Themenkurzprofil Nr. 13: »Wettlauf in Eine Neue Weltraumära«
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Tobias Jetzke Sebastian Weide Wettlauf in eine neue Weltraumära Themenkurzprofil Nr. 13 Mai 2017 Wettlauf in eine neue Weltraumära Kurzdarstellung des Themas Die Aufmerksamkeit für bemannte und unbemannte Raumfahrt steigt seit Jah- ren merklich an. Getrieben von wissenschaftlichen, politischen und zunehmend auch wirtschaftlichen Interessen, lässt sich eine dynamische Entwicklung in der Raumfahrtbranche feststellen. Einzelne Visionäre haben dabei ihren Blick auf den Mars als eine Art zweite Erde gerichtet, dessen Erforschung und Besiedlung einen nächsten Schritt in der bemannten Raumfahrt darstellt. Andere Akteure suchen nach Mitteln und Wegen, die Ressourcen jenseits des Erdorbits zugäng- lich zu machen, um die planetaren Grenzen weiter auszudehnen. Realistischer erscheinen die Ziele der unbemannten Raumfahrt: Die Wei- terentwicklung von Satelliten zur Erdbeobachtung, Wetter- und Klimafor- schung, Telekommunikation, Navigation, Spionage sowie Raumsonden zur Er- kundung des Weltalls und die zugehörigen Trägerraketen. Raumfahrttechnolo- gien sind seit langem wichtige Instrumente einer modernen Informations- und Industriegesellschaft. Die USA und Russland sind längst nicht mehr die einzigen Nationen, die mit großen Sprüngen in Richtung Weltall streben. Neben der Europäischen Union treiben auch China, Japan und Indien die Entwicklung von Raketen, Sa- tellitensystemen und Raumsonden zur Erforschung des Sonnensystems und der Erde voran. Daneben hat sich in den vergangenen Jahren eine weitere Akteurs- gruppe etabliert: finanzstarke privatwirtschaftliche Akteure (z. B. SpaceX, Blue Origins und Google in den USA), die in der Lage sind die zukünftige Entwick- lungsdynamik der bemannten und unbemannten Raumfahrt zu prägen. Kommerzielle Raumfahrt agiert auch in Deutschland als Treiber für Wirt- schaftswachstum (ca. 2,5 Mrd. Euro Umsatz in der Raumfahrtbranche im Jahr 2015; Ammon 2016b), Ressourcenunabhängigkeit und wissenschaftlichen Fort- schritt. Ein Wettlauf entsteht dabei einerseits zwischen Nationen und anderer- seits zwischen staatlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren. Das Kurzprofil beleuchtet die Rolle Deutschlands im internationalen Kontext einer möglichen neuen Welträumära. Hintergrund und Stand der Entwicklung Der Beginn des ersten Wettlaufs ins All wurde hauptsächlich zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion ausgetragen. Die Entwicklung der Raketen- technik während und nach dem Zweiten Weltkrieg ermöglichte erstmals größe- 1 re Lasten in Erdumlaufbahnen zu transportieren. Das Jahr 1957 markiert mit dem russischen Sputnik, dem ersten künstlichen Satelliten im Erdorbit, einen zentralen Meilenstein. Bis zur ersten, von insgesamt sechs, bemannten Mond- landung (Apollo 11 u. 12 sowie 14 bis 17) am 20. Juli 1969, lieferten sich die USA und die damalige Sowjetunion einen Zweikampf um die Vorherrschaft im All, maßgeblich vom damals herrschenden Kalten Krieg getrieben (Chaikin 2007). Parallel waren beide Nationen bestrebt, eine permanente Präsenz im Weltraum in Form einer Raumstation zu errichten. Das Skylab (1965–1979) der NASA (www.nasa.gov/) folgte auf die von Russland betriebene Raumstation Saljut 1 (1971) und stellte mit der Mir (1986–2001) einen wichtigen technologi- schen Meilenstein in der Entwicklung der International Space Station (ISS) dar (www.russianspaceweb.com/mir.html [24.3.2017]). Das Ende des Kalten Krie- ges markierte auch die Intensivierung kooperativer Bemühungen zwischen den USA und Russland. Durch das Space-Shuttle-Programm der NASA (1972–2011, 135 Missio- nen), die Entwicklung von wiederverwendbaren Raumfähren, wurde der regel- mäßige Besuch des Erdorbits möglich. Der Betrieb der Raumstation Mir und die Konstruktion der ISS wären ohne das Programm nicht realisierbar gewesen. Auch die Instandhaltung von Satelliten und Weltraumteleskopen zählt zu den Erfolgen der Shuttleära. Zwei katastrophale Rückschläge – die Explosionen der Raumfähren Challenger (1986) und Columbia (2003) – sowie vergleichsweise hohe Kosten für den dauerhaften Betrieb kennzeichneten das Programm. Schließlich führten sowohl budgetäre als auch sicherheitstechnische und strate- gische Gründe zu einer Einstellung des Space-Shuttle-Programms im Jahr 2011. Seit 2011 verfügt die NASA nicht mehr über die Kapazität, Astronauten ins Weltall zu befördern, sondern ist auf die Kooperation mit der russischen Raum- fahrtbehörde Roscosmos und deren Soyuz-Programm angewiesen, um insbe- sondere die seit 1998 im Erdorbit konstruierte Internationale Raumstation (ISS) zu betreiben (Foust 2016). Neben Russland beteiligen sich noch Japan (JAXA), Kanada (CSA) und die Europäische Union (ESA) am Betrieb der Raumstation. Durchschnittlich sechs Astronauten bzw. Kosmonauten leben und arbeiten permanent auf der ISS. Die European Space Agency (ESA) hat hier zuletzt mit dem deutschen Astronauten Dr. Alexander Gerst einen beachtenswerten Beitrag geleistet. Alexander Gerst hat zwischen Mai 2014 und November 2014 auf der ISS geforscht (Blue Dot Mission; No. 40/41; Dauer: 166 Tage; ESA 2014) und ist dafür vorgesehen, das Kommando der Raumstation bei seinem nächsten Auf- enthalt Ende 2018 zu übernehmen (ESA 2016a). Dieser kurze historische Abriss deutet bereits an, dass vielseitige Perspekti- ven, Interessen und Zielsetzungen existierten. Die folgenden Ausführungen skizzieren die internationalen, europäischen und deutschen Perspektiven auf die Raumfahrt. 2 Internationale Perspektive: Anders als die zivile Luftfahrt, ist die internatio- nale Raumfahrt weniger durch einen ausgeprägten kommerziellen Markt ge- kennzeichnet, als vielmehr von staatlichen Raumfahrtstrategien und -zielen be- stimmt. Diese sind teilweise aufeinander abgestimmt und verfolgen kooperative Ansätze, zum Teil existieren aber auch wettbewerbliche Strukturen zwischen nationalen Raumfahrtagenturen. Weltweit lässt sich ein Anstieg der staatlichen Investitionen in Raumfahrt allgemein und insbesondere in die zivile Raumfahrt beobachten. Rund ein Achtel (ca. 11 Mrd. US-Dollar) der insgesamt in 2014 investierten 81 Mrd. US-Dollar floss dabei in die bemannte Raumfahrt. Welt- weit haben 2014 insgesamt 58 Länder jeweils 10 Mio. US-Dollar oder mehr in Raumfahrt investiert. Dies ist ein Anstieg um 20 Länder im Vergleich zum Jahr 2005 (Euroconsult 2017). In den USA visiert die NASA Ziele jenseits des Erdorbits wie den Mond und den Mars für die bemannte Raumfahrt an, obwohl die Erforschung mit fernge- steuerten Raumsonden ebenfalls bedeutsame Erkenntnisse geliefert hat und deutlich kostengünstiger ist. Bereits in den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts sollen Menschen wieder den Mond betreten, im Idealfall eine permanente Basis errichten und den Weg für eine Reise zum Mars ebnen (Lindinger 2017a, 2017b). Dazu erfolgt in großem Umfang die Förderung privatwirtschaftlicher Akteure, die zunehmend zu wichtigen Taktgebern des technologischen Fort- schritts werden. Russland strebt mit der 2015 neu gegründeten Behörde Roscosmos (http://en.roscosmos.ru/) den Aufbau einer permanenten Raumstation im Er- dorbit nach dem Ende des ISS-Programms und eine Landung von Kosmonau- ten auf dem Mond bis 2030 an (ZEIT Online 2015). Obwohl Russland 2014 und 2015 mehr Raketenstarts durchgeführt hat als andere Länder, waren 15 davon Fehlschläge. Zudem trüben Korruptionsskandale, Budgetkürzungen, zum Teil veraltete Technik und die Abhängigkeit von Kasachstan – als einzigem Standort eines funktionsfähigen Weltraumbahnhofs – einen positiven Ausblick auf das russische Raumfahrtprogramm (Siddiqi 2017). China verfolgt mit der China National Space Administration (www.cnsa. gov.cn/n6443408/n6465652/n6465653/c6768527/content.html [27.12.2016]) so- wohl bemannte als auch unbemannte Raumfahrt und betreibt seit 2011 erste Raumstationen (Tiangong 1 u. 2), die mit der Raumfähre Shenzou angesteuert werden. Bis 2030 sollen Taikonauten den Mond betreten. Bereits jetzt besitzt China mehr Satelliten im Weltall als Russland (Koren 2017). Als vierte Nation strebt auch Indien die Beförderung von Astronauten ins Weltall an. Bereits 2014 konnte ein unbemannter Test der Raumfähre erfolgreich absolviert werden, jedoch verzögern politische Hürden das Vorhaben (Bagla 2016). 2016 erzielte Indien international beachtete Fortschritte und konnte bei- spielsweise 104 Satelliten mit einer einzigen Rakete ins Weltall befördern sowie 3 im ersten Versuch eine Raumsonde zum Mars schicken, deren Kosten nur rund ein Zehntel einer vergleichbaren NASA-Mission betrugen (Greene 2017). Auch Japan beteiligt sich mit der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) an der internationalen Raumstation ISS und verfolgt darüber hinaus Ziele im Bereich der unbemannten Raumfahrt (http://global.jaxa.jp/). Europäische Perspektive: Die europäischen Staaten kooperieren innerhalb der ESA bestehend aus 22 Mitgliedstaaten: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumäni- en, Schweden, die Schweiz, Spanien, die Tschechische Republik und Ungarn (ESA 2017c) untereinander und mit anderen nationalen Raumfahrtagenturen. Das Budget für das Jahr 2017 beträgt 5,75 Mrd. Euro und wird anteilig durch die Mitgliedsstaaten entsprechend dem jeweiligen Bruttoinlandsprodukt gedeckt (ESA 2016b, 2017c). Die ESA soll dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft sowie die europäische Identität auf internationaler Ebene zu stärken, Märkte für Raumfahrtanwendungen zu entwickeln, den tech- nologisch eigenständigen und unabhängigen Zugang zum Weltraum zu sichern und