ/KEPECS/KLINGER; HOÓZ, Lakosság; DERS., Nemzetiség. Die Daten betreffend 1920 siehe SCHNITZER; HUTTERER, Volksgruppe; ASCHAUER; FISCHER, Aspekte. 19 HOÓZ, Lakosság, S. 322.

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Der in Ungarn seit den 1950er Jahren zu beobachtende soziale Wandel hatte somit auch voll – wenngleich zum Teil verspätet – die Nationalitätenbevölkerung erfasst. Der soziale Wandel hat Assimilation und Identitätsverlust dieser Bevölkerung inso- weit beeinflusst, als er die wesentlichen Elemente ihrer traditionellen Agrarkultur zum Teil aufgelöst, zum Teil grundlegend verändert hat. Dorf und Dorfgemeinschaft konnten nach der Kollektivierung nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt als sozio- kulturelle Klammern oder gar als Basis ethnischen kulturellen und sozialen Lebens dienen. Diese somit eher negativ wirksame Strukturkomponente als Resultante des sozialen Wandels verband sich mit den negativen historischen Erfahrungen der drei- ßiger und vierziger Jahre zu einer bewusstseinsmäßigen Konstellation, die mit den Stichworten Mangel an ethnischem Selbstbewusstsein bzw. Identitätsverlust um- schrieben werden kann. Ein solcher Entwicklungsprozess wirft die Frage auf, ob der Prozess durch Maßnahmen welcher Art auch immer beeinflusst oder sogar korrigiert werden konnte. Das wurde freilich erst durch die 1968 einsetzenden Maßnahmen vor allem im Kultur- und Bildungsbereich versucht.

4.1 Rechtliche Rahmenbedingungen Auch wenn Ungarn bis 1989 nicht alle Standards eines Rechtsstaats erfüllte und seine Bürger den Maßnahmen des Staats- und Parteiapparats mehr oder weniger hilflos ausgeliefert waren, da die Möglichkeiten eines gerichtlichen Vorgehens gegen solche entweder gar nicht gegeben oder sehr eingeschränkt waren, so besaßen minderheiten- rechtliche Regelungen doch einen Orientierungswert, da solche Regelungen und de- ren Veränderungen auf den Stellenwert des Minderheitenschutzes in der sozialisti- schen Gesellschaft hinwiesen. Grundlage jedes sozialistischen Nationalitätenrechts war die Gleichberechtigung und die Gleichbehandlung, die in der sozialistischen Ver- fassung vom August 1949 einschließlich eines Diskriminierungsverbots gewährleistet wurden. Diese Verfassung räumte den Nationalitäten auch die Möglichkeit des Unter- richts in ihrer jeweiligen Sprache und die Pflege ihrer Kultur ein.20 Im Zuge der Totalrevision der Verfassung vom April 1972, mit der der System- wandel von der totalitären zur autoritären Einparteiendiktatur besiegelt wurde, wurde der Minderheitenschutz um das Recht auf Gebrauch der Muttersprache und der Be- wahrung der Minderheitenkultur erweitert. Das hatte unmittelbare Auswirkungen auf die staatlichen Förderungsprogramme im Bereich von Schule, Bildung und Kultur, die ab den 1970er Jahren erheblich intensiviert und ausgeweitet wurden. Rechtlich gesehen schlug sich das auch in der Reform des Gerichtsverfahrens und des Prozess- rechts 1972/73 nieder, mit der jedermann das Recht auf Gebrauch seiner Muttersprache eingeräumt wurde ohne Berücksichtigung seiner ungarischen Sprachkenntnisse. Liberal war auch die Regelung, der zufolge ab 15 Schülern ein Nationalitätenunterricht, d.h. der Unterricht der Nationalitätensprache als Schulfach, eingeführt werden musste. 21

20 BRUNNER, Minderheitenschutz. 21 KÜPPER, S. 82-83; BIHARI, Államjog, S. 115; DERS.: Alkotmányjog, S. 152 f.; KŐVÁGÓ, Nemzetiségi politika, S. 21 f.; BUDZSÁKLIA, S. 188-191.

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5 Die Periode 1949-1968: Automatismuserwartungen anstelle von Politik

In den 1950er und 1960er Jahren hat der Mangel an einer substantiellen nationalitä- tenpolitischen Konzeption ganz erheblich zur Verschlechterung der Lage beigetragen. Daran haben auch einige Maßnahmen wenig geändert: Denn die Zulassung eines deutschen Verbandes unter dem Namen „Kulturverband der deutschen Werktätigen“ (Magyarországi Német Dolgozók Kulturális Szövetsége) im Jahr 195522, die Einrich- tung des ersten deutschen Gymnasiums in Baja und von Studiengängen für Lehrer im Fach Deutsch 1956 an der Pädagogischen Hochschule in Fünfkirchen, schließlich das Erscheinen von deutschsprachigen Publikationen23, das alles waren Maßnahmen einer nachträglichen Normalisierung, da andere Nationalitäten längst über solche Einrich- tungen verfügten. Bereits 1945 hatte die „südslavische“ Nationalität ihren Verband erhalten, 1948 die slowakische und 1949 die rumänische und in diesen Jahren wurde auch eine stattliche Anzahl von Schulen in deren Muttersprache eingerichtet. So gab es bereits im Schuljahr 1945/46 1 173 Schüler mit muttersprachlichem Unterricht in 30 Nationalitätenschulen sowie 3 851 Schüler mit Unterricht in ihrer Muttersprache als Schulfach an 62 Grundschulen. In Fünfkirchen wurde schon 1946 eine serbisch- kroatische Lehrerbildungsanstalt eröffnet, der vier Jahre später ein Gymnasium ange- schlossen wurde. Ein slowakisches Gymnasium wurde im gleichen Jahr in Békéscsa- ba und ein rumänisches in Gyula gegründet, denen 1950 bzw. 1953 entsprechende Lehrerbildungsanstalten folgten. Viel bescheidener nahm sich dagegen die Entwick- lung des ungarndeutschen Schulwesens aus: Im Schuljahr 1951/52 gab es 25 Grund- schulen, an denen erstmals nach der Zwangspause von 1945-1951 die deutsche Spra- che als Lehrfach unterrichtet wurde. Deren Zahl stieg bis 1954 auf 76 Schulen und betrug 1959 127 Schulen.24

22 1969 nahm dieser Verband den Namen „Demokratischer Verband der Deutschen in Un- garn“ an. – Statuten des Demokratischen Verbandes der Deutschen in Ungarn, angenom- men auf dem am 28. und 29. April 1969 stattgefundenen Landeskongress, in: Europa eth- nica 26 (1969), S. 179-182. 23 Ab Juli 1954 erschien die Wochenzeitung Freies Leben. Wirtschaftliches, politisches und kulturelles Organ der deutschen Werktätigen in Ungarn auf Vorschlag der Abteilung Agi- tation und Propaganda des Politbüros der Ungarischen Arbeiterpartei vom 10. Januar 1953. Als Auflage waren 2 000 Exemplare vorgesehen. Später erschien das Blatt als Neue Zei- tung des Demokratischen Verbandes der Ungarndeutschen. – TÓTH, Pártállam, S. 55 f. Sie- he auch die Anthologie Besinnung. Neue Zeitung-Nachlese 1954-1985. 24 A Művelődési Minisztérium Nemzetiségi Osztályának összesitő kimutatása a nemzetiségi oktatási intézményekről, 1959 [Zusammenfassende Übersicht der Nationalitätenabteilung des Bildungsministeriums über die Einrichtungen des Nationalitätenunterrichts], in: TÓTH, Pártállam, S. 288. – In den Jahren 1945-1950 wurde das ungarische Schulsystem grundle- gend umgewandelt. An die Stelle der vier- oder sechsjährigen Volksschule trat die achtjäh- rige Grundschule (általános iskola), wobei in den ersten vier Jahren ein Lehrer jeweils eine Klasse unterrichtete, in der das fünfte bis achte Jahr umfassenden Oberstufe jedoch ein fachspezifischer Unterricht eingeführt wurde, so dass ein oder zwei Fächer jeweils von ei- nem Lehrer unterrichtet wurden. Da die Schulen in den kleinen Dörfern eine solche Ober-

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Offiziell erkannte die Verordnung des Bildungsministers über die Fortbildung der Nationalitätenlehrkräfte vom 3. April 1952 erstmals die deutsche Sprache als Natio- nalitätensprache an25, nachdem dieser bereits in einer Verordnung vom Frühjahr 1951 die deutsche Sprache als Unterrichtsfach in den Gymnasien (neben Russisch, Franzö- sisch und Englisch) zugelassen hatte.26 Laut Gesetzesverordnung des Präsidialrats vom 27. Mai 1951 war in einer Gemeinde der Unterricht der nichtungarischen Mut- tersprache als Pflichtfach dann einzuführen, wenn einen solchen die Eltern von min- destens 15 Schülern wünschten.27 Die Einführung des deutschen Sprachunterrichts war mit großen Schwierigkeiten teils organisatorischer, teils politischer Natur verbunden. Der Leiter der Nationalitä- tenabteilung im Bildungsministerium, Péter Kovács, wies darauf hin, dass die völlig unzuverlässigen Daten der Volkszählung von 1949 keine brauchbare organisatorische Grundlage für den Aufbau des deutschen Nationalitätenbildungssystems darstellten, und berichtete, dass mit der Einführung von Nationalitätenschulen im Februar 1952 auf der Grundlage einer Schätzung des Innenministeriums begonnen wurde.28 Die von ihm gesammelten statistischen Angaben zeigen eine enorme Abweichung der offiziel- len von den geschätzten Zahlen, die im Fall der Ungarndeutschen das monströse Ausmaß von knapp 7 000 Prozent erreichten:

stufe weder materiell noch personell anbieten bzw. finanzieren konnten, wurden diese viel- fach aufgegeben und durch entsprechend ausgestattete Schulen in Mittelpunktorten ersetzt, das Schulsystem also dahingehend zentralisiert. Mit dem Gesetz Nr. 33 vom 16. Juni 1948 wurden alle von den Kirchen getragenen Schulen (das waren zu diesem Zeitpunkt noch rund 70 Prozent) verstaatlicht und ab 1949 der strengen Aufsicht der Kommunistischen Partei unterworfen, die mit den im September 1950 eingeführten neuen Lehrplänen deren ideologische Gleichschaltung im Sinne der materialistisch-atheistischen Weltanschauung durchsetzte. Russisch wurde obligatorisch in allen Schulen als erste Fremdsprache einge- führt. Die nunmehr auf vier Jahre reduzierten Gymnasien wurden durch den Ausbau eines Berufsbildungsschulwesens (szakközépiskola) auf Mittelstufenebene ergänzt. – MÉSZÁROS; MÉSZÁROS/NÉMETH/PUKÁNSZKY. 25 859-417/1952. KM sz. Utasítás a nemzetiségi tanerők továbbképzése tárgyában [Weisung in der Angelegenheit der Weiterbildung der Nationalitätenlehrkräfte], in: Közoktatási Köz- löny 1952/7, S. 63. 26 1280-Ny-1/1951 rendelet a német, francia és angol nyelvnek az általános gimnáziumokban való tanítása tárgyában [Verordnung in der Angelegenheit des Unterrichts der deutschen, französischen und englischen Sprache an allgemeinen Gymnasien], in: Közoktatási Közlö- ny 1951/1, S. 9-12. 27 A Magyar Népköztársaság Elnöki Tanácsának 1951. évi 15. sz. törvényerejű rendelete a tankötelezettségről és az általános iskoláról [Gesetzesverordnung Nr. 15/1951 des Präsidi- alrats der Ungarischen Volksrepublik über die Schulpflicht an Grundschulen], in: Törvé- nyek és Rendeletek Hivatalos Gyűjteménye 1951/1, S. 82. 28 TÓTH, Pártállam, S. 48.

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Tabelle 32: Die Zahl der Nationalitätenbevölkerung nach der Volkszählung von 1949 und der Schätzung des Innenministeriums 1952 Volkszählung 1949 Schätzung 1952 Unterschied in % Serben 3 860 6 000 155% Kroaten 17 289 70 000 405% Deutsche 3 437 240 510 6 998% Rumänen 10 000 30 000 300% Slowaken 22 539 120 000 537% Slowenen 3 553 8 000 225% Insgesamt 60 498 474 510 784%

Quelle: TÓTH, Pártállam, S. 48.

Die Reaktion der Eltern auf das Angebot des Deutschunterrichts für ihre Kinder war für die Lage der Ungarndeutschen in diesen Jahren sehr kennzeichnend. Häufig gestellte Fragen waren, ob auch die ungarischen Kinder am Deutschunterricht teil- nehmen dürften, weil die ungarndeutschen Eltern keine Zweiteilung der Dorfgemein- schaft in der Schule wünschten und dadurch „die friedliche Harmonie des Dorfes durch die Begünstigung einer Gemeinschaft gefährdet“ sahen; ferner fragten sie nach, ob die Teilnahme an einem solchen Unterricht auch dann möglich wäre, wenn die Kinder kein Deutsch sprächen.29 Viele Eltern wünschten den Deutschunterricht für ih- re Kinder nicht, weil sie ihre deutsche Identität nicht offenbaren wollten (so z.B. in den Orten Vokány, Somberek, Bikal, Véménd und Dunaszekcső). In Véménd melde- ten sich beim zweiten Elternabend zum Thema Einführung des Deutschunterrichts vier Eltern und korrigierten ihre 1949 angegebene Nationalitätenzugehörigkeit von ungarisch zu deutsch, in Nagynyárád wiederum behaupteten die ungarndeutschen El- tern, ihre Kinder sprächen gut Ungarisch, und da sie sich 1949 zur ungarischen Mut- tersprache bekannt hätten, benötigten sie auch keinen Deutschunterricht.30 Anderer- seits stieß der Wunsch der Eltern in Lánycsók auf Einführung des Deutschunterrichts bei dem Parteisekretär der Gemeinde wie auch dem dortigen Direktor der Landwirt- schaftlichen Genossenschaft (LPG) auf klare Ablehnung, denn dadurch „würde man den Deutschen wieder die Zügel in Hand geben und ihnen ihre Rechte zurückge- ben“.31 Der Fachinspektor für den deutschsprachigen Unterricht, Károly Szirom, stellte in seinem Bericht vom 1. November 1955 fest, dass die Ungarndeutschen die Einfüh- rung des Muttersprachenunterrichts gar nicht wollten, denn „sie neigen zur Assimila-

29 Nemzetiségi ügyek dokumentumai Baranyában 1950-1990, S. 131-161. Die behördliche Klarstellung durch einen Brief des Bildungsministeriums an den Leiter der Bildungsabtei- lung des Komitatsrats der Baranya, dass Kinder mit ungarischer Muttersprache am Deutschunterricht nicht teilnehmen könnten, stieß bei den ungarischen Eltern in Székely- szabar und Véménd auf eindeutige Ablehnung. – Ebenda, S. 163. 30 Ebenda, S. 165 u. 168. 31 TÓTH, Pártállam, S. 158.

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tion. Sie sprechen lieber ungarisch als deutsch“.32 Wie widersprüchlich die Lage sich ihm darstellte, wird daran ersichtlich, dass er eine Seite danach dennoch zu dem Schluss kommt: „Das heimische Deutschtum wünscht – nach Überwindung der politi- schen Ängste – generell nichts anderes, als dass seine Kinder sich die deutsche Spra- che, die Muttersprache, aneignen. Sie erwarten das von einem ganz in Deutsch erteil- ten Unterricht.“33 Es gab jedoch zu diesem Zeitpunkt nur eine einzige Grundschule, in der alle Fächer in Deutsch unterrichtet wurden, nämlich in Nemesnádudvar. Dieses Beispiel sei „jedoch ohne Echo geblieben“. Während für die drei Nationalitäten Slo- waken, Südslaven und Rumänen 1955 210 Grundschulen bestanden, 36 davon mit muttersprachlichem Unterricht, gab es für die Deutschen zu diesem Zeitpunkt laut Be- richt des Unterrichtsministers Tibor Erdey-Grúz (1902-1976) „nur“ acht Kindergärten (gegenüber 41 der drei übrigen Nationalitäten), 100 Grundschulen mit Deutsch als Lehrfach und nur eine, in der alle Fächer in Deutsch unterrichtet wurden – jedoch nur in den ersten vier Klassen. Für eine Bevölkerung, deren Zahl der Minister auf 300 000 schätzte, die in elf Komitaten und mehr als 250 Orten (davon 109 in der Baranya) leb- te, seien diese völlig ungenügenden Schulverhältnisse laut Erdey-Grúz auf folgende Gründe zurückzuführen: „Dieser schwerwiegende Rückstand ist hauptsächlich auf die Aussiedlung der deutschen Einwohner zurückzuführen. Über die im Laufe der Organisation der deutschen Schulen festgestellte Reserviertheit und natürliche Assimilation hinausgehend zeigt sich, dass unter der deutschen Bevölkerung bis heute eine Unsicherheit und Furcht als Konsequenz der Aussiedlung vorzufinden ist, vor Ort auch das Echo auf die Hetze der im Ausland lebenden Verwandten und die Wühlarbeit der hiesigen feindlichen Elemente. Der Rückstand wird durch die Uninformiertheit und Gleichgültigkeit der örtlichen Partei- und Ratsorganisatio- nen gefördert.“34 In den darauffolgenden Jahren veränderte sich daher wenig. 1958 zählte man acht deutsche Kindergärten, 123 Grundschulen mit Deutsch als Lehrfach und vier Grund- schulen mit muttersprachlichem Unterricht.35 Zwar verpflichtete die Parteiführung mit Politbürobeschluss vom 7. Oktober 1958 alle Partei- und Staatsorgane zur Pflege und Bewahrung der muttersprachlichen Kul- tur der Nationalitätenbevölkerung.36 Doch nahmen diese Beschlüsse von 1958 in der politischen Praxis des darauffolgenden Jahrzehnts keine konkrete Gestalt an, vielmehr verschlechterten sich gerade in diesem Zeitraum die Verhältnisse. In den meisten Komitaten mit einem deutschen Bevölkerungsanteil lag das an der Tatsache, dass weit und breit kein Deutschlehrer aufzutreiben war.37 Die verantwortlichen Behörden ka- men bei ihren Untersuchungen der Schulsituation 1959 überdies zu dem Schluss, dass

32 Ebenda, S. 148. 33 Ebenda, S. 149. 34 Ebenda, S. 146. Bericht des Unterrichtsministers an das Sekretariat der Partei der Ungari- schen Werktätigen vom 30. September 1955. 35 FÖGLEIN, Nemzetiségi oktatás, S. 82. 36 TÓTH, Pártállam, S. 282-288. 37 Ebenda, S. 256.

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die ungarndeutsche Bevölkerung sowohl in der Sprache als auch im Verhalten assimi- liert sei und deshalb für den Gebrauch und das Erlernen der deutschen Sprache kein Bedarf bestehe. Die wenigen von den Eltern ausgehenden Initiativen, einen deutschen Sprachunterricht einzuführen, wurden meist unterdrückt, beispielsweise in der Ge- meinde Etyek. In Hőgyész scheiterte eine solche Initiative an der Tatsache, dass weit und breit kein Deutschlehrer aufzutreiben war.38 Im Frühjahr 1960 wurde der Status der Nationalitätenschulen unter Berufung auf die Einführung der Grundschulreform geändert. Auf Weisung des Bildungsministe- riums wurde der Schultypus mit ausschließlichem Unterricht in der Muttersprache durch einen gemischtsprachigen Unterricht ersetzt und ab Schuljahr 1960/61 die na- turwissenschaftlichen Fächer sowie der Sport auf Ungarisch unterrichtet.39 Außerdem wurde der Deutschunterricht von bislang sechs auf zwei bis drei Wochenstunden re- duziert. 1962 hatte die Nationalitätenabteilung im Bildungsministerium ihre Kompe- tenzen verloren und wurde 1967 vollständig aufgelöst, so dass die Aufsicht nur mehr von einem einzigen Referenten in der Hauptabteilung des Ministeriums wahrgenom- men wurde. Im Zeitraum von 1960 bis 1968 stagnierte sowohl die Zahl der Schulen mit Unterricht in einer Nationalitätensprache als auch die der Schüler.40

Tabelle 33: Grundschulen mit muttersprachlichem Unterricht, Stand 1. Oktober 1967 Schulen Schüler Lehrer Klassen Deutsch 1 28 5 4 Rumänisch 9 904 41 46 Serbisch-Kroatisch 8 469 39 30 Slowakisch 6 734 53 41 Summe 24 2 135 138 121

Tabelle 34: Grundschulen mit Unterricht der Nationalitätensprache als Lehrfach, Stand 1. Oktober 1967. Schulen Schüler Lehrer Klassen Deutsch 122 10 199 181 490 Rumänisch 7 186 9 14 Serb.-Kroat. 54 3 366 63 168 Slowakisch 65 4 990 90 228 Slowenisch 6 482 6 24 Summe 254 19 223 349 924

38 Ebenda, S. 256. 39 FÖGLEIN, Nemzetiségi oktatás, S. 83; SZESZTAY, Iskolareform. 40 TÓTH, Pártállam, S. 384 f.

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Tabelle 35: Nationalitätengymnasien, Stand 1. Oktober 1967 Schulen Schüler Lehrer Klassen Deutsch 3 400 16 12 Rumänisch 17964 Serb.-Kroat. 196104 Slowaken 2 158 18 8 Summe 7 733 50 28

Quelle für Tabellen 33-35: TÓTH, Pártállam, S. 395 f. – Aufzeichnung der Nationalitätenabtei- lung des Bildungsministeriums über die Lage der Nationalitätenschulen vom Januar 1967. Die drei deutschen Gymnasien befanden sich in Baja, Budapest und Pécs, das rumänische in Gyu- la, das serbisch-kroatische in Budapest und die beiden slowakischen in Budapest und Békés- csaba. Die Lehrerausbildung für die deutschen Nationalitätenschulen oblag der Pädagogischen Hochschule in Pécs.

5.1 Volksaufstand und Revolution 1956 Die Nationalitätenbevölkerung reagierte auf den am 23. Oktober 1956 in Budapest ausgebrochenen Volksaufstand gegen das kommunistische Regime nicht anders als das Mehrheitsvolk. Auch sie übernahm die Losungen der Revolution und nahm an ihr teil durch die Bildung revolutionärer Ausschüsse und ihre Mitwirkung an den Kämp- fen zunächst gegen Einheiten der AVO, sodann auch gegen sowjetische Truppen. Die neu errungene Freiheit nutzte sie, die Anerkennung ihrer Minderheitenrechte und de- ren Umsetzung im Schulunterricht und in ihrem kulturellen Leben zu fordern. Das war der einzige Moment, der sie während des Aufstands von der Mehrheitsbevölke- rung unterschied.41 In der Region Völgység löste die deutsche Bevölkerung der Ge- meinden Mórágy und Kálaznó die ihnen aufgezwungenen landwirtschaftlichen Pro- duktionsgenossenschaften auf, wodurch sie den Kollektivierungsprozess bis 1960 hinauszögern konnte.42 Auch in anderen Gemeinden mit deutscher oder slowakischer Bevölkerung setzten sich deren Gegner wenn auch nur kurzfristig durch. In Kisdorog (Komitat Tolna) hingegen verteidigten die Deutschen ihre eigene Produktionsgenos- senschaft gegen die dort angesiedelten Szekler, worauf deren Vorsitzender 1957 als Konterrevolutionär angeklagt und verurteilt wurde.43 In einigen Gemeinden Trans- danubiens wurde auch die Forderung laut, für die Vermögenskonfiskation und Ent- eignung im Zuge der Vertreibung 1945/46 entschädigt zu werden.44 Als Beispiel da- für, in welchem Ausmaß der Lebensweg derer, die sich an der Revolution beteiligten, lange Zeit behindert wurde, mögen die beiden Biografien von János Puchert aus Komló und Mária Wittner aus Westungarn dienen. Puchert erlebte den Ausbruch der

41 SZESZTAY, Nemzetiségi kérdés, S. 22-26; CSERESNYÉS, Menekültek; DERS., Die Ungarn- deutschen; SZAKOLCZAY. 42 SZESZTAY, Nemzetiségi kérdés, S. 23. 43 Ebenda. 44 SZAKOLCZAY, S. 150, berichtet auch davon, dass „die Häuser der aus den Gemeinden Ver- triebenen zurückgegeben wurden“, ohne freilich genauere Belege dazu anzugeben.

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Revolution als Rekrut einer in Esztergom stationierten Armeeeinheit. Diese wurde noch am selben Tag nach Budapest beordert, wo sie mehrere Amtsgebäude, u.a. das Innenministerium, verteidigte. Am 4. November geriet die Einheit in Soroksár in ein Gefecht mit einer Truppe, die aus sowjetischem Militär und Kräften der ehemaligen Staatssicherheit bestand. Nachdem sie diese zurückgeschlagen hatte, ließ sie ihre Waffen auf dem Gelände einer Fabrik zurück und löste sich auf. Puchert kehrte nach seiner Entlassung aus der Armee 1957 nach Komló zurück, wo er am 22. Oktober verhaftet und in einem Prozessverfahren unter der Anklage des Mordes und des Ver- brechens gegen die volksdemokratische Staatsgewalt im Sommer 1958 zum Tod ver- urteilt wurde. Das gleiche Schicksal widerfuhr Mária Wittner, die sich am 23. Okto- ber 1956 den Aufständischen vor dem Gebäude der Parteizeitung Szabad Nép (Freies Volk) angeschlossen und am Kampf um das Rundfunkgebäude in der Bródy-Gasse, später in der Corvin-Passage teilgenommen hatte. Am 4. November verwundet wurde sie am 9. November aus dem Spital entlassen und versuchte nach Österreich zu flüch- ten. In Stuhlweißenburg wurde sie verhaftet, von dort nach Budapest zurückgebracht, im Gebäude des Innenministeriums verhört, dann wiederum freigelassen. Diesmal ge- lang ihr tatsächlich die Flucht nach Österreich. Sie kehrte jedoch im Dezember auf- grund des Amnestieversprechens von János Kadár nach Ungarn zurück und wurde am 16. Juli 1957 an ihrem Arbeitsplatz verhaftet. Ihr Todesurteil wurde vom Obersten Gericht in eine lebenslängliche Gefängnisstrafe umgewandelt, während das gegen János Puchner rechtskräftig blieb. Allerdings wurde Puchner im August 1957 vom Präsidialrat der Volksrepublik begnadigt. Beide konnten erst 1970 das Gefängnis auf- grund einer Amnestie verlassen, wurden jedoch bis 1989 als „gefährliche Volksfein- de“ ständig kontrolliert und schikaniert.45 Im Unterschied zu Puchner und Wittner hat der Freiheitskämpfer Peter Mansfeld (1941-1958) nicht überlebt. Im Alter von 15 Jah- ren verteidigte er als einer der berühmt gewordenen Budapester „Jungs“ am Széna- Platz die Revolution mit der Waffe. Nach Niederschlagung der Revolution besuchte er weiterhin die Berufsschule und versuchte im Februar 1958 eine Widerstandsgruppe zu gründen. Um in den Besitz einer Waffe zu kommen, entführte die Gruppe einen Polizisten. Am 19. Februar 1958 wurde Mansfeld verhaftet und aufgrund des in zwei- ter Instanz verhängten Todesurteils nach Erreichen seines 18. Lebensjahres im selben Jahr hingerichtet.46 Mit ihren umfangreichen Hilfslieferungen für die ungarischen Revolutionäre de- monstrierten die nach Deutschland vertriebenen Ungarndeutschen ihre Verbundenheit mit ihrer alten Heimat. Insgesamt stellten sie über 250 Tonnen an Sachspenden und 5 000 DM an Geldspenden zur Verfügung.47 In mehreren Transporten über die öster- reichisch-ungarische Grenze, vor allem über Nickelsdorf/Hegyeshalom, wurden die Hilfsgüter, darunter eine große Menge an Medikamenten und Nahrungsmitteln, nach Budapest, Kaposvár, Raab und Ödenburg gebracht, organisiert von der Landsmann- schaft der Ungarndeutschen und dem Leiter der Caritas-Flüchtlingshilfe in Stuttgart,

45 Ebenda, S. 150-153. 46 SZESZTAY, Nemzetiségi kérdés, S. 23; CSERESNYÉS, Die Ungarndeutschen, S. 154. 47 CSERESNYÉS, Menekültek, S. 117; DERS., Die Ungarndeutschen, S. 157.

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Dr. Ludwig Leber (1903-1974). Laut den an die Bonner Bundesregierung gerichteten Berichten der für die Transporte nach Ungarn zuständigen Begleitpersonen „reagierte die deutsche Minderheit in Ungarn sehr vorsichtig auf die Ereignisse. Vielerorts war – ähnlich wie bei der ungarischen Bevölkerung in der Provinz – eine abwartende, dis- tanzierte Haltung charakteristisch. Trotzdem registrierte das Transport-Begleitpersonal eine Art Zuversicht in die Zukunft Ungarns. […] Man erkundigte sich aber auch nach Möglich- keiten der Umsiedlung nach Westdeutschland.“48 Hatte die Bundesregierung aufgrund der Berichte von Repräsentanten der Lands- mannschaft Mitte November 1956 mit der Aufnahme von 10 000 deutschstämmigen und 2 000 ungarischen Flüchtlingen gerechnet, so stellte sich noch in diesem Monat heraus, dass der Anteil der Ungarndeutschen an den Flüchtlingen, die im Spätherbst 1956 die noch offene Grenze zur Flucht „nach dem Westen“ nutzten, nicht mehr als fünf Prozent ausmachte, also keineswegs überdurchschnittlich – wie vorweg ange- nommen – ausgefallen war. Die ungarndeutschen Flüchtlinge wurden als Spätaussied- ler anerkannt und konnten in kürzester Zeit die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen. Auch den ungarischen Flüchtlingen wurden unter Nichtbeachtung bestehender Be- stimmungen die Möglichkeit eingeräumt, sich in der Bundesrepublik als Deutsche registrieren zu lassen und dadurch alle Möglichkeiten einer schnellen Integration zu nutzen. Insgesamt hat die Bundesrepublik Deutschland 13 500 Flüchtlinge aus Un- garn aufgenommen.49

6 Die Periode 1968-1983: Halbherzige Maßnahmen mit ambivalenter Wir- kung

Die Parteiführung brach 1968 endgültig mit der Automatismus-These und führte da- durch eine Wende in der ungarischen Nationalitätenpolitik herbei. Erst von diesem Zeitpunkt an kann man überhaupt von einer solchen sprechen.50 Im Herbst des Jahres 1968 hatte die Parteiführung (mit Beschluss des Politbüros vom 17. September)51 da- mit begonnen, die für die Realisierung ihres nationalitätenpolitischen Konzeptes not- wendigen Institutionen zu schaffen. Dazu gehörte als wichtigste Behörde die bereits im Herbst 1968 erfolgte Wiedererrichtung der Nationalitätenabteilung im Bildungs- ministerium, die 1972 eingerichtete Beratungskommission für Nationalitätenangele- genheiten (Nemzetiségi Tanácsadó Bizottság) am gleichen Ministerium sowie die Einrichtung vergleichbarer Beratungsgremien auf Komitatsebene. Die Nationalitäten-

48 CSERESNYÉS, Die Ungarndeutschen, S. 158. 49 Ebenda, S. 161; CSERESNYÉS, Menekültek, S. 135. 50 Vgl. dazu SITZLER, Grundlagen; DIES., Nationalitätenpolitik; DIES., Ungarns Nationalitäten- politik. 51 A PB 1968. szeptember 17-i határozata a magyarországi nemzetiségi helyzetéről [Be- schluss des Politbüros vom 17. September 1968 über die Lage der Nationalitäten in Un- garn]. – TÓTH, Pártállam, S. 413-419.

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verbände wurden 1970 in die Patriotische Volksfront (Hazafias Népfront), die Mas- senorganisation des Regimes für Nichtparteimitglieder, integriert. Der Grundgedanke des 1968 beschlossenen Konzepts lässt sich auf folgende For- mel bringen: Die sich bereits im allgemeinen Kontext des Strukturwandels vollzie- hende Integration der Nationalitätenbevölkerung, die ja zugleich eine Integration in die sozialistische Wirtschaft und Gesellschaft bedeutete, sollte mit allen Mitteln ge- fördert, ihre sprachliche Assimilation aber nach Möglichkeit verhindert werden. Denn ein Aufgeben der spezifischen Nationalitätenkultur und der damit verbundenen Zweisprachigkeit wurde nunmehr als eine kulturelle Verarmung, als eine Bedrohung der neu gewürdigten Vielfalt, aber auch als Verlust der pragmatisch geschätzten Zweisprachigkeit eines Bevölkerungsteils gewertet. Die ungarische Nationalitätenpo- litik war daher seit 1968 darum bemüht, durch den forcierten Ausbau des Mutterspra- chenunterrichts die Pflege und Weitergabe der Muttersprache (die für die meisten Kinder schon zur Zweit- oder gar Fremdsprache geworden ist) zu gewährleisten.52 Ei- ne Reihe von Maßnahmen sollte diese Ziele in der schulischen Praxis umsetzen. Neue Lehrpläne und Lehrbücher wurden ausgearbeitet, die Zahl der Unterrichtsstunden in der Nationalitätensprache von drei auf vier angehoben. Da die Lehrbücher für Ge- schichte und Geografie nur eine Übersetzung der ungarischen Lehrbücher darstellten, wurden für die Grundschulen und Gymnasien „Ergänzungsbücher“ herausgegeben, die einerseits die deutsche Geschichte, andererseits die Geschichte der deutschen Minderheit in Ungarn skizzenhaft zusammenfassten.53 Eine Übersicht über das ungarndeutsche Schulwesen betreffend das Schuljahr 1988/89 unter Vergleich mit der Ausgangslage im Schuljahr 1968/69 zeigt eine zu- mindest quantitativ gesehen erfolgreiche Bilanz. Die Zahl der Kindergärten ist inner- halb dieses Zeitraums von 20 Jahren von sechs auf 167 angewachsen und die Zahl der Kindergartenbesucher von 230 auf 8 253, der Kindergärtnerinnen von acht auf 353. 1968/69 gab es 123 Grundschulen mit deutschem Sprachunterricht, den 9 460 Schüler besuchten. 1988/89 waren es 172 Grundschulen mit 30 660 Schülern. Allerdings hat sich die Zahl der Grundschulen seit 1981 nicht mehr verändert; eine qualitative Ver- änderung ist nur dahingehend eingetreten, dass im Zeitraum von 1983 bis 1989 in 20 Grundschulen der zweisprachige Unterricht eingeführt wurde. Die Zahl der Grund- schulpädagogen hat sich im Vergleichszeitraum von 168 auf 504 erhöht und damit mehr als verdreifacht. Die Zahl der Gymnasien ist mit drei allerdings gleichgeblie- ben.54 Diese hatten im Vergleich zur Grundschule einen erstaunlich geringen Zu- wachs an Schülern zu verzeichnen, nämlich von 396 im Schuljahr 1968/69 auf 560 im Schuljahr 1988/89. Denn die Gymnasien in Budapest, Baja und Fünfkirchen wurden in größerem Ausmaß auch von ungarischen Kindern besucht, deren Eltern Wert auf

52 Nemzetiségi iskola, anyanyelvi nevelés; JAKAB/STARK; STARK, Unterrichtspolitik; DRA- HOS/KOVÁCS. 53 PETRIK, 139 S.; ALMÁSI, 149 S. 54 Együtt a nemzetiségekkel, S. 340-342. Die Zahlen betreffend das Schuljahr 1988/89 siehe KELEMEN. Über die rechtlichen Grundlagen der Schulpolitik informiert FÖGLEIN, Etnikum.

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deutsche Spracherziehung legten. Ähnliches galt übrigens auch für eine Reihe von Kindergärten vor allem im urbanen Bereich. Dass die Schulfrage und der Sprachunterricht trotz des quantitativ sicherlich be- achtlichen Ausbaus des Schulsystems nach wie vor zu den ungelösten Problemen der ungarischen Nationalitätenpolitik gehörte, darin waren sich alle Kongresse, Ver- sammlungen und Stellungnahmen des Verbandes der Ungarndeutschen einig. Die un- günstige Siedlungsstruktur, der fortschreitende Assimilationsprozess und der mit die- sem verbundene Sprachwechsel erwiesen sich als Faktoren, denen mit dem quantita- tiven Wachstum der Schulen allein offensichtlich nicht wirkungsvoll genug beizu- kommen war. Denn im Zeitraum von 1968 bis Anfang der 1980er Jahre konzentrierte die ungarische Nationalitätenpolitik alle ihre Anstrengungen darauf, die schulischen und übrigen, den Minderheiten gewidmeten Kultureinrichtungen zahlenmäßig auszu- weiten, ohne jedoch vorher eine lokal orientierte Bedarfseinschätzung sowie eine Überprüfung der personellen und anderer infrastrukturellen Voraussetzungen vorzu- nehmen. Anfang der 1980er Jahre gab es 15 ungarndeutsche Klubs, 40 Sängerchöre, 37 Orchester, 51 Volkstanzgruppen und acht Theaterensembles, ferner sechs deutsche Basisbibliotheken mit einem Bestand von über 80 000 Bänden in Fünfkirchen, Stuhl- weißenburg, Tatabánya, Ödenburg, Szekszárd und Veszprém. Drei Rundfunkstatio- nen strahlten regelmäßig (zeitlich aber selten länger als 30 Minuten) Programme in deutscher Sprache aus (Raab, Fünfkirchen, Szeged), und in Fünfkirchen gab und gibt es auch ein Fernsehstudio mit deutschsprachigen Sendungen.55 Die Neue Zeitung, das Organ des Verbandes der Ungarndeutschen, erschien wöchentlich in einer Auflage von 4 000 Exemplaren. Doch im schulischen Bereich hatte man immer noch mit der Erwartungshaltung einer alten ungarischen Tradition zu kämpfen, der zufolge gerade die Nationalitäten- schule eine besondere, nämlich magyarisierende Funktion zu erfüllen habe, was auch mit den Erwartungen der Eltern übereinstimmte, ihren Kindern perfekte Ungarisch- kenntnisse beizubringen. Indirekt hat das ungarische Bildungsministerium die Leben- digkeit dieser Tradition bestätigt, indem es dieser mit einer Verordnung aus dem Jah- re 1972 gegenzusteuern suchte, die „den Nationalitätenschulen die vorrangige Aufgabe stellte, die Nationalitätenschüler auf entsprechendem Niveau das Sprechen, Schreiben und Lesen in ihrer Muttersprache zu leh- ren.“56 Das bestätigen auch die Diskussionen und Lageberichte auf Komitatsebene, von denen hier die der Baranya als das Komitat mit dem höchsten Anteil an deutscher Be- völkerung herausgegriffen werden sollen. So wies der Direktor des über deutsche Klassenzüge verfügenden Klára Leőwey-Gymnasiums in Fünfkirchen, László Görcs, in der Diskussion des Komitatsrats über das „Programm zur Entwicklung der Natio- nalitätenkultur“ am 12. Juni 1978 auf einige Widersprüche hin: Einerseits fehlten die Nationalitätenpädagogen an den Schulen, andererseits sei es den frisch Diplomierten

55 Együtt a nemzetiségekkel, S. 344-346. 56 In mehreren Sprachen – mit gemeinsamem Willen, S. 32-33; siehe auch die Regionalstudie von FÜZES, Nemzetiségi oktatás.

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fast unmöglich eine Anstellung zu finden, weil die Schulen die für sie billigeren Pä- dagogen ohne Ausbildung einstellten. Andererseits sei die Frage aufzuwerfen, ob von einem Nationalitätenbewusstsein der Schulabsolventen gesprochen werden könnte, wenn diese keinerlei Kenntnisse der Sprache und der Nationalitätenkultur besäßen. Die Diskussionsteilnehmer stimmten schließlich darin überein, der Förderung des zweisprachigen Unterrichts die unbedingte Priorität einzuräumen.57 In der Komitatsratssitzung der Baranya vom 12. März 1984 war die hohe Assimi- lationsrate der Nationalitätenbevölkerung das beherrschende Thema. Die Gründe da- für wurden in der Urbanisierung, der Rückständigkeit vieler peripher gelegener Na- tionalitätensiedlungen und der zu geringen Förderung des zweisprachigen Unterrichts gesehen. Als Therapievorschlag wurde u.a. auch die stärkere Einbeziehung der Natio- nalitätengeschichte in den Unterricht gefordert. Wie heuchlerisch jedoch die Partei den Assimilationsprozess behandelte und dadurch höchst inkonsequent ihre eigenen Richtlinien in der Praxis umsetzte, enthüllte der Diskussionsbeitrag des Parteisekre- tärs der Baranya, József Rajnai: „Wir verwerfen zwar das Konzept der intensiven As- similation, wir wünschen aber diesen Prozess nicht zu behindern, da er unsere Ent- wicklung gewährleistet.“58

7 Liberalisierung und Rehabilitierung, 1983-1989

Mit der offiziellen Anerkennung des Interessenpluralismus in Wirtschaft und Gesell- schaft Anfang der 1980er Jahre59 war auch die Zeit gekommen, den ethnischen Plura- lismus neu zu bewerten, die Nationalitätenverbände als Interessenvertretungsorgane zunehmend in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen und die Förderungs- maßnahmen für die Nationalitäten zu überdenken. Das betraf nicht zuletzt die Schul- politik. Denn im Verlauf der 1980er Jahre hatte sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der entscheidenden Problematik, nämlich dem fortschreitenden Muttersprachenverlust der Schüler, mit dem bisherigen Schulsystem nicht beizukommen war. Der Gesetzge- ber schuf daher mit dem Schulgesetz des Jahres 1985 die rechtlichen Grundlagen für den Aufbau eines zweisprachigen Unterrichtssystems. Ein Unternehmen, das – zu- mindest anfänglich – nicht so recht vorankommen wollte: „Einsprachige Grundschu- len (in denen die Muttersprache auch Unterrichtssprache ist) bestehen überhaupt nur

57 Nemzetiségi ügyek dokumentumai Baranyában 1950-1990, S. 60. 58 Ebenda, S. 90. 59 SITZLER, Interessenpluralismus; DIES., Wertordnung. Die 1980er Jahre wurden historiogra- fisch bislang vornehmlich als Vorgeschichte der politischen Wende behandelt. Siehe dazu ROMSICS, Ungarn; KLIMÓ, Ungarn; SCHMIDT-SCHWEIZER, S. 17-106; Schmidt-Schweizer bewertet die Jahre 1986-1988 als „Phase der radikalen Liberalisierung“ und charakterisiert diese Übergangsperiode wie folgt: „Der ‚latente Pluralismus‘, der sich im Zuge der innen- politischen Entspannung entwickelte, machte die Herausbildung eines ‚Reformflügels‘ in- nerhalb der Staatspartei möglich, ließ ‚Keime‘ für ‚alternative‘ politische Bewegungen ent- stehen und erleichterte die ‚Auferstehung‘ der Zivilgesellschaft.“ – Ebenda, S. 419 f.

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dem Namen nach“, berichtete lakonisch das 1990 von der Regierung eingerichtete Amt für Nationale und Ethnische Minderheiten. Die beiden Schulexperten Katalin R. Forray und András T. Hegedüs kamen in ihrer Untersuchung der Schulverhältnisse Ende der 1980er Jahre zu dem Schluss, dass in Ungarn unter Beachtung qualitativer Aspekte keineswegs von einem Minderheitenschulwesen die Rede sein konnte.60 So gab es am Ende der 1980er Jahre zahlreiche für die Minderheiten bestimmte Kinder- gärten und Schulen ohne dafür ausgebildete Lehrkräfte, ohne spezielle Hochschulein- richtungen zur Lehrerausbildung, ohne geeignete Unterrichtsmaterialien und Schul- bücher. Solche grundlegenden Mängel hatten ihre Auswirkungen. So wurden nur in 5 Prozent der damals insgesamt 295 Kindergärten (mit 14 000 Kindern im Jahre 1991) für die Nationalitätenbevölkerung tatsächlich die Kinder in den Nationalitä- tensprachen angeleitet, in den übrigen war das nur gelegentlich, höchstens ein bis zweimal wöchentlich der Fall. Und in 91 Prozent der insgesamt 320 Grundschulen für die Nationalitätenbevölkerung wurde die Nationalitätensprache nur als Unterrichts- fach mit in der Regel 3-4 Wochenstunden gelehrt, wobei diese Stunden meist dem Unterrichtsblock als zeitlich letzte angehängt wurden.61 Im Schuljahr 1990/91 beka- men von 33 550 Schülern, die in allgemeinen Schulen Deutsch als Nationalitätenspra- che lernten, nur 540 einen zweisprachigen Unterricht.62 Der ungarndeutsche Parla- mentsabgeordnete Anton Reger (1940-2010) stellte 1985 deshalb fest, dass sich „ein System des Nationalitätenunterrichts herausgebildet hat, das notwendigerweise nach unten nivelliert, das Prestige der Nationalitätensprachen schmälert, den Sprachwechsel be- schleunigt und das Identitätsbewusstsein der Nationalitäten – gelinde ausgedrückt – über- haupt nicht stärkt.“63 Damit hatte dieses System bis 1989 seinen Zweck, nämlich den der „Bewahrung und Weiterentwicklung von Sprache und Kultur der Nationalitäten“64 – so der bis 1988 amtierende Bildungsminister Béla Köpeczi (1921-2010) – nicht nur verfehlt, sondern wirkte diesem letztlich sogar entgegen. Einerseits war es an der Mehrzahl der Grundschulen üblich, die Muttersprache nur als ein Schulfach, noch dazu an zeitlich ungünstiger Stelle, d.h. im Anschluss an den vormittäglichen Stundenblock, zu unterrichten, und wer als Schüler dieses Fach be- suchte, war gleichsam zum „Nachsitzen“ verdammt. Zweitens hatten Partei und Staatsapparat erst seit Beginn der 1980er Jahre eine Emanzipation der Nationalitäten- kultur und -sprache durch deren stärkere Einbeziehung in das öffentliche und kultu- relle Leben des Landes gefördert, um auf diese Weise auch die Erwachsenengenera- tion für eine bewusste Pflege ihrer muttersprachlichen Kultur zu gewinnen. Erst im Verlauf der 1980er Jahre wurde es von ungarischer Seite „für selbstver- ständlich und natürlich gehalten, dass die Nationalitäten ihre verwandtschaftlichen und institutionellen Kontakte zu den Nationen stärken, die die gleiche Muttersprache

60 FORRAY/HEGEDŰS, Kisebbségi oktatásügy. 61 Minorities in Hungary, S. 9. 62 HOÓZ, Nemzetiségi népesség, S. 14. 63 Neue Zeitung vom 27. April 1987. Vgl. GUTSCHE. 64 Népszabadság vom 14. Juni 1985.

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sprechen wie sie“ – so die diesbezügliche Formulierung des ZK-Sekretärs Lénárd Pál (geb. 1925) in der Parteizeitung Népszabadság vom 31. Mai 1985. Ungefähr zu die- sem Zeitpunkt setzten dann auch die von ungarischer Seite jetzt ausdrücklich ge- wünschten Bemühungen von Seiten der Bundesrepublik Deutschland ein, auf bilatera- lem Wege und im Rahmen des Kulturabkommens kulturelle Belange der ungarndeut- schen Minderheit aufzugreifen und planmäßig zu fördern. Denn Stipendien für Spracherziehung und Sprachpraxis in einem deutschen Umfeld, aber auch für das Hochschulstudium im Fach Germanistik (oder in anderen verwandten Fächern) waren bis zu diesem Zeitpunkt nur für das sozialistische Bruderland, die DDR, vergeben worden. Diese Liberalisierungsschritte, die eine Vervielfachung der Förderungs- maßnahmen ungarndeutscher Kultur jetzt von Seiten des Mutterlandes „im Westen“ nach sich zogen, standen in engem Zusammenhang mit der Wiederentdeckung der ungarischen Minderheiten in den Nachbarländern als bis dahin tabuisierter Bereich der ungarischen Politik.65 Die Partei- und Staatsführung ließ sich unter dem wachsen- den Druck der öffentlichen Meinung zwar nicht zu wirksamen außenpolitischen Schritten bewegen, aber sie verstärkte ihre minderheitenfreundlichen Akzente in der Innenpolitik in der Hoffnung, dass das gute nationalitätenpolitische Beispiel Ungarns auch in den Nachbarländern Wirkung zeigen würde. Zugleich wurde eine Intensivie- rung der Beziehungen zwischen Mutterland und konnationalen Minderheiten ange- strebt, wobei die ungarndeutschen-westdeutschen Beziehungen als Vorbild für die Beziehungen Ungarns mit seinen Konnationalen in den Nachbarländern dienen soll- ten, da Letztere gerade in Bezug auf Rumänien in der Praxis auf erhebliche Schwie- rigkeiten gestoßen waren. Die Kennzeichnung einer solchen Politik als Schaufenster- politik greift etwas zu kurz, aber die Instrumentalisierung der Minderheitenpolitik im eigenen Land zugunsten der ungarischen Minderheiten in den Nachbarländern ist seit- her ein Faktor der ungarischen Innenpolitik, der nach der Wende von 1989 an Bedeu- tung geradezu sprunghaft zugenommen hat. Wenn ungarische Politiker und Amtsträ- ger seither von Minderheitenschutz und Nationalitätenpolitik reden, dann denken sie weniger oder oft auch gar nicht an ihr eigenes Land, sondern an die Länder, in denen ungarische Minderheiten leben. Kritisch wird diese Neigung allerdings dann, wenn es dabei um Inhalte geht, denn die Lage der ungarischen Minderheiten jenseits der Staatsgrenzen unterscheidet sich ganz wesentlich von der Lage der Minderheiten in Ungarn selbst. Das bedeutet jedoch auch, dass es minderheitenpolitisch keine Patent- rezepte mit allgemeingültigem, grenzüberschreitendem Anspruch geben kann. Im Unterschied zur Schulpolitik erwies sich jedoch eine Parteiinitiative als we- sentlich wirkungsvoller, die durch Verurteilung der 1945 diktierten Kollektivschuld den Weg für eine Neubewertung der „Aussiedlung“ freimachte und dadurch eine endgültige Rehabilitierung aller Ungarndeutschen einleitete. Mit diesem Schritt war die politische Gleichberechtigung der ungarndeutschen Nationalität endgültig wieder- hergestellt. Die Initiative ergriff der damalige Chefideologe der Ungarischen Sozialis- tischen Partei, der auch die gesamte Kulturpolitik des Landes bestimmte, nämlich das

65 SITZLER, Ungarns Nationalitätenpolitik.

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Politbüromitglied György Aczél (1917-1991), mit seiner Rede am 3. Dezember 1983 vor dem IV. Kongress des Demokratischen Verbandes der Ungarndeutschen: „Wir haben Gelegenheit gehabt zu lernen, dass es kein Heilmittel gegen innere Übel und Sorgen ist, wenn Nationalitäten- oder Glaubensgemeinschaften zum Sündenbock gemacht werden, wenn rassistischen oder nationalistischen Leidenschaften freier Lauf gelassen wird. Für diese Lehren haben wir einen hohen Preis bezahlt. […] Wir sind der Überzeu- gung und halten es auch heute für gerecht und begründet, dass die Schuldigen – ob Deutsche oder Ungarn – zur Verantwortung gezogen wurden. Unsere Überzeugung ist auch, dass keinerlei kollektive Verantwortung gerechtfertigt war. Es gibt weder sektiereri- sche noch faschistische Völker. Und wie Brecht sagt: Völker kann man nicht ablösen! Wir bedauern tief, dass auch fortschrittliche Menschen für Sünden büßen mussten, die sie nicht begangen haben.“66 Wichtigstes Ergebnis der Erklärung Aczéls war die interpretatorische Enttabuisie- rung und Entideologisierung der Vertreibungsprozesse und deren Vorgeschichte als Folgewirkung der ausdrücklichen Verurteilung des pauschalen Faschismusvorwurfs und der Kollektivschuld-These. Seit diesem Zeitpunkt konnte erstmals in der ungari- schen Öffentlichkeit und Historiografie offen über die Vertreibung selbst, ihre Ursa- chen und Folgen gesprochen und geforscht werden.67 Die in der politischen Realität bereits beendete Nachkriegsepoche der „deutschfeindlichen Diskriminierung“, die sich zu ihrer Legitimierung immer auch historischer Argumente bediente, sollte mit der Aczél-Rede „endgültig auch im Bewusstsein aller abgeschlossen“ werden. In der darauf folgenden publizistischen ,Revisionsarbeit‘ ging der ungarische His- toriker Loránt Tilkovszky voran, selbst um den Preis mehr oder weniger deutlich, quasi auch stellvertretend für seine frühere Historiografie und deren ,Unterlassungs- sünden‘, geübter Selbstkritik. Er begann mit dem Dreischritt, erstens der Konstruktion einer letztlich ungebrochenen historischen Kontinuität harmonischen Zusammenle- bens von Deutschen und Ungarn, oder anders ausgedrückt, der ,Restituierung von 300 Jahren heiler ungarndeutscher Geschichte jenseits des Nationalsozialismus‘; zweitens der Relativierung der „spannungsvollen Phase der Zwischenkriegszeit und des II. Weltkriegs“ zur „Episode“; und drittens der Forderung nach „nuancierterer Darstel- lung und differenzierterer Wertung“ dieser Periode. Für Tilkovszky stand die ungarische Geschichtswissenschaft selbst 1985 noch immer primär in „der Debatte mit den selbstapologetischen Darstellungen der ehemaligen Volksbündler [aus der Bundesrepublik], die im ungarischen Nationalismus die völlige Freisprechung und Bestätigung ihrer Politik zu sehen meinen, welche dem Land und den Ungarndeutschen selbst so schwere Schäden zufügten“.68

66 Neue Zeitung vom 24. Dezember 1983. 67 Nähere Angaben dazu von SEEWANN/SITZLER, Nationalitätenpolitik. 68 Neue Zeitung vom 7. September 1985.

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Sie fand – nach seiner Ansicht – „eine stabile moralische Grundlage zu dieser De- batte in der Tatsache, dass sie auch am ungarischen Nationalismus konsequente und harte Kritik übt“.69 Dies galt insofern auch für die interne Debatte um Reinterpretation bzw. Revision der Wertungsaxiome, als mit dem moralischen Verdikt über die Kollektivschuld- These und deren praktische Umsetzung in kollektive Bestrafung implizit auch das po- litische Urteil über konkrete Manifestationen und den historiografischen Niederschlag des ungarischen Nationalismus nach Kriegsende gesprochen war. Wie weit Tilkovszky selbst für die Zeit bis 1945 die Reinterpretation vorangetrie- ben hat, und zwar durch inhaltliche Korrekturen seiner Aussagen in seinen früher er- schienen Werken zur ungarischen Nationalitätenpolitik und der Geschichte der Un- garndeutschen, soll nachstehend an einigen besonders prägnanten Beispielen gezeigt werden. „Die Mehrheit des ungarländischen Deutschtums hatte sich […] nicht mit der zum Mittel Hitler-Deutschlands gewordenen ungarländischen deutschen ,Volksgruppenorganisation‘ identifiziert; zum Großteil wurde es durch die schuldhafte Politik der Regierungen des kon- terrevolutionären Systems der Willkür des Volksbundes und dem Zwang der SS ausgelie- fert“.70 „Das Ungarndeutschtum wurde eigentlich ein Opfer der ungarischen Politik und der Politik Nazi-Deutschlands und der nazistisch orientierten Politik der deutschen Volksgruppenor- ganisation in Ungarn. Von einem Druck Deutschlands auf Ungarn kann man nur bis zu ei- nem gewissen Grad sprechen: nicht weniger wichtig ist die kritische Beurteilung der unga- rischen Revisionspolitik, die selbst so sehr die Unterstützung Nazi-Deutschlands suchte. Die Rolle des Volksbunds war unserer Meinung nach sehr schädlich für das Ungarn- deutschtum, aber diese Minderheit wurde dieser Volksgruppenpolitik in ihrer Ganzheit von der ungarischen Regierung ausgeliefert mittels des sog. Wiener Volksgruppenabkommens im Jahre 1940 und mit den drei Abkommen in der Sache der SS-Werbung in Ungarn.“71 „Die politische Haltung des ungarländischen Deutschtums zur Zeit des Zweiten Weltkriegs wurde ziemlich global beurteilt, obwohl in Wirklichkeit nicht das ganze ungarländische Deutschtum als ‚Fünfte Kolonne‘ von Nazi-Deutschland wirkte, sondern diese Rolle ledig- lich von der nazistischen Strömung des ungarländischen Deutschtums wahrgenommen wurde, die im November 1938 unter der Bezeichnung Volksbund von der ungarischen Re- gierung die Erlaubnis zu legaler Tätigkeit bekam. […] Und die Fünfte Kolonne Hitlers in Ungarn bestand [...] nicht ausschließlich und in erster Linie aus Nazi-Deutschen des Volksbundes, sondern hierzu gehörten auch die Pfeilkreuzler und andere ungarische Natio- nalsozialisten, die ganze rechtsextreme Opposition, ja sogar der extreme rechte Flügel der Regierung. Die Verantwortung für die Katastrophe Ungarns im Zweiten Weltkrieg teilte sich mit ihnen der Volksbund, der insbesondere im Hinblick auf das ungarländische Deutschtum Verantwortung trug.“72

69 Ebenda. 70 Neue Zeitung vom 7. September 1985. 71 Neue Zeitung vom 20. Juni 1987. 72 Neue Zeitung vom 30. Mai 1987; Új Tükör vom 2. August 1987, S. 19.

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Ziehen wir eine Bilanz vom Ende der 1940er Jahre bis Ende der 1980er Jahre, bleibt als Ergebnis festzuhalten: Der 1945 nicht nur unterbrochene, sondern in seinen Grundlagen weitgehend zerstörte Gruppenbildungsprozess ist seit den 1950er Jahren über äußerst bescheidene und ziemlich untaugliche Anfänge nicht hinausgekommen. Der lange Jahrzehnte anhaltende Zustand, nur als potenzielle Gruppe mit einem in den informellen und privaten Bereich abgedrängten und ständig in Frage gestellten Gruppenleben auszukommen, ist sicherlich das hervorstechendste Charakteristikum ungarndeutscher Existenz in der Ära des Sozialismus geblieben. Die assimilatorische Grundtendenz als Kontinuum ungarischer Nationalitätenpolitik blieb auch im Einpar- teienstaat bestehen, der das ihm zur Verfügung stehende Machtpotenzial dazu nutzte, die Minderheiten verstärkt in die sozial homogenisierte und uniformierte Arbeitsge- sellschaft zu integrieren und sie zur Konsolidierung seiner Macht einzusetzen. Die dabei entstandenen Widersprüche im Spannungsfeld von Integration und Assimila- tion, von partikularen Gruppeninteressen und zentral gelenkter Systempolitik ließen sich jedoch nicht lösen, da die viel zu spät entwickelten Ansätze zur Institutionalisie- rung des nötigen wechselseitigen Interessenausgleichs in der allgemeinen Krise, in der Endzeit des Systems nicht mehr durchzusetzen waren. In dem langen Zeitraum von 1950 bis 1983, bis zur politische Rehabilitierung der Ungarndeutschen, erschien es daher vielen von ihnen ratsam, ihre ethnische Zugehörigkeit zu verleugnen oder zu tarnen und sich sprachlich so weit wie möglich zu assimilieren, so dass Anfang der 1980er Jahre nur mehr jedes zehnte Kind bei seinem Schuleintritt noch Deutschkennt- nisse vorweisen konnte. Auch in den zwei Jahrzehnten nach der politischen Wende von 1989 ist es nicht gelungen, trotz erheblicher Investitionen im Bildungsbereich diesen Assimilationsprozess zu stoppen, so dass vor allem die junge Generation ihr Bekenntnis zur ethnischen Gruppe vielfach nicht mehr mit Kenntnis und Gebrauch der deutschen Sprache verbunden sieht.

8 Ungarndeutsche Identitäten am Ende einer Epoche

Mit Hilfe einer verallgemeinernden und damit auch vereinfachenden Typologie soll hier abschließend noch auf die Frage eingegangen werden: Gibt es eine ungarn- deutsche Identität und welche Formen einer solchen sind sowohl historisch als auch gegenwärtig, d.h. am Ende der sozialistischen Periode, auszumachen? Es soll hier nur skizziert werden, wie zwei historische Identitätsformen, die „deutschungarische“ des 19. und frühen 20. Jahrhunderts und die „völkische“ der Zwischenkriegszeit, im heutigen „ungarndeutschen“ Identitätstypus in spezifischer Ausprägung bzw. wechselseitiger Kombination fortbestehen und die Identitätskrise nach 1945 noch eine vierte, nämlich die völlig traditionsindifferente Identitätsvarian- te, hervorgebracht hat. Aus der spezifischen Verbindung von Traditionselementen mit den Prozessen, die nach 1945 bildend bzw. zerstörend auf die Identität einwirkten, sind drei unterschied- liche Ergebnisse der eingetretenen Veränderungen auszumachen: eine Gruppe (D), die sich in das Mehrheitsvolk der Ungarn inkorporieren möchte und zwar unter Auf-

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gabe ihrer bisherigen ethnischen Differenz; zwei weitere Gruppen (A und C), die As- similation nicht im Sinne einer Inkorporation, sondern einer Konglomeration anstre- ben, d.h. unter Beibehaltung von Bereichen, die die ethnische Differenz definieren und diese somit in unterschiedlichem Ausmaß (worin sich beide Gruppen voneinan- der unterscheiden) bewahren wollen. Insofern die Gruppe C nur die regressive Ent- wicklungsform der Gruppe A darstellt, ist die von ihr vertretene Konglomerationsva- riante nicht als eine tatsächliche Alternative möglicher Entwicklungen anzusehen, sondern nur als eine pathologisch bedingte Verzerrrung. Eine vierte Gruppe schließ- lich (B) steht noch in der Kontinuität der völkischen Variante ungarndeutscher Identi- tät der Zwischenkriegszeit bzw. sucht diese in einer „moderneren“ Form zu restaurie- ren. Dem Verständnis der hier vorgestellten Typologie soll noch folgende, den histori- schen Prozess der Identitätsbildung zusammenfassende Überlegung dienen: Zu dem bis zur Jahrhundertwende dominierenden Traditionstypus der „deutschungarischen“ Identität mit seinem staatspatriotischen Hungarus-Bewusstsein und seiner Vergesell- schaftungsform in Gestalt der „Dorfgemeinschaft“ trat im Verlauf der Zwischen- kriegszeit der in Uminterpretation der Tradition entstandene Typus der deutsch- völkischen Identität hinzu. Das ganz mit dieser verknüpfte „Volksgruppen“-Konzept erwies sich politisch-gesellschaftlich als überlegen, weil es sich die sozialen Verfalls- erscheinungen der Dorfgemeinschaft zunutze machen konnte und an deren Stelle die Schlagkraft einer auf neuer ideologisch-politischer Grundlage organisierten Gruppe setzte, die die Erfüllung aller existenziellen, wirtschaftlichen und sozialen Grundbe- dürfnisse in Aussicht stellte und die volle Reproduktion der ethnischen Gruppe als solche zu gewährleisten und politisch abzusichern schien. Der Zusammenbruch von 1945 erwies die politische Brüchigkeit dieses Konzepts, das auf einer spezifischen, im Jahrzehnt davor geschaffenen Erinnerungskultur aufge- baut war und deshalb angesichts völlig neuer Rahmenbedingungen keine Orientierung mehr bieten konnte. Auf den Trümmern der geistig wie materiell zerschlagenen Gruppenidentität ent- wickelten sich nach 1945 neue Identitätsformen, die vor allem an den Traditionstypus „deutschungarischer“ Identität anzuknüpfen und sich im Rahmen der gegebenen Be- dingungen vor allem individuell bzw. im Bereich von Kleingruppen (Familie, manchmal auch noch Dorf) zu verwirklichen suchten. Die Gruppe A („Hungarus“) verkörpert vor diesem Hintergrund eine positive und kreative Antwort auf die Heraus- forderung der durch und nach 1945 eingetretenen Veränderungen. Die Gruppe C ver- deutlicht alle jene Schwierigkeiten und Krisen, die sie zum Unterschied zur Gruppe A nicht oder nur unbefriedigend gemeistert hat. Die Gruppe B zeigt, dass es 50 Jahre später noch möglich ist, geistig in die 1940er Jahre zurückzufallen und ein längst überholtes Konzept wiederzubeleben. Die Gruppe D sieht schließlich ihr Heil darin, sich aller Traditionen als lästigen Ballastes zu entledigen und im Stadium eines weit fortgeschrittenen Identitätsverlustes ihre rückhaltlose Aufnahme in das Mehrheitsvolk zu suchen, obwohl die Gruppe A für alle den Beweis dafür liefert, dass es sehr wohl möglich ist, Teil der ungarischen Gesamtgesellschaft zu sein und zu bleiben, ohne seine ethnische Identität aufzugeben.

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Tabelle 36: Varianten ungarndeutscher Identität

Gruppe A: Traditionstypus Nr. 1 „Hungarus“

Betont die subjektiven Merkmale seines ethnischen Bekenntnisses, pflegt ethnische Bräuche und Muttersprachenkultur aufgrund eigener Überzeugung, ist um Kulturaustausch und Interessenausgleich mit der Mehrheitsgesellschaft bemüht, zeigt sich realistisch, aufgeschlossen und anpassungsfähig; hat ein positiv-kritisches Verhältnis zur Vergan- genheit (sowohl seiner Minderheit als auch der Mehrheit); sieht sich „organisch“ und auch als Gruppe mit der Mehrheitsgesellschaft ver- A + B = bunden, im Sinne eines Staats- und Verfassungspatriotismus interpre- zweisprachig tiert er sich als Teil der ungarischen Nation; bewusster Träger einer Doppelidentität (Konglomerationsvariante Nr. 1). (wobei die Mehr- Gruppe B: Traditionstypus Nr. 2 „Völkisch“ heitssprache auch die Ersterwerbs- Betont die objektiven Merkmale seines ethnischen Bekenntnisses, sprache sein kann) pflegt ethnische Bräuche und Muttersprachenkultur aufgrund gesell- schaftlicher Zwänge, Sozialkontrolle und Gruppenzugehörigkeit; fühlt sich in die Gruppe hineingeboren und daher dieser verpflichtet; die Pflege der Beziehungen mit dem deutschen Mutterland genießt Priorität vor den Beziehungen mit der ungarischen Mehrheitsgesellschaft; zeigt sich romantisch-nostalgisch und mehr vergangenheitsorientiert, mit ei- nem unkritischen Verhältnis zur Vergangenheit; mit unklarer und daher potenziell konfliktbereiter Einstellung zur Mehrheitsgesellschaft (und deren Vergangenheit); mit Neigung zur Segregation und Dissimilation. Gruppe C: Teilweise traditionsindifferent, halb Ungar und Ungarn- deutscher

Träger einer diffusen Identität; soweit an Traditionen angeknüpft wird, C + D = einspra- treten häufig Merkmale der beiden Traditionstypen Nr. 1 und 2 mitei- chig ungarisch nander vermischt auf, wobei der Hungarus-Typ eher bevorzugt wird; hat ein gebrochenes Verhältnis zur Vergangenheit (sowohl der Minder- (Muttersprache ist heit als auch der Mehrheit), das sich auch ins Negative wenden kann; bereits eine Fremd- unbewusster Träger einer Doppelidentität (Konglomerationsvariante sprache, die nur Nr. 2). zum Teil bzw. pas- Gruppe D: Völlig traditionsindifferent, Ungar mit „German back- siv benützt wird) ground“ Gibt seine ungarndeutsche Herkunft nur zu, wenn er dazu gezwungen wird; unklares oder mangelndes Verhältnis zur Vergangenheit, ahisto- risch denkend; Identitätsverlust wird durch ungarischen Nationalismus kompensiert; nach erfolgter Assimilation ausgeprägte Neigung zum Aufgehen in die ungarische Mehrheitsgesellschaft (wobei es freilich von dieser abhängt, ob dieses Ziel erreicht wird).

A + C = Doppelte Identität: Ich bin ethnisch gesehen ein Deutscher, politisch-staatlich-kultu- rell ein Ungar, also ein Ungarndeutscher; B + D = Singuläre Identität: B: ich bin nur Deutscher mit ungarischer Heimat; D: ich bin nur Ungar.

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9 Nach der Wende 1989

In der neuen Ära der parlamentarischen Demokratie, der autonomen Selbstverwaltung auf verschiedenen Ebenen (darunter der für die Nationalitätenbevölkerung so wichti- gen lokalen Selbstverwaltung) und des Aufbaus einer rechtsstaatlich abgesicherten Zivilgesellschaft haben sich die Chancen für jede soziale und damit auch ethnische Gruppe wesentlich verbessert, ihre Interessen zu artikulieren und im Rahmen von demokratisch verfassten Selbstvertretungsgremien in die Gesamtgesellschaft und de- ren Gremien einzubringen.73 Den Übergang von der paternalistisch orientierten Nationalitätenpolitik der 1980er zur demokratisch verfassten der 1990er Jahre verdeutlicht eine Aussage im Regie- rungsprogramm der ersten demokratisch gewählten Regierung József Antall (d.J.): „Im Hinblick auf die einheimischen Minderheiten ist anstelle des bisherigen vormund- schaftlichen Verhaltens eine auf die Selbstorganisation der Minderheiten bauende, diese aktiv fördernde Minderheitenschutzpolitik und -praxis vonnöten.“74 Im Staatsapparat wurde – übrigens zum ersten Mal in der ungarischen Geschichte – eine besondere Behörde für Minderheitenangelegenheiten geschaffen, nämlich das Amt für Nationale und Ethnische Minderheiten, das das bereits von der Übergangs- regierung Miklós Németh (geb. 1948) im April 1989 eingerichtete Minderheitenkol- legium (seit Oktober 1989 unter der Bezeichnung „Kollegium für Nationale und Eth- nische Minderheiten“) ablöste.75 Das ursprünglich dem Ministerrat zugeordnete Amt wurde 1994 dem Politischen Staatssekretär im Amt des Ministerpräsidenten unter- stellt und von seiner Gründung bis 1998 vom Ungarndeutschen János Wolfart (1951- 2004) geleitet. Ebenfalls ein Ungarndeutscher, der Verfassungsjurist Jenő Kaltenbach (geb. 1947), übernahm das vom Ungarischen Parlament 1993 geschaffene Amt eines Ombudsmannes für Minderheiten, offiziell definiert als „Parlamentsbeauftragter für die Rechte der nationalen und ethnischen Minderheiten“, der mit dem Recht auf In- formation und auf Intervention als Kontrollinstanz vor allem der Behörden im Um- gang mit der Minderheitenbevölkerung fungiert und dem ständigen Parlamentsaus- schuss für Menschenrechte, Minderheiten- und Religionsangelegenheiten zugeordnet ist.76

73 Allgemein über die Lage der Minderheiten, Minderheitenpolitik und -recht nach 1989 siehe SZARKA; PAN; National and Ethnic Minorities in Hungary; TÓTH, Principles; Kisebbségek és kormánypolitika Közép-Európában; Regisztrálható-e az identitás?; Magyarország és a magyar kisebbségek; Hungarian Minorities and Central Europe; Nemzeti és etnikai kisebb- ségek Magyarországon a 20. század végén; KÜPPER; GYŐRI SZABÓ; Minderheiten in Un- garn nach den Wahlen; RÉTI; MÉSZÁROS/FÓTI; EGYED, Kisebbségek; SCHLETT, Kisebbség- nézőben; MANHERZ, Konzeption; BÁTHORY; WOLFART, Kisebbségek. 74 A nemzeti megújhodás programja [Programm der nationalen Erneuerung], Budapest 1990, S. 162. 75 Näheres dazu bei GYŐRI SZABÓ, S. 10 ff. 76 Über Rechtskompetenz und -praxis dieses Amtes unterrichten KALTENBACH, Rechts- stellung; VARGA, Ombudsmanok; TÓTH, Közösség.

401

Innerhalb der Minderheitenbevölkerung kam es zu einer auf der Vereinigungsfrei- heit beruhenden Pluralisierung des minoritären Verbandswesens. Als eine völlige Neuerung ist das System der demokratisch gewählten Selbstverwaltung einer jeden vom Gesetz anerkannten Minderheit auf Landesebene zu betrachten, eine, wie sich rasch herausstellte, überaus funktionsfähige Institutionalisierung der Minderheiten- interessenvertretung, die das Minderheitengesetz von 1993 ermöglichte. Dieses Gesetz beruhte wiederum auf den grundlegenden Bestimmungen der neuen Verfassung vom Oktober 1989. Verfassungsrechtlich hat Ungarn hier insofern Neu- land beschritten, als die Minderheiten im § 68 als „staatsbildende Faktoren“ bezeich- net und damit zu Teilhabern an der Volkssouveränität erklärt werden. Damit werden ihnen prinzipiell Gruppenrechte gewährt und ein Rechtsanspruch auf staatliche Förde- rung eingeräumt. Abgesehen davon, dass hier der Gesetzgeber in Hinblick auf die un- garischen Minderheiten in den Nachbarländern ein Minderheitenmodell im Rahmen einer demokratischen Verfassung verankern wollte, kann diese Bestimmung auch als Bruch mit dem Konzept des ethnisch homogenen Nationalstaats angesehen werden. Die nachfolgenden Bestimmungen des § 68 der Verfassung verpflichten den Staat zum Minderheitenschutz und definieren die Bereiche desselben, die dadurch grund- rechtlich abgesichert werden. Es geht hier um die kollektive Beteiligung am öffentli- chen Leben als Gruppe, um Pflege der Kultur, Gebrauch der Muttersprache und das Recht auf muttersprachlichen Unterricht. Weitere Bestimmungen verankern die privi- legierte Vertretung von Minderheiten im Parlament77 und in den kommunalen Volks- vertretungen und das Recht auf Errichtung örtlicher und landesweiter minoritärer Selbstverwaltungen. Letztere wurde sodann durch das am 7. Juli 1993 vom Parlament als Gesetz Nr. LXXVII/1993 verabschiedete Minderheitengesetz näher definiert und deren prakti- sche Umsetzung ermöglicht.78 Da es als ein Gesetz mit Verfassungsrang mit zwei Dritteln der Stimmen verabschiedet werden musste, ging ihm ein langwieriger Ver- handlungsprozess voraus, an dem auch die Minderheiten selbst in Form eines „runden Tisches“ beteiligt waren. Das Gesetz vereinigt recht originell Individualrechte, Grup- penrechte, objektiv-rechtliche Gewährleistungen und Elemente der Territorial- und Personalautonomie und damit so gut wie alle verfügbaren Instrumente des internatio- nalen Minderheitenschutzes zu einem Konzept, das alle wesentlichen Sachbereiche rahmenhaft regelt und dabei doch den besonderen Gegebenheiten der Minderheiten- bevölkerung im Land (Streusiedlung, geringe Größe, Identitätsschwäche, verzögerte Gruppenbildung) zu entsprechen sucht.

77 Eine solche Vertretung durch die Wahl von Minderheitenabgeordneten ins Parlament ist al- lerdings trotz mehrerer Anläufe niemals zustande gekommen. Siehe dazu MAJTÉNYI. 78 Gesetz Nr. LXXVII des Jahres 1993 über die Rechte der nationalen und ethnischen Min- derheiten. – KÜPPER, S. 130-272; KALTENBACH, Minderheitengesetz; SEEWANN/SITZLER, Minderheitengesetz; PÁLOK BODÁNÉ /CSERESNYÉS/ TÍMÁR VÁNKOSNÉ; PÁLOK BODÁNÉ; WOLFART, Minderheitenschutz; ZAYZON, Rechte.

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9.1 Das System der Minderheitenselbstverwaltung 1994-2006 Das Minderheitengesetz von 1993 ermöglicht die Bildung landesweiter und lokaler Minderheitenselbstverwaltungen, die als juristische Personen tätig werden. Es gibt drei Varianten lokaler Selbstverwaltung, die durch die Wahl von Minderheitenab- geordneten in die Selbstverwaltung der Gemeinden zustande kommen79: 1. die kommunale Minderheitenselbstverwaltung: Wenn mehr als die Hälfte der kommunal gewählten Volksvertreter als Kandidaten einer nationalen oder ethnischen Minderheit gewählt werden, kann sich die kommunale Selbstver- waltung zur kommunalen Minderheitenselbstverwaltung erklären, wodurch beide Körperschaften personell und institutionell identisch sind. Durch diese Variante wird in der Praxis auf dem Gebiet der Gemeinde über das ursprüng- liche Konzept einer personalen Kulturautonomie weit hinausgehend eine Ter- ritorialautonomie der jeweiligen Minderheit ausgeübt. Die Zahl der Gemein- den, die diese Variante wählten, ist von 1994 bis 2002 von 45 auf 68 ange- stiegen; 2. die mittelbar zustande gekommene örtliche Minderheitenselbstverwaltung, die von mehr als 30 Prozent der Abgeordneten der Gemeindeselbstverwal- tung gebildet werden kann, wenn diese Abgeordneten als Kandidaten einer bestimmten Minderheit gewählt werden. Jede Minderheit kann pro Gemeinde nur eine mittelbar zustande gekommene örtliche Minderheitenselbstverwal- tung bilden. Diese Minderheitenselbstverwaltung muss aus mindestens drei Personen bestehen und besitzt gegenüber der kommunalen Selbstverwaltung zwingende Konsultativrechte bei Angelegenheiten des örtlichen Unterrichts- wesens, der örtlichen Medien, der örtlichen Kultur und des Sprachgebrauchs; 3. die unmittelbar zustande gekommene örtliche Minderheitenselbstverwaltung, die für den Fall, wenn keine Selbstverwaltung der Variante A oder B zustan- de gekommen ist, von Personen gebildet werden kann, die im Zuge der Kommunalwahl als Minderheitenkandidaten gewählt worden sind, ohne der Abgeordnetenkörperschaft der kommunalen Selbstverwaltung angehören zu müssen. Diese Variante ist vor allem für Städte, insbesondere für Budapest, interessant, da hier sowohl auf der kommunalen Ebene als auf Bezirksebene Minderheitenselbstverwaltungen gebildet werden können. Die Generalversammlung der landesweiten Minderheitenselbstverwaltung setzt sich aus Wahlmännern der lokalen Selbstverwaltungen zusammen, wobei auch Ge- meinden ohne solche die Möglichkeit haben, einen solchen Elektor zu wählen. Diese Versammlung wählt sodann die Repräsentanten der landesweiten Minderheitenselbst- verwaltung. Von den dreizehn gesetzlich anerkannten Minderheiten haben nach der ersten Kommunalwahl 1944/95 elf erfolgreich eine landesweite Minderheitenselbst- verwaltung gewählt, die Deutschen am 11. März 1995. Die landesweite Minderhei-

79 KÜPPER, S. 180-226; Kisebbségi önkormányzatok Magyarországon; EILER, Experience; DERS., Minority; PAVLOVICS/GYUROK.

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tenselbstverwaltung hat die Aufgabe, als juristische Person die Interessenvertretung und den Schutz der Minderheit auf nationaler und regionaler (Komitats-)Ebene wahr- zunehmen. Konkret verfügt sie auch über zwingende Konsultativrechte im Bereich des Unterrichtswesens, bei der Vorbereitung minderheitenrelevanter Rechtsnormen im Gesetzgebungsverfahren sowie in kulturellen und medialen Angelegenheiten, die ihre Minderheiten betreffen. Sie fungiert als Ansprech- und Verhandlungspartner der Regierung und anderer überörtlicher Behörden. Der Bereich der lokalen Minderhei- tenselbstverwaltung ist jedoch unabhängig von der landesweiten Selbstverwaltung tä- tig und völlig autonom, diese besitzt also über jene keinerlei Weisungsrecht. Ein anschauliches Bild über die Errichtung der lokalen und landesweiten Selbst- verwaltungen der Minderheiten in ihrer Startphase im Frühjahr 1995 aufgrund der Kommunalwahlen vom Herbst 1994 vermittelt die folgende Tabelle:

Tabelle 37: Lokale und landesweite Minderheitenselbstverwaltungen (MSV), Stand 1. Mai 1995

Minder- Anzahl Anzahl der davon an der Anzahl der Kan- Anzahl der Gründungs- heit der loka- Wahlmänner Wahl der Lan- didaten für die Sitze in der datum der len MSV aus den loka- des-MSV Generalver- Generalver- Landes- len MSV beteiligt sammlung sammlung MSV Armenier 9 40 38 17 17 19.02.1995 Bulgaren 2 16 16 14 14 01.03.1995 Deutsche 124 751 589 60 53 11.03.1995 Griechen 2 17 16 16 15 04.03.1995 Kroaten 51 270 234 50 50 01.04.1995 Polen 2 20 18 15 13 04.03.1995 Rumänen 10 68 62 59 53 25.03.1995 Ruthenen 1 7 – – – – Serben 19 100 86 51 37 18.03.1995 Slowaken 38 241 206 72 53 25.03.1995 Slowenen 5 25 25 21 21 03.03.1995 Ukrainer –––––– Zigeuner 416 2 153 1 695 260 53 10.04.1995

Quelle: KÜPPER, S. 218.

Aus den ersten Kommunalwahlen vom 11. Dezember 1994, in denen gleichzeitig auch die Minderheitenselbstverwaltungen nach dem Minderheitengesetz gewählt wurden, sind 45 kommunale Minderheitenselbstverwaltungen (Variante A), in 14 Gemeinden mittelbar zustande gekommene (B) und in 625 Gemeinden unmittelbar zustande gekommene Minderheitenselbstverwaltungen (C) hervorgegangen. Von den Minderheiten selbst wurde dieses Ergebnis als sehr positiv bewertet, da dadurch in knapp 50 Prozent aller von Minderheitenangehörigen bewohnten Gemeinden (es sind rund 1 500 von insgesamt 3 200 Gemeinden) Repräsentativorgane dieser Minderhei- ten gebildet werden konnten. Die Deutschen waren 1994 bei der Variante A mit 19 kommunalen Selbstverwaltungen am stärksten vertreten und nahmen bei der Varian-

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te C mit 136 den zweiten Platz hinter den Zigeunern ein. Diese Proportion hat sich auch in der Folgezeit bis 2006 nicht wesentlich verändert. An dem Wahlgang zur Wahl der lokalen Minderheitenselbstverwaltungen 2002 beteiligten sich 53,12 Prozent der Wahlberechtigten, vier Jahre später stieg dieser An- teil auf 63,81 Prozent, was ein großes Interesse an der Institution der Minderheiten- selbstverwaltung belegt. Wurde im Jahr 2002 in 1 308 Gemeinden gewählt, so erhöh- te sich diese Zahl 2006 auf 1 435 Gemeinden. Die Zahl der tatsächlich gewählten Minderheitenselbstverwaltungen erhöhte sich von 2002 bis 2006 von 1 853 auf 2 045 und damit um 11 Prozent.80

Tabelle 38: Zahl der etablierten Minderheitenselbstverwaltung im Rahmen der Kommunalwahlen von 1994/95, 1998, 2002 und 2006 1994/95* 1998 2002 2006 Armenier 16 25 31 31 Bulgaren 4 15 31 38 Deutsche 162 272 341 378 Griechen 6193134 Kroaten 57 75 108 115 Polen 7335147 Rumänen 11 33 44 46 Ruthenen 1 10 32 52 Serben 19 35 44 40 Slowaken 50 76 115 116 Slowenen 6101311 Ukrainer – 5 13 19 Zigeuner 477 768 999 1 118 Insgesamt 816 1 376 1 853 2 045 * Zu den Kommunalwahlen vom Dezember 1994 gab es noch Nachwahlen Anfang 1995.

Quelle: EILER, Minority, S. 231; betreffend 2006 http://www.valasztas.hu/onkval2006/hu/10/ 10_0.html (05.12.2010).

Der quantitative Erfolg dieses Systems der Minderheitenselbstverwaltung kann nach genügend langer Zeit seiner Erprobung nicht über qualitative Mängel hinweg- täuschen, die jedoch nicht nur systembedingt sind. Dies gilt vor allem für die Frage ihrer Finanzierung, die vor allem in den – mehrheitlich – finanzschwachen Gemein- den ein Dauerproblem darstellt. Damit hängt wohl zusammen, dass es in dem vergan- genen Jahrzehnt von 1995 bis Ende 2005 generell weder lokalen noch landesweiten Minderheitenselbstverwaltungen gelungen ist, schulische und kulturelle Einrichtun- gen in Eigenregie zu übernehmen, wie das eigentlich vom Minderheitengesetz vorge- sehen ist. Eine Ausnahme bildeten hier nur die wenigen Minderheiten, die ins Ge-

80 http://www.kisebbsegiombudsman.hu/data/files/101599899.doc.

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wicht fallende Finanzhilfen von ihrem konnationalen Patronagestaat erhalten, wie das auch in größerem Ausmaß auf die deutsche Minderheit zutrifft. Die Budgetgesetze von 2003 und 2004 beschritten hier einen neuen, zukunftswei- senden Weg, indem sie jeweils 440 Millionen Forint für Übernahme und Finanzie- rung schulischer Einrichtungen zur Verfügung stellten, die in ihrem Status denen der Kirchen gleichgestellt wurden, was ihre fortlaufende Subventionierung durch den Staat ermöglichte.81 Die Minderheitenselbstverwaltungen sind durch Wahlen demokratisch legitimiert. Bei der Vorbereitung des Nationalitätengesetzes von 1993 bestanden die Repräsen- tanten der Minderheiten aufgrund negativer historischer Erfahrungen darauf, die Wahlen ohne Registrierung der Wähler abzuhalten. In der Praxis kann dadurch jeder kommunale Wahlberechtigte ob Angehöriger einer Minderheit oder nicht, an der Wahl der Minderheitenrepräsentanten teilnehmen und dadurch die Zusammensetzung der Minderheitenselbstverwaltungen beeinflussen oder gar als Kandidat einer Min- derheit sich wählen lassen. Dieses völlig offene Wahlsystem öffnete dadurch Miss- brauch und Korruptionsversuchen Tür und Tor. In den beiden Wahlgängen 1998 und 2002 wurde dies allzu deutlich, als z.B. 1998 beinahe die Hälfte aller lokalen Selbst- verwaltungen der rumänischen Minderheit von Nichtrumänen etabliert wurde, die die Wahl der Landesselbstverwaltung zu blockieren bzw. von Gratifikationen abhängig zu machen suchten. Vor allem im Fall der Roma-Minderheit wurden lokale Mehrhei- ten oft dazu benutzt, die Wahl kritischer und sehr aktiver Repräsentanten dieser Min- derheit zu verhindern und dadurch deren Selbstverwaltungen entscheidend zu schwä- chen.82 Es war vor allem das Verdienst des parlamentarischen Minderheitenombudsman- nes Jenő Kaltenbach, der selbst der deutschen Minderheit angehörte, dass durch eine Novellierung des Wahlgesetzes für die Kommunalwahlen 2004 ein Ausweg gefunden wurde: Vor jeder Wahl wird nun obligatorisch auch ein Minderheitenwählerregister angelegt, das nach der Wahl vernichtet werden muss, wodurch die Befürchtungen sei- tens der Minderheiten betreffend möglichen Missbrauchs eines solchen Registers be- rücksichtigt werden. Nach einiger Verzögerung wurde dieser Vorschlag im Rahmen der Novelle zum Kommunalwahlgesetz vom Parlament am 17. Oktober 2005 und damit noch rechtzeitig für die im Herbst 2006 anstehenden Kommunalwahlen verab- schiedet.83 Die Minderheitenselbstverwaltungen haben sich als Institutionen der Interessen- vertretung und des Interessenausgleichs sowohl auf lokaler wie auch auf nationaler Ebene vielfach bewährt und sich als unentbehrliches, funktionsfähiges Element des Minderheitenschutzes in Ungarn erwiesen.

81 EILER, Minority, S. 236; DERS., Törekvések. 82 Zahlreiche Beispiele in KALTENBACH, Beszámoló. 83 http://www.kisebbsegiombudsman.hu/data/files/101609446.doc.

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9.2 Nationalitätenschule und Sprachkompetenz nach 1989 Mit der Verordnung 32/1997/XI.5.MKM84 förderte das Bildungs- und Unterrichtsmi- nisterium systematisch den Aufbau von Bildungseinrichtungen für die ethnischen und nationalen Minderheiten: erstens durch die Entwicklung von spezifischen Curricula und Rahmenrichtlinien für den Schulunterricht, zweitens durch eine differenziertere Lehrerausbildung und drittens durch eine Förderquote für jeden Schüler einer als Na- tionalitätenschule konstituierten Bildungseinrichtung. Diese Quote betrug im Jahr 2004 45 000 Forint.85 Die Regierungsverordnung 130/1995 betreffend das Nationale Hauptcurriculum für alle Schulen86 legte die Richtlinien für den Lehrplan der Min- derheitenschulen fest, betonte als deren Ziel die muttersprachliche und bilinguale Erziehung (Nationalitätensprache und Ungarisch) und schrieb ein Lehrerausbildungs- programm für den Sprachunterricht vor. Jede Schule, die den Unterricht in einer Na- tionalitätensprache (einschließlich der Fächer Ungarisch und Ungarische Literatur) oder eine bilinguale Unterrichtspraxis nachweisen konnte, erhielt den Status einer Na- tionalitätenschule mit der dafür vorgesehenen Förderquote. Diese Fördermaßnahmen führten zu einer starken quantitativen Vermehrung der Nationalitäten-Elementarschulen im Zeitraum von 1990 bis 1999 um 22,7 Prozent (nämlich von 322 auf 413), ihrer Lehrer um 39,4 Prozent (von 1 048 auf 1 461) und ihrer Schüler um 23,5 Prozent (von 44 545 auf 55 013).87 Qualitativ gesehen ging es um eine Intensivierung des zweisprachigen Unterrichts und des Unterrichts der Nationalitätensprache als Lehrfach. Allerdings verlief die Entwicklung in den Elementarschulen je nach Minderheit unterschiedlich. Den stärks- ten Gewinn erzielten die deutschen Nationalitätenschulen, deren Schülerzahl sich im Zeitraum von 1990 bis 1999 um 37,9 Prozent steigerte (von 33 550 auf 46 252). Ei- nen Zuwachs verzeichneten auch die rumänischen Nationalitätenschulen von 24,7 Prozent (von 961 auf 1 198 Schülern), während die Zahl der Schüler bei den Serben und Kroaten um 25,9 Prozent, bei den Slowaken um 24,7 Prozent und bei den Slowe- nen um 50,6 Prozent abnahm.88 Die Zahl der Nationalitäten-Mittelschulen (Gymnasien, höhere Schulen der Be- rufsausbildung) hat sich im Jahrzehnt von 1990 bis 1999 von 10 auf 23 erhöht und damit mehr als verdoppelt. Das trifft auch auf die Schülerzahl zu, die sich im Zeit- raum von 1990 bis 1999 von 1 301 auf 2 825 erhöhte. 64 Prozent dieser Schulen und 72 Prozent ihrer Schüler haben eine zweisprachige Ausbildung.89 Quantitativ gesehen ist diese Entwicklung sicherlich positiv zu beurteilen. Prob- lematisch hingegen bleiben die inhaltlichen Aspekte des Unterrichts, die sich auf die Bereiche Sprache und Minderheitenkultur konzentrieren. Den Lehrplänen entspre-

84 Magyar Közlöny vom 5. November 1997. 85 IMRE, State, S. 415. 86 Magyar Közlöny vom 26. Oktober 1995. 87 IMRE, State, S. 416. 88 Ebenda, S. 421. 89 Ebenda, S. 423.

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chend rückt die Nationalitätensprache als Muttersprache an die erste Stelle, Ungarisch (Sprache und Literatur) bekommt den Status einer Fremdsprache und ein dritter Block soll einer weiteren modernen Fremdsprache gewidmet sein. Eine Untersuchung von Ágnes Vámos hat gezeigt, dass diese drei Blöcke in der Praxis, vor allem Mutterspra- che und zweite Fremdsprache, unterschiedlich gewichtet werden, so dass wie bei- spielsweise bei den Serben die Muttersprache bevorzugt wird.90 Bei den deutschen Schulen stellt sich dieses Problem nicht, weil Deutsch auch als moderne Fremdspra- che hohes Prestige genießt. Minderheitenkultur als Lehrgegenstand (betreffend vor allem Geschichte, Litera- tur, Musik, Siedlungsgeografie) wurde 1995 eingeführt und ab 2001 in Kurspro- grammen umgesetzt.91 Durch sie soll Identität gefördert und Identitätsbewusstsein in- tensiviert werden. Da die meisten Lehrer dieses Gegenstands Sprachlehrer sind, wird er in der Praxis weitgehend in die Sprachausbildung integriert und nicht als eigen- ständiges Fach gehandhabt. Die dominierende Tendenz, diesen Lehrgegenstand in den Unterricht anderer Fächer zu integrieren, die, wie Vámos zeigt, sich in 80 Prozent der Nationalitätenschulen durchgesetzt hat, stellt die Zielsetzung des Identitätsmana- gements grundsätzlich in Frage.92 Hinzu kommt noch das Phänomen, dass der Anteil der spezifischen Nationalitätengegenstände im Verlauf des achtjährigen Unterrichts an den Elementarschulen abnimmt: Betrug dieser bei den deutschen Elementarschu- len im ersten Schuljahr noch 20,46 Prozent, so reduzierte er sich bis zum achten Schuljahr auf 16,04 Prozent (bei allen Nationalitätenschulen durchschnittlich von 20,28 Prozent auf 15,38 Prozent).93 Die Lehrerausbildung und insbesondere die Sprachkompetenz der an Nationalitä- tenschulen wirkenden Lehrer ist ein weiteres Problem, das seit Einführung der Schul- pflicht im Jahr 1868 wenig an Virulenz verloren hat. Entsprechend einer Studie über den Anteil der ohne eine Fachausbildung tätigen Lehrer betrug dieser 1995 bei den Deutschlehrern 11,3 Prozent, bei den Englischlehrern 10,6 Prozent.94 Das ist auch auf die zunehmende Nachfrage nach dem Deutschunterricht zurückzuführen. Eine Aus- bildung für den zweisprachigen Unterricht fehlt, eine in ihrer Bedeutung sehr gestie- gene bilinguale Sprachkompetenz bleibt somit ein Desideratum und ihr Erwerb den Bemühungen der einzelnen Lehrer überlassen. Günstiger gestaltet sich allerdings das Lehrer-Schüler-Verhältnis in den Nationalitätenschulen mit sieben bis acht Schülern pro Lehrer gegenüber zehn bis elf Schülern pro Lehrer in den übrigen Schulen.95 Das wahrscheinlich größte Problem aller Nationalitätenschulen stellt die Kompe- tenz der Schüler in den Nationalitätensprachen dar, weil sie diese in ihrer überwie- genden Mehrheit nicht als Erstsprache oder Muttersprache erworben haben. Nur 6,2 Prozent aller Schüler in den Nationalitätenschulen bekannten sich zu einer nichtunga-

90 VÁMOS, S. 68. 91 Als Lehrbuch für die deutsche Minderheit MANHERZ/WILD. 92 KOVÁCS/VÁMOS, S. 79. 93 IMRE, State, S. 429. 94 IMRE, Pedagógusképzés, S. 24. 95 IMRE, State, S. 430; BRENNER; FÖLDES, Unterricht; DERS., Sprache.

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rischen Muttersprache, was wiederum mit dem Sprachgebrauch innerhalb ihrer Fami- lien korrespondierte, die durchschnittlich zu 83 Prozent ungarisch sprachen. Auf die Frage: Sprechen Sie zu Hause eine andere Sprache als Ungarisch, fiel die Antwort 1999 differenziert nach Minderheiten wie folgt aus:

Tabelle 39: Umfrageergebnis bei Schülern der Nationalitätenschulen 1999 (Anga- ben in Prozent) Sprechen Sie eine andere Akzeptieren Sie Ihre Zuord- Sprache als Ungarisch? nung zu einer Nationalität? Zahl der Antworten: 2 458 Zahl der Antworten: 199 Ja Nein Ja Nein Deutsche 13,9 86,1 39,8 60,2 Kroaten 50,3 49,7 69,4 30,6 Serben 26,6 73,4 83,6 15,4 Slowaken 20,4 79,6 63,6 36,4 Rumänen 46,7 53,3 73,1 26,9 Zigeuner/Roma 11,1 88,9 66,7 33,3 Insgesamt 16,8 83,2 57,5 42,5

Quelle: IMRE, State, S. 439.

Drei Viertel der Studenten, die ihre Zuordnung zu einer Nationalität akzeptierten, sprachen zu Hause ihre Nationalitätensprache und jeweils 13 Prozent von diesen sprachen sie zwar nicht, verstanden sie jedoch bzw. sprachen und verstanden sie nicht. Die geringe Sprachkompetenz in der Nationalitätensprache vor allem bei den Deutschen und den Slowaken zeigt folgende Tabelle:

Tabelle 40: Die Sprachkenntnis der Schüler, die ihre Zuordnung zu einer bestimm- ten Nationalität akzeptierten, 1999 (Angaben in Prozent) Deutsche Kroaten Serben Slowa- Rumänen Zigeuner Insge- ken samt Zahl der 62 35 11 9 20 11 148 Antworten Als Mut- 4,8 40,0 81,8 22,2 35,0 27,3 25,7 tersprache Ganz gut 46,8 20,0 – 11,1 20,0 18,2 29,1 Mittelmäßig 43,5 34,3 9,1 55,6 40,0 36,4 38,5 Gering 4,8 5,7 9,1 11,1 5,0 18,2 6,7 Insgesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0

Quelle: IMRE, State, S. 440.

Innerhalb dieser Schülergruppe sprachen drei Viertel der Mütter Ungarisch und nur ein Viertel der Mütter war zweisprachig, sprach also neben Ungarisch auch die betreffende Nationalitätensprache. Die Zahlen dieser Tabelle belegen erneut, dass die

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Assimilationsbewegung bei den Ungarndeutschen am weitesten fortgeschritten ist mit dem Ergebnis, dass schätzungsweise höchstens ein Zehntel oder – regional differen- ziert – 5 bis 10 Prozent ihrer jungen Generation mit Deutsch als Muttersprache auf- gewachsen ist.96 Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der Dialekt als Sprache der Primär- sozialisation von Generation zu Generation abgebaut wurde und das Ungarische seine Funktion übernahm. Bei der Großelterngeneration war für 90 Prozent der Befragten der Ortsdialekt die Sprache der Primärsozialisation oder die Ersterwerbsprache, bei der Elterngeneration noch für 59 Prozent und bei der Jugendgeneration (Erhebungs- jahr 1996) nur noch für 10 Prozent.97 Diese Entwicklung ist in den deutschen Sied- lungen rund um Budapest und im nördlichen Ungarn am stärksten und in Westungarn am schwächsten ausgeprägt, während in Südungarn noch eine relativ starke Dialekt- kompetenz zu beobachten ist, die sich jedoch bei den „Enkelkindern“ auch dort schon häufig auf eine passive Kompetenz beschränkt.98 Daraus lässt sich für den Sprachge- brauch ableiten, dass der Dialekt in der Familienkommunikation eine immer geringe- re Rolle spielt. „Ein Ausbau der deutschen Standardvarietät [also der Hochsprache], der den Abbau des Dialektes kompensieren könnte, ist jedoch nicht (oder noch nicht) zu beobachten, da die ursprünglichen Domänen des Dialektes nicht von der deutschen Standardvarietät, sondern vom Ungarischen übernommen werden.“99 Eine ungarn- deutsche Lehrerin aus Pilisvörösvár hat das treffend auf den Punkt gebracht: „Es ist bequemer Ungarisch zu reden, weil das alle verstehen. Es ist einfacher.“100 Die der Nationalitätenschule übertragene Aufgabe der Reproduktion der Nationa- litätensprache und -kultur ist nach Ansicht einiger Experten mit dem allgemeinen Bil- dungsauftrag jeglicher Schule deshalb schlecht zu vereinbaren und in der Praxis nur begrenzt zu verwirklichen, weil sie durch die familiäre Sozialisation der Schüler nicht ausreichend unterstützt wird, die wiederum keine Schule jemals ersetzen oder kom- pensatorisch übernehmen kann.101 Eltern wie Schule legen noch dazu mehr Wert auf die Erfüllung des allgemeinen Bildungsauftrags, so dass die Lehrinhalte betreffend Nationalitätensprache und -kultur vernachlässigt und in den höheren Klassen immer mehr in den Hintergrund gedrängt werden. Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass dieser spezielle Schultypus sein eigentliches Förderziel bislang nur stark einge- schränkt zu erreichen vermag. Das bestätigt auch die empirische Studie der Germanistin Zsuzsanna Gerner, die das Identitätsbewusstsein von Absolventen ungarndeutscher Nationalitätenschulen untersucht hat. Von den 66 Befragten, die alle gerade ein Gymnasium als deutsche Nationalitä- tenschule absolviert hatten, bezeichneten sich 29 als Ungarn, 22 als Ungarndeutsche,

96 Zur Rolle von Schule und Familie in Fragen der Sprachkompetenz siehe IMRE, Család. 97 DEMINGER, S. 65. 98 Ebenda, S. 67. 99 Ebenda, S. 83. 100 Ebenda, S. 82; vgl. ERB, Dimenziói. 101 IMRE, State, S. 452 f.; IMRE/GARAMI; IMRE, A kisebbségi oktatás.

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sechs als Schwaben, zwei als Mischlinge, zwei als in Ungarn lebende Deutsche, einer als Ungar deutscher Abstammung einer und vier antworteten mit „ich weiß nicht“. Obwohl sich nur sechs Befragte als Schwaben bezeichneten, wurden 19 der Befragten von ihrer ungarischen Umgebung als solche eingestuft. Bei der Volkszählung 2001 haben 36 der Befragten sich als ungarisch eingetragen, 18 als deutsch und 3 als „un- garisch und deutsch“, die restlichen neun bekannten sich zu keiner ethnischen Grup- pe. Als Fazit hebt Gerner hervor, dass die Kenntnis der deutschen Sprache in ihrer Standardvarietät in der Rangfolge der Identitätsmerkmale, die als charakteristisch für Ungarndeutsche eingestuft wurden, nur den sechsten Platz erhielt (nach deutschem Familiennamen, Sitte und Brauchtum, Bekenntnis zur Gruppe in der Öffentlichkeit, Dialekt und Abstammung, und ausdrücklich die Möglichkeit hervorgehoben wurde, „sich auch ohne Deutschkenntnis zur deutschen Volksgruppe in Ungarn bekennen zu können“.102 Die von der Soziolinguistin Szilvia Deminger 1996 vorgenommenen empirischen Untersuchungen (befragt wurden 100 Gewährspersonen, nicht nur Angehörige der Sprachminderheit, sondern auch der allochthonen Umgebungsgesellschaft) vermitteln ein noch differenzierteres Bild der Sprachsituation und des Zusammenhangs von Sprache und Identität: Mehr als die Hälfte der Ungarndeutschen bekannten sich zur „doppelten Identität“, also Ungar und Deutscher zu sein, doch 42 Prozent entschieden sich in der Befragungssituation entweder für eine ausschließlich ungarische oder aus- schließlich ungarndeutsche Identität. Die doppelte Identität ist in den ungarndeut- schen Siedlungen im nördlichen Ungarn stärker vertreten (80 Prozent) als im süd- lichen (53 Prozent) und noch geringer in Westungarn (41 Prozent). Ein häufig ange- nommener Zusammenhang zwischen Sprachkompetenz (Dialekt und/oder Hoch- deutsch) und Identitätsausprägung konnte nicht nachgewiesen werden, d.h. Informan- ten mit geringen oder gar keinen Dialekt- oder Hochdeutschkenntnissen zählen sich nicht mehrheitlich zur ungarischen Mehrheitsbevölkerung. Während bei den Älteren die Variablen „sich als Ungarndeutscher fühlen“ und „Dialektkompetenz“ noch eine Rolle spielen, ist bei der mittleren und jüngeren Generation nach Deminger „eine Identitätsverschiebung festzustellen: Die sprachbezogenen Identitätsmarker verlieren bei der jüngeren Generation ihre Bedeutung. Deren Vertreter suchen andere Kriterien, mit deren Hilfe sie ihre Identität begründen können.“103 Das bestätigt wiederum den oben vorgestellten Befund von Zsuzsa Gerner. Unter dem Aspekt des Sprachverlusts ist hervorzuheben: „Es gibt zwar einen Ausbau der Kompetenz der deutschen Stan- dardvarietät, aber keinen Ausbau des Gebrauchs der deutschen Standardvarietät“, so dass „die deutsche Sprache, also der Dialekt oder Hochdeutsch, bei der jüngeren Ge- neration nicht als Grundlage einer ungarndeutschen Identität betrachtet (wird)“.104 Die damit verbundene Vorstellung, als Sprachinselminderheit ohne eine existierende Sprachinselvarietät fortbestehen zu können, ist in sich widersprüchlich und überaus

102 GERNER, S. 127 u. 129. 103 DEMINGER, S. 136. 104 Ebenda, S. 177; vgl. den Beitrag von ERB, Situation; ZAYZON, A nemzetiségi anyanyelv; Deutsch als Muttersprache in Ungarn; WILD, Situation.

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problematisch. Ungarndeutsche wie der Journalist Peter Leipold, der Schriftsteller Ludwig Fischer oder Cornelius Mayer bezweifeln die Tragfähigkeit und Bindungs- kraft einer solchen Identität. Leipold schreibt: „Ich meine, wenn einer noch so viel von seinem Deutschtum hält, aber kein Wort Deutsch spricht, dann kann ich mit ihm nicht so viel anfangen. Dann kann ich höchstens sagen, wir haben gemeinsame Erfah- rungen, gemeinsame Erlebnisse in gewissen Bereichen, aber das Wesentliche, was uns verbindet, nämlich die Sprache, fehlt.“105 Fischer vertritt die Meinung, ohne Sprachkompetenz sei die ungarndeutsche Identität „nur ein großangelegter Schwa- benball mit Pauken und Trompeten“106 und Cornelius Mayer nennt die Identität ohne Sprache „eine Wurst-, Bier- und Blasmusik-Identität“107. Johann Till macht in diesem Zusammenhang auf die drohende Gefahr einer Musealisierung ungarndeutscher Kul- tur aufmerksam: „Mögen auch selbsternannte Minderheitenspezialisten die tröstende Legende vom Fortbestehen eines Volkes verkünden. Die ganze Volkstümlichkeit (Tanz, Gesang, Tracht) bleibe nur eine für die Feiertage hervorgeholte Vorzeigekultur vergangener Tage, wenn das wichtigste Merkmal eines Volkes, nämlich seine Spra- che, verloren ginge.“108 Letztendlich geht es hier darum, wie im Kontext von Minderheit-Mehrheits- beziehungen mit Sprache und Kommunikation umgegangen wird, wobei entspre- chende Prioritätssetzungen nicht zuletzt von historischen Gegebenheiten vorgeformt sind. Die starke Abweichung der zahlreichen und von Dorf zu Dorf oft stark unter- schiedlichen Mundarten (die – sofern noch lebendig – die Sprachkultur der Ansied- lungszeit vor rund 300 Jahre bewahrt haben) von der Standard-Hochsprache bzw. Li- teratursprache sowie der Mangel an einer ungarndeutschen Umgangssprache, die sich infolge der starken Dialektsegmentation (in diesem Zusammenhang könnte man von einer dialektalen, an das Dorf und die Dorfgemeinschaft gebundenen Identität der Ungarndeutschen zumindest bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts sprechen) bis heute nicht herausbilden konnte, hat nun einmal abgesehen von äußeren Faktoren (Assimi- lationspolitik der Mehrheit, gesellschaftlicher Strukturwandel) den Sprachverlust und Sprachwechsel wesentlich gefördert und beschleunigt. Für das Identitätsbewusstsein des Ungarndeutschen spielen offensichtlich Sprachgebrauch und Muttersprache eine zunehmend geringere Rolle. Denn der „Schwabe“ legt offenbar und nicht erst seit heute den größeren Wert darauf, möglichst perfekt die Sprache der Nation zu spre- chen, der er sich politisch zugehörig fühlt und die seinem Heimat- und Lokalbewusst- sein den übergreifenden Orientierungsrahmen verleiht, nämlich die ungarische. Ein großer Teil, wenn wir die urbanisierten Gruppen einbeziehen wahrscheinlich sogar die Mehrheit der Ungarndeutschen von heute, will sich nicht mehr nehmen lassen (schon gar nicht durch Intervention seitens irgendwelcher Behörden), was sie auf-

105 Sonntagsblatt, 1997, Nr. 32 [o.D.], S. 12. 106 Deutscher Kalender 1996, S. 277 f. 107 CORNELIUS MAYER: Die Intellektuellen der deutschen Minderheit in Ungarn, in: Sonntags- blatt, 1998, Nr. 1 [o.D.], S. 3. 108 JOHANN TILL: Bemühungen um die verlorene Sprache, in: Sonntagsblatt, 1998, Nr. 4 [o.D.], S. 4 f.

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grund vor allem der traumatischen Erfahrungen aus der unmittelbaren Nachkriegszeit geworden sind und offenbar auch bleiben möchten: nämlich primär und ein für alle- mal Ungarn, sprachlich assimilierte Ungarn deutscher Abstammung, weitgehend in- tegriert in das System der ungarischen Gesamtgesellschaft. Ungefähr ein Viertel aller Ungarndeutschen partizipiert zudem via Mischehe unmittelbar an dem gesellschaft- lichen Leben der Gastgesellschaft in seinem Primärbereich. Zehn Prozent aller lau- fenden Eheschließungen (mit steigender Tendenz) sind ebenfalls ethnische Mische- hen.109 Es geht hier um ein neues ungarndeutsches Identitätsbewusstsein (oder, wie es Deminger ausdrückt, um eine Identitätsverschiebung), das in einigen seiner Züge auch an die Hungarus-Konzeption vor 1848 erinnert.110 Einen Ausweg aus diesem Dilemma von Spracherhalt und Sprachverlust bietet hier nur eine vom Hemmschuh jeder Ideologie befreite und pragmatisch gehandhabte Zweisprachigkeit, für die in Ungarn sowohl medial – Massenmedien, Zeitungen und Zeitschriften betreffend – als auch schulisch bis heute entschieden zu wenig getan wird.111 Unabhängig von dem mit dem Systemwechsel 1989 untrennbar verbundenen Neubeginn ethnischer Standortbestimmung und ethnischer Lebensmöglichkeiten gab es schon in den letzten beiden Jahrzehnten positive Anzeichen dafür, dass die Un- garndeutschen als Einzelne wie auch als Gruppe durchaus ihre Interessen zu wahren und – wenn auch bis 1989 in sehr eingeschränktem Rahmen – durchzusetzen verstan- den. Ihre ökonomiezentrierte Mentalität ist und bleibt eine hinreichende Garantie da- für, dass sie die angebotenen und durch die Industriegesellschaft noch vermehrten Mobilitätschancen vermittels Bildung und sprachlicher Assimilation ausreichend zu nützen verstehen. Das beweist u.a. auch die Zunahme des ungarndeutschen Anteils an der Schicht der Geistesschaffenden und Intelligenz, der sich innerhalb der letzten 40 Jahre mehr als verdoppelt hat, ohne dass diese Gruppe im Unterschied zum Vor- kriegstrend an der Assimilationsbewegung überproportional beteiligt wäre. Letzteres trifft übrigens in stärkerem Ausmaß auf die im Industriebereich Beschäftigten zu. Die Entwicklungschancen des Ungarndeutschtums als ethnische Gruppe sind vor allem mit dem sozialen Aufstieg dieser Schicht der technokratischen und geistigen In- telligenz verbunden, einem Aufstieg, der durch die Zunahme des tertiären Beschäfti- gungssektors langfristig garantiert erscheint.112 Sichtbares Zeichen einer derartigen, von der Intelligenz getragenen Entwicklung ist die Gründung deutscher Vereine auch in Orten, in denen seit der Jahrhundertwende keine solchen mehr tätig waren. Ein Blick auf das im Verlauf der 1960er und 1970er Jahre in Westeuropa bemerk- bare ethnic revival zeigt Folgendes113: Diese Bewegungen der ethnischen Renaissance

109 A baranyai nemzetiségekről, S. 23 f. 110 Siehe dazu Kapitel VI.8 und CSÁKY, Hungarus-Konzeption. 111 NELDE, Mehrsprachigkeit; RADÓ, The Public Use; FORRAY/HEGEDŰS, Sprachenunterricht; NELDE, Beobachtungen; über den sprachlichen Aspekt hinausgehend DOBOS, Kisebbségek. 112 Über die damit verbundenen Migrationsbewegungen informiert TÓTH/VÉKÁS. 113 ALLARDT; BLASCHKE; SMITH; REITERER; WALDMANN; Ethnizität im Wandel; HECKMANN, Minderheiten.

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basieren soziologisch gesehen auf Bildungseliten, die an Zahl (in Korrelation zu den erhöhten Bildungschancen) stark zugenommen haben, sich aber trotz Ausweitung des tertiären Sektors in ihren Partizipationsansprüchen benachteiligt fühlen und daher zu einem Potenzial der Unruhe und der gesamtgesellschaftlichen Kritik werden, einer Kritik, die sich situationsbedingt auch in ethnischen und regionalistischen Kategorien artikulieren kann. Wie Karl Deutsch einmal zutreffend charakterisiert hat, verläuft der Prozess der Mobilisierung im Zuge des sozialen Wandels in einem schnelleren Tem- po als der Prozess der Assimilation. Das bedeutet, ein beträchtlicher Teil der mittler- weile mobilisierten Personen besinnt sich wieder seiner ethnischen Herkunft bzw. seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe. Diese Rückbesinnung (die auch als Gegenbewegung zu dem mobilitätsbedingten Identitätsverlust zu verstehen ist) ver- leiht der Gruppe potenziell neues Selbstbewusstsein und dynamisch sich steigernde Vitalität, wobei der Bildungselite unzweifelhaft eine Schlüsselrolle zukommt. Denn sie allein vermag dieses Selbstbewusstsein hinreichend deutlich zu artikulieren und als dessen Träger zu verbreiten, um es schließlich so effektiv wie glaubwürdig mit den Forderungen des Tages zu verbinden, so dass die Gruppe erneut als Brennpunkt ethnisch definierter Solidarität eine Orientierungsfunktion für ihre Angehörigen zu übernehmen vermag.

* Zum Abschluss des Buches sollen hier noch folgende Aspekte hervorgehoben wer- den: Die wenigen Selbstzeugnisse deutscher Siedler des 18. und 19. Jahrhunderts, die bislang veröffentlicht worden sind, wie z.B. „Der deutsche Kolonist“ von Johann Ei- mann (1822)114, die Schwabenpetition von Bogarosch von 1849115 oder auch das Hausbuch des Banater Bauern Siebold116, betonen alle die Tugend der Anpassung an und der Eingliederung in vorgegebene Strukturen als Grundlage für ihren mit berech- tigtem Stolz hervorgehobenen wirtschaftlichen Erfolg. Für die Kolonistengeneratio- nen war die gelungene Integration der Schlüssel zum Erfolg und die mühsam erarbei- tete Ausgangsbasis für ihre Pionierleistung zunächst in der Landwirtschaft. Ähnliches gilt für die nachfolgenden Generationen, die im Zuge ihrer Verbürgerlichung als Leh- rer, Seelsorger, Arzt, Architekt, Techniker und Wissenschaftler, schließlich auch als bildende Künstler und Musiker die Kultur des Landes förderten und bereicherten. Die ungarischen Zeitgenossen wiederum haben, angefangen bei Matthias Bél, dem Poly- histor in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts117, bis zu Graf István Tisza im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts118, die Leistung ihrer deutschen Mitbürger ausdrück- lich anerkannt und der Politiker Tisza 1917 insbesondere den Patriotismus der „un-

114 EIMANN. 115 PETRI, Bogarosch. 116 Deutsches Bauernleben im Banat. 117 BÉL, Notitia Hungaricae, S. 339 f. 118 In der Rede von TISZA im ungarischen Parlament vom 25. Juni 1917, Képviselőházi Napló 1910-1915. XXXVI. köt., S. 121.

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garländischen“ Deutschen, ihre Loyalität zum ungarischen Staat hervorgehoben. 1945, nur eine Generation später, wurde diese Loyalität vehement in Frage gestellt und die deutsche Minderheit geradezu dämonisiert, was auf eine pauschale Leugnung ihres historisch gesehen bleibenden Beitrags zur Modernisierung Ungarns in den Be- reichen Wirtschaft und Kultur hinauslief. Das wirft die bislang kaum diskutierte Frage auf, inwieweit der Modernisierungsprozess ausschlaggebend dafür war, dass deren Träger, wie Juden und Deutsche, aus dem Land vertrieben wurden, und zwar von den Gruppen der ungarischen Gesellschaft, die Modernisierung aus ihrer verinnerlichten Haltung des Antiliberalismus, Antikapitalismus und Antimodernismus heraus ablehn- ten. Im Verlauf und am Ende des Zweiten Weltkriegs waren es im östlichen Europa in erster Linie Bevölkerungsgruppen in Minderheitsposition, die schärfsten Verfolgun- gen und Maßnahmen der Zwangsmigration ausgesetzt waren, darunter auch die Un- garndeutschen. Diese wiederum besannen sich dessen ungeachtet auf ihr Kolonisten- erbe, um überall dort völlig neu anzufangen, wohin man sie vertrieben hatte oder wo sie noch verbleiben durften. Die Spirale von Anpassung und Integration, pionierhafter Aufbauleistung und hart errungenem wirtschaftlichem Erfolg begann von Neuem zu wirken und bildet das Schlüsselthema der historischen Epoche nach 1945. Im vorlie- gendem Buch konnte darauf nur fragmentarisch eingegangen werden, weil zwar für Deutschland als neuer Heimat der dorthin Vertriebenen diesbezüglich bereits For- schungsarbeiten und -ergebnisse vorliegen, jedoch nicht für Ungarn, wo die Untersu- chung von Themen wie den Auswirkungen der Vertreibung auf Wirtschaft und Ge- sellschaft des Landes oder der ungarndeutschen Lebenswelt und ihrer Rahmenbedin- gungen nach 1948 gerade erst begonnen hat. Die Zielsetzung dieser „Geschichte der Ungarndeutschen“ war es, den dazu vorliegenden Wissensstand zusammenzufassen und – wie unbefriedigend das auch sein mag – auf Forschungslücken wie diese hin- zuweisen.

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VII Quellen zur Geschichte der Deutschen in Ungarn, Band 2

1. Programm der Ungarländischen Deutschen Volkspartei ...... 418 2. Deutschungarischer Katechismus ...... 420 3. Az 1919. évi VI. néptörvény a magyarországi német nép önrendelkezési jogának gyakorlásáról ...... 440 4. A m. kir. minisztérium 1923. évi 4800. M. E. számú rendelete a trianoni békeszerződésben a kisebbségek védelmére vállalt kötelezettségek vég- rehajtásáról ...... 443 5. A m. kir. vallás- és közoktatásügyi miniszternek a m. kir. miniszterel- nökkel egyetértőleg kiadott 62.800/925. VIII.-a. sz. Rendelete az A), B) és C) típusú kisebbségi tanítási nyelvű elemi iskolák tantervének életbe- léptetésének tárgyában ...... 450 6. Brief von Jakob Bleyer an Gustav Gratz, Tscheb, 6. August 1932 ...... 451 7. Bleyer Jakab felszólalása a képviselőházban a kormány kisebbségi poli- tikája ellen ...... 452 7a. Rede von Jakob Bleyer im Abgeordnetenhaus gegen die Minderheiten- politik der Regierung ...... 460 8. A magyar-német kisebbségi megállapodást tartalmazó jegyzőkönyv (az úgynevezett bécsi népcsoportegyezmény) ...... 469 8a. Deutsch-ungarisches Protokoll vom 30. August 1940 betreffend die Stellung der deutschen Volksgruppe in Ungarn ...... 471 9. Abkommen über die Aufstellung von Verbänden der Waffen-SS in Un- garn 1942. Verbalnote ...... 473 10. Abkommen über die Aufstellung von Verbänden der Waffen-SS in Un- garn 1943. Verbalnote ...... 476 11. Abkommen über die Aufstellung von Verbänden der Waffen-SS in Un- garn 1944 ...... 479 12. Az Ideiglenes Nemzeti Kormány 600/1945. M. E. számú rendelete a nagybirtokrendszer megszüntetéséről és a földmíves nép földhözjut- tatásáról ...... 481 13. Bibó István: Emlékirat a magyarországi németség kitelepítésével kapc- solatos helyzetről ...... 483 14. A nemzeti kormány 12330/1945. ME sz. rendelete a magyarországi német lakosságnak Németországba való áttelepítésről ...... 487

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15. Újra megindul a sváb kitelepités ...... 489 16. Nagy Ferenc miniszterelnök nyilatkozata a külföldi sajtónak ...... 490 17. A Magyar Köztársaság kormányának 4300/1947. ME sz. rendelete a csehszlovák-magyar lakosságcsere-egyezmény alapján Magyarországra áttelepített szlovákiai magyarok elhelyezése érdekében a 12330/1945. ME sz. rendelet értelmében Németországba való áttelepítésre kötelezett magyarországi német lakosság összeköltözéséről ...... 490 18. Erlebnisbericht eines Studenten aus Budakeszi über die Vertreibung der Volksdeutschen aus Budakeszi im Frühjahr 1946 ...... 492 19. Erlebnisbericht des Bauern Gabriel Lang über die Vertreibung der Deutschen aus Ragendorf (Rajka) ...... 493 20. A Magyar Népköztársaság Minisztertanácsának 84/1950. MT sz. rende- lete a magyarországi német lakosság áttelepítésével kapcsolatban ki- bocsátott korlátozó rendelkezések alkalmazásának megszüntetéséről ...... 495 21. A Magyar Szocialista Munkáspárt Központi Bizottsága Politikai Bi- zottságának határozata a magyarországi nemzetiségek helyzetéről ...... 496 22. Az 1985: I. törvény az oktatásról (Részlet) ...... 502 23. A Magyar Szocialista Munkáspárt Központi Bizottságának állásfoglalá- sa a nemzetiségi politika továbbfejlesztéséről és a nemzetiségi törvény irányelveiről ...... 503

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1. Programm der Ungarländischen Deutschen Volkspartei

A Wir deutschsprachigen Bürger Ungarns wollen, unbeschadet unserer bewährten Staatstreue, unser Volksthum aufrecht erhalten und fordern darum als wesentlichen Bestandtheil unserer staatsbürgerlichen Rechte die strikte Durchführung der zum Schutze aller Nationalitäten wohl schon bestehenden, aber nicht eingehaltenen Geset- ze und die Schaffung neuer Gesetze zu diesem Zweck und fordern dies ebenso ent- schieden, als wir die uns als Bürgern unseres Vaterlandes obliegenden Pflichten bis jetzt immer treu erfüllt haben und auch in Zukunft treu erfüllen wollen und werden.

B Wir fordern gewissenhafte, strenge Einhaltung des Nationalitätengesetzes als das Mindestmaß dessen, was wir zur freien Entfaltung unserer Kultur, zur ungehinderten Bethätigung unseres Volksthums und zum freien Gebrauche unserer deutschen Mut- tersprache im öffentlichen Leben unbedingt brauchen und mit allen gesetzlichen Mit- teln zu vertheidigen fest entschlossen sind.

C Insbesondere fordern wir als freie gleichberechtigte Staatsbürger die gesetzlich be- gründete Achtung und freie Benützung unserer deutschen Muttersprache im Gemein- de- und Munizipalleben, die deutsche Protokollsprache, wo wir dazu berechtigt sind, und den freien Gebrauch der Muttersprache im Verkehr mit den Staatsbehörden in- nerhalb der vom Gesetz gezogenen Schranken.

D Wir verwahren uns gegen jede immer wieder versuchte Einschränkung des Gebrau- ches unserer Muttersprache in Kirche und Schule und gegen jede Verletzung des auf dem Gebiete derselben uns zustehenden Selbstbestimmungsrechtes, insbesondere in Betreff der für die Erhaltung unserer Kultur unentbehrlichen Volksschulen mit deutscher Unterrichtssprache. So lange der Staat seiner noch heute bestehenden ge- setzlichen Verpflichtung, Schulen mit der Unterrichtssprache aller Bewohner Un- garns zu errichten, die zu fordern wir nicht müde werden, nicht nachkommt, bekämp- fen wir jede Verstaatlichung von konfessionellen oder Gemeindeschulen.

E Wir wollen mit allen Mitbürgern anderer Zunge in Frieden und Freundschaft leben und ihre Rechte, sowie die Ansprüche der Staatssprache, soweit sie gesetzlich berech- tigt sind, ebenso achten, wie wir die Achtung unserer Rechte fordern und mit allen gesetzlichen Mitteln zu behaupten entschlossen sind.

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F Wir fordern die gesetzliche Regelung des Vereins- und Versammlungsrechtes und ei- ne unparteiische, wohlwollende Stellungnahme der Behörden gegenüber den politi- schen und Kulturbestrebungen ebenso der deutschen und aller übrigen nichtmagyari- scher Bewohner unserer Heimat, wie der Magyaren, sowie gesetzliche Garantien für die unparteiische Durchführung der in solchem Sinne zu erbringenden Gesetze.

G Wir fordern eine freisinnige Anwendung des Preßgesetzes auch auf die Zeitungen der Nichtmagyaren, die Aufhebung der Kautionen, die Reform des schwurgerichtlichen Verfahrens und das Aufhören der bisherigen, von Seiten der Staatsanwaltschaften er- fahrenen ungerechtfertigten Verfolgungen.

H Wir fordern das allgemeine, geheime, direkte, gleiche Stimmrecht und die gemeinde- weise Abstimmung für die Reichstagswahlen in gerecht und zweckmäßig eingetheil- ten, völkisch möglichst einheitlichen Wahlkreisen, das Fernhalten jeder behördlichen Einmischung und Beschränkung des Wahlrechtes, strengstes Verbot und strengste Bestrafung jeder materiellen Beeinflussung der Wahlen durch Fuhrlohn, Bewirtung und Versprechung der Zuwendung von Vorteilen und Leitung der Wahlen durch un- parteiische Funktionäre.

I Wir fordern eine Reform des verrotteten Komitatswahlsystemes und die Beseitigung des mit dem Begriffe der munizipalen Autonomie getriebenen Missbrauches, Ab- schaffung des Kanditationsrechtes der Vizegespane und Oberstuhlrichter und des Stimmrechtes der Munizipalbeamten, Beseitigung des Komitatsnepotismus, Aufhören der staatlichen Bevormundung, die Ausscheidung der Städte aus der Komitatsvor- mundschaft, die Schaffung einer auf Gleichberechtigung aufgebauten wirklichen Selbstverwaltung in Munizipium und Gemeinde und den unbedingten Anschluß der Grundherrschaften an die Gemeinden.

K Wir fordern auch eine Vereinfachung der staatlichen Verwaltung, Verminderung der Zahl der Beamten und eine ihre Unabhängigkeit sichernde Dienstpragmatik.

L Wir fordern eine gründliche Steuerreform, unparteiische Auswerfung der Steuern, Einführung der progressiven Steuer im Anschlusse an eine neue, gerechte Kataster- aufnahme, eine Reform des Genossenschaftsgesetzes und die Unterstützung einer

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freien Entwicklung des von den Fesseln der staatlichen Zentralisierung zu befreienden Genossenschaftswesens, sowie die Schaffung eines klaren Gebührengesetzes.

M Wir fordern die Schaffung eines Heimstättengesetzes zum Schutze und zur Erhaltung des Bauernstandes und sämmtlicher produzierender Volksklassen, die Abänderung der für die Landwirtschaft schädlichen Bestimmungen des Jagdgesetzes, die Ablö- sung der zum Verkauf geeigneten Staatsgüter durch die angrenzenden Gemeinden und Ablösung der Fundationalgüter durch die Kontraktualisten.

Allen sonstigen berechtigten Forderungen unserer Stammesgenossen und unserer un- garländischen Volksgenossen ohne Unterschied der Sprache, soweit solche Forderun- gen zum Ausbau eines wahrhaften Rechtsstaates auf Grundlage vollkommener bür- gerlicher und nationaler Gleichberechtigung notwendig sind, wollen wir als Angehö- rige der politisch einheitlichen, wenn auch aus verschiedenen Völkern bestehenden ungarischen Nation in unentwegter Treue für König und Vaterland im muthigen Kampfe für Recht und Freiheit zum baldigen Siege zu verhelfen trachten, damit das Wort des größten Ungarns wahr werde: Ungarn war nicht, sondern wird sein, sein ein vollwerthiges Mitglied der europäi- schen Staatenfamilie, der Sitz freier und glücklicher Völker.

Budapest, im März 1907. Der Centralwahlausschuss der Ungarländischen Deutschen Volkspartei. Dr. Ludwig Kremling, Obmann, Johann Röser jun., Obmann-Stellvertreter.

Quelle: Programm der Ungarländischen Deutschen Volkspartei, Cservenka 1907, Buchdruckerei Adam Welker, S. 1-8.

2. Deutschungarischer Katechismus

Was ist ein Deutschungar? Jeder Deutsche, der in Ungarn geboren wurde, ist ein Deutschungar.

Was ist Ungarn? Ein Königreich, das mit Siebenbürgen, dem Banate, der Batschka, Hienzenland, Zips, der Slowakei, Kroatien, Slavonien unter die Krone der Habsburger gehört und einen Teil der österreichisch-ungarischen Monarchie bildet.

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War Ungarn immer Ungarn? Nein, Ungarn oder Teile von Ungarn waren einst Pannonien, Avarien, später gehörten sie zur Ostmark und so war Ungarn jahrhundertelang deutsch. Zur Zeit Karls des Großen erstreckte sich das Deutsche Reich bis über das heutige Slavonien hinaus.

Warum haben es die Deutschen verloren? Durch ihre Dummheit und Uneinigkeit.

Haben die Magyaren das Land erobert? Nein, sie haben das Land nicht erobert, sondern sind nach und nach eingewandert und haben sich festgesetzt, während der größte Teil der Deutschen auswanderte und die Welt erobert hat. Die Zurückgebliebenen waren zu wenig, um sich zu verteidigen, und auch unter sich uneinig, so dass sie von andern Völker verdrängt wurden. Was man bei uns von der Eroberung Ungarns durch die Magyaren in der Schule lernt, ist Erfindung und Lug und Trug.

Woher sind die Magyaren nach Ungarn gekommen? Genau wissen sie das selbst nicht, nur soviel steht fest, dass sie als nomadisches Rei- tervolk aus Asien, nach der Völkerwanderung, hinausgedrängt wurden. Sie haben dann Raubzüge bis nach Deutschland unternommen, wo sie zuletzt bei Merseburg vom deutschen Kaiser Heinrich, und dann vom Kaiser Otto I. bei Augsburg aufs Haupt geschlagen wurden.

Haben die Magyaren eine Kultur aus Asien mitgebracht? Nein, alles was sie heute an Kultur besitzen, haben sie den Deutschen zu danken.

Hat die magyarische Sprache immer die erste Stelle eingenommen? Nein, selbst die selbständigen Könige Ungarns haben die deutsche Sprache bevorzugt und deutsche Ansiedler nach Ungarn gerufen, um Kultur und Sitte zu verbreiten. Spä- ter war die lateinische Sprache die Staatssprache in Ungarn und diese wurde auf den ungarischen Landtagen bis zum Jahre 1830 als Verhandlungssprache benutzt.

Wie sind die Städte in Ungarn entstanden? Die Deutschen haben sie gegründet. Es ist keine Stadt im Lande, die nicht Deutschen ihre Gründung verdanken würde, und durch Jahrhunderte wurde in diesen Städten nach deutschen Gesetzen und deutscher Überlieferung Recht gesprochen.

Was wohnen für Nationen in Ungarn? Außer den Deutschen: Magyaren, Serben, Kroaten, Slovenen, Italiener, Rumänen, Ruthenen, Slovaken, Bulgaren, Armenier, Zigeuner und Juden.

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Und haben diese Nationen die gleichen Rechte? Ja, im Gesetz, aber das Gesetz wird nicht eingehalten und überall die magyarische Sprache und die magyarische Rasse bevorzugt.

Warum haben alle Nationen gleiche Rechte? Weil sie die gleichen Rechte von dem Herrscher bekommen haben, nur achten die Magyaren diese Rechte nicht.

Ist ungarisch und magyarisch dasselbe? Nein. Denn Ungarn bedeutet ein Land, die Magyaren aber sind eine Rasse, ein Volk, das in diesem Ungarlande mit anderen Nationen wohnt; geradeso verhält es sich in der Schweiz, wo auch drei verschiedene Nationen im Lande wohnen, nämlich Deut- sche, Franzosen, Italiener, oder in Österreich, wo ebenso viele Nationen wie in Un- garn wohnen, oder in Belgien, wo Franzosen und Vlamen (Niederdeutsche) wohnen, oder in Nordamerika, das von vielen Nationen bewohnt wird.

Wieviel Deutsche, Rumänen, Serben, Kroaten, Slovaken, Ruthenen, Magyaren und Juden wohnen in Ungarn? 3 Millionen Deutsche, 6 Millionen Magyaren, 6 Millionen Slaven, und zwar Kroaten, Serben, Slovaken, Ruthenen, Slovenen, Bul- garen, 3 Millionen Rumänen, 800 000 Juden.

Was gibt es für Staaten? Einsprachige und mehrsprachige. Einsprachige nennt man auch nationale Staaten, weil sie von einem Volke, einer Nation bewohnt werden und höchstens ganz ge- ringe Bruchteile anderer Völker in dem nationalen Staate wohnen. Solche nationale Staaten sind zum Beispiel: Frankreich, Deutschland, England usw. Mehrsprachige Staaten sind solche, in welchen mehrere Nationen zusammenwohnen und darum mehrere Sprachen zu Recht bestehen. Solche gemischtsprachige Staaten sind zum Beispiel: Österreich, Ungarn, die Schweiz, Belgien, Nordamerika, die Türkei usw.

Was folgt daraus, wenn ein Staat einsprachig oder mehrsprachig ist? Dass der einsprachige natürlich in einer Sprache, der mehrsprachige Staat aber in mehreren Sprachen regiert wird, oder wenigstens regiert werden sollte. Denn in Ungarn wird nur magyarisch regiert trotz Deutscher, Slaven und Rumänen, was ein himmelschreiendes Unrecht ist und zu dem Elend geführt hat, das im ganzen Lande herrscht. Denn es heißt ja alles auf den Kopf stellen, wenn ein Drittel Magyaren über zwei Drittel Anderssprachige mit Feuer und Schwert herrschen soll.

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Woher kommt der Name Ungarn? Von der lateinischen Benennung Hungaria. Hungarus, ein Ungar, ist also jeder Be- wohner des Landes, ganz gleich ob deutsch, slavisch, rumänisch oder magyarisch sei- ne Muttersprache ist.

Ist das Land Ungarn in der magyarischen Sprache richtig benannt als „Magya- rország“? Nein, denn Ungarn gehört uns allen, darum wäre es in der magyarischen Sprache richtig: „Ungarország“ zu benennen. Wenn die Magyaren sagen Magyarország, so soll das bedeuten, dass da nur Magyaren wohnen, das ist aber nicht richtig, denn nur ein Drittel der Bevölkerung sind Magyaren.

Warum sagen viele Deutsche, dass sie „Ungarn“ werden wollen? Weil sie dumm sind, vernagelt und blöde. Ungarns seids ja, und das heißt Deutsch- ungarn, in Ungarn wohnende Deutsche, die eines Blutes sind mit den 90 Millionen Deutschen, die auf der ganzen Welt wohnen. Ihr müsst stolz darauf sein, dass ihr Deutsche seid, und nicht Magyaren werden wollen. Der Magyare kann nur durch Ge- walt etwas erreichen, indem er wie ein Blutegel vom Deutschen, Slaven, Rumänen sein Geld und Blut saugt und mit seiner Politik alle ins Elend stürzt.

Warum werden die Rechte der Deutschen und der anderen Nationen in Ungarn nicht geachtet? Erstens: Weil die Deutschen nicht die Achtung ihrer Rechte verlangen. Zweitens: Weil bis jetzt die Regierungspartei eine geradesolche Bande war, wie die 48er Partei. Drittens: Weil die Deutschen nicht darauf geschaut haben, nur gutdeutsche Abgeord- nete in den Reichstag zu schicken. Viertens: Weil die Regierung allem Nichtmagyarischen Feind ist.

Was wollen die Magyaren? Alle anderen Völker, die in Ungarn leben, ihrer Muttersprache berauben, dass alle nur magyarisch sprechen können; man nennt das magyarisieren.

Was bedeutet eigentlich die Magyarisierung? Verdummung, das heißt der Magyarisierte kann weder deutsch noch magyarisch und ist dann nur ein Halbmensch.

Was soll der Deutsche sagen, wenn ihm der Magyare sagt, er ist nur ein Einwanderer oder Eindringling, der kein Recht auf seine Sprache hat? Er soll sagen: Der Deutsche ist kein Einwanderer oder Eindringling, sondern ein Er- oberer, der das Land unter der schwarzgelben Fahne mit dem kaiserlichen Adler

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drauf, mit dem Schwert in der Hand, von den Türken erobert hat, also auf seine Spra- che ein Recht hat.

Wie sind die jetzigen Deutschen nach Ungarn gekommen? Sie haben es vor 200 Jahren von den Türken zurückerobert. Karl von Lothringen, ein deutscher Feldherr, hat Ofen erstürmt und den türkischen Pascha zurückgetrieben in die Türkei. Außerdem hat der kaiserlich deutsche Feldmarschall Prinz Eugen von Sa- voyen, dessen Monument vor des Kaisers Burg in Ofen steht, die Türken bei Zenta, Belgrad, Nisch und Bosna Seraj besiegt und von ihnen die Batschka und das Banat erobert. So hat auch der kaiserlich deutsche Feldherr Ludwig von Baden bei Szlan- kamen gesiegt und Slavonien erobert.

Wie hat Ungarn nach der türkischen Herrschaft ausgesehen? Wie eine Wüstenei, voll mit Sumpf und großem Wald. Die Deutschen haben es kulti- viert, den Wald gerodet, die Sümpfe ausgetrocknet. Und wie die große Arbeit getan war, sind die magyarischen Herren gekommen und haben mit ihrem weltbekannten großen Maul erklärt, das ist unser Land, das ist „Magyarország“. Ja, bei der Arbeit hat man sie nirgends gesehen, denn die bekannte ungarische Krankheit: „Müd, matt und faul“ haben’s gehabt, während wir Deutsche gearbeitet haben. Nur nach der Arbeit den von andern sauer erworbenen Verdienst einstecken, das war immer so ein Kunststück magyarischer Herren. – Aber wir wollen uns das in Zukunft nicht gefallen lassen.

Was ist noch zu bemerken bei der Frage: Wem gehört das Land? Dass die Magyaren es immer mit den Türken gegen uns Deutsche und unseren Kaiser gehalten haben; Tököly, Rákóczy, Zápolya usw. usw. haben es immer mit den Fein- den des Vaterlandes gehalten, ja sich mit ihnen verbunden und gegen den Kaiser ge- kämpft.

Was sollen wir dem sagen, der uns Deutschen sagt, wir müssen Magyaren werden, weil wir hier magyarisches Brot essen? Der Deutsche soll antworten: 1. Ich esse das Brot, das ich mir verdiene mit saurer Arbeit, denn schenken tut mir niemand etwas. 2. Ich esse ungarisches und deutschungarisches Brot, doch nicht magyarisches. 3. Wir Deutsche haben das Land erobert. 4. Eigentlich isst der Magyare deutsches Brot, da wir das Land erobert und kul- tiviert haben, da wir Deutsche in Ungarn viel mehr Getreide bauen, also wir verzehren, und wenn es nach dem Recht der Eroberung ginge, gehörte das Land uns.

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Kann man als Deutscher ein guter Patriot sein? Ja, sogar ein besserer; wenn der Magyare große Reden hält, politisiert, sauft und fau- lenzt, der Deutsche aber arbeitet, so ist gewiß der Deutsche ein besserer Patriot, weil er dem Vaterland Nutzen bringt.

Wenn man uns sagt, wir sind Schwaben und keine Deutschen, was sollen wir sagen? Wir sollen sagen: so etwas Dummes hat man noch nie gehört, denn Schwaben ist so- viel wie Deutscher. Eine schwäbische Schriftsprache gibt’s nicht. Wie wir Schwaben sprechen, das ist nur eine deutsche Mundart, unsere Schriftsprache ist das Hochdeut- sche.

Was sollen wir sagen, wenn man uns verhöhnt als Schwaben? Wir sollen sagen, wir sind stolz darauf, dass wir Schwaben sind, das heißt Deutsche; so gehören wir zur ersten Nation der Welt, die die größte Bildung hat und nicht zu so einer Schnackerlnation, wie die Magyaren sind.

Warum nennt man uns Schwaben? Weil die Mehrzahl der Deutschen Ungarns aus Württemberg, Baden und Bayern ein- gewandert sind. Und dort sind Kreise, was man bei uns Komitate nennt, die Schwa- ben heißen. Das ist gerade so, als ob man dem Magyaren aus dem Pestpilischer oder Batschkaer Komitat sagen würde, du bist kein Magyare sondern ein Pestpilischer oder Batschkaer. Die Schwaben waren hochgeachtet im Mittelalter, sogar die deutschen Kaiser waren sehr oft Schwaben. Auch unser Herrschergeschlecht, die Habsburger, also auch der Kaiser-König Franz Josef ist ein Schwabe.

Wann wird der Schwabe gescheit? Man sagt wohl, auch um uns zu verspotten: „Der Schwabe wird erst mit 40 Jahren ge- scheit.“ Das mag daher kommen, dass bei uns immer das Wort und der Rat der Älte- ren und Erfahrenen mehr gegolten hat, als die Meinung der unerfahrenen Buben. Im nächsten Jahre 1907 sind die 40 Jahre herum, seit die Magyaren das Land regieren. Jetzt wollen wir Schwaben ihnen beweisen, dass wir in den 40 Jahren genug gelernt haben, dass wir gescheit geworden sind. Wir wollen uns nicht mehr zum Narren hal- ten lassen und durch tönende Worte von Freiheit und Rechten. Wir wollen Freiheit und Recht haben.

Was sollen wir tun, wenn der Magyare den Deutschen beschimpft? Wir hören immer buta sváb, disznó sváb, kutya sváb und was es für solche schöne Benennungen gibt von den Magyaren. Nun, auf solche Namen ist das beste, dem Herrn, der schimpft, eine gute schwäbische Watschen zu geben, dass ihm Hören und Sehen vergeht. Da wird so ein Viechskerl schon Respekt kriegen.

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Warum achtet der Magyare den Deutschen am wenigsten? Weil der Deutsche in Ungarn sich bisher selbst nicht geachtet hat, weil er selbst seine Muttersprache gering schätzt und magyarisch sprechen wollte, wenn er auch nur ein paar magyarische Brocken kannte. Und wie können wir Deutschungarn von den Ma- gyaren für unsere deutsche Muttersprache und unser deutsches Blut Achtung fordern, wenn wir selbst unsere eigene Sprache, unser eigenes Blut missachten. Wir müssen stolz darauf sein, ja es muß unser größter Stolz sein, dass wir Deutsche sind, wir dür- fen nie dulden, dass man unsere Sprache und unsere Nation beleidigt. Und der uns be- leidigt, den müssen wir mit Worten oder auch handgreiflich auf’s Maul hauen, dass ihm für immer das Beleidigen unserer Sprache und unseres Volkes vergeht.

Warum ist die deutsche Sprache, wenn sie auch nicht unsere Muttersprache wäre, wertvoll? Weil sie eine Weltsprache ist.

Was ist eine Weltsprache? Eine Sprache, mit der man durch die ganze Welt kommt. Überall, in jeder Stadt, in der großen Welt, wird man Deutsche finden oder wenigstens solche, die deutsch kön- nen. Man sieht es am besten an den Juden, die sich als die größten Magyaren geben und alles mit Feuer und Schwert magyarisieren möchten, selbst aber fleißig deutsch lernen.

Wieviel Leute sprechen auf der Welt deutsch? Weit über 100 Millionen, magyarisch sprechen aber höchstens 9 Millionen, davon sind 6 Millionen Magyaren. Ist es da nicht eine Dummheit, eine Sprache hinzugeben, die 11mal soviel Menschen sprechen. Das ist gerade so, wie wenn ich ein schönes Kleid für 100 Gulden habe und das eintauschen will für ein Kleid das 9 Gulden kos- tet. Der das tät im Leben, der ist doch ein Narr. Und doch wie viel solche Narren gibt es!

Warum ist nicht deutsch die Staatssprache in Ungarn? Weil wir Deutsche uns nicht zur rechten Zeit gerührt haben. Kaiser Josef II., der ein gescheiter, großer und guter Herrscher und Mensch war, der Sohn Maria Theresias, wollte das Deutsche bereits zur Staatssprache in Ungarn machen, da er es einsah, dass das Land nur so groß, mächtig und reich werden könnte.

Was müssen wir für unsere deutsche Sprache in Ungarn erstreben? Sie muß mit der ungarischen Sprache gleichberechtigt werden. Ohne eine Welt- und Verkehrssprache kann ein so vielsprachiges Land wie Ungarn nicht gedeihen und vorwärts kommen. Wir wollen die Magyaren nicht deutsch machen. Gott bewahre! Sie sollen sprechen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, aber sie sollen auch von uns nichts anderes verlangen und sie sollen den anderen Nationen in Ungarn die Wahl frei geben, wie sie in ihren Komitaten die Amtssprache haben wollen.

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Was heißt das Wort deutsch? In alter Zeit hat man die Deutschen Goten oder gotisches Volk, das heißt Gottes Volk oder gutes Volk genannt, weil sie das beste, ehrlichste, sittlichste und anständigste Volk, auch Gottes liebstes Volk waren. Darum haltet Deutsche eure teure Mutterspra- che hoch.

Warum ist es das erste, dass die hochgestellten Magyaren, die Herrenklasse, ihre Kinder deutsch lernen lassen? Eben weil die deutsche Sprache eine Weltsprache ist. Nicht wahr, man sieht bei den Herrschaften überall deutsche Dienstleute und deutsche Lehrerinnen! Möchten die Herrschaften ihre Kinder deutsch lehren lassen, wenn es nicht nötig wäre? Mit der deutschen und der magyarischen Sprache ist es so wie mit einem edlen, gesunden jungen Roß und einem lahmen Krampen. Das Roß führt einen in einem Tag über alle Berge, man kann damit hin, wohin man will, das Krampenpferd geht aber wie eine Schnecke und kommt kaum vom Ort. So ist’s mit den Sprachen. Die deutsche Spra- che bringt uns schnell in aller Welt herum, mit dem magyarischen Krampen kommen wir nicht vorwärts.

Warum verfolgt man unsere Muttersprache? Weil die hungrigen magyarischen Fischkale daraus ein Geschäft machen.

Was sollen wir antworten, wenn der Magyare sagt, wir sind Staatsverräter und keine Patrioten, wenn wir unsere Muttersprache hochhalten wollen, und darum müsste un- sere Sprache ausgerottet werden? Der Magyare tut wie der Wolf in dem Gleichnis vom Wolf und Lamm. Beide tranken an einem Bach, der Wolf oben, das Lamm unten und doch fiel der Wolf das Lamm an und sagte, es mache ihm das Wasser trüb. Das Lamm verteidigte sich umsonst, dass es das Wasser gar nicht trüb machen könne, da es ja doch am unteren Laufe des Ba- ches stehe. Der Wolf, dem es aber nur um eine Anklage zu tun war, sagte: Ja, und doch machst du mir das Wasser trüb, darum freß ich dich. So heuchlerisch wie der Wolf, ist der Magyare auch. Der Deutsche hat gewiß bisher im Land kein Wasser ge- trübt und war immer ein guter Patriot. Der Magyare hat ihn aber fressen wollen, das heißt ihm die Muttersprache nehmen wollen, darum das Geschrei überall: Die Deut- schen sind unsere Feinde, sie wollen uns unsere Sprache nehmen, darum müssen wir sie magyarisieren. Geradeso wie der Wolf es mit dem Lamm gemacht hat.

Was soll der Deutschungar für Zeitung lesen? Auf keinen Fall magyarische. Und von deutschen Zeitungen nur solche, die für das Recht der deutschen Muttersprache aus voller Kraft einstehn.

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Welches sind solche deutsche Zeitungen? Deutschungarischer Volksfreund in Temesvar, Deutsches Volksblatt für Syrmien, Semliner Volksblatt, Ungarisch-Weißkirchner Volksblatt, Wiener Deutsche Zeitung, Wiener Deutsches Tageblatt, Wiener Deutsches Volksblatt.

An welche Zeitungen soll sich der Deutschungar wenden, wenn er einen Rat will, oder überhaupt etwas wissen will? Deutschungarischer Volksgrund in Temesvar, innere Stadt, Petőfigasse 4, oder Deutsches Volksblatt für Syrmien in Ruma (Slavonien).

Was muß der Deutschungar kennen? Die Rechte, die ihm auch jetzt das Gesetz gibt auf seine Muttersprache.

Was ist das für ein Gesetz? Das Nationalitätengesetz, der 44. Gesetz-Artikel vom Jahre 1868; das ist aber ein Ge- setz, das nicht gehalten und mit Füßen getreten wird.

Was ist das Nationalitätengesetz und was für Rechte räumt es uns ein? Das Nationalitätengesetz ist ein Sprachengesetz, das heißt es setzt fest, wie weit ein jeder in Ungarn seine Muttersprache im öffentlichen Leben gebrauchen darf. Es gibt uns das Recht nach § 20, in der Gemeinde selbst die Sprache zu wählen, in der die Gemeindebeamten (Notäre) ihr Amt führen und in der die Protokolle über die Sitzun- gen des Gemeinderates abgefasst sein müssen. Wo die Mehrzahl der Gemeindevertre- ter deutsch sind, haben sie also ein gesetzliches Recht darauf, dass alles deutsch ge- führt werde. Aber auch wo sie nicht die Mehrzahl sind, haben sie nach diesem Para- graphen das Recht, wenn sie nur den fünften Teil der Gemeindevertreter bilden, dass dann, wenigstens neben der Amtssprache, das Protokoll auch deutsch geführt werde. Aber auch wenn sie nicht den fünften Teil bilden, hat jeder Gemeindevertreter das Recht, bei Sitzungen deutsch zu sprechen. Nach § 23 kann jeder Bürger in seiner ei- genen Gemeinde sein Anliegen in der Muttersprache vorbringen.

Was für Rechte hat die Muttersprache im Komitat? Nach § 2 des Nationalitätengesetzes müssen die Protokolle der Komitatsversammlun- gen neben der magyarischen Sprache auch in einer anderen, also z.B. in der deutschen Sprache geführt werden, wenn es ein Fünftel der Mitglieder verlangt; das geschieht auch in den Siebenbürger Komitaten, wo unsere deutschen Vettern, die Siebenbürger Sachsen, wohnen, die sich die Butter nicht vom Brot wegnehmen lassen. Nach § 3 des Gesetzes hat jeder, der Mitglied der Komitatsversammlung ist, das Recht, dort in sei- ner Muttersprache zu sprechen. Serben, Rumänen und Slovaken tun es auch, aber wir Schwaben haben bis jetzt nur solche Herren hingeschickt, die kein Herz für ihr Volk und keinen Mut für ihr Blut haben.

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Was haben die Deutschungarn für Rechte? Sie können vor allem verlangen, dass sie deutsche Schulen in Ungarn haben, denn der Staat, dem wir unsere Steuern pünktlich bezahlen, zu dessen Verteidigung wir unser Blut verspritzen, hat kein Recht, unseren Kindern die ihnen für das Leben und den Kampf ums Dasein notwendigen Kenntnisse vorzuenthalten.

Haben die anderen Völker auch diese Rechte? Ja – nur die Magyaren besitzen jetzt ein größeres Recht dadurch, dass die Amtsspra- che in den Ministerien und im Landtage magyarisch ist. Sonst aber gebührt ihnen kein Recht, sie haben ohnedies zuviel und trotzdem nehmen sie sich noch mehr heraus.

Ist der Staat der Menschen wegen oder sind die Menschen des Staates wegen auf der Welt? Menschen hat es schon gegeben, bevor es Staaten gab. Die Menschen haben sich zu- sammengetan und sich verbunden, um Ordnung und Sicherheit zu schaffen, sie haben sich Grundsätze über das ihnen Nützliche und das allen Schädliche gegeben. So sind die Gesetze entstanden. Der Staat aber, eine Vereinigung von Menschen, muß solche Gesetze besitzen, wie sie den Bedürfnissen seiner Bewohner entsprechen. Wenn eine Minderheit allein die Gesetze gibt und den anderen aufzwingt, so ist das eine Gewalt- herrschaft, die die Gesetzesform missbraucht.

Was sind die zehn Gebote eines Deutschungarn? 1. Sprich, wo du kannst, nur deutsch. 2. Heirate nur ein deutsches Mädchen. 3. Mit deinen Kindern sprich nur deutsch; lehre sie nur deutsch beten und trach- te, sie in deutsche Schulen zu schicken oder wenigstens, wenn es keine sol- che Schulen im Ort gibt, in Schulen, wo man auch deutsch lehrt. 4. Halte deine Religion hoch und ehre die Religion anderer, geh aber nur in deutsche Messen und deutsche Predigten. 5. Sei anständig und ehrlich, dass jeder, auch der Anderssprachige, dich als Deutschen achtet. 6. Achte die Sprache anderer Leute, die deine aber mehr wie alle anderen. 7. Im Gemeindehaus sollst du deutsch sprechen, darum musst du nur so einen Notär dulden, der auch deutsch kann. 8. Mit deinen Knechten, Dienstleuten, sprich nur deutsch, denn der mein Brot isst, soll in meiner Sprache mit mir reden. 9. Halt dir eine anständige deutsche Zeitung. 10. Laß dich bei Abgeordnetenwahlen nicht bestechen und gib nur dem deine Stimme, der offen sagt, dass er für die Rechte der Deutschen kämpfen will.

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Was ist das Heiligste auf der Welt? Die Muttersprache, das Mutterblut. Sie sind heiliger selbst wie die Religion, denn ei- ne Religion, die Formen des Glaubens, kann man wechseln, die Sprache und das Blut aber nicht.

Kann ein Deutscher überhaupt ein Magyare werden? Nein, ebenso wenig wie man sich eine andere Mutter oder einen anderen Vater oder gar ein anderes Gesicht verschaffen kann, als man hat, kann man aus der deutschen Haut herausfahren und statt des deutschen Blutes magyarisches Blut in die Adern las- sen.

Ist ein Deutscher, Serbe, Slovake oder Rumäne, weil er in Ungarn geboren ist, ein Magyare? Das behaupten ja unsere sogenannten Patrioten. Einem solchen aber soll man sagen: Ist ein Füllen, das in einem Kuhstall geworfen wird, kein Pferd? Oder kann man auf eine Eiche Paprika pfropfen?

Ist es eine Sünde, die Muttersprache zu vernachlässigen? Mehr wie eine Todsünde, denn die Muttersprache ist so wie das Mutterblut von unse- rem Herrgott gegeben, und der sie missachtet, missachtet Gott. Er schädigt die Kinder für’s ganze Leben. Denn nur dann können sie anständige, gescheite, nützliche Men- schen werden, wenn sie sich in der Muttersprache ausbilden können.

Warum soll ein deutscher Mann nur ein deutsches Mädchen heiraten? Erstens: Weil die deutschen Mädchen die schönsten sind. Zweitens: Weil sie die besten Frauen und Mütter und Hausfrauen sind. Die deutschen Frauen sind dafür berühmt in der ganzen Welt. Drittens: Weil unser deutsches Blut edel und gesund ist, und wir es durch Mischung nur schädigen können. Viertens: Weil unsere Kinder sicher von der deutschen Mutter die deutsche Sprache schätzen und lieben lernen.

Was ist das für ein Mensch, der seine Muttersprache, sein Mutterblut verleugnet? Der seine Muttersprache und sein Mutterblut verleugnet, das ist ein ehrloser und gott- verlassener Mensch.

Warum haben wir Deutschungarn uns bisher so wenig Geltung verschaffen können? Der Fisch fängt beim Kopf zu stinken an, wie das Wahrwort lautet. Wir haben uns keine Geltung verschaffen können, weil unsere Intelligenz, die deutschen Herrenleute ehrlos und niederträchtig sind und ihr Volk verraten. Sehn wir, wie viele unserer jun- gen Schwaben, wenn sie studieren gehen und dann nach Hause kommen, als Deutsche

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verdorben sind, und nichts mehr wissen wollen von deutscher Sprache und Sitte und sogar mit der Mutter magyarisch sprechen wollen. Das aber sollten unsere Führer werden im Kampf um unsere Sprache. Und diese Elenden verraten uns und gehen zum magyarischen Feind über. Solche Verräter, die zu Magyaren werden, nennt man Renegaten.

Was ist ein Renegat? Der ehrloseste, niedrigste Mensch der Welt. Ein Mensch, der als Deutscher geboren ist, aber Magyare sein will und seine Muttersprache und sein Mutterblut verrät und verkauft, der sein eigenes Blut anspeit, missachtet und verfolgt, ein Bluthund, den man auf seine eigene Volksgenossen hetzt, ein Krakehler, der alles im Land erschla- gen möchte, was nicht magyarisch ist, am meisten aber seine eigenen Volksgenossen verfolgt.

Was sollen wir tun, wenn wir einem solchen Renegaten begegnen? Ausspucken.

Was soll man machen, wenn in der Schule nicht mehr Deutsch gelehrt wird? Da soll der Deutsche fordern, dass es wieder gelehrt wird. Und er hat das Recht dazu, denn das Gesetz gibt ihm ein Recht darauf. Und wäre selbst kein solches Gesetz, so müsste man es schaffen, dass jedem in seiner Muttersprache Recht wird.

Und wenn man es vorderhand nicht erreicht, dass in der Schule Deutsch gelehrt wird, was soll man machen? Jeder Vater soll seine Kinder selbst deutsch lehren, dass sie wenigstens lesen können, so dass sie im Leben leichter fortkommen. Der Vater soll eine deutsche Fibel und deutsches Lesebuch kaufen und jeden Abend seinen Kindern die deutschen Buchsta- ben lehren und sie dann aus dem Lesebuch deutsch lesen lassen.

Soll ein Deutscher seine Kinder nie in magyarische Schulen schicken und warum nicht? Der Deutsche soll seine Kinder, wenn es nur möglich ist, nicht in magyarische Schu- len schicken, weil sie dort verdummt werden. Denn ein Kind, das man nicht in seiner Muttersprache ausbildet, wird verdummt und aus ihm wird nur ein halber Mensch, der nicht einmal richtig denken kann und darum im Leben zugrunde gehen muß oder es zu gar nichts bringt. Die magyarische Schule ist eine Schlachtbank für unsere Kinder, wo man den Geist verdummt, ihre Seele zugrunde richtet, weil sie den Religionsun- terricht nicht verstehn und dann unsittliche schlechte Menschen werden. Man schlägt sie fürs Leben tot.

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Aus welchem Grund noch soll ein Deutscher seine Kinder nicht in magyarische Schu- len schicken? Weil ihr guter deutscher Charakter, ihre guten ehrlichen deutschen Sitten in magyari- schen Schulen verdorben werden, man erzieht sie dort zu Betyáren, zu Szivháks, die saufen, Karten spielen, großmäulig politisieren, aber nie arbeiten wollen. Sie bekom- men die weitverbreitete magyarische Krankheit, sie werden – „müd, matt und faul“.

Was soll der Deutschungar, der seinen Sohn studieren lassen will, tun, um ihm deut- sche Gesinnung zu erhalten? Er soll ihn einige Jahre auf ein siebenbürgisch-sächsisches Gymnasium schicken und wenigstens 1-2 Jahre auf einer deutschen Universität in Österreich oder Deutschland studieren lassen.

Wie fängt man das an, und an wen wendet man sich, wenn man da nicht die richtigen Wege weiß? An eine der in diesem Büchlein genannten Zeitungen und bittet um Rat.

Was soll der Deutschungar machen, wenn der Notär am Gemeindehaus nur magya- risch spricht? Sich auf das Gesetz, 44. Gesetz-Artikel vom Jahre 1868, § 20 berufen, laut dem jede Gemeinde das Recht hat, ihre Gemeindesprache selbst zu bestimmen.

Was soll der Deutschungar tun, wenn der Geistliche in der Kirche magyarisch predi- gen will? Fordern, dass nur deutsch gepredigt und gesungen wird.

Und wenn der Geistliche doch magyarisch predigt und magyarisch singen lässt? Beim ersten magyarischen Wort aus der Kirche gehen. Halten die Deutschen aber zu- sammen und bestehen sie auf ihrem Recht, dann werden sie ihr Recht auch bewahren.

Was ist eine hohe Pflicht eines Deutschungarn? Wo er einen Deutschen unterstützen kann, soll er es tun. Nie soll er einem von einer andern Nation etwas zu verdienen geben, wenn er es einen Deutschen verdienen las- sen kann.

Was soll der Deutschungar noch tun? Deutsche Lesevereine und deutsche Gesangvereine und deutsche Geld- und Verzeh- rungsgenossenschaften gründen. Bei Geld- und Geschäftsgenossenschaften aber sich mit einer mäßigen Verzinsung begnügen und gleich bei der Gründung bestimmen, dass der weitere Überschuß für deutsche gemeinnützige und Bildungszwecke ver- wendet wird.

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Was für Vereine soll der Deutschungar gründen? 1. Lesevereine, wo er nur gute deutsche, die deutsche Sprache verteidigende Zeitungen pränummeriert. 2. Gesangvereine, wo deutsche Burschen und Mädeln deutsche Lieder singen lernen. Denn die deutschen Lieder sind die schönsten auf der Welt, viel schöner wie die magyarischen. 3. Deutsche Selbstbildungsvereine. 4. Schützen-, Feuerwehr- und Turnvereine aber nur mit deutscher Kommando- sprache.

Was trägt die Schuld an dem ganzen Elend im Lande? An diesem großen Elend trägt nur die Magyarisierung schuld, denn bei uns fragt man nicht bei einem Notär, Stuhlrichter oder sonstigen Beamten, ob er ein anständiger fleißiger Mensch ist und seine Sachen auch gut versteht. Nein! Das fragt man nicht. Man schaut nur darauf, ob er ein sogenannter guter Patriot ist, das heißt ein Magyare, der magyarisieren, das heißt jedem Deutschen, Rumänen, Serben und Slovaken die Zunge ausreißen und sie am liebsten aus unserem gemeinsamen Vaterland hinaustrei- ben möchte.

Was ist noch der Grund des Elends in unserem Vaterlande? Weil die Herren in unserem Landtag mit leerem Gerede die Zeit verbringen und wo- chenlang manchmal von rotweiß-grünen Bandeln reden statt von wirtschaftlichen Sa- chen, die dem Volke Arbeit und Brot geben.

Warum spricht man im Landtag also nicht über wirtschaftliche Sachen? Weil die Abgeordneten von wirtschaftlichen Sachen nichts verstehn, weil’s Hunger- leider, Fischkale und abbankrottierte adelige Grundbesitzer sind – nur darum.

Was ist das Parlament oder der Reichstag? Der Ort, wo die von dem Volk gewählten Abgeordneten zusammenkommen, um über die Angelegenheiten des Landes zu beraten. In jeder Sache gibt dann die Mehrheit oder wie man sagt die Majorität der Abgeordneten den Ausschlag.

Was soll man tun, um solche Abgeordnete zu wählen, die sich mit dem Volk und sei- ner Not beschäftigen? Seine Stimme bei den Wahlen nur anständigen Menschen geben, die versprechen, sich mit wirtschaftlichen Sachen zu beschäftigen, die versprechen, dass sie für das allgemeine geheime Wahlrecht sind, und dass jedem in seiner Muttersprache in allem sein Recht wird.

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Was muß man sich über die Wahlbestechung merken? Bei den Wahlen soll niemand Geld nehmen, denn der sich verkauft, ist ein Elender, das ist kein Deutscher; denn ein wahrer Deutscher ist zu stolz seine Meinung zu ver- kaufen. Was nützen aber auch die 5 oder 10 oder gar 20 Gulden, die man gibt, weil wir nicht Volksabgeordnete wählen, sondern Betyáren und Sviháks? Derselbe, der sich verkauft, zahlt an Steuern jedes Jahr das vielfache mehr zurück an die Regierung, als für was er seine Stimme bei der Wahl verkauft hat.

Zu welcher Partei soll der Abgeordnete gehören, dem ihr eure Stimme gebt? Zur Ungarländischen deutschen Volkspartei.

Wie sollen wir Deutsche uns zu den Wahlen vorbereiten? Wir sollen schon lange vor der Wahl in jedem deutschen Dorf Wahlkomitees oder Wahlvereinigungen bilden, die unabhängig vom Notär und Stuhlrichter beratschlagen, wen sie als Abgeordneten wollen und dann demselben die Kandidatur anbieten. Dabei sollen die Deutschen darauf schaun, dass das ein echter deutscher Mann ist, ein Mann von deutschem Schrot und Korn.

Sollen wir auf jeden Fall das allgemeine geheime Wahlrecht verlangen? Auf jeden Fall – denn der seine Steuer zahlt, seine Militärzeit abdient, sein Brot hier redlich verdient und allen Pflichten eines guten Bürgers nachkommt, der muß auch al- le Rechte haben. Und auch Wahlbestechungen sind dann unmöglich; jeder kann frei nach seiner Meinung wählen.

Was soll ein Abgeordneter der deutschen Volkspartei in Ungarn fordern? 1. Einführung der vaterländischen Sprachen in Amt, Schule und bei Gericht, im Sinne des Nationalitätengesetzes. 2. Errichtung von Mittelschulen mit deutscher Unterrichtssprache im Verhältnis zur Kopfzahl und Steuerleistung der Bürger deutscher Muttersprache. 3. Errichtung eines nationalen Kulturrates, dessen Mitglieder von der betreffen- den Nationalität zu wählen sind, für jede vaterländische Nationalität in Un- garn. 4. Vollkommene Preßfreiheit, Aufhebung des Kautionszwanges für politische Zeitungen. Gesetzliche Bestimmung, dass Preßdelikte nur vor Geschwore- nengerichte der eigenen Nationalität gebracht werden dürfen, damit keine na- tionale Verhetzung die Urteile beeinflusse. 5. Ein auf freiheitlichen Grundlagen ruhendes Vereinsgesetz, das der Willkür behördlicher Organe keinen Spielraum lässt. 6. Versammlungsrecht und Redefreiheit. 7. Parzellierung der Staatsgüter. Verlegung der Fideikommißgüter in die Wald- und Gebirgsgegenden des Landes und ein Enteignungsgesetz, das dies er-

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möglicht. Innere Kolonisation wobei keine Nation bevorzugt wird und das Streben dahin geht, im Interesse einer geordneten Verwaltung möglichst ein- sprachige Bezirke zu schaffen. 8. Allgemeines, gleiches und direktes Wahlrecht mit geheimer und gemeinde- weiser Abstimmung, das auf folgenden Grundlagen beruhen muß: Außer den städtischen Wahlkreisen entfällt auf je 50 000 Einwohner Ungarns ein Ab- geordneter. Die Einteilung der Wahlkreise erfolgt auf die Art, dass nur Wäh- ler einer Nationalität zu einem Wahlkreis zusammengeschlossen werden. 9. Eine Steuerreform, die in ihrem Einkommensteuergesetz ein steuerfreies Existenzminimum festlegt und dem Charakter Ungarns, als Ackerbaustaat, dadurch Rechnung trägt, dass der Bodenbesitz gegenüber dem mobilen Kapi- tal entsprechende Berücksichtigung findet. 10. Eine neue Katasteraufnahme, bei der die Felder der Großgrundbesitzer, unter Zuhilfenahme von Geschworenen, die von der Bevölkerung der benachbarten Gemeinden zu wählen sind, ihrem wahren Werte entsprechend zu klassifizie- ren sind. 11. Ein Heimstättengesetz, das ein Bauernhaus und eine viertel Session der Exe- kution entzieht. Durch ein solches Gesetz wird dem Wucher der Boden ent- zogen und der Verelendung der bäuerlichen Bevölkerung vorgebeugt. 12. Verbot des Terminhandels in Feldfrüchten. Der Spekulation in Papierweizen an der Börse, die den Landmann um die Früchte seines Schweißes bringt, muß ein Ende bereitet werden. 13. Strenge Freiheitsstrafen gegen das Hazardspiel. 14. Strenge Freiheitsstrafen gegen Duellanten. 15. Die Erhöhung der Beamtengehälter für Staats- und Verwaltungsbeamte der unteren Rangstufe. Zugleich aber gesetzliche Schaffung einer Dienstordnung, die die Annahme von Geld für Amtsobliegenheiten mit Entlassung und strengen Gefängnisstrafen belegt. Beamte, die leichtsinnig Schulden machen, sollen geradeso wie die Offiziere ihre Charge, ihr Amt niederlegen müssen. Bis über die Ohren verschuldete Beamte betrachten ihr Amt als Gelegenheit Geld zu verdienen, von ihnen kann man keine geordnete Verwaltung, keine gerechte Justiz erwarten. Sie schädigen das Ansehen des Amtes und des Staa- tes und saugen an dem Marke des Volkes. 16. Arbeiterschutzgesetze. Invaliditäts- und Altersversicherung der Arbeiter. Er- richtung von staatlichen Arbeitsvermittlungsstellen. Verbot der Kinderarbeit in Fabriken. Unentgeltliche Beförderung Arbeitsloser auf den Eisenbahnen nach Orten, wo Arbeitermangel herrscht. 17. Wirkliche Selbstverwaltung in Komitat und Gemeinde. Wählbarkeit der Ko- mitate und Gemeindebeamten, aber keine Kandidationswahl des Vizege- spans oder Oberstuhlrichters, da sonst die Wahl, wie uns die Erfahrung lehrt, eine bloße Komödie ist, so dass einige wenige Familien die Ämter ganzer Komitate als Erbe betrachten und besitzen.

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18. Entziehung des passiven Wahlrechtes, in Gemeinde und Komitat, bei den Personen, die keine Gemeinde- oder Komitatsabgaben leisten. Entziehung des Stimmrechtes der Komitatsbeamten in den Komitatsversammlungen, der städtischen Beamten in den Gemeinderatssitzungen. 19. Verstaatlichung des gesamten Versicherungswesens und obligatorische Ein- führung desselben. Die dem Staate hieraus erwachsenden beträchtlichen Ein- nahmen sind nur für die aus der sozialen Gesetzgebung erwachsenden Aus- gaben zu benutzen. 20. Ewige Zollgemeinschaft mit Österreich, die für die Landwirtschaft Ungarns ein Lebensbedürfnis ist. 21. Aufrechterhaltung der deutschen Kommando- und Dienstsprache in der K. u. K. gemeinsamen Armee. Darauf haben wir Deutsche ein blutig erworbenes historisches Anrecht, denn deutsche Truppen haben das Land erobert. Wir wollen aber unsere deutschen Söhne nur dann auch für die Offiziersstellen in der Armee weiter liefern; wir wollen auch nicht zugeben, dass das Reich, un- sere glorreiche Dynastie Habsburg, auseinanderfällt. Das aber wäre die Fol- ge, wenn der nationale Hader auch in die Armee getragen würde. Wenn wir unser Blut für König und Vaterland opfern und im Donner der Schlacht dem Tod ins Auge sehen, dann soll deutscher Geist unsere Truppen führen, das fordern wir im Interesse von Thron und Vaterland.

Auf was sollen wir Deutschungarn insbesondere bei den Wahlen schaun? Dass wir nur Deutschungarn wählen. Anständige Männer, die unsere Muttersprache reden, die auch deutsches Mutterblut in den Adern haben und die darum ein Ver- ständnis für unsere Not haben und im Reichstag unsere Sprache und unsere Rechte verteidigen.

Was soll der Deutsche machen bei Wahlen in einem Wahlbezirk, wo Serben, Kroaten, Slovaken, Rumänen, Ruthenen wohnen? Der Deutsche soll sich mit Serben, Slovaken, Kroaten, Rumänen, Ruthenen verbinden gegen die Magyaren; weil man ja den andern Nationen auch ihre Sprache nehmen will, so sind das unsere natürlichen Verbündeten gegen die, die uns unterdrücken wol- len.

Was wird geschehen, wenn wir den Magyaren weiter die Alleinherrschaft überlassen? Jetzt herrscht schon großes Elend, aber wenn weiter magyarisiert wird, da kommt in 10 bis 20 Jahren eine Verelendung über Ungarn, als die Folge der magyarischen Wirt- schaft, gegen die das jetzige Elend noch gar nichts ist.

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Wie soll sich der Deutschungar benennen und benehmen, wenn er unter andere Na- tionen kommt? Er soll sich immer stolz einen Deutschen oder Deutschungarn nennen, denn in der ganzen Welt ist der Deutsche hochgeachtet, während man als Magyare sehr geringe Ehre aufhebt, ja die meisten Leute außerhalb Ungarn wissen nicht einmal, was die Magyaren für eine Rasse oder eine Nation sind. Die Nation ist ja so klein, dass man nie was Rechtes von ihr hört. Für die Menschheit, für Wissenschaft und Kunst, haben die Magyaren nichts geleistet, während die deutsche Rasse der Welt die größten Ge- lehrten, Dichter und Künstler gegeben hat. Es ist also eine große Ehre, zum deutschen Volk zu gehören, das über die ganze Welt verbreitet ist.

Warum zahlen wir so schrecklich viel Steuern im Land? Weil das Magyarisieren soviel Geld kostet und die sogenannten „Patrioten“, die ma- gyarisieren, das arme Vaterland wo sie nur können anzapfen, das heißt bestehlen. Denn warum sollte man denn ein Patenpatriot sein, wenn man nicht einmal stehlen, betrügen und das Volk bedrücken darf? Da setzt man überall Obergespäne, Vizege- späne, Oberstuhlrichter, Stuhlrichter, Notäre, Schullehrer und sonstige Beamte hin, die dumm und faul sind, und nie etwas arbeiten wollen. Und wollten sie auch arbei- ten, sie können es nicht, weil sie nichts verstehen. Sie können nur eins – magyarisie- ren. Mit Hilfe unseres eigenen Geldes, unserer Steuergulden, wollen sie uns unsere Zunge herausreißen, unsere Seele verderben, unsere Muttersprache rauben.

Für was ist der Deutsche doch den magyarischen Herren gut? Um recht viel Steuern zu zahlen, dazu sind wir grad gut. Denn der Deutsche zahlt in Ungarn die meisten Steuern, weil er am besten wirtschaftet und darum das meiste Vermögen hat. Der magyarische Herr bringt es in der Wirtschaft nie zu etwas, weil er dumm und faul ist. Und doch nennt er den Deutschen dumm, er sagt ja immer: buta sváb. Aber ich glaube der Dumme ist er. Mit unseren Steuern wirtschaftet er dann drauf los, was es nur das Zeug hält, dass das Land früher oder später bankerott wer- den muß. Mit unserem Gelde aber magyarisiert man uns und reißt unseren Kindern die deutsche Zunge aus.

Was ist die Pflicht eines Staates? Jeden seiner Staatsbürger mit gleichem Maße zu messen. Was tut man aber bei uns? Man misst mit zweierlei Maß. Zum Beispiel parzelliert der Staat Güter und gibt für billiges Geld Felder an Magyaren, nie an Deutsche oder anderssprachige Mitbürger. Selbst wenn die Staatsgüter in der Nähe deutscher Dörfer sind, gibt der Staat sie nicht dem deutschen Landmann, der ohnehin zu wenig Feld hat und einen viel besseren Preis geben würde. Nein! Er verschleudert die Felder um einen Spottpreis an Magya- ren, nur um zu magyarisieren, um inmitten der deutschen Dorfgemarkungen Magya- ren anzusiedeln, um dann die Deutschen hier magyarisieren zu können. Aus diesem Vorgehen ist ersichtlich, dass nicht wir Deutsche staatsfeindlich sind, sondern die Staatsregierung selbst ist uns Deutschen feindlich.

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Warum wandern so viele Leute aus dem Lande aus, ist vielleicht kein Platz mehr im Lande? O, Platz wäre schon genug! Wenn man arbeiten wollte und den Reichtum des Landes ausnützen wollte. Die Leute wandern aus, weil nichts fürs Volk geschieht, weil das Parlament nur ein Herren-, Fischkalen- und Adelsparlament ist und die Herren sich dort mit nichts anderem als mit der Magyarisierung der Landesbewohner beschäfti- gen, das heißt ihre ganzen Staatsideen erschöpfen sich in dem Gedankenkreise, wie man je schneller je mehr Deutsche, Rumänen, Slovaken und Serben die Zungen aus- reißen könnte.

Man predigt immer Haß gegen Österreich, ist das recht? Nein, denn wir müssen im Gegenteil zusammenhalten mit Österreich.

Ist das wahr, dass Österreich Ungarn haßt und es zugrunde richten will? Nein! Österreich haßt nicht Ungarn und ist nicht der Feind Ungarns. Es haßt nur die großmäuligen magyarischen Aristokraten und Advokaten, die ja auch unsere Tod- feinde sind. Warum möchten auch die Wiener und die anderen Deutschen Österreichs uns Deutschungarn feind sein? Wir sind ja ein Blut – ein Volk.

Ist es wahr, dass Österreich uns alles Geld wegnimmt? Nein, das Geld frisst die niederträchtige Magyarisierung und die magyarische Miss- wirtschaft auf. Dafür braucht man einen Sündenbock und Deckmantel und die schlau- en magyarischen Herren benutzen dazu Österreich und schieben das ganze Elend im Land dem schlimmen Österreich in die Schuhe, das Elend, das nur die magyarischen Herren verschuldet haben.

Wäre es gut, wenn Ungarn politisch sich ganz von Österreich trennen würde? Nein, denn erstens: Weder Österreich noch Ungarn kann selbständig, jeder für sich allein bestehen, alle zwei Staaten würden auseinandergerissen werden, denn jeder ist allein zu schwach, um zu bestehen. Wir Deutschungarn würden aber dann zugrunde gehen; zweitens: Müßten wir die Kosten für das Militär und die auswärtigen Angele- genheiten allein tragen. Darum müssten wir um 200 Millionen Kronen mehr Steuern zahlen, so würden wir sicher alle zu Bettlern gemacht. Ein Staat aber, dessen Bewoh- ner zugrunde gerichtet sind, muß zur Beute seiner Nachbarn werden.

Wie soll sich ein Deutschungar gegen die 48er Partei stellen? Jeder Deutschungar soll sich ins Herz hineinschreiben, dass die 48er Partei allem Deutschen todfeind ist und dass er seine Stimme jeder Partei eher geben darf wie den 48ern.

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Wäre ein selbständiges Zollgebiet gut? Nein, denn wohin sollten wir unsere Frucht, Obst, Wein, Pferde, Rinder, überhaupt unsere Rohprodukte verkaufen?

Was sollen wir tun, wenn in einem deutschen Dorf der Abgeordnetenkandidat magya- risch spricht? Ihn auffordern deutsch zu sprechen. Und tut er das nicht, so soll er überhaupt nicht reden, man muß ihn dann niederschreien, bis er deutsch spricht oder Fersengeld gibt, das heißt, schaut dass er aus dem Ort hinauskommt.

Was soll sich der Deutsche in Ungarn also merken? Der höchste Stolz eines Deutschen soll seine Nation sein, denn die tüchtigsten Men- schen auf der ganzen Welt sind die Deutschen, die besten Frauen für Haus und Wirt- schaft sind die deutschen Frauen, sie besitzen Herz und Gemüt, sie besitzen Sparsam- keit und wirtschaftlichen Sinn; die beste und sorgsamste Mutter ist immer die deutsche Mutter; darum soll ein deutscher Mann nur ein deutsches Mädchen heiraten und nie eine Magyarin oder eine andere. Wer ein guter Deutscher bleibt und seine Kinder zu guten Deutschen erzieht, ist der beste Patriot, denn er ist ein tüchtiger Staatsbürger und seine Kinder werden auch tüchtige Staatsbürger unseres ungarischen Vaterlandes sein.

Was soll der Deutschungar antworten, wenn man ihn einen Pangermanen, einen All- deutschen, einen Vaterlandsverräter nennt, weil er an seiner Muttersprache festhält, weil er sich darum kümmert, wie es seinen Blutsverwandten in der ganzen Welt geht? Er soll sagen, dass er seine deutsche Muttersprache und seine Kultur unter keinen Umständen hergeben will, dass er mit seinen Namensgenossen in Österreich, Deutschland und in der ganzen übrigen Welt ebenso eine Gemeinschaft zu halten und sich für sie zu interessieren berechtigt ist, wie die Magyaren sich für ihre Stammesge- nossen in der Bukowina, in Rumänien und in Nordamerika interessen und dass das eine ebenso wenig landesverräterisch ist wie das andere. Er soll sagen, dass die Liebe zum ungarischen Vaterland und die Treue für den angestammten Fürsten nicht von der Sprache abhängt, die man spricht, sondern von der Arbeit, die man leistet, von dem Fleiße, mit dem man den Wohlstand des Landes mehren hilft, von der Pünktlich- keit, mit der man seine Steuern zahlt und dem Rufe des Landesherrn zur Fahne folgt. Nicht der Panmagyarismus, nicht die unnatürliche Verschmelzung von Völkern, die der Herrgott jedes für sich geschaffen hat, nicht das große patriotische Maul machen den wahren Patrioten, den guten Staatsbürger, sondern die Erfüllung der patriotischen Pflichten. Darum soll sich der Deutschungar von patriotischen Redensarten nicht be- tören, imponieren oder schrecken lassen, sondern sich für ebenso gut halten, wie je- den anderen im Lande, und unbekümmert reden wie ihm der Schnabel gewachsen ist, auch dafür sorgen, dass seine Kinder sprechen und denken, wir ihre Eltern.

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Soll der Deutschungar seinen magyarischen Mitbürger hassen oder ihm feind sein? O nein, er soll gut unterscheiden zwischen dem magyarischen Chauvinisten, der keine Gleichberechtigung kennt und alles magyarisieren will, und den, Gott sei Dank, noch zahlreichen gerecht und billig denkenden Magyaren, die auch die Rechte ihrer an- derssprachigen Landesgenossen ehren. Nur den unduldsamen Maulpatrioten soll er mit Entschlossenheit entgegentreten, den übrigen ein treuer und entgegenkommender Heimatgenosse sein und auch ihre Sprache gern lernen und sprechen, wo es ohne Schädigung der deutschen Muttersprache und des deutschen Selbstbewusstseins mög- lich ist.

Was sollt ihr mit diesem Büchel machen? Es gut aufheben und wie ein Gebetbuch halten. Lest recht oft drinnen und lest auch eurer Frau, euren Kindern, den Nachbarn und Bekannten daraus vor, und beherzigt, was drinnen steht, macht es so im Leben wie’s drinn geschrieben ist. Wenn man es euch wegnehmen will, gebt es nicht hin. Der mehrere solche Bücher bekommt, soll sie in seiner Freundschaft verteilen. Der sie dir schickt oder gibt, ist dein deutscher Bruder, was darinnen steht, ist deutscher Atemzug, bestimmt, unser deutsches Volk in unserem ungarischen Vaterland zu verbinden und zu verbünden und ihm zur Wah- rung, Pflege und Benutzung seines teuersten Schatzes, seiner Sprache behilflich zu sein. Es ist die Wahrheit, die reine Wahrheit, die hier niedergeschrieben ist! Nun deutscher Bruder, nimm sie in dein Herz auf und handle danach!

Quelle: [OTTO HERMANN KRAUSE]: Deutschungarischer Katechismus, Wien [1907], 31 S. Um- schlagtitel: Müller und Hagemann. Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen. Wien V, Ziegler- gasse 412.

3. Az 1919. évi VI. néptörvény a magyarországi német nép önrendelkezési jogának gyakorlásáról

1. §. A Magyarországon lakó német ajkú magyar állampolgárok egységes nemzetet alkotnak, amely önrendelkezési jogát az e törvényben körülírt önkormányzat útján gyakorolja. 2. §. A németlakta vidékeken, amennyiben összefüggő területek, az ottlakó másajkú nem- zetekkel egyetértőleg, autonóm jogterületek (kormányzóságok) alakíttatnak.

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3. §. A német népet jelen törvény keretei közt úgy törvényhozási, mint kormányzati tekin- tetben teljes önkormányzati jog illeti meg ezeknek az autonóm jogterületeknek beli- gazgatása, igazságszolgáltatása, közoktatása, közművelődése, egyházügye körében. 4. §. Az autonóm ügyek saját, a Magyar Népköztársasággal közös ügyek pedig közös szer- vek által intéztetnek. Ily közös ügyek: a külügy, hadügy, pénzügy, állampolgárság, magánjogi és büntetőjogi törvényhozás, közgazdaság, népjólét és szociálpolitika, valamint a közle- kedési ügy. Az autonóm jogterületeken a német ajkú magyar állampolgárok részére biztosítta- tik, hogy velük szemben az érintkezési nyelv a közös ügyekben is a német lesz. 5. §. A német nemzet törvényhozó szervei: (1) Autonóm ügyekben a német nemzetgyűlés. (2) A Magyar Népköztársasággal közös ügyekben a magyarországi közös országgyűlés. Ezen országgyűlésen a német nemzetnek népessége számarányához ké- pest kell képviselve lennie. 6. §. A német nemzetgyűlés az 1918. évi I. néptörvénnyel egyezően általános, titkos, egyenlő és közvetlen szavazással választandó. 7. §. A német nemzet kormányzati szervei: A német minisztérium és a kormányzóságok. A német minisztérium székhelye Budapest. Élén a német nemzetgyűlésnek és a magyarországi közös országgyűlésnek egyaránt felelős német miniszter áll, aki közös ügyekben a magyarországi népkormány egyenjogú tagja. A kormányzóság székhelyét maga választja és járásokra oszlik. Élén megfelelő szakelőadókból alakított kormányzói tanács áll, melynek elnöke a kormányzó. A kormányzóság egyetemét a jelen törvény 6. §-a szerint választandó kormányzósági közgyűlés képviseli, amely önkormányzatát a törvény keretein belül, önállóan szabályozza. A kormányzóság felett a felügyeletet és ellenőrzést a német miniszter gyakorolja. Későbbi törvény fogja megállapítani, hogy egyebekben a német miniszter hatásköre mire terjed ki. A német miniszter helyettese az államtitkár. 8. §. A német kormányzóságok területén lakó nem német nyelvű népesség, úgyszintén az ezeken kívül lakó német kisebbségek részére a kulturális autonómia, továbbá a hely-

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hatósági önkormányzat, illetőleg az abban való arányos részvétel joga, végül a saját nemzetgyűlésen való képviseltetés joga biztosíttatik. 9. §. E törvényt a német miniszterrel egyetértve a magyarországi népkormány hajtja végre. A törvény végrehajtásával kapcsolatos pénzügyi fedezetről addig is, míg erre né- zve állami és autonóm költségvetési törvény nem rendelkezik, a pénzügyminiszter gondoskodik, aki a német miniszterrel egyetértve költségelőirányzatot állapít meg. 10. §. Az átmeneti intézkedéseket a német miniszterrel egyetértőleg a magyarországi népkormány teszi meg. Az első német nemzetgyűlés megalakulásáig átmenetileg az Országos Német Kormányzótanács alakíttatik, amely a Magyarországi Német Nemzeti Tanács és a Hazai Németek Néptanácsának 4-4, valamint a németlaktavidékek 2-2 kiküldöttjéből áll. Ez a kormánytanács ellenőrzi a német minisztert, s a német autonómia körébe vágó javaslatait a német miniszterrel közli. 11. §. E törvény kihirdetésének napján lép életbe. Kelt Budapesten, 1919. évi január hó 28-ik napján. A Magyar Népköztársaság kormánya: Berinkey Dénes dr. s. k. Baloghy Ernő dr. s. k. Böhm Vilmos s. k. Búza Barna dr. s. k. Garami Ernő s. k. Juhász-Nagy Sándor dr. s.k. Kunfi Zsigmond dr. s. k. Nagy Vince dr. s. k. Peidl Gyula s. k. Szabó István s. k. Szabó Oreszt dr. s. k. Szende Pál dr. s. k. Vass János dr. s. k.

A Magyar Népköztársaság Elnöke: Károlyi Mihály s. k.

Quelle: Az 1919. évi törvények gyűjteménye, Budapest 1919, S. 20-23. Übersetzung: Volksgesetz Nr. VI des Jahres 1919 über die Ausübung des Selbstbestim- mungsrechts des deutschen Volkes in Ungarn. Kommentar: Das Gesetz orientierte sich inhaltlich am Gesetz Nr. X des Jahres 1919 über die rusinische (ruthenische) Autonomie.

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4. A m. kir. minisztérium 1923. évi 4800. M. E. számú rendelete a trianoni békeszerződésben a kisebbségek védelmére vállalt kötelezettségek végre- hajtásáról

Minthogy a kisebbségek védelme és jogai tekintetében támasztható igények a nemze- tiségi egyenjogúság tárgyában alkotott 1868. XLIV. t-c. rendelkezései alapján az 1921:XXXIII. t-cikkel vállalt kötelezettség mértékén felül is biztosíthatók: e kötele- zettség teljesítése végett a m. kir. minisztérium – figyelemmel a változott viszonyokra s gyakorlati szempontokra – a nemzetiségi kisebbségek egyenjogúságáról szóló 4044/1919. M. E. számú rendelet rendelkezéseit részben módosítva, részben hatályon kívül helyezve az 1920:I. t.-c. 10. §-ában kapott felhatalmazás alapján is a törvény- hozás további intézkedéséig a következőket rendeli: 1. §. Minden magyar állampolgár faji, nyelvi vagy vallási különbség nélkül a törvény előtt egyenlő, és ugyanazokat a polgári és politikai jogokat élvezi. Valamely kisebbséghez való tartozásból nyilvános állások, hivatalok és méltóságok elnyerése, vagy a különböző foglalkozások és iparok gyakorlása tekintetében előny vagy hátrány senkire sem háramolhat. 2. §. Minden magyar állampolgár szabadon használhatja anyanyelvét a magánéletben és az üzleti forgalomban, vallása gyakorlásában, a sajtóban és a nyilvános gyűléseken, továbbá a következő szakaszokban foglalt részletes szabályozás szerint a községi, törvényhatósági s állami hatóságokkal és hivatalokkal való érintkezésben. 3. §. A törvényeket hiteles fordításban a kisebbségek nyelvén is ki kell adni. A községben kihirdetésre kerülő miniszteri rendeleteket, törvényhatósági községi szabályrendeleteket, továbbá a hatósági hirdetményeket az állam hivatalos nyelvén felül a község jegyzőkönyvi nyelvén is közzé kell tenni. 4. §. A törvényhatósági közgyűlések jegyzőkönyvét az állam hivatalos nyelvén felül azon a nyelven is el kell készíteni, amelyet a törvényhatósági közgyűlés tagjainak legalább egyötöd része jegyzőkönyvi nyelvül kíván. A különböző nyelvű szövegek közötti eltérés esetében az állam hivatalos nyelvén készült szöveget kell irányadónak tekin- teni. A törvényhatóságok közgyűlésén, valamint ennek bizottságaiban mindazok, akiket ott a szólás joga megillet, az állam hivatalos nyelvén felül anyanyelvüket is szabadon használhatják.

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5. §. A törvényhatóságok a minisztériumhoz és egyéb állami hatóságokhoz és hivatalokhoz intézett irataikban az állam hivatalos nyelvét használják; de használhatják e mellett hasábosan jegyzőkönyvi nyelvüket is. Amennyiben más törvényhatósághoz vagy valamely községhez fordulnak az állam hivatalos nyelve mellett hasábosan használ- hatják a címzett törvényhatóság vagy község jegyzőkönyvi nyelvét is. 6. §. A község ügyviteli nyelvét a község képviselőtestületi közgyűlése állapítja meg. A községi közgyűlések jegyzőkönyvét a község ügyviteli nyelvét – s amennyiben ez nem a magyar – e mellett az állam hivatalos nyelvén, továbbá azon a nyelven is el kell készíteni, amelyet a képviselőtestület tagjainak egyötödrésze jegyzőkönyvi nyelvül kíván. A különböző nyelvű szövegek közötti eltérés esetében a község ügy- viteli nyelvén készült szöveget kell irányadónak tekinteni. A községek közgyűlésén mindazok akiket ott a szólás joga megillet, az állam hivatalos nyelvén felül anyanyelvüket is szabadon használhatják. 7. §. A községek a minisztériumhoz, saját törvényhatóságukhoz, annak közegeihez s az il- lető községekre működési körrel bíró állami hatóságokhoz és hivatalokhoz intézett irataikban saját ügyvitelük nyelvét használhatják, s ha ez nem az állam hivatalos nyelve, e mellett hasábosan az állam nyelvét is kötelesek alkalmazni. Más törvény- hatóságokhoz, községekhez s azok közegeihez intézett irataikban az állam hivatalos nyelve mellett hasábosan használhatják a címzett törvényhatóság vagy község jegy- zőkönyvi nyelvét is. Amennyiben olyan állami hatóságokhoz fordulnak, amelyeknek működési köre reájuk ki nem terjed, az állam hivatalos nyelve mellett hasábosan használhatják azon törvényhatóság jegyzőkönyvi nyelvét is, amelynek területén a címzett állami hatóságnak vagy hivatalnak a székhelye van. 8. §. Ha valamely olyan község, amelynek ügyviteli nyelve nem magyar, a minisztérium- hoz intézett beadványában az állam hivatalos nyelve mellett hasábosan ügyviteli nyelvét is használná, az olyan beadványra hozott határozatot a község kivánságára a hiteles fordításban a község ügyviteli nyelvén is közölni kell. 9. §. A nyelvi kisebbséghez tartozó magyar állampolgár saját községéhez és saját járási hatóságához, saját törvényhatóságához s annak központi közegeihez, amelyeknek működési köre a lakóhelyére kiterjed, akár az állam hivatalos nyelvén, akár anyan- yelvén fordulhat. Más községhez, más járási hatósághoz, ezek közegeihez, más törvényhatósághoz s annak központi közegeihez intézett beadványaiban vagy az állam hivatalos nyelvét,

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vagy pedig anyanyelvét használhatja, feltéve, hogy ezt az utóbbi nyelvet az illető község, járás, törvényhatóság lakosságának legalább egyötöde vallja anyanyelvének. Ha a fél olyan állami hatósághoz vagy hivatalhoz fordul, amelynek működési köre lakhelyére nem terjed ki, a nyelvhasználat tekintetében a következők irányadók: a) amennyiben a hatóság vagy hivatal működési köre: egy községre, egy járásra, vagy ennél kisebb területre terjed, az állam hivatalos nyelvén felül a fél anyanyelvét ebben az esetben használ- hatja, ha ez az illető községben, járásban a lakosság legalább egyötödének anyanyelve, b) minden más esetben ez a jog akkor illeti meg, ha a fél anyanyelvét azon törvény- hatóság lakosságának legalább egyötöde vallja anyanyelvének, amelynek területén az illető állami hatóságnak, hivatalnak a székhelye van. 10. §. A nyelvi kisebbséghez tartozó magyar állampolgár beadványára hozott határozatot a község, járási hatóság vagy közeg a törvényhatóság s annak központi közegei ügy- viteli, illetőleg hivatalos nyelvükön közlik a féllel, s ha a beadvány nem ezen a nyelven szövegeztetett, a határozatot a fél kivánságára hiteles fordításban a beadvány nyelvén is közölni kell, feltéve, hogy e nyelvet az illető község, járás, illetőleg törvé- nyhatóság lakosságának legalább egyötöde vallja anyanyelvének. Azon állami hatóság vagy hivatal, amelynek működési köre egy községre, egy járásra vagy ennél kisebb területre terjed, az ilyen beadványra hozott határozatot a fél kívánságára az állam hivatalos nyelvén felül a fél anyanyelvén akkor közli, ha az illető községben, járásban a lakosság legalább egyötödének anyanyelve; minden más állami hatóság pedig ak- kor, ha a fél anyanyelvét azon törvényhatóság lakosságának legalább egyötöde vallja anyanyelvének, amelynek területén az illető állami hatóságnak, hivatalnak a székhe- lye van. A minisztériumhoz nem az állam hivatalos nyelvén intézett beadványra hozott határozatot a fél kivánságára az eredeti magyar szöveg mellett hiteles fordításban a beadvány nyelvén is közölni kell. 11. §. A községi tisztviselők a községbeli nyelvi kisebbséghez tartozó magyar állampol- gárokkal való hivatalos szóbeli érintkezéseikben ezek nyelvét kötelesek használni, amennyiben ezek anyanyelvükön fordulnak hozzájuk.

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A járási s törvényhatósági központi tisztviselőkre ez a kötelezettség akkor áll fenn, ha a fél anyanyelvét az illető járás vagy törvényhatóság lakosságának legalább egyötöde vallja anyanyelvének. Az állami tisztviselőkre e tekintetben a következők irányadók: a) ha az állami hatóság vagy hivatal működési köre egy községre, egy járásra vagy ennél kisebb területre terjed, az illető állami hatóságnál, hivatalnál alkalmazott tisztviselők a hozzájuk anyanyelvükön forduló felek nyelvét abban az esetben kötelesek használni, ha ez az illető községben, járásban a lakosság legalább egyötödének anyanyelve. b) minden más állami hatóság vagy hivatal tisztviselői pedig akkor, ha e nyelvet azon törvényhatóság lakosságának legalább egyötöde vallja anyanyelvének, amely törvé- nyhatóság területén az illető állami hatóságnak, hivatalnak a székhelye van. Ha az előljáró tisztségviselő az illető nyelvben nem jártas, tolmácsot kell alkal- mazni. A nyelvi kisebbséghez tartozó magyar állampolgárral felvett jegyzőkönyvnek azt a részét, amelyet a fennálló szabályok szerint az érdekeltnek alá kell írnia, mint eddig, úgy a jövőben is a fél anyanyelvén meg kell magyarázni. Emellett annál a hatóságnál és hivatalnál, amelynek nem az állami hivatalos nyelvén benyújtott kiadványokra hozott határozatai a 10. §. értelmében a beadvány nyelvén is közöltetnek, a jegyzőkö- nyvnek azt a részét, amely a fél fontos nyilatkozatait tartalmazza, a fél kívánságára egész terjedelmében le kell fordítani; a fél az aláírást a lefordított szövegnél teljesíti. 12. §. A nyelvi kisebbséghez tartozó magyar állampolgár a kir. járásbíróságok és kir. törvényszékek előtt az állam hivatalos nyelvén felül szóban és írásban anyanyelvét is használhatja, ha az a nyelv az illető bíróság területén a lakosság legalább egyötödének anyanyelve. Ügyvédek, a helyettesítésükben fellépő, valamint az ügyvédekkel egy tekintet alá eső személyek, akár saját ügyeikben, akár mint meghatalmazottak járnak el, minden- kor az állam hivatalos nyelvét kötelesek használni. 13. §. A kir. járásbíróságok és kir. törvényszékek határozataikat az olyan személyekkel, akik előttük a 12. §. értelmében anyanyelvük használatára jogosultak, kivánságukra hiteles fordításban anyanyelvükön is közlik. Ugyanez a szabály áll a telekkönyvi kivonatokra is. Az idézéseket a kir. járásbíróságok és kir. törvényszékek az említett személyekkel anyanyelvükön külön kívánságuk nélkül is közlik, ha az illető anyanyelvéről tu- domásuk van.

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Ha az említett személyek a közlés után kérik a bírósági határozatnak hiteles fordítással ellátását, ezt ki kell adni, ez azonban az eljárás folytatását semmi irányban sem akadályozhatja. 14. §. A kir. járásbíróság és kir. törvényszék az olyan személyekkel, akik előtte a 12. §. szerint anyanyelvük használatára jogosultak, kivánságukra szóbeli érintkezésben is anyanyelvüket köteles használni; ha a bíróság eljáró tagja az illető nyelven nem jártas, tolmácsot kell alkalmazni. Ha a jegyzőkönyvet az említett személynek a szabályok értelmében alá kell írnia, az aláírás alá kerülő szövget, mint eddig, úgy a jövőben is a fél anyanyelvén meg kell magyarázni. E mellett a jegyzőkönyvnek azt a részét, amely a fél fontos nyilatkozatait tartalmazza, a fél kivánságára egész terjedelmében le kell fordítani anyanyelvére; a fél az aláírást lefordított szövegnél teljesíti. 15. §. Egyházi felső hatóságok a minisztériumhoz intézett beadványaikban ügyviteli s hasábosan az állam hivatalos nyelvét, egyházközségek pedig akár az állam hivatalos nyelvét, akár ügyviteli nyelvüket használhatják. Úgy az egyházi felső hatóságok, mint az egyházközségek minden más nem egyházi hatósághoz vagy hivatalhoz intézett irataikat vagy az állam hivatalos nyelvén, vagy olyan nyelven kötelesek szövegezni, amely jegyzőkönyvi nyelve azon törvényhatóságnak, amelynek területén a megkere- sett hatóságnak vagy hivatalnak a székhelye van. Ha az egyházközségek a minisztériumhoz intézett beadványaikban nem az állam hivatalos nyelvét használják, az ily beadványokra hozott határozatot az eredeti mag- yar szöveg mellett kivánságukra hiteles fordításban a beadvány nyelvén is közölni kell. 16. §. A nyelvi kisebbséghez tartozó magyar állampolgárok nem korlátozhatók abban, hogy tanulmányaikat a törvényeknek megfelelő fajú, fokozatú és jellegű tanintézetek közül milyen tanítási nyelvű intézetben folytassák. 17. §. Az iskolafenntartás joga az idevonatkozó törvényes rendelkezések szerint minden fokozaton megilletvén a községeket, az egyházakat, az erre a célra alakult egyesülete- ket és magánosokat, ezek az általuk fenntartott tanintézetekben az oktatás nyelvéül – a magyar nyelv kötelező oktatására vonatkozó törvényes intézkedések sérelme nélkül, s a községek mellett a 18. §. korlátain belül – lakosaik, tagjaik, illetőleg a maguk an- yanyelvét vagy az állam hivatalos nyelvét szabadon használhatják. Az ilyen intézetektől, ha a törvényes intézkedéseknek mindenben megfelelnek, a nyilvánossági jog nem tagadható meg, s azok az azonos fajú és fokozatú magyar tanítási nyelvű, nem állami intézetekkel állami segélyezésük feltételei tekintetében is teljesen egyenlő elbánásban részesítendők.

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18. §. Az állami és községi népoktatási intézetekben oly községekben, lehetőleg iskolai kör- zetekben, ahol az egy és ugyanazon nyelvi többséghez tartozó tankötelesek száma a 40-et eléri, vagy ahol a magyar állampolgárok egy és ugyanazon nyelvi kisebbséghez tartozó része a lakosság többségét teszi, a helyi iskolai vagy közigazgatási önkor- mányzati szervek, vagy a nyelvi kisebbségekhez tartozó 40 tanköteles gyermek szülő- jének (gyámjának) kívánságára az illető kisebbség anyanyelv – a magyar nyelv kötelező oktatására vonatkozó törvényes rendelkezések sérelme nélkül – megfelelő számú osztályba egészen vagy részben tanítási nyelvűl alkalmazandó. A tanítás sikerének biztosítása céljából a vallás- és közoktatási miniszter rendeleti- leg fogja megállapítani, hogy ott, ahol az előző bekezdésben említett szervek, illetőleg a szülők kívánsága arra irányul, hogy a kisebbségi nyelv részben érvényesüljön a tanításnál, az előbb nevezett érdekeltség a tanítási nyelv szempontjából milyen típusú iskolák között választhat. A kormány a fölmerült szükséghez képest gondoskodik arról, hogy az általa ki- jelölendő polgári iskolákban a nyelvi kisebbséghez tartozó tanulók számára a tanítás erre a célra létesített párhuzamos osztályokban egészen vagy részben a tanuló anyan- yelvén történjék. Ugyancsak megfelelő módon gondoskodik a kormány arról, hogy az ezen rendelkezések végrehajtására szükséges tanerők kellő számban kiképeztessenek. Az ország területén élő nyelvi kisebbségek nyelve és irodalma számára legalább egy tudományegyetemen tanszéket kell fenntartani. 19. §. A kisebbséghez tartozó magyar állampolgárok a nyelv, művészet, tudomány s általában a közművelődés előmozdítására, továbbá a közgazdaság fejlesztésére s ily rendeltetésű intézmények létesítése végett az állam törvényes felügyelete alatt s a fennálló törvényes rendelkezések megtartásával társulatokat vagy egyleteket alapíthatnak, tarthatnak fenn, s pénzalapokat is gyűjthetnek, s e tekintetben nem vethetők alá más szabályoknak, mint amelyek a magyar anyanyelvű állampolgárok hasonló jellegű társadalmi intézményeire nézve fennállanak. Az ily módon létrejött társulatok, egyesületek s intézmények nyelvét az alapszabályok szerint erre jogosított szerv határozza meg. A hatóságokkal és hivatalokkal való érintkezésben e társulatokra, egyesületekre s intézményekre e rendelet 9-14. §-ában foglalt nyelvhasználati szabályok nyernek alkalmazást. 20. §. Azok a községi tisztviselők, akik a szükséges nyelvismerettel nem rendelkeznek, kötelesek a községbeli kisebbségek nyelvét más önkormányzati és az állami hatóságnál s hivatalnál alkalmazott tisztviselők pedig kötelesek az illető hatóságnál, hivatalnál az előző rendelkezések értelmében használható kisebbségi nyelvet a külön

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törvényben megállapított jogi következmények terhe alatt két éven belül akként elsajátítani, hogy a jelen rendelet nyelvi következményeinek megfelelhessenek. 21. §. A jelen rendeletben a köztisztviselőkre nézve megszabott nyelvhasználati szabályok megszegése fegyelmi vétség, amely ismétlés vagy szándékosság esetében a súlyosabb fegyelmi vétségekre megállapított büntetés alá esik. 22. §. A kisebbségi nyelvek használatára vonatkozó rendelkezések nem érintik a magyar állampolgároknak azt a jogát, hogy mindenütt, ahol őket a szólás joga megilleti, az állam hivatalos nyelvét szabadon használják, továbbá azon jogukat, hogy az állam hivatalos nyelvén benyújtott beadványaikra minden hatóság, hivatal, tehát azon község is, amelynek ügyviteli nyelve nem a magyar, a választ velük minden esetben az állam hivatalos nyelvén közöljék. 23. §. A jelen rendelet végrehajtása végett szükséges részletes szabályokat az érdekelt miniszterek a miniszterelnökkel egyetértően állapítják meg. 24. §. Ez a rendelet kihirdetésének napján lép életbe. Budapesten, 1923. évi június hó 21-én. Gróf Bethlen István s. k. m. kir. Miniszterelnök

Quelle: Magyarországi Rendeletek Tára 1923, Budapest 1924, S. 213-220. Übersetzung: Verordnung des Ministerpräsidenten Nr. 4800/1923 zur Durchführung der im Friedensvertrag von Trianon zum Schutz der Minderheiten übernommenen Verpflichtungen. Kommentar: Mit der Unterzeichnung des Friedensvertrags war die Durchführung der Verord- nung Nr. 4044/1919 über die Gleichberechtigung der nationalen Minderheiten ungültig gewor- den, die übrigens mehr Rechte gewährte als die neue Verordnung Nr. 4800/1923. Diese wurde am 22. Juni 1923 im Budapesti Közlöny veröffentlicht.

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5. A m. kir. vallás- és közoktatásügyi miniszternek a m. kir. miniszterelnök- kel egyetértőleg kiadott 62.800/925. VIII.-a. sz. Rendelete az A), B) és C) típusú kisebbségi tanítási nyelvű elemi iskolák tantervének életbelépteté- sének tárgyában

Az 1923. évi 110.478/VIII/a. sz. a. a m. kir. miniszterelnök úrral egyetértőleg kiadott rendeletemben a kisebbségi tanítási nyelvű iskolák részére 3 típust állítottam fel. Ugyanezen rendeletem II. részének utolsó bekezdésében kilátásba helyeztem, hogy a kisebbségi tanítási nyelvű elemi iskolákra vonatkozó különféle típusok tanterveit a magyar tanítási nyelvű iskolák tantervével egyidejűleg fogom megállapítani. Minthogy a magyar tanítási nyelvű iskolák új tantervét 1467/925. eln. sz. a. kelt rendeletemmel kiadtam, azt – a m. kir. miniszterelnök úrral egyetértőleg a hitoktatás nyelvére vonatkozó 1914. évi 1797. eln. sz. rendeletem épségben hagyásával – az alábbi eltérésekkel a kisebbségi tanítási nyelvű állami és községi elemi iskolákra is ki- terjesztem és annak az A), B) és C) típusú iskolákban való végrehajtására a következő általános óraterveket rendelem el. I. A) típus. Kisebbségi tanítási nyelvű iskola, melyben a magyar nyelv rendes, kötelező tantárgy, az összes többi tárgyak tanítási nyelve az anyanyelv. Az énekkel kapcsolat- ban azonban magyar, szöveges dalok is tanítandók s a testgyakorlás tanításában a ve- zénylés nyelve a magyar. A hittan tanítására nézve az 1797/1914. sz. v.-k. m. eln. rendelet irányadó. B) típus. Vegyes kisebbségi és magyar tanítási nyelvű iskola, amelyben a kisebbségi nyelvet (anyanyelvet, ennek keretében a beszéd- és értelemgyakorlatot, olvasás-írást, fogalmazást helyesírást, nyelvi magyarázatot), a természeti és gazdasági ismereteket, a rajzolást s a kézimunkát anyanyelven, a magyar nyelvet (beszéd- és értelemgyakor- latot, olvasás-írást, nyelvi magyarázatot), a földrajzot, a történelmet és a testgya- korlást magyarul, végül a számtant és az éneket az anyanyelven és magyarul kell tanítani. A hittanra nézve az 1797/1914. sz. eln. rendelet irányadó. C) típus. Magyar tanítási nyelvű iskola, melyben a kisebbségi nyelv (anyanyelv) ren- des és kötelező tantárgy és az összes tárgyak nyelve a magyar nyelv. Budapest, 1925. évi augusztus hó 6-án. Dr. gróf Klebelsberg Kunó s. k.

Quelle: Hivatalos Közlöny vom 15. August 1925, S. 207-212. Übersetzung: Verordnung Nr. 62.800/925. VIII. des kgl. ung. Ministers für Religion und Un- terricht über das Inkrafttreten des Lehrplans für die Volksschulen der Typen A, B, C mit Un- terricht in der Nationalitätensprache, verabschiedet mit Zustimmung des kgl. ung. Ministerprä- sidenten.

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6. Brief von Jakob Bleyer an Gustav Gratz, Tscheb, 6. August 1932

Ich habe Deinen Aufsatz in Magyar Szemle mit größtem Interesse gelesen. Ich be- wundere Deine feine Dialektik und beuge mich vor Deinem großen Verantwortungs- gefühl. Ich mache mir auch Deine Schlußfolgerungen vollkommen zu eigen, nur den letzten Satz kann ich nicht annehmen, weil er von der jugendlich überspitzten Formu- lierung Isberts beeindruckt ist. Was das Wesen der Sache betrifft, so stand ich von Anfang an auf dem Stand- punkt, daß Ungarn von sich heraus die deutsche Frage lösen soll und lösen wird. Ich baute zu sehr auf das Recht und die Gerechtigkeit, auf die Einsicht und auf die nüch- terne Erfassung der eigenen Interessen. In diesem Sinne und diesem Glauben habe ich viele Jahre lang gekämpft und gearbeitet. Diesen Glauben habe ich vollständig verlo- ren. Ungarn wird nie die deutsche Frage lösen, nämlich nicht aus sich selbst heraus. Die Magyarisierung war nie so rücksichtslos, so zielbewußt und so durchgreifend wie heute. Das ist eine Tatsache, über die gar nicht diskutiert werden kann. Der von mir seit 15 Jahren befolgte Weg hat sich als eine Sackgasse erwiesen und es fragt sich: „Quid nunc?“ Daran ist natürlich nicht zu denken, daß der Völkerbund oder irgendein anderes internationales Forum Ungarn zwingen könnte, oder auch nur wollte, den Trianoner Vertrag bezüglich der Minderheiten zu erfüllen. Was ist infol- gedessen die ultima ratio? Wenn das Deutsche Reich und das Deutschtum der Welt tatsächlich die einzelnen deutschen Volksgruppen retten will, so muß es eben Ungarn gegenüber alle Mittel anwenden, die ihm zur Verfügung stehen. Es wird sich dann zeigen, ob Ungarns Widerstandskraft größer ist, als die Stoßkraft des Gesamtdeutsch- tums. Wenn ja, so ist das Deutschtum in Ungarn verloren. (Auch Ungarn wendet alle Mittel gegen die Nachfolgestaaten an und wird dies auch weiterhin tun, solange es über die entsprechenden Kräfte verfügt.) Du meinst, die Minderheitenfragen sollten wie die Religionsfragen gelöst werden und man soll nicht nach einer unerreichten Überstaatlichkeit, sondern nach einer Au- ßerstaatlichkeit streben. Das ist zweifellos sehr richtig und das akzeptieren ohnewei- ters auch alle Minderheitenorganisationen wie Nationalitätenkongreß, Verband der deutschen Volksgruppen usw. Aber wie ist das in bezug auf die Konfession erzielt worden? Durch einen hundertjährigen blutigen Kampf: die protestantischen Staaten haben die katholischen, wo sich protestantische Minderheiten befanden, durch unzäh- lige Kriege und politische Koalitionen zur Toleranz gezwungen. Sollen auch die Min- derheitenfragen so gelöst werden? Gott behüte! Aber durch alle friedlichen Mittel, die die Mehrheitsvölker zur Rettung ihrer konnationalen Minderheiten aufbringen kön- nen. Das ist für jeden Ungarn eine Selbstverständlichkeit und soll es auch für jeden Deutschen werden. Daß die Minderheitenpolitiker nicht nur mit den Staatsvölkern unzufrieden sind, sondern oft auch mit den eigenen Volksgruppen, ist natürlich. Die Führer der ungari- schen Minderheiten sind auch vielfach mit ihren Volksgenossen unzufrieden und be- dienen sich daher unablässig der Agitation und Propaganda. Diese Freiheit müssen die Vorkämpfer des Deutschtums in Ungarn auch haben und sie dürfen in ihrer apos- tolischen Arbeit nicht gehindert werden. Jede neue geistige Regung hat dieses Recht

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für sich in Anspruch genommen und daß da Fäden über die Staatsgrenzen mit den Interessierten und Gleichgesinnten gesponnen werden, ist ebenfalls natürlich. Das ge- schieht auch heute innerhalb der Kirchen und die souveränen Staaten haben sich dar- an gewöhnt. Überhaupt wären die Minderheiten sehr, sehr zufrieden, wenn sie die Rechte und die Organisation der Kirchen haben könnten! Die deutsche Volksgemeinschaft ist üb- rigens gar nichts Neues: in dieser haben die Deutschbalten Jahrhunderte lang gelebt und nie hat sich Rußland über den Patriotismus und die Staatstreue der Deutschen im Baltikum zu beklagen gehabt. Nicht einmal im Weltkriege. Dasselbe war doch seit der Reformation auch bei den Siebenbürger Sachsen der Fall. Allerdings bestand zwi- schen dem ungarischen Staatsvolk und den Sachsen eine gewisse Fremdheit, wie sie bei den Schwaben nicht besteht, und nach meiner Auffassung auch in Zukunft nicht bestehen soll. Aber diese Fremdheit ist nicht dadurch entstanden, daß die Sachsen in einer bewußten deutschen Volks- und Kulturgemeinschaft lebten und leben, sondern weil ihr Staatsbewußtsein sich im Fürstentum Siebenbürgen entwickelt und feste Formen gewonnen hat. Ich glaube klar zu sehen, daß es für das ungarländische Deutschtum nur zwei We- ge gibt: entweder sich den ungarischen Assimilationsbestrebungen zu fügen oder aber an das große Deutschtum zu appellieren. Daß der letztere Weg unsicher ist und daß er Schaden für beide Teile bringen wird, ist nicht zweifelhaft. Was mich anbelangt, bin ich bereit für Recht und Gerechtigkeit zu kämpfen und zu leiden. (Recht und Gerech- tigkeit ist auf Seite des ungarländischen Deutschtums, beim Ungartum Macht und überlegene, skrupellose Taktik.) Ich weiß aber nicht, ob ich einem solchen Kampfe nach meinen physischen Kräften und geistigen Fähigkeiten gewachsen bin. Darum befinde ich mich seit Jahr und Tag in einer furchtbar gedrückten, schmerzlichen Stimmung. Wie man mir mitteilte, wollte der Ministerpräsident (Graf Károlyi) mit Dir und mir sprechen. Ich ließ sagen, daß ich meinen Urlaub nicht gerne unterbrechen würde, worauf die Besprechung bis nach dem 27. August verschoben wurde. Ich erwarte von dieser Aussprache – aufrichtig gesagt – gar nichts; von Bedeutung könnte nur eine Diskussion zwischen Budapest und Berlin sein.

Quelle: GUSTAV GRATZ: Deutschungarische Probleme, Budapest 1938, S. 16-19.

7. Bleyer Jakab felszólalása a képviselőházban a kormány kisebbségi poli- tikája ellen

Tisztelt Ház! Véletlenül mint ugyanannak a népnek fia szólalok fel, mint az előttem szólott képviselőtársam, én azonban nem gazdasági kérdésről, hanem a tisztelt Ház engedelmével nemzetiségi kérdésről, elsősorban a hazai németség kérdéséről óhajtok beszédemben szólni. Gróf Bethlen István miniszterelnöksége idejében többször tettem ezt a kérdést szóvá és a volt miniszterelnök úr, aki ennek a kérdésnek fontosságától át

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volt hatva, általában véve, megértéssel fogadta felszólalásaimat. Azt hiszem, hogy ez magának az ügynek is javára vált és az országon kívül is jó hatást tett. A jelenlegi országgyűlésen és így a Ház tisztelt tagjainak jó része előtt most először szólok ehhez a kérdéshez, és azért kérem, méltóztassék megengedni, hogy a hazai németség kérdé- sének geneziséhez pár szót előre bocsáthassak. Arra nézve is kérek engedélyt, hogy röviden vázoljam azt a szerepet, amelyet ennek a kérdésnek felvetődése körül csekély személyem játszott. A hazai németségnek, nevezetesen az úgynevezett svábságnak, német tudatra való ébredését a világháború lélektana egészen természetszerűen, sőt szükségszerűen hozta magával. Ez az ébredés legelőször és legerősebben abban a kívánságban nyilvánult meg, hogy német községeinkben a régi német elemi népiskolák visszaállíttassanak, természetesen úgy, hogy azért a tanításban a magyar államnyelv kellőképpen érvé- nyesüljön. Gróf Tisza István annak idején észrevette, figyelemmel kísérte ezt az ébre- dést és teljesen átlátta ennek az iskolára vonatkozó kívánságnak jelentőségét. 1917 június 14-én itt a Házban egyebek közt a következőket mondotta erről a problémáról: „Méltóztassék végére járni annak, hogy a politikai magyar nemzetnek legtörzsökö- sebb alaposzlopát képező elemnél, a mi svábjainknál milyen óriási elkeseredést okoz az, hogy gyermekeik felnőnek és nem tudnak többé németül írni-olvasni. Méltóztas- sék megnézni, milyen elkeseredést okoz az, hogy az a katonafiú, ennek a legértelme- sebb, alapos képzettséggel bíró népnek köréből ír haza az apjának, és az apa tolmácsra szorul, hogy fia levelét megérthesse, mert ez csak magyarul tud írni, apja pedig csak németül tud olvasni.“ Ezt Tisza István gróf mondotta. (Tovább olvassa:) „És méltóztassék meggyőződve lenni arról, hogy én nem könnyelműen határoztam el magamat erre a kijelentésre, de meg kellett róla győződnöm, hogy a mi leghűbb, leg- biztonságosabb támaszainkat, a magyar nemzeti politikának legerősebb képviselőit, azokat a német és tót polgártársainkat, akik szívvel-lélekkel velünk tartanak, ezeket idegenítjük el magunktól, ezeket szolgáltatjuk ki az izgatásnak és tesszük ellensé- geinkké, ha anyanyelvük tanítását meg nem engedjük.“ T. Ház! Mivel akkor attól lehetett, sőt kellett tartani, hogy ez a kérdés az egymásra utalt magyarság és nagy-németség közé – akkor éppen a világháború kellős közepén voltunk – éket verhet, lelkiismeretemben kötelezve éreztem magamat, hogy az igazság és méltányosság szellemében közvetítőnek lépjek fel. Ilyen irányú publicisztikai működésemet ... (Bajcsy-Zsilinszky Endre: Együtt sze- repelt folyóiratokban Brandsch Rudolffal!) Soha semmi közöm nem volt poli- tikájához. 1917 elején a Budapesti Szemlében kezdtem meg ez irányú publicisztikai működésemet és folytattam a Budapesti Hírlapban, a Pester Lloydban és más konzer- vatív napilapokban és folyóiratokban. Tanulmányaimban és cikkeimben a haza bölcseitől, Deák Ferenctől és báró Eötvös Józseftől alkotott 1868: XLIV. tc.-nek, va- gyis az úgynevezett nemzetiségi törvénynek végrehajtását kívántam. Ennek a törvénynek szelleme és keretei voltak rámnézve mértékadók kezdettől fogva mind a mai napig az utolsó tizenöt év tragikus magyar történetének minden fordulójánál. Ez a szellem és ezek a keretek voltak rám nézve akkor is mértékadók, amikor 1918 őszén kitört a forradalom és a forradalmi kormány az úgyis szétszakadó

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ország nemzetiségeinek, közöttük a németeknek is, az úgynevezett néptörvények formájában messzemenő területi autonómiákat helyezett kilátásba. Nem kell hangoztatnom, hogy nekem a forradalmi nemzetiségi politikához egy pillanatig sem volt közöm. Én ezt a kérdést mindig a történeti magyarsággal és nem radikalizmussal akartam megoldani. (Bajcsy-Zsilinszky Endre: Azért szerepelt együtt Brandsch Rudolffal, a medgyesi határozat szerzőjével!) Ön beszélhet akármiről; mi közöm nekem a medgyesi határozathoz?! (Bajcsy-Zsilinszky Endre: Brandsch-sal szerepelt egy folyóiratban, aki a medgyesi határozatot hozatta a magyarság ellen!) Igenis szerepeltem egy folyóiratban és fogok is szerepelni! Ön nem fog engem terro- rizálni! Csak arra akarok rámutatni, hogy a forradalomban én voltam egyedül ... aki nyíltan és következetesen harcoltam Jászi Oszkár nemzetiségi politikája ellen. Tessék megnézni az akkori magyar sajtót. (Bajcsy-Zsilinszky Endre: Brandsch Rudolffal sze- repelt együtt!) ... Nem is tagadom, de azt, hogy abban a folyóiratban soha Magya- rország ellen egy betű nem jelent meg, éppen azzal tudtam elérni, mert rajta van a ne- vem. (Bajcsy-Zsilinszky Endre: Magyarellenes folyóirat!) Viselem a felelősséget azért, ami abban a folyóiratban van. (Bajcsy-Zsilinszky Endre: Magyarország ellen- ségével szerepel együtt! Ez az igazság!) ... Konzervatív világnézetemmel ellenkezik minden felforgató törekvés, sót ellenkezik minden demagógia, és így természetes, hogy ... Mint az ellenforradalom szerény harcosa, a kommunizmus után következő első kormányoknak tagja voltam, és mint nemzeti kisebbségi miniszter, másfél éven át minden erőmmel arra törekedtem, hogy ezt a súlyos és kényes kérdést, a nemzetiségi kisebbségi kérdést megoldás felé vigyem. Meg voltam róla győződve, hogy ez a tőlem telhető legnagyobb szolgálat, amelyet az országnak, a magyar jövőnek, az in- tegritásnak és revíziónak tehetek. Fájdalom, az én becsületes törekvésem ebben az irányban hajótörést szenvedett. Nem tudtam a kérdést a legjobb és legőszintébb akarat mellett sem rendezni, mert a társadalmunk egy része, a kisebbik, de annál haragosabb része a nemzetiségi kérdésről vallott felfogásában lassan-lassan visszazökkent a világháború előtti állapotba, sőt egy megrosszabbodott állapotba. A miniszterségtől visszaléptem, és azóta minden nemzetiségi kisebbségi törekvés a magyar közvéleményben a gyanúsításnak, a rágalomnak, sőt a gyűlölködésnek cé- ltáblája. Az én és barátaim hazafiságának leszólása ma már valóságos hazafiúi érdem; én azonban ma is azt vallom, amit vallottam a forradalmak idejében és amit vallottam a forradalmak után felelősségteljes állásban, ugyanazt, amit annak idején Rákosi Jenő, amikor a Budapesti Hírlapban cikkeztem, helyeselt és amit később Andrássy Gyula gróf, Apponyi Albert gróf és Bethlen István gróf is helyeselt. Valóban férfiatlanság és gyávaság volna tőlem, ha elveimet, amelyeket a tiszta meggyőződés és a hazafiúi gond érlelt, a szélsőségek között ingadozó, rövidlátó és tájékozatlan magyar közvélemény szeszélye szerint változtatnám. Én következetes voltam nemzetiségi politikámban, sohasem hajoltam meg a politikai konjunktúra előtt. Nekem volt bátorságom akkor is keveset követelni ebben a kérdésben, amikor érdem volt minél többet kizsarolni – a magyar államtól. Ezt bebizonyíthatom egy ny-

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ilatkozattal, amelyet a magam és barátaim nevében 1918 őszén az úgynevezett Nemzeti Tanács előtt tettem. Ez a nyilatkozat a Budapesti Hírlapban jelent meg és e nyilatkozat szerint a mi programunk ez volt (olvassa): „1. Mindenáron és minden körülmények között ragasz- kodunk Magyarország területi integritásához. 2. A hazai németség számára követeljük mindazokat a jogokat, amelyeket a kialakuló új Magyarország a nem magyar ajkú népfajoknak megad. 3. Kijelentjük azonban, hogy nem törekszünk német nemzeti autonómiára, hanem a politikai magyar nemzettel továbbra is egységben és őseinktől örökölt hűségben akarunk élni. Népünk jogai nekünk szentek, de szentek azok az ál- lami és érzelmi kapcsolatok is, amelyek népünket évszázadok óta örömben és szen- vedésben a magyar nemzethez fűzik.“ Ezt akkor mondtam, amikor itt hivatalosan Jászi Oszkár nemzetiségi politikája uralkodott. Amikor a világháború után a kisantant ármánykodása folytán felvetődött Nyugat- Magyarország elcsatolásának kérdése, én annyit küzdöttem – bízvást mondhatom – annyit harcoltam odaadó lélekkel ennek az országrésznek megtarthatásáért, mint bárki ebben az országban. Tettem ezt annak ellenére, hogy ezzel az agitációval Ausztriában és Németországban a német nemzeti érzésű körök haragját, mély haragját vontam magamra. De akkor, amikor így Nyugat-Magyarország megtarthatásáért szálltam síkra, és akkor is, amikor a forradalmi nemzetiségi politika ellen harcoltam, ugyanaz a hazai német mozgalom állott mögöttem, amely ma is mögöttem áll. Ennek a hazai német mozgalomnak résztvevői hazafiságuk sugallatából, a mi né- met népünk lelkéből, ehhez a néphez való szeretetükből merítették elhatározásuk ere- jét. Kérem a T. Házat, méltóztassék megengedni, hogy ennek a hazai német mozga- lomnak nevében és képviseletében előadhassak egy deklarációt. Méltóztassék erre engedélyt adni, mert én és az én barátaim nem titokban csinálunk politikát, hanem nyíltan és őszintén s felelősségünk teljes tudatában csinálunk politikát, itt, a nemzet színe előtt akarjuk elmondani, hogy mi ez a mozgalom, mi ennek a mozgalomnak tar- talma és melyek ennek a mozgalomnak a céljai. T. Képviselőház! Minden nemzeti kisebbségnek az a legfontosabb és egyúttal leg- természetesebb joga is, hogy gyermekeit saját nyelvén képeztesse ki. Kultúrnépek csak úgy adhatják át csorbítatlanul és romlatlanul népiségüket és faji műveltségüket nemzedékről nemzedékre, ha az iskola segítségükre van. Hazai németségünk is, amelynek száma Csonka-Magyarországon is jóval meghaladja a félmilliót, a háború után is leghőbben és legsürgetőbben a régi német népiskola visszaállítását kívánja. Lovászy Márton, a Károlyi Mihály-kormány kultuszminisztere egy, az iskola- fenntartókhoz intézett körtáviratban adott e kívánságnak helyet, a Friedrich-kormány pedig szintén kormányrendeletet bocsátott ki és igyekezett ily módon ennek a kíván- ságnak eleget tenni. A Bethlen-kormány is egy kormányrendelettel sietett ennek a kívánságnak kielégítésére, amely kormányrendeletnek az 1920. évi I. tc. 10. §-a értelmében törvényereje van. Sajnos, ezt a Bethlen-féle kormányrendelet és még inkább a vallás- és közoktatásügyi miniszternek vonatkozó végrehajtó rendelete a kérdést felesleges módon bonyolítja. Nevezetesen megnehezíti becsületes keresztülvitelét azzal, hogy az elemi né- piskolára nézve három úgynevezett típust állapít meg. Először az úgynevezett A

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típust, amelyben a tanítási nyelv a kisebbségi nyelv, a magyar államnyelv pedig kötelező tantárgy, természetesen nagy óraszámmal. A második a B típus, ahol a tár- gyaknak körülbelül fele kisebbségi nyelven, fele pedig magyarul taníttatik. Végül van a C típus, ahol a kisebbségi nyelv csak tantárgy, a tulajdonképpen tanítási nyelv pedig a magyar. Az A típusú iskola valódi kisebbségi iskola és a hazai németség nemcsak szívesen veszi ebben a magyar államnyelv tanítását, sőt követeli eredményes tanítását. A B típusú iskola már nem igazi kisebbségi iskola, de németségünk bele tudna nyugodni, ha a vonatkozó rendeletet szorosan betartanák és a kétnyelvűséget – amint ez gyakran történik – nem az anyanyelv kijátszására használnák fel. Ellenben a C típusú iskolát nem ismerhetjük el kisebbségi iskolának, ahogyan a világ semmiféle kisebbsége el nem ismerné. Legkevésbé ismernék el – mégpedig teljes joggal – a magyar kisebbségek a leszakított területeken. Az a kérdés, hogy a kormányrendelet és az azt kiegészítő végrehajtó rendelet mennyiben van életbe léptetve, vagyis mi a tényleges állapot a német anyanyelvű tanítás tekintetében a német nyelvű községeink elemi népiskoláiban? Ez az állapot – fájdalom – minden inkább, mint kielégítő. A miniszterelnökségnek 1928 őszén a sa- jtóban közölt kimutatása szerint 390 községben 463 úgynevezett kisebbségi iskola volt behozva, ebből 49, vagyis 10,6% A típusú, 98, vagyis 21,2% B típusú, és 316, vagyis 68,2% C típusú, vagyis igazi anyanyelvi tanítás – a papíroson is – csak 31%- ban van meg. Bethlen gróf miniszterelnök úr ugyanazon időtájban, amikor ez a kimutatás közöltetett, ünnepélyes formában megígérte, hogy a C típusú iskolákat fokozatosan B típusú iskolákká alakítja át és hogy a C típusú csak olyan kicsiny, vegyesen magyar- német községekben marad meg, ahol a gyermekek csekély száma miatt csak egy tanerős iskola áll fenn. Bethlen gróf miniszterelnök úr ennek az ígéretnek tényleg egy-két éven át eleget tett, de akkor a végrehajtás elakadt és a helyzet azóta nemcsak hogy nem javult, hanem az egész vonalon erősen romlott, amint ezt a kormánynak 1931. évi működéséről szóló Statisztikai Évkönyv adatszerűen is mutatja. Bár a kormányzó úr őfőméltósága a jelen országgyűlés megnyitása alkalmával kilátásba helyezte, hogy a kormány különös gondot fordít a nyelvi kisebbségek védelmére vonatkozó jogszabályok végrehajtására és az anyanyelven történő oktatás fejlesztésére, mégis azok a kormányok, amelyek azóta vitték az ügyeket, ebben a tekintetben vajmi keveset, sőt semmit sem tettek. A valóság ma az, hogy A típusú iskola úgyszólván csak a nyugati határszélen van, a B típusúak száma erősen fogyott, már csak azért is, mert sok helyen C típusúakká csúsztatták le, a C típusúak németnyelvűsége pedig, ellentétben a rendelettel, a leg- több helyen abban merül ki, hogy ezekben csak a harmadik vagy a negyedik osz- tálytól kezdve és csak heti két órában tanítanak jól-rosszul németül írni és olvasni. Van azonban még számos olyan község, ahol a német anyanyelvű gyermekek száma meghaladja az előírt 40-et és semmit sem tanítanak németül. Igaz, hogy a rendelet az iskolaszék és a képviselőtestület mellett az iskolaköteles gyermekek szüleinek is megadja a jogot, hogy a típusok közül választhassanak, de ez a jog tulajdonképpen csak teóriában, csak elméletben van meg, mert az úgynevezett szülői értekezleteket, ha ezek meg is tartatnak, többnyire olyan papok vagy jegyzők vezetik, akik minden-

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nemű német tanításnak, még a C típusúnak is ellenségei. Az eredmény aztán az, hogy vagy a falu békéjét dúlja fel az ilyen iskolai értekezlet, vagy a falu hatalmasainak akarata diktatórikus módon érvényesül. Ezek a szülői értekezletek azok a bizonyos hátsó ajtók, amelyeknek a kisebbségi politikában olyan nagy és olyan gyászos szerepük van. Őszinte és igaz szándékú ebben a tekintetben csak az 1868: XXXVIII. tc. a népiskolai közoktatás tárgyában, amely 58. §-ában elrendeli, hogy „minden növendék anyanyelvén nyeri az oktatást, amennyiben az a nyelv a községben divatozó nyelvek egyike“. Német nyelvű községeink elemi népiskoláinak ehhez a szomorú ál- lapotához súlyosbítólag járul hozzá az a körülmény, hogy óvodákból legtöbbnyire – megint a nyugat-magyarországi községeket kivéve – a gyermekek anyanyelve teljesen ki van küszöbölve. Éppúgy ki van küszöbölve az ismétlő iskolákból is. Egészen természetesnek tartom, hogy levente-intézményünkben a vezényszó magyar, de a szent ügy érdeke ellen van, hogy a leventeoktatásból, sőt az érintkezés- ből a német nyelv, kevés kivétellel, egyenesen száműzve van. Különösen mélyen fáj, hogy sok német katolikus iskolánkban még a vallástant sem tanítják az anyanyelven, amelyen a gyermek először imádkozni és Istent ismerni tanulta és hogy a német imát és egyházi éneket az iskolában nem ápolják. Ezzel a gyermek vallásilag elszakad a szülői háztól, elszakad az édesanyától, és az ifjúság kizáratik a lelkiélet ősidőktől való közösségéből. De kizáratik abból főként azáltal is, hogy az iskolás gyermekek és lev- enték számára sok helyütt külön misék tartatnak, amelyekben sem a német imának, sem a német éneknek, sem a német szentbeszédnek nem adnak helyet, így eltépődik egy évezredes szent vallási hagyomány, amely nemzedékről nemzedékre szállott, és amely a nép valláserkölcsi életének legbiztosabb fundamentuma. Ennek csak mély vallási és erkölcsi süllyedés lehet a következménye, amely sajnos, már sok helyütt ké- zzelfoghatóig mutatkozik. A törvényerővel bíró, hivatkozott Bethlen-féle kormányrendelet megígéri, hogy a kormány gondoskodni fog arról, hogy az általa kijelölendő polgári és középiskolák- ban a nyelvi kisbbséghez tartozó tanulók számára a tanítás az erre a célra létesített párhuzamos osztályokban egészben vagy részben a tanulók anyanyelvén történjék. Arra nézve is ígér a kormányrendelet gondoskodást, hogy az ezen rendeletek végreha- jtására szükséges tanerők kellő számmal kiképeztetnek. Ezzel szemben, sajnos, az a tényleges helyzet, hogy egyetlen egy ilyen polgári vagy középiskolában sincsen, és nincs egyetlen tanítóképző sem, ahol a német kisebbségi iskolák számára a német nyelv szempontjából csak távolról is megfelelő tanítók képeztetnének ki. Hogy ennek az iskolarendszernek mi az eredménye, azt nem szükséges bővebben kifejteni. Az elemi iskolát végzett német anyanyelvű fiatalság legalább 70%-ig nem tud félig-meddig sem németül írni és olvasni, a középfokú iskolát végzett német an- yanyelvű ifjúság 90%-a pedig egy német levelet nem tud megírni, de még egy német mondatot sem tud úgy megszerkeszteni, ahogy az német származású művelt ember- hez illik. Az a kép, amelyet megrajzoltunk, valóban önmagáért beszél. Nem akarjuk még beszédesebbé tenni annak panaszlásával, hogy a kormánytól jóváhagyott és állandóan ellenőrzött német népművelődési egyesület nem választhatja szabadon vezetőségét és hogy működése elé a német nyelvvidékek jó részében megbénító akadályokat

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gördítenek; sőt annak előadásától is tartózkodni kívánunk, hogy mennyire nem évényesül a német vidékeken a német kisebbségi nyelv sem az önkormányzatban, sem a különböző hivatalokban és hatóságoknál, bár az említett kormányrendelet 22 szakasza közül 14 csupán ezekkel a kérdésekkel foglalkozik. Hogy ez a szerencsésnek semmiképpen sem mondható kisebbségi politika milyen célzatot követ, azt az 1930. évi népszámlálás nemzetiségi adatai nyilván mutatják. Ez a népszámlálás szinte már előre leszámította azokat az eredményeket, amelyekre isko- lapolitikánk a hazai németséggel szemben láthatóan törekszik. Ez a népszámlálás már csak 478 000 németet tüntet fel, tehát 73 000-rel kevesebbet, mint az 1920. évi népszámlálás, amelynek kimutatása szerint 551000 volt a németek száma. Ehhez járul még, hogy 1930-ban a németség természetes szaporulata, mintegy 40 000 lélek is el- tűnt, úgyhogy a hiány legalább papíroson több mint százezer lélek. Megyőződésünk, hogy ilyen szellemű és célzatú nemzetiségi politikával sem a hazának, sem a mag- yarság jövőjének nem teszünk szolgálatot. Mi, hazai németek, a magyar hazának minden körülmények között hűséges fiai voltunk és vagyunk. Ezt a földet mi is megszenteltük vérünkkel és verejtékünkkel; őseink pora évszázadok óta ebben a földben pihen, és ennek a földnek szellemi és an- yagi kultúrájában nekünk is részünk volt, mert nemzedékről nemzedékre ennek adtuk legjobb és legnemesebb erőinket. Népünk 1848-ban a magyarsággal ment és a világháborúban a magyar határokat védte, semmi része nem volt sem a forradalom- ban, sem abban, hogy ezt az országot szétdarabolták. Valóban, aki ennek a népnek hazafias voltát meggyanúsítja, azért, mert anyanyelvéhez és népi kultúrájához ragasz- kodik, az csak ürügyet keres arra, hogy ezektől megfoszthassa. Míg Deák Ferenc szellemében az egységes politikai magyar nemzet, vagyis az egységes magyar állam tagjainak valljuk magunkat és mindig készséggel ismertük és ismerjük el a magyarság elsőszülöttségét, honalapító, honfenntartó elhivatottságát és ebből folyó történeti jogait. Ebben a tekintetben mindig centripetálisak voltunk; mindig vallói a Szent Ist- ván-i magyar gondolatnak, amelyre a magyar állam ezer éven át volt építve. Ez a Szent István-i magyar gondolat azonban jogot adott nekünk ahhoz, hogy fajunkhoz, népiségünkhöz, nyelvünkhöz, amelyet Isten adott nekünk, egész szívünkkel és min- den erőnkből ragaszkodjunk. Ujabban a magyar politikában mind kevesebbet hallunk a magyar állameszméről és mind többet és mind szenvedélyesebben a magyar faj gondolatáról. Mi ezt az új ideológiát, amely másutt jó lehet, a magyar hazában veszedelmesnek, sőt végzetesnek tartjuk, mert ha a magyar államgondolatot a magyar faji gondolattal azonosítják, vagy ha a magyar államgondolat helyébe a magyar faji gondolatot iktatják – nyíltan ki- mondhatjuk –, nem lehetünk centripetálisak. Nem lehetünk centripetálisak, mert nemzetiségünket meg nem tagadhatjuk, mert német voltunkat sem bűnnek, sem szégyennek nem érezzük. Mi büszkék vagyunk arra, hogy olyan ezeréves hazának vagyunk fiai, amelynek fennkölt királyai voltak, mint Szent István és Hunyadi Mátyás, és olyan nagy állam- férfiai, mint Zrínyi Miklós, Széchenyi István és Kossuth Lajos; de büszkék vagyunk arra is, hogy olyan nyelvi és kultúrközösségbe tartozunk, amelynek Goethéje, Kantja,

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Beethovenje van. Kérdezem önöket, a Ház fajmagyar tagjait, vajon önök a mi he- lyzetünkbe mást tennének-e? Mi a Szent István-i gondolat alapján állunk hittel és meggyőződéssel, és e hitünk és meggyőződésünk szerint a Szent István-i gondolat szellemében kívánunk német iskolát, német templomot és mindazokat az eszközöket, amelyekkel ősi nyelvünket megtarthajtuk és faji kultúránkat fejleszthetjük. Aki ezeket a kívánságokat gyalázza vagy megfélemlíteni igyekszik, az nagy és soha többé jóvá nem tehető merényletet követ el a magyar haza ellen. A magyar revízió kérdése azzal áll vagy bukik, hogy milyen kisebbségi politikát követünk a valóságban idehaza. Itt minden ígéret hatástalan és minden látszatkeltés céltalan. Aki a Szent István-i gondolat helyett magyar faji politikát hirdet, az nemcsak a magyar állam, hanem a magyar faj ellen is vét, az örökké lemond arról, hogy ebben az országban valaha is még más népek és népcsoportok, mint fajmagyarok visszatér- jenek, vagy visszavonzódjanak a tótok, a németek, a rutének és a többiek. Aki ezt hirdeti, az lemond arról, hogy a történeti magyar tér felett valaha is magyar uralkod- jék, az kiegyezik azzal a gondolattal, hogy a magyarság lemondott ezeréves történeti küldetéséről, hogy a magyarság egy 8-10 milliós néppé süllyedjen le, amilyenek tu- catjával vannak Kelet- és Délkelet-Európában. A magyarság küldetése abban állt ezer éven át, hogy különböző ... Apponyi Albert gróf körülbelül hét évvel ezelőtt a budapesti Szent Imre Kollé- gium körében beszédet tartott a magyar nemzetiségi politikáról és a magyar nemzeti politika múltjáról és jelenéről. Méltóztassanak megengedni, hogy felolvashassak ebből pár mondatot (olvassa): „Ezért a csonka Magyarországban található kevés számú nem magyar ajkúakkal szemben azt a politikát kell követnünk, amelyet óhajtunk a tőlünk elszakadt mag- yarsággal szemben követtetni. Hiszen nyilvánvaló, hogy minden felzúdulás, amelyet a magyarságnak a szomszéd államokban folytatott elnyomása belőlünk kivált, sőt ama testvéreinknek minden feljajdulása, minden még olyan jogos panasza is erkölcsi ere- jében összeomlik, ha arra lehet hivatkozni, hogy Magyarország sem bánik különb módon idegen ajkú polgáraival. Ez olyan nyilvánvaló igazság, hogy csak a beszámítatlansággal határos rövidlátás zárkózhatnék el ennek felismerése elől. A kormány rendeletei e tekintetben helyesek és kifogástalanok, de a legnagyobb eréllyel kell követelni azoknak szabatos végrehajtását a perifériákon.“ A nagyemlékű államférfiú szavaihoz csak azt fűzzük hozzá, hogy mi nem építünk a trianoni diktátumra, mi nem építünk Genfre, mi nem építünk a pacifizmusra és nem építünk az internacionalizmusra, hanem építünk a magyar nemzet történeti gé- niuszára, a magyar nemzet politikai ingeniumára és építünk arra a soha meg nem szűnő és minden emberi akarat vagy elhatározás felett álló sorsközösségre, amely a magyarságot és a németséget idebenn a Duna völgyében és odakinn is az európai politikában egymásra utalja és egymáshoz kényszeríti. Mi sürgősen kérjük és követel- jük a magyar kormánytól és a magyar társadalomtól, hogy a magyarországi né- metséget a maga tisztán nyelvi és kulturális kívánságaiban elégítse ki. Szent meggyő- ződésünk, hogy evvel nemcsak emberileg tesz jót evvel a németséggel, hanem ez

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alapja minden politikának, amely ezt a nemzetet és ezt az országot megint naggyá te- heti. Nehéz lelki tusánkban, a jog és a kötelesség között való vívódásunkban a keresz- tény érzésű, igazságos gondolkozású igaz magyarokhoz fordulunk az evangélium szavaival, hogy „amit nem akarsz, hogy neked cselekedjenek, te se cselekedd más- nak“. Ezeket tartottam felelősségérzetemnél fogva kötelességemnek az igen t. kormány és T. Ház elé terjeszteni, kötelességemnek tartottam ezt nyíltan és becsületesen a nemzet színe előtt kifejteni. A költségvetést elfogadom. További politikai elhatározásaimat azonban attól kell függővé tennem, hogy ebben a kérdésben milyen tetteke határozza el magát.

Quelle: Az 1931. július 18-ára összehívott országgyűlés képviselőházának naplója. Bd. 15, Budapest 1933, S. 210-215. Übersetzung: Rede von Jakob Bleyer im Abgeordnetenhaus gegen die Minderheitenpolitik der Regierung am 9. Mai 1933. Kommentar: In der völlig neuen politischen Konstellation des Jahres 1933 erschien es plötzlich für wahrscheinlich, dass sich Ministerpräsident Gyula Gömbös mit dem soeben an die Macht gekommenen deutschen Reichskanzler Adolf Hitler über wichtige bilaterale Fragen verständi- gen könnte. Dazu gehörte auch die Frage der deutschen Minderheit in Ungarn. Ausgehend von der Befürchtung, dass dies ohne Rücksprache mit deren Repräsentanten geschehen könnte, zog Bleyer anlässlich der parlamentarischen Haushaltsdebatte eine recht kritische Bilanz der unga- rischen Nationalitätenpolitik. Seine Rede löste im Parlament und wenig später in der Öffent- lichkeit einen Skandal aus, der deutlich machte, wie sehr bereits der von Bleyer als „neue Ideo- logie“ bezeichnete und die ungarische Gesellschaft dominierende Rassismus jegliche Minder- heit ausgegrenzt und damit auch jede Bemühung um Minderheitenschutz von vornherein zu- nichte gemacht hat.

7a. Rede von Jakob Bleyer im Abgeordnetenhaus gegen die Minderheitenpo- litik der Regierung

Hohes Haus! Zufälligerweise komme ich als Sohn desselben Volkes zu Worte wie mein vor mir sprechender Abgeordnetenkollege. Ich werde aber in meiner Rede nicht über Wirtschaftsfragen sprechen, sondern – mit Erlaubnis des Hohen Hauses – über die Nationalitätenfrage, insbesondere über die Frage des Deutschtums in Ungarn. Zur Zeit der Ministerpräsidentschaft von Graf István Bethlen habe ich diese Frage mehr- fach aufgeworfen und der vormalige Herr Ministerpräsident, der von der Wichtigkeit dieser Frage überzeugt war, hat meine Redebeiträge im allgemeinen mit Verständnis aufgenommen. Ich bin überzeugt, daß dies sowohl der Sache selbst von Nutzen war, als auch außerhalb des Landes positive Wirkung zeitigte. Im gegenwärtigen Parla- ment und somit vor einem guten Teil der Mitglieder des Hohen Hauses spreche ich jetzt erstmals über diese Frage und bitte daher, es gnädigerweise zu erlauben, daß ich ein paar Worte zur Genese der Frage des Deutschtums in Ungarn vorausschicke. Ich

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bitte auch um Erlaubnis, kurz die Rolle skizzieren zu dürfen, die meine geringe Per- son beim Aufwerfen dieser Frage spielte. Das Erwachen des deutschen Bewußtseins des Deutschtums in Ungarn, nämlich des sogenannten Schwabentums, hat die Psychologie des Weltkriegs ganz natürlich, ja gar notwendigerweise mit sich gebracht. Dieses Erwachen hat sich zuerst und am stärksten in dem Wunsch geäußert, in unseren deutschen Gemeinden die alte deutsche Grundschule wiederzuerrichten, natürlich so, daß im Unterricht auch die ungarische Staatssprache angemessen zur Geltung kommt. Graf István Tisza hat damals dieses Erwachen bemerkt, mit Aufmerksamkeit verfolgt und die Bedeutung dieses, sich auf die Schule beziehenden Verlangens völlig erkannt. Am 14. Juni 1917 hat er hier in diesem Haus unter anderem das folgende über dieses Problem gesagt: „Überlegen Sie gnädigerweise, welch riesige Verbitterung es bei dem Element der politischen ungari- schen Nation, das den am meisten alteingesessenen Grundpfeiler bildet, nämlich bei unseren Schwaben verursacht, daß ihre Kinder aufwachsen und nicht mehr deutsch schreiben und lesen können. Beachten Sie bitte, welche Verbitterung es verursacht, wenn ein Soldat aus dem Kreise dieses intelligentesten, über grundlegende Fähigkei- ten verfügenden Volkes seinem Vater nachhause schreibt, und der Vater einen Dol- metscher benötigt, um den Brief seines Sohnes zu verstehen, weil dieser nur unga- risch schreiben kann, sein Vater hingegen nur deutsch lesen kann.“ Dies hat Graf István Tisza gesagt. (Er ließt weiter:) „Und seien sie gnädigerweise davon überzeugt, daß ich mich nicht leichtsinnig zu dieser Erklärung entschlossen habe, aber ich mußte mich davon überzeugen, daß wir unsere treuesten und sichersten Stützen, die stärks- ten Vertreter der ungarischen Nationalpolitik, unsere deutschen und slowakischen [tót] Mitbürger, die mit Leib und Seele zu uns halten, daß wir diese uns entfremden, sie Irritationen aussetzen und zu unseren Feinden machen, wenn wir den Unterricht in ihrer Muttersprache nicht erlauben.“ Hohes Haus! Da man damals fürchten konnte, ja fürchten mußte, daß diese Frage – wir waren damals gerade Mitten im Weltkrieg – einen Keil zwischen das Ungarn- tum und Groß-Deutschtum schlägt, habe ich mich mit meinem Gewissen dazu ver- pflichtet gefühlt, im Geiste der Wahrheit und Ehrenhaftigkeit als Vermittler aufzutre- ten. Meine publizistische Tätigkeit in diese Richtung ... ([Zwischenruf:] Endre Baj- csy-Zsilinszky: In Zeitschriften ist er zusammen mit Rudolf Brandsch aufgetreten!). Ich hatte niemals etwas mit seiner Politik zu tun. Anfang 1917 habe ich in der Buda- pester Rundschau [Budapesti Szemle] meine publizistische Tätigkeit in diese Rich- tung begonnen und sie in der Budapester Zeitung [Budapesti Hírlap], im Pester Lloyd und in anderen konservativen Tageszeitungen und Zeitschriften fortgesetzt. In meinen Studien und Artikeln habe ich den Wunsch nach Durchsetzung des von den Weisen des Landes, von Ferenc Deák und József Eötvös geschaffenen Gesetzesartikels XLIV/1868, also des sogenannten Nationalitätengesetzes, zum Ausdruck gebracht. Der Geist und die Rahmenbedingungen dieses Gesetzes sind für mich von Anfang an bis zum heutigen Tage bei allen Umbrüchen der tragischen ungarischen Geschich- te in den letzten fünfzehn Jahren maßgeblich gewesen. Dieser Geist und diese Rah- menbedingungen waren für mich auch dann maßgeblich, als im Herbst 1918 die Re- volution ausbrach und die Revolutionsregierung den Nationalitäten des sowieso aus-

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einanderbrechenden Landes, darunter auch den Deutschen, in Form sogenannter Volksgesetze eine weitgehende Territorialautonomie in Aussicht stellte. Ich muß nicht betonen, daß ich keinen Augenblick etwas mit der revolutionären Nationalitätenpolitik gemein hatte. Ich wollte diese Frage immer mit dem geschichtli- chen Ungarntum und nicht mit Radikalismus lösen. ([Zwischenruf:] Endre Bajcsy- Zsilinszky: Deshalb ist er zusammen mit Rudolf Brandsch, mit dem Urheber des Be- schlusses von Medgyes, aufgetreten!). Sie können reden was Sie wollen; was habe ich mit dem Beschluß von Medgyes gemein?! ([Zwischenruf:] Endre Bajcsy-Zsilinszky: Sie sind in einer Zeitschrift zusammen mit Rudolf Brandsch, der den Beschluß von Medgyes gegen das Ungarntum getroffen hat, aufgetreten!). Jawohl, ich habe in einer Zeitschrift geschrieben und werde das auch weiterhin tun! Sie werden mich nicht wei- ter terrorisieren! Ich möchte nur darauf hinweisen, daß ich während der Revolution der einzige war ..., der offen und konsequent gegen die Nationalitätenpolitik von Oszkár Jászi ge- kämpft hat. Schauen Sie sich bitte die damalige ungarische Presse an. ([Zwischenruf:] Endre Bajcsy-Zsilinszky: Er ist zusammen mit Rudolf Brandsch aufgetreten!) ... Das bestreite ich auch nicht; aber die Tatsache, daß in dieser Zeitschrift niemals ein Un- garn-feindliches Wort publiziert wurde, konnte ich gerade dadurch erreichen, daß mein Name darauf steht. ([Zwischenruf:] Endre Bajcsy-Zsilinszky: Ungarnfeindliche Zeitschrift!) Ich trage die Verantwortung dafür, was in dieser Zeitschrift steht. ([Zwi- schenruf:] Endre Bajcsy-Zsilinszky: Er ist zusammen mit dem Feind Ungarns aufge- treten! Das ist die Wahrheit!) ... Meine konservative Weltanschauung steht jeglichen Umsturzbestrebungen, ja gar jeglicher Demagogie entgegen und so ist es nur natür- lich, daß ... Als bescheidener Kämpfer der Konterrevolution war ich Mitglied der ersten Re- gierung nach dem Kommunismus und als Minister für Nationale Minderheiten habe ich mich anderthalb Jahre lang mit aller Kraft darum bemüht, die schwerwiegende und heikle Frage, die Frage der nationalen Minderheiten einer Lösung näher zu brin- gen. Ich war davon überzeugt, daß das der größte Dienst ist, den ich für das Land, für die Zukunft Ungarns, für die Integrität und Revision erbringen kann. Es schmerzt, daß meine ehrlichen Bemühungen in diese Richtung Schiffbruch erlitten haben. Ich konn- te die Frage, trotz meines ernsthaftesten und aufrichtigsten Willens, nicht lösen, weil ein Teil unserer Gesellschaft, der kleinere, aber um so lautere Teil, in seiner Auffas- sung hinsichtlich der Nationalitätenfrage langsam aber sicher in den Zustand vor dem Weltkrieg, ja gar in einen verschlechterten Zustand zurückstolperte. Ich bin von meinem Ministerposten zurückgetreten und seitdem ist jede Bestre- bung zugunsten der nationalen Minderheiten in der ungarischen Öffentlichkeit die Zielscheibe von Verdächtigung, Verleumdung und sogar von Haß. Meinen Patriotis- mus und den meiner Freunde in Abrede zu stellen ist heute bereits ein wirklicher pat- riotischer Verdienst; ich bekenne mich aber auch heute noch zu dem, wozu ich mich zur Zeit der Revolution und wozu ich mich nach der Revolution in verantwortungs- voller Position bekannt habe, genau zu dem, was damals, als ich in der Budapester Zeitung Artikel verfaßt habe, von Jenő Rákosi begrüßt und später auch von Graf Gyula Andrássy, Graf Albert Apponyi und Graf István Bethlen für richtig befunden wurde.

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Es wäre in der Tat unmännlich und feige, wenn ich meine Prinzipien, die klare Überzeugung und patriotische Sorge haben reifen lassen, gemäß der Laune der zwi- schen den Extremen schwankenden, kurzsichtigen und uninformierten öffentlichen Meinung in Ungarn ändern würde. Ich war in meiner Nationalitätenpolitik konsequent und habe mich nie der politischen Konjunktur gebeugt. Ich hatte den Mut dazu, in dieser Frage auch zu einer Zeit, als es ein Verdienst war, möglichst viel vom ungari- schen Staat zu erpressen, nur geringe Forderungen zu stellen. Das kann ich mit einer Erklärung beweisen, die ich in meinem Namen und im Namen meiner Freunde im Herbst 1918 vor dem sogenannten Nationalrat abgelegt habe. Diese Erklärung ist in der Budapester Zeitung erschienen und gemäß dieser Erklä- rung lautete unser Programm [folgendermaßen] (er trägt vor): „1. Um jeden Preis und unter allen Umständen bestehen wir auf die territoriale Integrität Ungarns. 2. Für das Deutschtum des Landes fordern wir all jene Rechte, die das neuerstehende Ungarn den nicht-ungarischsprachigen Volksrassen gewährt. 3. Wir erklären aber, daß wir keine deutsche nationale Autonomie anstreben, sondern auch weiterhin in Einheit und in der von unseren Vorfahren geerbten Treue mit der politischen Nation der Ungarn leben wollen. Die Rechte unseres Volkes sind uns heilig, heilig sind aber auch die staatlichen und emotionalen Bande, die unser Volk seit Jahrhunderten in Freud und Leid an die ungarische Nation binden.“ Dies habe ich zu einer Zeit gesagt, als hier offiziell die Nationalitätenpolitik von Oszkár Jászi herrschte. Als nach dem Weltkrieg infolge des intriganten Verhaltens der Kleinen Entente die Frage der Abspaltung Westungarns aufgeworfen wurde, habe ich – das kann ich getrost sagen – so für den Verbleib dieses Landesteils gestritten, so hingabevoll ge- kämpft, wie jeder andere in diesem Lande. Ich habe dies getan, obwohl ich mir mit dieser Agitation in Österreich und Deutschland den Groll und die tiefe Feindschaft der national gesinnten deutschen Kreise zugezogen habe. Aber damals, als ich mich so für den Verbleib Westungarns eingesetzt habe, und auch als ich gegen die revolu- tionäre Nationalitätenpolitik gekämpft habe, stand dieselbe deutsche Bewegung in Ungarn hinter mir, die auch heute hinter mir steht. Aus der patriotischen Intuition der Teilnehmer dieser deutschen Bewegung in Un- garn, aus der Seele unseres deutschen Volkes und aus Liebe zu diesem Volk schöpf- ten wir die Kraft unserer Entschlossenheit. Ich bitte das Hohe Haus gnädigerweise zu erlauben, im Namen und in Vertretung dieser deutschen Bewegung in Ungarn eine Deklaration vortragen zu dürfen. Seien Sie so gnädig, hierzu die Einwilligung zu ge- ben, weil ich und meine Freunde nicht im Geheimen Politik machen, sondern offen, aufrichtig und im vollen Bewußtsein unserer Verantwortung Politik betreiben; hier, vor der Bühne der Nation wollen wir sagen, was diese Bewegung ist, was die Inhalte dieser Bewegung sind und was die Ziele dieser Bewegung sind. Hohes Haus! Es ist das wichtigste und gleichzeitig auch natürlichste Recht jeder nationalen Minderheit, ihre Kinder in der eigenen Sprache auszubilden. Kulturvölker können nur so ihr Volkstum und ihre rassische Kultur unversehrt und unverdorben von Generation zu Generation weitergeben, wenn ihnen die Schule zu Hilfe steht. Auch unser ungarisches Deutschtum, dessen Zahl auch in Rumpf-Ungarn eine halbe

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Million gut übersteigt, hat auch nach dem Krieg das wärmste und dringendste Ver- langen nach der Wiederherstellung der alten deutschen Volksschule. Márton Lovászy, der Kultusminister der Regierung von Mihály Károlyi, kam die- sem Wunsch in einem Rundtelegram, das sich an die Schulträger richtete, nach und die Friedrich-Regierung erließ gleichfalls eine Regierungsverordnung, die auf diese Weise versuchte, diesem Verlangen Genüge zu leisten. Auch die Bethlen-Regierung beeilte sich, diesem Wunsch mit einer Regierungsverordnung, die als Regierungsver- ordnung im Sinne von § 10 des Gesetzesartikels I/1920 Gesetzeskraft hat, nachzu- kommen. Leider kompliziert diese Bethlen’sche Regierungsverordnung und noch mehr die sich darauf beziehende Durchführungsverordnung des Religions- und Erzie- hungsministers diese Frage in überflüssiger Weise. Ihre ehrliche Durchsetzung wird nämlich dadurch erschwert, daß sie hinsichtlich der Grundvolksschule drei sogenannte Typen festlegt. Zuerst [gibt es] den sogenann- ten A-Typus, bei dem die Unterrichtssprache die Minderheitensprache ist und die un- garische Staatssprache, selbstverständlich mit großer Stundenzahl, ein Pflichtlehrfach bildet. Der zweite ist der B-Typus, bei dem etwas die Hälfte der Fächer in Minderhei- tensprache, die [andere] Hälfte auf Ungarisch gelehrt wird. Schließlich gibt es den C- Typus, bei dem die Minderheitensprache nur Lehrfach ist, die eigentliche Unterrichts- sprache aber das Ungarische. Die Schule vom A-Typus ist eine wirkliche Minderhei- tenschule und das Deutschtum in Ungarn akzeptiert in dieser nicht nur gerne den Un- terricht der ungarischen Staatssprache, sondern fordert deren erfolgreiche Unterrich- tung. Die Schule vom B-Typus ist bereits keine richtige Minderheitenschule mehr, aber unser Deutschtum könnte sich mit ihr abfinden, wenn die diesbezügliche Ver- ordnung streng eingehalten würde und die Zweisprachigkeit nicht gegen die Mutter- sprache – wie dies oft geschieht – ausgespielt werden würde. Demgegenüber können wir die Schule vom C-Typus nicht als Minderheitenschule anerkennen, so wie keine Minderheit der Welt dies tun würde. Am allerwenigsten würden die ungarischen Minderheiten in den entrissenen Gebieten – und zwar mit vollem Recht – diese [Schulart] akzeptieren. Es stellt sich [nun] die Frage, inwiefern die Regierungsverordnung und die sie er- gänzende Durchführungsverordnung in Kraft getreten sind beziehungsweise was der tatsächliche Zustand im Hinblick auf den Unterricht in deutscher Muttersprache in den Grundvolksschulen unserer deutschsprachigen Gemeinden ist? Dieser – schmerz- liche – Zustand ist alles andere als zufriedenstellend. Gemäß der Statistik, die das Amt des Ministerpräsidenten im Herbst 1928 in der Presse veröffentlicht hat, waren in 390 Gemeinden 463 sogenannte Minderheitenschulen aufgeführt, darunter 49 bzw. 10,6 Prozent vom A-Typus, 98 bzw. 21,2 Prozent vom B-Typus und 316 bzw. 68,2 Prozent von C-Typus, d.h. wirklicher muttersprachlicher Unterricht erfolgt – auch auf dem Papier – nur in 31 Prozent. Herr Ministerpräsident Graf Bethlen hat zur gleichen Zeit, als diese Statistik ver- öffentlicht wurde, feierlich versprochen, daß er die Schulen vom C-Typus schrittwei- se in Schulen des B-Typus umwandeln wird und daß der C-Typus nur in solchen klei- nen, gemischt ungarisch-deutschen Gemeinden erhalten bleibt, in denen aufgrund der geringen Kinderzahl nur eine unterrichtsfähige Schule existiert. Herr Ministerpräsi-

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dent Graf Bethlen löste dieses Versprechen tatsächlich ein bis zwei Jahre lang ein, aber dann kam die Durchführung ins Stocken und die Situation hat sich seitdem nicht nur nicht gebessert, sondern auf der ganzen Linie stark verschlechtert, wie anhand der Daten des Statistischen Jahrbuchs über die Tätigkeit der Regierung im Jahre 1931 auch hervorgeht. Obwohl seine Exzellenz der Herr Reichsverweser bei der Eröffnung der gegen- wärtigen Parlamentssitzung in Aussicht stellte, daß sich die Regierung in besonderer Weise um die Durchsetzung der Rechtsnormen, die sich auf den Schutz der Sprach- minderheiten beziehen, und um die Entwicklung des muttersprachlichen Unterrichts sorgen werde, haben die Regierungen, die seitdem im Amt sind, dennoch in dieser Hinsicht kaum, ja gar nichts unternommen. Die Wahrheit ist heute die, daß es die Schule vom A-Typus sozusagen nur entlang der Westgrenze gibt und der B-Typus stark rückläufig war, alleine schon deswegen, weil er vielerorts zum C-Typus degradiert wurde. Und die Deutschsprachigkeit des C- Typus erschöpft sich – in Widerspruch zur Verordnung – in den meisten Fällen darin, daß in diesem nur ab der dritten oder vierten Klasse und wöchentlich nur zwei Stun- den – mehr oder weniger gut – Schreiben und Lesen in Deutsch unterrichtet wird. Es gibt aber auch Gemeinden, in denen die Zahl der Kinder mit deutscher Muttersprache die vorgeschriebenen Vierzig übersteigt und überhaupt nichts in Deutsch unterrichtet wird. Es ist wahr, daß die Verordnung neben der Schulbehörde und der Vertretungs- körperschaft auch den Eltern der schulpflichtigen Kinder das Recht gibt, zwischen den Typen zu wählen, aber dieses Recht existiert eigentlich nur in der Theorie, nur theoretisch, weil die sogenannten Elternkonferenzen, wenn sie überhaupt abgehalten werden, zumeist solche Pfarrer oder Berufsbeamte führen, die Gegner jeglichen Deutschunterrichts und auch des C-Typus sind. Das Ergebnis ist dann das, daß solche Schulkonferenzen entweder den Dorffrieden zerrütten, oder sich der Wille der Mäch- tigen im Dorf auf diktatorische Weise durchsetzt. Diese Elternkonferenzen sind jene gewissen Hintertüren, die in der Minderheitenpolitik eine solch große, solch traurige Rolle spielen. Eine ehrliche und wahre Absicht hat in dieser Hinsicht nur Gesetzesar- tikel XXXVIII/1868 in der Angelegenheit des Volksschulunterrichts. Dessen § 58 verfügt, daß „alle Zöglinge Unterricht in ihrer Muttersprache erhalten, insofern diese Sprache in der Gemeine eine der gepflegten Sprachen ist.“ Zum traurigen Zustand der Grundvolksschulen unserer deutschsprachigen Gemeinden trägt erschwerend der Um- stand bei, daß die Muttersprache der Kinder aus den Kindergärten zumeist – wiede- rum die westungarischen Gemeinden ausgenommen – völlig eliminiert ist. Ebenso eliminiert ist sie aus den Wiederholungsschulen. Ich halte es für ganz natürlich, daß in unseren Jungmänner-Institutionen das Leit- wort das Ungarische ist, aber es ist gegen das Interesse der heiligen Sache, daß die deutsche Sprache, mit wenigen Ausnahmen, völlig aus der Jungmänner-Erziehung, ja gar aus dem Umgang einfach verbannt ist. Es ist besonders schmerzlich, daß in vielen katholischen deutschen Schulen nicht einmal der Religionsunterricht in der Mutter- sprache, in der das Kind zuerst beten gelernt und Gott kennengelernt hat, stattfindet und daß das deutsche Gebet und Kirchenlied in den Schulen nicht gepflegt wird. Da- mit trennt sich das Kind im Religiösen vom Elternhaus, trennt sich von der Mutter

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und die Jugend wird seelisch von den Urzeiten und der Gemeinschaft ausgeschlossen. Aber sie wird davon vor allem auch dadurch ausgeschlossen, daß für die Schulkinder und Jungmänner vielerorts eigene Messen abgehalten werden, in denen weder dem deutschen Gebet, noch dem deutschen Gesang und der deutschen Predigt Platz einge- räumt wird. So wird eine Jahrtausende alte heilige religiöse Tradition zerrissen, die von Generation zu Generation überliefert wurde und die das sicherste Fundament des religiös-moralischen Lebens des Volkes bildet. Dies kann nur einen tiefen religiösen und moralischen Verfall zur Folge haben, der leider bereits vielerorts offensichtlich ist. Die rechtskräftige, geltende Bethlen’sche Regierungsverordnung verspricht, daß sich die Regierung darum kümmern wird, daß der Unterricht in den von ihr bestimm- ten bürgerlichen und Mittelschulen für die zu einer Sprachminderheit zählenden Schüler in den zu diesem Ziel eingerichteten Parallelklassen entweder ganz oder teil- weise in der Muttersprache der Schüler erfolgt. Die Regierungsverordnung verspricht auch dafür zu sorgen, die zur Durchführung dieser Verordnung notwendigen Lehr- kräfte in angemessener Zahl ausbilden zu lassen. Die tatsächliche Situation ist dem- gegenüber leider die, daß es keine einzige bürgerliche oder Mittelschule gibt und auch keine einzige Lehrerausbildungsanstalt, in der für die Schulen der deutschen Minder- heit unter dem Gesichtspunkt der deutschen Sprache auch nur in entferntester Weise angemessene Lehrkräfte ausgebildet worden wären. Zu welchem Ergebnis dieses Schulsystem führt, muß nicht breiter ausgeführt wer- den. Mindestens 70 Prozent der Jugendlichen mit deutscher Muttersprache, die die Grundschule abgeschlossen haben, können mehr oder weniger nicht Deutsch schrei- ben und lesen und 90 Prozent der Jugendlichen mit deutscher Muttersprache, die die Mittelschule absolviert haben, können keinen deutschen Brief schreiben, sie können nicht einmal einen deutschen Satz so strukturieren, wie es sich für einen gebildeten Menschen deutscher Herkunft geziemt. Dieses Bild, das wir skizziert haben, spricht in der Tat für sich. Wir möchten es nicht noch beredter machen mit der Beschwerde, daß der deutsche Volksbildungsver- ein, der von der Regierung zugelassen wurde und unter ihrer ständigen Kontrolle steht, seine Führung nicht frei wählen kann und daß seine Tätigkeit in einem Großteil des deutschen Sprachgebiets durch lähmende Hindernisse beeinträchtigt wird; wir wollen auch gar keinen Vortrag darüber halten, wie wenig die deutsche Minderheiten- sprache in den deutschen Gebieten sowohl in der Selbstverwaltung, als auch in den verschiedenen Ämtern und Behörden zur Geltung kommt, obwohl sich von den 22 Absätzen der erwähnten Regierungsverordnung 14 lediglich mit diesen Fragen be- schäftigen. Welchen Zweck diese Minderheitenpolitik verfolgt, die keinesfalls als glücklich bezeichnet werden kann, offenbaren die Angaben zu den Nationalitäten aus der Volkszählung des Jahres 1930. Diese Volkszählung nimmt die Ergebnisse gleichsam vorweg, die unsere Schulpolitik gegenüber dem Deutschtum des Landes offensicht- lich anstrebt. Diese Volkszählung verzeichnet nur mehr 478 000 Deutsche, also 73 000 weniger, als die Volkszählung von 1920, nach deren Angaben die Zahl der Deutschen bei 551 000 lag. Hierzu kommt noch, daß die natürliche Bevölkerungszu-

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nahme des Deutschtums im Jahre 1930, rund 40 000 Personen, ebenfalls verschwin- det, so daß der Fehlbestand – zumindest auf dem Papier – mehr als 100 000 Personen beträgt. Es ist unsere Überzeugung, daß wir mit einer Minderheitenpolitik in diesem Geiste und mit diesem Ziel weder unserem Land, noch der Zukunft des Ungarntums einen Dienst erweisen. Wir, die Deutschen in Ungarn, waren und sind unter allen Umständen treue Söhne der ungarischen Heimat. Diese Erde haben auch wir mit unserem Blut und Schweiß geheiligt; die Asche unserer Ahnen ruht seit Jahrhunderten in diesem Boden und auch wir hatten Anteil an der geistigen und materiellen Kultur dieses Bodens, weil wir die- sem von Generation zu Generation die besten und edelsten Kräfte geopfert haben. Unser Volk ging 1848 mit dem Ungarntum und im Weltkrieg hat es die ungarischen Grenzen verteidigt; es hatte weder etwas mit der Revolution gemein, noch damit, daß dieses Land zerstückelt wurde. In der Tat, wer den Patriotismus dieses Volkes in Fra- ge stellt, weil es auf seine Muttersprache und Volkskultur besteht, der sucht nur einen Vorwand, um es dieser [beiden] zu berauben. Während wir uns im Geiste von Ferenc Deák zur Einheit der ungarischen politischen Nation bekennen, also zu Mitgliedern des einheitlichen ungarischen Staates, haben wir immer bereitwillig die Primogenitur und die Berufung des Ungarntums zur Staatsgründung und -erhaltung sowie die dar- aus hervorgehenden historischen Rechte anerkannt und erkennen sie [auch heute] an. In dieser Hinsicht waren wir immer zentripetal, immer Anhänger des ungarischen Gedankens vom Heiligen Stephan, auf den der ungarische Staat tausend Jahre hin- durch gegründet war. Dieser ungarische Gedanke vom Heiligen Stephan hat uns aber das Recht gegeben, an unserer Rasse, an unserem Volkstum und an unserer Sprache, die uns Gott gab, mit ganzem Herzen und all unserer Kraft festzuhalten. Neuerdings hören wir in der ungarischen Politik immer weniger vom ungarischen Staatsgedanken und immer mehr und immer leidenschaftlicher vom Gedanken der ungarischen Rasse. Wir halten diese neue Ideologie, die andernorts gut sein kann, in der ungarischen Heimat für gefährlich, ja sogar für verhängnisvoll, weil wir, wenn der ungarische Staatsgedanke mit dem ungarischen Rassegedanken identifiziert wird oder wenn an die Stelle des ungarischen Staatsgedankens der ungarische Rassegedanke ge- setzt wird, nicht mehr – und das können wir ganz offen sagen – zentripetal eingestellt sein können. Wir können nicht mehr zentripetal sein, weil wir unsere Nationalität nicht leugnen können und weil wir unser Deutschsein weder als Schuld, noch als Schande begreifen können. Wir sind stolz darauf, Söhne eines tausendjährigen Landes zu sein, das herausra- gende Könige wie Stefan den Heiligen und Matthias Hunyadi hatte und solch große Staatsmänner wie Miklós Zrínyi, István Széchenyi und ; aber wir sind auch stolz darauf, daß wir einer Sprach- und Kulturgemeinschaft angehören, die einen Goethe, Kant und Beethoven hat. Ich frage Sie, die ungarischrassigen Mitglieder des Hohen Hauses, ob Sie an unserer Stelle anders handeln würden? Wir stehen treu und fest auf der Grundlage des Gedankens vom Heiligen Stephan und wollen gemäß diesem Glauben und dieser Überzeugung und im Geiste des Ge- dankens vom Heiligen Stephan die deutsche Schule, die deutsche Kirche und all jene Mittel, mit denen wir unsere uralte Sprache bewahren und die Kultur unserer Rasse

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entwickeln können. Wer diese Wünsche mit Schande belegt oder einzuschüchtern versucht, der begeht ein großes und niemals wieder gutzumachendes Attentat gegen die ungarische Heimat. Die Frage der ungarischen Revision steht und fällt damit, welche Minderheitenpo- litik wir hierzulande in der Praxis verfolgen. Hier sind alle Versprechungen wirkungs- los und jedes Bemühen, Illusionen zu erwecken, zwecklos. Wer anstelle des Gedan- kens vom Heiligen Stephan ungarische Rassepolitik verkündet, der vergeht sich nicht nur am ungarischen Staat, sondern auch an der ungarischen Rasse, der verzichtet für ewig darauf, daß irgendwann auch andere Völker und Volksgruppen als die Rasseun- garn [sic!] in dieses Land zurückkehren oder sich die Slowaken, Deutschen, Ruthenen und die anderen zurücksehnen. Wer diese [Rassepolitik] verkündet, der verzichtet darauf, daß der historische Raum Ungarns irgendwann einmal wieder ungarisch be- herrscht wird, der akzeptiert den Gedanken, daß das Ungarntum auf seine tausendjäh- rige historische Berufung verzichtet, daß das Ungarntum zu einem Volk mit 8 bis 10 Millionen herabrutscht, die es dutzendweise in Ost- und Südosteuropa gibt. Die Sen- dung des Ungarntums bestand tausend Jahre hindurch darin, verschiedenen ... [Fort- setzung fehlt]. Graf Albert Apponyi hielt vor sieben Jahren im Kreise des Budapester Szent-Imre- Kollegiums eine Rede über die ungarische Nationalitätenpolitik und über die Vergan- genheit und Gegenwart der ungarischen Nationalpolitik [nemzeti politika]. Erlauben Sie mir gnädigerweise, daraus einige Sätze vorzutragen (er trägt vor): „Wir müssen gegenüber den in Rumpfungarn zu findenden, zahlenmäßig geringen nicht-ungarischsprachigen Personen diejenige Politik verfolgen, die wir wünschen, daß sie gegenüber dem von uns abgerissenen Ungarntum verfolgt wird. Es ist ja of- fensichtlich, daß jedes Aufbrausen, das die Unterdrückung des Ungarntums in den Nachbarstaaten bei uns auslöst, ja gar jedes Aufschreien unserer Brüder und auch alle noch so gerechtfertigten Klagen in ihrer moralischen Kraft zusammenbrechen, wenn man sich darauf berufen kann, daß Ungarn sich gegenüber seinen fremdsprachigen Bürgern auch nicht anders verhält. Das ist eine so offensichtliche Wahrheit, daß nur eine Kurzsichtigkeit, die an Unzurechnungsfähigkeit grenzt, sich vor dieser Erkennt- nis verschließen kann. Die Verordnungen der Regierung sind in dieser Hinsicht rich- tig und nicht zu beanstanden, ihre präzise Durchführung an der Peripherie muß aber mit größtem Nachdruck gefordert werden.“ Den Worten des großen Staatsmannes fügen wir nur hinzu, daß wir nicht auf das Diktat von Trianon bauen, nicht auf Genf bauen, nicht auf den Pazifismus bauen und nicht auf den Internationalismus bauen, sondern wir bauen auf den historischen Ge- nius der ungarischen Nation, wir bauen auf das politische Ingenium der ungarischen Nation und auf die niemals endende und über allem menschlichen Willen und aller menschlichen Entschlossenheit stehende Schicksalsgemeinschaft, die das Ungarntum und das Deutschtum hier drinnen im Donaubecken und draußen in der europäischen Politik aufeinander angewiesen sein läßt und zusammenzwingt. Wir bitten und for- dern dringend von der ungarischen Regierung und von der ungarischen Gesellschaft, die an und für sich rein sprachlichen und kulturellen Wünsche des Deutschtums in Ungarn zu befriedigen. Es ist unsere heilige Überzeugung, daß sie damit nicht nur

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menschlich Gutes für das Deutschtum tut, sondern daß dies die Grundlage für jegliche Politik bildet, die diese Nation und dieses Land erneut zu Größe führen kann. In unserem schweren seelischen Kampf, in unserem Ringen zwischen Recht und Verpflichtung wenden wir uns mit den Worten des Evangeliums an die christlich ge- sinnten und gerecht denkenden wirklichen Ungarn: „was du nicht willst, daß andere mit dir tun, tue nicht mit anderen“. Dieses hielt ich aufgrund meines Verantwortungsbewußtseins für meine Pflicht, der Ehrwürdigen Regierung und dem Hohen Haus darzulegen; ich hielt es für meine Pflicht, dieses offen und ehrlich vor der Bühne der Nation zu erklären. Dem Haushalt stimme ich zu. Meine weiteren politischen Entschlüsse muß ich aber davon abhängig machen, zu welchen Schritten Sie [d.h. die Regierung und das Parlament] sich in dieser Frage entscheiden.

Die deutsche Übersetzung der Rede Bleyers ist erschienen unter dem Titel „Die Not des ungar- ländischen Deutschtums“, in: Nation und Staat 6 (1932/33), S. 542-547.

8. A magyar-német kisebbségi megállapodást tartalmazó jegyzőkönyv (az úgynevezett bécsi népcsoportegyezmény)

Attól az óhajtól vezérelve, hogy a német népcsoport helyzetét Magyarországon a kölcsönös barátságos kapcsolatoknak megfelelően rendezzék, a magyar királyi kormány és a birodalmi kormány a következő megállapodást kötötték: I. A magyar királyi kormány biztosítja a német népcsoporthoz tartozó személyeknek azt a lehetőséget, hogy német népiségüket korlátozás nélkül megőrizhessék. Gondoskodni fog arról, hogy a német népcsoporthoz tartozó személyeknek a népcsoporthoz való tartozás tényéből és amiatt, hogy a nemzetiszocialista világnézetet vallják, semmiféle módon és semmiféle téren hátrányuk ne származzék. A népcsoporthoz az tartozik, aki magát a németséghez tartozónak vallja s akit a Magyarországi Németek Szövetségének („Volksbund der Deutschen in Ungarn“) vezetősége népi németnek („volksdeutsch“) elismer. Ezeknek az alapelveknek megfelelően kiváltképpen a következők állapíttatnak meg: (1) A német népcsoporthoz tartozó személyeknek az idevonatkozó általános szabályok figyelembevételével joguk van arra, hogy szervezkedjenek, és hogy különleges célokra, mint aminők például az ifjúság gondozása, a sport, a művészeti tevékenység stb., egyesüléseket alakítsanak. (2) A népcsoporthoz tartozó személyek Magyarországon minden hivatást ugyanolyan előfeltételek és feltételek mellett gyakorolhatnak, mint a többi magyar állampolgárok. (3) A népcsoporthoz tartozó személyekre Magyarország összes népességéhez viszonyított arányszámuknak megfelelően tekintettel lesznek a magyar hivatalok

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betöltésénél és az önkormányzati testületek megalakításánál, amennyiben a betöltés kinevezés útján történik. A népi német hivatalnokok kiváltképpen a német népi települési területeken működő hatóságoknál s a föléjük rendelt központi hatóságoknál alkalmazandók. (4) A népcsoporthoz tartozó személyek valamennyi gyermekének lehetővé kell tenni, hogy ugyanolyan feltételek mellett, mint amilyenek a magyar iskolákra nézve érvényesek, népi német iskolákban nevelkedhessenek, éspedig a közép-, középfokú és elemi iskolákban, valamint szakiskolákban. Magyar részről mindenképpen elő fogják mozdítani az alkalmas népi német tanítókban elegendő utánpótlás kiképzését. (5) A népcsoporthoz tartozó személyeknek joguk van arra, hogy nyelvüket szóban és írásban mind személyes és gazdasági viszonylataikban, mind pedig nyilvános gyűléseken szabadon használják. Német nyelvű napilapoknak, folyóiratoknak s egyéb kiadványoknak közzétételét nem fogják olyan korlátozásoknak alávetni, mint amilyenek megfelelő magyar nyelvű kiadványok közzétételére nem érvényesek. Olyan közigazgatási körzetekben, ahol a német népcsoporthoz tartozó személyek az összes népességnek legalább egyharmadát teszik ki, ezek az illető kerületekben a hivatalos érintkezésben a német nyelvet használhatják. (6) A népcsoport jogosult a gazdasági önsegélyre és szövetkezeti ügyének kialakítására. (7) Magyar részről kerülni fognak minden olyan rendszabályt, amely a kényszerű asszimiláció célját szolgálhatná, különösen a népi német családnevek magyarosítása útján. A népcsoporthoz tartozó személyeknek joguk van arra, hogy a családjuk által előbb viselt nevet újra felvegyék. (8) A népcsoporthoz tartozó személyeknek kulturális téren joguk van a nagynémet anyaországgal szabadon érintkezni. II. A magyar királyi kormány és a birodalmi kormány között teljes egyetértés áll fenn arra nézve, hogy a fenti alapelvek semmiképpen se érintsék a lojalitásnak azt a kötelességét, amellyel a népcsoporthoz tartozó személyek a magyar államnak tartoznak. III. A Magyarországgal ismét egyesített, eddig romániai területen élő és a német népcsoporthoz tartozó személyekre nézve a következő különös megállapodás létesült: A magyar királyi kormány az ezeken a területeken letelepült népi németek kérelmére biztosítani fogja azt a lehetőséget, hogy a Német Birodalomba átköltözködhessenek. Azoknak a népi németeknek, akik ezzel a joggal élni akarnak, kérelmüket e megállapodás napjától számított kétévi határidőn belül kell előterjeszteniük. Az átköltözködésnél a népi németek ingó vagyonukat szabadon magukkal vihetik. Ingatlan vagyonukat költözködésük előtt értékesíthetik és a befolyt összeget az illető jegybankok által közösen megállapítandó feltételek mellett kivihetik, illetve átutalhatják. Az átköltözködés részleteit a magyar királyi kormány és a birodalmi kormány mihamarabb meg fogja állapítani. E megállapodás keretében

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szabályoztatni fog az a kérdés is, milyen feltételek mellett fogja a magyar állam azt az ingatlan tulajdont átvenni, amelynek értékesítése a tulajdonosnak az előírt határidőn belül nem sikerült. E tekintetben mindkét kormányt a különös körülmények figyelembevételével azok az alapgondolatok fogják vezetni, amelyek a birodalmi kormány számára a dél-tiroli népi németek átköltözködésénél mérvadók voltak.

Bécs, 1940. évi augusztus hó 30. napján

A magyar királyi kormány részéről A birodalmi kormány részéről Gróf Csáky István Joachim v. Ribbentrop magyar királyi külügyminiszter birodalmi külügyminiszter

Quelle: Magyarországi Rendeletek Tára 1940, Budapest 1941, S. 3239-3245. Kommentar: Mit diesem Protokoll erkannte die ungarische Regierung an, dass die Zugehörig- keit zur deutschen Minderheit in Ungarn nicht vom freien Willen des Staatsbürgers, sondern von der Entscheidung des Volksbundes der Deutschen in Ungarn abhing. Die ungarische Re- gierung weigerte sich – trotz deutschen Drucks – allerdings, das Abkommen vom Parlament als Gesetz ratifizieren zu lassen. Das Abkommen wurde schließlich als Verordnung des Minis- terpräsidenten Nr. 8490 am 28. November 1940 im Budapesti Közlöny veröffentlicht.

8a. Deutsch-ungarisches Protokoll vom 30. August 1940 betreffend die Stel- lung der deutschen Volksgruppe in Ungarn

In dem Wunsche, die Stellung der deutschen Volksgruppe in Ungarn entsprechend den beiderseitigen freundschaftlichen Beziehungen zu gestalten, haben die Reichsre- gierung und die Königlich Ungarische Regierung nachstehende Vereinbarung getrof- fen: I. Die Königlich Ungarische Regierung gewährleistet den Angehörigen der deutschen Volksgruppe die Möglichkeit, ihr deutsches Volkstum uneingeschränkt zu erhalten. Sie wird dafür Sorge tragen, daß den Angehörigen der deutschen Volksgruppe aus der Tatsache ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe und aus ihrem Bekenntnis zur natio- nalsozialistischen Weltanschauung in keiner Weise und auf keinem Gebiete Nachteile irgendwelcher Art erwachsen. Angehöriger der Volksgruppe ist, wer sich zum Deutschtum bekennt und von der Führung des Volksbundes der Deutschen in Ungarn als Volksdeutscher anerkannt wird. Entsprechend diesen Grundsätzen wird insbeson- dere folgendes festgestellt: 1. Die Angehörigen der deutschen Volksgruppe haben unter Berücksichtigung der bezüglichen allgemeinen Vorschriften das Recht, sich zu organisieren und Verbände für besondere Zwecke, wie zum Beispiel für Jugendpflege, für Sport, für künstleri- sche Betätigung usw. zu bilden.

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2. Die Angehörigen der Volksgruppe können in Ungarn jeden Beruf unter den gleichen Voraussetzungen und Bedingungen wie die anderen ungarischen Staatsange- hörigen ausüben. 3. Die Angehörigen der Volksgruppe werden entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung bei der Besetzung der ungarischen Behörden und der Zusam- mensetzung der Selbstverwaltungskörper, insofern die Besetzung durch Ernennung erfolgt, berücksichtigt werden. Die volksdeutschen Beamten sind vorzugsweise bei den Behörden in den volksdeutschen Siedlungsgebieten und den ihnen übergeordne- ten Zentralbehörden zu verwenden. 4. Alle Kinder der Angehörigen der Volksgruppe sollen die Möglichkeit haben, unter den gleichen Bedingungen, wie sie für die ungarischen Schulen gelten, eine Erziehung auf volksdeutschen Schulen zu erhalten, und zwar auf Höheren, Mittleren und Grundschulen, sowie auf Fachschulen. Die Ausbildung eines geeigneten und aus- reichenden volksdeutschen Lehrernachwuchses wird ungarischerseits in jeder Weise gefördert werden. 5. Die Angehörigen der Volksgruppe haben das Recht auf freien Gebrauch ihrer Sprache in Wort und Schrift sowohl in ihren persönlichen und wirtschaftlichen Be- ziehungen als auch in öffentlichen Versammlungen. Die Herausgabe von Tageszei- tungen, Zeitschriften und sonstigen Veröffentlichungen in deutscher Sprache wird keinen Beschränkungen unterworfen werden, die nicht auch für die Herausgabe ent- sprechender Veröffentlichungen in ungarischer Sprache gelten. In den Verwaltungs- gebieten, in denen die Angehörigen der deutschen Volksgruppe mindestens ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachen, können sie sich für den amtlichen Verkehr in diesen Bezirken der deutschen Sprache bedienen. 6. Die Volksgruppe hat die Befugnis zu wirtschaftlicher Selbsthilfe und Ausgestal- tung ihres Genossenschaftswesens. 7. Ungarischerseits werden alle Maßnahmen vermieden werden, die dem Zwecke einer zwangsweisen Assimilierung, insbesondere durch Magyarisierung der volks- deutschen Familiennamen dienen könnten. Die Angehörigen der Volksgruppe haben das Recht, einen in ihrer Familie früher geführten Namen wieder anzunehmen. 8. Die Angehörigen der Volksgruppe haben auf kulturellem Gebiete das Recht zum freien Verkehr mit dem großdeutschen Mutterlande. II. Zwischen der Reichsregierung und der Königlich Ungarischen Regierung besteht vol- les Einverständnis darüber, daß die vorstehenden Grundsätze in keiner Weise die Pflicht der Angehörigen der Volksgruppe zur Loyalität gegenüber dem ungarischen Staate berühren sollen. III. Für die Angehörigen der deutschen Volksgruppe in den mit Ungarn wiedervereinig- ten, bisher rumänischen Gebieten wird folgende besondere Vereinbarung getroffen: Die Königlich Ungarische Regierung wird den in diesem Gebiete ansässigen Volksdeutschen auf deren Antrag die Möglichkeit gewähren, in das Deutsche Reich

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umzusiedeln. Die Volksdeutschen, die von diesem Recht Gebrauch machen wollen, haben ihren Antrag innerhalb einer Frist von zwi Jahren vom Tage dieser Vereinba- rung an zu stellen. Bei der Umsiedlung können die Volksdeutschen ihr bewegliches Vernögen frei mit sich führen. Sie können ihr unbewegliches Vermögen vor ihrer Abwanderung liquidieren und den Erlös unter durch die betreffenden Notenbanken zu vereinbarenden Bedingungen ausführen beziehungsweise überweisen. Die Einzelhei- ten der Umsiedlung werden zwischen der Reichsregierung und der Königlich Ungari- schen Regierung alsbald festgelegt werden. Im Rahmen dieser Vereinbarung wird auch die Frage geregelt, unter welchen Bedingungen jenes unbewegliche Eigentum, dessen Liquidierung dem Eigentümer in der vorgesehenen Frist nicht gelingt, vom ungarischen Staate übernommen wird. Beide Regierungen werden sich dabei unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse von den Grundgedanken leiten lassen, die für die Reichsregierung und Königlich Italienische Regierung bei der Regelung der Umsiedlung der Volksdeutschen in Südtirol maßgebend gewesen sind.

Wien, den 30. August 1940.

Für die Reichsregierung Für die Königlich Ungarische Regierung: gez. Joachim v. Ribbentrop, gez. Gf. Stefan Csaky, Reichsminister des Auswärtigen. Königlich ungarischer Außenminister

Quelle: VIKTOR BRUNS: Politische Verträge: Eine Sammlung von Urkunden. Garantiepakte, Bündnisse, Abkommen über politische Zusammenarbeit, Nichtangriffs-, Neutralitäts- und Ab- rüstungsverträge der Nachkriegszeit, bearb. von GEORG VON GRETSCHANINOW, Band II/2, Ber- lin 1942, S. 1254.

9. Abkommen über die Aufstellung von Verbänden der Waffen-SS in Un- garn 1942. Verbalnote

Die Deutsche Gesandtschaft bestätigt dem Königlich Ungarischen Ministerium des Äußern dankend den Empfang nachstehender Verbalnote:

1. Das Königlich Ungarische Ministerium des Äußern beehrt sich der Deutschen Ge- sandtschaft mitzuteilen, daß die Königlich Ungarische Regierung auf Ersuchen der Deutschen Reichsregierung ihre Zustimmung dazu erteilt hat, daß ungarische Staats- bürger deutscher Volkszugehörigkeit – ohne Rücksicht darauf, ob sie Mitglieder des Volksbundes der Deutschen in Ungarn sind oder nicht – im Alter von 18-30 Jahren, auf Grund freiwilliger Meldung zur Deutschen Waffen-SS angeworben werden, unter der Voraussetzung jedoch, daß die Angeworbenen als Facharbeiter in kriegswichtigen Industrien oder als fachgebildete Soldaten entbehrlich sind. Hierüber haben die unga-

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rischen Behörden zu entscheiden. Die Anzahl der Angeworbenen kann vorläufig höchstens 20 000 betragen. 2. Die gegenwärtige Anwerbung soll mit der größten Beschleunigung durchgeführt wer- den. Die Werbung erfolgt unter Ausschluß der Presse, durch die Organisation des Deutschen Volksbundes.

3. Tauglich gemusterte minderjährige Freiwillige besorgen nach erfolgter Annahme durch die Musterungskommission eine, durch die örtliche Verwaltungsbehörde be- glaubigte, schriftliche Einwilligung der Eltern (des gesetzlichen Vertreters) zum Ein- tritt in die Waffen-SS und zur Entlassung aus dem ungarischen Staatsverbande. Voll- jährige legen nur den Antrag auf Entlassung aus dem ungarischen Staatsverbande vor.

4. Diese Urkunden werden nachher der Musterungskommission und von dieser dem Sonderbeauftragten des Reichsführer-SS mit den Musterungslisten übergeben, der dieselben an den Kgl. Ung. Honvédminister weiterleitet.

5. Die Werbung wird auf folgende Weise durchgeführt: a) Die Freiwilligen werden durch den Ortsleiter des VDU oder seine Beauftragten angeworben und erfaßt. Dieser hat die Zahl der sich meldenden Freiwilligen dem Sonderbeauftragten des Reichsführer-SS – Obersturmbannführer Nageler – bekannt- zugeben. Der Sonderbeauftragte teilt die Musterungskommissionen ein, denen je ein Verbindungsoffizier der Kgl. Ung. Verwaltungsbehörden zugeteilt werden. Der Son- derbeauftragte teilt die Einteilung der Musterungskommission der Abteilung 1/B des Königlich Ungarischen Honvédministeriums auf kurzem Wege mit. Das Königlich Ungarische Honvédministerium wird das Notwendige veranlassen, damit die erwähn- ten ungarischen Mitglieder sich rechtzeitig an Ort und Stelle einfinden. b) Die durch die Musterungskommission für tauglich befundenen Freiwilligen werden in eine Musterungsliste eingetragen, welche in zwei Abschriften durch den Sonderbeauftragten des Reichsführer-SS dem Königlichen Ungarischen Honvédmi- nister zur Überprüfung der militärischen und arbeitsmässigen Entbehrlichkeit vorge- legt wird. Die Musterungsliste enthält folgende Vertikalrubriken: 1./ laufende Zahl 2./ Name und Vorname 3./ Identitätsnummer /falls vorhanden/ 4./ Geburtsjahr und -ort 5./ Name der Mutter 6./ Religion 7./ Familienstand und Zahl der Kinder

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8./ Militärisches Rang- und Dienstverhältniss 9./ Zuständiger Truppenkörper nach Rubrik 15 der Legitimationsblattes /:Igazolvány-lap 15 rovat:/ 10./ Beruf 11./ Schulbildung 12./ Vermögensverhältnisse 13./ Anmerkung

Die Überprüfung der dem Königlich Ungarischen Honvédminister vorgelegten Wer- bunglisten erfolgt innerhalb acht Tagen nach Eingang beim Honvédministerium (Ab- teilung 1/b). c) Nach erfolgter Freistellung durch das Königlich Ungarische Honvéd- ministerium werden die Freiwilligen zum Abtransport der Deutschen Reichsregierung zur Verfügung gestellt. d) Die Königlich Ungarische Regierung nimmt zur Kenntnis, daß die Angeworbe- nen mit der Übernahme die deutsche Reichsangehörigkeit erhalten.

6. Die Königlich Ungarische Regierung nimmt zur Kenntnis, daß die Deutsche Reichs- regierung die Verpflichtung übernimmt, daß a) die Werbungsaktion keineswegs gegen das Ungarntum oder den ungarischen Staat und insbesondere nicht gegen die Königlich Ungarische Honvéd propagandis- tisch ausgenützt wird; b) die auf die geschilderte Weise zu deutschen Reichsangehörigen gewordenen Personen seitens der Deutschen Reichsregierung mit keinem militärischen, diplomati- schen oder sonstigen Auftrag im öffentlichen Dienst auf dem Gebiet Ungarns ange- stellt oder verwendet werden; c) die auf die geschilderte Weise zu Angehörigen der Deutschen Wehrmacht ge- wordenen Personen während ihres eventuellen Urlaubsaufenthaltes in Ungarn nur Bürgerkleidung tragen werden.

7. Die Fragen der Unterstützung der in Ungarn wohnhaften Angehörigen der angewor- benen Freiwilligen wird die Deutsche Reichsregierung im Einvernehmen mit der Kö- niglich Ungarischen Regierung regeln.

8. Die Königlich Ungarische Regierung versichert, daß jenen Freiwilligen, die bei der Musterung untauglich befunden oder aus irgendwelchen anderen Gründen zurückge- stellt worden sind, aus ihrer freiwilligen Meldung keinerlei politische oder wirtschaft- liche Nachteile erwachsen werden.

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9. Alle Kosten der Werbungsaktion werden von der Deutschen Reichsregierung getra- gen.

10. Die gegenwärtige Vereinbarung tritt am Tage der schriftlichen Bestätigung des Er- halts dieser Verbalnote durch die Deutsche Gesandschaft in Budapest in Kraft. Das Königlich Ungarische Ministerium des Äußern beehrt sich die Deutsche Ge- sandschaft zu ersuchen, das Zustandekommen der gegenwärtigen Vereinbarung auch ihrerseits schriftlich bestätigen zu wollen.

Budapest, den 19. Februar 1942

Die Deutsche Gesandschaft erklärt sich mit der vorstehenden Vereinbarung einver- standen.

Budapest, den 24.Februar 1942

Quelle: Belügyminisztérium Dokumentációs Osztályának Irattára, Budapest, A-699.

10. Abkommen über die Aufstellung von Verbänden der Waffen-SS in Un- garn 1943. Verbalnote

Das Königlich ungarische Ministerium des Äußern beehrt sich der Deutschen Ge- sandtschaft das Zustandekommen folgender Vereinbarung über eine neue Werbeakti- on in Ungarn für die Waffen-SS zu bestätigen.

1. Auf Ersuchen der deutschen Reichsregierung willigt die Kgl. Ung. Regierung ein, daß Mitglieder der Deutschen Volksgruppe in Ungarn – unabhängig davon, ob sie Mit- glieder des Volksbundes der Deutschen in Ungarn sind oder nicht – der Geburtsjahr- gänge 1908-1925 auf Grund freiwilliger Meldung zur Waffen-SS angeworben wer- den, vorausgesetzt, daß die Angeworbenen als Facharbeiter der Kriegsindustrie oder als Soldaten mit Spezialausbildung abkömmlich sind; worüber die ungarischen Be- hörden zu entscheiden haben. Die Zahl der Unabkömmlichen wird sich im Rahmen der vorjährigen Musterung halten.

2. Die Werbung erfolgt auf geschlossenen volksdeutschen Versammlungen oder Heim- abenden des Volksbundes der Deutschen in Ungarn (VDU) unter Ausschluß der Pres-

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se durch die Organisation des VDU. Es besteht Einverständnis, daß eine Kritik oder Gegenpropaganda gegen die Tatsache der Werbung in der ungarischen Presse nicht betrieben wird. Die Werbung darf erst mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorliegenden Ver- einbarung begonnen werden.

3. Für die in der Kgl. Ung. Honvéd dienenden Volksdeutschen gilt folgendes: Der VDU wird mit Genehmigung der Kgl. Ung. Regierung eine Liste der in der Kgl. Ung. Honvéd Dienst leistenden Volksdeutschen der Geburtsjahrgänge 1908- 1925 aufstellen. Das Kgl. Ung. Honvédministerium wird nach Erhalt der darin enthal- tenen Volksdeutschen für die Dauer von 8 Tagen zur Abgabe einer freiwilligen Mel- dung für die Waffen-SS in ihre Heimatorte beurlaubt. Meldet sich der beurlaubte Volksdeutsche während des Urlaubs für die Waffen-SS bei einem Ortsleiter des VDU, so erhält er hierüber eine sonderliche Bestätigung. Mit dieser begibt er sich nach seinem Urlaub zur Truppe zurück. Fallen Urlaub und Musterung zeitlich zusammen, so erhält der tauglich Gemuster- te eine Bescheinigung der Musterungskommission. Findet die Musterung erst nach Beendigung des Urlaubs statt, so wird der betreffende Angehörige der Kgl. Ung. Honvéd auf Grund der vorerwähnten Bestätigung des Ortsleiters des VDU zur Mus- terung im Korpsbereich erneut beurlaubt. Das gleiche gilt für die Volksdeutschen der Geburtsjahrgänge 1908-1925, die erst während der Werbung für die Waffen-SS zur Kgl. Ung. Honvéd eingezogen werden, sofern sie bei einer Meldung bei der Truppe eine Bestätigung des VDU vorlegen, daß sie sich für die Musterung zur Waffen-SS gemeldet haben. Sämtliche tauglich Gemusterten werden, soweit sie nicht im Sinne der Ziff. 1. unabkömmlich sind, sofort aus der Kgl. Ung. Honvéd in ihre Heimatorte entlassen. Von diesem Augenblick an finden auf die Entlassenen die Bestimmungen der Ziff. 4- 10 Anwendung. Die Musterung wird wie folgt durchgeführt: a) Die Freiwilligen werden durch den Ortsleiter des VDU oder dessen Beauftrag- ten geworben und erfasst. Dieser hat die Zahl der sich freiwillig Meldenden dem Er- satzkommando Südost der Waffen-SS bekanntzugeben. Das Ersatzkommando Südost teilt hierauf die Musterungskommission ein, daß je ein Verbindungsoffizier der Kgl. Ung. Honvéd und ein Mitglied der Kgl. Ung. politischen Behörden zugeteilt werden. Das Ersatzkommando Südost gibt die Einteilung der Musterungskommissionen, deren Zahl und Arbeitsplan der Abteilung 1. om. des Kgl. Ung. Honvédministeriums we- nigstens 8 Tage vor Beginn der Musterungen auf kurzem Wege bekannt, damit dieses die ungarischen Mitglieder zeitgerecht stellig machen kann. b) Bezüglich der Einzelheiten der Musterungen (Inhalt und Form der Musterungs- listen, deren Anlagen, Zurverfügungstellung und Abtransport der Freiwilligen, usw.) hat sich das Ersatzkommando Südost mit der Abteilung 1. om. des Kgl. Ung. Hon- védministeriums direkt ins Einvernehmen zu setzen.

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c) Nach erfolgter Freistellung der Gemusterten durch das Kgl. Ung. Honvédminis- terium werden die Freiwilligen zum Abtransport dem Ersatzkommando Südost zur Verfügung gestellt.

5. Die tauglich Gemusterten und seitens der Kgl. Ung. Honvédministeriums zur Verfü- gung gestellten Freiwilligen werden zu deutschen Staatsangehörigen und verlieren bei der Verladung und Übergabe an die deutschen Transportoffiziere ihre ungarische Staatsangehörigkeit. Zu diesem Zweck haben die Freiwilligen gelegentlich der Muste- rung der Musterungskommission eine Erklärung vorzulegen, worin sie um die Entlas- sung aus dem ungarischen Staatsverband ansuchen. Die Vordrucke dieser Erklärun- gen sind – bei Minderjährigen den Eltern oder dem Vormund – vor der örtlichen Be- hörde zu unterzeichnen. Die unterzeichneten Vordrucke sind den von den Muste- rungskommissionen zu führenden Musterungslisten beizufügen. Es besteht Einverständnis, daß die Frage der Staatsangehörigkeit der Ehefrauen und minderjährigen Kinder erst nach Kriegsende geregelt wird.

6. Die Fürsorge für die Familienangehörigen der Freiwilligen und die Versorgung ihrer Hinterbliebenen gehen zu Lasten des Deutschen Reichs. Die Fürsorgesätze sind die gleichen wie sie den Angehörigen der in der Kgl. Ung. Honvéd Dienenden gezahlt werden. Die Kgl. Ung. Regierung erklärt sich mit dem Transfer der für die Fürsorge und Versorgung sowie für die Überweisung der ersparten Kriegsbesoldung notwendigen Beträge einverstanden.

7. Die Kgl. Ung. Regierung versichert, daß den Freiwilligen, die bei der Musterung un- tauglich befunden oder aus irgendwelchen anderen Gründen zurückgestellt worden sind, aus ihrer freiwilligen Meldung keinerlei politische oder wirtschaftliche Nachtei- le erwachsen werden. Das gleiche gilt auch für die Angehörigen der Freiwilligen, die bei der Musterung tauglich befunden und durch das Kgl. Ung. Honvédministerium freigestellt werden. Die Kgl. Ung. Regierung wird dafür Sorge tragen, daß die ihnen verliehenen Rechte, deren Ausübung an die ungarische Staatsangehörigkeit gebunden ist, und die durch das Erlöschen derselben auch erlöscht, wie z.B. Schankkonzessionen und Trafikrech- te, auf einen, an den zuständigen Minister gerichteten Antrag auf die Ehefrau oder ei- nen anderen nächsten Familienangehörigen übertragen werden, soweit hier für die ge- setzlichen Bedingungen gegeben sind. Als Erben werden die Freiwilligen bis nach Beendigung des gegenwärtigen Krie- ges den ungarischen Staatsangehörigen gleichgestellt.

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8. Diejenigen Freiwilligen, die während der ersten 4 Monate ihrer Truppenzugehörigkeit dienstuntauglich befunden werden, sind durch das Ersatzkommando Südost dem Kgl. Ung. Honvédministerium namentlich bekannt zu geben. Die Kgl. Ung. Regierung si- chert deren Wiedereinbürgerung zu.

9. Die tauglich Gemusterten und freigestellten Freiwilligen sind bis zu ihrem Abtrans- port vom Leventedienst befreit.

10. Die im Zuge dieser Aktion erforderlichen Nachmusterungen können in direktem Ein- vernehmen mit dem Kgl. Ung. Honvédministerium durchgeführt werden.

11. Alle Kosten, die aus dieser Aktion erwachsen, werden von der Deutschen Reichsre- gierung getragen.

12. Die Vereinbarung tritt am heutigen Tage in Kraft. Budapest, den 22. Mai 1943.

Quelle: Belügyminisztérium Dokumentációs Osztályának Irattára, Budapest, A-699.

11. Abkommen über die Aufstellung von Verbänden der Waffen-SS in Un- garn 1944

1. Im Zuge des gemeinsamen, verstärkten Kriegseinsatzes gegen den gemeinsamen Feind werden sofort stärkere SS-Verbände aufgestellt. Die Aufstellung erfolgt zum Teil auf ungarischem Staatsgebiet.

2. Um die beschleunigte Aufstellung in personeller Hinsicht sicher zu stellen, wird fol- gendes Verfahren zur Anwendung gebracht:

3. Ungarische Staatsbürger, Staatenlose, Andersstaatliche deutscher Volkszugehörigkeit aller Jahrgänge werden nach gegenseitiger Vereinbarung für die Dauer des Krieges

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im Wege der Wehrdienstpflicht der Deutschen Wehrmacht – Waffen-SS überlassen. Die Wehrdienstpflicht beginnt vorerst mit Vollendung des 17. Lebensjahres.

4. Als deutscher Volksangehöriger kommt in Anwendung dieser Vereinbarung in Be- tracht, wer sich durch seine Lebensweise und seine Volkstums-Merkmale als solcher zeigt oder sich freiwillig zum Deutschtum bekennt.

5. Für das Aufstellen der SS-Verbände kommen Männer, sowohl aus den zivilen Sekto- ren /Reservisten und Ungediente/ wie auch aus der Honvéd in Frage. Die Werbung darf erst mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der folgenden Vereinbarung begonnen werden.

6. Mit Berücksichtigung der Produktionsfähigkeit der Industrie des Bergbaus und der Schlagfertigkeit der Honvéd werden die nötigen Facharbeiter mit Spezialausbildung durch das Honvédministerium zu eigener Verfügung zurückgehalten. Die Zurückstel- lung darf, wie bei den ersten beiden Waffen-SS Aktionen ermittelt, 10,5% der zur Einberufung tauglich Gemusterten nicht übersteigen.

7. Erforderliche Unterkünfte und Truppenübungsplätze werden vom Honvédministerium zur Verfügung gestellt. Ebenso im Rahmen des Möglichen, Ausrüstung, Gerät, Mate- rial usw.

8. Die Erfassung, Musterung und Einberufung erfolgt durch das SS-Hauptamt, Ersatzin- spektion Süd-Ostraum, SS-Ersatzkommando in Ungarn, in Zusammenarbeit mit dem Königlich Ungarischen Honvédministerium.

9. Die Entscheidung: a) über die Zurückstellung erfolgt unmittelbar nach der Musterung durch die Waf- fen-SS, b) über die Zurückhaltung entscheidet innerhalb 14 Tage nach der Musterung das Honvédministerium. Zurückgestellte müssen auch vom ungarischen Staat in ihren zi- vilen Berufen belassen werden.

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10. Das Ungarische Honvédministerium erhält vom SS-Ersatzkommando Ungarn Trans- portlisten der Einberufenen in gleicher Ausfertigung und Art wie bisher.

11. Die Fürsorge und Versorgung erfolgt entsprechend den bisherigen Vereinbarungen.

12. Die in die Deutsche Wehrmacht, Waffen-SS Einberufenen behalten alle Rechte eines ungarischen Staatsbürgers und bleiben ungarische Staatsangehörige. Durch den Ein- tritt in die Deutsche Wehrmacht, Waffen-SS gelten sie gleichzeitig als deutsche Reichsangehörige. Dasselbe gilt auch für alle bisher in die Deutsche Wehrmacht – Waffen-SS Einberufenen. Für die Betreffenden gilt also der bisherige Verzicht auf die ungarische Staatsangehörigkeit oder bereits vorgenommene Ausbürgerung als rück- gängig gemacht. Die Angehörigen der Einberufenen geniessen die gleichen Rechte und Begünstigungen, wie Angehörige der zur Honvéd Einberufenen.

Budapest, den 14. April 1944. Csatay vezds. Dr. Veesenmayer

Quelle: Belügyminisztérium Dokumentációs Osztályának Irattára, Budapest, A-699.

12. Az Ideiglenes Nemzeti Kormány 600/1945. M. E. számú rendelete a na- gybirtokrendszer megszüntetéséről és a földmíves nép földhözjuttatásáról

[...] II. Fejezet

A földbirtokok elkobzása

4. §. Teljes egészében és nagyságra való tekintet nélkül el kell kobozni a hazaárulók, a nyilas, nemzeti szocialista és egyéb fasiszta vezetők, a Volksbundtagok, továbbá a háborús és népellenes bűnösök földbirtokait.

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5. §. Hazaáruló, háborús- és népellenes bűnös az a magyar állapolgár, aki a német fasizmus politikai, gazdasági és katonai érdekeit a magyar nép rovására támogatta, aki önkéntes jelentkezéssel német fasiszta katonai, vagy rendfenntartó alakulatba belépett, aki va- lamilyen német katonai, vagy rendfenntartó alakulatnak a magyarság érdekeit sértő adatokat szolgáltatott, vagy mint besúgó működött, aki ismét felvette német hangzású családi nevét. 6. §. Nyilas, nemzeti szocialista és egyéb fasiszta vezető az, aki bármilyen elnevezés alatt, a nyilas vagy más hasonló mozgalom (Magyar Megujulás Pártja, az országgyűlés tagjaiból alakult Nemzeti Szövetség stb.) politikai programját valló tagja volt a kormánynak, az országgyűlés képviselő- vagy felsőházának, az országos, kerületi, vagy a budapesti vezetőségben tag volt, vagy aki 1941. évi junius 26. napja után a nyilaskeresztes, vagy más fasiszta mozgalom politikai, társadalmi és gazdasági elveit szolgáló párt, egyesület vagy más szervezet helyi alakulataiban mint vezető, helyettes vezető, titkár, ügyész működött, avagy a nyilas és egyéb fasiszta pártban, a rendvédelmi alakulatnak a tagja volt. 7. §. E rendelet 4-6. §-aiban említett cselekmények elkövetőinek tulajdonát képező földbirtokok, a megművelésre szolgáló összes eszközökkel, élő és holt gazdasági felszerelésével és a rajtuk lévő épületekkel, az államra szállnak át. Ugyancsak az államra szállnak át a 4-6. §-okban felsorolt személyek belsőségei is. Méltányos esetben, a lakóház és 600 négyszögölnél nem nagyobb telek, a visszama- radt család számára meghagyható. 8. §. A Községi Földigénylő Bizottságok előterjesztésére, a Megyei Földbirtokrendező Tanácsok állapítják meg, hogy a 4-5-6. §-ok értelmében kinek a földbirtokát kell elkobozni. X. Fejezet E rendelet a kihírdetése napján életbelép és végrehajtása azonnal megkezdendő. Debrecen, 1945. évi marcius hó 15-én Az Ideiglenes Nemzeti Kormány nevében: Miklós Béla miniszterelnök

Quelle: Magyar Közlöny vom 15. März 1945. Übersetzung: Verordnung Nr. 600/1945 der Provisorischen Nationalregierung über die Auflö- sung des Großgrundbesitzes und die Neuverteilung des Bodens an die Landbevölkerung.

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13. Bibó István: Emlékirat a magyarországi németség kitelepítésével kapcso- latos helyzetről

A magyarországi németség kitelepítésével kapcsolatos tervek jelenlegi (1945. decem- ber 15.) állása a lehető legnagyobb mértékben aggodalomra ad okot atekintetben, ho- gy az egész akció részleteiben minden ellenkező szándék ellenére a tavalyi zsidó de- portálásokra emlékeztető akcióvá fog fajulni. Azok a momentumok, melyek ezt valószínűvé teszik, a következők:

1. Végtelenül súlyos és következményében katasztrofális a Minisztertanács elé szánt rendelettervezetnek az a rendelkezése, mely szerint kitelepítésre kerülnek azok is, akik az 1941. évi népszámlálásnál magukat magyar nemzetiségűnek, de német anyanyelvűnek vallották. Köztudomású, hogy 1941-ben a magyarországi német kül- politikai és Volksbund-terror ideje alatt német anyanyelvű embernek magát magyar nemzetiségűnek vallani komoly és bátor cselekedet és a magyarság melletti határozott színvallás volt. Azok ugyanis, akik a magyar ellenpropaganda hatása alatt számításból nem vallották magukat német nemzetiségűeknek, a biztonság kedvéért rendszerint magyar anyanyelvűeknek is vallották magukat, míg azok, akik magukat német anyanyelvűnek, de magyar nemzetiségűnek vallották, túlnyomó többségükben a való tényeknek és valóságos érzelmeiknek megfelelő tisztességes állásfoglalást tettek, és ezzel sokkal nagyobb mértékben kitették magukat a Volksbund terrorjának, mint azok, akik német anyanyelvüket letagadták. Ebből indult ki a magyar belügyi kormányzat már ez év szeptemberében is, mikor a Szövetséges Ellenőrző Bi- zottságnak adott válaszában a kitelepítendők keretét a német nemzetiségüekben jelöl- te meg és a kitelepíthetők számát ezek számánál (303 000) valamivel kisebb számban jelölte meg. A német anyanyelvűek bevonása azzal a következménnyel fog járni, hogy a) ezeknek a részéről, akik joggal úgy érzik, hogy a németséggel nem voltak szo- lidárisak – még ha ennek valami kiemelkedő tevékenységgel bizonyítékát nem is adták – a kitelepítéssel szemben sokkal nagyobb ellenállás fog mutatkozni. Ez gya- korlatilag arra fog vezetni, hogy bujkálási és okirathamisítási apparátus alakul majd ki, amelyeket csak a tavalyi méretekkel lehet mérni és amelyekben nem csak aljas és megvesztegetett svábbújtatók, hanem teljesen önzetlen emberi vagy magyar érzéstől vezetett emberek is részt fognak venni. Nem cél, hogy Magyarország másodszor is arról tegye magát nevezetessé, hogy karácsony előestéjén hoz ki egy öngyilkossági hullámot kiváltó jogszabályt! Ezzel kapcsolatban a kormányzat kénytelen lesz ponto- san ugyanazt az undorító és embertelen sajtóatmoszférát teremteni, amely a múlt esztendőt jellemezte, s ennek során igen egyszerűen érthető emberi reakciókat kényte- len lesz sötét gazságokként beállítani. A bujkálásokkal kapcsolatban az ember- vadászatnak, a zsarolásnak és az erkölcsi eldurvulásnak ugyanazok a jelenségei fog- nak megjelenni, mint most másfél esztendeje a zsidókkal kapcsolatban. b) A második következmény az, hogy ha a későbbiek során a kitelepítési akció bármilyen okból megakad, akkor az lesz a helyzet, hogy az első transzportokkal

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kiszállítottunk egy csomó magát magyar nemzetiségűnek vallott embert, ugyanakkor mikor a megakadás folytán esetleg volksbundisták tömegei fognak itt maradni. c) Végül a harmadik, nemzeti szempontból legsúlyosabb következmény az lesz, hogy mindaz, ami Magyarországon a németekkel szemben történik, precedensül és mintául fog szolgálni a csehszlovákiai magyarság sorsára nézve. A legnagyobb mér- tékben súlyosnak és lelkiismeretlennek találom azt az idő előtti beállítást, hogy a prágai tárgyalások megakadása folytán úgy is esedékes a csehszlovákiai magyarok ki- telepítése, tehát mi sem tehetünk okosabbat, mint hogy igyekszünk nekik minél na- gyobb mértékben helyet csinálni. A potsdami határozatok bizonyosan nem ok nélkül szorították a kitelepítést a németekre, s amíg ugyanolyan rendelkezés a magyarokra nézve nem történik, addig teljességgel felesleges és meg nem bocsátható ilyen mér- tékben elébe menni és könnyebbséget szerezni azoknak, akik a csehszlovákiai ma- gyarsággal kapcsolatban katasztrofális terveket készítenek elő. Bármennyire is valla- nak bizonyos jelek arra, hogy a csehszlovákoknak ezt az akcióját a Szövetséges Ellenőrző Bizottság részéről ha nem is támogatják, de legalábbis bizonyos fokig sza- badjára engedik, mi a magunk részéről nem mondhatunk le arról, hogy igyekezünk megakadályozni olyan fait accompli-t, mely már a békeszerződések megkötése előtt kárunkra teremt végleges helyzetet. Mindezeknek a meggondolásoknak az alapján a legkevesebb az, ha a kitelepítési rendeletben a kitelepítendők körét e pillanatban a német nemzetiségűekre, vagy még jobb lenne, a volksbundistákra korlátoznák, mert ha ezekből kifogyunk, akkor később még mindig mérlegelni lehet szélesebb kategóriák bevonását. A kitelepítés során el ne felejtsük belevonni azokat a jugoszláviai németeket, akikkel hónapok óta labdáznak határtól határig a legkülönbözőbb hatóságok.

2. Másodsorban fel kell hívnom a figyelmet a rendelet nyilvánvalóan szándékos túlzott egyszerűségének a veszélyeire. Aki ismeri a zsidó törvényekkel és rendeletek- kel kapcsolatban kialakult konkrét helyzeteket, az tudja, hogy e téren merev jogs- zabályok emberek és családok kettéfűrészelésére és a legszörnyűbb egyéni helyzetek- re vezethetnek. Ezen csak egy, a jelenleginél részletesebben kidolgozott rendelet segíthet, melyet olyanok, akik az egykori zsidó rendelkezések következményeit isme- rik, igen hamar el tudnak készíteni. A jelen emlékirat végén csatolok egy ilyen terve- zetet, mely – a nemzetiségi alap elfogadása mellett – számot vet azzal, hogy: a) rendelkezni kell a gyermekek, nevelt és örökbefogadott gyermekekre vonat- kozóan is, b) az egyetlen gyermeknél lakó felmenőt akkor sem szabad attól elszakítani, ha netalán 65 évnél fiatalabb, c) az özvegy, elvált vagy különélő szülőt nem szabad kitelepíteni, ha vegyes házasságból származó gyermekével él együtt; képzeljünk el egy német nemzetiségű özvegyasszonyt, aki magyar nevű és nemzetiségű gyermekeivel él együtt; d) valamiféle szervet meg kell bízni a kitelepülési kötelezettség elbírálásával és itt feltétlenül kell egyfokú jogorvoslatot engedni.

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3. A harmadik súlyos és a legnagyobb mértékben nyugtalanító momentum a köz- lekedési eszközök elégtelenségének, karhatalmunk hiányosságainak és a súlyos téli időnek az együtthatása. A legnagyobb mértékben tévedés azt hinni, hogy a zsidó de- portáltakat szállító vagonok pusztán azért váltak halálvagonokká, mert azt néhány szadista így határozta. Ezek szadisták nélkül is halálvagonokká váltak egyszerűen azért, mert néhány hiányos ítélőképességű és hiányos szervezőképességű ember fejé- be vette, hogy rövid úton megszabadítja Magyarországot a zsidóktól és ezt az el- határozását a nyilvánvaló ténybeli akadályok ellenére is forszírozottan keresztülvitte. Ma még súlyosabbak a ténybeli akadályok. Ebben a percben, amikor a kitelepítendő svábok összeterelése megkezdődik, ezek önmagukat ellátó és a maguk kenyerét meg- keresni tudó emberekből a közre szoruló emberekké válnak és minden egyes öl fa va- gy liter tej, ami részükre juttatódik, azonnal beállítható az éhező és fázó magyar mil- liókkal való összehasonlításba, minek a következménye az lesz, hogy hiába teszünk oda orvosokat és ápolónőket, mert a kitelepülök részére csak szűkös ellátási és való- színűleg teljességgel elégtelen fűtési viszonyokat tudunk majd biztosítani. Ha ehhez hozzávesszük azt, hogy szerelvény csak a berlini szövetségközi tanács engedélyével indulhat majd el, de ettől függetlenül is közlekedési viszonyainknak a tavalyihoz ké- pest többszörös leromlása folytán ezer és egy lehetősége van a fennakadásra, akkor minden tudatos szadizmus nélkül is a legkönnnyebben elénk rajzolódik az újabb ha- lálvagonoknak a képe, amelyekből majd megfagyott embereket és a hiányos táplál- kozás folytán az elpusztult gyermekeket fognak az osztrákok vagy az amerikaiak kis- zedni, amit azután senki sem fog elmulasztani annak illusztrálására, hogy a magyarok csupán áldozataikat váltogatják, de lényegileg ugyanazt csinálják. Ezeken a veszélye- ken semmiféle jóakarat önmagában nem segíthet, mert közlekedési, közigazgatási és rendészeti szervezetlenségünk ma sokkalta nagyobb, mint másfél évvel ezelőtt volt. Ennek az óriási veszélynek az elkerülésére csak egyet lehet tenni: tartózkodni min- denféle túlbuzgalmaktól, nem vállalni a Szövetséges Ellenőrző Bizottsággal szemben semmiféle olyant, aminek legalábbis kétszeresére nem vagyunk a legteljesebb mér- tékben felkészülve és minden intézkedésnél újból meg újból kihangsúlyozni azt, hogy a kitelepítést ők rendelték el, ennélfogva gondoskodnak a megfelelő eszközökről és az emberséges lebonyolítás biztosításáról. Nem kell attól félnünk, hogy ezzel kapcsolat- ban németpátolással fognak megvádolni, mert erre joggal felelhetjük, hogy semmi kö- rülmények között nem tehetjük ki magunk becsületét még egyszer egy olyan lemos- hatatlan mocsoknak, mint ami tavaly érte. A tavalyi gyalázat legfőbb tényezői nem a tudatos gazemberek és őrültek voltak, hanem azok a lagymatag emberek, akik gyáva- ságból nem mertek népszerűtlen álláspontot elfoglalni! Ha ezt nem merjük, akkor szóban hiába hangoztatjuk az emberséges lebonyolítást! Mindezeket a szempontokat vagyok bátor a legnagyobb aggodalommal a belügyi kormányzat figyelmébe ajánlani, azzal a hozzátétellel, hogy a belügyi kormányzat a maga hatáskörén belül még külön is vigyázzon arra, hogy ha nem akar az egész akció Fekete Pétere lenni, erején felül való dolgot ne vállaljon és amit vállal, az az egész kormányzat akciója legyen, nem pedig egyedül a belügyi kormányzaté. Budapest, 1945. december 15-én. Bibó István

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Melléklet: 1. §. (1) Németországba kitelepülni köteles az a magyar állampolgár, aki a Volksbundnak tagja volt (vagy aki a legutolsó népszámlálási összeírás alkalmával magát német nemzetiségűnek vallotta), valamint vele együttélő német nemzetiségű vagy anyan- yelvű házastársa és 20 éven aluli gyermekei. (2) A német nemzetiségű vagy anyanyelvű örökbefogadott és nevelt gyermekek a gyermekekkel egy tekintet alá esnek, hacsak a Németországba való kitelepülésre nem kötelezett szülőjük vagy szülője itthonmaradásukat nem kívánják. 2. §. Az 1. § rendelkezése nem vonatkozik: a) nem német anyanyelvű személy együttélő házastársára és kiskorú gyermekeire, valamint a velük – már a jelen rendelet hatálybaléptét megelőzően is – közös ház- tartásban élő felmenőkre (szülők, nagyszülők), ha azoknak más, Németországba kitelepülésre kötelezett lemenőik nincsenek vagy 65. életévüket 1945. évi december hó 15. napja előtt már betöltötték. b) nem német anyanyelvű (különélő, elvált vagy elhalt) személy házastársára vagy volt házastársára, ha az a házasságból származott gyermekekkel – már a jelen rendelet hatálybaléptét megelőzően is – közös háztartásban él.

3. §. A nem német anyanyelvűekkel egy tekintet alá esnek, s így reájuk és hozzátartozóikra a 2. § rendelkezéseit kell megfelelően alkalmazni azokra, [sic!] akiknek a nyilas uralom, valamint a német megszállás ellen szervezett ellenállási mozgalomban való részvételét vagy ellenállási tevékenységét az Országos Nemzeti Bizottság tanúsítja. 4. §. A kitelepítési kötelezettség tárgyában első fokon a belügyminiszter vagy az általa erre kijelölt szerv vagy szervek határoznak. E határozat ellen 8 napon belül fellebbezésnek van helye a Kitelepítési Tanácshoz, mely mindig a kitelepítés helyén működik. A Kitelepítési Tanács elnökből és két tagból áll, akiket három póttaggal együtt bírói ké- pesítéssel rendelkező személyek közül a belügyminiszter és igazságügy-miniszter előterjesztésére a Nemzeti Főtanács nevez ki.

Quelle: Magyar Tudományos Akadémia. Kézirattár, Ms. 5110/46d. Veröffentlicht von ÁGNES TÓTH: Bibó István memorandumai a magyarországi német lakosság kitelepítésével kapcsolat- ban, in: Bács-Kiskun megye múltjából, Band 11, Kecskemét 1992, S. 378-382. Übersetzung: Denkschrift über die Situation bei der Aussiedlung der Ungarndeutschen. Kommentar: Am Rande der ersten Seite hat Bibó unter anderem folgendes vermerkt: „[Meine Denkschrift] wurde in Entgegnung auf den Entwurf der Verordnung des Innenministeriums verfasst und ich habe sie an die mir bekannten Mitglieder des Ministerrates geschickt [...] Im

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Ministerrat hat die Frage für Verwirrung gesorgt, welches Dokument nun die offizielle Stel- lungnahme des Innenministeriums sei. Schliesslich wurde der offizielle Vorschlag angenom- men.“ Bibó hat seine Denkschrift am 15. Dezember 1945 abgeschlossen.

14. A nemzeti kormány 12330/1945. ME sz. rendelete a magyarországi né- met lakosságnak Németországba való áttelepítésről

A minisztérium a Szövetséges Ellenőrző Tanács 1945. évi november hó 20-án kelt és a magyarországi német lakosság Németországba való áttelepítéséről szóló határozat végrehajtásának tárgyában az 1945.-XI. tc. 15. §-ában kapott felhatalmazás alapján a következőket rendeli: 1. §. Németországba áttelepülni köteles az a magyar állampolgár, aki a legutolsó népszámlálási összeírás alkalmával német nemzetiségűnek vagy anyanyelvűnek val- lotta magát, vagy aki magyarosított nevét német hangzásúra változtatta vissza, továbbá az, aki a Volksbundnak vagy valamely fegyveres német alakulatnak (SS) tag- ja volt. 2. §. (1) Az 1. § rendelkezése nem vonatkozik a nem német nemzetiségű (anyanyelvű) személy vele együtt élő házastársára és kiskorú gyermekeire, valamint a velük – már a jelen rendelet hatálybalépését megelőzően is – közös háztartásban élő felmenőkre (szülők, nagyszülők), ha azok 65. életévüket 1945. december hó 15. napja előtt már betöltötték. (2) Az 1. § rendelkezését nem kell alkalmazni arra, aki cselekvő tagja volt valamely demokratikus pártnak, vagy legalább 1940 óta tagja volt a Szakszervezeti Tanács kö- telékébe tartozó valamely szakszervezetnek. (3) Nem kell alkalmazni az 1. § rendelkezését azokra sem, akik bár német anyanyel- vűeknek, de magyar nemzetiségűeknek vallották magukat, ha hitelt érdemlően iga- zolják, hogy a magyarsághoz való nemzethű magatartásukért üldöztetést szenvedtek. (4) A (2) és (3) bekezdésben szabályozott mentesség kiterjed a feleségre (özvegyre), a kiskorú gyermekekre (kiskorú árvákra), valamint a velük – már a jelen rendelet hatálybalépését megelőzően is – közös háztartásban élő felmenőkre (szülők, nagy- szülők) is. (5) A (2) és (3) bekezdés szerinti mentességeket nem lehet alkalmazni azokra, akik magyarosított nevüket német hangzásúra változtatták vissza, vagy a Volksbundnak, vagy valamely fasiszta szervezetnek, illetve katonai alakulatnak tagjai voltak. (6) A mentesítés kérdésében a belügyminiszter által kiküldött bizottság – jogorvoslat kizárásával – végérvényesen határoz.

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3. §. (1) Az áttelepülésre kötelezett személyeknek – tekintet nélkül arra, hogy az ország területén vagy azon kívül tartózkodnak – minden ingó és ingatlan vagyonát a jelen rendelet hatályba lépése napjától kezdődően zár alá vettnek kell tekinteni, a tulajdonos (birtokos) abból semmit el nem idegeníthet és azt meg sem terhelheti. A zár alá vett készletekből (élelmiszer, takarmány, tüzelő stb.) a tulajdonos (birtokos) csak a rendes háztartási és gazdasági szükségletének megfelelő mennyiséget használhatja fel. (2) A zár alá vett vagyont leltározni kell. A leltárak elkészítéséhez és a leltárba vett vagyontárgyak megőrzéséhez szükséges szakszemélyzetet az illetékes miniszterek bocsátják rendelkezésre. (3) Azt, hogy az áttelepülésre kötelezett milyen ingóságokat vihet magával, a belügyminiszter állapítja meg. (4) Az (1) bekezdésben foglalt tilalmak megszegése, valamint a zár alá vett vagyontárgyak megrongálása vagy megsemmisítése bűntett és büntetése tíz évig ter- jedhető fegyház. 4. §. (1) Az áttelepülésre kötelezett személyeket (1. §) minden községben (városban) lakóházanként össze kell írni és a közös háztartásban élőket családonként csopor- tosítva jegyzékbe kell foglalni. Külön névjegyzékbe kell fogialni azokat, akik az összeíráskor lakóhelyükről távol voltak. (2) Külön összeírást és névjegyzéket kell készíteni azokról, akikre az áttelepülési kötelezettség – a 2. §-ban foglaltak szerint – nem vonatkozik. (3) Minden hatóság köteles a birtokában lévő és az összeírás céljára szükséges adatot a községi elöljáróság rendelkezésére bocsátani. 5. §. (1) Az áttelepülésre kötelezettek névjegyzékét a község (város) hirdetőtábláján ki kell függeszteni. (2) A névjegyzékbe felvett személyek lakóhelyüket csak a községi rendőrhatóság engedélyével hagyhatják el. Ilyen engedély csak kivételesen indokolt esetekben ad- ható. (3) Akik lakóhelyüket engedély nélkül elhagyják, vagy magukat az áttelepülési kötelezettségek alól kivonják, azokat áttelepülésükig rendőrhatósági őrizetbe kell venni (internálni), ingó és ingatlan vagyonukat pedig el kell kobozni. (4) Azokra a községekre vonatkozóan, ahol arra az áttelepítés zavartalan lebon- yolítása érdekében szükség van, a belügyminiszter különleges forgalmi korlátozáso- kat rendelhet el.

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6. §. (1) Az áttelepítés végrehajtásának irányítására és ellenőrzésére a belügyminiszter miniszteri biztosokat küldhet ki. (2) A miniszteri biztosnak az áttelepítéssel kapcsolatosan kiadott rendelkezéseit min- den közigazgatási hatóság és hivatal köteles haladéktalanul végrehajtani. (3) A miniszteri biztos rendelkezik a végrehajtásnál szükséges karhatalommal. 7. §. (1) A jelen rendelet végrehajtásával kapcsolatosan szükséges részletes szabályokat – az érdekelt miniszterekkel egyetértésben – a belügyminiszter állapítja meg. (2) A jelen rendelet kihírdetése napján lép hatályba és végrehajtásáról a belügyminiszter gondoskodik.

Budapest, 1945. évi december hó 22-én Tildy Zoltán s. k. miniszterelnök

Quelle: Magyar Közlöny vom 29. Dezember 1945. Übersetzung: Verordnung Nr. 12330/1945 der Nationalregierung über die Umsiedlung der deutschen Bevölkerung Ungarns nach Deutschland. Kommentar: Das Prinzip der „kollektiven Verantwortung“ ermöglichte es, Einwohner, die der deutschen Nationalität angehörten oder Deutsch als Muttersprache angegeben hatten, auszu- siedeln – unabhängig davon, ob sie während des Weltkriegs Mitglieder faschistischer Organi- sationen gewesen waren oder nicht.

15. Újra megindul a sváb kitelepités

Június elsejétől kezdve a sváb kitelepítés szünetelt. Magyarországról – a szövetségen Nagyhatalmak potsdami egyezménye értelmében – a svábokat az USA németországi övezetébe kell kitelepíteni. Hogy a sváb kitelepítés újra megindulhasson, a magyar kormány megbízottja tárgyalásokat folyatott az USA meghatalmazottjával a kitelepítési feltételek megállapítása érdekében. A tárgyalások eredményre vezettek, augusztus 22-én a magyar kormány és az USA meghatalmazottja az egyezményt aláírták. Az egyezmény értelmében a magyar kormány hivatalosan az alábbi nyilatko- zatot közli az újra meginduló sváb kitelepítéssel kapcsolatban: A nagyhatalmak potsdami egyezménye a magyar kormánynak lehetőséget adott arra, hogy a magyarországi német lakosságot Németország területére telepítse. Az át- telepítés nem kötelessége a magyar kormánynak, de a potsdami szerződés erre lehető- séget ad. A magyar kormány élni akarván ezzel a lehetőséggel, 1946. évi augusztus 22-én a potsdami egyezményben foglalt rendelkezések szerint az érdekelt USA ka- tonai kormányzattal megegyezett, melynek értelmében az áttelepítés rendezett és em-

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berséges módon fog megtörténni és az ezen egyezmény során áttelepített németeket az USA németországi övezetébe befogadja. A magyar kormány az egyezmény értelmében felhivja a községi és városi közi- gazgatás vezetőik, hogy a Németországba kitelepített svábok új németországi lak- címét – ammenyiben az áttelepítettek hatóságok tudomására hozzák – nyilvántartásba foglálják s a kitelepítettek után érdeklődő rokonoknak rendelkezésére bocsássák. Az áttelepítés kezdete: 1946. szeptember 2. (MTI). Quelle: Magyar Nemzet, 1946. augusztus 30.

16. Nagy Ferenc miniszterelnök nyilatkozata a külföldi sajtónak

Ami a másik kérdést illeti – folytatta a miniszterelnök – a svábok kitelepítése révén nem tudunk helyet teremteni. A magyarországi sváb lakosságot általában nem vonjuk kollektív elbánás alá, csak azoknak a kitelepítéséről van szó, akik tetteikkel vagy állásfoglalásaikkal ténylegesen vétettek a magyar állameszme ellen. Ezeknek száma nem akkora, hogy eltávolításukkal helyet biztosíthatnánk 200.000 csehszlovákiai ma- gyarnak, nem beszélve arról, hogy a nincstelen magyar mezőgazdasági munkásság je- lentékény részének a földreform során nem jutott föld. Egyébként a 200.000 magyar kérdésében a megoldásnak annyiféle lehetősége van, hogy ezekről ma korai lenne beszélni.

Quelle: Magyar Nemzet, Kedd, 1946. október 15.

17. A Magyar Köztársaság kormányának 4300/1947. ME sz. rendelete a csehszlovák-magyar lakosságcsere-egyezmény alapján Magyarországra áttelepített szlovákiai magyarok elhelyezése érdekében a 12330/1945. ME sz. rendelet értelmében Németországba való áttelepítésre kötelezett magyarországi német lakosság összeköltözéséről

A minisztérium az 1946:XVI. tc. 1. §-ában foglalt és az 1947:VIII. törvénycikkel meghosszabbított felhatalmazás alapján a következőket rendeli: 1. §. Mindaddig, amíg a magyarországi német lakosságnak Németországba való áttelepíté- sét a Szövetséges Ellenőrző Tanács által az 1945. évi november 20. napján hozott határozat, valamint a magyar kormánynak az Amerikai Egyesült Államok berlini ka- tonai kormányzatával az 1946. évi augusztus hó 22.napján kötött egyezmény alapján folytatni nem lehet, a 12330/1945. ME számú rendelet értelmében Németországba való áttelepítésre kötelezett magyarországi németeket ideiglenesen össze lehet költöz- tetni avégből, hogy a Csehszlovákiából az 1945:XV. törvénycikkbe iktatott magyar-

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csehszlovák lakosságcseréről szóló egyezmény alapján Magyarországba áttelepített magyarok letelepíthetők legyenek. 2. §. (1) Az 1. § értelmében összeköltöztetendő németeket a 12330/1945. ME számú ren- delet 2. §-ának (6) bekezdése alapján a belügyminiszter által kiküldött mentesítő bi- zottság – jogorvoslat kizárásával – jelöli ki. (2) Nem lehet elrendelni azoknak a németeknek összeköltöztetését, akiket a Néme- tországba áttelepítés alól mentesítettek. 3. §. A Németországba áttelepítésre kötelezett személynek a 12330/1945. ME számú ren- delet 3. §-ának (1) bekezdése értelmében zár alá vettnek tekintendő ingatlan és ingó vagyona az államra száll át, kivéve azokat az ingóságokat, amelyeket az áttelepítendő személy Németországba való tényleges áttelepülése esetében magával vihetett volna. 4. §. A németek összeköltöztetése, valamint a Magyarországra áttelepített szlovákiai magyarok letelepítésének végrehajtása céljából fogatos vagy géperejű járműveket – a szükséghez képest – igénybe lehet venni. Az igénybevétel a 200/1946. ME számú rendelet szerint foganatosítandó. Az igénybevételért járó térítésről, valamint az össze- költöztetéssel, illetőleg a letelepítéssel kapcsolatos egyéb költségek fedezéséről az áttelepítési kormánybiztos gondoskodik. 5. §. Az összeköltöztetés, illetőleg a letelepítés végrehajtása céljából szükséges rendőri segélyről és katonai karhatalomról a belügyminiszter, illetőleg a honvédelmi miniszter – a szükségeshez képest egyetértően – gondoskodik. 6. §. (1) Aki az összeköltöztetése során tett hatósági intézkedésnek ellenszegül, vagy annak foganatosítását egyéb módon akadályozza – amennyiben cselekménye súlyosabb büntető rendelkezés alá nem esik -, vétség miatt öt évig terjedhető fogházzal büntetendő. (2) A vétség miatt az eljárás a 12340/1945. ME számú rendelettel (Magyar Közlöny 211. szám) szervezett külön tanács hatáskörébe tartozik. 7. §. A jelen rendelet kihirdetésének napján lép hatályba, végrehajtásáról a belügyminiszter gondoskodik.

Budapest, 1947. évi március hó 31-én. Nagy Ferenc s. k. Miniszterelnök

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Quelle: Magyar Közlöny vom 4. April 1947. Übersetzung: Verordnung Nr. 4300/1947 der Regierung der Republik Ungarn über die Zu- sammenlegung der ungarländischen deutschen Bevölkerung, die aufgrund der Verordnung Nr. 12330/1945 zur Umsiedlung nach Deutschland verpflichtet wurde, zugunsten der Unterbrin- gung der Magyaren, die aufgrund des tschechoslowakisch-ungarischen Abkommens über den Bevölkerungsaustausch aus der Slowakei ausgesiedelt wurden. Kommentar: Zwischen April und August 1947 wurden 5 192 deutsche Familien zum Umzug in gemeinsame Wohnungen gezwungen. Mit dieser „inneren Umsiedlung“ wurden 3 453 Häuser frei gemacht für die Ansiedlung der aus der Tschechoslowakei umgesiedelten Magyaren.

18. Erlebnisbericht eines Studenten aus Budakeszi über die Vertreibung der Volksdeutschen aus Budakeszi im Frühjahr 1946

Es wissen nur wenige, daß ich mich daheim aufhalte, bzw. daß ich schwer erkrankt daliege. Als ehem. Mitglied der deutschen Studentenschaft hätte ich einen gesicherten Platz in einem der berüchtigten Lager. Dieser Typhus ist vielleicht meine Rettung. Inzwischen kann ich die täglichen Verordnungen und „Gesetze“ der neuen Regie- rung in den Zeitungen studieren. Das Potsdamer Abkommen besiegelt unser Schick- sal endgültig. Wir werden ausgewiesen, unser Vermögen wird konfisziert. Die Zei- tungen des Regimes hetzen gegen die Schwaben, der Straßenjargon ist vorherrschend. Die Buchdruckerkunst scheint Gutenberg bloß als Verherrlichung der Sowjets erfun- den zu haben. Wir Schwaben schweigen und hoffen. Im Januar 1946 wird die Nach- barsgemeinde Budaörs, ca. 12 000 Einwohner, in Viehwaggons gepackt und nach Deutschland abgeschoben. Die Regierung hat es eilig, sie muß Platz schaffen für ihre „Neusiedler“. Die Aussiedlung ist „human“. Sie werden noch am Bahnhof durchsucht und letzte Wertgegenstände noch geraubt. Am 18. März 1946 schlägt auch unsere Stunde. Die Gemeinde wird von einigen hundert Milizsoldaten umzingelt. Am 19. morgens um halbacht Uhr ist es soweit. Ei- nige Rotarmisten der neuen Regierung erscheinen und fordern uns zum Verlassen des Hauses auf. Wir haben inzwischen gepackt. Wir dürfen 50 kg pro Kopf mitnehmen. Ein Bauernwagen fährt vor, einer der neuen Siedler muß uns nach Kleinturwall brin- gen, wo wir in Viehwaggons „verladen“ werden. Der Abschied von dem Vaterhaus ist kurz. Ein Mann in Lederjacke überprüft nochmals alles. Wir haben Herzklopfen, denn es wurden von meiner Mutter einige wertvolle Geräte – Vergrößerungsapparate, Ob- jektive, Kleinbildkameras – in Bettwäsche oder Säcke eingenäht. Es geht alles glatt. Am letzten Haus der Gemeinde Budakeszi-Johannistal müssen wir noch die Schlüssel übergeben. Meinem Vater fällt es ein, daß er seinen Contameter (optisches Gerät) auf das Fenster gelegt hatte und es vergaß. Ich renne durch Menschen und Wagen noch- mals nach Hause. Ich bin überrascht. Die verschlossene Haustüre ist aufgebrochen. Die in unserem großen Miethaus wohnenden magyarischen Familien besichtigen alles und wollen teilen. Sie sind sichtlich überrascht und schämen sich. Ich aber erwische das Contameter, das noch nicht entdeckt worden ist, und renne meinen Eltern nach.

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Wir müssen durch das magyarische Dorf Páty fahren. Unsere ehemaligen Nachbarn winken uns freundlich zu, manche wechseln noch ein paar Worte mit Bekannten, manche ungarische Bauernfrau weint mit unseren Frauen. Am kleinen Bahnhof in Kleinturwall werden wir einwaggoniert. Bis zu 25 Perso- nen in einen Wagen und Gepäck. Hier durchsucht nochmals die ganze Kolonne die politische Polizei. Es werden viele Nähmaschinen, Photo- und Radioapparate be- schlagnahmt. Ich muß meine Retina (Photoapparat), die ein Lederbefrackter in mei- nem Rucksack gefunden hat, abgeben. Schade, einige Szenen konnte ich festhalten und hätten dokumentarischen Wert gehabt. Als sogenannter Schutz kommen noch ei- nige russische Soldaten zum Zug. Sie fahren mit uns. Der Zug setzt sich langsam in Bewegung. Zusammengepreßt in Viehwaggons verlassen wir das Land, wo schon un- sere Urgroßeltern lebten und loyale Bürger des Staates waren.

Quelle: Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa. Bd. 2: Das Schicksal der Deutschen in Ungarn, Bonn 1956, S. 125-126. – Der Bericht hat als handschrift- liches Manuskript ohne Datum vorgelegen.

19. Erlebnisbericht des Bauern Gabriel Lang über die Vertreibung der Deut- schen aus Ragendorf (Rajka)

Am 1. Mai wurde von den zwei großen Párt gefeiert, so wie Kirchtag daheim, und niemand wußte und ahnte, daß letzte Mal Daheim. Früh 6 Uhr großer Gottesdienst, nachher Umzug, voran die Kapelle des Legény Egylet Kalot und alle Mitglieder der Kisgazda und Soz.Dem.Párt durch die Hauptgassen der Gemeinde. Nachmittags gro- ßes Volksfest im Walde, wo auch die beiden anderen Parteien neidisch mitfeierten. Es wurden auch große Reden gehalten von größeren Herren aus Győr und Magyaróvár. Nach der Begebenheit der 1. Maifeier im Jahre 1946 und das Anwachsen der Soz.Dem.Párt in den letzten Monaten war dem Umstand zuzuschreiben, daß die Ker.Soz. (Grieger und Giesswein-Anhänger) sich mit der Soz.Dem.Párt vermischten, um in Rajka eine Wirkung zu haben gegen die bereits wachsende Kom.Párt. Darum sah diese Maifeier, welche von den Kisgazda und Soz.Dem.Párt veranstaltet worden ist, und von der Parasztpárt auch gutgeheißen wurde, als eine getarnte christliche Großkundgebung aus, wo das neue Regime eine große Gefahr witterte und sogleich die Vermutung laut ist geworden, Ragendorf ist wieder der Ausgangspunkt wie bei der Niederschlagung des Kommunismus im Jahre 1919 durch Pintér László und An- hänger, das behauptete Genosse Légrády. Die nächsten 10 Tage waren von großer Arbeit für jeden einzelnen und wurden auch ausgenützt geistig, was möglich war von den Parteien, da jeder ahnte, schon daß dieser Ausspruch der Kom.Párt Folgen haben wird. Jetzt riskierte die Kom.Párt 5 Ta- ge vor der Aussiedlung einen Vorstoß, wenn sich die zwei großen Parteien restlos un- ter die Führung der Kom.Párt begeben, kommt keine Kommission zur Aussiedlung

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mehr nach Ragendorf, und es werden nur Volksbundmitglieder oder SS erfaßt wer- den, sonst aber keinesfalls ein anderer. Dieser Antrag wurde aber unter gründlicher Debatte von den beiden Parteien ab- gelehnt, und zwar eindeutig, ob Őslakók oder Telepesek sogar einstimmig, weil die das Richtige darin sahen, diese Leute hatten zu Ungarn gehalten und dürfen nicht ausgewiesen werden. Leider wurde darauf die Antwort gegeben und sofort kam ein Regierungskommis- sär und kündigte an, daß am Samstag Mittag die Kommission eintrifft zu der geplan- ten Aussiedlung und wer ein Mentesités erwünscht, kann selbe nur durch seine Partei stellen, wo er Mitglied ist, und muß dabei sofort 15 Millionen Pengö beilegen. Am 11. Mai kam wirklich die Kommission, die Proteste in Budapest waren erfolg- los, es hat nur der Kormánybiztos hier an Ort und Stelle zu entscheiden, und alle vier Parteien unterschreiben. Abends nach der Maiandacht war schon die große Tafel gedeckt, und es wurden mehrere Mädchen eingeladen unter Hinweis, ihre Familie wird enthoben, dieses konnte aber auch nicht helfen, ganze Nacht wurde angeblich gearbeitet, denn am Sonntag, den 12. Mai nach der hl. Messe trommelte der Kisbiró, ein jeder Bewohner hat sofort nachzusehen, ob er auf der Liste der Auszusiedelnden sich befindet und dann im gegebenen Fall kann sich dann das Mitglied bei seiner Partei durch den Vor- stand dann außertourlich entheben lassen. Das alles hätte eventuell unter Hinweis schöner klingen können, wenn man den Grund am Plakat lesen hätte können, wer von der Ungar.Reg. ausgesiedelt werden soll und wer nicht. Die Leute liefen sofort und was sah man und konnte lesen? Die Mehrzahl sogar irgendwie Gegner des Volksbundes und Horogkér-Párt. Und noch dazu Montag, den 13. Mai fertig gepackt, die Person 45 Kilo in Saächen eventuell verpackt, um zu wägen, davon Lebensmittel – Fett 1 Kilo, Mehl 8, Kartoffel 6 Kilo und einige Tage zu essen. Die ganze Gemeinde war ein Wespennest, aber noch niemand glaubte recht daran, die Parteien wurden bestürmt, von außen durfte nie- mand herein, die Rotarmisten umstellten die Gemeinde und patrouillierten. Nachmit- tag war das Begräbnis von Frau Palme (Bäckerin), und da waren viel Leute beisam- men, wir fragten bei der Probe der Sänger unseren Oberleutnant Herrn Békéfy, weil selbst im Kisg.Párt Sekretär war, was seine Meinung ist darüber. Nagyon rossz! Über mich sagte er, die beiden Parteien, auch Parasztpárt unterzeichnen den Ausweisungs- bogen auf keinen Fall. – Herr Hochw. Fehérváry sagte nur folgendes: „Elöre mond- tam hogy a kitelepítésnek valamilyen formában fog eljönni!“ Erwähnt soll auch werden, daß am Freitag den 10. Mai schon Volksbundleute und von SS-Familien zu den Zanegger Internierten gebracht wurden und gemeinsam ein- waggoniert sind worden und nach Deutschland fuhren. Montag früh gingen wir gemeinsam zur hl. Messe und kommunizierten und nah- men Abschied von der Kirche und Hochw. Fehérváry und von den Klosterfrauen, so- dann die Packerei zu beginnen, dann ärztliche Kontrolle, Waggonnummer besorgen. Aus Dunakiliti-Feketeerdő-Halászi sollten die Wagen kommen, uns nach Hegyes- halom bringen, aber kein Ungar von dort spannte ein und es waren alle Telepeswagen dann requiriert. Mit großer Wehmut packte jeder dann den Wagen, welcher zu den

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Häusern vorgefahren war, um 5 Uhr sollte jedes Gespann mit der Aussiedler-Familie am Hauptplatz schon anwesend sein. Da aber die Zahl der vom Reg.Kommissär von Ragendorf geforderten Personen noch immer die Grenze nicht erreicht hatte, wurden immer neue Familien in letzter Stunde noch ausgesucht und mit Gewalt aus den Häusern getrieben. Um 9 Uhr Abends war es soweit, daß die Zahl voll war, und der Transport fuhr nach Hegyeshalom, wo strenge Kontrolle war und vieles erst hier bei diesen Nimmer- satten weggenommen wurde. Der 13te Sack von mir war 2 Bettüberzüge und Wäsche, weil ein neues Tischtuch oben war und mit 12 Säcken das Gewicht hatte, wurde sel- ber ganz weggenommen. Außerdem nahm ich 2 Säcke Kartoffel mit, es wurde 1 Sack mir genommen, dann 20 bis 30 kg Mehl, ein 12 Meter langes Wäscheseil, 2 Stränge weil neu, 1 kg Nägel, eineinhalb Kilo Speck und noch Kleineres. – So ging es jeder Familie, protestieren hat nicht geholfen, auch daheim nicht als wir eine Inventarauf- nahme von allen forderten. Es wurde angedeutet, der Staat werde für alles sorgen und ein jeder von uns wird es hören, was wir an Entschädigung bekommen. Am 14. Mai früh 3 Uhr wurden wir einwaggoniert, 32 Personen hatte mein Wag- gon, und das Gepäck, der Transport hatte 50 Waggon Aussiedler, 5 Wagen Personal, dann Spital und Küche. – Die Aussiedler waren aus Karlburg, Ragendorf, Sarndorf, Pallendorf und Straß-Sommerein. Am 15. Mai Mittwoch um halb 17 Uhr setzte sich der Zug langsam in Bewegung, noch einen letzten Blick auf unser undankbares und doch von einem jeden geliebten Vaterland. Vor meiner Aussiedlung übergab ich den beiden Gendarmen Tiszthelyetes, Csizmadia, mein Elternhaus und meinen Bruder János, welcher taubstumm war, daher daheim blieb, und dem Mészáros das Haus meiner Nichte.

Quelle: Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa. Bd. 2: Das Schicksal der Deutschen in Ungarn, Bonn 1956, S. 128-131. – Der Erlebnisbericht wurde im April 1955 handschriftlich verfasst.

20. A Magyar Népköztársaság Minisztertanácsának 84/1950. MT sz. rendele- te a magyarországi német lakosság áttelepítésével kapcsolatban kibocsá- tott korlátozó rendelkezések alkalmazásának megszüntetéséről

1. §. (1) A jelen rendelet hatálybalépésétől kezdve a magyarországi német lakosság átte- lepítésével kapcsolatban kibocsátott korlátozó rendelkezéseket nem lehet alkalmazni. (2) Az (1) bekezdésben említett rendelkezések értelmében a jelen rendelet hatálybalé- pése előtt már végrehajtott hatósági intézkedések hatályukat megtartják és ezekből ki- folyólag kártérítési vagy egyéb igényt nem lehet érvényesíteni.

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(3) Az (1) bekezdésben említett rendelkezéseknek a jelen rendelet hatálybalépése előtt történt megszegése miatt bűnvádi, vagy közigazgatási eljárásnak, úgyszintén az ennek során már hozott határozatok vagy intézkedések további végrehajtásának helye nincs. 2. §. Az 1. § (1) bekezdése alapján az érintett személy részére a tényleges birtokában levő tíz kataszteri holdnál nem nagyobb ingatlant meg kell hagyni. 3. §. (1) Az áttelepítésre vonatkozó rendelkezések hatálya alá eső mindazok a személyek, akik nem telepíttettek át, úgyszintén azok, akiknek áttelepítésére sor került ugyan, de a jelen rendelet hatálybalépésekor Magyarországon tartózkodnak és az erre vonatkozó rendelkezések szerint jelentkezési kötelezettségüknek eleget tettek, magyar állam- polgárok és a Magyar Népköztársaságnak a többiekkel minden tekintetben egyenlő jogú polgárai. (2) Az áttelepítésre vonatkozó rendelkezések hatálya alá eső azoknak a személyek- nek, akikre nézve az (1) bekezdésben meghatározott előfeltételek nem állanak fenn, a belügyminiszter méltányos esetben megadhatja a magyar állampolgárságot, ha erre érdemesnek mutatkoznak. Az erre irányuló kérelmet a jelen rendelet hatálybalépésétől számított hat hónapon belül a törvényhatóság első tisztviselője, illetőleg a magyar külképviseleti hatóság útján kell előterjeszteni. Dobi István s. k. a minisztertanács elnöke

Quelle: Magyar Közlöny vom 25. März 1950. Übersetzung: Verordnung Nr. 84/1950 des Ministerrates der Volksrepublik Ungarn über die Beendigung der restriktiven Bestimmungen, die in Verbindung mit der Umsiedlung der deut- schen Bevölkerung in Ungarn erlassen wurden. Kommentar: Drei Monate nach Erlass dieser Verordnung wurde ein Kulturabkommen zwi- schen der DDR und Ungarn geschlossen.

21. A Magyar Szocialista Munkáspárt Központi Bizottsága Politikai Bi- zottságának határozata a magyarországi nemzetiségek helyzetéről

Nemzetiségi politikánk eredményei a párt következetesen internacionalista poli- tikáján, az ország általános gazdasági, politikai és kulturális fejlődésén, a szocialista demokrácia szélesedésén alapulnak. Azok a gazdasági, társadalmi, politikai és kul- turális folyamatok, amelyek az utóbbi években hazánk fejlődését jellemzik, kiterjed- tek a nemzetiségi lakosságra is. A nemzetiségi lakosság mindenekelőtt a mezőgaz- daság szocialista átszervezése, a termelőszövetkezetek gazdasági és politikai megszi- lárdulása eredményeként haladt előre. Minden nemzetiség körében fokozódott – a bi- zonyos nemzetiségi zártságot jelentő falusi környezetből – a városba való vándorlás.

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Ez a folyamat azonban lassúbb az országos átlagnál, és a munkás, valamint értelmisé- gi rétegek aránya a nemzetiségek között az általánosnál jóval alacsonyabb. A nemzetiségi anyanyelvű oktatás kétféle iskolatípusban folyik: az úgynevezett kétnyelvű iskolákban (ahol a humán tárgyakat a nemzetiségi nyelven, a reál tárgyakat magyar nyelven oktatják) és a nyelvoktató iskolákban, ahol a nemzetiségi anyan- yelvet heti 34 órában oktatják. Jelenleg kb. 1 250 óvodáskorú gyermekkel foglal- koznak az óvodák nemzetiségi anyanyelven is. Évente közel 2 200 tanuló jár a kétnyelvű és 20 000 a nyelvoktató általános iskolákba. A hét nemzetiségi tanítási nyelvű gimnáziumban kb. 800 középiskolás tanul. A magyarországi nemzetiségek kultúrájának ápolása széles körű lehetőségekkel rendelkezik és jó eredményeket mutat fel. Èvenként és nemzetiségenként 6-7 alkalommal szervezett, többnapos, országos – politikai akciókkal összekapcsolt – kulturális körutakon a legjobb nemzetiségi és vegyes összetételű műkedvelő művé- szeti együttesek szerepelnek. Gazdagon virágzik a nemzetiségek népművészete is. A több mint 10 000 példányban megjelenő négy nemzetiségi lap anyagi ellátása – és egészében káderhelyzete is – kielégítő. Fenntartásukra államunk évente több mint 4 millió Ft-ot fordít. A rádió pécsi stúdiója naponta 30-30 perces – igen kedvelt – szerb- horvát és német nyelvű műsort sugároz. A nemzetiségi szövetségek munkája az elmúlt 10 esztendőben kiszélesedett. A nemzetiségi kultúra ápolása mellett – szorosan együttműködve a helyi párt- és társa- dalmi szervekkel – egyre hatékonyabb szerepet játszanak a nemzetiségek között végzett politikai munkában. A nemzetiségi politikában elért számottevő eredmények ellenére jelentős problémák is vannak. 1. Nehezíti a helyes politika gyakorlati megvalósulását a nemzetiségi lakosság valóságos létszámáról szóló adatok nagyfokú bizonytalansága. A kisebb idegen nyelvű csoportokat nem számítva a tulajdonképpeni nemzetiségi lakosság (németek, szlovákok, délszlávok, románok) száma az 1960. évi népszámlálás anyanyelvi bevallása szerint 134 839, az összlakosság 1,4% -a. A népszámláláskor az anyanyelven kívül az állampolgárok nemzetiségét is összeírták, ezek szerint 53 894 volt a magukat német, szlovák, román, vagy valamilyen délszláv nemzetiségűnek valló magyar állampolgárok száma. Az egyéni bevalláson alapuló statisztika azonban nem tükrözi a tényleges helyzetet. A nemzetiségi szövetségek becslése szerint Magyarország nemzetiségi lakossága jelenleg mintegy 420-480 ezer (200-220 000 német, 100-120 000 szlovák, 100-120 000 délszláv, 20-25 000 román), az összla- kosság 4,2-4,7%-a. 2. Nemzetiségi politikánk egyértelműen és határozottan elveti a nemzetiségek asszimilációja siettetésének koncepcióját. Egyesek azonban vétenek e helyes elv ellen. Előfordult, hogy a kétnyelvű iskolákban „magyarosító“ szándékkal lépnek fel; sokszor túlságosan könnyen tudomásul veszik a nemzetiségi szülők esetenként és helyenként – főleg egzisztenciális meggondolásokból adódóan – jelentkező közöm- bösségét gyermekeik nemzetiségi nyelven való oktatása iránt. Más oldalról nemzetiségi értelmiségi körökben találkozhatunk azzal a helytelen nézettel, melyek szerint [sic!] szocialista államunknak mindent meg kell tennie a

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nemzetiségek asszimilációjának teljes megakadályozására és kötelezni kellene a nem magyar szülőket arra, hogy gyermekeiket nemzetiségi iskolába járassák. (Nemzetiségi szövetségeink nem osztják ezeket a véleményeket.) 3. Nemzetiségi politikánk gyakorlatában nem vettük kellően figyelembe, hogy a nemzetközi kapcsolatok intenzívebbé válásával, a nemzeti problémáknak, a naciona- lista tendenciáknak a szocialista országokra is kiterjedő erősödésével a nemzetiségi kérdés jelentősége fokozódott. a) Az utóbbi években erősödött a különböző irányú nacionalista propaganda egyes magyarországi nemzetiségek között. Igen erőteljessé vált pl. az NSZK-ból irányított ellenséges propaganda a német nemzetiségű lakosság körében. Felhasználják a sajtót, a szervezett rokoni látogatásokat, könyvek és más írásos anyagok küldését, nyelvtan- folyamokat, anyagi támogatást, személyes kapcsolatokat, egészen a II. világhá- borúban elesett SS-ek Magyarországon lakó hozzátartozói nyugdíjának biztosításáig. (E nyugdíjak folyósításának előkészítését a nyugatnémet hivatalos szervek kémin- formációk szerzésére is igyekeznek kihasználni. A nyugdíjban részesítettek száma egy év alatt 100-ról 1 000 főre nőtt.) b) 1968-ban több szlovákiai lapban is nacionalista szemléletű cikkek jelentek meg a magyarországi szlovákok állítólagos „elnyomott“ helyzetéről. Bár ezeket a kísérle- teket az illetékes magyarországi nemzetiségi szövetségek, illetve a nemzetiségi lakosság többsége visszautasítja, természetesen a cikkek nem voltak hatástalanok. Annál kevésbé, mert – egyébként helyesen, a felesleges vitákat elvi okokból kerülni szándékozva – a szlovák sajtótámadásokra hivatalos magyar reagálás nem történt. Az utóbbi néhány évben – elsősorban Jugoszláviából és Csehszlovákiából – fokozódott egyes ottani társadalmi, politikai, kulturális szervek érdeklődése a hazai nemzetiségi szövetségek iránt (Matica Hrvatska, Matica Slovenska). Az említett országok magyarországi diplomáciai képviseletei is egyre intenzívebb tájékozódó tevékenységet folytatnak. Ugyanakkor azok a magyar kezdeményezések, hogy a kulturális egyezményekbe – a kölcsönösség alapján – a nemzetiségek kulturális fejlődését segítő pontokat vegyünk, visszautasításra találtak. Különösen nagy az elzárkózás Románia részéről. 4. A Politikai Bizottság 1958. évi határozatának a kétnyelvű feliratokról szóló előírásait – Zala megye kivételével – nem hajtották végre. Néhány igazgatási rendel- kezés helytelen szövegezése – pl. a nem magyar hangzású keresztneveket nem lehet anyakönyvezni – is alkalmat ad a nemzetiségi érzékenység megsértésére. 5. A rádió, a televízió és a központi lapok nem fordítanak megfelelő figyelmet a nemzetiségek problémáira és igényeire. A nemzetiségi lapok előfizetőinek száma – figyelembe véve a nemzetiségi lakosság lélekszámát – nagyon alacsony, a román lap kéthetenkénti megjelenése nehezíti a szerkesztést és a terjesztést. A nemzetiségiek anyanyelvű szépirodalommal, ifjúsági és gyermekirodalommal való ellátása nem kielégítő, terjesztésük is megoldatlan. A nemzetiségek lakta területen, a falusi könyvtárakban a nemzetiségi nyelvű könyvek száma kevés, kis választékú, jórészt elavult. 6. A legtöbb probléma a nemzetiségi oktatásban jelentkezik.

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– A nyelvi alap biztosítását már az óvodában kell elkezdeni, de kevés a vegyes nyelven foglalkoztató óvoda és az utóbbi 10 évben ezek száma is csökkent. Gyakran nincs biztosítva az illető nemzetiség nyelvét beszélő óvónő. – 1960 szeptemberében került bevezetésre a kétnyelvű oktatás, amivel a nemzetiségi szülők s a pedagógusok ma is egyetértenek. A tapasztalatok szerint azonban ez nem hozta meg a kívánt eredményt, mert az oktatási intézmények nem kapták meg az e tekintetben szükséges szakmai, nyelvi, módszertani segítséget. – Az utóbbi 10 évben nagymértékben csökkent a nyelvoktató iskolákban tanulók száma. Legszembetűnőbb a visszaesés a szlovák nyelvoktatásban, ahol az iskolák száma 102-ről 65-re, a tanulók száma pedig 10 467-ről 4 990-re csökkent. Ennek fő oka, hogy a magyarul is jól beszélő szlovák pedagógusok otthagyják helyüket és szívesebben tanítanak nagyobb községek magyar iskoláiban. A nyelvoktató iskolákban az a fő probléma, hogy a nyelvtanítás nincs órarendbe építve, s ezért ezek az órák sokszor nem teljes értékűek, sokhelyütt nem tartják meg az előírt 3 órát, mely a szövetségek szerint egyébként is kevés. – Amíg a magyar nyelvű iskoláknál a decentralizálás eredménnyel járt, addig a nemzetiségi iskolák irányítás és ellenőrzés nélkül maradtak, több megyében a szakfelügyelet nincs biztosítva. 7. A nemzetiségi szövetségek azt kérik, hogy jelenlegi politikai és kulturális feladataik megoldása mellett nagyobb mértékben támaszkodjunk rájuk a szomszédos szocialista országokkal való baráti kapcsolataink elmélyítésében. Anyagi lehetőségeik sem állnak összhangban a velük szemben támasztott követelményekkel. Az 1958-as határozat ellenére nem kaptak megfelelő székházat a fővárosban. A Politikai Bizottság megállapítja, hogy az 1958. évi határozatában lefektetett elvek ma is helyesek, s ezért új elvi állásfoglalásra nincs szükség. A hazánkban élő nemzetiségek, az ország politikai, társadalmi, gazdasági és kulturális fejlődésével párhuzamosan a magyar lakossággal testvéri együttműködésben egyre aktívabban vesznek részt a szocializmus építésében. A nemzetiségi kérdés jelentőségére, valamint az állandóan változó társadalmi, gazdasági és politikai tényezőkre tekintettel szükséges, hogy párt- és állami szerveink fokozott figyelemmel gondoskodjanak nemzetiségi politikánk alapelveinek folyamatos gyakorlati megvalósításáról. Figyelembe véve a nemzetiségi kérdésben az elmúlt években jelentkező új szükségleteket, követelményeket, továbbá egyes már régebben megoldásra váró feladatok elhanyagoltságát, nemzetiségi politikánk hatékonyságának növelése érdekében a következő intézkedéseket kell megvalósítani: 1. A megyei pártbizottságok és tanácsok végrehajtó bizottságai ( megye kivételével) együttesen tárgyalják meg az 1958. évi politikai bizottsági határozat végrehajtását s gondoskodjanak arról, hogy azokban a községekben, ahol jelentősebb számban élnek nemzetiségek, a községi tanácsok a nemzetiségek képviselőinek bevonásával határozzák meg a konkrét tennivalókat. Határidő: 1969. szeptember hó.

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2. Elméleti folyóirataink, lapjaink, a rádió és a televízió – és más ropagandaszer- vek – foglalkozzanak többet és rendszeresebben pártunk nemzetiségi politikájának alapelveivel és gyakorlatával, a nemzetiségek problémáival. Szálljanak vitába a jelentkező helytelen nézetekkel, a külföldről vagy belföldről jelentkező nacionaliz- mussal, népszerűsítsék az eredményeket. Különös figyelmet kell fordítani az NSZK- ból irányított ellenséges propaganda visszaverésére. Felelős: Agit Prop. Osztály.

3. A nemzetiségek által lakott területen biztosítani kell, hogy állami és társadalmi vezető tisztségekben a nemzetiségi dolgozók képviselete megfeleljen tényleges társadalmi súlyuknak és a kérdés politikai jelentőségének. Erkölcsi és anyagi ösztönzéssel el kell érni, hogy a nemzetiségi értelmiségi káderek lehetőleg anyanyelvüknek megfelelő területen nyerjenek elhelyezést. Felelősök: megyei pártbizottságok és megyei tanácsok VB-i, Művelődési Minisztérium.

4. A nemzetiségek által nagyobb csoportban lakott településeken, különösen a határmenti területeken – a helyi igényektől függően – meg kell oldani a kétnyelvű feliratok, hirdetmények kérdését. Esetenként utcákat, tereket kell elnevezni a lakosság nemzetiségét képviselő jelentős személyiségekről. Felelős: MT Tanácsszervek Osztálya. Határidő: 1968. december 31.

5. A magyarországi nemzetiségek iskolai oktatásának megjavítására – Felül kell vizsgálni a nemzetiségi óvodák és iskolák helyzetét és intézkedéseket kell tenni a pedagógus ellátás és az oktatók szakmai-politikai felkészültségének megjavítására; meg kell vizsgálni azt, hogyan lehet külön anyagi ösztönzéssel (nyelvpótlék, letelepedési segély stb.) is javítani a nemzetiségi iskolák pedagógus ellátását, s ily módon a néhol indokolatlanul megszűnt nemzetiségi oktatást visszaállítani. – A nyelvoktató iskolákban mindenütt 4 órára kell emelni az anyanyelvi órák számát. – Lehetőséget kell biztosítani arra, hogy a nemzetiségek által sűrűn lakott területek középiskoláiban második idegen nyelvként az illetékes nemzetiségi nyelvet tanulhassák a hallgatók. – A nemzetiségi iskolák pedagógus-ellátásának és felügyeletének színvonalasabbá tétele érdekében ezen iskolák szakfelügyeletét a járások helyett közvetlenül a megyei tanácsok művelődési osztályaira kell bízni. Felelős: Művelődésügyi Minisztérium. Határidő: 1969. május 1.

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6. A szomszédos szocialista országokkal és az NDK-val kötendő kulturális együttműködési munkatervben fokozott gonddal kell szerepeltetni a magyarországi nemzetiségek oktatási és anyanyelvi kulturális igényeit, azok kielégítését célzó kapcsolatokat. Felelős: Művelődésügyi Minisztérium Külügyminisztérium. 7. Meg kell vizsgálni egy Békés megyei helyi rádióadó létesítésének lehetőségét, amely szlovák nyelvű műsort is sugározhat. Felelős: Magyar Rádió és Televízió elnöke. Határidő: 1969. május 1.

8. Meg kell javítani a nemzetiséglakta községek könyvellátását. Felelős: Művelődésügyi Minisztérium.

9. A nemzetiségi szövetségek szélesítsék további politikai és kulturális nevelő munkájukat. A megyei és járási pártbizottságokkal és a Hazafias Népfront országos és helyi szerveivel együttműködve munkálkodjanak a nemzetiségi lakosság szocialista építőmunkában való minél teljesebb részvételén. a) Folytassák és a lehetőségekhez képest növeljék a politikai akciókkal összekapcsolt kulturális körútjaik számát és színvonalát, vegyenek részt a határ menti megyék és a szomszéd országok közti közvetlen kapcsolatok kiépítésében; b) társadalmi bizottságok és az országos munkaértekezletek működésének tovább- fejlesztésével szélesítsék társadalmi bázisukat; c) fordítsanak nagyobb figyelmet a nemzetiségi lapok eszmei-politikai színvona- lának emelésére, terjesztésükre, előfizető táboruk növelésére; d) a kulturális egyezmények keretében lehetőséget kell biztosítani a nemzetiségi szövetségek munkatársainak külföldi tanulmányútjaira; e) a Fővárosi Tanács biztosítson 1970-ig a nemzetiségi szövetségeknek megfelelő épületet. Felelős: Művelődésügyi Minisztérium, nemzetiségi szövetségek főtitkárai.

f) Korszerűsíteni kell a szövetségek működési szabályzatát, biztosítva javaslattevő és konzultatív jogokat a nemzetiségeket érintő állami, társadalmi intézkedések tekintetében. Felelős: Igazságügyminisztérium, Művelődésügyi Minisztérium. Határidő: 1969. január hó.

10. A nemzetiségek oktatási-kulturális helyzete javításához fent elhatározott intézkedések anyagi feltételeit a Pénzügyminisztérium 1969. január 1-től folyama- tosan biztosítsa. Felelős: Pénzügyminisztérium. Határidő: 1969. január 1.

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11. Lehetővé kell tenni, hogy az idegen anyanyelvű magyar állampolgárok gyermekeiket anyanyelvüknek megfelelő keresztnévvel anyakönyveztethessék. Felelős: Belügyminisztérium. Határidő: december 31.

Quelle: Magyar Országos Levéltár M-KS 288. f. 20. cs. 548. ő. c. Übersetzung: Beschluss des Politbüros des Zentralkomitees der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei über die Lage der Nationalitäten in Ungarn. Kommentar: Inhaltlich wurde dieser für die weitere Entwicklung grundlegende Beschluss durch die revolutionären Ereignisse in der Tschechoslowakei im Sommer 1968 geprägt. Er wurde am 17. September 1968 veröffentlicht.

22. Az 1985: I. törvény az oktatásról (Részlet)

I. FEJEZET ALAPELVEK [...] 7. §. (1) Az óvodai nevelés és az iskolai nevelés-oktatás nyelve a magyar, valamint a Ma- gyar Népköztársaságban beszélt minden nemzetiségi nyelv. (2) A nemzetiségekhez tartozó gyermekek, tanulók anyanyelvükön, illetőleg két nyel- ven – anyanyelven és magyarul – részesülhetnek óvodai nevelésben, valamint iskolai nevelésben és oktatásban. (3) A nemzetiségi nyelvek az iskolai nevelés-oktatás valamennyi fokán tanulhatók. (4) A nevelés-oktatás – az iskolai nevelés-oktatás valamennyi fokán – idegen nyelven is folyhat. (5) Az állam az (1)-(3) bekezdésben foglaltak feltételeiről szervezetten gondoskodik. II. FEJEZET A NEVELÉSI-OKTATÁSI RENDSZER 21. §. (1) Óvodát, alap- és középfokú iskolát, diákotthont és kollégiumot (a továbbiakban a diákotthon és kollégium együtt: diákotthon), valamint alapfokú művészetoktatási intézményt a tanácsok létesíthetnek és tarthatnak fenn.

Quelle: Törvények és Rendeletek Hivatalos Gyűjteménye, 1985, Budapest 1986, S. 3 und 5. Übersetzung: Gesetz Nr. I des Jahres 1985 über den Unterricht. Kommentar: Das Gesetz wurde am 18. April 1985 verabschiedet, es trat jedoch erst am 1. Sep- tember 1986 in Kraft.

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23. A Magyar Szocialista Munkáspárt Központi Bizottságának állásfoglalása a nemzetiségi politika továbbfejlesztéséről és a nemzetiségi törvény irá- nyelveiről

Nemzetiségi politikánk jelentős eredménye, hogy hazánkban érvényesül a nemzetisé- gek egyenjogúsága, a nemzetiségi és a magyar lakosság viszonya zavartalan, a nem- zetiségi lakosság ápolhatja kapcsolatait anyanemzetével, a nemzetiségi lakosság kö- zérzete jó, és elkötelezetten vesz részt a szocialista társadalomépítés feladatainak me- goldásában. Nemzetiségi politikánknak ezekben az eredményeiben jelentős szerepük van a nemzetiségi szövetségeknek és azoknak a párt-, állami és társadalmi szervek- nek, amelyek nemzetiségpolitikánk elveinek megvalósításáért az elmúlt időszakban is sokat tettek. A nemzetiségi politika megvalósításáért felelős párt-, állami és társadalmi szervek, valamint a nemzetiségi szövetségek erőfeszítései ellenére sem sikerült előrehaladást elérni a nemzetiségi lakosság azonosságtudatának megőrzésében, anyanyelvhaszná- latának, sajátos kultúrájának fejlődésében. Ebben az objektív történelmi, társadalmi és etnikai folyamatokon kívül szerepet játszik az is, hogy nemzetiségpolitikánk helyes elveit a gyakorlatban csak részben sikerült érvényre juttatni. Ahhoz, hogy a nemzeti- ségek meg tudják őrizni sajátosságaikat, kisebbségvédelmi szemléletű, támogató jellegű nemzetiségi politikára van szükség. Ennek szellemében kell megújítani nem- zetiségpolitikai gyakorlatunkat is. Nemzetiségpolitikánk megújulásának fontos feltétele az aktív kisebbségvédelmi szemlélet széles körű elfogadtatása és meggyökereztetése társadalmunkban. Ennek érdekében változást kell elérni a magyar közvéleménynek a nemzetiségek életéről, helyzetéről való tájékozottságában és következetesen fel kell lépni a nemzeti előítéletek megnyilvánulásaival szemben. Tudatosítani kell, hogy: – a nemzetiségek léte és boldogulása, nemzeti sajátosságaik megőrzésének támo- gatása társadalmunk demokratizmusának, politikai érettségének is fokmérője, és sajátos feladatokat ró a többségi nemzethez tartozókra is; – az MSZMP nemzetiségi politikája elvi politika, nem függvénye a szomszédos országok nemzetiségi politikájának – e téren a viszonosság elve semmilyen formában sem érvényesülhet. Az alkotmány – az állampolgárok alapvető jogairól és kötelességeiről szóló feje- zetben – 1949 óta rendelkezik a Magyarországon élő nemzetiségek egyenjogúságáról, anyanyelvük használatáról, anyanyelven történő oktatásuk, valamint saját kultúrájuk megőrzésének és ápolásának jogáról. Jogrendszerünkből azonban hiányzik a nemzeti- ségi jogok átfogó, korszerű és a szükséges mértékig részletes szabályozása. Az ország gazdasági, társadalmi, politikai és kulturális életének megújulása, a po- litikai és jogi intézményrendszer reformja, valamint a Polgári és Politikai Jogok Nem- zetközi Egyezségokmányának aláírásával vállalt kötelezettségünk is megkívánja nemzetiségpolitikai gyakorlatunk továbbfejlesztését. A Magyar Népköztársaság szo- cialista elveken alapuló nemzetiségpolitikai törekvéseit az alkotmány megújítása mel- lett önálló nemzetiségi törvény megalkotásában is ki kell fejezni. A törvény a

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következő évtizedekre kereteket teremthet a Magyar Népköztársaságban élő nemzeti többség és a nemzeti kisebbségek társadalmi viszonyainak fejlesztésére, meghatároz- hatja a kisebbségek fejlődéséhez szükséges jogi feltételeket, elősegítheti a kedvező társadalmi közhangulat kialakulását, hozzájárulhat a társadalom – a különbözőségek elismerésén alapuló – egységének erősítéséhez, a tolerancia, szolidaritás és interna- cionalizmus megszilárdításához. Ennek megfelelően több évtizedre érvényes módon kell kifejeznie a nemzetiségi érdekeket, összhangban a társadalmi fejlődés hosszú távú céljaival. A törvény megalkotásánál figyelembe kell venni a sajátos, főképp legújabb kori történelmünk során kialakult magyarországi adottságokat, illetve a nemzetiségekkel, kisebbségekkel kapcsolatos általános kérdések hazai megjelenési formáit. Ide tartozik elsődlegesen az a körülmény, hogy a hazai kisebbségek nem összefüggő tömbökben, jól meghatározható területeken élnek, hanem többé-kevésbé szétszórt, az ország terü- letén egyenlőtlenül eloszló csoportokban, s általában még az úgynevezett nemzetiségi vidékeken vagy településeken sem alkotják a lakosság többségét. Ennek következté- ben a nemzetiségi jogok együttesét a nemzetiségi közösségekhez (s nem tájegységek- hez, területekhez) kell kapcsolni. Sajátos történelmi adottság továbbá, hogy Magyarországon a negyvenes évek második és az ötvenes évek első felében – a kitelepítések, lakosságcserék, illetve az egyes nemzetiségi csoportokkal szembeni gyanakvás, ellenérzés következtében, de egyéb gazdasági-társadalmi okokból is – széles körűen megindult a nemzetiségi helyzetből való menekülés, fokozódott az asszimilációra való törekvés. A későbbiek- ben – az MSZMP és a kormány pozitív nemzetiségi politikájának is köszönhetően – ez a folyamat lelassult. A jelenlegi helyzetben lehetőség van e folyamatok fékezésére, majd megállítására. Különös figyelmet kíván a nemzetiséghez való tartozás kritériumainak kérdése. Az előkészítés során is megmutatkozott, mennyire szükséges egyértelműen hang- súlyozni: az etnikai értelemben vett „származás“ a demokratikus jogrendszerekben meghatározatlan kategória. Az emberi jogokkal kapcsolatosai nemzetközi normáknak megfelelően a nemzetiséghez való tartozás csak az egyén szuverén döntésén, alanyi jogából fakadó elhatározásán alapulhat. Egyénekként a Magyar Köztársaság állampolgárai bármilyen, a világban létező nemzetiséghez tartozónak vallhatják magukat. A törvény függeléke azokat a nemzeti- ségeket tüntesse fel, amelyekkel mint közösségekkel kapcsolatban az állam központi és helyi szervei anyagi konzekvenciákkal is járó kötelezettséget vállalnak. A törvénynek az emberi jogi és kisebbségvédelmi elvek figyelembevételével lehetővé kell tennie, hogy a magukat cigányoknak valló magyar állampolgárok szer- vezeteik révén kezdeményezhessék nemzetiséggé válásukat.

A TÖRVÉNY CÉLJA

1. A törvény elsődleges célja, hogy a maga eszközeivel biztosítsa a magyarországi nemzetiségek sajátosságainak megőrzését, e sajátosságok kibontakoztatását és akadálytalan fejlődését. Ennek érdekében a törvénynek egy aktív kisebbségvédelmi

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politika alapelveit kell rögzítenie. Meg kell határoznia a nemzetiségek egyéni és kol- lektív jogait, továbbá az állami szervek ezekkel kapcsolatos kötelességeit; biztosítania kell a nemzeti sajátosságok érvényesülésének anyagi és személyi feltételeit. 2. A törvény teremtsen feltételeket ahhoz, hogy a nemzetiségek mint kollektívák és a nemzetiségi lakosok mint egyének nemzeti sajátosságaik és identitásuk feladása nél- kül illeszkedhessenek a Magyar Népköztársaság társadalmába. 3. A törvénynek a társadalom alapvető egységét és összetartozását a sajátos nemzeti- ségi jogok megszilárdításával párhuzamosan kell erősítenie, s biztosítékokat kell nyújtania a nemzetiségeknek az elkülönítés és mindenfajta hátrányos megkülönbözte- tés ellen is. 4. A nemzetiségi jogok egyértelmű rögzítése, tényleges gyakorlásuk biztosítása – vis- zonosságra való tekintet nélkül a nemzetközi kapcsolatokban – a Magyar Nép- köztársaság alkotmányos kötelezettsége.

A TÖRVÉNY ALAPELVEI

1. A nemzetiségi jogok sajátos jogok, amelyeket az állam aktív kisebbségvédelmi po- litikájának és demokratikus jellegének megfelelően, az emberi jogok állami szintű védelmének részeként köteles nemzetiségi lakossága számára biztosítani. 2. Az állampolgár szuverén személyi joga annak eldöntése, hogy valamely nemzeti- ség tagjának tekinti-e magát avagy nem, s döntése abban nyilvánul meg, hogy a nem- zetiségi lakosokat megillető sajátos jogokat, illetve a nemzetiséget megillető kollektív jogokból való részesedést részben vagy egészben igényli magának és/vagy kiskorú gyermekeinek. E döntését s annak érvényesítését semmilyen szerv nem akadályozhat- ja; az államnak minden lehetséges intézkedéssel biztosítania kell, hogy döntéséből sem politikai jogai, sem gazdasági vagy munkavállalási lehetőségei szempontjából hátránya ne származhassék. A törvényből eredő állami kötelezettségeket azon nemze- tiségek számára kell az állam központi és helyi szerveinek biztosítania, amelyek a törvény függelékében szerepelnek. 3. A jogok biztosítása, a jogok gyakorlásának lehetővé tétele alapvetően az állam – a központi, illetve helyi állami szervek – feladata; ugyanakkor maximálisan biztosítani kell e tekintetben is az állampolgárok kezdeményezési és szerveződési lehetőségeit; kereteket kell teremtenie arra, hogy a nemzetiségek oktatási, kulturális stb. tevékeny- ségüket saját kezdeményezésükből és saját erejükből is kifejthessék. A nemzetiségek- nek és szervezeteiknek rendelkezniük kell azzal a joggal, hogy az állami intézmények nemzetiségi vonatkozású tevékenységét ellenőrizhessék és értékeljék. 4. A nemzetiségekhez való tartozás vagy nem tartozás nem lehet sem negatív megkü- lönböztetés, sem előnyszerzés alapja. A nemzetiségi hovatartozás hatósági rögzítése, állami igazolványban, útlevélben stb. való feltüntetése nem engedhető meg, az un. származási kritérium sem vehető tekintetbe. 5. A népszámlálást úgy kell megszervezni, illetve végrehajtani, hogy az alapelvek ér- vényesülését és a nemzetiségi törvény céljainak megvalósítását segítse elő. Ennek ér- dekében tudományos adatgyűjtéseket is kell végezni, az itt megfogalmazott általános alapelvek tiszteletben tartásával.

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A NEMZETISÉGI JOGOK FŐ TARTALMA Előzetes megjegyzések Nem részei a felsorolásnak azok az általános állampolgári jogok, amelyek mindenkit megilletnek, de amelyeket a nemzetiségi lakosok vagy csoportok sajátos nemzetiségi céllal, tartalommal vehetnek igénybe. Ezek között legfontosabb az egyesülési jog, amelynek értelmében a nemzetiségi állampolgárok joga, hogy – a törvény megszabta lehetőségekkel élve – különböző egyesüléseket alakítsanak, amelyeknek sora a helyi kulturális vagy egyéb célú egyesületektől, kluboktól az országos szövetségekig, társa- dalmi szervezetekig terjedhet, s célja lehet bármely, a nemzetiségi törvényben foglalt vagy általános állampolgári jog gyakorlásának biztosítása, elősegítése. A nemzetiségi jogok bármelyikének igénybevétele értelemszerűen soha nem jelen- theti azt, hogy a nemzetiségi lakos a társadalom többi tagját megillető azonos jogok igénybevételéről lemond vagy azokból kizárható; a magyar nyelv és kultúra ta- nulmányozása, a magyar oktatási intézmények igénybevétele, a magyar nyelvhez, kultúrához való kötődés fenntartása a nemzetiségi lakosoknak a nemzetiségi jogok igénybevétele esetén is magától értetődő joga.

A nemzetiségi nyelv (anyanyelv) használatának joga Kollektív nyelvhasználati jogként a nemzetiségi vagy vegyes lakosságú településeken biztosítandó a nyilvános hivatalos szövegek, feliratok, valamint egyéb dokumentu- mok kötelező két- vagy többnyelvűsége (magyar, valamint a nemzetiségi nyelv). Az egyén anyanyelvhasználati joga az ország területén minden nyelv esetében korlátozatlan, ezért az egyéni nyelvhasználat kérdése csak a hatóságokkal való érint- kezés viszonylatában merül fel. E tekintetben az ország egész területén biztosítandó a nemzetiségi nyelvek használata a hatóságok és a bíróságok előtt, s a velük való min- den szóbeli vagy írásos érintkezésben; a jog folyamatos gyakorlásának lehetővé tétele céljából a nemzetiségi, illetve a vegyes lakosságú településeken külön intézkedések- kel is elő kell segíteni az állami szervek felkészülését. Megjegyzés: a nyelvhasználati jog gyakorlásának lehetősége az írásos érintkezés- ben feltételezi, hogy a nemzetiségi nyelv rendelkezik egy nyelvtani és helyesírási szempontból a nemzetiség egésze számára érvényesen szabályozott, „sztenderd“ köz- nyelvi változattal, amely az írott nyelvhasználat alapjául szolgálhat.

Az anyanyelven folyó oktatás joga Az arra illetékes állami (köztük tanácsi) szervek a törvényben meghatározandó számú gyermek jelentkezése esetén kötelesek biztosítani és támogatni a nemzetiségi anya- nyelv oktatását a nemzetiségi nyelv sztenderd változata alapján (lásd a megjegyzést), valamint a nemzetiségi nyelv sztenderdizált változatán folyó teljes iskolai nevelést- oktatást az óvodától a középiskolával bezárólag, szükség esetén körzetesített vagy megyei szinten, kis létszámú igény esetén országos szinten. A nemzetiségi lakos e jo- gokkal egyéni döntése alapján élhet. A magyar nyelv és irodalom magyar nyelvű ok- tatása a nemzetiségi tannyelvű iskolákban is kötelező marad. A nemzetiségi és vegyes lakosságú települések iskoláiban a nem nemzetiségi lakos gyereke számára is

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lehetővé kell tenni a nemzetiségi nyelv tanulását, úgy, hogy ez a nemzetiségiek anya- nyelv-elsajátítását ne terhelje, ne korlátozza. Az e pontban meghatározott oktatási jogok keretében a nemzetiségek – az oktatási törvény előírásainak megfelelően, esetleg annak szükséges módosításával – saját kezdeményezésű, illetve fenntartású és felügyeletű óvoda-, illetve iskolaalapítási jog- gal is rendelkeznek.

A saját értelmiség kialakításának, saját kultúra megőrzésének és fejlesztésének joga Az állam köteles a nemzetiségi iskolák pedagógusainak, a nemzetiségi nyelv oktatói- nak, a nemzetiségi közművelődés dolgozóinak, valamint a hatósági tolmácsoknak a kiképzését a magyar felsőoktatásban, illetve a nemzetiség nyelvét általános felsőoktatási nyelvként használó országok felsőoktatási intézményeiben biztosítani, s elősegíteni valamennyi értelmiségi pályán a kiképzés iránti igény felkeltését. Saját költségükön, állami, illetve a nemzetiségek által alapított vagy külföldi adományozású ösztöndíjak segítségével a nemzetiségi fiataloknak legyen joguk a nemzetiségük nyelvét általános felsőoktatási nyelvként használó országok egyetemein és főiskoláin diplomát szerezni; e diplomák egyenértékűségének elbírálására és ho- nosítására a nemzetközi egyezmények és egyenértékűségi szabályok értelmében, az e szabályok megengedte maximális rugalmassággal kell az állami szerveknek eljárniuk. Azok a nemzetiségi fiatalok, akik saját költségükön szocialista országokban a nemze- tiség nyelvét felsőoktatási nyelvként használó egyetemeken, főiskolákon folytatják tanulmányaikat, két sikeresen lezárt félév után tanulmányaikhoz állami támogatást igényelhessenek. A magyar felsőoktatási intézményekbe való felvétel célját szolgáló vizsgákon – a magyar nyelv és irodalom vizsgák kivételével – a nemzetiségi fiataloknak legyen jo- guk anyanyelvükön vizsgázni. A hatályos jogszabályok keretei között a nemzetiségi közösségeknek, illetve sze- mélyeknek joguk van könyveket kiadni, illetve kiadóvállalat alapítását kezdeményez- ni, nemzetiségi nyelvű műkedvelő vagy hivatásos művészeti (színházi, zeneművészeti stb.) csoportokat alakítani és fenntartani, hanglemezek és más hanghordozók, filmek, videokazetták gyártását kezdeményezni. A minden állampolgárra érvényes jogszabályok alapján a nemzetiségeknek joguk van időszaki, illetve napilapok alapítására, közösségi fenntartású zárt láncú tv- hálózatok, kábel tv-k kialakítására. A nemzetiségi nyelven, illetve a nemzetiséget érdeklő kérdésekről szóló televízió- s rádióműsorok sugárzása alapvető állami feladat. Erősíteni kívánatos a nemzetiségi települések népesség- és munkaerő-megtartó, il- letve – vonzó erejét. E kérdést a helyi, megyei szerveknek folyamatosan figyelemmel kell kísérniük, és adott esetben – központi állami szerveknél is – kezdeményezéseket kell tenniük megfelelő intézkedések megtétele céljából. A települések, illetve a megyék állami szerveinek figyelemmel kell kísérniük, il- letve támogatniuk kell a nemzetiségi lakosság tárgyi, építészeti, települési emlékeinek megőrzését.

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Érdekképviseleti jogok A nemzetiségek által alakított helyi egyesületek, országos szövetségek, társadalmi szervezetek a Minisztertanács nemzetiségi ügyekben illetékes tagjánál, a Nemzetiségi Konzultatív Bizottság (lásd alább) elnökénél az általuk képviselt nemzetiségek nevé- ben és érdekében közvetlenül eljárhatnak, illetve a nemzetiségi törvényben biztosított jogok megsértése esetén a megfelelő bíróságokhoz fordulhatnak (pl. alkotmány- bírósághoz, közigazgatási bírósághoz). Nemzetiségi jogainak megtagadása vagy meg- sértése esetén az állampolgár egyénileg is jogorvoslatot kérhet az illetékes bíró- ságoktól. A választási törvény tartalmazzon eljárást arra vonatkozólag, hogy a nemzetiségek milyen módon ajánlhatnak képviselő- és tanácstagjelölteket. A vegyes lakosságú településeken és megyékben a közhivatali állások betöltésé- nek szabályait szintén a megfelelő törvény keretei között kell szabályozni az aktív ki- sebbségvédelem figyelembevételével.

Jog az anyanemzettel való kapcsolattartáshoz A Magyar Népköztársaság síkraszáll a területén élő nemzetiségek és a velük egynyelvű nemzeteik kapcsolatainak erősítéséért. Külpolitikájában képviseli a nemze- tiségek e kapcsolatokhoz fűződő érdekeit, törekszik a szükséges keretek kialakítására, amelyeket a nemzetiségek szervezeteik és intézményeik útján is hasznosítanak. A nemzetiségek egyesületeinek, szövetségeinek és társadalmi szervezeteinek s az egyes nemzetiségi lakosoknak is jogot kell, hogy biztosítson a törvény arra, hogy – amennyiben létezik ilyen – annak az országnak, illetve azoknak az országoknak állampolgáraival, oktatási és kulturális intézményeivel, amelyben az adott nemzeti- ségnek megfelelő anyanemzet él, akadálytalan kapcsolatot tartson fenn a Magyar Népköztársaság törvényes rendjének keretein belül, az anyanemzet országának sajtójával, kulturális életével megismerkedjék, az adott ország iskoláztatási lehetőségeit hasznosítsa.

SZERVEZETI, VÉGREHAJTÁSI INTÉZKEDÉSEK

A nemzetiségi kérdésekben való állásfoglalások elősegítése, a nemzetiségi alap (lásd alább) kezelése céljából – a Minisztertanács közvetlen tanácsadó és konzultatív szer- veként – kívánatos egy Nemzetiségi Konzultatív Bizottság létrehozása, a Miniszter- tanács illetékes tagjának közvetlen felügyelete alatt. A nemzetiségek oktatási, kulturális, tájékoztatási stb. jogainak gyakorlása csak többféle anyagi forrás egyidejű igénybevételével biztosítható. Továbbra is jelentős szerepet kell játszania ezen belül a központi és tanácsi költségvetésnek. A Központi Bizottság mindezek mellett ajánlja a kormánynak: vizsgálja meg egy költségvetési, vállalati, magán- és külföldi pénzeszközök befogadására is alkalmas un. Nemzetiségi alap létrehozásának lehetőségét. A nemzetiségi alap elsődleges célja volna, hogy kiegészítő jellegű anyagi támogatást biztosítson a helyi állami szerveknek és nemzeti-

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ségi szervezeteknek azon tevékenységükhöz, amely a nemzetiségi törvény végre- hajtását, a nyelvhasználati, oktatási és kulturális stb. jogok gyakorlását szolgálja.

A TÖRVÉNY FÜGGELÉKE

Kívánatos, hogy a Magyar Népköztársaságban élő nemzetiségek deklarálását a törvé- ny maga ne tartalmazza. A függelék azokat a nemzetiségeket sorolja föl, amelyekkel kapcsolatban az állam anyagi konzekvenciákkal járó kötelezettségeket is vállal. A törvény függelékében való feltüntetést – a magukat nemzetiséginek valló állam- polgárok megbízásából – a nemzetiségek országos szervezetei kezdeményezhetik a Minisztertanács útján. A Minisztertanács a nemzetiségi érdekképviseleti szervekkel és a tanácsokkal egyeztetve tegyen javaslatot a törvény függelékében feltüntetett nemzetiségek által lakott, illetve vegyes lakosságú települések listájára abból a célból, hogy az egyes, törvényből eredő állami kötelezettségeket ezeken a településeken biztosítsák.

Quelle: A Magyar Szocialista Munkáspárt határozatai és dokumentumai 1985-1989, Budapest 1994, S. 522-528. Übersetzung: Stellungnahme des Zentralkomitees der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpar- tei über die Weiterentwicklung der Nationalitätenpolitik und die Grundprinzipien des Nationa- litätengesetzes. Kommentar: Die Stellungsnahme wurde am 22. November 1988 verabschiedet. Das Gesetz kam vor dem Systemwechsel nicht mehr zustande.

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VIII Quellen- und Literaturverzeichnis

1 Quellen

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631 IX Register

1 Toponymenregister

Adria 188, 201 202, 204, 233, 294, 296, 299, 414, Agendorf 187 420, 424 Albertfalu 31 Baranya, Komitat 29, 31, 60, 72, 76, Alföld 71, 355 78, 83, 114, 115, 117, 119, 137, Alsópilis 72 235 f., 244, 264, 276, 287 323, Alsószentmárton 31 351 f., 356, 365, 381, 385, 386, Altenburg 73, 96 392 f. Alt-Ofen 96 Baranyavár 31 Amerika 3, 10, 35, 78, 138, 160, 177, Bars, Komitat 72 f. 180, 189-193, 219, 295, 335, 341, Bartfeld 74 347 f., 350, 357, 422, 439, 485, 490 Bátaapáti 264, 305 Anatolien 335 Batschka 29, 39, 48, 72, 75 f., 78, 90 f., Andau 362 101, 106, 115, 126, 128, 133, 135, Apar 112 137 f., 141, 165, 179, 182, 239, 245, Apatin 72, 115, 283, 292 282 f., 286-289, 291 f., 294, 298, Arad, Komitat 72, 137 309, 346, 420, 424 f. Aserbaidschan 190 Bayern 349, 425 Atlantik 148 Békéscsaba 383, 388, Australien 205 Belgien 205, 422 Benzendorf 165 Babarc 356 Beremend 31, 361 Bácsalmás 328, 359 Berlin 53, 105, 126, 127, 131, 214 f., Bács-Bodrog, Komitat 68, 72, 76, 78, 217 f., 222-229, 243, 253, 256-259, 118, 132, 235, 280, 315, 352 263, 269 f., 273 f., 279, 282, 286, Bács-Kiskun, Komitat 361, 486 289, 291-293, 307 f., 311, 318-320, Baden-Durlach 149 321, 322, 324, 328, 331 f., 452, 485, Baden-Württemberg 347, 349, 361 490 Baja 76, 280, 383, 388, 391 Bessarabien 190, 285, 332 Baltikum 285, 332, 452 Beszterce, Komitat 72 Banat 25, 29, 36, 39, 48, 55, 72, 74, 75, Bielitz-Biala 139 76, 78, 82, 91, 97 f., 99, 101-104, Bikal 385 106, 110, 114, 116, 125 f., 128, 135, Bistritz 72, 77, 124, 149, 160, 162 138, 140 f., 167, 169, 176, 179, 181, Blasendorf 28

632 Blumenthal 129 Danzig 215, 333 Bolmány 31 Dárda 31 Bonyhád 72, 89, 110, 117-119, 169, Debrecen 122, 266, 295, 355, 482 246, 266, 280, 284, 292 f., 306 Deutsches Reich 24, 53, 119, 130 f., Bosnien 22, 66, 139, 189, 332 140, 145, 158 f., 167, 173, 199 f., Bozen 377 214, 223-225, 249, 254, 256, 273, Brassó, Komitat 72 303, 307, 313, 323-325, 331, 478 Bries 73 Deutschland 3, 66, 79, 83, 90, 103, Brünn 289 122, 126, 129, 131, 138, 151 f., 154, Buchenwald 71, 105, 135, 282 173, 175, 182, 193, 198-201, 203 f., Budakalász 360 212, 214-219, 222 f., 225-227, 230, Budaörs 347 f., 359 f., 392 232, 244 f., 249 f., 255, 262 f., Budapest 9, 21, 23, 25, 31, 45, 47, 49, 267 f., 272, 273, 277-279, 281, 284, 50-52, 55 f., 62, 66 f., 71, 75-77, 79, 287 f., 291, 293, 295, 299 f., 302, 81, 85, 91, 96, 104, 108, 119, 121- 310, 316 f., 321-323, 325 f., 329, 125, 129, 135, 137 f., 145, 154, 156- 336-338, 340 f., 343, 347, 349, 357, 158, 173 f., 180, 182, 185, 211, 215, 360, 361, 363 f., 366 f., 379, 389 f., 217, 222, 224 f., 227, 228, 229, 235, 395, 397, 415, 421 f., 432, 439, 463, 239, 243, 246, 248, 252 f., 256, 258- 489, 492, 494 260, 265, 266, 267 f., 272, 274 f., Deutsch-Pilsen 73 277, 279, 281-283, 286 f., 289-292, Deutsch-Proben 73 294-296, 298-300, 304, 306-308, Dobrudscha 285, 332 310 f., 314, 317, 223, 331, 337, 339, Dobsina 73, 77 341, 342, 347, 349, 356, 358, 365, Dunabogdány 360, 362 388 f., 391, 403, 410, 420, 441 f., Dunaföldvár 110 449 f., 452-455, 459, 461-463, 468, Dunapataj 108 476, 479, 481 f., 485, 489, 491, 494 Dunaszekcső 364, 385 Bukarest 23, 139, 203, 377 Bukowina 138 f., 192, 204, 285, 332, Ebenfurth 136 346, 439 Egyházaskozár 112 Bulgarien 374 f. Einsiedel 73 Burgenland 71, 73, 187, 272, 298, Eisenstadt 96 313 f., 317 Elek 115, 270, 292, 299, 356, 259 f. Burzenland 154 England 131, 422 Eperjes 74 Chicago 136 Erlau 28 Cikó 275 Estland 203, 277, 284 Csanád, Diözese 90, 126 Esztergom, Komitat 71, 137, 235, 349 Csanád, Komitat 352 Esztergom, Stadt 389 Csávoly 315 Etyek 387 Csenej 72 Csíksomyló 28 Fátravidék 72 Czernowitz 139 Fazekasboda 109 Fejér, Komitat 71, 315

633 Felldorf 165 Hegyeshalom 360, 389, 494 f. Felsőpilis 72 Heideboden 71, 73, 99 Fertőrákos 360 Heiligenkreuz 135 Finnland 190, 371 Heltau 124, 149 Fiume 51, 121 Hermannstadt 22, 25, 77, 133 f., 136, Fogarasch 163 139, 146 f., 151 f., 154, 156, 158 f., Frankreich 3, 6, 24, 155, 230, 422 160-166, 184 Fünfkirchen 28, 31, 48, 77, 79 f., 89 f., Hessen 106, 349 105, 117, 121, 265 f., 268, 276, 283, Hidas 31, 111 f., 246, 276, 283 285, 306, 321, 328, 359-361, 383, Hidor 30 391 f. Hird 356 Fürstenfeld 136 Hódság 72 Hőgyész 387 Galizien 139, 192, 204, 221, 284 Honigberg 134 Genf 248, 459, 468 Hunyad, Komitat 27, 458, 467 Georgien 190 Gertjanosch 127, 129 Iglau 135 Göllnitz 73, 77 Italien 23, 39 f., 91, 155, 189, 192, 200, Görcsönydoboka 276 212, 214 f., 217-219, 284, 287, 332, Gotha 139 377, 421 f., 473 Gran 90 Graz 136, 163 Jánossomorja 362 f. Griechenland 192, 194, 207 Japan 191, 218 f. Großau 149 Jenőfalva 31 Großbetschkerek 49 Jugoslawien 4, 187, 191 f., 196, 203 f., Großbritannien 191, 193, 336 207-209, 215, 217, 219 f., 220, 225, Großkikinda 49, 121, 127 230, 245, 256, 271, 296, 336, 339, Groß-Komlosch 127 345, 349, 361 Großsanktnikolaus 49, 104 Großschlagendorf 105 Kakasd 119 Großwardein 28 Kálaznó 388 Güns 48, 77, 96, 299 Kalocsa 28, 90, 108 Güssing 73 Kanada 205 Győr, Komitat 356 Kaposvár 104, 117, 389 Györköny 112 Karlowitz 149 Gyula 104, 260, 355, 383, 388 Karlsburg 178 Karpatenland 187, 219 Hajós 107, 109, 328 Karpatenukraine 118, 219, 221, 283 Halle 136 Kaschau 57, 74, 77, 96, 121, 123, 339 Hamburg 288 Käsmark 72, 77, 96, 105, 175 (siehe Hannover 136 auch Késmárk) Harka 105 Katymár 315 Harta 108, 361 Kaukasus 190, 370 Hatzfeld 72, 296 f., 299 Késmárk 72

634 Királyszállás 225 Magenta 155 Kirchdrauf 28 Mágocs 264, 276 Kisdárda 31 Mähren 79 Kisdorog 107, 388 Majos 113 Klausenburg 23, 41, 72, 150, 156, 160 Majs 276 Klein-Betschkerek 134 Maniersch 165 Klosterneuburg 124, 138 Máramaros, Komitat 72 Kolozs, Komitat 72 Máriakéménd 276 Komárom, Komitat 71, 235, 349 Marienburg 165 Komló 388 f. Mauthausen 222 Königsberg 73 Mecsek 112 Krassó-Szörény, Komitat 72, 76, 132 Mecsekvidék 72 Krasznavidék 72 Mediasch 77, 136, 152, 157, 163, 180 Kremnitz 73 Metzenseifen 73, 94 Krickerhau 73 Mohács 146, 280 Kroatien 9, 24, 39, 63, 75, 85, 139, Mór 105 213, 420 Mórágy 113, 346, 388 Kronstadt 77, 127, 146 f., 150-152, Moson, Komitat 27, 71, 73, 76, 78, 99, 154, 158, 160, 162 f. 235, 349, 356 Küküllő, Komitat 72, 154 Mosonszentpéter 360 Kula 72 Mosonszolnok 361 Mőzs 113 Lácsfalu 31 Mucsi 290 Laibach 131 Mühlbach 136, 149 Lajtavidék 71 München 218, 255, 270, 300, 303, 316, Lánycsók 385 324 Laskafalu 31 Münichwiesen 73 Laskó 31 Munkatsch 104 Lausanne 335 Münster 255 Leipzig 103, 136, 255 Leitha-Gebiet 71 Nagyárpád 107 Lemberg 193 Nagykanizsa 48 Lengyel 346 Nagykovács 361 Lettland 284 Nagy-Küküllő, Komitat 72 Leutschau 121 Nagymaros 360 Libethen 73 Nagynyárád 276, 385 Limbach 105 Narev-Gebiet 284 Lippa 134 Nemesnádudvar 109, 386 Litauen 191 Németboly 89, 283 London 331, 333 f., 336 f., 338, 341, Németkér 113 342 Németpalánka 72 Lovászhetény 112 Neppendorf 149 Lovrin 134 Neubeschenowa 105 Lugosch 105, 115 Neudorff 296

635 Neumarkt 160 Pest, Komitat 71 f., 108, 118, 132, 137, Neupetsch 125, 127 235 Neusatz 22, 49, 76 f., 113, 115, 126, Pest-Solt-Kiskun, Komitat 235 221, 283 Petárda 31 Neusohl 73, 77 Petersburg 105, 131 Neuwerbaß 68, 105, 283 Piemont 6, 155 Nickelsdorf 389 Pinkafeld 105 Nimmersch 151 Piski 165 Nordamerika 3, 35, 138, 422, 439 Polen 66, 91, 154, 189-194, 196, 200- Nürnberg 347 204, 207, 212, 230, 284, 331, 332, Nyitra, Komitat 55, 72 f. 336, 339, 340, 361, 370, 404 f. Nyomja 276 Pomáz 137 Potsdam 335, 337, 342, 350, 357-359, Óbánya 109 484, 489, 492 Oberösterreich 149, 295 Pozsega, Komitat 78 Ödenburg 28, 73, 76-78, 85, 92, 96, Prag 331, 336 f., 339, 341, 349 121, 123, 140, 179, 188, 264, 294 f., Pressburg 48, 73, 76-78, 81, 92, 96, 389, 392 115, 121, 123, 140 Oderberg 96 Pressburg, Komitat 27, 55, 132 Ófalu 356 Preußen 14, 152, 332, 335 Ofen 90, 96, 104, 115, 121, 140, 424 Pukanz 73 Orawitza 115 Püspöklak 356 Ostern 127 Püspöknádasd 31 Österreich 1, 6-10, 14, 46, 49, 52 f., 57, 66, 82, 83, 96 f., 103, 119, 122, Raab 28, 137, 389, 392 128, 129, 131, 135 f., 138 f., 143, Raab-Gebiet 71 145, 149, 154 f., 158 f., 167, 173, Rábaság 71 175, 177, 187, 196, 217, 239, 254, Reschitza 114 273, 279 f., 295, 299, 314, 316, 319, Rom 217, 228, 269 322, 354, 362 f., 365, 389, 420, 422, Rotenturmpass 163, 166 432, 436, 438 f., 463 Ruma 134, 139, 428 Ostsee 188 Rumänien 4, 54, 66, 138, 145, 163, 178-180, 187, 190-192, 194 f., 197, Paks 88, 110 201-204, 207-209, 215, 217-219, Palotabozsok 276 225, 230, 245, 256, 271, 285, 288 f., Pantschowa 49, 78, 115, 128 f. 296, 345, 347, 349, 377 f., 395, 439 Paris 64, 187 f., 190-192, 194, 202, Russland 66, 145, 190, 193, 296, 332, 206, 208, 313, 321, 332 354 f. Pécs, Diözese 88 f., 114, 246, 328, 388 Rust 96 Pécsbányatelep 328 Pécsvárad 31, 72, 246, 276 Sachsen 347, 351 Perjámos 72 Saint Germain en Laye 187 Pest 18, 28, 50, 71, 96, 105, 113, 121, Sankt Gallen 297 140, 156, 352 Sarajevo 139, 144, 189

636 Sáros, Komitat 54 Stuttgart 122, 254 f., 267, 389 Sathmar 28, 72, 88 f., 105, 195, 245, Südosttransdanubien 29, 169, 356 282 Südtirol 192, 225, 258, 284, 332, 377, Schäßburg 152, 155, 160, 162 f., 165 473 Schemnitz 73, 77 Syrmien 48, 78, 139, 204, 428 Schildgebirge 71 Szálka 380 Schlesien 333 Szathmár, Komitat 55, 118 Schmölnitz 73 Szeben, Komitat 72, 355 Schwäbische Türkei 72, 76, 106, 235, Szederkény 276, 356 282, 288, 328 Szeged 90, 116, 392 Schwedler 73 Szeklerland 160, 246, 318 Schweiz 205, 213, 296 f., 310, 422 Szekszárd 88, 392 Semlin 78, 428 Szellő 113 Serbien 22, 66, 145 Szentendre 138 Siebenbürgen 9, 25, 29, 40, 42, 46, 48, Szepes, Komitat 72 51, 60, 71, 75-77, 80, 85, 93, 98, Szerém, Komitat 78 102, 106, 121, 126 f., 134, 146, Sziget 242 148 f., 151-156, 159-161, 164, 174, 179, 192, 202, 214, 230, 232, 246, Tarján 380 253, 282, 327, 420, 452 Tatabánya 392 Siklós 31 Tátravidék 72 Slawonien 31, 74, 78, 139, 204 Temes, Komitat 72, 76, 78, 132 Slowakei 4, 47, 58, 99, 187, 214, 219, Temeschkubin 129 229 f., 273 f., 307, 342, 346 f., 349- Temesvár 49, 55, 72, 76-78, 97 f., 104- 351, 361, 366, 420, 492 106, 114-116, 122, 126, 428 Solferino 6, 155 Tevel 107, 346 Solymár 360 f. Theiß 51, 118, 252 f., 344, 356 Somberek 276, 385 Tiflis 190 Somogy, Komitat 115, 117, 235 f., 352, Tirol 79 356 Tiszalök 357 Sopron, Komitat 27, 71, 73, 76, 99, Tolna, Komitat 72, 76, 78, 89, 110, 188, 235, 349, 352 115, 117, 119, 137, 235, 268, 275, Soroksár 266, 360, 389 287, 305, 341, 346, 351 f., 356, 365, Sowjetunion 192, 200, 219, 284, 336, 388 349, 351, 353-356, 360, 371 f. Torjáncz 31 St. Gotthard 134 Torontál, Komitat 72, 76, 78, 132 St. Hubert 127 Totis 105 Steierdorf 114 f. Transdanubien 29, 51, 71 f., 78, 90, Steiermark 79, 83, 142, 149 101 f., 108, 112, 117-119, 121, 172, Steinamanger 238 235, 246 f., 252 f., 286, 290, 294, Stockholm 273 318, 327, 344, 349, 356, 388 Stooß 73 Trianon 168 f., 178, 187 f., 201, 208- Straßsommerein 360 210, 212 f., 317, 221, 232 f., 249, Stuhlweißenburg 104, 137, 389, 392

637 277, 283, 286-288, 291, 301, 312, Warschau 341, 349 316, 361, 449, 468 Warthegau 332 f. Troppau 139 Washington 341 Tscheb 103, 105, 182, 298, 451 Weimar 122 Tschechoslowakei 187, 191 f., 194 f., Weißenburg 148 (siehe auch 202 f., 205, 207-209, 215, 217 f., Karlsburg) 225, 228, 273, 279, 324, 331, 338 f., Weißkirchen 49, 77, 104, 115, 121, 341 f., 345-347, 350, 361, 366, 492, 126-128, 134 502 Werschetz 49, 76-78, 115 f., 126, Tscherwenka 165 128 f., 134 Tübingen 122, 137 Westpreußen 332 f. Turjatal 74 Wien 9, 19, 52, 55, 78, 97-99, 103, Túrócszentmárton 28 124-126, 131 f., 135-137, 139, 148, Turócz, Komitat 72 151, 154 f., 163, 173, 317, 440, 473 Tyrnau 28, 77 Wiener-Neustadt 136 Wieselburg 73, 132 Új-Arad 72 Wiesenhaid 129 Ukraine 190-192, 202 f., 356, 370, Winzendorf 163 404 f. Wolhynien 284, 332 Ungarisch-Altenburg 96 Württemberg 74, 154, 425 Ungvár 28 Zeben 74 Urwegen 148 Zemplén, Komitat 15, 27 USA 133, 193 f., 219, 336 f., 348, Zendersch 165 489 f. Zips 58, 72, 74, 77, 85, 92, 96, 99, 115, 131, 137, 140, 161, 179, 234, 420 Várdarácz 31 Zipser Neudorf 41, 73, 77, 96 Várdomb 89 Zirc 105 Vas, Komitat 27, 71, 73, 76, 99, 119, Zisleithanien 8 236, 349 Zomba 107 Véménd 83, 385 Zsámbék 105 Verőcze, Komitat 78 Zsombolya 72 (siehe auch Hatzfeld) Vértésség 71 Zuckmanteln 165 Veszprém 71, 137, 235 f., 349, 352, Zürich 296 392 Zwickau 364 Veszprém, Komitat 71, 137, 235 f., 349, 352, 392 Villafranca 6 Villány 236, 362 f. Vojvodina 196, 202, 204, 233, 361 Vokány 385 Völgység 110, 346, 388

Wagendrüssel 73 Waldkarpaten 74

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2 Ortsnamenkonkordanz

(An erster Stelle steht die im Text verwendete Ortsnamensvariante; die heute gültige ist kursiv gesetzt; k. = kroatisch, r. = rumänisch, s. = serbisch, sl. = slowakisch, slow. = slowenisch, u. = ungarisch, ukr. = ukrainisch, tsch. = tschechisch, t. = türkisch)

Adrianopel – t. Edirne Agendorf – u. Ágfalva Agram – k. Zagreb – u. Zágráb Albertfalu – k. Grabovac Alsomisle – sl. Nižna Myšl’a – u. Alsómislye Alt – r. Oltul – u. Olt Alt Beschenenowa – r. Dudeştii Vechi – u. Óbesenyő Altenburg – u. Magyaróvár Alt-Ofen – u. Óbuda Amselfeld – s. Kosovo Polje Antonsdorf – k. Antunovac Apáca – u. Csanádapáca Apfeldorf – s. Jabuka – u. Torontálalmás Bajmok – s. Novo Selo – u. Hadikújfalu Buchenwald – u. Bakony Baranyavár – k. Branjin Vrh Bartfeld – sl. Bardejov – u. Bártfa Bardhaus – ukr. Barbovo – u. Bártháza Batschka – s. Bačka – u. Bácska Belényes – r. Beiuş Belgrad – s. Beograd – u. Nándorfehérvár Bellye – k. Bilje Benzendorf – r. Aurel Vlaicu – u. Bencenc Beregsaß – ukr. Berehove – u. Beregszász Betsche – s. Bečej – u. Óbecse Bielitz-Biala – poln. Bielsko-Biała Billed – r. Biled – u. Billéd Birkendorf – ukr. Berezynka – u. Nyírhalom Birthälm – r. Biertan – u. Berethalom Bistritz – r. Bistriţa – u. Beszterce Blumenthal – r. Maşloc – u. Máslak Bocskó – r. Bocicău Bodzás – u. Medgyesbodzás Bösing – sl. Pezinok – u. Bazin Bogarosch – r. Bulgăruş – u. Bogáros Bogojevo – u. Gombos

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Bokschan – r. Bocşa – u. Boksánbánya Bolerasz – sl. Boleráz – u. Bélaház Bolmány – k. Bolman Boroszló – sl. Brestov Bosnik – r. Boşneag Brestowatz – s. Banatski Brestovac – u. Beresztóc Bries – sl. Brezno – u. Breznóbánya Broos – r. Orăştie – u. Szászváros Bruckenau – r. Pişchia – u. Hidasliget Brünn – tsch. Brno Bukarest – r. Bucureşti Bukin – s. Mladenovo – u. Dunabökény Bulkes – s. Maglić – u. Bulkeszi Burzenland – r. Ţara Bârsei Csiksomyló – r. Şumuleu Czernowitz – ukr. Černivci – r. Cernăuţi – russ. Černovcy Danzig – poln. Gdańsk Detta – r. Deta – u. Detta Deutsch-Bresnitz – sl. Breznica Deutsch Mokra – ukr. Nimecka Mokra – u. Mokra Deutsch-Proben – sl. Nitrianske Pravno – u. Németpróna Deutsch Sankt Peter – r. Sînpetru german – u. Németszentpéter Deutschendorf – sl. Poprad – u. Poprád Dilln – sl. Banská Bela – u. Bélabánya Diószeg – sl. Sládkovičovo Divitz – sl Divici – u. Divécs Djakowar – k. Djakovo – u. Diakovár Dobschau – sl Dobšina – u. Dobsina Dognatschka – r. Dognecea – u. Dognácska Donnersmark – sl. Spišský Štvrtok – u. Csütörtökhely Draas – r. Drăuşeni – u. Homoróddaróc Egeres – r. Aghireşu Einsiedel – sl. Mnišek nad Hnilcom – u. Szepesremete Eisenberg – ukr. Bela Akiba Eisenburg – u. Vasvár Eisenstadt – u. Kismárton Engelsbrunn – r. Fântânele – u. Angyalkút Erlau – u. Eger Esseg – k. Osijek – u. Eszék Felldorf – r. Filitelnic – u. Fületelke Ferdinandsdorf – s. Novi Kozjak – u. Ferdinándfalva Filipovo – s. Bački Gračac – u. Szentfülöp Fiume – k. Rijeka Fogarasch – r. Făgăraş – u. Fogaras

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Franzfeld – s. Kačarevo – u. Ferenchalom Frauenbach – r. Baia Mare – u. Nagybánya Fünfkirchen – u. Pécs Gaidobra – s. Gajdobra – u. Szépliget Gaj – u. Gálya Gakowa – s. Gakovo – u. Gádor Georgenberg – sl. Spišská Sobota – u. Szepesszombat Gertjanosch – r. Cărpiniş – u. Gyertyámos Göllnitz – sl. Gelnica – u. Gölnicbánya Gottlob – r. Gottlob – u. Kisősz Gottschee – slow. Kočevsko Grabatz – r. Grabaţ – u. Garabos Gran – u. Esztergom Großau – r. Cristian – u. Kereszténysziget Großbetschkerek – s. Zrenjanin – u. Nagybecskerek Große Schüttinsel – sl. Žitný ostrov – u. Csallóköz Großkikinda – s. Kikinda – u. Nagykikinda Groß-Jetscha – r. Iecea Mare – u. Nagyjécsa Groß-Komlosch – r. Comloşu Mare – u. Nagykomlós Großpold – r. Apoldu de Sus – u. Nagyapold Großsanktnikolaus – r. Sînnicolau Mare – Nagyszentmiklós Großschlagendorf – sl. Vel’ky Slavkov – u. Nagyszalók Groß-Schlatten – r. Abrud – u. Abrudbánya Großturwall – u. Törökbálint Großwardein – r. Oradea – u. Nagyvárad Güns – u. Kőszeg Güssing – u. Németújvár Guttenbrunn – r. Zăbrani – u. Temeshidegkút Häuerdorf – r. Iertof – u. Hévér Hammersdorf – r. Gusteriţa – u. Szenterzsébet Hamor – sl. Hámor – u. Lujzahuta Hatzfeld – r. Jimbolia – u. Zsombolya Heiligenkreuz – u. Rábakeresztúr Heltau – r. Cisnădie – u. Nagydisznód Hermannstadt – r. Sibiu – u. Nagyszeben Hetzelsdorf – r. Aţel – u. Ecel Hodschag – s. Odžaci – u. Hódság Homolitz – s. Omoljica – u. Omlód Honigberg – r. Hărman – u. Szászhermány Huszt – ukr. Chust Iarmatha – r. Giarmata – u. Temesgyármat Iglau – tsch. Jihlava India – k. Indija – u. India Jarek – s. Bački Jarak – u. Tiszaistvánfalva

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Jenőfalva – k. Podravlje Joos – sl. Jasov – u. Jászó Josefsdorf – k. Josipovac Käsmark – sl. Kežmarok – u. Késmárk Karlowitz – s. Sremski Karlovci – u. Karlóca Keresztur – s. Ruski Krstur – u. Bácskeresztúr Klausenburg – r. Cluj – u. Kolozsvár Kanischa – u. Nagykanizsa Kanizsa – s. Kanjiža Kaplau – r. Capleni – u. Kaplony Karansebesch – r. Caransebeş – u. Karansebes Karlsdorf – s. Banatski Karlovac – u. Nagykárolyfalva Karlstadt – k. Karlovac Karol – r. Carei – u. Nagykároly Karpfen – sl. Krupina – u. Korpona Kaschau – sl. Košice – u. Kassa Kendereske – ukr. Kenderešovo Kerz – r. Cârţa – u. Kerc Kirchdrauf – sl. Spišské Podhradie – u. Szepesváralja Kisdárda - k. Trdjavica Klein-Betschkerek – r. Becicherecu Mic – u. Kisbecskerek Kleinker – s. Bačko Dobro Polje – u. Kiskér Klucsárka – ukr. Kl’učarky Königsberg – sl. Nová Baňa – u. Újbánya Königsdorf – s. Opovo – u. Ópáva Kolos – sl. Vel’ký Kliž – Apátkolos Konstantinopel – t. Istanbul Kopács – k. Kopačevo Kowatschitza – s. Kovačica – u. Antalfalva Krakau – p. Kraków Kremnitz – sl. Kremnica – u. Körmöcbánya Kremsier – tsch. Kromĕříž Krickerhau – sl. Handlová – u. Nyitrabánya Kroatendorf – ukr. Pudhorod Kronstadt – r. Braşov – u. Brassó Kubin – s. Kovin – u. Kevevára Kustánfalva – ukr. Kuštanovyca Kuttenberg – tsch. Kutná Hora Kutzura – sl. Kucura – u. Kucora Laibach – slow. Ljubljana Langenau – r. Cîmpolung Langenfeld – r. Cîmpia Banatului – u. Néramező Lanzenau – k. Darda – u. Dárda Laskafalu – k. Čeminac

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Laskó – k. Lug Lechnitz – r. Lechinţa – u. Szászlekence Lemberg – ukr. Lviv Leschkirch – r. Nocrich – u. Újegyház Leutschau – sl. Levoča – u. Lőcse Libethen – sl. L’ubietová – u. Libetbánya Lippa – r. Lipova – u. Lippa Lublau – sl. Stara Lubovna – u. Ólubló Lüttich – Liège Lugosch – r. Lugoj – u. Lugos Lupkova –r. Liubcova – u. Alsólupkó Luzanka – sl. Šarišské Lužianky – u. Luzsány Mädchendorf – ukr. Lalove – u. Bereglányfalu Magyarpécska – r. Rovine Maidan – r. Brădişorul de Jos Makovicz – r. Macovişte – u. Mákosfalva Maniersch – r. Măgheruş – u. Küküllőmagyarós (Kloster) Marienberg – u. Borsmonostor Marienburg – r. Feldioara – u. Földvár Markovetz – r. Milcoveni – u. Mirkóc Mediasch – r. Mediaş – u. Medgyes Meggyes – s. Višnjevac Mercydorf – r. Carani – u. Merczyfalva Metzenseifen – sl. Medzev – u. Mecenzéf Milititsch – s. Srpski Miletić – u. Militics Mitrowitz – s. Sremska Mitrovica – u. Mitrovica Mocsonok – sl. Sládečkovce Moldowa – r. Moldova Nouă – u. Újmoldova Mramorak – u. Homokos Mühlbach – r. Sebeş – u. Szászszebes Münichwies(en) – sl. Vrícko u. Turócremete Munkatsch – ukr. Mukačevo – u. Munkács Naschitz – k. Našice – u. Nekcse/Nasicz Necpál – sl. Necpaly Neppendorf – r. Turnişor – u. Kistorony Neubeschenowa – r. Dudeştii Noi – u. Újbesenyő Neuhäusel – sl. Nové Zámky – u. Érsekújvár Neukaravukovo – s. Karavukovo – u. Bácsordas Neukollut – k. Kolut – u. Küllőd Neupalanka – s. Bačka Palanka – u. Palánka Neu-Palanka – s. Banatska Palanka – u. Palánk Neu Pasua – s. Nova Pazova – u. Újpázova Neupetsch – r. Peciu Nou – u. Újpécs Neusatz – s. Novi Sad – u. Újvidék

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Neusohl – sl. Banská Bystrica – u. Besztercebánya Neutra – sl. Nitra – u. Nyitra Neuwerbass – s. Novi Vrbas – u. Újverbász Neu Wien – r. Peciu Nou – u. Újpécs Nimmersch (Nimesch) – r. Nemşa – u. Nemes Nisch – s. Niš Oberschützen – u. Felsőlővő Oderberg – tsch. Bohumín Ödenburg – u. Sopron Ofen – u. Buda Offenburg – r. Baia de Arieş – u. Aranyosbánya Ópécska – r. Pecica Orawitza – r. Oraviţa – u. Oravicabánya Orschowa – r. Orşova – u. Orsova Ostern – r. Comloşu Mic – u. Kiskomlós Ovča – u. Bárányos Padina – u. Nagylajosfalva Pantschowa – s. Pančova – u. Pancsova Passarowitz – s. Pozarevać Peklin – sl. Peklina – u. Szurkos Perekucsa – r. Berecuţa – u. Berekutca Periamosch – r. Periam – u. Perjámos Petersheim – s. Sečanj – u. Torontálszécsány Peterwardein – s. Petrovaradin – u. Pétervárad Pilsen – tsch. Plžen Pinkafeld – u. Pinkafő Piski – r. Pişchinţi – u. Piskinc Plankendorf – ukr. Palanok – u. Várpalánka Plattensee – u. Balaton Plintenburg – u. Visegrád Ploschitz – s. Pločica – u. Kevepallós Podlavicz – sl. Podlavice – u. Pallós Poscheg – k. Požega – u. Pozsega Posseschena – r. Pojejena-de-Jos – u. Alsópozsgás Potok – r. Potoc – u. Harampatak Prag – tsch. Praha Pressburg – sl. Bratislava – u. Pozsony Preschau – sl. Prešov – u. Eperjes Priwitz – sl. Prievidza – u. Privigye Prostian – r. Broşteni – u. Krassóborostyán Pudlein – sl. Podolínec – u. Podolin Pukantz – sl. Pukanec – u. Bakabánya Raab – u. Győr Regecz – sl. Regéc

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Rekasch – r. Recaş – u. Temesrékas Reps – r. Rupea – u. Kőhalom Reußmarkt – r. Miercurea Sibiului – u. Szerdahely Rieddorf – k. Retfala – u. Rétfalu Rodenau – sl. Râşnov Rosenau – sl. Rožňava – u. Rozsnyó Rosenberg – sl. Ružomberok – u. Rózsahegy Rovnó/Róna – sl. Rovné Russova – r. Rusova Nouă – u. Újruszolc Rust – u. Ruszt Sackelhausen – r. Săcălaz – u. Szakálháza Saderlak – r. Zădăreni – u. Zádorlak Sakul – r. Sacu – u. Szákul Samoš – u. Számos Sankt Georgen – sl. Svätý Jur – u. Szentgyörgy Sankt Gotthard – u. Szentgotthárd Sankt Hubert – s. Sveti Hubert – u. Szenthubert Sathmar – r. Satu Mare – u. Szatmár Sattelneudorf – u. Nyergesújfalu Schäßburg – r. Shigişoara – u. Segesvár Schamagosch – r. Ciumeşti – u. Csomaköz Schavnik – sl. Štiavnik – u. Styavnik, Trencsénselmec Schemnitz – sl. Banská Štiavnica – u. Selmecbánya Schenk – r. Cincu – u. Nagysink Schinal – r. Urziceni – u. Csanálos Schlatten – r. Abrud – u. Abrudbánya Schmöllnitz – sl. Smolnik – u. Szomolnok Schöndorf – r. Frumuşeni – u. Szépfalu Schwedler – sl. Švedlár – u. Svedlér Sefkerin – u. Szekerény Sekitsch – s. Lovćenac – u. Szeghegy Semlin – s. Zemun – u. Zimony Sepsiszentgyörgy – r. Sfântu Gheorghe Sereth – r. Siret Siebenbürgen – r. Transilvania – u. Erdély Sillein – sl. Žilina – u. Zsolna Siwatz –s. Sivac – u. Szivác Skalitz – sl. Skalica – u. Szakolca Soovár – sl. Šváby – u. Németsóvár Startschowa – s. Starčevo – u. Tárcsó Steierdorf – r. Anina – u. Stájerlak Stooß – sl. Štós – u. Stósz Stuhlweißenburg – u. Székesfehérvár Syrmien – s. Srem – u. Szerem

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Szonta/Szond – k. Sonta Tartlau – r. Prejmer – u. Prázsmár Telken – u. Telke Temeschkubin – s. Kovin – u. Temes-Kubin, Kevevára Temesvar/Temeschwar/Temeschburg – r. Timişoara – u. Temesvár Theresiopel – s. Subotica – u. Szabadka Thorenburg – r. Turda – u. Torda Topuszko – kr. Topusko Torschau – s. Savino Selo – u. Torzsa Totis – u. Tata Trautsohndorf – u. Trauczonfalva Trentschin – sl. Trenčin – u. Trencsén Triebswetter – r. Tomnatic – u. Nagyősz Troppau – tsch. Opava Tschakova – r. Ciacova – u. Csák/Csakóvár Tschanad – r. Cenad – u. Csanád Tschatad – r. Lenauheim – u. Csatád Tschatalja – u. Csátalja Tscheb – k. Čelarevo – u. Dunacséb Tscherwenka – s. Crvenka – u. Cservenka Turócszentmárton – sl. Turčiansky Sv. Martin, heute Martin Tyrnau – sl. Trnava – u. Nagyszombat Üsküb – mak. Skopje Ungarisch-Altenburg – u. Magyaróvár Ungarisch Weißenburg/Karlsburg – r. Alba Julia – u. Gyulafehérvár Ungvár – ukr. Užhorod Unter-Limbach – slow. Lendava – u. Alsólendva Urwegen – r. Gîrbova – u. Szászorbó Várdarácz – k. Vardarac Voitek – r. Voiteg – u. Vejte Wagendrüssel – sl. Nálepkovo – u. Merény Waitzen – u. Vác Walpach – k. Valpovo – u. Valpó Warasdin – k. Varaždin – u. Varasd Waschkut – u. Vaskút Weindorf – u. Pilisborosjenő Weißkirchen – s. Bela Crkva – u. Fehértemplom Werbas – s. Vrbas – u. Verbász Weretz – k. Virovitica – u. Verőcze Werischwar – u. Pilisvörösvár Weprowatz – s. Kruščić – u. Veprőd Werschetz – s. Vršac – u. Versec Wieselburg – u. Moson Wiesenheid – r. Tisa Nouă – u. Réthát

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Widin – bulg. Vidin Winzendorf – r. Vinţu de Jos – u. Alvinc Wukowar – k. Vukovar – u. Vukovár/Valkóvár Zeben – sl. Sabinov – u. Kisszeben Zendersch – r. Senereuş – u. Szénaverős Zenta – s. Senta Zips – sl. Spiš – u. Szepes Zipser Neudorf – sl. Spišská Nová Ves – u. Igló Zuckmanteln – r. Ţigmandru – u. Cikmántor Zurndorf – u. Zurány

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3 Personenregister

Áchim L., András 118 Bellér, Béla 39, 317 Aczél, György 353, 358, 396 Bem, Jozef 154 Ady, Endre 64 Beneš, Edvard 336-338, 340 Albert, Max 268, 303 Berenz, Adam 292 Amrein, Katharina 296 Berger, Gottlob 288 Andrásfalvy, Bertalan 108 Berinkey, Dénes 184, 442 Andrássy, Gyula Graf 6 f., 128, 158, Berka, Günther 267 454, 462 Berzeviczy, Albert 26 Andreas II., König von Ungarn 146 Bethlen, István Graf 211 f., 232, 278, Angster, Josef 80 320, 323, 460, 262 Anheuer, Johann 125 Betnár, Béla 117-119 Antall, József d.Ä. 338 Bibó, István 291, 292, 343, 345, 483, Antall, József d.J. 401 485-487 Apponyi, Albert Graf 32, 36, 37 f., Bindorffer, Györgyi 362 128, 159, 174, 209, 454, 459, 462, Birkás, Géza 175, 229 468 Blaskovics, Ferenc 115 f., 122 Bleyer, Franz 268 Bajcsy-Zsilinszky, Endre 453 f., 462 Bleyer, Jakob (Jakab) 103, 105, 119, Balogh, István 350 140, 169, 172, 174, 181, 234, 248, Baloghy, Ernő 68 256, 259, 260, 298, 300, 302, 313, Baltik, Frigyes 86 316-318, 322, 416, 451, 460 Bánffy, Dezső Graf 21, 23, 46, 50, Blinck, Károly 318, 325, 327 67, 125, 130, 158 Bodor, György 341, 346 Bangha, Béla 87, 91, 184 Bohle, Ernst Wilhelm 255 Bárdossy, László 324 Böhm, Leonhard 140 Baross, Gábor 104 Bohn, Karl 116 Barrère, François 3 Boros, István 356 Bartók, Béla 170 Boross, László 64, 96 Bartoniek, Géza 297 Brandsch, Rudolf 72 f., 92, 116 f., Basch, Anton 296 133-136, 139 f., 142 f., 159, 164, Basch, Franz 227 f., 230, 235, 248, 177, 179 f., 184 f., 254, 314, 249 f., 255 f., 260 f., 263-265, 270, 453 f., 461 f. 273-275, 282, 284, 293, 295 f., Brandt, Jakob 280, 324 299, 300, 302, 304-309, 316, Braun, Róbert 64 318 f., 321, 323 Briebecher, Rudolf 161 Báthory, Stefan (István), Fürst von Broszat, Martin 217 Siebenbürgen 147 Brubaker, Roger 195 Bauer, Josef 292 Bruck, Karl Ludwig von 6 Bauer, Otto 1, 64, 189, 369 Bruckner, Győző 140 Bayer, Josef 176 Brukenthal, Samuel von 149 Behrends, Hermann 291 Brüning, Heinrich 215 Beksics, Gusztáv 19, 66 f. Brunner, Heinz 282

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Bruns, Carl Georg 223 Erdmannsdorf, Otto von 270 Bülow, Bernhard Wilhelm von 243 Erkel, Franz/Ferenc 104 Burghardt, Andrew Frank 135 Ermel, Gyula 118

Caraffa, Antonio Graf 278 Fabritius, Carl 157 Chruščëv, Nikita Sergeevič 371 Faul-Farkas, Johann 250, 263, 268, Churchill, Winston 218, 335 302, 305 Ciano, Gian Galeazzo Graf 219 Faulstich, Ägidius 250, 263, 267 f., Claß, Heinrich 134 305, 307 Clay, Lucius D. 347 f. Féja, Géza 297 Clemenceau, Georges Benjamin 194 Fejérváry, Géza Baron 128 Clodius, Carl August 215 Fél, Edit 108 Concha, Győző 67 f. Ferdinand I., König von Ungarn, Cosma, Partenie 34 röm.-dt. Kaiser 146 Cramer, Alwin 126 f. Ferdinand, Kaiser von Österreich Csaki, Richard 255 129, 131, 135, 143, 159, 189 Csáky, István Graf 219, 230 f., 471 Filtsch, Josef 35 Csányi, László 154 Fischer, Holger 278 Csernoch, János 90, 239 Fischer, Ludwig 412 Curtius, Julius 215, 224 Forberger, Béla 176 Curzon, George Nathaniel 335 Forray, Katalin R. 394 Franz Ferdinand, Thronfolger 129, Dániel, Ernő Baron 50 131, 135, 143, 159, 189 Darányi, Kálmán 217, 228, 271 Franz Joseph, Kaiser von Österreich, Deák, Ferenc 6 f., 16, 19 f., 22, 48, König von Ungarn 1, 6, 8, 14, 23, 67, 141, 157, 453, 458, 461, 467 155 f., 211 Deák, István 222 Frecot, Melchior 115 Deim, Franz 138 Friedrich, István 186 Deminger, Szilvia 411, 413 Fülep, Lajos 246 Dénes, István 247 Funk, Walther 270 Dessewffy, Sándor 126 Deutsch, Karl 414 Gabeli, Johann 138 Gascoigne, Alvary D. F. 337 f., 343, Eden, Robert Anthony 335-337 347 Egry, Gábor 153 Georg II. Rákóczi 148 Egyed, Antal 110 Gerner, Zsuzsanna 410 f. Eimann, Johann 106 f., 414 Gießwein, Sándor 105 Elekes, Dezső 346, 350 Glatz, Auguste 122 Engelhardt, Wilhelm 137 Glatz, Eduard 140 Engels, Friedrich 189 Glatz, Ferenc 84, 120 Eötvös, József 6, 11-13, 16, 18-20, Glatz, Jakob 140 22, 26, 67, 141, 157, 205, 453, 461 Goebbels, Joseph 226 Erdei, Ferenc 342, 343, 355 f. Gogolák, Ludwig 56 Erdey-Grúz, Tibor 386 Goldschmidt, Georg 248, 268, 282

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Gömbös, Gyula 130, 212, 215, 224, Himmler, Heinrich 288, 332 226 f., 244, 251, 258, 260, 266 f., Hitler, Adolf 200, 214 f., 217-220, 271 f., 460 224, 226 f., 258, 279, 281, 284- Göncz, Árpád 354, 360 286, 292, 312, 321, 325, 328, Görcs, László 392 331 f., 334, 335, 337 f., 341, 349, Göring, Hermann 226 397, 460 Gött, Johann 151 f., 174 Höbelt, Lothar 122 Gorkij, Maksim 369 Hodža, Milan 159 Gratz, Gustav 40, 187, 228, 233 f., Hóman, Bálint 272, 295 237, 241, 250, 256 f., 260-264, Honterus, Johannes 147 266-271, 273, 301-307, 312, 316- Hornung, Georg 268 318, 322, 451 Horthy, Miklós 181, 183, 208, 211 f., Grünwald, Béla 34, 66 f. 217, 219, 221 f., 228 f., 232, 257, Gull, Josef 53 269, 277 f., 285, 292, 304, 306 f., Gumplowicz, Ludwig 17 312, 315 f., 320, 321, 322, 325, Gündisch, Guido 184, 248, 302, 314 328 Gungl, Johann 105 Horvát, Boldizsár 47 Gyöngyösi, János 337, 342, 345 Horváth, Mihály (Michael) 298 Györkő, Franz/Ferenc 89 Hrabovec, Emilia 339 Gyulay, Endre 360 Huber, Johannes 121 f., 187, 272 Huber, Matthias 276 Haas, Michael 105 Hull, Cordell 219 Haeckel, Ernst 164 Hunfalvy, János (Hundsdorfer, Hainisch, Michael 136 Johann) 105 Halász, Ferenc 31 Hunfalvy, Pál (Hundsdorfer, Paul) Hamm, Franz 282, 287, 294 105 Hanák, Péter 61, 84 Huß, Richard 228, 248, 266 f., 307, Hasse, Ernst 131 318 Hauser, Peter 315 Huszár, Károly 186, 315 Haushofer, Karl Ernst 255, 269 Haynau, Julius Jakob von 278 Illyés, Gyula 246, 260 Heegn, Reinhold 134 Imrédy, Béla 229 f., 273, 322 f. Hegedüs, András T. 394 Heim, Peter 104 Jászi, Oszkár 1, 37, 64-66, 69, 178, Heinrich, Gustav 140 184, 315, 454 f., 462 f. Heinze, Rudolf 53 Joseph II., röm.-dt. Kaiser 50 Hengl, Johann 275 József, Attila 361 Henlein, Konrad 229, 273 f., 323 Junker, Johann 184 f. Herczeg, Ferenc 82 f., 102 f., 176 Herczeg, Sándor 119 Kada, Michael 138 Herder, Johann Gottfried 3 Kádár, János 374, 389 Herman, Ottó 36, 52 f. Kaindl, Raimund Friedrich 135, 139 Hernai, Béla 83 Kalmár, Heinrich 185 Herzog, Roman 360 Kaltenbach, Jenő 401, 406

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Kánya, Kálmán 217, 225, 228 Kun, Béla 185 Karasek-Langer, Alfred 108 Kursell, Otto Konstantin Gottlieb von Karl I., Kaiser von Österreich, als Karl 269 IV. König von Ungarn 177 Kurzweil, Josef 118 Karl V. von Lothringen 148 Kußbach, Franz 223, 248, 250, 263- Karmasin, Franz 229 268, 305-307 Károlyi, Gyula Graf 244, 315 Károlyi, Mihály Graf 177, 179, 185, Lakner, Sebastian 303 208, 442, 452, 455, 464 Leber, Ludwig 268, 390 Katus, László 10, 18, 57, 62, 79, 81, Lechner, Edmund/Ödön 104 84 Leipold, Peter 376, 412 Keck, Antal 280 Leitner, Samuel 138 Keintzel, Eduard 282, 294 Lenin (Vladimir Iljič Uljanov) 189 f., Keresztes-Fischer, Ferenc 235, 244, 369-372 251 Leo XIII., Papst 90 Kern, Aurél 351 Leopold I., röm.-dt. Kaiser 149 Kertész, István 345 Libertiny, Gusztáv 43 Keszthelyi, Nándor 345 Lieber, Josef 138 Kirdorf, Emil 136 Lindner, Ferdinand 139 Kiss, Péter 358 Litván, György 63 Klebelsberg, Kuno Graf 233, 238, Lloyd George, David 194, 208 241, 450 Loesch, Karl Christian von 254 Klocke, Helmut 267 Lorenz, Werner 254, 269 Knaller, Viktor 179 f. Lovinus, János 119 Kodolányi, János 247 Luther, Martin 147 König, Anton 248, 263, 305 Köpeczi, Béla 394 Macartney, Carlyle Aylmer 62, 231 Kogutowicz, Károly 110 Mackensen, Hans Georg von 223, Kopony, Wilhelm Traugott 134 226, 227, 228, 266, 267, 306 f. Korányi, Sándor 297 Mannová, Elena 81 f. Korn, Arthur 127 Mansfeld, Peter 389 Kornis, Gyula 260, 323 Márai, Sándor 57 Korodi, Lutz 127, 136, 147, 158 Maria Theresia, Königin von Ungarn Kovács, Éva 362 86, 149, 426 Kovács, Péter 384 Marx, Karl 189 Kovatschits (Kovatsits), Ludwig 138 Matter, Max 109 Kozma, Miklós 225-227, 269, 308 Mayer, Cornelius 412 Kraft, Stephan 136, 179 Megerle, Karl 220 Krause, Otto 135, 137 Meltzl, Oskar von 50 Kraushaar, Karl 116 Mester, Miklós 295, 312 Krehl, Alfred 267 Michael der Tapfere (Mihai Viteazul) Kremling, Bruno 136 148 Kremling, Ludwig 129, 134, 136, 420 Mikes, János Graf 238 Krisch, Alois 127 Miklós von Dálnoki, Béla 295

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Mildenberger, Paul 138 Pestalozzi, Johann Heinrich 151 Miletić, Svetozar 22 Pesty, Frigyes 13 Mill, John Stuart 11 Pethő, Sándor 278 Mindszenty, József Kardinal 340 Petz, Gedeon 105, 140 Mischung, Konrad 168, 280 Pfeilschifter, Georg 255 Mittelmann, Friedrich 119 Piłsudski, Józef 192 Mocsáry, Lajos 20, 33 f., 55, 64 Pintér, László 248, 264-268, 493 Molitoris, Carl 282 f. Plener, Ignaz von 6 Molnár, János 85 Polit-Desančić, Mihailo (Mihály) 35 Moltke, Maximilian Leopold 152 Popovici, Aurel Constantin 9 Morvay, Győző 35 Pótz, Antal 248, 314 Mühl, Heinrich 250, 263, 268, 280, Preyer, Johann Nepomuk 105 287, 305, 324 Proudhon, Pierre Joseph 11 Müller u. Hagemann, Firma 136 Puchert, János 388 f. Müller-Guttenbrunn, Adam 103, 125, Pukánszky, Béla 140 136, 176 f. Puttkamer, Joachim von 38, 44, 80 Munkácsy, Mihály (Lieb, Michael) 104 Rádl, Emanuel 204 f. Mussolini, Benito 212, 258, 281 Radó, Sámuel 83 Muth, Kaspar 116 Ráduly, János 297 Rajk, László 365 Nagyatádi Szabó, István 118 f. Rajnai, József 393 Napoleon Bonaparte 3 Rákosi, Mátyás 342, 343, 365 Németh, Miklós 401 Reger, Anton/Antal 394 Nendtwich, Karl Maximilian 105 Reguly, Anton/Antal 105 Neugeboren, Emil 133, 177 Reiter de Temes, Franz 104 Neun, Heinrich 303 Reiterer, Franz 119 Neurath, Konstantin von 224-226 Renan, Ernest 2 Nicolson, Harold 208 Renner, Karl 9, 69, 369 Novák, János 119 Ribbentrop, Joachim von 220, 231, 269, 324, 471, 473 Oláh, György 210, 220, 319 Richter, Márton 307 Oncken, Hermann 255 Riester, Ferdinand 134 Ordass, Lajos 343 Rippl-Rónai, Josef/József 104 Orendi-Hommenau, Viktor 127, 134 Rittinger, Eduard 136 Robinson, Jakob 206 Pál, Lénárd 395 Roosevelt, Franklin Delano 219, 335 Papen, Franz von 259 Rosenberg, Alfred 255 Parragi, György 247 Röser, Johann 116, 129, 134, 139, Pataky, Tibor 228, 268, 307 420 Patry, Josef 135 f. Roth, Hans Otto 205, 258 Peidl, Gyula 186, 442 Roth, Stephan Ludwig 151-154, 163 Pekár, Gyula 306 Rothen, Franz 248, 250, 256, 263, Perczel, Béla 119 305

652

Rudolf II., röm.-dt. Kaiser 148 Stresemann, Gustav 196, 199, 215, 222 f., 253, 257 Samassa, Paul 126, 131, 136 f. Striegl, Josef 116 Samuelson, Paul Anthony 110 Strölin, Karl 255 Scharberg, Joseph Bedeus von 150 f., Stürgkh, Karl Graf 135 162 Süleyman I., Sultan 146 Schiemann, Paul 205 Szabó, Dezső 246, 278, 298, 299, Schmidt, Andreas 288 309 f., 321 Schmidt, Heinrich 105, Szabovljevics, Mihály 34 Schödl, Günter 130-132, 142 Szálasi, Ferenc 217, 222 Scholtz, Edmund 187 Szapáry, Gyula Graf 114 Schönborn, Sepp 283 Szapolyai, Johann (János) 146 Schönerer, Georg Ritter von 135, 164 Szász, Zoltán 1 Schreiber, Georg 255 Szebeni, Ilona 355 Schuller, Rudolf 133, 179 Szekfű, Gyula 175, 253 Schümichen, Jakob 127 Széll, József 227, 270 Schwarzenberg, Karl Philipp Fürst zu Széll, Kálmán 21, 50, 125 155 Szende, Pál 64, 442 Schwedt, Herbert 109 Szentkláray, Jenő 55 Schwicker, Johann Heinrich 92, 97 f., Szili, Katalin 358 105 f., 140 Szirom, Károly 385 Semmelweis, Ignaz Philipp 104 Sztójay, Döme 295 Senz, Ingomar 130 Serédi, Jusztinián (Szapucsek Tabajdi, Csaba 354, 358 György), Kardinal 239 f. Teleki, Pál Graf 187, 221, 230 f., Seton-Watson, Robert William 25, 247 f., 275, 281, 304, 318, 323 f., 134 327, 328, 342 Siegmund, Heinrich 163 Teutsch, Friedrich 37 Sigismund I., König von Ungarn 146 Teutsch, Georg Daniel 155, 157 Singer, Johann 138 Till, Imre 315 Slavici, Ioan 22 Till, Johann 412 Solymár, Imre 110-112, 360 Tilkovszky, Loránt 396 f. Sonklar, Karl von 104 Tisza, István Graf 21, 130, 135, Spieler, Klára 309-312 173 f., 208, 242, 414, 453, 461 Spreitzer, Josef 283 Tisza, Kálmán 21 f., 28, 53 f., 124, Stalin (Josif Vissarionovič Džugašvili) 130, 157 f. 192, 336 f., 354, 370-372, 278 Tocqueville, Alexis de 11 Steinacher, Hans 254, 269 Tóth, Ágnes 339, 342, 349, 357, 362, Steinacker, Edmund 122-127, 129, 364, 367 132-144, 159, 169 f., 181 Trischler, Josef 283, 294 Steinacker, Gustav 122 Tschirsky und Bögendorff, Heinrich Steuer, Georg/György 116, 187, Leonhard von 173 314 f. Ullein, Josef 117

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Vaida-Voivod, Alexandru 129 Valjavec, Fritz 123, 310 Vámos, Ágnes 408 Varga, Béla 286 Virág, Ferenc (ursprünglich Blum, Franz) 89

Wachhorst de Wente, Friedrich 119 Wagener, Hermann 286 Wattenbach, Wilhelm 53 Weber, Samuel 140 Weibgen, Hans 294 Wekerle, Sándor 105, 128 Wieser, Stefan 88 Wilson, Woodrow 177, 180, 189-194 Wittmann, Johann 115 Wittner, Mária 388 f. Wlassics, Gyula 29 Wolf, Lucien 191 Wolfart, János/Johann 401 Wolff, Carl 162-164 Wollinger, Karl 135 f.

Ybl, Nikolaus/Miklós 104

Zala, György 105 Zay, Adolf 53 f. Zay, Károly Graf 5 Zichy, Jenő Graf 54 Zielbauer, György 349, 356 Zimmermann, August 105 Živkov, Todor Christov 374

654 Verlag Herder-Institut Marburg 2012

ISBN 978-3-87969-374-0

9 783879 693740