Die Ökologische Umgestaltung Der Mittleren Altmühl
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Wasserwirtschaftsamt Ansbach Die ökologische Umgestaltung der mittleren Altmühl www.wwa-an.bayern.de Inhalt Vorwort 3 1. Allgemeines 4 2. Historie 5-7 3. Grundsätze der Umgestaltung 8 3.1 Grunderwerb mit Hilfe der Flurneuordnung 8 3.2 Gewässerleitbilder 9 3.3 Gestaltungsgrundsätze 10-11 3.4 Nutzungsansprüche des Menschen 12-13 3.5 Bodendenkmäler 14 3.6 Naturschutz 15 4. Die ökologische Umgestaltung und ihre Auswirkung 16-17 4.1 Exemplarische Bauabschnitte 18-21 4.2 Auswirkungen auf Pflanzen und Tiere 22 4.2.1 Vegetationstypen 23 4.2.2 Libellen – Bestandsaufnahme und Zählung 24-25 4.2.3 Brut- und Rastvögel 26-29 4.2.4 Fische 30 5. Ausblick 31 2 Vorwort Die trockenen Sommer der vergangenen Jahre tet für die Flora und Fauna an und in Gewässern haben die Auswirkungen des Klimawandels ge- einen erheblichen Stress. Umso erfreulicher ist zeigt. Mehrere Monate blieben die Temperaturen es, dass die Situation an der Altmühl in Mittel- hoch und die Niederschläge gering. Die heißen franken bereits auf natürliche Art und Weise Tage machten nicht nur den Menschen zu schaf- entschärft wurde. Die Renaturierung der Altmühl fen. Über weite Gebiete verursachte die Hitze zwischen Gunzenhausen und Treuchtlingen sorgt trockene Wiesen und Felder sowie eine sehr ge- für Rückzugsmöglichkeiten und verbesserte ringe Wasserführung in den meisten Gewässern. Lebensbedingungen der vielen dort heimischen Das Aufheizen der offenen Wasserflächen bedeu- Tiere und Pflanzen. 3 1. Allgemeines Die mittlere Altmühl verläuft zwischen Gunzen- Von 1992 bis 2016 wurden der Fluss und die Aue hausen und Treuchtlingen in einem weiten und auf einer Länge von 23 km ökologisch umge- flachen Tal, das hauptsächlich während der Eis- baut. Die Baukosten und der dazu erforderliche, zeit ausgeformt wurde. umfangreiche Grunderwerb wurden aus Haus- haltsmitteln des Freistaates Bayern finanziert, An den Talflanken stehen die geologischen teilweise mit Förderung durch die Europäische Schichten des Keupersandsteins, des Unteren, Union. Damit werden die Zielvorgaben und Ver- Mittleren und Oberen Jura an. Das erodierte Ge- pflichtungen umgesetzt, die sich aus der Bayer. stein der Talhänge findet sich in den unterschied- Verfassung (Art. 141), der EU-Wasserrahmen- lichen und mächtigen alluvialen Ablagerungen richtlinie, den Wasser- und Naturschutzgesetzen der Aue wieder. Sie bestehen im Wesentlichen des Bundes und des Freistaates Bayern, sowie aus einer Wechselfolge aus Sanden, Schluffen, dem Landesentwicklungsprogramm ergeben. Tonen und Kalkschotter. Diverse archäologische Funde belegen, dass sich erst in den letzten 2000 Abflusswerte der Pegel Jahren Talsedimente von 2 bis 3 m Mächtigkeit abgelagert haben. Aha und Treuchtlingen Die mittlere Altmühl besitzt in diesem Bereich Pegel Aha Treuchtlingen ein extrem geringes Fließgefälle von nur 0,15 ‰ AE [km²] 693 980 (= 15 cm/km). Das Einzugsgebiet umfasst 700 bis Jahresreihe 76-06 (30 a) 41-08 (67 a) 1.000 km². Im langjährigen Mittel wird an über NNQ [m3] 0,23 0,28 280 Tagen pro Jahr der Mittelwasserabfluss von MNQ [m3] 0,72 1,16 rund 5 m³/s unterschritten. Oft werden lang an- MQ [m3] 4,25 5,73 haltende Niedrigwasserperioden immer wieder 3 durch extreme Hochwasserereignisse mit Ab- MHQ [m ] 47,0 53,5 flüssen von weit über 100 m³/s unterbrochen. HHQ [m3] 155 183 3 HQ1 [m ] 41 45 3 HQ10 [m ] 98 110 3 HQ100 [m ] 180 200 Das Einzugsgebiet der Altmühl Altmühl Quelle: Frankenhöhe bei Burgbernheim oberhalb Hornauer Weiher Mündung: Donau bei Kelheim Fließlänge: 225 km Einzugsgebiet: 3260 km2 Pegel Aha Mittlere Altmühl Pegel Treuchtlingen 4 Zwischen 1910 und 1920 wurde die mittlere Altmühl mit schwerem Gerät zu einem gleichförmigen Kanal ausgebaut. 2. Historie Situation um 1900 bis Anfang 1990er Bis vor etwa 120 Jahren war die Altmühl im Bereich der Renaturierung noch ein weitestge- hend naturnahes Fließgewässer, gekennzeichnet Herstellung eines Durch- durch weite Mäanderschleifen sowie einen stark stiches in Handarbeit, verzweigten Gewässerlauf mit vernetzten Haupt- Freihaltung von Druck- und Nebenarmen. Wegen des geringen Gefälles wasser durch Auspumpen gab es auch keinerlei Verbau durch Stau- und Wasserkraftanlagen. Durch Hochwassererosion und Verlandungen kam es in der breiten Talaue zu einer ständigen Veränderung und Umlage- rung des Gewässerbetts. Aufgrund des geringen Gefälles des Talraumes blieb das Wasser auch nach häufigen Hoch- wasserereignissen lange und flächenhaft in der Aue stehen und führte zu anhaltenden Überflu- tungen und Versumpfungen des Geländes. Dies Herstellung eines Durch- beeinträchtigte oftmals die landwirtschaftliche stiches mittels Greif- Nutzung. Immer wieder wurden die Heu- und bagger, April 1916 Grasernten durch Überschwemmungen vollstän- dig vernichtet. Tiere mussten wegen Futterman- gel notgeschlachtet werden und die Bevölkerung litt Hunger und Not. Als es im Sommer 1906 wiederum zu einem verheerenden Ernteaus- fall kam – es wird berichtet, dass damals von Mai bis Oktober ein ca. 1.236 Tagwerk (= 412 ha) großer Wiesenkomplex von Hochwasser bedeckt war – wurde vehement gefordert, die Altmühl zu „korrigieren“. Dem damaligen Zeitgeist ent- sprechend hieß das den Verlauf zu begradigen, das Gewässerbett aufzuweiten und erosions- Stauschleuse bei stabil zu befestigen. Vorbilder gab es zu diesem Treuchtlingen, 1912 Zeitpunkt andernorts bekanntlich zuhauf. So ist das „Projekt über die Korrektion der Altmühl zwischen der Mühle in Wald und der Stadtmühle in Pappenheim in den Bezirksämtern Gunzenhausen und Weißenburg i. Bay. vom 18. Mai 1908“ entstanden und in den Jahren 1909 bis etwa 1920 umgesetzt worden. Ziel war es, durch ein stark aufgeweitetes, gleichförmiges Gewässerbett mit verkürztem Lauf (Mäander- durchstiche), kleinere Hochwasser erst gar nicht ausufern zu lassen. Größere Hochwasser sollten Fertiggestellte Korrektions- möglichst schnell abgeführt werden, damit das strecke oberhalb Treucht- Wasser nicht wochenlang auf den Wiesen stag- lingen mit Uferschutz- nierte. Für Niedrigwasserzeiten wurden regulier- bauten; Juni 1913 bare Stauanlagen (Wässerwehre) errichtet, die der Aufhöhung der Wasserstände, dem Aus- gleich des aufgrund der Begradigung beschleu- nigten Abflusses sowie dem Überstauen zur Bewässerung der angrenzenden Wiesenflächen dienten. 5 Ergebnis der Begradigung Sommerhochwasser zu schützen, wurde trotz der massiven Gewässerkorrektion nur sehr Die damaligen Bemühungen verfehlten ihren eingeschränkt erreicht. Bei einem so geringen Zweck und zerstörten zugleich ein bedeutsames Talgefälle ist die ausuferungsfreie Ableitung von Ökosystem. Hochwasser selbst bei einem weit überdimensi- onierten, kanalartigen Gerinne nicht zu schaffen. Das Ziel, die Grünlandnutzung und später auch Bereits ab etwa dem doppelten Mittelwasserab- standortwidrige ackerbauliche Nutzungen vor fluss werden Nutzflächen großräumig überflutet. Die historische Karte von 1823 zeigt den verzweigten, mäandrierenden Gewäs- serverlauf, eingebettet in weitläufige, naturbelas- sene Feuchtgebiete. korrigierter Flusslauf links: Hochwasser bei Gunzenhausen, 1908 rechts: Winterhochwasser beim Wehr Bubenheim, 11. März 1914 6 Der Altmühlkanal vor der ökologischen Umgestal- tung – ein strukturarmes Vorflutgerinne mit gerin- Erst durch den Bau des Donau-Main-Überlei- gem ökologischen Wert. Die landwirtschaftliche tungssystems ist es möglich geworden, zu- Nutzung reichte bis an mindest bei kleineren Hochwasserereignissen, das Gewässer. die Ausuferungen zu reduzieren. Bei selteneren Hochwasserereignissen bleibt weiterhin das Risiko für Siedlungsbereiche bestehen. Durch die Begradigung und Eintiefung wurde die Vernetzung von Wasser und Aue stark ein- geschränkt. Da aufgrund fehlender Uferstreifen die landwirtschaftlichen Nutzflächen bis an das Gewässer heranreichten, konnten abge- schwemmte Nährstoffe aus der Landwirtschaft ungefiltert in das Gewässer eingetragen werden. Der fehlende Ufergehölzsaum und somit die mangelnde Beschattung ließ die Wassertempe- ratur in den heißen Sommermonaten stark an- steigen, wodurch folglich auch der Sauerstoff- gehalt im Wasser abnahm. All dies wirkte sich nachteilig auf die Fauna und Flora im Gewässer und der Aue aus – ersichtlich am spärlichen Uferbewuchs, den fehlenden Wasserpflanzen sowie dem hohen Algenaufkommen. Ebenso litt das Landschaftsbild an der strukturarmen Aue und dem monotonen Gewässergerinne. Positiver Einfluss des Überleitungssystems Donau-Main auf Hochwasser Seit der Inbetriebnahme des Überleitungssystems können kleinere Hoch- wasserereignisse ver- hindert und größere Hochwasserereignisse gemindert werden. Gunzenhausen Altmühlsee Foto: Nürnberg Luftbild, Hajo Dietz Foto: 7 3. Grundsätze der Umgestaltung Der beabsichtigte wirtschaftliche Nutzen für die 3.1 Grunderwerb mit Hilfe der Flurneuordnung Landwirtschaft aus der damaligen Begradigung war gering. Zudem bestehen durch den Struk- Die wasserbauliche Umgestaltung erfolgte in turwandel in der Landwirtschaft heutzutage kleineren Teilabschnitten, mit einer Länge von kaum mehr existenzielle Abhängigkeiten von 0,5 bis 2 Flusskilometern. Bei der Festlegung der den Erträgen aus den Flächen im Überschwem- Entwicklungsziele waren historische Karten vor mungsgebiet. Ein Teil der Wiesen werden bereits der Begradigung, Bilder und Beschreibungen seit längerem als Vertragsnaturschutz- oder aus dieser Zeit sowie weitere Rekonstruktionen KULAP-Flächen extensiv bewirtschaftet. Außer- des natürlichen Zustandes (Gewässerleitbilder) dem gewinnt der gute chemische und ökologi- hilfreich. sche Zustand unserer Gewässer in der heutigen Eine wichtige Voraussetzung für die Umsetzung