<<

Florentine Strzelczyk

Maschinenfrauen – Sci-Fi Filme: Reflektionen über Metropolis (1926) und StarTrek: First Contact (1996)

Androids and female cyborgs are essential to the repertoire of science fiction films. While the genre has changed significantly since the nineteentwenties, representations of female androids and cyborgs have not. ’s Metropolis (1926) and : First Contact (1996) show striking similarities between the conceptualization of the Machine-Maria in Lang’s film and the Borg Queen in Star Trek. While Lang’s Machine- Maria expresses early 20th-century fears of female sexuality and machine technology, the character of the Borg Queen is marked by different anxieties about new microelec- tronic forms of communication that are coded as excessive and uncontainable female sexuality. Lang’s film, then, functions as a blueprint that can be filled with new and changing political content concerning technology and gender.

Science-Fiction-Filme gehören inzwischen zu den anerkannten Studienobjekten der Filmwissenschaft und sind in den letzten Jahrzehnten nicht nur für ihre ästhetische und technische Raffinesse, sondern auch für ihre ideologische Komplexität gewürdigt worden. Das Ende der siebziger Jahre erlebte eine bedeutende Renaissance von Science-Fiction-Filmen, und seitdem sind sowohl die Produktionskapazität als auch die Popularität dieses Genres exponentiell gestiegen.1 1997 wurde in Kanada Space: The Imagination Station etabliert; zu dem 24-Stunden-Programm dieses Kabelkanals gehören Science-Fiction, Science Fact, Spekulation und Fantasy. Gesendet werden neue Science-Fiction- Filme, Klassiker des Genres sowie Parodien und Fernsehserien. Kurzum, der kanadische Weltraumkanal sowie sein amerikanisches Pendant, Sci-Fi Channel, bieten einen historischen und thematischen Querschnitt durch das Genre. Was dem Konsumenten solcher futuristischer Eskapismen auffällt, ist, welche enor- men Veränderungen in technischer und ästhetischer Hinsicht das Genre erfahren hat, während gleichzeitig bestimmte ideologische Tangenten in gleichsam ahistorischer Weise konstant geblieben sind. Darunter sind am auffälligsten Repräsentationen der Maschinenfrau oder des weiblichen Cyborgs. Diese ahi- storische Statik reizt zu einem syntagmatischen Vergleich. Als Star Trek: First Contact2 1996 im Kino erschien, drängten sich sofort Parallelen zwischen der Maschinenmaria in Fritz Langs Metropolis3 (1926) und der Borg Queen des Star-Trek-Films auf: Beide Maschinenfrauen bestehen aus einer gepanzerten

1 Vivian Sobchack: Screening Space: The American Science Fiction Film. New Brunswick (NJ) – London 1998. S. 7. 2 Jonathan Frakes: Star Trek: First Contact. 1996. 3 Fritz Lang: Metropolis. 1926. 244 enganliegenden Körperschale, die weibliche Formen abstrakt, ohne Detail stili- siert. Beide Körperpanzer betonen die Brüste und Hüften, und beide weisen durch Klammern und Scharniere auf die Künstlichkeit der zugleich nackten und verhüllten Körper hin. Der weibliche Cyborg, die hybride Verschmelzung von Frau und Maschine, vereinigt Sexualität und Maschinisierung, Weiblichkeit und Technologie auf eine beunruhigende Weise, die seit Langs Metropolis nichts von ihrer Brisanz verloren hat. Der erstmalige Vergleich dieser beiden Filme soll einen Beitrag zur Intertextualität der Maschinenfrau leisten, deren Vorstellung zum festen Bestandteil des Science-Fiction-Universums gehört. Wie Literatur hat auch Film seine Vorbilder und Klassiker, auf die spätere Texte immer wieder verweisen. In diesem Sinne ist Fritz Langs Metropolis nicht nur zu einem Leitbild für die Weimarer Republik geworden, sondern Langs ein- dringliche Visualisierungen der Stadt der Zukunft oder der Maschinenfrau haben auch den amerikanischen Science-Fiction-Film tiefgreifend beeinflusst – von dem inzwischen selbst zum Klassiker gewordenen Blade Runner (1982)4 bis zu der populären Animations-Fernseh-Serie .5 Nun ist Science-Fiction von jeher ein hauptsächlich konservatives Genre gewesen, das männliche Fantasien und Ängste vor dem Verlust von Autorität und Kontrolle über eine zunehmend technologische Welt symptomatisch auf die Figur der Frau oder die Vorstellungen von Weiblichkeit überträgt.6 Vivian Sobchack argumentiert in diesem Zusammenhang, dass in Science- Fiction-Filmen die Verbindung zwischen Sex, Fortpflanzung und Frau perma- nent unterdrückt und die Funktion menschlicher Heterosexualität zugunsten der Eroberung von Raum, der Bekämpfung von Aliens und der Ausbeutung von Wissenschaft und Technik transformiert wird.7 Von Langs Maria, die sich im Laufe von Metropolis von einer engagierten, eigenmächtigen und willenstarken Frau zu einem schwachen, passiven Geschöpf entwickelt, das immer wieder männlicher Hilfe bedarf, über Prinzessin Leia in Star Wars8 zu Ellen Ripley in Alien9 werden Frauen im Handlungsverlauf erzähltechnisch immer wieder unbedrohlich gemacht.10 Männer in Science-Fiction-Filmen, so Sobchack, durch- dringen nicht Frauen, sondern den Weltraum: Penetration und Impregnation ohne

4 Ridley Scott: Blade Runner. 1982. 5 Matt Groening: Futurama. 1999–2003. 6 Mary Anne Douane: Technophilia: Technology, Representation and the Feminine. In: The Gendered Cyborg: A Reader. Hg. von Gill Kirkup, Linda Janes, Kathryn Woodward und Fiona Hovenden. London – New York 2000. S. 110. 7 Vivian Sobchack: The Virginity of Astronauts: Sex and the Science Fiction Film. In: Alien Zone – Cultural Theory and Contemporary Science Fiction. Hg. von Annette Kuhn. London – New York 1990. S. 103. 8 George Lucas: Star Wars. 1977–1983. 9 Ridley Scott: Alien. 1979. 10 Sobchack: The Virginity of Astronauts. S. 106.