Bäche Schutz Der Lebensadern Des Ost-Erzgebirges
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– Heft 4 – BÄCHE Schutz der Lebensadern des Ost-Erzgebirges Große Wassergasse 9 01744 Dippoldiswalde Tel. 0 35 04 / 61 85 85 [email protected] www.grueneliga-osterzgebirge.de Munter plätschert der Bergbach zwischen den Erlenwurzeln, tost hier über moos- Von der Quelle bis zur Mündung bedeckte Steine, windet sich da durch eine kleine Wiesenaue. Wenn die Sonne scheint und das fließende Wasser im Gegenlicht glitzert, dann wird bereits eines Wo beginnen eigentlich Bäche und wo hören sie auf? Darauf gibt es keine deutlich – Bäche sind keine starren Gebilde, sondern dynamische Systeme, die einfache Antwort. Sowohl an Quellen zu Tage tretendes Grundwasser als auch eigentlich nie still stehen. abfließendes Oberflächenwasser bilden Bächlein, die durch stetige Wasserzu- Lebensadern gleich bewegen sie das wichtigste Lebensmittel, nicht nur für uns, tritte dann zu Bächen werden. Und später, wenn immer wieder neue Bäche sondern für alle Lebewesen. Bachauenwälder, Uferstaudenfluren und Feuchtwie- und Bächlein zugeflossen sind, werden daraus irgendwann kleine Flüsse, deren sen können eine außerordentlich reiche Tier- und Pflanzenwelt beherbergen. Wasser von großen Flüssen aufgenommen und Richtung Meer getragen wird. Auch unter der Wasseroberfläche tummeln sich viele interessante Organismen. Diese Abfolge der verschiedenen Fließgewässertypen, die Längszonierung, lässt Vom Laub, das in die Wellen fällt, ernähren sich winzige Bachflohkrebse, die sich nach den jeweiligen Leitfisch-Arten darstellen: selbst die Nahrungsgrundlage für die Larven von Feuersalamandern und Libellen und zahlreichen anderen kleinen Bachbewohnern bilden. Diese wiederum werden Fließ- Struktur/ Fach- Leitfisch- Beispiel von Groppen und Forellen gefressen, und von denen holen sich unter anderem richtung Abschnitt begriff Art Graureiher und Schwarzstörche ihren Anteil. Großer Potamal Barbe, Elbe Fluss Blei Nur ist diese „Biologische Vielfalt“ an und in den Fließgewässern nichts Selbst- verständliches. Seit Beginn der Besiedlung mussten die Bäche auf vielerlei Weise Kleiner unteres Äsche untere den Menschen dienen: als Transportmittel für die Holzversorgung der Städte am Fluss Rhithral Müglitz Gebirgsfuß, als Antriebsmedium für Pochwerke, Mühlräder und Turbinen, nicht Bach oberes Bach- obere zuletzt auch als billige Abwasserentsorgung. Andererseits waren sie dem Men- Rhithral forelle Müglitz schen immer wieder im Wege, wenn die nährstoffreichen Auen landwirtschaftlich Quelle & Krenal fischfrei kleine genutzt oder mit Straßen, Eisenbahnen, Fabriken Quellbach Müglitz- und Wohnhäusern bebaut werden sollten. Viele Zuflüsse Fließgewässer wurden und werden an den Rand ihres natur gegebenen Reviers gedrängt, begradigt, Neben der Längszonierung ist auch die geographische Höhe eingemauert. über dem Meeresspiegel von Bedeutung, die wiederum zu Bis beim nächsten Hochwasser der dynamische, Einteilungen der Gewässer hinsichtlich der Höhenstufe führt. sonst munter plätschernde Bergbach wieder ein- Im Ost-Erzgebirge mal außer Rand und Band gerät. finden wir aufgrund der Höhenlagen in der Regel montane und submontane Bergbäche vor, Wiesenbäche mit geringem Gefälle können im Ein- zelfall auch den Charakter eines Tieflandbaches aufweisen. 2 3 WO DER BACH ENTSPRINGT: QUELLEN BACHTYPEN IM OST-ERZGEBIRGE Weitgehend unbeeinflusste Quellen sind heute sehr selten geworden. Ihrem Schutz und Erhalt kommt großer Stellenwert zu. Dafür ist die Kenntnis der Auch bei den Bächen des Ost- naturnahen Quellbereiche unerlässlich. Es werden folgende Quelltypen unter- Erzgebirges dominieren steinige schieden: Substrate. Es handelt sich daher überwiegend um den Typ „grob- Fließquelle: Der punktuelle Quellaustritt ist in der Regel deutlich als solcher materialreicher, silikatischer erkennbar (z.B. Gesteinsklüfte). Im Gegensatz zum sickernden Austritt erfolgt Mittelgebirgsbach“. der Abfluss überwiegend oberirdisch. Größere Gewässer wie die Freiberger Linearquelle: Beim linearen Quellaustritt sammelt sich das Wasser unterirdisch silikatisch, fein- bis grobmaterialreicher Mulde, die Müglitz und die Gottleuba Mittelgebirgsfluss: Flöha bei Rauenstein und sickert von hier nach und nach hangabwärts. Häufig kommt es zu kleinen sind in ihren Unterläufen für den Stillwasserzonen. Typ „silikatischer, fein- bis grob- Sickerquelle: Das Quellwasser tritt in einem flächigen Quellsumpf zutage, der materialreicher Mittel gebirgsfluss“ allmählich in die Umgebung übergeht. Eine fließende Wasserbewegung ist in der charakteristisch. Regel erst im Quellbach zu beobachten. Nur auf Sonderstandorten im Bereich Tümpelquelle: Das Quellwasser tritt am Grunde eines Weiherbeckens aus und der Hochflächen und Moorgebiete fließt schließlich über dessen Rand ab. Möglich ist der Quellaustritt auch am können auch organisch geprägte, Grunde eines Fließgewässers, wo sich das Wasser schnell vermischt. meist zur Versauerung neigende Fließgewässer angetroffen werden, Außerdem kann eine Unterscheidung der Quellen nach dem die als „organisch geprägter Bach“ dominierenden Substrat vorgenommen werden. bezeichnet werden. organisch geprägt: Das Quellsubstrat besteht aus ab- Der grobmaterialreiche, silikatische gestorbenem organischem Material sowie aus Algen und Mittelgebirgsbach zeichnet sich Moosen. Das gelblich-braune Quellwasser weist einen durch relativ geringe organische hohen Gehalt an Huminstoffen auf. organisch geprägter Bach: feinmaterialreich: Der überwiegende Anteil des Quellsub- Flájský potok/Oberlauf der Flöha strates besteht aus mineralischem Ton/Schluff und Sand. grobmaterialreich: Es herrschen Kies/Grus und Steine vor. Belastung aus. Durch die (aufgrund der blockmaterialreich: Die Quellsohle besteht überwiegend Höhenlage) geringe Wassertemperatur, aus Blöcken und Fels. weitgehende Beschattung sowie die Im Ost-Erzgebirge dominieren die grob- und blockmaterial- turbulente Strömung wird in ausrei- reichen Quellen, wobei meist Fließ-, Linear- oder Sicker- chendem Maße Sauerstoff in die Gewäs- quellen anzutreffen sind, Tümpelquellen sind dagegen ser eingebracht. sehr selten, oft aber auch durch die Anlage von Teichen grobmaterialreiche und Tümpeln in Quellbereichen sekundär entstanden oder Sickerquelle überprägt. grobmaterialreicher Mittelgebirgsbach: die Bahre 4 5 EIN BACH IST NICHT NUR EINE ABFLUSSRINNE! Leben im und am Bach Durch Laufveränderungen der Fließgewässer infolge von Hochwasserereignissen Fließgewässer und ihre Auen sind Ökosysteme, in denen eine besonders mannig- oder umgestürzten Uferbäumen kommt es zur Entwicklung von vielfältigen faltige Lebenswelt zu Hause ist. Strukturen im und neben dem Gewässer. Das Wasser kann sich in seiner ange- stammten Bachaue einen neuen Weg bahnen, der alte Bachlauf teilweise ver- KLEINTIERE DES GEWÄSSER-Grundes („MAKROZOOBenthos“) landen und vom Hauptteil des Fließgewässers abgetrennt werden. Es entstehen sogenannte Altwässer, entweder teils durchflossen oder nur noch nach Starknie- In Bächen leben viele Insektenlarven mit Entwicklungszeiten von einigen Wo- derschlägen mit dem eigentlichen Bach verbunden. Diese strömungsberuhigten chen bis zu mehreren Jahren. In dieser Zeit sind sie dem umgebenden Medium Bereiche sind für einige Arten der Bachaue ebenfalls sehr wichtig. ausgesetzt und liefern damit eine Langzeitaussage über die Wasserqualität oder das Strömungsregime. Bei chemischen Beprobungen kann hingegen nur der Fließgewässerdynamik ist ein faszinierendes Zusammenspiel hochkomplexer phy- Augenblickszustand erfasst werden. Aufgrund des vertretbaren Aufwandes eignet sikalischer Prozesse. Nach jedem Extremregen zeigt sich, wo und wie das Wasser sich daher diese Indikatorgruppe ausgezeichnet, um Fließgewässer-Lebensräume natürlicherweise zu Tale strömen würde. Wir können stets aufs Neue versuchen, zu charakterisieren. uns mit massiven Mauern und teurer Technik dagegenzustemmen – oder begin- nen, die Natur der Bäche und Flüsse weitestmöglich zu akzeptieren. Aufgrund ihrer großen Habitatvielfalt weisen Mittelgebirgs- bäche natürlicherweise sehr artenreiche Kleintierfauna auf. Eintagsfliegen (Ephemeroptera), Steinfliegen (Plecoptera) GRÄBEN: MENSCHENGEMACHTE FLIESSGEWÄSSER und Köcherfliegen (Trichoptera) können in naturnahen Ge- wässern dieses Typs bis zu 70 % der vorkommenden Indivi- Mühlgräben, forstliche Entwässerungsgräben, die kleinen (heute fast verges- duen stellen. Die strukturelle Vielfalt bedingt das Vorkom- senen) Zuleitungsgräben der Wässerwiesen – das Ost-Erzgebirge wurde im Laufe men speziell angepasster und auch anspruchsvoller Arten. der Kulturlandschaftsgeschichte von vielen künstlichen Wasseradern durchzo- gen. Pflanzen und Tiere, die eigentlich an den natürlichen strömungsberuhigten Außerdem kommen oft auch Planarien, Egel, Schnecken Altwässern zu Hause waren, haben hier Ersatz-Lebensräume gefunden. Doch und Muscheln, Wasserkäfer und Libellen-Larven vor. Gräben, die nicht mehr genutzt werden, verlanden recht rasch, werden verfüllt, Selten geworden ist der Edelkrebs. Köcherfliege viel zu oft auch vermüllt. typische Larven in einem Mittelgebirgsbach: (Drusus annulatus) Ganz besondere Biotope sind die zahlreichen Gräben des Berg- baus. Allein das ausgeklügelte System der Freiberger Revier- wasserlaufanstalt umfasst 54 km sogenannter Kunstgräben. Die RWA ist ein bedeutendes Kultur- denkmal, aber auch ein einzig- artiges Biotopverbundsystem. Eintagsfliege (Epeorus assimilis) – die einzige Art mit Steinfliege (Dinocras cephalotes) Floßgraben bei Cämmerswalde nur zwei statt drei Schwanzfäden 6 7 IN EINEM BÄCHLEIN HELLE ... VÖGEL UND SÄUGETIERE ... leben in der Forellenregion ab