ORANIENBURGER SCHRIFTEN Beiträge Aus Der Hochschule Der Polizei Des Landes Brandenburg
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ORANIENBURGER SCHRIFTEN Beiträge aus der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg AUSGABE 1 / Juli 2019 INHALT 5 Die Polizei in den Krisenjahren der Weimarer Republik (1919 bis 1923) Max Zenker 30 NS-Ideologie in der Polizeiausbildung 1933–1945 Janik Skibinski 52 Das tägliche Protokoll Kriegstagebuch des Oranienburger Polizeibataillons 310 Wieland Niekisch 56 Die Geschichte der Polizeiausbildungsstätte Basdorf Marc Giard 78 Die Deutsche Volkspolizei und der Sport Christian Noack 98 Die Reformierung der Polizei in Brandenburg 1992–2002 Stefan Wizner 114 Die »Organisation Consul« und die »RAF« – ein Vergleich Marvin Matiske Inhaltsverzeichnis 3 Editorial Rainer Grieger 5 Die Polizei in den Krisenjahren der Weimarer Republik (1919 bis 1923) Max Zenker 30 NS-Ideologie in der Polizeiausbildung 1933–1945 Janik Skibinski 52 Das tägliche Protokoll Kriegstagebuch des Oranienburger Polizeibataillons 310 Wieland Niekisch 56 Die Geschichte der Polizeiausbildungsstätte Basdorf Marc Giard 78 Die Deutsche Volkspolizei und der Sport Christian Noack 98 Die Reformierung der Polizei in Brandenburg 1992–2002 Stefan Wizner 114 Die »Organisation Consul« und die »RAF« – ein Vergleich Marvin Matiske Editorial Editorial Die Polizeibeamtinnen und -beamten des Landes Brandenburg werden seit 2006 auf einer Rainer Grieger Liegenschaft mit einer besonderen Geschichte ausgebildet. Das Gelände, auf dem die Hoch- schule (früher: Fachhochschule) der Polizei des Landes Brandenburg liegt, wurde in der Zeit des Nationalsozialismus als ein zentrales Truppenlager der SS-Totenkopfverbände für Kon- zentrationslager wie z. B. das benachbarte KZ Sachsenhausen errichtet und nach dem Krieg zuerst als sowjetisches Speziallager und später als Standort der Kasernierten Volkspolizei und der Nationalen Volksarmee genutzt. Nach der Wiedervereinigung diente die Liegen- schaft kurze Zeit als Standort der Bundeswehr und beherbergte anschließend das bis 2002 existierende Polizeipräsidium Oranienburg. Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten zog im Jahr 2006 die Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg auf dieses Gelände. In Ausbildung und Studium für die Polizei des Landes Brandenburg spielen die Geschichte des Standortes Oranienburg und der deutschen Polizei insgesamt seit jeher eine besondere Rolle. Seine institutionalisierte Form fand dieser inhaltliche Schwerpunkt in der Gründung eines Zentrums für Zeitgeschichte der Polizei an der FHPol. Auch wurde das Fach Polizeige- schichte mit einem im Vergleich zu anderen Polizeihochschulen recht hohen Stundenansatz in den Curricula von Ausbildung und Studium verankert. Dabei dient dieses Fach nicht nur der historischen Orientierung, sondern auch der politischen Bildung, liefert doch gerade die deutsche Geschichte auf sehr bedrückende Art und Weise Anschauungsmaterial, wie sich eine Polizei zum Werkzeug eines verbrecherischen Regimes machen lassen kann. Im Bachelorstudium werden jedes Jahr auch Abschlussarbeiten im Fach Zeitgeschichte ge- schrieben. Sechs besonders interessante Arbeiten aus der Zeit zwischen 2013 und 2019 le- gen wir Ihnen mit diesem Heft vor. Die Bandbreite der Themen und das Spektrum der zeithis- torischen Epochen, die dabei bearbeitet wurden, ist recht groß: Sie reicht von den politischen Krisenjahren der Weimarer Republik über die Polizeiausbildung in der NS-Zeit, der Sportförderung in der Deutschen Volkspolizei, der Geschichte der Polizeischule in Basdorf, dem Neuaufbau des Potsdamer Polizeipräsidiums bis zu einem Vergleich zweier Terrorgrup- pen aus der deutschen Geschichte. Die in diesem Heft vorgestellten Bachelorarbeiten wurden vorsichtig lektoriert, im Wesentli- chen aber so gelassen, wie sie eingereicht wurden. Als Abschlussarbeiten eines polizeibezo- genen Studiengangs legen sie ein eindrucksvolles Zeugnis dafür ab, welche wissenschaftli- chen Leistungen von Absolventinnen und Absolventen der Polizeihochschule des Landes Brandenburg erreicht werden können. Die Autoren haben mit Bezug zu den gewählten The- men, den ausgewerteten Quellen und den befragten Zeitzeugen durchaus Neuland betreten und den Fundus an vorhandenem Wissen über die Geschichte der Polizei auf erfreuliche Art und Weise erweitert. Die ebenfalls in diesem Heft vorgestellte Arbeit von Janik Skibinski wurde 2014 sogar mit dem Brandenburgischen Nachwuchswissenschaftlerpreis ausge- zeichnet. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. Rainer Grieger Präsident der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg Oranienburger Schriften 1 / 2019 3 Die Polizei in den Krisenjahren der Weimarer Republik Die Polizei in den Krisenjahren der Weimarer Republik (1919 bis 1923) Die Auseinandersetzung mit Staatsstreichversuchen von »rechts« und »links« Max Zenker Ziel der Arbeit ist es, die Entwicklung der Polizei im Kontext der Weimarer Republik zu be- leuchten und dabei speziell einen Abriss über die Geschichte vom Ausgang des Ersten Weltkrieges mit Entstehung der Weimarer Republik bis hin zur Bewältigung der aus dem Krieg resultierenden Schwierigkeiten mit besonderem Fokus auf die Krisenjahre im Zeit- raum von 1919–1923 zu geben. Dabei sollen insbesondere die Neuorganisation der Polizei sowie deren Umgang mit innenpolitischen Krisen und staatsfeindlichen Bestrebungen im Vordergrund stehen. Einleitung im täglichen Leben stets präsent: »(…) so verschwand das Heer nach Zusammen- »Das Alte und Morsche, die Monarchie, ist bruch der Monarchie zunehmend aus dem zusammengebrochen. Es lebe das Neue, Straßenbild [der Städte]«2 . es lebe die deutsche Republik!«1 Das Deutsche Heer vereinte den Aufga- benkomplex des Schutzes der Äußeren Mit diesen geschichtsträchtigen Worten rief und Inneren Sicherheit und war damit der der sozialdemokratische Politiker Philipp damaligen Polizei in Form von Schutz- Scheidemann am 9. November 1918 vom mannschaften noch vorgezogen, wenn es Balkon des deutschen Reichstages in Ber- darum ging, Aufgaben zu erfüllen, insbe- lin die erste demokratisch verfasste Staats- sondere bei Bekämpfung innerer Krisen. form in Deutschland, in Form einer Repub- Mit anderen Worten gesagt: »Die Polizei lik, aus. Diese Worte bedeuteten einen war durch die tatsächliche Gewalt der Sol- politischen und gesellschaftlichen Um- daten vorerst ausgeschaltet.«3 bruch, der zur Abkehr von dem im Jahre Doch die aus dem Krieg erwachsenen 1871 gegründeten Deutschen Kaiserreich Anforderungen, insbesondere die Bewälti- und damit zur Aufgabe der konstitutionel- gung von Unruhen, ausgelöst durch Hun- len Monarchie in Deutschland führte. ger, Armut, Krankheit, Umsturzversuchen, Die Zeitenwende in Deutschland, die politischen Morden, gegenseitigen Agitati- sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts voll- onen von Anhängern links- und rechtsge- zog und stets im Kontext mit der Niederla- richteter Organisationen, brachte eine ge des Deutschen Reiches im Ersten KRႇQXQJVORVH XQG ]XJOHLFK VWUPLVFKH Weltkrieg zu sehen ist, brachte auch eine aufgebrachte Stimmungslage mit sich, die starke Veränderung der Aufgaben der Ins- von den Schutzmannschaften des Kaiser- trumente der staatlichen Sicherheit mit reiches nicht zu handhaben war.4 sich. Es bedurfte einer Neuorganisation der War doch im militaristisch geprägten Kai- Polizeitruppen zu einer Organisationsform, serreich das Militär, welches auf eine lange welche in der Lage war, die Innere Sicher- Tradition zurückblicken und die als tugend- heit und Ordnung zu verteidigen. Diese war haft angesehenen Werte wie Disziplin und durch innere Aufstände und immer wieder Gehorsam nach außen darstellen konnte, HUQHXWDXႉDPPHQGH.RQÀLNWKHUGHLQVEH- Oranienburger Schriften 1 / 2019 5 Max Zenker sondere in den Krisenjahren der Weimarer JHV6RHUKRႇWHQVLFKGLH*URPlFKWHLQ 5HSXEOLN ± DQJHJULႇHQ Europa von einem Krieg, die im eigenen Diese Umgestaltung wurde mit Grün- Interesse stehenden Kriegsziele zu ver- dung der Sicherheitspolizei, die später in wirklichen, welche die eigene Dominanz Schutzpolizei umbenannt wurde, realisiert. und Stärke im Kräftevergleich der Mächte »Damit wurde die Polizei zum bedeutends- noch steigern sollte. Der Erste Weltkrieg ten und [zugleich] sichtbarsten Symbol der demonstrierte den Fortschritt der Zeit, wel- Staatsgewalt (…).«5 Dieser ausgelöste Ent- cher die militärische Auseinandersetzung wicklungsprozess der Polizei mündete spä- auf dem Schlachtfeld durch neuartige Waf- ter in eine Polizeitruppe, deren Maxime fensysteme zu einem industrialisierten und sich in einer volksnahen und aufgeschlos- technisierten Krieg werden ließ.7 senen Grundhaltung gegenüber dem Bür- Für das Deutsche Reich verlief der Krieg ger widerspiegelte. vorerst erfolgversprechend, konnten doch Diese Tatsachen sollen den Ansatzpunkt im Westen starke Einbrüche in die Linien der Betrachtung bilden. Dabei bildet die An- der Franzosen erzielt und im Osten mit dem fangsphase der Weimarer Republik die Aus- Abschluss des Friedensvertrages von Brest gangsbasis, um anhand der wirtschaftli- Litowsk am 3.3.1918 ein großer Gebietsge- chen, politischen und gesellschaftlichen winn verzeichnet werden.7 Doch kam es Ebene die Verhältnisse, die nach dem Krieg seit dem Jahr 1917 durch eine von alliierten in Deutschland vorherrschten und nicht um- Truppen eingerichtete Seeblockade zu sonst als Krisenjahre der Republik bezeich- wachsenden Versorgungsengpässen für net werden, zu verstehen. GLH%HY|ONHUXQJGDZHQLJHU5RKVWRႇHXQG Damit einhergehend soll der Entwick- Lebensmittel nach Deutschland eingeführt lungsprozess, der sich auf dem Gebiet der werden konnten. Dazu kamen der Hunger- Sicherheitsorgane, insbesondere der Poli- winter 1916/17 sowie die allgemeine Kriegs- zei, in