Junge Wilde – Beatrice Rana W
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26.11.2019 Junge Wilde – Beatrice Rana w So klingt nur Dortmund Saison 2 019 / 20 Beatrice Rana Klavier Abo: Junge Wilde In unserem Haus hören Sie auf allen Plätzen gleich gut – leider auch Husten, Niesen und Handyklingeln. Ebenfalls aus Rücksicht auf die Künstler bitten wir Sie, von Bild- und Tonaufnahmen während der Vorstellung abzusehen. Wir danken für Ihr Verständnis! 2,50 E Isaac Albéniz (1860 – 1909) Band 3 aus »Iberia« (1906) Frédéric Chopin (1810 – 1849) El Albaicín Études op. 25 (1837) El Polo Étude As-Dur op. 25 Nr. 1 Lavapiés Étude f-moll op. 25 Nr. 2 Étude F-Dur op. 25 Nr. 3 Igor Strawinsky (1882 – 1971) Étude a-moll op. 25 Nr. 4 Drei Sätze aus »Petruschka« (1921) Étude e-moll op. 25 Nr. 5 Russischer Tanz Étude gis-moll op. 25 Nr. 6 Bei Petruschka Étude cis-moll op. 25 Nr. 7 Jahrmarkt Étude Des-Dur op. 25 Nr. 8 Étude Ges-Dur op. 25 Nr. 9 – Ende ca. 20.50 Uhr – Étude h-moll op. 25 Nr. 10 Étude a-moll op. 25 Nr. 11 Étude c-moll op. 25 Nr. 12 Expresseinführung um 18.40 Uhr Nach dem Konzert »meet the artist!« mit Intendant Raphael von Hoensbroech im Backstage-Bereich – Pause ca. 19.40 Uhr – Schicken Sie Ihre Frage an die »Junge Wilde« per SMS oder WhatsApp an T 0170 441299 6. Ausgewählte Fragen werden mit Beatrice Rana vor Publikum diskutiert. 4 Programm Das Klavier als Orchester neue Farben entwickelt und die Möglichkeiten der Tastatur sozusagen orches- Klangfarbenreichtum von Chopin, Albéniz und Strawinsky tral nutzt. Ähnliches gilt auch für Isaac Albéniz, der in seiner Sammlung »Iberia« Klänge und Farben seiner spanischen Heimat auf eine so schillernde Weise ab- Drei unterschiedliche Formen von Klavier-Orchestrierung stehen auf diesem bildet, dass man sich fragt, warum diese Werke bisher so selten orchestriert Programm. Natürlich war das Klavier Frédéric Chopins ureigenstes Instrument, worden sind. Eine Reduktion des Orchesters aufs Klavier sind Igor Strawinskys doch reichen seine Klangexperimente so weit, dass er in seinen Etüden völlig Sätze aus »Petruschka« – ein Ballett für zehn Finger. Die Werke des Abends auf einen Blick 1600 1700 1800 1800 1900 2000 Renaissance (Wiener) Klassik Impressionismus 1430 – 1600 Barock 1750 – 1830 1890 – 1920 Neue Musik 1600 – 1750 Romantik ab 1905 1820 – 1860 Expressionismus 1900 – 1925 Spätromantik 1860 – 1910 Chopin Études op. 25 Albéniz Band 3 aus »Iberia« Strawinsky Drei Sätze aus »Petruschka« 6 Übersicht 8 Kunst der Knappheit zu sein. Ob dem nun so war oder nicht, er vermittelte Chopin jedenfalls eine Frédéric Chopin Études op. 25 klassische Musikausbildung, die mit der Musik Bachs begann und Mozart und Haydn ebenso einschloss wie eine maßvolle Skepsis gegenüber Beethoven. Entstehung 1837 Dauer ca. 32 Minuten Als Chopin sich später an seine Préludes und die beiden Sammlungen mit Etüden wagt, sind Sammlungen mit individuellen Stücken, die sich trotz ihrer Der Begriff Etüde würde wahrscheinlich bis heute an schlechter Reputation lei- Unterschiedlichkeit zu einem Zyklus zusammenfassen lassen, keine Seltenheit. den, gäbe es nicht die beiden Sammlungen von Frédéric Chopin. Auch wenn Friedrich Kalkbrenner etwa hatte zwei Sammlungen mit je 24 Exercices und sein op. 10 und op. 25 oft einzeln aufgeführt und isoliert betrachtet werden, Préludes veröffentlicht, ähnliche Sammlungen gab es von Henri Herz und so folgt Chopin hier doch, zumindest was die Tonarten betrifft, teilweise dem Muzio Clementi. Auch Field, Hummel, Moscheles und natürlich Czerny waren Vorbild des »Wohltemperierten Klaviers« von Johann Sebastian Bach. Von klein ebenfalls auf diesem Gebiet unterwegs. Chopin beginnt die erste Etüde aus auf war er mit dieser Musik vertraut. Schon mit sechs Jahren kam er zu Pro- op. 10 in C-Dur und endet am Ende von op. 10 und 25 jeweils in c-moll. Da- fessor Wojciech Żywny, einem freundlichen, etwas exzentrischen Herren von zwischen durchschreitet Chopin in 24 Stücken ein komplettes Klang- bzw. 60 Jahren, der von sich behauptete, Enkelschüler von Johann Sebastian Bach Tonarten-Universum, dessen Anspruch von Beginn an weit über die Ausbildung einer pianistischen Technik hinausgeht. Vier Jahre nach der ersten Sammlung erscheint 1837 eine zweite mit der Opuszahl 25. Hatte nach Veröffentlichung von op. 10 der Musikkritiker Ludwig Rellstab alle Pianisten mit gesunden Fin- gern davor gewarnt, sich auf diese Musik einzulassen, sofern kein Chirurg in der Nähe sei, so urteilte Robert Schumann über die zweite Sammlung: »Sind sie doch sämtlich Zeichen der kühnen, ihm innewohnen Schöpferkraft, wahr- hafte Dichtergebilde, im einzelnen nicht ohne Flecken, im ganzen immerhin mächtig und ergreifend.« Schumann hatte Chopin die erste Etüde selbst spie- len gehört. Chopin dokumentiert in diesen Etüden seine einzigartige Fähigkeit, kurze Gedanken in eine musikalische Form zu bringen, die an Knappheit und Kompaktheit nicht zu unterbieten ist. Robert Schumann über die Étude op. 25 Nr. 1 »Kein Wunder aber, daß uns gerade die Stücke die liebsten geworden, die wir von ihm gehört, und so sei denn vor Allem die erste in As dur erwähnt, mehr ein Gedicht, als eine Etude. Man irrt aber, wenn man meint, er hätte da jede der kleinen Noten deutlich hören lassen; es war mehr ein Wogen des As dur-Accordes, vom Pedal hier und da von neuem in die Höhe ge- hoben; aber durch die Harmonieen hindurch vernahm man in großen Tö- nen Melodie, wundersame, und nur in der Mitte trat einmal neben jenem Hauptgesang auch eine Tenorstimme aus den Akkorden deutlicher hervor. Nach der Etude wird’s einem, wie nach einem sel’gen Bild, im Traum gese- hen, das man, schon halbwach, noch einmal erhaschen möchte; reden ließ sich wenig darüber und loben gar nicht.« 10 Werke Melancholie und pralles Leben Isaac Albéniz Band 3 aus »Iberia« Entstehung 1906 Uraufführung 2. Januar 1908 in Paris durch Blanche Selva Dauer ca. 22 Minuten Was zählt schon der Prophet im eigenen Lande? Meistens nichts. Das musste auch Isaac Albéniz bitter erfahren, nachdem er mehrere Opernprojekte an spanischen Häusern präsentieren wollte, doch damit kläglich scheiterte. Also widmete sich der schwer erkrankte Komponist, der mehrfach sein Exil in Paris aufsuchte, neuen Klavierwerken. Im Dezember 1905 schloss er die erste Samm- lung von »Iberia« ab, einer stilistisch ungewöhnlichen Mischung von mittel- europäischen Kompositions-Traditionen, spanischem Lokalkolorit und Früh- formen des französischen Impressionismus. Am Ende wird diese Sammlung auf zwölf Stücke anwachsen, die sich alle in handschriftlichen Stichvorlagen erhalten haben, teils als Autograf, teils als da- tierte Reinschrift. Die Arbeit am dritten Heft beginnt Albéniz am 4. November 1906 mit ›El Albaicín‹ und schließt sie knapp sechs Wochen später am 16. De- zember mit ›El Polo‹ ab. Die Fertigstellung des vierten Heftes sollte sich schließ- lich bis in den Januar des Jahres 1908 hinziehen. Doch mit dem Abschluss der ersten Entwürfe ist der Kompositionsprozess noch nicht abgeschlossen. Im Laufe der Drucklegung kommt es immer wieder zu Eingriffen, auch weil die pianis- tische Umsetzung stellenweise als unspielbar gilt. So gehen einige Änderungen u. a. auf Blanche Selva zurück, die Pianistin der französischen Erstaufführung. Der dritte »Iberia«-Band beginnt mit ›El Albaicín‹. Gemeint ist das Zigeuner- viertel von Granada. Albéniz liebte diese Stadt und hat ihr immer wieder mu- sikalische Denkmäler gesetzt. Hier verarbeitet er verschiedene Tanzrhythmen und den Rhythmus der Flamenco-Bulerías, wobei die Verteilung der Stimmen an eine Gitarre erinnert, wenn Daumen und Zeigefinger einander abwechseln. ›El Polo‹ bezieht sich auf ein Flamenco-Lied, das Albéniz jedoch deutlich ver- ändert – mit Ausnahme des untröstlich melancholischen Charakters. Auffal- lend beharrlich zieht sich das gewählte rhythmische Muster vom ersten bis zum letzten Takt durch – das wirkt beinahe zwanghaft und macht die Stimmung so intensiv. Albéniz fordert den Pianisten immer wieder auf, »sanft schluchzend« oder »immer im Geiste des Schluchzers« zu spielen. Werke Das dritte Stück, ›Lavapiés‹, schließlich führt in ein Viertel von Madrid, benannt brachte«, schreibt Claude Debussy voller Bewunderung. »Ich stelle mir vor, dass nach der örtlichen Kirche, wo gründonnerstags ein Ritual der Fußwaschung Sie unvergleichliche Stunden mit diesen drei Puppen genossen haben.« Selbst stattfindet. Zu Albéniz’ Lebzeiten war das Viertel vor allem wegen seiner Einwoh- Ravel, der sich immer leicht pikiert fühlte, hatte keine Einwände vorzutragen. ner bekannt, den so genannten Chulos, Menschen aus besonders einfachen Verhältnissen. Mehr als 80 Bearbeitungen sind in Strawinskys Werkkatalog aufgelistet, da- runter eine vollständige Version des »Sacre« für Klavier zu vier Händen und eine Auf den Straßen lärmte das Leben, und Albéniz bringt diese ungezügelte Vitali- zweihändige Bearbeitung dreier Sätze aus »Petruschka«. 1921 richtete er diese tät durch Dissonanzen und scheinbar falsche Töne zum Ausdruck. Die zentralen Fassung für den damals 34-jährigen Pianisten Arthur Rubinstein ein. Obwohl Themen basieren auf der kubanischen Habanera – im Madrid des ausgehenden Strawinsky nicht gerade als Mann des Klaviers galt, gelingt ihm mit dieser Be- 19. Jahrhunderts der letzte Schrei. arbeitung Großes. Man vergisst das originale Orchester automatisch, so farbig kostet er die Möglichkeiten des Klaviers aus. Die drei Sätze folgen einer eige- Claude Debussy über »Iberia« nen Dramaturgie: Von einem Satz zum nächsten verdoppelt er die Spieldauer; »Albéniz war der erste, der sich die Melancholie in der Harmonik und den der mittlere Abschnitt wirkt wie der ruhige Satz einer dreiteiligen