MASARYKOVA UNIVERZITA V BRNĚ Philosophische Fakultät 602 00 Brno: Arne Nováka 1

LEHRSTUHL FÜR DEUTSCHE SPRACHE UND LITERATUR

Autoreferat der Dissertationsarbeit

'Das Fremde' und das 'Eigene' im Brennpunkt der Kritik autobiographischer Holocaust-Zeitzeugnisse: „weiter leben. Eine Jugend“ von Ruth Klüger und „Mein Leben“ von Marcel Reich-Ranicki.

Mgr. Dagmar Alešíková

Německá literatura Vedoucí práce: prof. PhDr. Jiří Munzar, CSc. Brno 2020

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In-Memoriam meinem Vater Tibor Adler-Alešík

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DANKSAGUNG

Mein herzlicher Dank ergeht an prof. PhDr. Jiří Munzar, CSc. in Brünn, , PhDr. Jaroslav Kovář, CSc. in Brünn, Prof. Dr. Ruth Klüger in Californien, Provinzoberin Dr., Dr. Sr. M. Beda Rauch in Augsburg, Rabbiner Henry G. Brandt in Augsburg, Prof. PhDr., doc. Mgr. Aleš Urválek, Ph.D. in Brünn, Mgr. Jan Budňák, Ph.D. in Brünn, PhDr. Zdeněk Mareček, Ph.D. in Brünn, Mgr. Pavel Váňa, PhD, DrSc Jiří, HOLÝ in Prag, prof. Dr. Reinhard Ibler, prof. Dr. Manfred Weinberg, prof. Dr. Dieter Heimböckel, prof. Dr. Phil. Friedmann Harzer in Augsburg, Bettina Bannasch in Augsburg, Dr. Benigna Schönhagen in Augsburg, Dozentin Marguerite Markgraf in Augsburg, Israelitische Kultusgemeinde in Augsburg, Jüdische Gemeinde in Brünn, Margarethe Harper in Californien und an alle ‘ungenannten’ für die wertvolle Unterstützung, Unterweisung und Güte, aufgrund ihrer großen Geduld die Dissertationsarbeit letztendlich dann auch realisiert werden konnte.

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Hiermit erkläre ich, dass ich die Dissertationsarbeit mit dem neu- überarbeiteten Arbeitstitel: „Das Fremde und das Eigene im Brennpunkt der Kritik autobiographischer Holocaust- Zeitzeugnisse: „weiter leben. Eine Jugend“ von Ruth Klüger und „Mein Leben“ von Marcel Reich-Ranicki“ − selbstständig und nur mit aufgeführter Literatur ausgearbeitet habe.

Brünn, den 27.01.2020

______Mgr. Dagmar Alešíková

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Das 'Fremde' und das 'Eigene' im Brennpunkt der Kritik autobiographischer Holocaust-Zeitzeugnisse: „weiter leben. Eine Jugend“ von Ruth Klüger und „Mein Leben“ von Marcel Reich-Ranicki.

„Ich bin allein (geblieben) und sehne mich verbunden zu sein“ 1

Hugo von Hofmannsthal

INHALT

Theoretischer Teil

Einführung in die Holocaust-Problematik

Der Stand der Holocaustforschung

1 Zum Sachverhalt der Problematik 'Das Fremde und das Eigene im Brennpunkt der Kritik' in den autobiographischen Holocaust-Zeitzeugnissen: „weiter leben. Eine Jugend“ von Ruth Klüger und „Mein Leben“ von Marcel Reich-Ranicki“: Ziele, Terminologische und methodologische Fragen und das Forschungsinteresse der Arbeit 10 – 20

2 Was versteht die Studie unter der 'Kritik' im Kontext des 'Fremden' und 'Eigenen'? 21 – 23 3 Warum lässt 'Holocaust' keinen Status: 'Gattung' – zu! 24

1 Vgl. APEL, Friedmar (2012): Hugo von Hofmannsthal: „Ich bin allein und sehne mich verbunden zu sein“ In: „Leben in Bildern“. Dieter Stolz (Hg.). Deutscher Kunstverlag, Berlin / München 2012, 88 S Das Zitat drückt die Sehnsucht Hofmannsthals nach Kommunikation, die bis zum 21. Jh. − dem Judentum abhandengekommen ist. 8

INHALT

Praktischer Teil:

Zum Fremden und Eigenen im Zeitraum von 1945-1968

1 Das Verhältnis zwischen Juden und Nicht-Juden nach 1945 25 – 38 Zusammenfassung 39 − 40

1.1 . Die 'Jüdische Identität'. Das 'Jüdische Selbstverständnis'. 'Die Assimilation'. 41 – 52 Zusammenfassung 53 − 54 1.2 Holocaust- Erinnerungskulturen: Lagern und Ghetto 55 − 59 Zusammenfassung 60 1.3 Lager und Ghettos 61 – 64 Zusammenfassung 65

Zum Fremden und Eigenen im Zeitraum von 1968 und 1989

2 Sprachlich-mediale Holocaust-Vermittlung. Holocaust- Produktion: 66 − 72 Die Opfer sprechen anders. Wie lesen die Nichtopfer: Zusammenfassung 73 − 74 3 Nachkriegsdebatten, Diskurse und Kontroversen im Nachkriegsdeutschland zwischen 1968 -1989 75 − 79 Zusammenfassung 80 − 81

Das Fremde und Eigene im Holocaust--Literaturdiskurs nach 1989

4 Mittel- und osteuropäischer Literaturdiskurs nach 1989 82 – 88 Zusammenfassung 89 − 91

5 Anhang: 9

5.1 Messianischer Blick. Tendenzieller Blick 92 5.2 Autobiographischer Aufriss der Holocaust-Zeitzeugen 93 − 97 Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki 6 Resümee in deutscher Sprache 98 6.1 Resümee in englischer Sprache 98 5.1 Resümee v 'Českém jazyce' 98

7 Abstract in deutscher − Abstract in englischer Sprache – Abstrakt v českém jazyce 99

8 Schlüsselwörter /Key-Wörter 100 − 102

9 Primärliteratur 103 10 Sekundärliteratur 11 Publikationen der Doktorandin 103 − 121 11.1 Studien 122 11.2 Rezensionen 12 Weitere wissenschaftliche Aktivitäten 12.1 Unterrichtsaktivitäten an der FF-MU 123 12.2 Unterrichtsaktivitäten in Augsburg 12.3 Vortragsaktivitäten am Österreichinstitut 12.4 Vortragsaktivitäten in Frankfurt am Main 124 12.5 Konferenzteilnahmen der Doktorandin (aktiv) 12.6 Konferenzteilnahmen der Doktorandin (passiv) 12.7 Auslandsaufenthalte (WM 2016 – SM 2017) 10

Theoretischer Teil

Einführung in die Holocaust-Problematik

1. Der Stand der Holocaustforschung

Zum Sachverhalt der Problematik: „Das Fremde und das Eigene im Brennpunkt der 'Kritik' in den autobiographischen Holocaust-Zeitzeugnissen: „weiter leben. Eine Jugend“ von Ruth Klüger und „Mein Leben“ von Marcel Reich- Ranicki“ (2019): Ziele, Terminologische und methodologische Fragen und das Forschungsinteresse der Arbeit.

Die 'Holocaust' -Literatur gibt es erst seit dem 'Zivilisationbruch' − Ende 1945. Diese 'neue' epistemische Prägung2 des Historikers Dan Diner 'Zivilisationbruch' (2015) macht auf die 'Zäsur' in der deutsch-sprachigen Literatur aufmerksam, die das Thema 'Holocaust' und den 'Zweiten Weltkrieg' 'untrennbar' mit Strängen der 'europäischen' Geschichte verknüpft hat. Zugleich offenbart sie auch die Vielfalt unterschiedlicher Perspektiv-Möglichkeiten auf das 'kulturelle' und 'räumliche' im 'Fremden' und 'Eigenen'. Die Problematik des Zusammenlebens zwischen Juden und Nicht-Juden in ihrer 'scheinbaren' (Un-)Möglichkeit der Verständigung wurde im Verlauf von vier Jahrzehnten vor dem Hintergrund unterschiedlicher politischer Systeme Ost und West entweder 'überbetont' oder einfach 'tabuisiert'. Wie sollte sonst die schreckliche Realität von 6. Mio. 'Toten' Juden nach 'Holocaust' in versöhnliche Worte gefasst werden − wurde doch gerade dieses Thema zur 'zentralen' Frage der Nachkriegsliteratur und Wissenschaft.

Die vorliegende Dissertation mit dem überarbeiten Arbeitstitel „Das 'Fremde' und das 'Eigene' im Brennpunkt der Kritik autobiographischer Holocaust-Zeitzeugnisse: „weiter leben. Eine Jugend“ von Ruth Klüger und „Mein Leben“ von Marcel Reich-Ranicki“ untersucht die Problemfelder 'Fremd' und 'Eigen' im Kontext der Holocaustproblematik nicht als Kritik an fremden Denkstrukturen oder Verhaltensformen im Sinne einer 'Abgrenzung' bzw. 'Differenzierung', sondern sie fragt nach den Möglichkeiten der 'Distanz- Reduktion' zwischen 'Fremden' und 'Eigenen' im Jüdischen - Nichtjüdischen. Ferner nach den Faktoren, die das Zusammenleben möglich/unmöglich machen.

Die zentrale Frage der Untersuchung:

2 Neologismus 'Zivilisationsbruch' erstmals erschienen in: „Das Jahrhundert verstehen – 1917–1989. Eine universalhistorische Deutung“ (Vgl. DINER, Dan, 2015) 11

Tragen die Holocaustzeitzeugnisse der Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki zur Distanz Reduktion zwischen 'Eigen' und 'Fremd' bei: ja oder nein?

Die Hauptthese der Untersuchung:

Die Holocaustzeitzeugnisse tragen zur Distanz-Reduktion zwischen 'Eigen' und 'Fremd' bei, wenn sie an ihren Zielen festhalten, die sich gegen das 'Vergessen' richten − in der Erinnerung an die 6. Mio. 'Tote' und an die 'Selbstverpflichtung' Israels an das Vergangene, die 'untrennbar' vom Wort 'Mila' ist, das (nach den 'ältesten' Schrifttexten der Torah) am Anfang aller Dinge stand.

Zentrale Fragen der Holocaustüberlebenden:

Das zentrale Thema ist die Erinnerung an die 6. Mio. Tote Juden und an die Selbstverpflichtung Israels an das Vergangene, das für das 'Judentum' 'untrennbar' vom Wort 'Mila' gebunden ist. Tragen die Holocaustzeitzeugnisse der Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki zur Distanz Reduktion zwischen 'Eigen' und 'Fremd' bei: ja oder nein? Die zentrale Fragen der Holocaustüberlebenden war die Ursachen der Unmöglichkeit des Zusammenlebens im 'Miteinander' im 'Fremd' und 'Eigen' aufzudecken, die sie in den 'Transfers' tradierter Stereotypen-Übergabe von Generation auf Generation bestätigt gesehen haben.

Hauptkriterien für die Wahl der Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich - Ranicki:

Eines der wesentlichen Analyse-Kriterien für die Wahl der Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki war die Redegewandtheit und die Überzeugungskraft der Autoren. Von der Erweiterung durch den Literatur- und Kulturkritiker und Kulturkorrespondenten Marcel Reich-Ranicki hat sich die Untersuchung ein höheres Argumentations-Potenzial, Dynamik und Resonanz versprochen. 12

Mit den Merkmalen der »'Differenziertheit' und 'Einheit'« verkörpern die Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki die 'ideale' Kombinationseinheit für die Untersuchung. Ferner waren 'drei' Qualitäten3 für die Wahl der Germanistin Ruth Klüger und des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki richtungsweisend: Bildung, Erfahrung und Entscheidungskompetenz lat. 'iudicium'. Unter dem Begriff 'iudicium' nach Herbart, versteht die Studie den Rekurs des formalen und vernunftgegründeten Urteils und Entscheidungskraft: Herbarts -'Takt'4 (Vgl. HARTENSTEIN, Gustav, 1851). Ferner war hier auch noch vom Vorteil für die Untersuchung, der nicht allzu große Altersunterschied zwischen Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki, der Altersunterschied von ca. 11. Jahren. Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki war in den 1990er Jahren nicht nur einer der deutschlandweit ‘erudiertesten’ Literaturexperten, sondern wohl auch der 'umstrittenste.' Marcel Reich-Ranicki stellt mit seinem historisch-literarischen Zeitzeugnis „Mein Leben“ (2000) bei adäquater Stringenz und konsequenter 'männlicher' Logik dann auch ein umfassendes Psychogramm der 'Historie' zusammen, das sich aus der deutsch-jüdischen Literatur- und Kulturgeschichte gerade dort summiert, wo der Zugriff des totalitären Regimes aufhört und wo der Anfang der historischen Kontroversen und Debatten nach 1945 ansetzt d.h. da, wo der historische Diskurs in Deutschland bis zur Gegenwart bewegt wird (Vgl. HINCK, Walter, 2004, S. 183). Die Germanistin, Holocaustforscherin und Lehrstuhlinhaberin der Universität Tel Aviv und der Berkeley Universität, Auslandsgermanistin der University of Virginia, weiblicher 'Chair' der 'Prinston University,' der 'Irvine' University of California und Gastprofessorin der Universität in 'Göttingen' exemplifiziert mit ihrem Werdegang, dass gerade von der 'Holocaustkategorie' 'positive' Impulse ausgehen, die Einfluss auf die Gesellschafts- Entwicklung antizipieren lässt.

Kriterien für die Wahl der Teilnehmer, die sich am historischen Holocaustdiskurs nach 1945 beteiligt haben

3 Es gibt Kriterien, die für den ganzen ‘organisierenden’ Literaturbetrieb gelten: die thematische Aktualität, der Gegenwartsbezug, die Ästhetikprinzipien, die Literatur-Verbreitung, die Wahrhaftigkeit der Informationsinhalte, die Werk- Rezeption, die Rezeptions-Wirkung, die mediale Verbreitung durch Druckmedien, die TV- und Digitaltechnik, ebenso wie die eigentliche Vermittler-Funktion des organisierenden Literaturbetriebs zwischen der publizierenden Autorität eines Autors als Kritiker und dem Publikum als Informationsempfänger (Vgl. RAUCH, Beda, 1971; Vgl. JEßING, Benedict, KÖHNEN, Ralph, 2003). 4 Vgl. RAUCH, Beda, 1971 13

Das Kriterium für die 'engere' Auswahl der Diskursteilnehmer waren insbesondere die Publikationen, die sich am historischen Holocaustnachkriegsdiskurs beteiligt haben bzw. dann auch einen 'medialen' Bezug auf das 'Fremde' und 'Eigene' bzw. Jüdische oder Nicht-Jüdische genommen haben. Ferner wurden auch Publikationen präferiert, die sich auf dem diffizilen Feld der Holocaustthematik durch ihre 'Argumentations-Logik' (nicht-)bewährt haben und (nicht-)versucht haben, sich von dem abzugrenzen, was sie zuvor in ihren Grundsätzen als 'legitim' erachtet haben.

Hauptkriterien für die Wahl des Holocaustthemas

Ein wesentliches Kriterium für die Studie war die Aktualität des Holocaustthemas selbst. Das Thema 'Holocaust' greift in seiner anhaltenden Aktualität in alle Bereiche des Zusammenlebens der Kultur-Geschichts- Entwicklung und Politik hinein und lässt dann auch einen Einfluss auf die Entwicklung antizipieren.

Kriterium für die Wahl zitierter Texte:

Die Auswahl zitierter Texte war stets in Abhängigkeit von den später gemachten Aussagen und Antworten der Diskursteilnehmer zu sehen, ob sie den historischen Entwicklungsfortgang 'Holocaust' in seiner Bedeutung richtig oder falsch eingeschätzt haben. Ferner auch Aussagen, die die historischen Diskurse durch 'neue' Argumente mehr oder weniger beeinflusst haben. In Bezug auf das 'Fremde' und 'Eigene' waren demnach dann auch die Zitationen wichtig, die erkennen lassen, dass das 'Fremde' und 'Eigene' dem Menschen auf unterschiedlichsten Ebenen des Zusammenlebens begegnen kann. Sie heben auf der Ebene der Mikrostruktur das Spektrum 'zentraler' Schlüsselpunkte der einzelnen 'Holocaust'-Problemfelder auf, wie: Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie, Ausgrenzung, Erinnerungskultur, Assimilation, Identität, 'Sprachlichen Grenzen', Sprachlosigkeit, Traumatisierung, Medialer Holocaust- Vermittlung und Political 'Correctness' – die im Kontext der Holocaustthematik, auf allen Ebenen des Lebens einem Menschen begegnen können.

Gliederungs-Einteilung der Makro- und Mikrostruktur

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Die Schlüsselpunkte der Studie: Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie, Ausgrenzung, Erinnerungskultur, Assimilation, Identität, 'Sprachlichen Grenzen', Sprachlosigkeit, Traumatisierung, Medialer Holocaust- Vermittlung und Political 'Correctness' – bilden die 'Schwerpunkte' der Mikrostruktur 1. 'Zum Fremden und Eigenen im Zeitraum von 1945-1968: Holocaust- Erinnerungskulturen, Ghettoberichte, Assimilation, Identität, das jüdische Selbstverständnis, Sprachvermittlung, Sprachlosigkeit und Sprachliche Grenzen der Holocaustvermittlung. 2. Zum 'Fremden' und 'Eigenen im Zeitraum von 1968-1989: Sprachlich-Mediale Holocaust- Vermittlung, Holocaust- Produktion und – Denkmäler, Ästhetische Holocaust- Versprachlichung zu den Themen der 'Traumatisierung', 'Rassismus', 'Antisemitismus, Xenophobie, Ausgrenzung. 3. 'Das Fremde und Eigene im mitteleuropäischen und ostmitteleuropäischen Holocaust-- Literaturdiskurs nach 1989': Literarische Strategien und Kritik der Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki an der ‘political correctness’ in Bezug auf das 'Eigene' und 'Fremde'.

Gliederungsmöglichkeiten des Holocaust-Forschungsfelder:

Aus den historischen Holocaust-Nachkriegsdebatten, in die die 'Diskursteilnehmer' und Holocaust-Zeitzeugen nach dem Krieg involviert wurden, boten sich für die Untersuchung 4 − 'signifikante' Gliederungs-Prinzipien an:

1. Die erste Möglichkeit der Gliederung ist, die einzelnen historischen Diskurse, die sich meist an einzelne Persönlichkeit oder Publikation binden lassen, chronologisch auf der literatur- geschichtlichen 'Zeitachse' zu verankern, um dann die 'unterschiedlichen' Autoren- und Publikationskonzepte gegeneinander auszudifferenzieren.

Angefangen mit der Persönlichkeit Theodor W. Adornos „Kultur und Gesellschaft“5 (1951). Des Weiteren mit dem Essay „Europäische Peripherie“ (1967) vom Hans Magnus Enzensberger, der in der kommentierenden linksgerichteten Zeitschrift „Kursbuch“6 (1965-

5 Theodor W. Adornos „Kultur und Gesellschaft“ (1951) hat paradigmatischen Charakter der Kritischen Theorie nach Horkheimer (1930), für die zwei Momente von Bedeutung sind: die Nähe zur marxistischen Theorie und das interdisziplinäre Programm 6 Die, drei bis vier Mal im Jahr erscheinende Zeitschrift „Kursbuch“ (1965-1975) vom Hans Magnus Enzensberger, Karl Markus Michele (Hg.) et. all, nimmt Stellung zu aktuellen politischen Fragen des Weltgeschehens 15

1975) die 'repressive' Einteilung der Welt in die Kategorien des 'Eigenen' und 'Fremden' gewagt hat, um diese dann auch an den Termini 'wir' und 'die' messen zu können. Ferner die Psychoanalyse des Ehepaares Alexander und Margarete Mitscherlich mit der Publikationsüberschrift: „Unfähigkeit zu trauern“ (1967). „Die Majorität der Deutschen hat nicht getrauert, das war unsere These, obwohl manche, was ich schon darzustellen versuchte, von den psychischen Voraussetzungen und Möglichkeiten her dazu in der Lage gewesen wären“ (Vgl. MITSCHERLICH, Margarete: 1993, S. 27). Die ̒Untersuchungsergebnisse des Psychoanalytiker-Ehepaares Margarete und Alexander Mitscherlich rekurrieren auf die tradierten Stereotypentransfers und ihre Inhalte in der Bildung und Erziehung nach 1945: „…hauptsächlich die mündliche Überlieferung durch Eltern und Großeltern hat diese chaotische Geschichtsrezeption bewirkt“ (Vgl. MITSCHERLICH, Alexander/Margarete: 2011, S. II). Die Resultate des Psychoanalytiker-Ehepaares Mitscherlich in ihrer gemeinsamen Studie „Die Unfähigkeit zu trauern“ (1967) und „Erinnerungsarbeit“ (2011) decken sich dann auch weitgehendst mit den Resultaten der Holocaustforschung Ende der 1980er-Jahre und bestätigen Mitscherlichs 'Mangel' an flächendeckender Holocaustaufarbeitung im Deutschland nach 1945.

Von diesem historischen Holocaustnachkriegsdiskurs führt ein roter Faden zu einer Vielzahl kleinerer bzw. größerer Kontroversen und Debatten, wie zu der Fischer-Kontroverse (1961), Goldhagen-Debatte (1996), Walser-Bubis-Kontroverse (1998), Walser-Debatte (2002); Ferner die Nolte-Habermas-Debatte (2002), die in Deutschland den sog. ‘Historiker-Streit’ evoziert hat und auch die Günter Grass-Debatte (2006) − gehören in diesen Kontext.

Diese historischen Debatten im Kontext der Vergangenheitsbewältigung machen dann auch die ‘späte’ Entwicklung der deutsch-deutschen Nation zum Nationalstaat Deutschland auf dem Boden Europas evident. 2. Die zweite Möglichkeit der Gliederung bietet die Differenzierung zwischen den einzelnen Diskursreden beispielsweise: zwischen Ruth Klüger − Martin Walser; Saul Friedländer − Martin Broszat; Ernst Nolte − Jürgen Habermas; Hannah Arendt − Hans Magnus Enzensberger u.a.

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3. Die dritte Gliederungs-Möglichkeit der Gliederung, die sich hier für das Thema 'Holocaust' anbietet ist die 'Ideologische Gliederung'. Die kommt jedoch deshalb nicht in Frage, weil die autobiographischen Zeitzeugnisse der Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki keine 'schablonenhafte' Extrempositionen der Spektren 'rechts' oder 'links' bedienen, folglich auch im Stande sind, Antworten auf Grundsatzfragen 'Nicht'-Ideologischer Aspekte zu liefern. 4. Die vierte Gliederungs-Möglichkeit bietet die 'Inhaltliche Gliederung', die sich bei Diskursfragen und −Antworten auf die Wiederholungsfrequenzen der 'Schlüsselwörter' in den einzelnen Diskursreden konzentriert, wie beispielsweise: Ghettoberichte, Erinnerungskulturen, Holocaust- Opfer, Judentum, Nichtjude, Assimilation, Identität, das jüdische Selbstverständnis, Holocaustvermittlung, Ästhetische Holocaust- Versprachlichung, Sprachlosigkeit, Sprachliche Grenzen, Sprachlich-Mediale Holocaustvermittlung, Holocaust- Produktion, Holocaust-Denkmäler, Traumatisierung, Rassismus, Antisemitismus, Xenophobie und Ausgrenzung. Doch gehören in diesen Kontext auch Begriffe in ihrer Wiederholung wie Kollektivschuld, Selektiverinnerung, Vergessen, Verdrängung, Literarische Strategien und 'political correctness'.

Zur Gliederung der Forschungsfelder:

Die vorliegende Studie hat sich notwendiger Weise für ein 'Kompromiss' zwischen allen diesen vier aufgeführten Gliederungsprinzipen entschieden, weil das Thema Holocaust, wie erwähnt, in alle Bereiche der Kultur-Geschichtsentwicklung und Politik im Nachkriegsdeutschland hineingreift und auf diese Weise dann auch zwingend 'Anteil' am soziogeschichtlichen Kulturwandel im Deutschland hat.

Der Argumentationsausgang ist hier deshalb folgender:

Die Makrostruktur- und Mikrostrukturgliederung der Studie folgt im Kontext der Holocaustthematik den historischen 'Nachkriegsdiskursen' in der Chronologie der Holocaustgeschichte. Deshalb wird der Zeitraum des Holocaustgeschehens in 'drei' Zeitabschnitte der Nachkriegsgeschichte- und −Literatur eingeteilt:

1. Der erste Zeitraum ist von 1945 - 1968; 17

2. Der zweite Zeitraum ist von 1968 - 1989;

3. Der dritte Zeitraum ist von 1989 bis Gegenwart:

Hierbei waren drei Aspekte zentral:

Erstens die Verhinderung jeder Spekulation und Hypothesenbildung 'über' und 'nach' 'Holocaust' − zu Gunsten bzw. zum Nachteil von 'Dokumentation' der Wirklichkeit. Zweitens erlaubt dieser Ansatz die deutsch-deutsche und deutsch-jüdische Wandlung in Bezug auf das 'Eigene' und das 'Fremde' in den genannten Zeitabschnitten von 1945-1968; 1968- 1989; 1989 bis Gegenwart dann auch in ihrer 'Ganzheit' der Geschichtsentwicklung zu untersuchen. Drittens können auch die 'positiven' und 'negativen' Diskursfolgen untersucht werden, die die einzelnen Teilnehmer an Holocaustdiskursen bereit waren in Kauf zu nehmen, um mit ihren intellektuellen, meist 'rechts' oder 'links' orientierten Gedankengängen, politisch gesellschaftlichem Interesse, Überzeugungs-Strategien und Redegewandtheit dann auch gewissen 'Einfluss' auf die geistig-kulturelle und sozio-gesellschaftliche Klima-Veränderung in Deutschland zu haben. Ferner, um den Kommunikations-Bezug zwischen 'Fremd' und 'Eigen' (Juden und Nicht-Juden) visualisieren zu können.

Nach dieser topographischen Abtastung der Forschungs-Felder der ‘Holocaust-Forschung und der ‘Interkulturellen Wissenschaft’ hat die Studie, wie bereits erwähnt, die ‘wesentlichen’ Holocaustproblemfelder systematisch in 'drei' zeiträumliche Frage-Komplexe geordnet.7 Die Studie schöpft aus internationalen Beiträgen zur Forschung der Holocaustliteratur. Die Erkenntnisse stützen sich auf Resultate des Internationalen Workshops, auf dem Vertreterinnen und Vertreter aus Literatur- Kultur- und Medialwissenschaften der Justus- Liebig-Universität Gießen, der Masaryk- Universität Brünn und der Karlsuniversität Prag Teil

7 Obwohl sich, nach den Erkenntnissen der Holocaust-Forschung und in Anlehnung an Stephan Braese, Hermann Korte, Irmela von Lühe bzw. im Kontext der ‘Interkulturellen Kommunikationsforschung’ nach Halyna Leontiy, Andreas Bogner, Dieter Heimböckel, Manfred Weinberg u.a. – sicher auch weitere systematischen Komplexe von Fragestellungen zur Nachkriegsliteratur und ‘Holocaust’-Text ermitteln lassen würden: wie, beispielsweise ein oft angewandtes Gliederungsprinzip, bei dem die einzelnen ‘Kapitel’ in ihrer historischen ‘Kontinuität’ der Darstellung ihren ‘Einbrüchen’ folgen. 18 genommen haben. Ferner auf Vorarbeiten, die dann auch mit den Namen: Jiří, HOLÝ, Reinhard Ibler, Friedmann Harzer in Augsburg, Bettina Bannasch in Augsburg, Benigna Schönhagen in Augsburg, Marguerite Markgraf in Augsburg, Stephan Braese (1993), Klaus Briegleb (1992; 1989; 1998), Hermann Korte (1993), Irmela von Lühe (1993), Aleida und Jan Assmann (1983; 1988; 1993; 2003; 2007), Raul Hilberg (1982; 1994; 2001), Dan Diner (2007; 2017) und Hayden White (1986; 1990; 1991; 2008) Dieter Heimböckel (2017) und Manfred Weinberg (2017) − verbunden sind. Die erwähnten Literaturwissenschaftler liefern dem Dissertations-Projekt die 'notwendigen' Forschungsresultate, aufgrund derer die Studie ihre ‘Pragmatischen Fragen’ und Fragen zu 'Kausalitäten' der Holocaust- Problematik im Kontext des 'Eigenen' und 'Fremden' dann auch recherchieren konnte:

Die zentrale Frage der Untersuchung:

Tragen die Holocaustzeitzeugnisse der Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki zur Distanz Reduktion zwischen 'Eigen' und 'Fremd' bei: ja oder nein?

Zentrale Fragen der Holocaustüberlebenden:

Die zentrale Frage der Untersuchung ist die Erinnerung an die 6. Mio. Tote Juden und an die Selbstverpflichtung Israels an das Vergangene, das für das 'Judentum' und 'Christentum' 'untrennbar' ist vom Wort 'Mila' am Anfang. Die zentrale Fragen der Holocaustüberlebenden war die Ursachen der Unmöglichkeit des Zusammenlebens im 'Miteinander' im 'Fremd' und 'Eigen' aufzudecken, die sie in den 'Transfers' tradierter Stereotypen-Übergabe von Generation auf Generation bestätigt gesehen haben.

Theoretische Fragen: o Welche Möglichkeiten bieten sich der Untersuchung, die 'Holocaustproblemfelder' systematisch zu ordnen? 2 Was versteht man unter der 'Kritik' am 'Eigenen' und 'Fremden' im Arbeitstitel? 3 Warum ist es 'unvereinbar' 'Holocaust' im Sinne einer 'Gattung' darzustellen? 19

Fragen zum Text:

o Wie rekonfigurieren die Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki die Veränderungen der sozialräumlichen Ordnungen im Kontext 'Fremd' und 'Eigen', die zu Fehlentwicklungen wie Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie und Ausgrenzung geführt haben. o Rekonfigurieren die Holocaustzeitzeugen das Holocaustgeschehen mit dem Bewusstsein, dass die Historie auch stets 'instrumentalisiert' werden kann? Lassen sie sich von 'Bedingtheiten' von Positionierungen beeinflussen? Beschreiben sie das 'Jüdische' und 'Nicht-Jüdische': einseitig (un-)sachlich, neutral? Bedienen sie sich Strategien: Konzentrieren sie sich auf Skandale und Provokationen, um auf sich selbst aufmerksam zu machen? An welchen historischen 'Nachkriegsdiskursen' beteiligen sich die Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki und welche Rolle spielt dabei der professionelle Werdegang der Autoren als 'Literaturwissenschaftler'? o Wie wird das deutsch-jüdische Zusammenleben und das Verhältnis zwischen 'Eigen' und 'Fremd' vor, während und nach 1945 skizziert? Was hat die Abgrenzung genährt – war es die Unkenntnis der Jüdischen Kultur? Die Angst vor den Folgen der Schuldanerkennung? Welche Bedeutung hat das Zeichen 'wahr' für die autobiographische Dokumentarliteratur und die deutsch-jüdische Entwicklung im 'ethisch'-soziokulturellen Umgang des 'Miteinander'? Gelingt es den Holocaust-Zeitzeugen mit dem bewussten Einsatz wirkungsvoller Ästhetik8 die national-sozialistische Struktur-Beschaffenheit zu durchdringen oder machen sie lediglich auf das 'Iterativ Ganze'9 vom Wiederholten aufmerksam? Macht die Geschichte Beispiele exemplarisch, dass es ein Zusammenleben zwischen 'Eigen' und 'Fremd' bzw. Juden und Nicht-Juden in der Historie schon gegeben hat und dass dieses dann auch künftig möglich ist? Waren 'tradierte' Stereotypentransfers und 'überkommene Bildungsideen'10 der 'Vor'- Jahrhunderte schuld an der Unmöglichkeit der Kommunikation des 'Miteinander'? Wenn ja, wie können diese überbaut werden? o Was versteht die Holocaustforschung unter der 'Jüdischen Identität' und dem 'Jüdischen Selbstverständnis.'11

8 wirkungs-ästhetischer Effekte, 9 KLOEPFER, Rolf, 1990 10 Überkommene Bildungsidee im Kontext 'tradierter' Stereotypentransfers des 'Ewigen Juden' u.a. 20

Was bereitete den Überlebenden die meisten Probleme nach 'Holocaust'? War das größte Problem die systematischen 'Eingriffe der Schöpfungsgeschichte12 in das eigene Überleben zu verstehen? Wohin sah sich das Judentum vor und nach 'Holocaust' zugehörig gefühlt? War das europäische Judentum assimiliert? o Was versteht man unter der Erinnerungskultur? Was, wie und von wem wird erinnert? Ist 'Erinnerung' an Holocaust des 20. Jh. wichtig für die Zukunft der interkulturellen Gemeinschaft für das Miteinander? o Unter welchen Bedingungen entstanden Lager und Ghettos? Wie beschreibt Marcel Reich- Ranicki und Ruth Klüger ihre Flucht: moralisierend, belehrend, neutral: wie erklären sie die Eingriffe in das eigene Überleben? o Können sich Phänomene wie Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie und Ausgrenzung wiederholen? Kann man durch die Erziehung und Bildung diese Phänomene beseitigen? Was versteht man unter der ästhetischen Holocaust-Versprachlichung und unter den Grenzen der Holocaustvermittlung versteht? Führten die Debatten zu Veränderungen, einem gemeinsamen Konsens über die Zuständigkeit und Verantwortung nach 'Auschwitz' bzw. zur Annäherung zwischen 'Fremd' und 'Eigen'? Diskutieren die Diskursteilnehmer mit dem Bewusstsein, dass die Historie stets auch instrumentalisiert werden kann, oder geht es Ihnen mehr um die Präsentation des eigenen 'Ich'? Nehmen auch die Autoren Marcel Reich-Ranicki am historischen Diskursen Teil oder führen sie mehr einen persönlichen Diskurs im historischen Raum nach Holocaust? o Die zentrale Fragen der Studie hier: Gab es einen mitteleuropäischen und ostmitteleuropäischen (tschechischen bzw. slowakischen) Diskurs? Gibt es Erkenntnisse über die Zuständigkeit und Verantwortung nach 'Auschwitz' − nach 1989? Was versteht man unter 'Holocaust' im Kontext der Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft der Philologie und Holocaustforschung: Definition der Kategorie 'Holocaust' o Was bezweckt die Studie mit der Kapitelüberschrift: Messianischer Blick.13

11 Das jüdische 'Selbstverständnis ist nicht selten mit der deutsch-jüdischen 'Identität' an das 'Deutschtum' gebunden 12 hier des Schöpfers 13 Das NS- System bekam den Stempel: Meister der Vernichtung des menschlichen 'Lebens': Muss die Holocaustthematik das NS-System nicht auch mit Fragen konfrontieren, die mit der religiös-geschichtlichen Thematik versetzt sind? Der Terminus 'Holocaust' ist mit der Konnotation der 'Endlösung' und zugleich mit der Erlöser-Konnotation gekoppelt: Nennt 21

Wenn die 'Erinnerung' an Holocaust des 20. Jh. kein Synonym für die Demütigung 'Deutschlands von Heute' ist, folgt daraus, dass die 'Erinnerung' an Holocaust für die Zukunft die 'moralische' 'Erinnerungspflicht' eines jeden Teilhabers der europäischen Geschichte sein sollte? o Fragen zum Text: Gibt es einige Gemeinsamkeiten oder Unterschiede in der Schreibweise über Holocaust – im Kontext der Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki?

2 Was versteht die Studie unter der ‘Kritik’ im Kontext des 'Fremden' und 'Eigenen'?

Im allgemeinen Sinne versteht man unter der Literatur-'Kritik', die Behandlung literarischer Werke und Stile, bei denen die kritische Interpretation, Reflexion bzw. die literarische Wertung eines exemplarischen Autor-Werkes im Vordergrund steht. Als solches galt die Literaturkritik bis Ende des 20. Jh. als das Resultat eines Ausdifferenzierungsprozesses: ein literatur-kritisches Modell im Sinne der Arbeit am 'Kanon der Klassiker' (Vgl. METZLER, 1990). Dieser 'grammatisch-rhetorischen Kritik' ging es allein um die Kritik der 'formalen' Sprachstruktur und um die 'grammatikalische' Rekonstruktion der Textsemantik. Doch seit der Aufklärung – etwa seit Anfang des 18Jh. lässt sich, neben dieser Kategorie der 'kritischen Einzelwerk-Erfassung' im Sinne 'formaler' Textsicherung und Stilkritik eines Einzelwerkes − eine Vielzahl programmatisch-bedingter 'literatur-kritischer' Tendenzen beobachten, die den 'wertenden' grammatisch- rhetorischen Form-Fragen die kritische 'politisch' -wertende 'Literatur-Reflexion' in den Vordergrund stellen. Etwa so, wie uns diese seit Mitte des 19. Jh. mit den Autoren Heinrich Heine, Ludwig Börne, Heinrich Laube und Karl Gutzkow am Beispiel des 'Jungen Deutschlands' (1848) − bekannt sind (Vgl. KILCHER, Andreas B., 2012). Wichtig an dieser Stelle ist hervorzuheben, dass es im Zuge der Restrukturierung des literarischen Feldes im 19. Jh. nicht mehr um 'formale' Textsicherung und Stilkritik eines Einzelwerkes geht, sondern um die Kritikausübung der 'Autorität' eines Autors als Kritiker.

Im Kontext der ‘Kritik’ der Studentenproteste in den 1968er-Jahren kamen dann auch 'neue' Inhalte hinzu, die vor dem Hintergrund der 'Kritischen Theorie' als Synonym für die Frankfurter Schule nach Max Horkheimer (1972) letzten Endes – sich dann auch mit der

die Historie im Nomen ‘Holocaust/Opfer’ nicht die Quelle des 'Holocaust'-Ursprungs genauer als sonst? Welche Rolle spielt das Judentum und Nicht-Judentum bei dem ‘interkulturellen’ Visionsweg der 'Europäischen Nation' zum Nationalstaat?

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'Kritischen Literaturwissenschaft' gegen die 'traditionellen' Methoden und Themen gewendet haben. Die 'kritischen' Themenfelder waren hier das Dritte Reich, die Exilliteratur und die Emigrantenliteratur (Vgl. HORKHEIMER, Max, 1972). Das Arbeitsfeld wurde auf diese Weise durch die Bereiche der 'Wirkungsästhetik', 'Funktionalisierung' der Ästhetik, durch den Einbezug der Ideologie-Kritik14 und des Hermeneutischen Vorurteils15 − erweitert16. Die vorliegende Dissertation mit dem überarbeiten Arbeitstitel: „Das 'Fremde' und das 'Eigene' im Brennpunkt der Kritik autobiographischer Holocaust-Zeitzeugnisse: „weiter leben. Eine Jugend“ von Ruth Klüger und „Mein Leben“ von Marcel Reich-Ranicki“ versteht unter dem 'Fremd' und 'Eigen': nicht die 'Kritik' an fremden Denkstrukturen oder Verhaltensformen im Sinne einer 'Abgrenzung' bzw. 'Differenzierung'. Der Schwerpunkt der Analyse ist der Rekurs auf die Möglichkeiten der 'Distanz- Reduktion' zwischen 'Fremden' und 'Eigenen' (dem Jüdischen - Nichtjüdischen). Die 'Kritik' am Fremden und Eigenen konzentriert sich auch nicht primär auf die 'Versöhnung' zwischen Juden und Christen bzw. Juden und Nicht-Juden, sondern bemängelt die 'Selbstverständlichkeit' des interkulturellen Umgangs miteinander, die das Resultat einer 'interkulturellen Erziehung' evident macht und voraussetzt (Vgl. DEMBECK, Till, 2017; WEINBERG, Manfred, 2017; HEIMBÖCKEL, Dieter, 2017)). Zunehmend bewegt sich etwas zum 'Positiven' hin: die einseitige Perspektive auf das 'Eigene' und das 'Fremde' im Judentum und Christentum scheint sich langsam aufzulösen. Sicher nicht, weil der Mensch die Angst verloren hat über den Juden im 'Nächsten' nachzudenken oder aufgehört hat sich für die 'Jüdischkeit' oder das 'Jüdische' zu schämen, sondern allein aus der Logik und dem Sach-Verstand heraus, dass – von der Ewigkeit her – der 'Schöpfersohn'17 kein Versehen war, kein Zufall ist und, dass das System im 'lebendigen' Schöpfungsplan auch 'keinen' Fehler gemacht hat. Das Motto im ‘Holocaust’ stellt das ‘ursächliche’ und ‘problemführende’ Grundsatz- Fragezeichen aller ‘Kritik’ dar und dehnt sich deshalb über die Holocaust-Autobiographien

14 Insbesondere nach den beiden‘ künstlichen politischen Systemen des Nationalsozialismus und Kommunismus 15 KUHN, Michaela (2010): Die Rolle der Vorurteile in der Hermeneutik Hans-Georg Gadamers: Vorurteile stehen der Toleranz im Weg. Von Vorurteilen im Literaturverfahren als ‘Methode’ handelt die Hermeneutik, die beim Hans-Georg Gadamer in „Wahrheit und Methode“ (1960) in ihrer alten Tradition – bis auf die geisteswissenschaftliche Herangehensweise des Aristoteles zurückreicht. An der Tatsache, dass die tradierten Stereotypen/Vorurteile bereits so lange bestehen konnten, setzt gerade die vorgebrachte Kritik der Literaturwissenschaft an, die sich seit der 'Moderne' dann auch in der ständigen Diskussion um ihre Berechtigung als 'Kritische Wissenschaft' behaupten musste. 16 Kontext der historisch-sozialen Situation des ‘deutenden’ Individuums begreift man diese Erweiterung zur Kritischen Literaturwissenschaft in ihrer Verschmelzung von Kritik und Literaturwissenschaft dann auch als die ‘herrschaftsfreie' Kommunikation’ nach Jürgen Habermas16 (Vgl. JURT, Joseph, 2002). 17 'jüdische' Erlöser am Kreuz VeGoalo 23 der Autorin Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki im ‘Ganzen’ aus: im Nomen ‘Holocaust’ nennt die Historie selbst die Quelle des Holocaust-'Ursprungs' genauer als sonst (Vgl. RAUCH, Beda, 1971). Das 'Biblische-Opfer' ebenso wie das 'Holocaust-Opfer' in Auschwitz steht als ‘Synonym’ entweder für den 'Tod' oder für das '(Über-)Leben'. Worauf auch die meisten Holocaust-Überlebenden reagieren, wenn auch, wie am Beispiel der Autorin Ruth Klüger − erst ein halbes Jahrhundert später: „Ich habe nicht überlebt, ich gehöre zu den toten Kindern" (Vgl. KLÜGER, Ruth, 2017 In: SZ-MAGAZIN, 16.06.2017, S. 12-20).

Ruth Klüger zeigt hier die ‘implizite’ Abkehr vom Weltgeschehen und das 'lebenslange' »Ausgebrannt Sein« der 'Überlebenden' im Nachkriegsdeutschland nach Holocaust. Das Holocaust-Merkmal muss demnach auch in der semantischen Form-Verkürzung im Motto 'Holocaust/ Brandopfer' zu finden sein, weil es im 'irdischen Dasein' die historischen geistig- (un)sichtbaren Vorgänge vom 'Leben und Tod' profiliert.18 Zugleich rekurriert die Entität 'Holocaust' auf die Wertvorstellungen der Selbstverpflichtung Israels: auf das Vorangegangene: auf die 'Erinnerung' an das vernichtete 'LEBEN' von 6 Mio. Menschen und an das Wort 'Mila', an das sich das Judentum historisch 'untrennbar' bindet.

18 Vgl. HILDEBRAND von, Dietrich, 1913; 1934, WALD, Berthold, 2013; 2018; Vgl. WALD, Berthold, 1999; Vgl. PIEPER, Josef, 1933 24

2. Warum lässt 'Holocaust' keinen Status: 'Gattung' – zu!

Fragt man sich, warum es unvereinbar ist 'Holocaust' im Sinne einer 'Gattung' darzustellen?, So ist notwendig darauf hinzuweisen, dass die ‘Holocaust’-Autobiographie dem Rezipienten als Grenzgänger zwischen historischem Zeitzeugnis und Literatur nicht nur Aufschluss über die 'literarische Form' liefert, mit der sich ein Autor an die Ereignisse seiner persönlichen Vergangenheit anzunähern bemüht ist, sondern auch Aufschluss über die 'Funktionsweisen' der Erinnerungsprozesse (Vgl. LEJEUNE, Philippe, 1994). Deshalb verharrt die Holocaust- Autobiographie als 'Zeitzeugnis' nicht in der autobiographischen Selbstbeschreibung im Detail, sondern führt den Rezipienten auf verschiedenen Wegen zu den Trümmern der Holocaust-Geschichte und der Holocaustereignisse. Ferner referiert die Holocaustautobiografie auf die Ursachen des 'Judenhasses', des Antisemitismus, des Rassismus und Ausgrenzung. Neben Irmela Lühe (1993) stellt sich auch die Holocaustanalyse hier die Frage, ob das Weitertreiben zum Gattungsbegrifflichkeitsmaterial von Holocaust-Literatur als ‘Gattung’, wie Lyrik, Drama und Epik nicht eher die motivgeschichtliche Holocaust- 'Objektivierung'19 in Frage stellt? Ferner die Frage, ob die Kanonisierung der unterschiedlichsten Holocaust- Texte und - Textsorten auch das wesentliche Anliegen der Holocaust-'Forschung' ist. Die Entität 'Holocaust' ist anders motiviert als jedes andere 'Themenfeld’ bzw. 'Genre' über Frauenliteratur, Kindesmordliteratur oder Mordmotive in der Literaturgeschichte (Vgl. JEßLING, Benedikt, KÖHNEN, Ralph, 2003). Ferner muss man davon ausgehen, dass die Holocaust- 'Ereignisse' ein fester Bestandteil der Agenda internationaler Politik sind und deshalb auch im Fokus der relativ neuen 'Interkulturellen Wissenschaft' stehen, die sich seit den 1970er Jahren dann auch mit den Fragen des 'transnationalen' Gedächtnisses beschäftigt, bzw. mit interkulturellen Räumen des 'Nicht-Wissens' von Kulturen. So versteht man auch gleich das zentrale Anliegen der 'Interkulturellen Kommunikation'. Der relativ neuen 'Interkulturellen Wissenschaft' geht es darum, auf die Entstehungs-Ursachen von interkulturellen Unterschieden vom 'Fremd' und 'Eigen', die in der Erziehung und Bildung und somit auch bei den 'Erinnerungs-Kulturen' zu suchen sind, auf ihre Entstehungsursachen rechtzeitig aufmerksam zu machen und diese zu beheben. Hierbei ist unabdingbar auch auf die Gefahr der 'Funktionalisierung' der Ästhetik aufmerksam zu machen, die eng im Kontext der 'Medialen Vermittlung' und 'Interkulturellen Verfasstheit' steht (Vgl. FÖLDES, Csaba, 2007)

19 Vgl. LÜHE, Irmela, 1993, S. 68 25

Praktischer Teil:

Zum 'Fremden' und 'Eigenen' im Zeitraum von 1945-1968

1 Das Verhältnis zwischen Juden und Nicht-Juden nach 1945

Fragt man nach dem Verhältnis zwischen Juden und Nicht-Juden in Deutschland nach 1945. So könnte man voraussetzen, die Antwort ist aus dem Schatzarchiv für 'Deutsche Literaturgeschichte' zu erhalten. Der Holocaustzeitzeuge und Überlebende des Warschauer Ghettos Marcel Reich-Ranicki hat auf keine Antwort gewartet, denn bereits elf Jahre nach Kriegsende liefert der 'neue' Mitarbeiter des polnischen staatlichen Rundfunks mit der Publikation: „Aus der Geschichte der deutschen Literatur 1871-1954“ (1955) – selbst die Antwort.

Im Prolog dieses Buches erklärt der 'Liebhaber' der deutschen Literaturgeschichte Marcel Reich-Ranicki: „Wenn dieses Buch neue Liebhaber der Literatur gewinnt und dazu beiträgt, unsere Verbindung zum friedliebenden und demokratischen Deutschland zu vertiefen – so werde ich meine Aufgabe erfüllt haben.“ Der Holocaustzeitzeuge Marcel Reich-Ranicki leitet sein Buch mit Theodor Fontane ein und setzt mit Namen Gerhard Hauptmann, Thomas Mann, Heinrich Mann, Lion Feuchtwanger, Arnold Zweig und Anna Seghers fort, über die der Literaturgeschichts-Wissenschaftler Marcel Reich-Ranicki bereits (1957) dann auch sein zweites Buch verfasst hat.

Die jüdische Literatur im Kontext größerer Geschichte weist kein literarisches Kontinuum auf. Sie formte sich, nach Marcel Reich-Ranicki (1955), fast unmerklich aus der europäischen Aufklärung im 18. Jh. heraus. Ihre Autoren mussten sich 'einzeln' ihren Weg − zwischen Rationalismus und 'bedrohlichen' Vorzeichen einer ökonomisch-orientierten Kapital- Entwicklung − entlang vielfältiger politischer Machtgefälle bis hin in die Gegenwart bahnen.20

Wenn man sich also fragt, wie das Verhältnis zwischen dem Judentum und Nicht-Judentum nach 1945 war, dann kann man eruieren, ohne viel Kenntnisse über die Historie zu besitzen,

20 „…Schon Lessing hat ein Projekt skizziert, der Kapitalisierung des Buchmarktes, um der Überlagerung der literarischen Produktion durch Profitinteressen entgegenzuwirken (Leben und leben lassen. Ein Projekt für Schriftsteller und Buchhändler)“ (Vgl. KRÖNER, Alfred, 1984, S. 451). 26 dass auch die Nachkriegszeit keine Zeit des 'radikalen' Themenwechsels war. Intellektuellendebatten begleiteten die deutsch-jüdische Entwicklung. Man könnte die Zeit von 1945 bis 1968 als die Zeit eines öffentlichen 'nationalen' bzw. 'individuellen' Schuld- Diskurses betrachten: einer belasteten Nation als 'Kollektiv'.

Nach 1968 fingen einige Teilnehmer der Holocaustgeschichte an, sich Fragen zu stellen, was die Abgrenzung zum 'Fremden' im '(Nicht-)Judentum' eigentlich genährt hat? – War es die Unkenntnis der Jüdischen Kultur? Die Angst vor den Folgen der Schuldanerkennung? – Die Gier nach dem Mammon, Fremdbesitz oder Geld? Viele Juden haben als deutsche Offiziere und Soldaten am Ersten Weltkrieg Teil genommen und haben sich oft als 'Deutsche' definiert. Sie haben nicht selten hohe, teils erste Stellen bei der Militärführung bekleidet. Nicht selten waren die Adligen Geschlechter mit dem Judentum vermischt wie die beiden jüdischen, miteinander 'verwandten' und 'verschwägerten' Patrizierfamilien Fugger und Welser aus Augsburg und Nürnberg, die seit den Anfängen des 13 Jh. − als Großkaufleute in den Vordergrund treten. Durch ihren weltweiten Handel verhalfen sie den Städten zur Blüte, so dass Augsburg ab dem 15. Jh. bereits als das 'Deutsche Florenz' und Fugger als die 'Deutschen Medici' Weltruhm erreichten. Im 16. Jh. sind Fugger und Welser auch Finanziers von Herrscherhäusern Europas und ihre deutsch-jüdischen Nachkommen werden dann auch seit dem 19.Jh. als 'Bayerisches Adel' bzw. 'Bayerische Freiherren' geführt. Die Historiographen Aleš Chalupa, Dalibor Papoušek, Tomáš Glomba und Tomáš Hampejs beleuchten in: „Metody formalizovaného modelování v historiografii“ (2018) gerade 'neue' Methoden des 'Formalen Modellierens' als eine Art 'Innovativer Dritter Weg' innerhalb der Sozialwissenschaften. Die Wissenschaftler überbauen alle bisherigen traditionellen Ansätze, beschreiben mittels kognitivwissenschaftlicher Theorien und mathematischer Modellierberechnungen das systematische Vorgehen einer neuen sog. 'Generativen Historiographie − 'Gehir'. Ihr Ziel ist auf dem Gebiet des Seehandels die 'unsichtbaren' Abgrenzungslinien und Ursachen für die (Un-)Möglichkeit des Zusammenlebens- 'Miteinander' des Judentums und Nichtjudentums bzw. unterschiedlicher Völker zur Zeit der Ptolemäischen Dynastie im Ägäischem Meer (1. Jh v. Chr.) aufzudecken. Die Resultate ihrer Untersuchungen lieferten dann auch die 'potenziellen' Faktoren in einer 'unscheinbaren' Formel: »Materielle Gier«. Ob der Holocaust-Nachkriegsdiskurs mehr oder weniger 'spontan' in seiner breitangelegten Wirkung entstanden ist, müsste noch untersucht werden. Sicher ist, dass die erste Nachkriegsliteratur, die diesen Zeitraum beschreibt, eine Art 'moralisierende' Nachkriegsliteratur ist. 27

Aus der Holocaustzeitzeugnis-Perspektive ist die erforschte Periode von 1933 bis 'unmittelbar' nach dem Zweiten Weltkrieg vorerst 'nicht existent'. Die ersten spärlichen Zeitzeugnisse wie „In den Wohnungen des Todes“ (1947) von Nelly Sachs, „Der Sand aus den Urnen“ (1948) von Paul Celan und „Jakob Littners Aufzeichnungen aus dem Erdloch“ (1948) von Wolfgang Koeppens und „Ermittlung“ (1965) von Peter Weiss, „Was Dante nicht gesehen hat“ (1965) im Original-Text „Čo Dante nevidel“ von Alfred Wetzler – folgen erst in den 1960er- Jahren. Diese erste Holocaustnachkriegsliteratur versucht gerade das abzuwehren, was unter der 'Funktionalisierung' nach oder über Auschwitz an der Holocaust- 'Ethik' und − 'Ästhetik’ kritisiert wurde. Und deshalb rücken auch die Holocaustzeitzeugnisse mit ihren problematischen Holocaust-Inhalten immer mehr in den Kontext ‘neuer’ Theorien. Beispielsweise sind es das ‘Kollektive Gedächtnis’, die Erinnerungskultur, Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie, Ausgrenzung bzw. unterschiedliche Holocaust-Diskursformationen von aporetischen Sprechweisen bis Schweige-Strukturen, und ihre sprachlichen Grenzen mit denen sich insbesondere die Holocaustexpertin Aleida Assmann (2003) auseinandergesetzt hat. Das Holocaustthema schafft evident Übergangsbrücken zu weiteren Wissenschafts- Feldern und -Theorien in der Literatur-Geschichte, Literaturkunst bzw. zur 'Interkulturellen' Kommunikationsforschung (Vgl. WEINBERG, Manfred, 2017).

Der Schwerpunkt dieses Analyse-Abschnittes ist der Rekurs auf das Zusammenleben zwischen Juden und Nicht-Juden und die Möglichkeiten der 'Distanz- Reduzierung' zwischen 'Fremden' und 'Eigenen'. Es geht hier also um das Verhältnis zwischen Juden – Nicht-Juden in der (Un-)Möglichkeit des Zusammenlebens- 'Miteinander'. Gerade in einem authentischen Dokument wie es das 'Holocaust'-Zeitzeugnis präsentiert, gewinnt das Zeichen 'Wahr' an elementarer Bedeutung. Betrachtet man, in Anlehnung an die Philologen und Literaturtheoretiker Bohumíl Fořt (2008), Lubomír Doležel (2008) und die Realismus Expertin, Historikerin und Philologin Sr. Beda Rauch (1971) das literarische Kunstwerk wenigstens zum Teil auch als ein dynamisches System und Prozess bzw. als einen 'episodisch-temporalen Entwicklungs-Prozess' (wesentlich im Werden als das Verhältnis' vom 'Ganzen' und seinen 'Teilen', das nur als Transzendenz-Erfahrung in der Dimension der Raum- Zeitlichkeit vermittelbar ist), so gewinnt gerade im 'Holocaust'-Zeitzeugnis das Zeichen 'Wahr' an elementarer Bedeutung. Denn jede Zeitzeugnis- Aussage, die mit dem Zeichen 'wahr' versehen ist, zugleich auch als 'wahre Aussage' für die Epistemologie gelten muss, weil sie in ihrer wissenschaftlichen Objektivität zugleich als 'befreit' von jeder philosophischen 28

Kategorie gelten muss und ihre 'Funktionsweise' keine implizite Voraussetzung ihrer wissenschaftlichen Überlegung darstellt: so kann die Sprache in ihrer Logik lediglich als das selbstreferenzielle Mittel eines Operations-Systems verstanden werden und nicht als das Operationssystem der Sprache 'selbst'.21

Fragt man sich warum der komplizierte Einstieg über das Operations-System der Sprache notwendig ist, um auf die Bedeutung eines einfachen Zeichens 'wahr' aufmerksam zu machen. So ist die Antwort, dass vor allem die Verfassung der Bundesrepublik Deutschlands auf dieses 'kleine' Zeichen 'Wahr' rekurriert und sich so auf das 'Höhere', auf das 'Transzendentale' und alles Irdisch- 'Übersteigende' mit der Sentenz beruft: 'So wahr mir Gott helfe'!22

Der österreichische Lyriker, Regisseur und Autor Robert Schindel sagt in seinem Beitrag „Schweigend ins Gespräch“ (1999) in 'Text und Kritik': „ Das nichtjüdisch-jüdische Verhältnis hierzuorten war stets ein Täuschungsverhältnis, eine einseitige Gemeinheit… niemals symbiotisch, nie freundschaftlich, zu keiner Zeit egalitär, es war miserabel.“

In „Elementen und Ursprünge totaler Herrschaft“ (1955) beschreibt Hannah Arendt23 die Entwicklung der Geschichte nach 1945 in der Logik der Sprache − weniger erzählerisch, − mehr 'geschichtspolitisch' argumentierend. Gerade Robert Schindel, der während des Krieges 1944 geboren wurde, übersetzt dann diesen Aussageinhalt Hannah Arendts in seiner 'eigenen' poetischen Sprache: „Die Haskala riss die Söhne aus dem Städtel heraus…nach Berlin, endlich ein Aufstieg…, wenn wir die Blicke von der Torah hochheben können, Ritz von Gandesheim, genannt Gandhi… Und als sie den im Tessin sitzenden Remarque fragten, ob er auch Sehnsucht nach Deutschland habe, antwortete er: „Wieso? Bin ich ein Jud, dass ich Sehnsucht nach Deutschland habe?“ (Vgl. SCHINDEL, Robert, 1999: In Text + Kritik, S.5ff)

Nach Robert Schindels, Ruth Klügers und Marcel Reich-Ranickis 'wahren' autobiographischen Aussagen, saßen nach dem Kriegsende in zehntausenden jüdischen

21 Nach dem Philologen, Schriftsteller und Medienwissenschaftler Umberto Eco (1994) gewährt das Mittel 'Sprache' stets auch einen Einblick in das meta-semiotische 'Operations-System' der Sprache, das als Urquelle und Bedingung jeder systematisch logischen Aussage gilt: Jede Aussage 'wahr' muss bereits zuvor im 'lebendigem' Operations- Sprachsprachsystem validiert sein: will man auch den Funktionsweisen des gegenwärtigen 'Digitalen Operations- Sprachsystem' Glauben schenken, das auf dieser Basis funktioniert. Mit Hilfe von Eingabe -'Imputs' wird die Verifikation jeder Aussage 'Wahr' oder 'Unwahr' im Digitalsystem der Sprache erst 'vorab' programmatisch gewährleistet, damit das System dann aus dem Konvolut von 'logischen' Aussagen eine »(Un-)Wahre« − Aussage' dechiffrieren kann (Vgl. ECO, Umberto Eco, 1994; PEREGRIN, Jaroslav, 1992). 22 Amts- und Diensteide setzen in der Regel ein transpersonales Amtsverständnis voraus. Im Lehnrecht sind sie Teil eines Personenverbandssystems, im Kirchenrecht greifen sie auf das Römische Recht zurück und sind so an das Amt eines Amtsträgers und dessen 'metaphysische Instanz' gebunden. 23 Hannah Arendt wurde 1906 in eine jüdische Familie hinein- geboren, studierte bis 1933 bei Jaspers und Heidegger und emigrierte über Paris nach New York. 29

Wiener Wohnungen andere 'Herren': „Viele Rückkehrer machten auf dem Absatz kehrt und verschwanden in den Ländern, die ihnen das Leben gerettet haben“ (Vgl. SCHINDEL, Robert, 1999, In Text + Kritik, S.5—6).

Ruth Klüger bestätigt in „Katastrophen“ (1994) dieses Verschwinden einer ganzen Generation und das 'notorische' Schweigen, das für das Judentum in der 'Stunde danach' folgte: Die Männer kamen aus dem Krieg, Frauen saßen in den Ruinen, und weder Deutsche noch Österreicher noch andere Europäer waren bemüht die verjagten Juden zurückzurufen. Hierzu Robert Schindler in Text + Kritik (1999): „Entschädigt wird nichts, sondern es empfiehlt sich, die Sache in die Länder zu ziehen, sagte der sozialistische Innenminister Helmer 1947 in Wien“24.

Wie man erkennen kann, werden die Sozialsphären des Holocaustraumes auf unterschiedliche Art und Weise rekonfiguriert. Es stellt sich hier die Frage des Alters eines Zeitzeugen, mit dem die Beschreibung verknüpft ist. Ruth Klüger schildert die Veränderungen der soziogesellschaftlichen Ordnung im Vorkriegsdeutschland (1933) aus der Perspektive eines Kindes von ca. 2 - 13-Jährigen. Es sind die Zwangsaufenthalte in Theresienstadt und Auschwitz (1942-1944), ferner die Zeit bis zu ihrer Flucht aus Christianstadt (1944) und dann auch die Auswanderung in die USA (1947). Während der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki die Zeiträume zwischen 1938- 1944 aus der Perspektive eines 24− jährigen jungen Mannes beschreibt, d.h. die Zeit bis zu seiner Flucht aus dem Warschauer Ghetto (1944) und dessen 'Untertauchen' bei einer polnischen Familie (ferner dann auch den Zeitabschnitt bis zur Ankunft und Befreiung Polens durch die 'Russische' Armee im Juni 1944).

Beide Geschichts-Beschreibungen sind keineswegs politisch rechts oder links orientiert, viel mehr 'neutral', mit dem Bewusstsein, dass die Historie durch Generalisierungsversuche auch stets etwas 'mehr' oder 'weniger' 'instrumentalisiert' werden kann, wie die folgende Zitation exemplifiziert: „Die wichtigen Augenblicke werden erst durch den Filter der Erinnerung bedeutend oder typisch….Später habe ich diese Nachkriegszeit in Deutschland als verschwendete Lebenszeit empfunden und dachte traurig, dass ich das englische »r«, das sich mit dem gutturalen österreichischen so schlecht verträgt, besser aussprechen könnte, wenn ich schon im Alter von 13 nach New York gekommen wäre. Aber gerade die zweieinhalb bayrischen Jahre sind dafür verantwortlich“ (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 221)

24 ebd. Vgl. SCHINDEL, Robert : In Text+ Kritik (1999), S. 6 30

An der Wende zum 20. Jh. stand der alte Bildungs-Prozess noch evident ʻisoliertʼ da. Und hatte dieser auch vielfach einige 'negative' Verflachungs-Erscheinungen auf der Ebene der Ethik, Ästhetik und Pädagogik aufzuweisen, so war wohl die größte Ursache der pädagogischen Verflachungserscheinungen, dass die Welt nach Humboldt und Pestalozzi eben auf diesen 'alten' Koeffizienten und Strukturen erstarrt geblieben ist. Fragt man nach dem Grund, so bietet sich als eine mögliche Antwort: der 'Mangel' an Erfahrungen im Kommunikationsumgang des 'Miteinander' im 'Eigen' und 'Fremd', im 'Juden' und 'Nicht-Juden', ferner die kognitive Wahrnehmung der Kommunikations-Notwendigkeit und daraus resultierende 'Selbstverständlichkeit' des Umgangs im aktiven 'Miteinander'. Man kann diese erwähnten 'Koeffizienten' der historischen Entwicklung dann auch als die 'Bedingungen' für Ketten von Missentwicklungen betrachten, von denen die Gesellschafts- 'Teilnehmer' und 'Teilhaber' der Geschichte innerhalb eines Systems nicht unberührt bleiben konnten.25 In der Art − wie die ersten Hochschul-Schließungen (1935) die Bildungskrise angekündigt haben – war auch die Welt in sich erstarrt geblieben. Das deutsche Volk ist nicht auf die Barrikaden gegangen und hat sich auch nicht gegen den Ausschluss der 'jüdischen' Bevölkerung vom Bildungswesen gewährt. Diesen Kausalzusammenhang versucht die Analyse an 'drei' Zitation darzustellen. Der Autor Marcel Reich-Ranicki verweist hier auf die besonderen Umstände seines Übertritts auf drei neue Schulen im Zeitraum von 1935- 1938:

„In der Charlottenburger Volksschule erging es mir nicht so schlecht: … indes haben mir nicht die Lehrer den Alltag erschwert, sondern die Mitschüler. Sie sahen in mir – und verwunderlich war das nicht – den Ausländer, den Fremden. Ich war etwas anders gekleidet, ich kannte ihre Spiele und Scherze nicht…Also war ich isoliert“ (Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 31)

„Meine bisherige Schule, das Werner von Siemens- Realgymnasium, wurde 1935 aufgelöst. Das war eine ungewöhnliche Maßnahme: Noch unlängst, in den Jahren der nun so geschmähten Weimarer Republik, pflegte man Schulen zu gründen und nicht zu liquidieren. Die Auflösung hatte, wie man sich denken kann, einen zeitbedingten Grund: In Schöneberg, zumal in den Vierteln um den Bayerischen und den Viktoria-Luise-Platz, wohnten ver- hältnismäßig viele Juden. Manche von ihnen waren schon emigriert, andere konnten es sich nicht mehr leisten, ihre Kinder weiterhin auf die höhere Schule zu schicken, nicht zuletzt deshalb, weil den Juden die Schulgeld-Befreiung oder die Schulgeld-Ermäßigung entzogen

25 Vgl. RAUCH, Beda, 1971 31 wurde. So war schon bald nach der nationalsozialistischen Machtübernahme die Zahl der Schüler des Werner von Siemens-Realgymnasiums kräftig zurückgegangen. Überdies soll es bei den neuen Behörden einen besonders schlechten Ruf gehabt haben: Es galt als liberal, wenn nicht gar als »links« (Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S.)

„Innerhalb von drei Jahren, von 1935 bis 1938, hatte ich am Fichte-Gymnasium drei Deutschlehrer. Sie repräsentierten - das war natürlich ein Zufall - drei politische Richtungen: Der erste war ein Deutschnationaler, der zweite ein Liberaler, der dritte ein Nazi“ (Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 87).

Dieser grammatisch-rhetorischen 'Kritik' am 'Fremd' und 'Eigen' des Autoren Marcel Reich- Ranicki geht es allein darum, mit dem 'authentischen' Textinhalt in der 'Unmittelbarkeit' der Sprache auf die Fakten zu verweisen, die die historischen Ereignisse abbilden, um auf die 'Negativentwicklung' aufmerksam zu machen, die sich bereits hier mit der 'Ausgrenzung'/'Xenophobie' und Antisemitismus26 präsentiert. Es sind ca. 166 Seiten, die in der Autobiographie Marcel Reich-Ranicki: „Mein Leben“ (2000) allein den Bildungsweg des 'heranwachsenden' Marcel Reich beschreiben, der sich schon von klein auf über die Literatur definiert. Was dann auch seinen späteren Werdegang als Literaturkritiker und Kultur- Korrespondent erklärt. Doch der Autor analysiert hier nicht nur sich selbst, sondern verweist auf die Literaturliste von Literaten, Dichtern, Literaturhistoriker, Bestsellerautoren und ihre Werke. Seine Intention ist gegen das Vergessen an das Vergangene:

„Es lässt sich kaum vorstellen, mit welcher Hingabe damals geprobt, mit welcher Begeisterung musiziert wurde… Wann immer ich beim »Literarischen Quartett« diese Takte von Beethoven höre, denke ich an die Musiker, die sie im Getto gespielt haben. Sie wurden alle vergast“ (Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S22-223).

Reich-Ranicki erinnert fast in jeder Zeile seiner Autobiographie an die Publikationen, Bestsellerveröffentlichungen, aber auch an weniger bekannte, in 'Vergessenheit' geratene Musiker, Schriftsteller und Künstler. Gerade aus diesem Grunde wählt Marcel Reich-Ranicki auch bei der Vorbereitung des Literarischen Quartetts (1988) als Vorspann die ersten Takte des Allegro molto aus Beethovens Quartett opus 59, Nr. 3, C-Dur, das, wie er betont, im Getto vom Streichorchester besonders oft und besonders gut aufgeführt wurde: Musik von Musikern, die nicht überlebt haben.

26 Xenophobie/Fremdenhass 32

Zu Büchern, die den jungen Gymnasiasten Marcel Reich-Ranicki in der Zeit von 1933 begeistert hatten, gehörte die Poesie Erich Kästners. Die „Lyrische Hausapotheke“ (1936) erinnerte den Autor an die Kultur der Weimarer Republik, die den jungen Marcel fasziniert und beglückt hatte: “… in den letzten Jahren vor Hitler, obwohl ich noch ein Kind war… Erich Kästners intelligenten…kessen und doch etwas sentimentalen Gedichte haben mich damals gerührt und ergriffen … Was sich täglich abspielte, konnte nicht ohne Einfluss auf meine Lektüre bleiben…Das alles vergegenwärtigte die Welt, die mich in den frühen Jahren prägte und die ich noch unlängst als die meinige empfand, die ich geliebt hatte und aus der ich verjagt und vertrieben worden war“ (Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 41-42)

Später wurden Buchbesprechungen und Buchpublikationen von Schriftstellern und Wissenschaftlern für den Literaturkritiker – zentral. Angefangen mit Gotthold Ephraim Lessing, Heinrich von Kleist, Else Lasker-Schüler, Chaim Selig Slonimski, Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler, Alfred Döblin, Hermann Hesse, Arnold Zweig, Ödön von Horváth, Kurt Tucholsky, Joseph Roth … bis Thomas Mann, über den sich Marcel Reich- Ranicki ‘weiträumig’ positiv äußert, dass Thomas Mann ihn beeindruckt und sein Leben beeinflusst hat: „... vielleicht sogar geprägt hat wie kein anderer deutscher Schriftsteller“ (Vgl. REICHICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 507)

Aus einem anderen Blickwinkel beschreibt die Holocaustzeitzeugin Ruth Klüger den Zeitraum von (1936-1945). Bereits mit ihren 'beachtlichen' Lese-Erfahrungen einer Fünfjährigen versteht Susanne Klüger den Zuhörer nicht selten in Staunen zu versetzen. Die Früh-Lektüre ist hier die Kinderzeitschrift „Schmetterling“ und „Der Papagei“ und alles, was dem fünfjährigen Kind Susanne in die Hände fällt. Mit Entzücken und Vorliebe greift das Kind nach jedem Text, den es als gut und spannend quittiert und dann auch mit einem »einzigen« Atemzug liest: als ob das Kind so schnell wie möglich auf die späten Entbehrungen durch den Krieg vorbereitet werden muss, die mit der Deportation 'Spitaltransport' (1942) nach Theresienstadt, Auschwitz und Christianstadt (Außenlager von Groß-Rosen) − eingeleitet wird (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 240ff).

Die Stärken der Autorin Susanne/Ruth Klüger scheinen hier weniger in eidetisch-bildhaften Fähigkeiten zu liegen, sondern mehr im abstrakt-begrifflichen Denken, mit dem Ruth Klüger die Welt in 'sinnlicher' Fantasie dann auch in sich aufnimmt. Diesen Gedanken das Bild der 'Säkular'−'Globalisierung' bzw. 'Universalisierung' übertragen zu wollen, müsste heißen: 'Säkulare Systeme wie der National-Sozialismus können den Kommunismus, Faschismus, Kapitalismus, Kolonialismus, Feudalismus, Absolutismus oder 33 die Stammeswirtschaft ablösen und diese dann auch in der Literaturgeschichte als eine Vorbestimmung von der Ewigkeit her erscheinen lassen, doch im Unterschied zur 'Fiktiven'- Literaturwissenschaft, die sich durch Literatur ihre 'eigene' Welten erdichtet, schöpft die Dokumentar-Literaturwissenschaft ihr gesamtes Material aus der 'Unmittelbarkeit' der Sprache von Geschichts-Realitäten, aus referentiellen authentischen Texten der Literatur, insbesondere aus den ältesten Texten der Literaturgeschichte der Torah und der Hl. Schrift: die im allgemeinen Bewusstsein 'lebendig' bleiben, weil sie gelebt (sind/werden) − wie die nächste Zitation exemplifiziert:

„Zuerst gab es nur uns im Lager, die deutschen, österreichischen, tschechischen und ein paar ungarische Frauen vom Theresienstädter Familienlager Birkenau. Dann kamen noch Ostjüdinnen dazu, die jiddisch sprachen und direkt an der Rampe in Auschwitz selektiert worden waren. Und sofort wurden wir eine Zwei-Klassen-Gesellschaft“ (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 150).

Der Satz: „Und sofort wurden wir eine Zwei-Klassen-Gesellschaft“27 zeigt, dass in solchen 'fiktiv'-subversiven Systemen wie es der Nationalsozialismus darstellt, sogar auf dem 'Nullpunkt' der Geschichte der Zweikampf zwischen dem 'Eigen' und 'Fremd' geführt werden kann. Im Unterschied zum System Nr. 9: das in der Schrift der Hl. Torah als das 'Ewige Jerushalajim' beschrieben wird und bereits in der Vorbestimmung 'existent' ist, weil es sich 'realiter' untrennbar an das 'Vergangene' der Erinnerung in dem Wort 'Mila' bindet, das am Anfang aller Dinge stand und steht.

Geht man davon aus, dass die direkte Proportionalität zwischen 'historischem Verständnis' und 'authentischen Zeitzeugnis' in der 'Unmittelbarkeit' der Sprache als eine 'Philologische Größe' feststeht, so kommt man zu der Feststellung, dass die Prägung des 'Stils' und der 'Stiltendenzen' eines Autors im Zusammenhang mit dessen 'Werdegang' keine so nebensächliche Rolle spielen können, wie man antizipieren könnte. Der Grund ist, dass die Philologie in der 'Unmittelbarkeit' der Sprache28 sich auf keine schablonenhafte Strukturen 'vergangener' oder 'künftiger' Jahrhunderte reduzieren lässt und dass sich die 'Vergangenheitsaufarbeitung' mit ihrer autobiographischen Struktur und Fundament als Erinnerungswerk in 'fragmentarischer' Form dann auch nur auf einen bestimmten 'Ort' und 'Zeit' binden lässt, über die ein 'authentisches' Zeitzeugnis dann auch erst berichten kann.

27 Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 150 28 die Sprache als 'referenzielles Mittel' 34

Dies würde hier auch die Theorie der Holocaust- 'Singularität' im Kontext des Holocaustdesasters im 20. Jh. bestätigen.

Dieser Sprung von den 'Stiltendenzen' der 'ästhetischen Sprache' zur Vergangenheitsdarstellung in ihrer 'Unmittelbarkeit' oder 'Fiktiv-Form' spielt keine so unerhebliche Rolle wie es zunächst erscheinen könnte. Gerade 'referenzielle' Texte authentischen Inhalts, die über subversiv-gesellschaftliche Ideologie-Systeme berichten, wie es der Nationalsozialismus mit den ca. 6. Mio. Toten gezeigt hat, bestätigen erst die 'Singularität' eines Ereignisses in seiner 'Untrennbarkeit' von Ort und Zeit (Vgl. Hilberg, 1982, S.811).

Die Autorin Ruth Klüger publizierte zunächst in englischer Sprache. Seit ihrer Gastprofessur in Göttingen in den 1980er Jahren schreibt sie erneut wieder in ihrer Muttersprache: 'Deutsch'. Sie veröffentlichte Publikationen wie: „Still alive. A Holocaust Girlhood Remembered” (2001), Katastrophen (1994), „Frauen lesen anders“ (1997), „Dichten über die Shoah. Zum Problem des literarischen Umgangs mit dem Massenmord“ (1992), „Frauen lesen anders“ (1996), „Die Leiche unterm Tisch“ (1997), „Knigges Umgang mit den Menschen“ (1997), „Von hoher und niedriger Literatur (1997), „Gelesene Wirklichkeit“ (2006), „Zerreißproben. Kommentierte. Gedichte“ (2016) u.a.

Im Kulturkontext des Antisemitismus, Rassismus und Xenophobie deckt diese 'Dokumentarliteratur' das soziogesellschaftliche und kulturhistorische Holocaustproblemfeld ab und führt auf diese Weise den Nachfolge-Generationen und der Gesellschaftskultur als ʻGanzesʼ − ferner dann auch einen 'Spiegel der Zeit' vor die Augen.

Fragt man jedoch nach dieser literarischen 'Rekonfigurierung' des historischen Holocaust- Zeitraums von 1933-1945 und danach als 'Ganzes', so muss man vorausschicken, dass Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki stets nur einen Teil von Faktoren, Bedingungen und Ursachen des deutsch-jüdischen Zusammenlebens skizzieren können. Erst aus der 'Summa' der Holocaustzeitzeugnisse im 'Ganzen', kann auch die Perspektive des 'Gesamtzeitzeugnisses' evident gemacht werden, dass der Zeitraum von 1933-1945 eine Art – von Menschen für Menschen konstruierte 'Leidens-Realität' eines 'säkularen' Systems gewesen ist, die aus dem Munde von Theodor W. Adorno ausgesprochen: „kein Vergessen duldet“ (Vgl. ADORNO, Theodor, W., 1951).

Diese unscheinbare Sentenz 'kein Vergessen duldet' war dann auch der Antriebsmotor für die ersten Nachkriegszeitzeugnisse. In diesem Kontext ist dann auch das hohe Aufkommen an 35

Reflexionen darüber, was 'Fremd' und was 'Eigen' ist und welche Rolle das Judentum und Nicht-Judentum bei einem möglichen 'neuen' Visionsweg in der Zukunft spielen könnte.

Die Erzählweise der Autorin Ruth Klüger ist nicht chronologisch aufgebaut, wie man gewöhnlich von einer Autobiographie erwarten würde. Die, geradezu komplette Ausgrenzung der Politik Adolf Hitlers und des Nationalsozialismus findet statt und überreicht die Erzählfunktion dem 'Wort im Text', das nicht allein über den 'Lebensscheidewege' der Holocaust-Opfer berichtet, sondern sich aufmacht, nach sprachlichen Möglichkeiten ihrer 'kommunikatierbaren' Vermittlung – zu suchen.

Die Frage, die im Zusammenhang der autobiographischen Ereignisbeschreibungen eingangs gestellt wurde: ob Ruth Klüger mit dem bewussten Einsatz wirkungsvoller Ästhetik29 die national-sozialistische Struktur-Beschaffenheit durchdringt oder ob sie lediglich auf das 'Iterativ Ganze'30 vom Wiederholten aufmerksam macht, kann geantwortet werden: Allein den Beschreibungen des 'Lebens' und 'Überlebens' wie diese die Dokumentarliteratur über Auschwitz, Lublin, Sachsenhausen und Mauthausen u.a in der Unmittelbarkeit der Sprache reflektiert, kann es gelingen − die 'Holocaust-Kategorie' − für die Philologie, Holocaustgeschichts-Forschung und Kulturwissenschaft in ihrer 'absoluten' Einheit ihrer 'Ethik' und 'Ästhetik' − zu validieren. Setzt man voraus, dass es so etwas wie eine dokumentar-authentische 'Holocaust-Kategorie' im Kontext des 'Lebens' und 'Überlebens' gibt: „Das Thema wird brennender Dornbusch auf heiligen Boden, nur mit nackten Füßen und unterwürfiger Demut zu betreten“31… „Man bleibt verpflichtet auf eigentümliche Weise, man weiß nicht wem. Man möchte von den Tätern nehmen, um den Toten zu geben, und weiß nicht wie. Man ist gleichzeitig Schuldner und Gläubiger“32„…ich sehe eine poetische Richtigkeit, wenn nicht Gerechtigkeit, darin, dass gerade von diesen Gedichten der Weg zu meinem passend-unpassenden Beruf geführt hat. Dass sich da ein Ring geschlossen hat“33 „Ruth Klüger wird zur 'ersten' Gastprofessorin auf dem Reich-Ranicki-Lehrstuhl der Universität Tel Aviv“34 An diesen Zitationen macht die Pädagogin Ruth Klüger nicht nur ihren Bildungswerdegang evident, der einen 'positiven' Einfluss auf die soziogesellschaftliche Erziehung nachfolgender Generationen antizipieren lässt. Indem sich Ruth Klüger: Germanistin, Holocaustforscherin

29 wirkungs-ästhetischer Effekte, 30 KLOEPFER, Rolf, 1990 31 Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 127 32 Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 182 33 Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 254; 5.Bd. 34Vgl. Frankfurter Allgemeine, 2008 36 und Lehrstuhlinhaberin der Universität Tel Aviv und der Berkeley Universität, Auslandsgermanistin der University of Virginia, weiblicher 'Chair' der 'Prinston University,' der 'Irvine' University of California und Gastprofessorin der Universität in 'Göttingen' − an der Bildung der nachfolgenden Generationen beteiligt. Ruth Klüger exemplifiziert hier gerade die Bedeutung der 'Kategorie' 'Holocaust' für die Dokumentar-Geschichte, von der 'positive' Impulse ausgehen, die neben dem erzieherischen Bildungseinfluss auch eine historisch 'neue', anthropologisch-interkulturelle Wende der Gesellschafts-Entwicklung zu konsolidieren35 verspricht: „Man möchte von den Tätern nehmen, um den Toten zu geben, und weiß nicht wie. Man ist gleichzeitig Schuldner und Gläubiger.“36

Evidenter Weise liegt der Autorin keine 'Schreckensrührung', auch wenn sie die Vergangenheit schonungslos erhellen will. Doch bereitet es dem aufgeschlossenen Kind Susanne Klüger auch keine Probleme, sich mit ihrer 'unerschrockenen' 'Offenheit fürs Ganze'37 dann auch 'transzendental' über die Grenzen allen sichtbaren und aller gesellschaftlicher Konventionen und konventionellen Rücksichtnahmen hinwegzusetzen: „Das Thema wird brennender Dornbusch auf heiligen Boden, nur mit nackten Füßen und unterwürfiger Demut zu betreten“38 Im Kontext der ‘Holocaust’ Literatur stützt sich die Studie insbesondere auf die Erkenntnisse der 'Interkulturellen Kommunikation und Kompetenz', insbesondere exemplifiziert sie die Notwendigkeit der 'Offenheit fürs Ganze'39 für die Literaturwissenschaft, von der man voraussetzt, dass sie die Bedingungen schafft, die notwendigerweise auch 'transzendental' über die Grenzen allen 'Materiell'-Sichtbaren und - Greifbaren hinausgreifen, sollen sie 'empirisch' alle Resultate des 'Holocaust-Geschehens' in der 'Ganzheit' erfassen, von denen nicht nur für die Nachfolgegenerationen positive Impulse ausgehen, sondern auch für die Holocaustforschung, Interkulturelle Literaturwissenschaft,Literaturgeschichtsforschung, Soziologie, Gehirnforschung u.a. Geht man davon aus, dass das Holocaust-Merkmal sowohl formal als 'Ausdruck' − als auch semantisch/inhaltlich als 'Motto' in der Form-Verkürzung 'Holocaust'/Brand-Opfer inhärent ist und die Entität 'Holocaust' zugleich auf die Wertvorstellungen der Selbstverpflichtung der Erinnerung Israels rekurriert − hier auf die 'Erinnerung' an das vernichtete 'LEBEN' von 6

35 hier ist gemeint: eine anthropologisch-interkulturelle Wende im Sinne einer 'positiven' Gesellschafts-Entwicklung 36 Vgl. Kap. II, 1, S. 13; Vgl. Die Code-Fixierung »Jesu« im Stammbaum Israels; Vgl. ECO, Umberto, 1994, S.141; Vgl. ALEŠÍKOVÁ, Dagmar, 2012: “Die Definition der Pädagogik” 9S 37 Vgl. WALD, Berthold, 2013; 2018; 1999: Offenheit fürs Ganze ; Vgl. PIEPER, Josef, 1933: 38 Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 127 39 Vgl. WALD, Berthold, 2013; 2018; 1999: Offenheit fürs Ganze ; Vgl. PIEPER, Josef, 1933: 37

Mio. Menschen. So kann man auch erst verstehen, wie schon mehrfach erwähnt, dass das Motto 'Holocaust' immer auch die historischen geistig- unsichtbaren Vorgänge vom 'Leben und Tod' profilieren muss:40 „Die in Auschwitz zu den Gaskammern gefahren wurden, sollen auf den Lastwagen manchmal die Hatikvah gesungen haben…heute die Nationalhymne Israels … in Wirklichkeit ist die Hoffnung die Kehrseite der Angst … denn man spürt sie wie Sand auf der Zunge und wie Rauschgift in den Adern“ (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 106).

Die Autorin Ruth Klüger unterlässt deshalb auch keine 'Re-Lektüre' der ‘ältesten’ Literatur- Texte der Welt, der Hl. Thora bzw. der Hl. Schrift der Bibel und verweist auf die Tatsache, dass gerade das Motto 'Holocaust' 'semantisch' und 'formal' eng an die 'Holocaust'- Problematik des Judentums41 angelehnt ist (Vgl. BENEDICT XVI., Papst, 2016):

„Das Thema wird brennender Dornbusch auf heiligen Boden, nur mit nackten Füßen und unterwürfiger Demut zu betreten.“42 Höre Israeli, ein Gebet, das für Juden ungefähr denselben Stellenwert hat wie das Vaterunser für Christen“. (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 16). Die spätere Pädagogin und Germanistin Ruth Klüger ersinnt während der KZ-Aufenthalte neben Gedichten, wie: „Die Unerlösten“43, „Der Kamin“44, „Aussageverweigerung,“45 die sie erst nach dem Krieg publiziert. Bereits in diesen Gedichten deutet die Überlebende neue Perspektiven und eine 'neue' Vision einer gemeinsamen Kommunikationsebene im Voraus, auch über die nationalen Grenzen hinweg. dann auch die Bedeutung des 'ethischen' und sozio- kulturellen Umgangs dann auch − exemplarisch evident macht: „Vera hat mich dann gründlich verunsichert, indem sie mir auseinandersetzte, dass wir das getan hätten, weil wir hungrig seien, aber letztendlich hätten wir von der Gemeinschaft der Häftlinge gestohlen. Mir war das ein neuer Gedanke…Es war mir überhaupt nicht eingefallen, dass die Suppe für die anderen um die paar Rüben…dünner sein würde. Mein dreizehnjähriges Hirn hatte bis dahin nur erfasst, dass man nicht … stehlen darf und natürlich auch nicht von einem idealen

40 Vgl. HILDEBRAND von, Dietrich, 1913; 1934, WALD, Berthold, 2013; 2018; Vgl. WALD, Berthold, 1999; Vgl. PIEPER, Josef, 1933 41 Nach Andreas B. Kilcher (2012) ist das Judentum bzw. vom Aspekt der Theologie betrachtet, ebenso wie das, auf dem Judentum basierende Christentum: absolut ‘apolitisch’. Dagegen sind die Dokumentar-Zeitzeugnisse der Überlebenden über ‘Holocaust’, nach Stephan Braese (1993), stets als ein 'politisches Projekt' der Wissenschaft zu betrachten. 42 Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 127 43 Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S.168 44 Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S.107 45 Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 203 38

Gemeinwesen, wie das erträumte Erez Israel, das mir nach wie vor Ziel aller Wünsche war.“ (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 153-154).

Etwas aus einer anderen Perspektive skizziert der Autor Marcel Reich-Ranicki das ästhetisch- ethische Verhalten im Kontext des Hungers im Ghetto: „Wir glaubten tatsächlich, die KZ- Häftlinge hätten es zumindest in dieser Hinsicht ein wenig besser als wir. Denn sie bekamen täglich eine Suppe, wir jedoch mussten, wenn die Not besonders arg war, oft bis zum Abend warten, um etwas zu essen zu bekommen, und es waren mitunter nur zwei Mohrrüben“ (Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 283)

Aus einem andren Blickwinkel, der jedoch diese Argumentation über das 'Unwissen von anderen Kulturen' erhärtet, beschreibt der Autor Marcel Reich-Ranicki das 'Eigene' und 'Fremde' im Nachkriegsdeutschland: „Ich hätte mich, sagte ich, im Laufe des vergangenen Vierteljahrhunderts oft gefragt, warum sich die Mitschüler uns Juden gegenüber damals, im 'Dritten Reich', trotz der ungeheuerlichen antisemitischen Propaganda nichts hätten zuschulden kommen lassen. Eine Weile schwiegen alle. Schließlich sagte einer der Anwesenden, eher zögernd: »Herrgott, wie sollen wir denn an die Theorie von der Minderwertigkeit der Juden glauben? Der beste Deutschschüler der Klasse war ein Jude und einer der schnellsten Hundertmeterläufer ebenfalls ein Jude«. Ich war verblüfft, diese Antwort enttäuschte mich…Und wenn ich nicht der beste Deutschschüler gewesen wäre und mein Freund nicht einer der besten Läufer − hätte man uns schikanieren dürfen“46.

Der Holocaustüberlebende Marcel Reich-Ranicki verweist hier, ähnlich wie Ruth Klüger in den Zitationen zuvor, dass man auch mit der formalen und vernunftgegründeten Urteilskraft und Logik eines Heranwachsenden die Zeichen der Zeit richtig erfassen und deuten kann. Selbst wenn die Entwicklung nicht gleich von Vornherein richtig einschätzbar ist, wie die Zitation vom Marcel Reich-Ranicki und Ruth Klüger gezeigt haben.

Das Denotat im Zeichen 'wahr' konnte hier im 'Versagen' der sozio-kulturellen Bildung und Erziehung im NS-System erkannt werden, das sich generell (un-)bewusst gegen das menschliche Leben im Judentum richtet. Die Ursachen in der anfänglichen 'Ausgrenzung', später allmählichen 'Xenophobie' bis zum 'Antisemitismus' konnten an der Textoberfläche der Weltgeschichte aus dem Überlieferungsmaterial der 'Holocaustzeitzeugnisse' − dann auch relativ leicht dechiffriert werden. Auch oder gerade trotz des Dogmas in einem 'krank'-

46 Vgl. Klüger, Ruth, 1992, S. 103 39 ausgedachten System wie es der Nationalsozialismus mit Millionen vernichteten 'Leben' − der Weltgemeinschaft gezeigt hat.

Zusammenfassung:

1 Das Verhältnis zwischen Juden und Nicht-Juden nach 1945:

Die Nachkriegszeit war keine Zeit des 'radikalen' Themenwechsels, vielmehr eines öffentlich 'nationalen' bzw. 'individuellen' Schuld-Diskurses einer belasteten deutschen Nation als 'Kollektiv'. Die Voraussetzungen für die 'Selbstverständlichkeit' eines interkulturellen Umgangs 'Miteinander', wie diese die 'Interkulturwissenschaft' mit Till Dembeck im 21. Jh. postuliert: waren in der Zeit zwischen 1933 bis 1945 – definitiv nicht existent. Nach 1968 fingen einige Teilnehmer der Holocaustgeschichte an, sich Fragen zu stellen, was die Abgrenzung zum 'Fremden' im 'Judentum' eigentlich genährt und verursacht hat. Das Judentum hat sich schon seit jeher an gemeinsamen Aufgaben im Kontext Wirtschaft und Finanzen beteiligt, wie die vielen Beispiele der Augsburger und Nürnberger Fugger und Welser über Jahrhunderte hinweg gezeigt haben. Die Historiographie-Wissenschaft 'Gehir' mit Aleš Chalupa et all. zeigt an der Ptolemäischen Dynastie (1. Jh. v. Chr.) die 'potenziellen' Faktoren für die (Un-)Möglichkeit des Zusammenlebens zwischen 'Eigen' und 'Fremd' mit dem Resultat der Untersuchung: 'Materielle Gier'. Die ersten Holocaustnachkriegsliteratur haben das abzuwehren versucht, was gerade hier unter der 'Funktionalisierung' und 'Instrumentalisierung' nach oder über 'Auschwitz' an der Holocaust-'Ethik' und − 'Ästhetik’ kritisiert wurde. Dank der Dokumentarliteratur/Holocaustzeitzeugnisliteratur konnten die 'Holocaust- Problemfelder'47 −− in den Kontext ‘neuer’ Wissenschafts-Theorien gerückt werden. Das Ziel dieser Dokumentarliteratur ist es, dem Zeichen 'wahr' im Dokument 'Holocaust' in der 'Unmittelbarkeit' der Sprache zur Wahrheit über die 'historischen' Ereignisse zu verhelfen. Jeder Autor nimmt mit einer Figuren-Einkleidungen seiner Texte, siehe Beispiel 'Shylock' − Einfluss auf die soziokulturelle Grundstimmung seiner Leserschaft, die in bösen Zeiten dann

47 Holocaust-Problemfelder wie: ‘Kollektivgedächtnis’, Erinnerungskultur, Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie, Ausgrenzung, Revisionismus bzw. unterschiedlichen Holocaust-Diskursformationen von 'aporetischen' Sprechweisen bis Schweige-Strukturen (die bis zu sprachlichen Grenzen ihrer Vermittlung führen) 40 auch 'Verantwortung' für die Unmöglichkeit des Zusammenlebens Miteinander trägt, wie es der Nationalsozialismus mit 6. Mio. Toten gezeigt hat. Die Kulturwissenschaftler Dieter Heimböckel und Manfred Weinberg bestätigt in ihrer gemeinsamen Studie (2014) das 'Manko' am 'Nichtwissen' von anderen 'Kulturen' und liefert zugleich die Lösung für das 'Fremd' und 'Eigen' im Zusammenleben des 'Miteinander', die am europäischen 'Projekt Luxemburg' (noch in der Prüfphase) evident macht: sobald der Mensch mit der 'Selbstverständlichkeit' der eigenen kulturellen Identität- und Kulturwahrnehmung gebrochen hat: stellt er 'unwillkürlich' die 'kulturellen' Grundlagenkategorien in Frage: hier die Identität, das Selbstverständnis, die Subjektivität und Objektivität im 'Eigen' und 'Fremd'. Damit ist nicht gemeint, dass der Mensch seine Identität als 'Jude' oder 'Nicht-Jude' verliert, sondern er bricht mit der eigenen 'positiven' oder 'negativen' (inter-)kulturellen Erfahrung und öffnet somit das Tor für das 'Bewusstwerden' von anderer Kulturen.

41

1.1 Die 'Jüdische Identität'. Das 'Jüdische Selbstverständnis'. Die 'Assimilation'.

Im Vor-Kapitel 1. unter „Das Verhältnis zwischen Juden und Nichtjuden nach 1945“ ging es darum, was die Abgrenzung in der Zeitspanne vor und nach 1945 zwischen 'Eigen' und 'Fremd' genährt hat. Erst wenn der Mensch mit der 'Selbstverständlichkeit' der eigenen positiven/negativen kulturellen Identität- und Kulturwahrnehmung bricht, wie unter Kapitel 1. gezeigt wurde, stellt er 'unwillkürlich' die 'kulturellen' Grundlagenkategorien48 im 'Eigen' und 'Fremd' in Frage, damit er 'frei' wird für das 'Bewusstwerden' und die 'Wahrnehmung' anderer Kulturen in der Selbstverständlichkeit des Umgangs 'Miteinander'.

Die Fragen im Kapitels 1.1 lassen sich nicht 'säuberlich' von den Fragen im ersten Abschnitt – im Kapitel 1. trennen. Der Grund ist, dass alle Problemfelder ein 'zentrales' Thema gemeinsam haben: 'Holocaust' im Kontext 'Fremd' und 'Eigen'. Die zentralen Fragen hier sind: Was versteht die Holocaustforschung unter der 'Jüdischen Identität' und dem 'Jüdischen Selbstverständnis? Wohin hat sich das Judentum vor und nach 'Holocaust' zugehörig gefühlt und inwieweit darf man von der Assimilation des Judentums sprechen? Ferner was hat den 'Überlebenden' die meisten Probleme nach 'Holocaust' bereitet? Wie sollen die Holocaustzeitzeugen die systematischen 'Eingriffe der Schöpfungsgeschichte49 in das eigene 'Überleben' erklären?

In der Literatur wurden nicht selten (un-)bewusst Bilder mit 'humoristischer' Figuren- Einkleidung übergeben, wie es das Beispiel William Shakespeares am 'Ewigen Juden' 'Shylock' gezeigt hat. Solche Bilder tauchen im Verlauf der Jahrhunderte immer wieder auf und nehmen dann auch Einfluss auf die soziokulturelle Grundstimmung und Wahrnehmung der Nachfolgegenerationen: der Text, das Bild und der Leser – sind dann auch die 'Teilnehmer' der Rezeptions-Geschichte. Am Beispiel des Nationalsozialismus konnte gezeigt werden, dass in bösen Zeiten diese 'Zerrbilder' dann eben mehr als nur eine bloße Redensart sein können, wie auch die vielen Juden-Pogromen und Kirchenentweihungen zwischen 1090 bis – 1945 gezeigt haben. In den Augen des US-amerikanischen Literaturwissenschaftlers und führenden Theoretikers des 'New Historicism' Stephen Greenblatt in „Self-Fashioning“ (1980), ist die Identität eine

48 (hier die Identität, das Selbstverständnis, die Subjektivität und Objektivität) 49 hier des Schöpfers 42

'Variable', die lediglich als ein 'Konzept des Selbstbewusstseins' aufzufassen ist, weil es sich stets auch mit 'neuen' Inhalten und Darstellungsformen füllen lässt.

An dieser Stelle stellt sich die Frage, wenn nach Stephen Greenblatt (1980) die 'säkulare' Identität nur eine Variable des Konzeptes des Selbstbewusstseins ist, die jede Zeit durch andere Identität ersetzt werden kann, was ist dann mit der 'genetischen' Identität, die einem durch die Codierung im Stammbaum vorgegeben ist.

„Einer jüdischen Maxime zufolge kann ein Jude nur mit oder gegen, doch nicht ohne Gott leben.“50 In die Synagoge ging mein Vater regelmäßig und wohl noch häufiger als einst in Polen, vermutlich deshalb, weil er in Berlin einsam und isoliert war.51

Ob sich Marcel Reich-Ranicki in seinem Vater dieser Maxime widersetzt oder nicht, oder ob er sich lieber zwischen zwei Stühle setzt oder nach Goethes 'Motto' antwortet: „Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage“52 –, so bleibt sein jüdischer Vater der 'lebendige' Beweis für die 'genetische' Identität, die sich evident nicht einfach abschütteln lässt.

Nach Stephen Greenblatt (1980) wird die Identität in sozialer Interaktion im − zwischenmenschlichen 'Austausch des Miteinander' angeeignet und hat dann auch einen gewissen Anteil an der 'Verfasstheit' des individuellen 'Selbstbewusstseins'. Lothar Krappmann53 in „Soziologische Dimensionen der Identität: Strukturelle Bedingungen für die Teilnahme an Interaktionsprozessen“ (1971) beschreibt diesen zwischenmenschlichen Kommunikations-Austausch auch als eine Art 'Leistungsfähigkeit' eines Erwachsenen, der mit dieser Fähigkeit dann auch erst 'neue Identität' aufbauen kann. Jürgen Habermas (1974) hat das Resultat der Untersuchungen dann auch zusammengefasst und hebt die Möglichkeit der soziokulturellen Formbarkeit eines Individuums durch 'Bildung' und 'Erziehung' hervor. Geht man davon aus, dass der Verlust einer 'Identität' auch die 'Selbstentfremdung' bedeuten kann, unter der das Selbstwertgefühl leidet, kann eine Tatsachen- Umkehrung erst den 'Gewinn' einer 'neuen' Identität in seiner Bedeutung erfahrbar machen: als ein 'nicht-zu-

50Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 56 51 Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S.55 52 Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 59 53Lothar Krappmann hat sich mit symbolischen Aktionismus auseinander gesetzt 43 vernachlässigender' Qualitäts-Wert, der einem Individuum dann auch ein 'neues' Leben (neues 'Selbstverständnis' und 'Selbstwertgefühl') garantiert: „Dass er sich strafbar machte, rührte ihn überhaupt nicht… Ich denke oft an diesen Unbekannten, der für mich gesichtslos blieb, dem meine Mutter ins Haus geschneit kam und der die Weichen stellte für unser weiteres Durchkommen… Er, der uns neue Namen gab, hat keinen Namen in meinem Gedächtnis hinterlassen … Ich wählte die Nummer meiner Mutter in Los Angeles und schrie in den Hörer, über Land und Meer hinweg: Wie haben wir ge- heißen, damals, in Niederschlesien, in Bayern, vor Kriegsende? Weißt du das noch? ... die schwerhörige Siebenundachtzigjährige, antwortet, natürlich wisse sie es … auf den Bildschirm ihres Gedächtnisses: Kalisch haben wir auf den falschen Papieren geheißen“ (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S.180ff).

Nach der gemeinsamen Flucht aus Christianstadt wurde den Holocaustüberlebenden Ruth Klüger, ihrer Mutter Alma und der Adoptivschwester Ditha von einem 'namenlosen' evangelischen Pfarrer, über die 'Normalgröße hinaus' − eine 'neue Identität zuteil', die über das (Weiter- und Über-)Leben der Holocaustzeitzeugen Klüger entschieden hat. Das 'unvorstellbare' Entkommen aus den Krallen des 'Diaboli' einer systematischen industriellen Maschinerie des Todes − wie es das Vernichtungslager 'Auschwitz' war, wirft irgendwann 'existenzielle' Fragen für die Überlebenden auf. Sobald die Frage nach dem 'Recht aufs (Über-)Leben' fällt, stellt sich unwillkürlich auch die Frage nach dem 'Sinn des (Über- )Lebens':

„Die Schuldgefühle der Überlebenden sind ja nicht etwa so, dass wir uns einbilden, wir hätten kein Recht auf Leben. Ich jedenfalls habe nie geglaubt, ich hätte sterben sollen…Ich hatte ja nichts angestellt, wofür sollte ich büßen? Ein »Schuldengefühl sollte man sagen können. Man bleibt verpflichtet auf eigentümliche Weise, man weiß nicht wem. Man möchte von den Tätern nehmen, um den Toten zu geben, und weiß nicht wie“ (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 185).

Ruth Klüger beantwortet die Frage hier teils selbst: Was den 'Überlebenden' die meisten Probleme nach 'Holocaust' bereitet hat und wie sie die systematischen 'Eingriffe der Schöpfungsgeschichte54 in das eigene 'Überleben' verstehen sollte. Sowohl in der Rückschau auf ihre Kindheit, in einem lyrisch-anmutenden ʻVater- Monologʼ: „…ich wollte ihm sagen,

54 hier des Schöpfers 44 dass mir die Toten zu schaffen machten, weil ich am Leben war“55 −− als auch in vielfachen Diskussionen und Interviews wie in der Süddeutschen Zeitung (2017) −− versucht die Überlebende sich selbst zu analysieren: „Ich habe nicht überlebt, ich gehöre zu den toten Kindern"56

Versteht man das 'Überleben' als einen 'Zwang' dem die 'Holocaustüberlebenden' ausgesetzt sind, weil sie sich für das 'Überleben' auch noch irgendwann in spe – rechtfertigen müssen − wo doch das NS-System mit seiner sorgfältigen Planung57 die End-Lösung58 vorgesehen hat. So kann man den Konflikt erkennen, der sich hier für die Holocaustüberlebenden anbahnt: die 'Holocaustüberlebenden' werden vor die existenzielle Frage als Juden gestellt: das Judentum muss stets in einem Atemzug mit der 'Selbstverpflichtung der Erinnerung auf das Vergangene' verstanden werden, die hier mit dem »Wort 'Mila' am Geschichtsanfang des Judentums« gleichzusetzen ist.

In diesem Zusammenhang äußert sich auch der Autor Marcel Reich-Ranicki zur Entität des Lebens, die er poetisch mit 'Liebe' und 'Tod' verbindet: „Zum ersten Mal habe ich verstanden…, dass die Liebe ein Segen ist und ein Fluch, eine Gnade und ein Verhängnis. Wie von einem Blitz wurde ich von der Entdeckung getroffen, dass Liebe und Tod zueinander gehören, dass wir lieben, weil wir sterben müssen“59 … „Wer zufällig verschont wurde, während man die Seinen gemordet hat, kann nicht in Frieden mit sich leben“.60

Die Aussagen des Autor Marcel Reich-Ranicki liefern in der 'Umkehrung' eine neue Perspektive, auch eine mögliche Antwort auf den Sinn des 'Überlebens'61 dann auch für die Rezeptionsgeschichte: 'Sterben wir, weil wir die Liebe schauen müssen'? Wer zufällig überlebt hat, während die Seinen gemordet wurden: kann er, so lange er lebt, seinen 'Inneren Frieden' erhalten?

55 Ruth KLÜGER, 1992, S. 245 56 SZ-MAGAZIN, der Süddeutschen Zeitung, 16.06.2017, S. 12-20 57 Ruth Klüger überlebte Holocaust mit ihrer Mutter allein, von ihren ca. 100 Familien-Angehörigen (KLÜGER, Ruth, 1992, S.12) 58 Vgl. HILBERG, Raul, 1982; Vgl. BENZ, Wolfgang, 2002, S. 63 59 Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 121 60 Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 303 61 Vgl. ALEŠÍKOVÁ, Dagmar, Definition der Pädagogik, 2012, S.9: Das Wort am Geschichtsanfang ist hier als der Sinn des Lebens zu verstehen, ferner dann auch als das 'Leben' selbst: die Liebe, das Licht, die Wahrheit und der Weg. 45

Die holocaustüberlebende Ruth Klüger untermauert jedenfalls diese Antwort mit der Aussage: „Ich habe nicht überlebt, ich gehöre zu den toten Kindern." 62 Sie zeigt nicht nur die ‘implizite’ Abkehr vom Weltgeschehen und das 'lebenslange' »Ausgebrannt Sein« der 'Überlebenden' nach Holocaust, sondern verweist zugleich auch auf das Holocaust-'Merkmal' in seiner semantischen Form-Verkürzung im Motto 'Holocaust/ Brandopfer', das hier die »geistig-(un)sichtbaren« Vorgänge vom 'Leben und Tod' profiliert.

Die nächste Frage, die sich die Untersuchung hier gestellt hat, ist die Frage nach der Assimilation der Familien Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki, die, wie sie selbst 'betonen', in einem 'nicht-assimilierten' doch 'emanzipierten' zu Hause' stattfand und auf diese Weise einen Einblick auf das 'Jüdische Selbstverständnis' und die deutsch-jüdische 'Identität' der Familien erlaubt:

„Wir waren emanzipiert, aber nicht assimiliert. Der Unterschied mag als Haarspalterei gelten, uns war er wichtig. Am Versöhnungstag aßen und tranken die Erwachsenen von Sonnenuntergang bis zum nächsten Sonnenuntergang nichts, und so war Erwachsensein unter anderem Fastendürfen… Zehn Tage vor dem Jom Kippur, dem Versöhnungstag, war Rosh Hashanah, Neujahr, man feierte die Erschaffung der Welt, Anlass genug, um ausnahmsweise in die Synagoge zu gehen… Bei uns gab es Schweinefleisch und Schinken, aber bitte zeig Respekt für die vielen Juden, auch in der eigenen Familie, die das nicht essen, und tu mir den Gefallen und friss bitte nicht Schinken auf Matzeh vor Leuten, die daran Anstoß nehmen könnten. Dieser Ausspruch meines Vaters (oder war’s mein Großvater mütterlicherseits ?) war als pädagogischer Witz gemeint und wurde mit gebührender Heiterkeit aufgenommen“63.

Matzeh sind 'ungesäuerte' Osterbrote, die einmal im Jahr zu 'Pessach'-Fest gegessen werden. Die strengen Kaschruth-Gesetze64 wurden evidenter Weise bei der 'aufgeklärten' Familie der Autorin Ruth Klüger nicht einhalten: „Schweinefleisch zu essen. Hygienegesetze. Moses als Aufklärer. Und wir schon immer das aufgeklärte Volk“.65

Doch kann man bei der 'emanzipierten' und 'nicht'-assimilierten Familie Ruth Klüger manchmal auch den Eindruck gewinnen, dass sich die Grenzen zwischen 'orthodox' und

62 Vgl. KLÜGER, Ruth, 2017 In: SZ-MAGAZIN, 16.06.2017, S. 12-20 63 Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S 43 64 Schweinefleischverbot für das Judentum im Text der Hl. Torah 65 ebd. Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S 43 46

'getauft' gelegentlich 'vermischen' und nicht selten dann auch 'nivellieren' lassen: „Die mitgeschleppten Vorurteile meines liberal aufgeklärten Backgrounds, wo man die Orthodoxen für altmodische Fanatiker und die Getauften für charakterlose Assimilaten hielt, habe ich beim Zuhören schweigend und heimlich abgestreift“66 „Auch auf den Dachboden ging ich, wo ich … Leo Baeck gehört hatte, und dachte mir, es muss Rosch Haschana gewesen sein, denn er hat ja von der Erschaffung der Welt gesprochen. Dann schlenderte ich durch die Straßen, wo Kinder spielten, ich sah meine Gespenster … klar umrissen… die lebenden Blinder… Da ging ich beruhigt fort“67.

Nach einem Besuch von Theresienstadt vergegenwärtigt sich Ruth Klüger in 'lebendiger Erinnerung' noch einmal das Vergangene, das 'lebendig' geblieben ist: „…ich sah meine Gespenster … klar umrissen… Da ging ich beruhigt fort“68 . Ruth Klüger demonstriert hier (un-)bewusst das 'enorme' Vertrauen an die Erinnerung an das 'Vorangegangene' und setzt zuversichtig ihren Weg fort. Zur 'Identität' und zum 'Jüdischen Selbstverständnisses' wurde Ende der 1940er-Jahre der Autor Marcel Reich-Ranicki vom Mitglied der Gruppe 47 Günter Grass aus Danzig befragt: „Was sind Sie denn nun eigentlich - ein Pole, ein Deutscher, oder wie? Die Worte 'oder wie' deuteten wohl noch auf eine dritte Möglichkeit hin. Ich antwortete rasch: 'Ich bin ein halber Pole, ein halber Deutscher und ein ganzer Jude“69. Doch diese 'arithmetische' Formel, hervorgeschossen aus dem Munde des Autors Marcel Reich-Ranicki, war wohl so effektvoll wie 'unaufrichtig' und wurde vom Marcel Reich- Ranicki dann auch schnell korrigiert: „Nie war ich ein halber Pole, nie ein halber Deutscher - und ich hatte keinen Zweifel, dass ich es nie werden würde. Ich war auch nie in meinem Leben ein ganzer Jude, ich bin es auch heute nicht… Obwohl von den fünf Brüdern meiner Mutter nur der älteste Rabbiner wurde … kann man sagen, dass sie alle, emanzipiert und assimiliert, auf ihre Weise an der Familientradition festgehalten haben…“70

Die Autoren Ruth Klüger und Marel Reich-Ranicki bestätigen hier, dass sie emanzipiert, nicht assimiliert waren, aber stets auch im Judentum (un-)bewusst verankert geblieben sind.

66 Vgl. Ruth KLÜGER, 1992, S. 249 67 Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 105 68 ebd. 69Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 11 70 Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 13ff 47

Die Frage, die sich hier stellt, ob die beiden Autoren, die mehr oder weniger vom Judentum und den Zielen des Judentums gelebt haben, den Glauben (un-)bewusst nur als tradiert gepflegt haben oder sich dessen einfach nicht bewusst waren, dass sie niemals aufgehört haben ein Teil des Judentums zu sein. Die gebildete Mutter Helene Reich-Ranickis geb. Auerbach − war die Tochter eines armen Rabbiners, doch bei der Hochzeitsfeier, die in einem Hotel in Posen stattfand, wurde das Brautlied aus dem 'Lohengrin' intoniert und der Hochzeitsmarsch aus der Musik Mendelssohns 'Sommernachtstraum' gespielt: „Mendelssohns 'Sommernachtstraum' war bei den Juden in Polen, bei den gebildeten zumindest, nicht ungewöhnlich, ja, es gehörte zum Ritual“71 Am Geburtstag der Mutter Helene Reich-Ranicki fiel am 28. August dann auch der alljährliche Verweis auf 'Goethes' Geburtstag: „Sie wiederholte alljährlich die Frage, ob ich denn wisse, wer heute außer dem noch Geburtstag habe. Dass sie am selben Tag wie Goethe geboren war, wollte sie, vermute ich, als Symbol verstehen…“72

Die israelische Historikerin und Holocaustexpertin Shulamit Volkov setzt sich in: „Die Erfindung einer Tradition. Zur Entstehung des modernen Judentums in Deutschland“ (1992) mit der 'Assimilation' des Judentums in Deutschland Ende des 19Jh. und Anfang des 20. Jh. auseinander, beschreibt die relativ 'schnelle' Assimilation der jüdischen Familien, die erschreckend rasch Züge von 'Modernität' angenommen haben und in vielerlei Hinsicht dann auch die Entwicklung der jüdischen Gesellschaft der übrigen deutschen voraus waren: „Wenn Assimilation tatsächlich einen Prozess bedeutet, in dessen Verlauf eine Gruppe einer anderen ähnlicher wird, dann kann man fast sagen, dass die deutsch-jüdische Entwicklung sich umkehrte. Erst allmählich erreichte die deutsche Gesellschaft den Entwicklungsstand, den die jüdische Generation zuvor erlangt hatte. Das öffnete den Weg zu einer neuen Annäherung. Die Kluft, die zur Zeit des deutschen Kaiserreichs überraschend tiefer wurde, schloss sich jetzt wieder, doch wurde diese Entwicklung gewaltsam unterbrochen, so dass wir ihren möglichen Verlauf nie kennen werden“73 Es stellt sich hier die Frage, was Shulamit Volkov unter der 'Annäherung' und der 'Kluft' zwischen Juden und Nicht-Juden versteht. Das Judentum ist 'apolitisch', allein an das 'Transzendentale' gekoppelt und an das Wort 'Mila' gebunden, das am 'Anfang aller Dinge' steht und für das Judentum »das Leben, die Liebe, das Licht, die Wahrheit und den Weg« bedeutet und dann auch die 'einfache' Sentenz umschreibt: den 'Sinn des Lebens'.

71 ebd. Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 13ff 72 ebd. 73Vgl. VOLKOV, Shulamit, 2000, S. 144-145 48

Den Schöpfer an erster Stelle zu haben, fällt demnach − mit dem 'Ziel des Judentums'74 zusammen. Wenn man die Argumente der Historikerin Shulamit Volkov ernst nimmt, dass die jüdische Soziostruktur zu jener Zeit deutlich von der 'zeittypischen Struktur' einer Industrie- gesellschaft abgewichen ist und eine 'neue' Tradition gegründet hat:

„Während jüdische Tradition und Gebräuche aus den Häusern verschwanden, entstand fast unbemerkt eine neue 'Tradition', eine gemeinsame Art der Wahrnehmung der Umwelt und der Reaktion auf sie“ 75

Mit dem Verschwinden der 'Jüdischen Tradition' im Sinne der ältesten Texte der Hl. Schrift, wie sie Shulamit Volkov beschreibt, geht auch der Abfall von den 'erwähnten' Zielen76 Israels einher und macht einem Rezipienten erst auch die Juden- und Christen-Verfolgung 'vor' und 'nach' 1945 seitens des 'satanischen' Systems des 'Nationalsozialismus' und des nachfolgenden 'materialistisch'-orientierten 'Kommunismus' dann auch mit vielen hunderten und tausenden Opfern der Kriege weltweit verständlich. Shulamit Volkov, die in München und Tel Aviv lebt, beschreibt die 'Identität' und die 'Assimilation' der Juden in „Antisemitismus als kulturelle Codes“ (2000), dass, die Mehrheit der Juden nie bereit war ihr 'Judentum' aufzugeben: „ … auch wenn vom Judentum für einige nur noch 'wenig' erhalten geblieben ist.“77 Nach Shulamit Volkov war das 'Judentum' unentwegt auf der Suche nach einer neuen Synthese zwischen 'Alt' und 'Neu', reformierte und reformulierte seine Tradition 'neu', um diese dann an einen 'modernen' Stil anzupassen: „Sie wandten die verschiedenen Taktiken an, um sowohl soziale als Mobilität als auch gesellschaftliche Integration zu erreichen“ 78 Hier wird die endgültige Abkehr des Judentums vom System im 'Lebendigen Schöpfungsplan' evident, trotz oder gerade mit dem Wissen über die Tatsache, dass der Mensch nach seinem 'Ableben' dann auch wissen muss − vor 'WEM' 79 − er am Ende seiner Tage steht.

Die Frage, ob der Grund für die Blindheit gegenüber der 'Offenheit fürs 'Ganze'80 − dieser Erkenntnisverlust war, der zur 'Endgültigen Abkehrt' vom 'Ziel' des Judentums geführt hat,

74hier das 'Ewige Jerushalajim' 75 ebd. Vgl. VOLKOV, Shulamit, 2000, S. 144ff 76 Schöpfers 'Ewige Jerusalem' 77 ebd. Vgl. VOLKOV, Shulamit, 2000, S. 144ff 78 ebd. Vgl. VOLKOV, Shulamit, 2000, S. 10 דאי לפני מי אתה עומד :Da lifnei mi attah omed“: Du sollst wissen vor wem du stehst“ 79 49 müsste noch genauer untersucht werden. Doch eines steht fest, dass die 'Wertvorstellungen' der Erinnerungen auf das Vorangegangene sich 'untrennbar an das 'Judentum' und 'Christentum' in der Hl. Schrift der Torah bindet.

Mit der Frage, ob es ein mögliches 'Abhilfeschaffen' vom 'Unwissen' über die 'Fremd'- Kulturen gibt, beschreibt die Wissenschaftlerin Ute Guzzoni in „erstaunlich und fremd. Erfahrungen und Reflexionen“ (2012) – mit einer empirisch 'neutralen' Erforschung der Kulturen. Das Facit und die Antwort hier ist: damit man der 'Einmaligkeit' und den 'Besonderheiten' der Kulturen mit dem gebührenden 'Heuristischen Staunen' im 'Schöpfungsplan' − 'neu' begegnen kann, müssen sich die Kulturen darüber einig sein, dass diese Möglichkeit durch Aneignen anderer Kulturidentität besteht. Die vielfältigen Kulturschätze und Inhalte sind, nach Erkenntnissen Ute Guzzoni − auf der soziokulturellen Ebene des 'Miteinander' − angelegt. Allein dieses 'Staunen' über die Einmaligkeit kultureller Besonderheiten, kann den Beobachter aus den Fesseln seiner eigenen Kulturbedingtheit herauslösen und sich so für den 'Verzicht' auf den 'absoluten' Wertmaßstab im Kulturvergleich entscheiden. Gerade dieses Staunen über die deutsche Kultur hat, in Anlehnung an Ute Guzzoni, auch die deutsch-jüdische 'Identitätswahrnehmung' im Judentum evoziert und kann dann auch erst hier das 'Deutsch-Jüdische Selbstverständnis', die allmähliche 'Assimilation' des Judentums und die deutsch-jüdische Identität im 'Deutschtum' erklären:

„Keinem meiner Lehrer aus den Jahren 1930 bis 1938 verdanke ich so viel wie diesem Doktor Knick. … ein Schwärmer, ein Enthusiast, einer vom Geschlecht jener, die glauben, ohne Literatur und Musik, ohne Kunst und Theater habe das Leben keinen Sinn. Die Dichtung seiner Jugendzeit hatte ihn geprägt: Rilke, Stefan George und das von ihm mit milder Nachsicht geliebte Frühwerk Gerhart Hauptmanns. Die George-Verse »Wer je die Flamme umschritt / Bleibe der Flamme Trabant!« …. Reinhold Knick war nicht nur ein vielseitiger und hervorragender Pädagoge - er lehrte Mathematik und Physik, Chemie und Biologie ebenso wie Deutsch -, sondern auch ein musischer Mensch, ja ein Künstler, nämlich ein Regisseur, ein Schauspieler und ein Musiker“. Diese Zitation ist ein einziges Dankeschön an den Pädagogen Reinhold Knick, dem sein 'treuester' Gymnasialschüler, Zuhörer und Bewunderer Marcel Reich-Ranicki für die

80 Vgl. WALD, Berthold, 2013; 2018; 1999: Offenheit fürs Ganze ; Vgl. PIEPER, Josef, 1933: 50

'höchsten' Werte der Bildung- 'Transfers' in der Literatur, Theater, Musik und Kunst danken will, die sein Selbstbewusstsein gestärkt und dann auch sein ganzes Leben geprägt haben.

„Die regelmäßigen Ausflüge, die man »Fahrten« nannte… Natürlich sangen wir Lieder, doch nicht etwa jüdische Wanderlieder - denn die gab es nicht. Wir sangen also »Prinz Eugen, der edle Ritter« und »Vom Barette schwankt die Feder«, »Görg von Frundsberg führt uns an« … Wir sangen »Wildgänse rauschen durch die Nacht«, ohne zu wissen, dass diese Verse von Walter Flex stammten“ … „Wir übernahmen bewusst und unbewusst die Lieder der Wander- vogelbewegung und auch solche, die von der Hitlerjugend gesungen wurden…“81

Aus der Zitation wird evident, dass die (un-)bewusste Aneignung von Kulturinhalten stets auch eine 'neue' Identität konstruiert, die wieder durch neue Aneignung von Inhalten zu einer anderen 'neuen' Identität führen kann. Es sind also (un-)sichtbare Ordnungen, Regeln, Dogmen, die einen Entwicklungsprozess wie den 'Bildungsweg' eines Menschen (un-)bewusst begleiten und dann auch über die Identitäts-Variable mit-entscheiden. Etwa wie der Schöpfungsplan des Kosmos oder der Natur in der Mikrobiologie, deren Gesetze geordnet nach einem präzisen Plan ablaufen, den man zwar nicht 'realiter' sehen kann, doch empirisch nachweisen, weil dieser nachgewiesen seit Millionen-Jahren 'ordnungsgemäß' funktioniert. So dass man, wie der Schüler Marcel Reich-Ranicki diesem lehrenden 'lebendigen' Operations- System der Weltgeschichte', die sich im Kosmos und in der Mikrobiologie widerspiegelt, für die unermüdliche Funktionstüchtigkeit und -Tätigkeit danken will und dafür, dass das das 'lebendige' System seit Mio. Jahren keinen 'Fehler' gemacht hat. Erst heute kann man die Welt durch die 'wissenschaftliche' Hilfe der Digitaltechnik: die 'Ordnungen' und 'Prinzipien' auf allen Ebenen der Naturgesetze und des Zusammenlebens 'Schritt' für 'Schritt' aufdecken und beschreiben. In diesem Zusammenhang verweist auch der Kulturkorrespondent Marcel Reich-Ranicki zum ersten Mal auf die eigene 'Sendung' als Mensch. Mit konsequenter 'männlicher' Logik und adäquater Stringenz als Literatur- und Kulturkritiker nähert sich der Holocaustzeitzeuge an seine Lebensaufgabe als 'Vorbestimmung'. Und wie man es − nur von einem 'exzellenten' Literaturkritiker − erwarten kann, der seine Leserschaft nicht enttäuschen möchte, kritisiert der Kulturkritiker Marcel Reich-Ranicki den schlechten Umgang mit den 'Koryphäen' 'Deutscher Dichtung' in „Mein Leben“ (2000), dann auch ihre mangelnde Wertschätzung:

81 Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 63 51

„…anders als die Franzosen und die Engländer, die Spanier und die Italiener – haben die Deutschen ein gebrochenes, ein zutiefst gestörtes Verhältnis zu ihren größten Dichtern“ „Übrigens war der Barbar, der sich damals bemühte, diese Schiller-Gedichte zu liquidieren, ein Mann mit außerordentlichem poetischen Talent: Hans Magnus Enzensberger“82

Marcel Reich-Ranicki ist hier evident von der 'Deutschen Literatur' tief beeindruckt, über die er sich von Anbeginn der Laufbahn seines Werdegang als 'Schriftsteller' und 'Kritiker' definiert. Wie viele andere Juden auch, bewundert der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki die 'Deutsche Kultur' gerade wegen ihrer Dichter, Philosophen, Physiker und Mathematiker wie Goethe, Schiller, Leibnitz, Kant, Wagner, Beethoven, Einstein, Jacobi … u.a. Das Judentum war, nach Shulamit Volkov (2000) − auf der Suche nach gesellschaftlicher Integration und gerade deshalb auch an die deutsch-jüdische 'Identität'83 im 'Deutschtum' gebunden. Um das 'nationalsozialistische' Selbstverständnis und das 'jüdische' Selbstverständnis dann auch auf einen Nenner bringen zu können, hat die Studie auf die Rezeptionsgeschichte einiger Nachkriegsautoren zurückgreifen müssen. Nach dem Historiker Torben Fischer geht mit jeder Holocaust-'Kritik'84 auch Literatur-'Wertung' einher:

„…historische Verwurzelung nationalsozialistischen und antisemitischen Gedankenguts im germanistischen Selbstverständnis scheuten sich weder Lämmert noch Conrady Namen zu nennen…so dass auch bedeutende Germanisten, die bis dahin als unbescholten galten, wie Karl Viëtor, Herbert Cysarz, Josef Nadler, …, Julius Petersen, …Wolfgang Kayser… sich nach 1933 nicht gescheut hatten, einer zunehmend rassenbiologisch orientierten völkischen Literaturwissenschaft das Wort zu reden“ (Vgl. FISCHER, Torben; LORENZ, Matthias (Hg.), 2015, S. 165).

Die angeführte Zitation von Torben Fischer und Matthias Lorenz im Kontext der Publikationen von Karl Viëtor, Herbert Cysarz, Josef Nadler, Julius Petersen und Wolfgang Kayser wird einem Rezipienten erst dann verständlich, als dass der Philologe Wolfgang Kayser nach der Veröffentlichung: „Die Wahrheit des Typischen“ (1906-1960) von seinen

82 Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S.86 83 Doch im Hinblick auf den 'Juden am Kreuz', sollte der Mensch nicht nur über eine ihm 'adäquate' Gegenkultur staunen und nachsinnen bzw. diese bewundern, sondern über jede Kultur: will er gerade dem 'Jüdischen Erlöser' gefallen, der für das System: 'Leben' sein Leben geopfert hat und somit für das 'Ewige Leben' Jerushalajim − steht. 84 Als Subvariante literarischer Kritik kann auch die lange Neologismenkette der 'Holocaust'-Synonyma angesehen werden: Holocaust, Shoah, Churban, Porajmos, Endlösung, Gewalt, Diabolos, Tod, … 52

'eigenen' Studenten 'selbst' angegriffen wird – gerade wegen dieser 'historischen Verwurzelung' antisemitischen Gedankenguts. Der Historiker, Holocaustforscher und Herausgeber des „Lexikon des Holocaust“ (2002) Wolfgang Benz würde an dieser Stelle eruieren: dass die menschliche 'Logik'85 und 'ästhetische' Wahrheit nicht selten 'divergente' Wege gehen können.

Es ist also der Mangel an 'Fremd'-Kulturerfahrungen, der zum 'Toleranzmangel' führt und sich aus tradierten Stereotypentransfers erklären lässt. Gerade das 'mehrfach' zitierte Beispiel des 'Ewigen Juden' hat (un-)bewusst ein Bild über Jahrhunderte geprägt, das evidenter Weise bis zur Gegenwart von Generation auf Generation weitergegeben wurde. Auf einem geraden Weg zieht sich der rote Faden vom Fremdenhass, Ausgrenzung, 'Mittelalterlichen Gettos', 'Pogromen'86 bis zum 'Holocaust', wie die Historie 'selbst' dann auch 'ausgiebig' exemplifizieren konnte. Dieser 'Toleranzmangel' scheint sich dann auch aus 'horrenden' Eigenerfahrungen der 'eigenen' Kultur zu speisen und wenn es sich der 'Fremden-Kultur' nähert, so ist die Intention nicht selten: um ihr die 'Kluft' zwischen dem 'Eigen' und 'Fremd' aufzuzeigen.

85 Poetisch ausgedrückt, könnte man sagen: dass die Logik im Gesang der Klänge der menschlichen Aufmerksamkeit nicht entgeht, doch geht sie nicht selten beim menschlichen Handeln − flöten. 86 Pogromen: 1099, 1348-1353, 1492, 1510, 1933-1945,1946 … 53

Zusammenfassung:

Die Untersuchung hat sich eingangs die Frage nach der 'Jüdischen Identität' und dem 'Jüdischen Selbstverständnis' gestellt, ferner nach der Assimilation des Judentums. Der US-amerikanische Literaturwissenschaftler und führende Theoretiker des 'New Historicism' Stephen Greenblatt „Self-Fashioning“ (1980) betrachtet die 'Identität' als eine 'Variable' Leistungsfähigkeit im Sinne eines 'Konzeptes' des Selbstbewusstseins, das stets neu geformt und durch 'Aneignung neuer Inhalte gefüllt werden kann. Die Aneignung geschieht in sozialen Interaktion wie der Familie, Gemeinschaft und Staat im zwischenmenschlichen 'Miteinander', führt dann jeweils zur neuen Identität, die jedoch stets ein gewisses Maß an 'Bildung' voraussetzt. Gerade für diese Werteaneignung zollen Marcel-Reich-Ranicki und Ruth Klüger Dank und Bewunderung denen, die ihren Bildungsweg begleitet haben und zu jener Zeit das Leben der Kinder geformt haben.

Bei der 'Umkehrung' der Tatsachen versteht man am Beispiel Israels, dass nach 'Holocaust' der 'Verlust der Identität' Hand in Hand mit der 'Selbstentfremdung' einhergeht, unter der nicht nur über Jahrhunderte hinweg das Selbstwertgefühl des Judentums gelitten hat, sondern auch das 'Selbstverständnis': mit dem das Judentum seine Existenz knüpft: die »Erinnerungspflicht an das 'Vorangegangene'« − ist dann auch 'untrennbar' vom Wort 'Mila'. Deshalb ist die Frage, nach dem 'wohin' − sich das Judentum 'vor' und 'nach' 'Holocaust' zugehörig gefühlt hat, auch die Frage nach der 'Identität'87 des Judentums, die evidenter Weise Israel nach 'Holocaust' verloren hat. Heißt die Kapitelüberschrift 1.1. hier: „Das jüdische Selbstverständnis. Identität. Assimilation“ und ist hier noch die Rede von der 'Identität' des Judentums, so sollte nach dieser Analyse die Überschrift heißen: „Die Suche nach der 'religiösen' Identität“ und Selbstverständnis des Judentums“, die untrennbar von der Selbstverpflichtung Israels in der Erinnerung an das Vergangene zu sehen ist. Das Judentum war, nach Shulamit Volkov (2000) − auf der Suche nach gesellschaftlicher Integration und gerade deshalb auch an die deutsch-jüdische 'Identität'88 im 'Deutschtum' gebunden, es war nicht assimiliert, sondern emanzipiert. Das Ziel der 'wenigen' Holocaust-

87 Erinnerung an das Vergangene 88 Doch im Hinblick auf den 'Juden am Kreuz', sollte der Mensch nicht nur über eine ihm 'adäquate' Gegenkultur staunen und nachsinnen bzw. diese bewundern, sondern über jede Kultur: will er gerade dem 'Jüdischen Erlöser' gefallen, der für das System: 'Leben' sein Leben geopfert hat und somit für das 'Ewige Leben' Jerushalajim − steht. 54

Überlebenden war nicht allein den 'Erinnerungsgehalt' an 2. Millionen Kinder und 4. Millionen Erwachsenen 'aufzubewahren'. Auch nicht ein Denkmal für die Holocaustopfer in 'Berlin' oder '' zu setzen, um sich alljährlich an das 'Desaster' des 20. Jh. zu erinnern. An erster Stelle stand die 'Wertvorstellung' der Selbstverpflichtung auf das kultur- 'historisch' 'Vorangegangene': dazu gehört im Judentum − neben den 6. Mio. Toten − vor an das sich 'das Volk' Israel zusammen −' המילה' / ' מילה ' .allem auch das Wort 'Mila' hebr mit dem 'Volk'-Christentum im lebendigen Systemplan der Schöpfungsgeschichte eingebunden versteht – 'untrennbar' dann auch mit dem 'irdischen' Dasein. Diese Perspektivdarstellung ist nicht so nebensächlich wie man zunächst vermuten könnte, weil das Festhalten an dem Wort 'Mila'89 für das Judentum − die wahre 'Jüdische Identität' und das wahre 'Jüdische Selbstverständnis' darstellt. Die Holocaustproblematik wurde somit zur 'Existenzfrage' des Judentums und macht dann auch die Forderung Israels nach (1945) nach eigener Heimat und nach eigenem Land erst verständlich.

89 »Höre Israel, der HERR ist unser Gott, der Herr ist Einer« (5. Mose 6,4). Historisch, aus dem Erhalt der ältesten Texte der Historie- der Hl. Schrift gesehen, sicherte der Urvater Abraham mit dem Wort 'Mila' das Gebiet des heutigen Palästinas dem jüngeren Bruder Ismaels − dem 'Jakob dem Israel' zu, der wiederum der jüngere Zwillingsbruder vom Esau ist, mit dem Israel gegenwärtig gemeinsam das heutige Palästina 'teilt' anstatt bewohnt. 55

1.2 Holocaust- Erinnerungskulturen: Lager und Ghettos

Im Abschnitt hier 1.2 unter der Überschrift: „Holocaust- Erinnerungskulturen: Lager- und Ghettoberichte“ wird im Kontext der Zentralfrage der Distanz-Reduktion zwischen 'Eigen' und 'Fremd', im Juden und Nicht-Juden gefragt: Was, wie und von wem wird erinnert? Ist 'Erinnerung' an Holocaust des 20. Jh. wichtig für die Zukunft der interkulturellen Gemeinschaft für das Miteinander?

Fragt man nach dem 'inflationären' Oberbegriff der Nachkriegszeit, dann ist es sicher die 'Erinnerungskultur'. Auch wenn so kurz nach dem Zweiten Krieg (1945) so ein Begriff' − noch nicht existiert hat. Alle denkbaren Erinnerungen an den Krieg, ja, die waren schon da, nur die Kultur, die gab es noch nicht − nicht wirklich. Denn der, der sich als einer der Ersten mit dem 'Kollektivgedächtnis' der Erinnerungskulturen − auf dem Boden Europas − auseinander gesetzt hat, hat den Krieg nicht überlebt, starb 1945 − im KZ Buchenwald. Erst wieder das Nachkriegskind in den 1990er-Jahren, Aleida Assmann, neben einigen Wenigen, hat seinen Namen buchstabiert. Zuerst nur leise und dann immer lauter, bis sie dem französischen Soziologen Maurice Halbwachs endlich das Gehör verschafft hat, das er, bevor er starb, verloren hat. Und plötzlich wurde es still in Deutschland. Wer war Maurice Halbwachs? Wieso gerade er? Wie schon gesagt, Maurice Halbwachs war einer der ersten Soziologen, der zwischen 'Fremd' und 'Eigen' zu vermitteln versucht hat und davon sprach, dass sowohl private Erinnerungen als auch Erinnerungen eines 'ganzen' Kollektivs im Gedächtnis von Gruppen oder Individuen nicht nur vollzogen, sondern auch gespeichert werden können. Nur damals sprach man noch nicht von einer 'Speicherung', auch nicht von 'Konservierung', lediglich von einer 'Aneignung' und an diesem 'Terminus' hält die Holocaustforschung bis heute fest. Langsam schlug die leise Stimmung um, die junge Generation kam zu Wort, nicht die Nachkriegsgeneration, sondern die 'Blumenkinder' und die, die sich anschickten, alle Konventionen über den Tisch zu werfen. Zu schnell, viel zu schnell, und dann auch die vielen Folgen. Evident kein bester Weg, doch wenigstens 'ein Weg'. Es geht hier also um das Verhältnis zwischen Juden und Nicht-Juden in der (Un-)Möglichkeit des Zusammenlebens- 'Miteinander'. Aleida Assmann (1983) beschreibt die 'ethische' Erinnerungskultur“ als eine 'kritische' Auseinandersetzung mit Staat- und Gesellschaft im Kontext unterschiedlicher 'Erfahrungen' aus der 'Täter'- 'Opfer'- Perspektive. Ferner geht es hier auch um alle denkbaren 56

Formen 'bewusster' Erinnerungen − an Persönlichkeiten, Literatur, historische Ereignisse und Prozesse, die sowohl politischer, kognitiver als auch ästhetischer Natur sein können. Die Frage nach der Erinnerungskultur ist also zugleich die Frage danach, was erinnert wird bzw. wie und von wem erinnert wird. Die 'Erinnerungen' eines Individuums sind stets in gesellschaftliche Strukturen eines sozialen Umfeldes eingebettet, die ihren Anfang meist in der 'Familie' als 'Gruppe' haben, dann im Verlauf des Lebens können sie auch von anderen 'Corpora' wie 'Schulkollektiv', 'Arbeitsgemeinschaft', 'Freizeitkollektiv', ferner auch von 'Interessegemeinschaften' abgelöst werden. Diese Tatsachen verweisen darauf hin, dass jedes soziale 'Ich' mit einem gemeinschafts-sozialen 'Wir' verknüpft werden kann. Die beiden bilden zwar 'keine' untrennbare Einheit, weil sie nur einen Teil des 'sozialen' bzw. 'kollektiven' 'Gedächtnisses' präsentieren und ihr 'Emotional-Gehalt' auch unterschiedlich stark stabilisiert, verstärkt, oder abgeschwächt werden kann. Dabei entstehen auch 'Gedächtnisqualitäts-Unterschiede, die hier jedoch nicht als eine 'Wertung' zu verstehen sind, weil sie sich auf die qualitative 'Dauer' der Gedächtnisspeicherung beziehen, die der Empfänger dann auch als Bilder, Texte, Ereignisse, Musik oder Sprache wahrnehmen kann. Das 'Kollektive-Gedächtnis', nach Aleida Assmann (2003) nimmt im Unterschied zum 'Sozialen-Gedächtnis' längere Zeiträume in Anspruch und ist daher 'stabiler' als das Soziale- Gedächtnis. Ob hier tatsächlich, wie Aleida Assmann (2003) eruiert, das 'Soziale Gedächtnis' mit dem Tod des lebendigen Trägers der Erinnerung stirbt, ist fraglich. Denn würde dies zutreffen, dann stellt sich unwillkürlich auch die Frage nach dem 'Gebet-Ritus' eines 'Holocaust- Überlebenden'. Gerade der Stammbaum90 des Judentums präsentiert Inhalte des 'Kollektiv- Gedächtnisses' im 'Gebet' als das längste 'Soziale Kollektivgedächtnis' seit 5780 Jahren – somit als die längste Codierungskette der Menschheitsgeschichte. Damit steht auch fest, dass weder das 'Soziale Gedächtnis' noch das 'Kollektive Gedächtnis' mit dem Träger des Gedächtnisses wegsterben. Es erklärt lediglich die Tatsache, dass das 'Kollektive Gedächtnis' etwas 'stabiler' als das 'Soziale Gedächtnis' sein muss, weil es seine Inhalte länger im Gedächtnis speichert. Was damit auch zusammenhängt, dass sich die unterschiedlichen Inhalte ihrer 'Aneignung' nicht decken. Aleida Assmann hat hier eine hervorragende Arbeit geleistet: Durch die Werteaneignung kommt es zur Reduktion der Distanz zwischen 'Fremd' und 'Eigen'. Die 'Aneignung erinnerter 'Vergangenheit' durch Gruppen bzw. Individuen hat demzufolge eine 'identitätsstiftende' Wirkung, die gerade in der

90 Mt 1, 1-16; Lk 3, 23 - 38 57

Nachkriegszeit neue Perspektiven geweckt hat: Durch die Aneignung der 'Werte' kommt es auch zur Werteaneignung91 anderer Kulturen. Das 'bewährteste' und 'geduldigste' Mittel der Aneignung ist, neben der Bilddarstellung im Theater und Film, wohl der 'literarische Text'. Dem 'Text' in jeder Form, ob literarisch oder kritisch-literarisch, als Poesie oder Lyrik oder einfach nur als 'Wort', haben die Holocaust- Überlebenden Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki versucht das zurück zu geben, was es im Krieg unter dem Nationalsozialismus verloren hat: 'Pädagogische Funktion', deren Inhalte zur Nachahmung wert sind: „Wer immer an diese Vorräte ran konnte, hat gestohlen…Vera hat mich dann gründlich verunsichert, indem sie mir auseinandersetzte, dass wir das getan hätten, weil wir hungrig seien, aber letztendlich hätten wir von der Gemeinschaft der Häftlinge gestohlen. Mir war das ein neuer Gedanke…Es war mir überhaupt nicht eingefallen, dass die Suppe für die anderen um die paar Rüben…dünner sein würde“ (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 153-154). Betrachtet man die Theologie nicht nur 'passiv' als die Lehre von Gott, sondern 'aktiv' als die Gottes-Lehre bzw. als die Erziehungs-Wissenschaft und Oberhüterin der Pädagogik – so wie diese an den Synagogen von je her gelehrt wurde. Denn die ersten Schulen als Lehranstalten92 standen neben den Synagogen − noch lange vor der Antike der Griechen und Römer, deren allgemeingültiges Dogma in der 'Gottes-Präsenz' allein durch die '10-Gebote des Mose' paraphiert wurde, – unabhängig vom individuellen Grad des Glaubens in der Glaubens- Hierarchie ihrer 'Ganzheit'. So kann man auch erst die verzweifelten Versuche der Holocaust- Überlebenden verstehen, auf die Ursachen der Miss-Entwicklungen innerhalb künstlich- geschaffener politischer Systeme aufmerksam zu machen (wie es vor allem der Nationalsozialismus gezeigt hat) und auf die Bedeutung der theologisch-pädagogischen Bildungs-Wissenschaft93 in ihrer 'Erzieh'- und 'Erzieher'-Ausbildung. Es ist gerade das authentische Zeitzeugnis, Dokument in der Unmittelbarkeit der Sprache, das sich im Besonderen dann auch als anschauliches Material für den Unterricht eignet. Als Pflichtlektüre zur Reifeprüfung für die Abiturienten sehr zu empfehlen. Den Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki gelingt es, an einem relativ kleinen Muster des autobiographischen Geschichtszeitzeugnisses dem Rezipienten eine Vorstellung vom 'Gesamtbild' der Literaturgeschichte des 20. Jh. zu vermitteln. Marcel Reich-Ranicki schildert den Lebenswandel in einer unglaublichen Dynamik, dann auch das allmählich aufsteigende

91 Beispiele für Werteaneignungen sind: Erinnerungen an Persönlichkeiten, Bilder, Literatur, Texte, Denkmäler, Bauten, Feste und Rituale u.a. 92 Vgl. ALEŠÍKOVÁ, Dagmar, 2012, Definice Generativního Systému Pedagogiky. 93 (Vgl. BRENNER, Dietrich, 2005; Vgl. HERBART, Johann Friedrich, 1983; Vgl. FRISCH, Max, 1961, Andorra; Vgl. Pogromen: 1099, 1348-1353, 1492, 1510, 1933-1945,1946 …). 58

Hierarchie-System des Nationalsozialismus und die Akademiker als Arbeitssuchende, die über die Nacht zu arbeitslosen 'Karikaturen' 'vergessener' Kinder Gottes in vergessenen Ghettos und KZ-Lagern die Hand hoch zu halten versucht haben, bevor sie in der Moorlandschaft von Lublin verschwunden sind. Hier fängt dann auch der private 'Diskurs' der Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranickis an. Der Literaturkritiker und Kulturkorrespondent Marcel Reich-Ranicki ist Überlebender des 'Warschauer Ghettos, aus dem ihm (1944) mit seiner Ehefrau Teofila die Flucht gelang. Ähnlich wie Ruth Klüger, die mit ihrer Mutter Alma zunächst nach Theresienstadt (1941) deportiert wurde und auf dem Todesmarsch von Auschwitz nach Christianstadt, einem Außenlager von Groß-Rosen – ebenfalls die Flucht gelang. Als Marcel Reich-Ranicki kaum neun Jahre alt war und aus seiner polnischen Geburtsstadt Włocławek nach Berlin übersiedelt wurde, hat ihn seine Lehrerin mit den Worten verabschiedet: „Du fährst, mein Sohn, in das Land der Kultur.“94 Doch zu der Sehnsucht nach deutscher Kultur, die Reich-Ranicki von der deutschsprachigen Mutter Helene Ranicki aufgesaugt bekommen hat, mischen sich allmählich widersprüchliche Erfahrungen in der Kultur-Hauptstadt Berlin, die nur ein paar Jahre später in Warschau zurück, den jungen Marcel haben gelehrt zu hüpfen 'hin' und 'her', zwischen 'Lebensverzweiflung' und 'Kulturglück', 'Zukunftsangst' und 'Liebeserfahrung', Todesgewissheit und 'Hoffnung'.

Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki sind authentische Gestalten und es ist sicher kein Geheimnis, dass gerade Zeitzeugen schon immer auch ein Teil der narrativen Welt darstellten, von der sie zuvor vorgeprägt und mitgeformt wurden, zugleich gestalten sie die Welt auch mit. Wieviel Anteil eine authentische Gestalt an der 'Weltveränderung' haben könnte, bleibt nur schwer zu beantworten. Doch eines kann man mit Bestimmtheit sagen, dass die Unmittelbarkeit der Sprache und die Bilder, die im Gedächtnis verbleiben, sich sicherlich nicht so einfach löschen lassen: „Ich habe nicht überlebt, ich gehöre zu den toten Kindern"95. Dieser Satz, der Autorin Ruth Klüger, lässt die Antwort frei zu entscheiden, ob die 'Erinnerung' an Holocaust für die Zukunft nicht die 'moralische' 'Erinnerungspflicht' eines jeden Teilhaber der europäischen Geschichte sein sollte. „Unten auf der Straße liefen Nazibuben herum, mit ihren kleinen spitzen Dolchen, und sangen das Lied vom Judenblut, das vom Messer spritzt“96

94 Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, Deckblatt 95 (Vgl. KLÜGER, Ruth, 2017 In: SZ-MAGAZIN, 16.06.2017, S. 12-20) 96 (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S.10) 59

„Ich habe Theresienstadt irgendwie geliebt, und die neunzehn oder zwanzig Monate, die ich dort verbrachte, haben ein soziales Wesen aus mir gemacht“97 103)

Auf den ersten Blick fehlt es dem 'Vergleich' der beiden Zitationen am logischen Zusammenhang. Doch bedenkt man, wie im ersten Fall, sobald die Erziehung und Bildung ihren ethisch-erzieherischen Bestimmungs-Gegenstand aus den Augen verloren hat, dass nur noch das menschliche 'Blut vom Messer' spritzen kann. So macht der Vergleich gleich wieder Sinn. Die zweite 'ethische' Anführung bestätigt dann auch den widersprüchlichen 'negativen' Inhalt der ersten Zitation und macht evident, dass erst auf dem Punkt 'Null' – die 'Maxime' des 'Ethisch-Erzieherischen' erreicht werden kann. Das 'System Theresienstadt' hat das 'Leben/Überleben' zweifellos − zum Nachteil materieller Absicherung − an die erste Stelle gestellt. Die semantische Form-Verkürzung im Motto: „Holocaust/ Brandopfer“ profiliert die geistig- (un)sichtbaren Vorgänge vom »Leben und Tod vs. Geben und Nehmen«, die auf den Wertvorstellungen der »Selbstverpflichtung Israels auf Vorangegangenes«98 rekurrieren, Wie man unschwer erkennen kann, gelingt es den Autoren nur mit zwei kurzen Zitationen die schleichende Lebensbedrohung des NS-Systems darzustellen, das Spinnennetz aus Einzel- Ereignissen, das sich über den Köpfen der Menschheit schließt, ohne dass sie auf die Idee kommt, die 'Hamans'-Falle99 zu durchschauen und den 'negativen' Werdegang einer ganzen Nation rechtzeitig zu stoppen. Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki machen auf das 'Unwissen' von anderen Kulturen aufmerksam und verweisen zugleich auf das Resultat einer 'Missentwicklung', die in einer Gesellschaft allein an der Fähigkeit scheitert: sich in das 'Gotteskind'100 hinein zu versetzten, das vor dir steht.

97 (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. an das sich 'das Volk' Israel zusammen mit −' 'מילה ' / המילה ' .Hier ist es: das Wort am Anfang: Wort 'Mila' hebr 98 dem 'Volk'-Christentum im lebendigen Systemplan der Schöpfungsgeschichte eingebunden versteht – 'untrennbar' dann auch mit dem 'irdischen' Dasein. 99 Vgl. Est, 3,7-11 100 Vgl. BENEDICT, XVI, Papst, (2019) 60

ZUSAMMENFASSUNG

Das Kollektive-Gedächtnis', nach Aleida Assmann (2003), nimmt im Unterschied zum 'Sozialen-Gedächtnis' längere Zeiträume in Anspruch und ist 'stabiler' als das Soziale- Gedächtnis. Ob hier tatsächlich, wie Aleida Assmann (2003) eruiert, das Soziale Gedächtnis mit dem Tod des lebendigen Trägers der Erinnerung stirbt, ist zu hinterfragen. Denn würde dies zutreffen, dann stellt sich unwillkürlich auch die Frage nach dem 'Gebet-Ritus' eines 'Holocaust-Überlebenden'. Gerade der Stammbaum101 des Judentums präsentiert Inhalte des 'Kollektiv-Gedächtnisses' im 'Gebet' als das längste 'Soziale Kollektivgedächtnis' seit 5780 Jahren – somit als die längste Codierungskette der Menschheitsgeschichte. Damit steht fest, dass weder das 'Soziale Gedächtnis' noch das 'Kollektive Gedächtnis' mit dem Träger des Gedächtnisses weg-sterben können. Es erklärt lediglich die Tatsache, dass das 'Kollektive Gedächtnis' etwas 'stabiler' als das 'Soziale Gedächtnis' sein muss, da es länger im Gedächtnis gespeichert wird. Ferner die Tatsache, dass sich auch die Inhalte in der 'Aneignung' nicht decken. Aleida Assmann hat hier eine hervorragende Arbeit geleistet. Gerade in Bezug auf das 'Eigen' und 'Fremd', von dem gerade beim Maurice Halbwachs noch die Rede ist, hat die 'Aneignung' unterschiedlicher Inhalte eine 'identitätsstiftende' Wirkung für die Annäherung der Kulturen: Durch die Aneignung von Werten102 kommt es auch zur Reduktion der Distanz zwischen 'Fremd' und 'Eigen' und bietet neue Perspektiven für die Zukunft. Das 'bewährteste' und 'geduldigste' Mittel der Aneignung ist, neben der Bilddarstellung im Theater und Film, der 'literarische Text'.

101 Mt 1, 1-16; Lk 3, 23 - 38 102 Beispiele für Werteaneignungen sind: Erinnerungen an Persönlichkeiten, Bilder, Literatur, Texte, Denkmäler, Bauten, Feste und Rituale u.a. 61

1.3 Lager und Ghettos

Hier im Abschnitt stellte sich die Untersuchung die Fragen: Wie beschreibt Marcel Reich- Ranicki und Ruth Klüger ihre Flucht: moralisierend, belehrend, neutral: wie erklären sie das eigene Überleben? Können sich Phänomene wie Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie und Ausgrenzung wiederholen? Kann man durch die Erziehung und Bildung diese Phänomene beseitigen? Was versteht man unter der ästhetischen Holocaust-Versprachlichung, unter Holocaust und unter den Grenzen der Holocaustvermittlung?

Ruth Klüger macht sich nach dem Krieg ebenso wie Marcel Reich-Ranicki, Überlebender des Warschauer Ghettos, vielerlei Gedanken über die Tatsache der besonderen Umstände, die sie, anstatt andere, haben überleben gelassen. Zunächst sollte die Frage nach dem Unterschied zwischen Ghetto und KZ-Lager gestellt werden. Doch wer sich diese Frage stellt, der brandmarkt mit dem Assoziations-Radius der Gleichgültigkeit alle die, die das 'Dantes Inferno' nicht überlebt haben. Doch die Frage der Entstehungsgeschichte dieser Orte wäre hier zur Klärung legitim, vielleicht sogar von Nöten, damit die wahren Federtreiber der Holocaust-'Erinnerungen', hier im Anschluss, dann auch etwas zu Wort kommen können. Das Ghetto Theresienstadt wurde vom Kaiser Franz Josef II als Festung gegen den Einfall der Preußen (1780) auf dem Boden Böhmens errichtet. Da sich jedoch kurz nach der Fertigstellung der Festung die Länder Österreich und Preußen gegen das revolutionäre Frankreich verbündet hatten, diente Theresienstadt ab sofort als Gefängnis für politische Gefangene, was seine Fortsetzung dann auch unter Protektorat Böhmen und Mähren hatte. Theresienstadt diente seit 1939 als Gefängnis dem Gestapo, mit der Zentrale in Prag. Gerade aus Prag gingen dann auch die ersten Transporte mit Juden 1941 in Richtung – Ghetto Theresienstadt. Im Unterschied zu KZ-Lager Auschwitz-Birkenau gab es im Internierungslager Theresienstadt keine Gaskammern. Bis Ende des Krieges 1945 passierten diese 'einstige' Festung der Kaiserlichen Hoheit ca. 140 000 Gefangene, bevor die meisten von ihnen dann End 1944 in Auschwitz-Birkenau vergast worden sind.

Etwas andere Geschichte hatte das Warschauer Ghetto, das von Anfang an nicht die Bedeutung eines 'mittelalterlichen' Wohnbezirks Getto hatte, wo Juden wohnen konnten und 62 durften. Sondern das Ghetto in Warschau wurde eigens im Stadtzentrum der Hauptstadt Polens 'Warszawa Główna' von den Nationalsozialisten 1940 errichtet, das zwischen dem Danziger Bahnhof und Hauptbahnhof situiert ist. Zunächst war es nur Sammellager und seit 1942 diente es, im Rahmen der Aktion Reinhardt als Startrampe für die Deportation der Juden in den benachbarten Ort Treblinka. Das Vernichtungslager Treblinka wurde mit über 1. Mio ermordeten Juden, zum größten Vernichtungslager auf dem Boden Europas. Der Aufstand im Warschauer Ghetto war demnach nur die Antwort auf die geplante Aktion Reinhardt, über die auch Marcel Reich-Ranicki hier informiert. Der, zu jener Zeit erst 22- Jährige Marcel Reich war einer der deutsch-jüdischen Übersetzter im Ghetto Warschau und zugleich auch das Mitglied des Ältesten Rates der Juden in Polen. Der Vorsitzende und Obmann des Judenrates hieß Adam Czerniakow103. Erst der Selbstmord Czerniakows am 23. Juli 1942 hat auf die hoffnungslose Lage der Juden im Warschauer Ghetto aufmerksam gemacht. Marcel Reich-Ranicki war zu jener Zeit das Mitglied der größten Ansammlungen von Juden in Europa und (nach New York). Marcel Reich-Ranicki wohnte auch in der Mila Straße 18, die vom 19. April bis zum 16. Mai 1943 zum Zentrum des Warschauer Wiederstandes wurde. Die zentralen Köpfe des Warschauer Wiederstandes, mit denen Marcel Reich-Ranicki unwillkürlich in Berührung kam, haben dem, am 22. 7. 1942 jungverheirateten Ehepaar Marcel und Teofila Reich, dann auch zur Flucht verholfen. Die Entscheidung zur Flucht hat das Ehepaar ein Tag vor Czerniakows Tod getroffen, als es von der Aktion Reinhardt erfahren hatte, deshalb und gerade deshalb auch schnell geheiratet, doch die Unterschlupft außerhalb des hermetisch abgeriegelten Warschauer Ghettos, konnten ihnen nur einige Mitglieder der Organisation ZOB104 in Aussicht stellen:

„Tosia und ich …wurden auf den Platz geführt, auf dem sich heute das 1947 errichtete Warschauer Getto-Denkmal befindet … Hier sollte sich wieder einmal entscheiden, ob wir nach links gehen mussten, also zum »Umschlagplatz«, zu den Waggons nach Treblinka, oder nach rechts, also, vorerst, am Leben bleiben durften. … Meine Eltern hatten schon ihres Alters wegen - … keine Chance… Ich sagte ihnen, wo sie sich anstellen mussten. Mein Vater blickte mich ratlos an, meine Mutter erstaunlich ruhig… sorgfältig gekleidet: Sie trug einen hellen Regenmantel, den sie aus Berlin mitgebracht hatte. Ich wusste, dass ich sie zum letzten

103 „Wenig später entdeckte der Kassierer des »Judenrates«, …die Leiche des Obmanns des 'Judenrates' in Warschau. Auf seinem Schreibtisch …ein leeres Zyankali-Fläschchen und ein halbvolles Glas Wasser. Auf dem Tisch…zwei kurze Briefe, an Czerniaköws Frau gerichtet: »Sie verlangen von mir, mit eigenen Händen die Kinder meines Volkes umzubringen …“. Erst der Selbstmord Czerniaköws am 23. Juli 1942 hat auf die hoffnungslose Lage der Juden in Warschaus aufmerksam gemacht Evident war Czerniaköw ein Mann mit Grundsätzen, ein Intellektueller, der an hohe Ideale glaubte. Diesen Grundsätzen und Idealen wollte er auch noch in unmenschlicher Zeit und unter kaum vorstellbaren Umständen treu bleiben. 104 1942 wurde die Jüdische Kampforganisation (spätere Abkürzung ZOB) − gegründet. 63

Mal sah. Und so sehe ich sie immer noch: meinen…Vater und meine Mutter in dem schönen Trenchcoat aus einem Warenhaus unweit der Berliner Gedächtniskirche. Die letzten Worte, die Tosia von meiner Mutter gehört hat: »Kümmere dich um Marcel«… Alles musste sehr schnell geschehen…konnte uns die Flucht aus der Kolonne nur jetzt gelingen oder nie … dieses Risiko musste man in Kauf nehmen. Ich gab Gustawa Jarecka … ein Zeichen, dass wir ausbrechen wollten, und sie uns folgen solle. Sie nickte…Da zerrte mich Tosia aus der Reihe, wir rannten in das Tor eines schon im September 1939 zerstörten Hauses in dieser lieblichen, dieser Mila-Straße. Gustawa Jarecka folgte uns nicht, sie ist mit ihren beiden Kindern im Waggon nach Treblinka umgekommen.“

Der amerikanische Autor Leon Uris hat in seinem Roman „Exodus“ (1961) den Aufstand im Warschauer Ghetto, nach den Aussagen der Überlebenden beschrieben, der dann auch mehrfach vom Regisseur Frank Beyer ( Jakob der Lügner ,1974), Peter Kassovitz (Jakob der Lügner, 1999), Roman Polański (Der Pianist, 2002), Dror Zahavi (Mein Leben: Marcel Reich-Ranicki (2009) verfilmt wurde.

Vielleicht kann man behaupten, dass gerade diese Szene, wo Tosia ihren Marcel aus der Reihe zieht beim Regisseur Dror Zahavi (2009) deutlich zu erkennen ist. Auch der bekannte polnische Dichter des 20. Jahrhunderts Wladyslaw Broniewski hat der Mila Straße 18, die so viel wie 'Lieblichstraße' heißt, eines seiner bemerkenswertesten Gedichte gewidmet:

Die Lieblich Straße - lieblich ist sie nicht. Die Lieblich Straße - betritt sie nicht, Meine Liebste… Und selbst wenn ich zu. dir dränge, meide ich die Lieblich Straße, denn wer weiß, ob ich mich dort nicht erhänge.

Augenfällig ist die unterschiedliche Perspektivwahrnehmung der Grenzsituationen, die das Überleben der Zeitzeugen garantieren, wobei hier der Altersunterschied zwischen den Autoren nur eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint. Doch gerade diese Perspektivwahrnehmung macht nachdenklich, weil das positive 'Trans–Ich' den Überlebenden stets genau das zu sagen hat, was auch sie selbst in der Gleichzeitigkeit der transzendentalen Gegenwart andeuten wollen. Dies würde auch erst die Hoffnung hebr. 'Hatikvah' erklären, die in ganz aussichtslosen Situation eines unausweichlichen Zustandes die Situation der Gegenwart als 'unwirklich' 64 erscheinen lässt und den Gegenentwurf in Bedrängnis: die Zwänge in ihrer Unannehmbarkeit erst durch die systematische Hinwendung zum absoluten 'Ich' dann auch erst als die einzige Realität der metaphysischen Geborgenheit durch die 'Universal-Macht' erkennen lässt und als die einzige 'Wirklichkeit' bestätigt: „Die in Auschwitz zu den Gaskammern gefahren wurden, sollen auf den Lastwagen manchmal die Hatikvah gesungen haben…heute die Nationalhymne Israels“105 Ruth Klüger beschreibt hier die Angst als die Kehrseite der Hoffnung: „ …man spürt sie wie Sand auf der Zunge und wie Rauschgift in den Adern.“106

Die Holocaust-Überlebende hat hiermit die 'Angst', 'Hoffnungslosigkeit' in der 'höchsten Bedrängnis' als 'nicht-wirklich'107 bestätigt, somit als die Fata-Morgana der 'Realität', gegenüber der »Zuversicht, Liebe, Vertrauen und Hoffnung« auf die das Wort am Anfang – als die einzige Realität in der metaphysischen Geborgenheit der 'Universal-Macht' gebunden ist, die allein das (Über-)Leben garantiert: Ruth Klüger hat sich bewährt, indem sie nicht auf die Bedrängnis-Situation geschaut hat, sondern Worte in Prosa zitiert hat. Auch Marcel Reich-Ranicki als das Ghetto ausgehoben bzw. geräumt werden sollte und alle Gefangenen am folgenden Tag in die Gaskammern deportiert werden sollten, heiratet noch am selben Tag Tosia Ranicki: Marcel und Tosia haben sich als Menschen in ihrer 'Liebe' bewährt, bleiben am Leben. Die aus Prag stämmige Mutter Alma Klüger wendet sich in der Aussichtslosigkeit der Flucht- Situation an einen unbekannten protestantischen Pfarrer, der ihnen mit dem Namen 'Kalisch' eine neue Identität und das Überleben garantiert: Kalisch/Kališníci/Jan Hus bedeutet auf Deutsch, es ist der »Allerheiligste Kelch des Allerheiligsten Sakramentes des Alleiheiligsten Altares«.

105 Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 106 106 ebd. Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 106 107 Ruth Klüger konzentriert sich nicht auf die Situation der Bedrängnis, sondern sagt beim Appellstehen gebundene Prosa- Worte auf Doch das nackte Überleben scheint keine Kommunikation und Verständigung zu kennen. Das Kind Susanne Klüger besitzt realiter keine Macht, um dem Ort ʻAuschwitzʼ einfach den Rücken zu kehren, auch keine »Sapientia Salamonis«, um sich über das NS-System zu erheben oder sich gar mit diesem zu arrangieren (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S.136). 65

ZUSAMMENFASSUNG

Auf die Frage wie Marcel Reich- Ranicki und Ruth Klüger ihre Flucht beschreiben, ob moralisierend, belehrend oder neutral, kann geantwortet werden, dass sie nach Antworten suchen, das eigene 'Holocaust'-Überleben zu erklären. In ihren Beschreibungen, die gelegentlich auf 'Jiddisch' oder 'Hebräisch' ausfallen, lässt sich auch stets die Frage im Hintergrund heraushören, wie das 'Überleben' möglich war. Beide Autoren nehmen evident die Gleichzeitigkeit in der Unmöglichkeit des Lebens und Überlebens wahr. Holocaust profiliert auch die geistig- (un)sichtbaren Vorgänge vom »Leben und Tod« vs. »Geben und Nehmen«: Beide Bedingungen wurden hier erfüllt, weil sich die Zeitzeugen stets für das Leben entschieden haben und nicht auf die Bedingungen geachtet haben. Diese Bedingungen galten nicht für ihre Existenz. Die einzige Bedingung war das 'Wort' an dem Ruth Klüger festgehalten hat und die 'Liebe' an der Marcel Reich-Ranicki und Tosia festgehalten haben.

66

Zum Fremden und Eigenen im Zeitraum von 1968 und 1989

2 Sprachlich-mediale Holocaust-Vermittlung. Holocaust- Produktion: Die Opfer sprechen anders. Wie lesen die Nichtopfer:

Die zentrale Frage der Analyse hier im Kontext zwischen 'Fremd' und 'Eigen': Können sich Phänomene wie Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie und Ausgrenzung wiederholen? Kann man durch die Erziehung und Bildung diese Phänomene beseitigen? Was versteht man unter der ästhetischen Holocaust-Versprachlichung, unter den Grenzen der Holocaustvermittlung?

Die gegenwärtige 'Holocaustforschung' und die 'Interkulturelle Wissenschaft' sind bemüht mit ihrem methodischen Apparat die geistig-kulturellen und sozio-gesellschaftlichen Zusammenhänge der 'Einheit', 'Verständnis' und 'Differenz'-Reduktion im Kontext des 'Eigen' und 'Fremd' aufeinander zu beziehen, ohne dass das Wesentliche der kulturellen 'Einmaligkeit' aufgehoben wird (Vgl. HEIMBÖCKEL, Dieter, WEINBERG, Manfred, BOGNER, Andrea, 2017). Auf die Frage, ob sich Phänomene wie Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie und Ausgrenzung wiederholen können, kann die Analyse mit der Studie nur Teilantworten liefern, denn die Analyse-Resultate im Kontext der authentisch-autobiographischen Holocaust- Zeitzeugnisse halten lediglich 'bedingte' Momentaufnahmen, die nicht nur von den Erkenntnissen und Wissen der Rezeptionswirkung abhängen, sondern auch von der Vermittlung der Perspektiven und der Umstände mit denen auch die 'Grenzziehung' der sprachlichen Vermittlung der Holocaustüberlebenden einhergeht.108

Auf dem thematischen Bezugsfeld der Holocaustautobiographien werden deshalb auch nur die problemorientierten Zitationen untersucht, die den notwendigen Konnex zum inhärenten 'theologisch'-historischen Motto 'Holocaust' in seiner Funktions-Einheit herstellen: d.h. die die Dynamik im System und Prozess von 'Holocaust' als die 'Gesamt-Verklammerung' des authentischen Holocaustoeuvres im 'Fremd' und 'Eigen' evident machen.

108 Vgl. ASSMANN, Aleida, 1983; ; 2003; 2006; 2007; ASSMANN, Jan, 1988; 1993; 1998 67

Das Verfahren könnte man hier auch als die Suche nach 'Ordnung' verstehen bzw. als die Suche nach Gründen und Ursachen für die (Un-)Möglichkeit der Sprachvermittlung und die Notwendigkeit ihrer Überwindung.

Die Holocaust-Überlebenden Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki exemplifizieren mit ihren kritisch-explosiven Argumentationen die historischen Entwicklungszusammenhänge und soziogesellschaftlichen Irrwege, ferner auch Phänomene, denen die Autoren nicht selten sprachlos gegenüberstehen. Neben dem Phänomen des Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie und Ausgrenzung, die im 'Fremd' und 'Eigen' über Jahrhunderte tradiert wurden, (siehe Kapitel 1 „Das Verhältnis zwischen Juden und Nicht-Juden nach 1945“) gibt es das Phänomen der 'Gleichzeitigkeit' im menschlichen Dasein, das als 'Erstes' beleuchtet werden muss, will man die Frage beantworten, ob sich auch tradierte Phänomene wie Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie und Ausgrenzung wiederholen können.

„Die Welt hatte sich nicht verändert, Auschwitz war nicht auf einem fremden Planeten gewesen, sondern eingebettet in das Leben da vor uns, das weitergegangen war wie vorher. Ich grübelte über die Inkongruenz nach, dass diese Sorglosigkeit im selben Raum existiert wie unser Transport… Das von mir erlebte hatte die da draußen nicht einmal berührt. Ich entdeckte das Geheimnis der Gleichzeitigkeit als etwas Unergründliches, nicht ganz Vorstellbares, verwandt mit Unendlichkeit, Ewigkeit“ (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 145).

Mit einem Assoziations-Radius der 'Gleichgültigkeit' brandmarkt hier Ruth Klüger das Klischeehafte im Leitmotiv der 'Gleichzeitigkeit', die in denselben Raum der Weltgeschichte gestellt wird − wie der (Vieh)Transport, mit dem das Kind Susanne Klüger nach Auschwitz- Birkenau unterwegs ist. Es geht nicht mehr um das 'Eigen' und 'Fremd' im Soziokulturellen − 'Miteinander', sondern um den 'Einzelnen', der wie das 'Wort' auf der Textoberfläche der 'Weltgeschichte' erscheint, die in ihn hineinwirkt, noch bevor er den Sinn-Gehalt seiner 'Sendung' dechiffrieren konnte. Doch was ist die die Sendung eines Menschen, dessen Aufgabe oder Funktion? Geht man davon aus das der Mensch in das Uhrwerk im Dasein als ein Teilchen des Ganges impliziert wurde, genau da, wo ihn der Uhrmachermeister gebraucht hat, damit der Gang der Uhr auf Zeit gewährleistet wird und dieses Teilchen dann auch noch − wie das Leben − nur für das Dasein in dieser 'materiellen' Welt, dann auch nur eine 'bedingte' Existenzberechtigung hat, während das eigentliche Leben wo anders stattfindet.

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Holocaustraum konstruieren und konstituieren zwei faktisch-historischen Bezugsfelder: die 'Sprache' und 'Erinnerung'. Das Phänomen 'Gleichzeitigkeit' im Wechselspiel zwischen 'Jenseits' und 'Diesseits' verweist auf die unverständlichen Wandelgänge der Geschichtsentwicklungen. Das Motto 'Holocaust' profiliert alle historischen, geistig- '(un-)sichtbaren' Vorgänge vom 'Leben und Tod' als 'Ganzes', d.h. das es auch das einzige Korrelat zwischen 'Jenseits' und 'Diesseits' allen 'Lebendigen' darstellt, in dem all´ das 'reflektiert' wird, was man die alleinige 'Wirklichkeit' und 'Existenz' allen 'Lebens' nennt, hier ist es auch die Antwort auf die Frage: Was versteht man unter 'Holocaust'? Nicht allein, weil im 'Holocaustopfer' mit dem Wort 'Mila' vom Israel die Wertvorstellung der Selbstverpflichtung Israels auf das 'Vorangegangene'109 postuliert wird, sondern weil allein das Wort 'Mila' im wiederholenden Ablauf der Geschichtsentwicklung, einer jeden lebendigen Daseinsform: das 'Leben' und 'Sterben' evident macht. Nach dem Motto: 'Ich lebe, weil das Ganze über und unter mir und um mich lebt und sich bewegt'.110 Das Facit hier: Allein das Wort 'Mila' impliziert in seinem ethisch-ästhetischen Wert die Entität »Leben«, in dem allein sich der Sinngehalt der Menschheitsgeschichte finden lässt. Diese frappante Abschweifung auf das Gebiet einer begrifflich-inkongruenten Ebene der 'Phänomenologie', mutet zunächst befremdlich an, gewinnt jedoch gleich wieder an Bedeutung durch die imponierende Art wissenschaftlicher Betrachtungsweise in ihrer 'Objektivität' und 'Offenheit fürs Ganze'111. Die Tatsache, dass alle Phänomene wie Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie und Ausgrenzung neben ihrer Wahrnehmbarkeit auch noch Funktion und Ziel haben, muss nicht immer 'gleich' für jeden verständlich sein. Doch muss der Mensch wissen, dass es in der Hand der menschlichen Systeme liegt, wie sich der Weg des Einzelnen gestaltet. Der Umgang also entscheidet über die Art des Lebens- Wandels112 in der Bewährung der Menschheitsgeschichte im 'Irdischen Dasein', dann auch über die irdischen (Macht)-Kämpfe. Abrahams113Vorbild des 'Gehorsams/Liebe' und des 'Vertrauens/Vergebung'114: entscheidet über die Fortsetzung vom 'Leben' oder 'Tod': Gehorsam und Vertrauen im Sinne von 'Liebe

109 Das Opfer, das Abraham nicht vollenden durfte, das aber Jesus Christus vollenden musste (und gerade auch deshalb das Verbot von jedem Baal Opfer) 110 Vgl. RAUCH, Beda, 1971, S. 100 111 Vgl. WALD, Berthold, 2013; 2018; 1999: Offenheit fürs Ganze ; Vgl. PIEPER, Josef, 1933 112 Abenteuer, Schicksal 113 Die gläubige Gelassenheit Abrahams, der sich über seine Ausnahmestellung bewusst zu sein scheint, zeigt sich während seiner Opfer-Vorbereitung in einer Art »Passivität« bzw. Warte-Zustand auf einer der Zwischenstationen seines Weges. Bisher hat Abraham lediglich sein eigenes Schicksal als »Warte-Zustand« wahrgenommen, nun ist er im Wartezustand mit dem Schicksal seines Sohnes Isaaks, für dessen Leben er als leiblicher Vater Verantwortung trägt: „Zum Warten 69 und Vergebung' als 'Das Instrumentarium' der Universal-Macht, die über die Tilgung der beiden Sphären von »Leben und Tod« entscheidet. Gleichzeitig wird jedem Teilnehmer der Geschichte die 'scheinbare' (Un)Möglichkeit des Ausweichens innerhalb dieser künstlich-geschaffenen 'Systeme' des Nationalsozialismus, Kapitalismus, Kommunismus, Kolonialismus… bewusst, in die das Leben des Menschen 'unwillkürlich' hineinversetzt ist. Diese Tatsachen werden an drei Phänomenen exemplifiziert: Als erstes am Requisit der 'Tonne' des 'Diogenes'; Zweitens am Phänomen: 'Appellstehen'; Drittens am Phänomen: 'Transport':

„Nur die Tonne des Diogenes steht noch aus: nach außen ist sie das Requisit der Gelassenheit; aber auch ein Rest von Illusion nach innen wirkt in ihr: dass es nämlich ins Ermessen des einzelnen gestellt sei, wie weit er das Spiel mit der Welt treiben wolle – während doch längst mit ihm gespielt wird“ (Vgl. RAUCH, Beda, 1971, S. 134).

Die 'Entscheidung' eines jeden Menschen steht demnach im Konnex seiner Funktion/Sendung, hier auf die Tonne bezogen: nicht alles was im positiven Sinne in das Requisit der 'Tonne' hineinstrahlt und was von ihr weiterwirkt – muss der Mensch 'verstehen' oder von sich 'preisgeben'.

„Viele KZ-Insassen haben Trost in den Versen gefunden…Man fragt sich, worin denn das Tröstliche an so einem Aufsagen eigentlich besteht….Mir scheint es indessen, dass ….die gebundene Sprache, eine Stütze gab“.115„Die Schillerschen Balladen wurden dann auch meine Appellgedichte, mit denen konnte ich stundenlang in der Sonne stehen und nicht umfallen, weil es immer eine nächste Zeile zum Aufsagen gab, und wenn einem eine Zeile nicht einfiel, so konnte man darüber nachgrübeln, bevor man an die eigene Schwäche dachte…Bis zum nächsten Appell“ (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 124). „Unser Zug gehörte doch zu den Lagern, zu der Eigenständigkeit und Besonderheit der Lagerexistenz, und da draußen war Polen, oder Deutschland, Oberschlesien…Heimat für die Menschen, an denen wir vorüberfuhren, … Ich entdeckte das Geheimnis der Gleichzeitigkeit

gehört aber auch das Gefühl für den richtigen Augenblick“ (Vgl. RAUCH, Beda, 1971, S. 103). 114 Hier werden das »Vertrauen« und die »Zuversicht« als das »Übergeordnete« hochgehalten, weil sie unabhängig vom Lebens-Wandel, Entwicklung und allen Lebens-Veränderungen und ihren Bedingungen sind und deshalb bestimmt auch ihre »Größe« über ihr »unsterbliches« Lebens-Format, Beispiel: Hiob (42,10-17); Beispiel: Maximilian Maria Rajmund Kolbe (1894-1941). 115 KLÜGER, Ruth, 1992, S. 124 70 als etwas Unergründliches, nicht ganz Vorstellbares, verwandt mit Unendlichkeit, Ewigkeit“ (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 145) Das Kind Ruth Klüger beschreibt hier das Phänomen der 'Gleichgültigkeit' vs. 'Sorglosigkeit' in der 'Gleichzeitigkeit' des Weltgeschehens, die in die 'Hilflosigkeit' des Kindes hineinwirken, während − die 'Höhere-Kraft' − unabhängig vom Weltgeschehen einem jedem Menschen die 'Innere-Freiheit' garantiert. Deshalb kann Ruth Klüger durch die Monotonie der Gedichtstrophenwiederholungen das historische Holocaust-Geschehen: für ein paar Augenblicke lang vergessen lassen. Die beiden Phänomene 'Transport' und 'Appellplatz' zeigen die äußere 'Normalzeit' und ihre gleichzeitige Absonderung von der 'gelebten Vorzeit'. Dieses Phänomen erklärt dann auch die Unverständlichkeit der 'Sende'-Funktion eines 'vorausgehenden' Textes für die Rezeptions- Geschichte, der in die 'Gleichzeitigkeit' der Gegenwart hineinversetzt wurde, zugleich von der Ewigkeit die innere 'Freiheit' garantiert bekommen hat, die sich allein an das Wort am Anfang bindet: Beispiel Maximilian Kolbe in der Todeszelle vor der tödlichen Phenolspritze: gehorcht er der Liebe, bewahrt die Ruhe und hat Vertrauen; Beispiel der Schülerin des aus Prostějov /Proßnitz stammenden Phänomenologen Husserl: Sr. Edith Benedicta Stein vom Kreuz: Vom Osten kommt das Licht − geht die Sonne auf. Die Gleichzeitigkeit der Geschichte wird hier evidenter Weise von der narrativ-linearen Erzählstruktur der Holocaust-Erinnerungen lediglich 'durchbrochen' und jeweils auf der aktuellen Zeit-Ebene wieder zum Fließen gebracht.116

„Und so könnte man etwa sagen, dass gerade in diesem perversen Auschwitz das Gute schlechthin als Möglichkeit bestand, als ein Sprung über das Vorgegebene hinaus“ (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 136).

Mit dem Motto: „Sprung über das Vorgegebene hinaus“ deutet die Autorin Ruth Klüger (un)bewusst auf das Attribut im Dasein ihres eigenen Lebens hin, dem ihre eigene Sprach- Logik den Seltenheitswert seiner 'Bestimmung/Sendung/Sprache' verdankt, d.h. mit dem Aufsagen der auswendiggelernten bzw. selbstproduzierten Poesie in gebundener Sprache: sich kapriziös über das Vorgegebene hinaus zu erheben, um nicht dem Tod anheimzufallen.

Auf die Frage, ob sich Phänomene wie Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie und Ausgrenzung wiederholen können und ob die Erziehung und Bildung diese Phänomene

116 ebd. Vgl. RAUCH, Beda, 1971 71 beseitigen kann, ist die Frage nach der kultur-pädagogischen Lehrvermittlung der Erinnerungs-'Inhalte' und dann auch nach ihrer 'spezifischen' Aneignung, an die gerade Israel mit seiner Erinnerung an das 'Vorangegangene' mit dem Wort 'Mila' – 'untrennbar' verbunden ist. Die letzte Frage, die sich die Studie in diesem Abschnitt stellt, ist die Frage: Was versteht man unter der ästhetischen Holocaust-Versprachlichung und unter den Grenzen der Holocaustvermittlung? Der Nationalsozialismus und der Faschismus haben mit der 'Ästhetisierung' der Politik alle traditionellen Mittel zur 'Verführung' der Massen und zur Werteumkehrung eingesetzt. Mit 'Holocaust' als Folge haben sie die Grenzen der Geschichts-Versprachlichung in ihrer Möglichkeits-Ausprägung überschritten. Das liefert auch die Antwort auf die Grenzen der Versprachlichung, denn realiter waren nur wenige Holocaustüberlebenden im Stande das 'Unbeschreibliche' zu beschreiben: weder mit Worten noch mit Text, noch mit Bildern. Es handelt sich um eine Art 'spezifische' Kommunikations-Sprachvermittlung, die der Faschismus und Nationalsozialismus kreiert hat. Würde man den Nationalsozialismus bzw. auch den Kommunismus von der heutigen Perspektive aus beschreiben wollen, so müsste man den Ausdruck gebrauchen: 'Instrumentalisierung der Ästhetik'.

Um das Ziel zu erreichen, wurden feindliche Bilder117 erzeugt und Vorstellungen118 geweckt, Legitimes119 umgeworfen, 'Gewohntes' und 'Geistiges' in ihrer Ordnung120 abgeschafft und durch neue Ziele- und Materialversprechungen121 zur Anschauung gebracht.

Wagt man dieses künstlich-'illusionäre' NS-System noch mit einem 'neuen' Nomen zu umreißen, so wäre Bertold Brechts unsystematische 'Verfremdung' der Realitätsverhältnisse auf der Theaterbühne die passende Antwort. Wurde in den 1950er-Jahren dann auch als Entfremdung (Negation der Negation) in der praktischen Darstellung umgesetzt:

„Habe auch ich mir vom Theater vor allem Unterhaltung und Ablenkung in düsterer Zeit erhofft? Und nicht mehr? Vielleicht doch. Sollte ich etwa Schutz gesucht haben? Dies aber würde bedeuten, dass meine kaum zu überschätzende Begeisterung für das Theater sehr wohl mit dem neuen Regime zu tun hatte. Nicht obwohl, sondern weil Barbaren in Deutschland herrschten, benötigte ich dringend ein Asyl“ (Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 107).

117 nicht mehr der 'Ewige Jude': 'Ungeziefer Gottes' 118 Die Vorstellung der Freisprechung von Schuld und Verantwortung 119 Neue Gesetzte verabschiedet 120 Hitler zum Gott erhoben 121 Den Besitz des Judentums beschlagnahmt 72

Hier bestätigt der Autor Marcel Reich-Ranicki die 'enorme' Bedeutung vom Theater und verweist gleichzeitig auf die Katastrophe, wenn es durch 'Entfremdung' zum gesellschaftlichen Unterdrückungszwang und zum Mord des 'Ethischen-Selbstbewusstseins' kommt. Würde man noch weitergehen und das 'NS-System' in seiner inhaltlichen und optischen 'Umkehrung' plastisch abbilden wollen, so würde anstelle des 'Meister des Todes', der 'Lebensvernichtung', der 'Endlösungsfrage', der 'Verzweiflung', der 'Tränen' der 'Verdammung', Dantes Infernos, der Stunde 'Null' −− das 'Ersehnte Jerusalem', 'Das friedliche Zusammenleben', die 'Lebensfreude', die 'Geistige' Welt, die Entspannung, die Befreiung, die Zuversicht, die Hoffnung, die Liebe und das 'ethische' Selbstbewusstsein − einkehren.

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ZUSAMMENFASSUNG

Die zentralen Fragen der Holocaustuntersuchung im Kontext 'Fremd' und 'Eigen' waren, ob sich die Phänomene wie Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie und Ausgrenzung auch in der Zukunft wiederholen können. Ferner, ob man durch die Erziehung und Bildung diese Phänomene beseitigen könnte. Des Weiteren, was man unter der ästhetischen Holocaust- Versprachlichung versteht bzw. unter 'Holocaust' als solches und unter den Grenzen der Holocaustvermittlung?

Die Ziele der gegenwärtigen 'Holocaustforschung'122 und der 'Interkulturellen Wissenschaft'123 sind: Mit ihrem 'methodischen' Apparat die geistig-kulturellen und sozio-gesellschaftlichen Zusammenhänge der 'Einheit', 'Verständnis' und 'Differenz'-Reduktion im Kontext des 'Eigen' und 'Fremd' aufeinander zu beziehen, 'ohne' dass das Wesentliche der kulturellen 'Einmaligkeit' aufgehoben wird.

Auf dem thematischen Bezugsfeld der Holocaust-Autobiographien der Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki wurden Phänomene untersucht: Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie und Ausgrenzung und die Frage gestellt, ob sich diese Negativerscheinungen wiederholen können. Die Analyse124 konnte die Frage beantworten, weil die genannten Phänomene zum inhärenten 'theologisch'-historischen Motto 'Holocaust' den notwendigen Konnex in seiner »Funktions-'Einheit'« herstellen. Das Verfahren hat Gründe und Ursachen für die (Un-)Möglichkeit der 'Holocaust'- Vermittlung in den Oppositions-'Merkmalen' der Täter-Opfer Relationen gefunden, die in der 'Sprache und Erinnerung' vorliegen: in der Verzerrung' der Wirklichkeit, in den Versuchen der Geschichts-'Umdeutung' und im Geschichts-'Revisionismus', die in ihren möglichen Anfängen nicht nur nicht sofort beim 'richtigen' Namen benannt wurden, sondern 'fehlgeleitete' Täterperspektiven auch noch 'vereitelt' haben. Des Weiteren wurde auch die Notwendigkeit der Überwindung aller pädagogischen Verflachungserscheinungen erkannt, die mit ihren 'alten' Koeffizienten und Strukturen auf alten 'Inhalten' der Vor-Jahrhunderte 'erstarrt' geblieben sind und hier die Hauptursache und

122 Vgl. ASSMANN, Aleida, 1983; ; 2003; 2006; 2007; ASSMANN, Jan, 1988; 1993; 1998 123 Vgl. HEIMBÖCKEL, Dieter, WEINBERG, Manfred, BOGNER, Andrea, 2017 124auch wenn die authentisch-autobiographischen Holocaust-Zeitzeugnisse der Autoren nur Teile 'bedingter' Momentaufnahmen präsentieren und die Resultate stets auch von den Erkenntnissen, dem Wissen der 'Rezeptionswirkung' und von der 'Vermittlung' der Holocaust-Umstände – abhängen 74 dann auch die Hauptverantwortung für die (Un-)Möglichkeit der Kommunikation des 'Miteinander' zwischen 'Fremd' und 'Eigen' tragen.

Das Motto 'Holocaust' profiliert alle historischen, geistig- '(un-)sichtbaren' Vorgänge vom 'Leben und Tod' und stellt deshalb auch das einzige 'Korrelat' zwischen 'Jenseits' und 'Diesseits' im Plan des 'Lebendigen-Daseins' her. Indem sich 'allein' in der Entität 'Leben' der Sinngehalt der Menschheitsgeschichte 'widerspiegelt', liefert dann auch allein die Entität 'Holocaust' das, was die 'Wirklichkeit' unter Korrelat zwischen 'Leben und Tod' versteht. Auf die Frage, ob sich Phänomene wie Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie und Ausgrenzung wiederholen können bzw. ob die Erziehung und Bildung diese Phänomene beseitigen kann, ist die Frage nach der 'interkulturellen' Kommunikation, die mit einer 'neuen' ethisch-ästhetische Sprache einen positiven soziokulturellen Kommunikations-Umgang garantieren kann.

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3 Nachkriegsdebatten, Diskurse und Kontroversen im Nachkriegsdeutschland zwischen 1968 -1989

Die Fragen, die sich die Studie hier stellt: Welche Debatten bewegten den deutsch-jüdischen Diskurs nach 1945? Führten die Debatten zu Veränderungen, einem gemeinsamen Konsens über die Zuständigkeit und Verantwortung nach 'Auschwitz' bzw. zur Annäherung zwischen 'Fremd' und 'Eigen'? Diskutieren die Diskursteilnehmer mit dem Bewusstsein, dass die Historie stets auch instrumentalisiert werden kann, oder geht es Ihnen mehr um die Präsentation des eigenen 'Ich'? Nehmen auch die Autoren Marcel Reich-Ranicki am historischen Diskursen Teil oder führen sie mehr einen persönlichen Diskurs im historischen Raum nach Holocaust?

Seit Kriegsende bewegt das 'Holocausthema' − selbst −die Vielfalt gesellschaftlicher Diskurse in zahlreichen historisch-geführten Kontroversen und Debatten − bis zur Gegenwart. Die Aktualität des Holocaustthemas erklärt, warum das Thema noch nicht erschöpft ist: betrifft es doch alle Teilnehmer und Teilhaber der europäischen Geschichte 'Holocaust'. Denn die Untersuchung geht auch davon aus: wo mehr diskutiert und auch einander noch zugehört wird, kommt die Instrumentalisierung der Geschichte weniger zu Wort. Angefangen mit der Fischer-Kontroverse (1961), der Goldhagen-Debatte (1996), der Walser-Bubis-Kontroverse (1998), dem ‘Historiker-Streits’ aufgrund der Nolte-Habermas-Debatte (2002), der Walser- Debatte (2002) und der Günter Grass-Debatte (2006) −− lässt sich dann auch die ‘späte’ Entwicklung der deutsch-deutschen Nation zum Nationalstaat Deutschland auf dem Boden Europas – nachvollziehen.

Solche und ähnliche Fragen bewegten Deutschland seit Kriegsende 1945, führten zu 'lauten' Diskussionen, aber auch zur Arnoldshainer Tagung, der es gelungen ist, zusammen mit dem Fritz Bauer Institut in Frankfurt am Main und dem Hamburger Institut für Sozialforschung: – einen allgemeinen Konsens über die gesellschaftliche und literarische Verantwortung und Zuständigkeit ‘nach Auschwitz’ zu erreichen. Unter der Titelüberschrift „Gegenüber – Deutsche Nachkriegsliteratur und Holocaust“ (1997) kam die Forschung überein, dass man im objektiven Gegenüber von Nicht-jüdischen und jüdischen Autoren der deutschen Sprache und ihren unterschiedlichen sprachlichen ‘Übersetzungen’ die Überwindung von historischen 76 und psychologischen Dispositionen im ‘Fremden’ und ‘Eigenen’ erreichen kann, um auf diese Weise neue ‘versöhnende’ und literarisch diskursive Formen zu entwickeln. Man könnte die Arnoldshainer Tagung als die ‘Grundsteinlegung’ der künftigen ‘Interkultu- rellen Wissenschaft’ betrachten.

Die Autobiographie „Mein Leben“ (2000) ist vor allem verbunden mit der Persönlichkeit Marcel Reich-Ranicki selbst, mit dem Werdegang seiner humanistischen Bildung und Erziehung und der außerordentlichen Liebe zur Literatur und Literaturgeschichte. Der Klassenbeste Gymnasiast in Deutsch und später Literaturkritiker und -Korrespondent Marcel Reich-Ranicki scheint sein ganzes Leben lang einen persönlichen historischen Diskurs geführt zu haben: in seinen Artikeln, Beiträgen, Publikationen, Rezensionen und Reden, die dann auch weltweit Einfluss auf die politische Landschaft genommen haben, wie weit müsste noch nachgeforscht werden. Wohl alles mit dem einzigen Ziel, damit sich 'Holocaust' nicht mehr wiederholt, mit der Erinnerung gegen das Vergessen und um die Distanz-Reduzierung zwischen 'Fremd' und 'Eigen', dann auch zwischen' Juden' und 'Nicht-Juden' zu verringern. Ob als Gymnasiast in Berlin oder Mitglied des Judenrates, der größten Ansammlungen von Juden in Europa und (nach New York), überall scheint der Geist des jungen Marcel Reich- Ranicki über dem Judentum zu wachen, selbst am Punkt Null des 'Diaboli': „Die Tür zu dem großen … Amtszimmer Czerniakows war… offen. Er stand, umgeben von … SS-Offizieren, … Leiter der allgemein »Ausrottungskommando« genannten Hauptabteilung Reinhard beim SS- und Polizeiführer, der SS- Sturmbannführer Höfle. Ihm wurde ich von Czerniakow vorgestellt…: »Das ist mein bester Korrespondent, mein bester Übersetzer. 125

Überall, wo der wissbegierige, allzeit hilfsbereite und intelligente junge Mann Marcel Reich- Ranicki auftaucht folgt er, wie Jakob Israel, gerade auch dem Ruf, der ihn gerade brauchen will: „Wenn ich mich damals…dem Ruf polnischer Behörden, im Auslands- Nachrichtendienst zu arbeiten, verweigert oder entzogen hätte - ich hielte es für einen Fleck in meiner Biografie. Ich müsste auch heute noch den Blick zu Boden senken. Hinzu kommt: Man brauchte mich für eine ganz besondere Arbeit. … Mich reizte eine Tätigkeit, die mit einer besonderen Aura umgeben war, ein dunkler und heikler Lebensbereich, eine von der Literatur und vom Film mythologisierte Sphäre. Also Abenteuerlust? Selbstverständlich spiel- te sie bei der Entscheidung, die mir bevorstand, eine wichtige Rolle. Nur war da bald nichts

125 Vgl. REICH-RANICKI,Marcel, 2000, S. 235 77 mehr zu entscheiden“.126 Worum ging es in der Walser- Bubis Debatte? Hatte sie zum Ziel bzw. die Funktion in der Frankfurter Paulskirche: das Beil der Geschichte in die Reihen der deutsch-jüdischen Kulturlandschaft zu treiben, um den allmählichen Konsens der deutsch-jüdischen Erinnerungskultur in Frage zu stellen? Oder die Aufgabe das Gewissen Deutschlands aufzurütteln? Oder war es doch nur der klare Schnitt, mit dem Ziel − säuberlich die Zukunft von der Vergangenheit zu trennen und die Teilnehmer der Geschichte ins Zentrum des Geschehens zu katapultieren? Anlass genug für den Schriftsteller Martin Walser die Friedenspreisrede am 11. 10. 1998 in der Paulskirche am 'Frieden' vorbei reden zu lassen, um die Kluft zwischen 'Eigen' und 'Fremd' aufzuzeigen, dem Juden und Nicht-Juden, statt zu reduzieren was uns voneinander trennt. Es ist das eigene 'Ich', das im Zentrum der Debatten steht. Ist das der Erfolg des 'Miteinander' nach Holocaust, zu dem alle Teilhaber und Teilnehmer der Geschichte geladen sind? Die Walter-Bubis Debatte bewegte am meisten die deutsch-jüdische Landschaft, wie keine andere, deshalb ist der etwas längere Einstieg hier zu entschuldigen. Die Betonung lag am 'Vergessen' und 'Schluss-Strich', nicht an dem 'Miteinander'. Das Wort Erinnerung an 'Holocaust' kam nicht wirklich zum Ausdruck. Was war dann das Ziel der Rede Martin Walsers, seine Zuhörer darüber aufzuklären, wie künftig mit der Holocaustproblematik umgegangen werden wird? Worum ging es Marin Walser und seinen aufmerksamen Zuhörern, wollten sie oder wollten sie nicht mehr an − 'Holocaust' − erinnert werden. Das würde für das künftige 'Judeo-christliche' Europa: »Kein Weg«, heißen. Denn ist ein Schritt falsch, ist falsch auch die ganze Richtung. Der damalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis war überfordert, bezeichnete die Rede (un- )bewusst als "geistige Brandstiftung". Die Bezeichnung lehnt sich semantisch jedoch eng an den Inhalt im Begriff 'Holocaust'. Walter Bubis setzte eine lange Debatte in Gang. Die deutsche Streitkultur hört sich aufmerksam die Worte Martin Walsers an: "Ich verschließe mich Übeln, an deren Behebung ich nicht mitwirken kann. Ich habe lernen müssen, wegzuschauen. […] Auch im Wegdenken bin ich geübt."127

Es ist die Ich-Bezogenheit in der Rede Martin Walsers, die keiner Erinnerung bedarf, die hier im Hintergrund schlummert und die Moral mit dem Gewissen paaren möchte. Das Gewissen kann auch dem 'Ich' folgen und den Werten seiner eigenen Vorstellungskraft, ebenso die

126 Vgl. REICH-RANICKI,Marcel, 2000, S. 315 127 78

Moral. Doch wenn sich der Inhalt des Ichs nicht mit dem Inhalt des 'Wortes am Anfang' decken, bezeichnet es die Philologie gerne auch als einen 'Irrweg'. Diesen Weg hat auch der Namensvetter Martin Walsers: Martin Luther irrtümlicher Weise angeschlagen, sobald der Gottgeweihte wie König David die Hand nach der Frau des anderen ausgestreckt, hier nach der Frau 'des Höchsten', am Bespiel Katharina von Bora. Auf die Antwort im Universalsystem des Schöpfers musste nicht lange gewartet werden: Luther ist es gelungen die Kirche mit der 'Axt der Historie' zu spalten. Die Inhalte des »Wortes am Anfang« sind: die Liebe, das Leben, das Licht, der Weg und die Wahrheit. Will man an diesen Werten festhalten, so bedarf es 'einer Erinnerung'. Außerdem hat das Wort ein 'Ziel' und eine 'Funktion'. Die Wahrheit steht hier in der L-Reihe und W-Reihe – evident am Ende. Vielleicht weil gerade die 'Wahrheit' an den Werte-Inhalt des Vorangegangenen – erinnern muss. Die Frage ist, ob der Mensch auch wirklich in die gleiche Richtung schaut, wohin vorher auch das »Wort am Anfang« geschaut hat und unterwegs war (Ziel-Funktion). Denn sagt die Wahrheit aus, dass der Weg falsch ist, so ist auch der Inhalt der »ganzen Wort- Reihe« mit der Information zusammen falsch und am Ende kommt nicht »das 'Ziel'« heraus, sondern unmerklich die Eigenliebe, das 'Ich', von dem am Anfang die Rede war.

Das Facit der ganzen Überlegung hier ist, dass jeder, der sich an dem Walser-Bubis Diskurs beteiligt hat, ob Klaus von Dohnanyi, Monika Maron, Augstein, Walser, Bubis… − wissen sollte, was man unter den Inhalten im »Wort am Anfang« zu verstehen hat. Das ist nicht sofort zu haben, kann nur schwer erworben werden, weil hier die Sehnsucht danach im Vordergrund steht, entschlossen dem Wort zu folgen, egal was für Wetter Draußen herrscht, um gemeinsam das 'wahre' Ziel zu erreichen. Denn das »Wort am Anfang« hat auch eine Funktion und der Inhalt ist unmissverständlich klar: an das Leben zu erinnern, das ans Kreuz geschlagen wurde und zu wissen, dass es am dritten Tage auferstanden ist. Die Auferstehung ist der endgültige Bruch mit dem 'Hier' und 'Jetzt', aber sie erwartet auch von uns, dass auch wir wissen, wann wir loslassen müssen − von uns selbst und uns allein auf das eine 'Wort' verlassen. Seit Mitte der 80-er Jahre entwickelten sich zahlreiche geschichtspolitische Kontroversen, z.B. der Historiker-Streit (1986/87), Habermas-Nolte Debatte (2002), der Skandal um die Jenninger-Rede (1988), die Kontroverse um die Neugestaltung der Gedenkstätte "Neue Wache" in Berlin (1995), das Buch Daniel Goldhagens (1996), die Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht (1997). 79

Alle diese Anstrengungen setzen voraus, dass man ihren Inhalt im Voraus verstanden hat, um dem Zuschauer und Zuhörer, nach Jan Amos Komenský /Johann Amos Comenius,128 dann auch diese mühsame Produktion in ihrer Anschaulichkeit präsentieren kann. Ja, weder die Vergangenheit noch die Zukunft kommt dem Menschen selbst entgegen, allein das 'Wort am Anfang' gibt die Richtung an, will man nicht wie Jakob Israel noch einmal 6/7- (000) Jahre hier unterwegs sein. Die Autorin Ruth Klüger trifft nur einmal öffentlich mit Martin Walser aufeinander. In diesem eher privaten Diskurs schreibt sie in einem offenen Brief an den, in der Jugend eng befreundeten Schriftsteller Martin Walser (Christoph), fühlt sich durch seine Publikation „Der Tod eines Kritikers“ (2002) und die Darstellung eines Kritikers als jüdisches Scheusal aus Goethes Werken Erlkönig/Faust/Shylock tief betroffen, gekränkt und beleidigt.

128 Vgl. ALESIK, Dagmar (2012): Definition der Pädagogik 80

ZUSAMMENFASSUNG

Es ist das 'Holocausthema' − selbst – das in zahlreichen historisch-geführten Kontroversen und Debatten die deutsch-jüdische Kulturlandschaft − bis zur Gegenwart bewegt. Die Aktualität des Holocaustthemas erklärt, warum das Thema noch nicht erschöpft sein kann: betrifft es doch alle Teilnehmer und Teilhaber der europäischen 'Holocaust'-Geschichte. Denn die Untersuchung geht auch davon aus: wo mehr diskutiert und auch einander zugehört wird, kommt die 'Instrumentalisierung' der Geschichte weniger zu Wort. Angefangen mit der Fischer-Kontroverse (1961), der Goldhagen-Debatte (1996), der Walser-Bubis-Kontroverse (1998), dem ‘Historiker-Streit’ in der Nolte-Habermas-Debatte (2002), der Walser-Debatte (2002) und der Günter Grass-Debatte (2006) lässt sich dann auch die ‘späte’ Entwicklung der deutsch-deutschen Nation zum Nationalstaat Deutschland auf dem Boden Europas – nachvollziehen. Auf die Frage ob die Debatten zu einem allgemeinem Konsens über die gesellschaftliche und literarische Verantwortung und Zuständigkeit ‘nach Auschwitz’ geführt haben, kann mit: 'Ja' geantwortet werden. Der Arnoldshainer Tagung ist es gelungen, zusammen mit dem Fritz Bauer Institut in Frankfurt am Main und dem Hamburger Institut für Sozialforschung: – einen allgemeinen Konsens über die gesellschaftliche und literarische Verantwortung und Zuständigkeit ‘nach Auschwitz’ zu erreichen. Unter der Titelüberschrift „Gegenüber – Deutsche Nachkriegsliteratur und Holocaust“ (1997) kam die Forschung überein, dass man im objektiven Gegenüber von Nicht-jüdischer und jüdischer Autoren der deutschen Sprache und ihren unterschiedlichen sprachlichen ‘Übersetzungen’ die Überwindung von historischen und psychologischen Dispositionen im ‘Fremden’ und ‘Eigenen’ erreichen kann, um auf diese Weise neue ‘versöhnende’ und literarisch diskursive Formen zu entwickeln. Man könnte die Arnoldshainer Tagung als die ‘Grundsteinlegung’ der künftigen ‘Interkulturellen Wissenschaft’ betrachten. Auch die Autoren Marcel Reich-Ranicki und Ruth Klüger blieben von diesen Debatten nicht unberührt, wurden in den Sog von Bewegungen der Nachkriegsdiskurse hineingezogen. Ihr Instrumentarium ist die Schlagfertigkeit ihrer Sprache, die weder ironisch noch trocken ist und sich mit Aufmerksamkeit und Bewunderung ihren Zuhören widmet: richtet sich stets auf das 'Wort' der anderen und achtet ferner auf die Brillanz im schönen Buchstaben der deutschen Sprache. Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinen Verbrechen hat sich nicht als Kontinuum präsentiert, sondern verlief in einzelnen Sprungphasen. Zahlreiche Kontroversen und Debatten über den zukünftigen Umgang mit der 81

Erinnerung an den Holocaust hat Deutschland seit Mitte der 80-er Jahre dann auch in regelmäßigen Abständen geschüttelt. Doch am Beispiel der wohl sehr umfangreichen und längsten Debatte der so genannten 'Walser-Bubis-Debatte', die mit der Friedenspreisrede des Schriftstellers Martin Walser am 11. Oktober 1998 in der Frankfurter Paulskirche angefangen hat, ist sich Deutschland erst des' brüchigen' Konsens in der deutschen Gedächtniskultur klar geworden. Es ist gerade diese Walser-Bubis-Debatte, die der Gesellschaft im Ganzen den Spiegel vor die Augen hält. Die Betonung lag am 'Vergessen' und 'Schluss-Strich', nicht an der Erinnerung und dem 'Miteinander'. Das Wort Erinnerung an 'Holocaust' kam nicht 'wirklich' zum Ausdruck. Es folgten seit Mitte der 80-er Jahre noch viele weiteren Kontroversen und Diskurse, z.B. der Historiker-Streit (1986/87), Habermas-Nolte Debatte (2002), der Skandal um die Jenninger- Rede (1988), die Kontroverse um die Neugestaltung der Gedenkstätte "Neue Wache" in Berlin (1995), das Buch Daniel Goldhagens (1996), die Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht (1997). Doch alle diese Anstrengungen, um mit ihrer mühsamen Produktion den Zuschauer und Zuhörer, nach Jan Amos Komenský /Johann Amos Comenius129 in ihrer Anschaulichkeit für sich zu gewinnen, haben nur gezeigt, dass gerade die unterschiedlichen Ziele und Interessen der Diskursteilnehmer der Grund für die Unmöglichkeit des 'Miteinander' sind. Gerade mit dem Bewusstsein, dass der Menschheit weder die Vergangenheit noch die Zukunft entgegen kommt, gewinnt das 'Wort am Anfang' immer mehr an Bedeutung. Die Autorin Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki sind beide mit Martin Walser 'untrennbar' in die Fänge der deutsch-jüdischen Geschichte verstrickt. Ruth Klüger durch die gemeinsame Studienzeit mit Martin Walser (Christoph) in Bayern Regensburg und Marcel Reich-Ranicki durch die Karikatur des Ewigen Juden Shylock in Martin Walsers Publikation „Der Tod eines Kritikers“ (2002). Martin Walser verbindet mit Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki die wunderbare Tatsache seines 'halb-jüdischen' Sohnes Jakob Augstein, der an den Jakob Israel erinnert, nicht nur mit seinem Äußeren, sondern gerade durch die Liebe zum Wort, das ihm in der gegenwärtigen deutschen Kulturlandschaft evident ans Herzen gewachsen ist. Ferner bestätigt Jakob Augstein dann auch mit seinen intelligenten Auftritten auf Phoenix unter: „Augstein und Blome“ (2011- 2020…), die sehr stark an das Format 'Marcel Reich-Ranicki' erinnern, dass durchaus die gemeinsame Richtung auch kritisch hinterfragt werden kann, ja sogar kritisch hinterfragt werden muss, soll die Richtung ihrer Bewegungskreise weder zu weit nach rechts, noch zu sehr nach links ausschlagen.

129 Vgl. ALESIK, Dagmar (2012): Definition der Pädagogik 82

Das Fremde und Eigene im Holocaust--Literaturdiskurs nach 1989

4 Mittel- und osteuropäischer Literaturdiskurs nach 1989

Die zentrale Fragen der Studie hier: Gab es einen mitteleuropäischen und ostmitteleuropäischen (tschechischen bzw. slowakischen) Diskurs? Gibt es Erkenntnisse über die Zuständigkeit und Verantwortung nach 'Auschwitz' − nach 1989? Was versteht man unter 'Holocaust' im Kontext der Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft der Philologie und Holocaustforschung: Definition der Kategorie 'Holocaust'

Die Frage, ob es einen Mittel- und Osteuropäischen bzw. ostmitteleuropäischen Diskurs über die Zuständigkeit und Verantwortung nach Auschwitz – nach 1989 gegeben hat, hat insbesondere das Prager Zentrum der Jüdischen Studien, das Zentrum für Holocauststudien und Jüdische Literatur der Philosophischen Abteilung der Karls Universität in Prag und Institut der Tschechischen Literatur der Akademie der Wissenschaft zusammen mit der Justus Liebig Universität für Slawische Studien in Gießen Deutschland und der Universität Łodzki (Arbeitsstätte für Jüdische Sprache und Kultur) −− untersucht.

'Holocaust' hatte seinen Anfang auf dem Boden der 'Polnischen Republik' gehabt und deshalb kam die stärkste Reflexion über 'Holocaust' von Orten der 'unmittelbaren' Vernichtung, aus Publikationen in polnischer Sprache. Die Literaturwissenschaft als hermeneutische Wissenschaft setzt sich mit 'subjektiven' Zeitzeugnis-Erfahrungen auseinander. Die Aussagen und Erlebnisse der Zeitzeugen werden je nach ihren Inhalten einer geschichtswissenschaftlich Überprüfung unterzogen: auf 'Authentizität' − im Sinne einer Dokumentar-Literatur bzw. auf 'fiktive' Ereignisdarstellungen, die aber durchaus auch historischen Hintergrund haben können. Zur Holocaustzeitzeugnissen gehören autobiographische Holocaust-Zeitzeugnisse, die das historischen Geschehen in der 'Unmittelbarkeit' der Sprache widerspiegeln und der Geschichte deshalb als Dokumentarliteratur dienen. Das Thema 'Holocaust' als Metapher fürs 'Leben' und 'Tod' erzwang von der Literatur- und Sprachwissenschaft eine Revision ihrer 83 bisherigen 'Funktionsbereiche', ferner benötigte sie Erweiterung ihrer Forschungsfelder. Das Thema 'Holocaust' steht als Metapher für das 'Leben und Tod', d.h. es überschreitet die Grenzen der Forschungsfelder der Sprach- und Literaturwissenschaft, zugleich verbindet die Holocaustproblematik die interdisziplinären Forschungsbereiche der Literatur und Sprache mit weiteren Forschungs-Disziplinen wie Psychologie, Linguistik, Soziologie, Kultur- und Geschichtswissenschaft. Alvin Rosenfeld (2000) hat sich mit der Singularität des 'Holocausts' auseinander gesetzt. Der Forscher kommt zu dem Ergebnis, dass Holocaust keinen Vergleich und keine Assoziationen zulässt: „Es gibt keine Metapher für Auschwitz, wie Auschwitz keine Metapher für was anderes ist. Warum ist das so? Weil die Flammen wirkliche Flammen waren, die Asche nur Asche, der rauch immer und einzig Rauch. Wenn man fragt, welche Bedeutung darin liegt, dann kann die Antwort nur heißen: Auschwitz hat die Menschheit ihr eigenes Herz eingeäschert. Die Brände taugen für keine andere Metapher, keine andere Metapher, kein anderes Gleichnis oder Symbol – für keinen Vergleich und keine Assoziation mit irgendetwas anderem (Vgl. ROSENFELD, Alvin, 2000,S.34).

Die Untersuchung wird die These von Alvin Rosenberg (2000) hier bestätigen.

Definition von 'Holocaust' als 'Kategorie' der Philologie: Das Denotat 'Holocaust' profiliert die Metapher für 'Leben und Tod' im Symbol des Ortes 'Auschwitz'. Denn gerade das ‘Implizite’ im Denotat ‘Holocaust’ als Brandopfer, auf das die Autorin Ruth Klüger mit ihrem ‘Selbstverständnis’ referiert „ich gehöre zu den toten Kindern"130 (2017) wirft die kritischen Fragen auf, die auch in der gesamten Metakritik ‘Holocaust’ laut werden, dass der persönliche Einsatz in der Solidarität, hier in der Gleichsetzung mit den ‘toten’ Kindern, sich im Operationssystem der Sprache und für die Rezeption dann auch irgendwann bemerkbar machen muss. Was sich auch 'explizit' dann auch in der langen Kette von Holocaust-Neologismen konstituiert hat: Holocaust, Brandopfer, Opfer, Shoah, Churban, Porajmos, Endlösung, Katastrophe und Desaster des 20. Jh, Kulturdesaster, Tod, Auschwitz als Synonym für die Maschinerie des Todes, der größte Friedhof Israels auf dem Boden Europas, Dantes Inferno, Inferno- Moratorium, Diabolos, Meister des Todes, Fegfeuer, Folter, Gewalt, …u.a. Das Denotat 'Holocaust' rekurriert auf die authentischen Holocaust-Erfahrungen der Überlebenden, die als eine ‘Subvariante’ der literarischen Kritik aufgefasst werden müssen,

130 SZ-MAGAZIN, der Süddeutschen Zeitung, 16.06.2017, S. 12-20. 84 referiert jedoch zugleich auch auf die kontinuierliche ‘Holocaust-Wertung’, die eng mit der Literaturkritik einhergeht. Die logischen Kausalzusammenhänge der Vernichtungsmaschinerie mussten die Holocaust- Überlebenden nach dem Zweiten Weltkrieg selbst herausfinden und die Antwort auf die Frage, was die 'Epistemologie' unter der »Philologischen Erfahrung 'Holocaust'« versteht: hier ist es die Antwort auf die Frage: Welche Bedeutung hat das Denotat in der Metapher 'Holocaust' für die Philologie: Die Entität ‘Holocaust’ konstituiert mit ihren Komponenten die 'Gesamtheit' aller Philologie-Merkmale in der Metapher für 'Leben und Tod': die authentische Substanz-Anleihe narrativer Elemente, die authentisch-literarischen Kritik-Subvarianten der Holocaust-Neologismen, als auch die religiös-geschichtliche Äquivalenz im Begriff 'Holocaust'131. Gerade das ‘Explizite’ in der Handlungs- Ausgewogenheit und das ‘Implizite’ im inhärenten semiotisch-denotativen und symbolischen Ästhetik-Wert, können dann auch erst die objektive ‘Universal-Struktur’ 'Holocaust' für die Philologie als die »Höchste Kategorie der Philologie« validieren und zugleich hier die höchste Kommunikations-Art der Philologie in ihrem ethisch-ästhetischem Wert bestätigen.

Bereits kurz nach Holocaust entstehen in allen ehemaligen Ostblockländern literarische Werke132, die den Genozid an der jüdischen Bevölkerung thematisieren. Der historisch- literarische Diskurs ist im Sinne einer spezifischen, persönlichen Annäherung an das individuelle Schicksal einzelner Holocaustüberlebenden zu verstehen. Die ersten Publikationen 1945 sine „Was Dante nicht gesehen hat“ (1965) im Original-Text „Čo Dante nevidel“ von Alfred Wetzler – Es sind Werke wie „Die Rückkehr der öffentlichen Erinnerung: Der Holocaust in der polnischen Literatur der Jahre 1968 bis 1989“ (Vgl. GOLEBIOWSKI, Anja, 2012); „Schreiben im Exil – Polnische Lyrik in Israel: Neue Lebenswelt und Nachwirkung des Holocaust im Werk von Ida Henefeld-Ron“ (Vgl. HIEMER, Elisa-Maria, 2012) u.a. – die hier das Lyrische 'Ich' der Autoren präsentiert, das am nächsten der Exil- und Emigranten-Literatur steht. Es wird die Atmosphäre der gewöhnlichen Alltags- Sequenzen im schnellen Wechsel im Kontext des 'Eigen' und 'Fremd' beschrieben, die auf der Suche nach einer gemeinsamen Sprache sind. Die Autorin Elisa-Maria Hiemer zeigt hier, dass man auch eine 'Narrative Identität' konstruieren kann. Kinderbücher von Roberto Innocentis

131 Signifikat (Ausdrucksform plus Ideengehalt) und Signifikant (Inhaltsseite) – hier das nicht-vollbrachte Holocaustopfer Abrahams als die ʻHöchste Wertvorstellung des 'Absoluten', dem Abraham stets gehorchen würde und dem der jüdische Sohn mit dem 'vollbrachten' Holocaust-Opfer am Kreuz gehorcht hat. 132 (Vgl. SAUERLAND, Karol, 2010). 85

„Rosa Weiss“, die Verzerrungen der Inhalte konstruieren und damit die Objektivierung von 'Holocaust' in Frage stellen. Arnošt Lustigs „Ungeliebte“ ( Vgl. KAPTAYN, Valentina, „Holocaust mit den Augen einer Frau“, 2011), Originaltex in der Tschechischen Sprache entstand (1979): erst die englische Übersetzung schenkte Arnošt Lustig durch den Prestigepreis des National Jewish Book Award Beachtung. Ein neuer Diskurs entstand im Kontext: 'Frauen und Holocaust'. Das Thema wurde motiviert durch den Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau (2011). Doch es entstehen auch andere mehr oder weniger fiktive Texte mit Dokumentar- Hintergrund, dazu gehört Hilsenraths „Der Nazi und der Friseur“(Vgl. SRUK, Maria, 2012), „Der letzte Zeuge“- Es geht hier um die Verantwortung der Überlebenden nach Holocaut. Grynbergs „Kadisz“ (1936) (Vgl. BAUER, Katharina, 2012) einen neuen Diskurs mit Grynbergs „Kadisz“ (1936), wo der Schriftsteller sich selbst als den Schriftsteller der Toten bezeichnet. Es geht um das Leben nach und mit dem Tod als die Fortsetzung des jüdischen Krieges in Kalifornie, im Sinne eines ständigen Kampfes um einen Platz in der Gesellschaft. Es geht um Frauen, Erotik und Weiblichkeit im Kontext Holocaust. Zum Holocaustdiskurs nach 1989 gehört auch Dokumentarverfilmung der Shoah im Kontext Claude Lanzmann. Markus Roth beschreibt hier die Grenzendes Narrativen, der Darstellbarkeit, die mit den Grenzen der Zeitzeugenschaft einhergehen. Nach Dan Diner ist die Grenze von visuellen Darstellungen der Ermordung der europäischen Juden unter des Verbots der Darstellbarkeit durch Unterbrechungen der Chronologie in ihrer Abfolge und offener Ausgang von Szenensequenzen.

Das Judentum steht nach 'Holocaust' nicht nur vor den Trümmern seiner Existenz. Das System des Nationalsozialismus hat mit der Existenzfrage auch die Aufgaben, Funktion und Sendung Israels innerhalb der Weltgemeinschaft in Frage gestellt. Erst allmählich erholte sich das Judentum aus den Schrecken der Vergangenheit, suchte nach den Ursachen und Erklärungen des Desasters, nach dem Strohhalm des Trostes für die Überlebenden, nach der Heilung in der Erinnerung, nicht an das Unrecht des Bösen, sondern an die Erinnerung an die Selbstverpflichtung Israels an das Vergangene, an das 'Wort am Anfang', das alleine den Sinn des Lebens garantiert. Die Jalta Konferenz hat über die Neuordnung des Ostens verfügt, die gleichzeitig mit dem Eisernem Vorhang über die Aufteilung der Gebiete Ost entschieden hat, wie Polen, Tschechoslowakische Republik, Russland, Ukraine, Ungarn, Rumänien u.a. 86

Es waren nicht nur diese enormen Verluste an Menschenleben und materieller Kultur, es ging vor allem um den Verlust der 'Geistigen Kultur', die 'unwiederbringlich' mit dem Untergang der polnischen Ostgebiete und ihren autonomen Welten der 'Jüdischen Kultur' einherging, wie es das 'Schtetle' und 'Galizien' präsentiert hat. Es war genau all´ das, was man in der Historie unter der 'Identität' einer Kulturgemeinschaft versteht. Ob Polnische, Tschechische oder andere 'Literaturen' des 'neu' geordneten Ostblocks. Sie widerspiegeln historische, ideologische und politische Tendenzen, deren Faktoren über die Publikation innerhalb und außerhalb der 'säuberlich' mit Zirkel gezogenen Linien der neukonzipierten Kulturgemeinschaften entscheiden. Die Exilliteratur sprach nicht selten heikle, tabuisierte und verbotene Themen aus. Die 'Klassischen Exil-Länder' wie Großbritannien, USA, Frankreich und Israel bieten der Exilliteratur eine 'neue' Existenz. Gerade diese Länder kann man dann auch, aus der gegenwärtigen Perspektive, als die Begründer der 'Exilliteratur' betrachten. Das trifft auch auf die über den Holocaust entstehende Literatur zu. Die amerikanische Diaspora, in Abgrenzung vom alt-neuem Nationalismus und Antisemitismus der Ostblockländer, wurde nicht nur zum zentralen Bestandteil einer 'neuen' 'Jüdischen Identität', sondern zur Verknüpfung und Anknüpfung an die 'alte' und 'neue' Welt des Judentums: an ihre 'Jüdische Herkunft' und Kulturwerte. Viele jüdische Schriftsteller wurden erst im Exil auf ihre ursprüngliche jüdische Identität zurückgeworfen, bekannten sich erst hier leidenschaftlich erneut zu ihrem Judentum. Größere Spannungen kamen lediglich von der nationalpolitischen Seite, die alle Bezugsländer mit einschloss. Es ging um die Befriedung der unterschiedlichen Berichterstattung, die vor allem der National Polish American und Jewish American Council angestrengt hat. Hier spielte das Radio Freies Europa mit Jan Nowak und Jezioranski, Direktor des Polish American Congresses (1979-1996) eine wichtige Rolle. Ein Phänomen der Nachkriegszeit ist das eigenständige Leben von Übersetzungen in einem 'neuen' und 'alten' gesellschaftlichen, politischen und kulturellen System. Hier lassen sich die unterschiedlichen Zirkulationsebenen und Konzepte deutlich voneinander unterscheiden.

Der in Łodz gebürtige Jan Karski (Jan Kozielewski), ein Kurier des polnischen Widerstandes hat (2011) mit seiner Publikation “Story of a Secret State“ seine autobiographischen Schicksalserfahrungen und Erlebnisse in der Pariser Exilzeitschrift „Kultur“ und später in Buchform veröffentlicht. Unmittelbar nach den ersten Übersetzungen ins Schwedische (1946), Norwegische (1948) und Französische (1948) folgte eine Holocaustberichterstattungs- Funkstille. Erst durch die Einladung Elie Wiesels und der amerikanischen Holocaust- 87

Memorial Council Organisation kam es zum ersten Mal zu einem 'Internationalen Diskurs'. Jan Karski machte es möglich, dass zum ersten Mal in der Geschichte nach Holocaust (1945) − über alle Tabugrenzen hinweg − das gebotene Stillschweigen gebrochen wurde und über die Verbrechen an 'Polnischen Juden' Zeugnis abgelegt werden konnte. Der amerikanische Präsident Barack Obama erteilte Jan Karski (2012) posthum, die Freiheitsmedaille.

Die größten Problem haben den Holocaustüberlebenden bereitet: die 'göttlichen' Eingriffe in die Maschinerie des Todes 'realistisch' zu erklären, die die Zeitzeugen Alma und Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki und Teofila Reich-Ranicki (Tibor Adler-Alesik, Alfred Wetzler, Walter Rosenberg, Ruth Morgenstern, Antonie Militki, Alexander Horák, Dejeu Kleinmann… ) am Leben erhalten haben. Erinnerungen, die fortdauernd in das 'Hier' und 'Jetzt' und das Vernichtungs-System zwischen 'Leben und Tod' eingebunden sind, werden durch die moralisierenden Reminiszenz-Einbrüche in das Holocaustgeschehen – motiviert, bleiben in ihrer allzeit präsenten 'Unmittelbarkeit' konserviert und können sich dann auch erst gegen das Vergessen richten.

Doch einen Holocaust-Diskurs, wie es diesen im westlichen Teil des Eisernen Vorhangs gegeben hat, hat es im Ostblock, hier östlich des Eisernen Vorhangs nicht gegeben. Der Grund ist, dass die Vergangenheitsaufarbeitung bis zur Gegenwart auf sich warten lässt und dass, vor allem die 'überfüllten' Archive der UDSSR auf die gemeinsame Aufarbeitung der Vergangenheit warten: will man nicht die Zeit verpassen, der Erinnerung an 'unsere' Toten zu gedenken. Es geht nicht um gegenseitige Schuldzuweisungen, sondern allein um das Gedenken an das vernichtete Leben und den historischen Umstand − aus den persönlichen Erfahrungen gewachsene Tatsache − der 'Gemeinsamen Zielsetzung'.

Zu den ersten einzelnen Nachkriegs-Veröffentlichungen, gehören nebst tschechischer und slowakischer Zeitzeugnisse: „Čo Dante nevidel“ (1965) von Alfred Wetzler (Josef Láník) und Walter Rosenberg (Rudolf Vrba): (2007) „Utekl jsem z Osvětimi“, der Schauprozesse Witold Pilecki, Rudolf Slánský- Prozess, Milada Horáková, u.a. aufführen. Ferner erscheint zunehmend auch Exil- und Emigranten- Literatur einzelner Holocaust- Überlebenden, die immer mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken, wie Ida Fink, Miriam Akavia (Matylda Weinfeld), Irit Amiel (Irena Librowicz) u.a. Das Judentum auf dem Boden der Tschechoslowakei (1918-1992) bestätigen hebräisch geschriebene Texte, neben Alttschechisch und Latein − bereits seit dem Frühen Mittelalter 88 als die drittstärkste Sprache (Vgl. . Das böhmische Prag und mährische Mikulov gehörten zu den stärksten Zentren der jüdischen Kultur. Abraham ben Azriel (gen. Chládek) hat sich bereits im 13. Jahrhundert um eine Sprachreform der tschechischen Sprache bemüht. Die symbolische jüdische Figuren133 in Böhmen tauchen in den Legenden über 'Golem' und 'Rabbi Löw' auf (Vgl. BECALEL, Ben Jehuda Leva (Vgl. PUTNÍK, 2009). Im 10. Jh. n. Chr. ist das Judentum dann auch in den slowakisch-ungarischen Chroniken belegt. Goldenes Zeitalter fürs Judentum, auf dem Boden Böhmens, begann im 16. Jh. Namen mit Shlomo Gans Hebräischer Chronik „Cemah David“ (1592). Gerade Shlomo Gans ist es auch zu verdanken, dass Phänomene des Antisemitismus sich in Böhmen in Grenzen gehalten haben, was unter Habsburg Österreich dann deutlich zugenommen hat: das Judentum wurde, neben den Protestanten in verschiedenstarken Phasen (Lichtenstein) aus dem Land verwiesen und dann erneut mit der Ära des Nationalsozialismus (11933-1945) fast ausgelöscht.

133 Bohe-Mia//Übres. Mein-Gott 89

ZUSAMMENFASSUNG

Im Ostblock gab es keinen historischen Holocaustdiskurs, der vergleichbar wäre mit historischen Diskursen in Ländern westlich des Eisernen Vorhangs, am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland. Es gab nur Publikationen als Einzelnachweise über Holocaust wie „Čo Dante nevidel“ (1965) Alfred Wetzler unter Pseudonym Jozef Láník und „Utekl jsem z Osvětimi“ (2007) von Walter Rosenberg unter Pseudonym Rudolf Vrba. Wie man unschwer erkennen kann, erscheinen die ersten Nachkriegs-Zeitzeugnisse unter Pseudonym, weil die Holocaustüberlebenden so kurz nach 'Holocaust' Angst vor Repressalien haben. Es gibt zwar keinen 'offenen' Antisemitismus, aber allgegenwärtig 'latenten', der sich in den Stereotypentransfers der Ausdrucksweise 'verbal' in der Umgangssprache präsentiert, wie: 'Ty židáku' – noch lange bis in die 2010er-Jahre zu hören: gegenwärtig eher nur noch vereinzelt). Es handelt sich zwar um keine antisemitischen Tendenzen wie es diese in Russland, Polen und auch in der Slowakei gegeben hat (Vgl. HOLÝ,Jiří. 2011; 2012). Der Mittel- und Osteuropäische bzw. ostmitteleuropäische Diskurs und die Zuständigkeit und Verantwortung nach Auschwitz – nach 1989 hat insbesondere das Prager Zentrum der Jüdischen Studien untersucht – zusammen mit dem Zentrum für Holocauststudien und Jüdische Literatur der Philosophischen Abteilung der Karls Universität in Prag und Institut der Tschechischen Literatur der Akademie der Wissenschaft zusammen mit der Justus Liebig Universität für Slawische Studien in Gießen Deutschland und der Universität Łodzki (Arbeitsstätte für Jüdische Sprache und Kultur). Die Holocaustforschung als hermeneutische Wissenschaft untersuchte die meisten Holocaustnachkriegspublikationen, 'subjektive' Zeitzeugnis-Erfahrungen, Aussagen und Erlebnisse der Zeitzeugen, die nach ihren Inhalten geordnet und anschließend einer geschichtswissenschaftlichen Überprüfung auf 'Authentizität' − im Sinne einer Dokumentar- Literatur bzw. auf 'fiktive' Ereignisdarstellungen untersucht worden sind.

Die ersten Nachkriegs-Holocaustzeitzeugnisse in der Tschechischen Republik sind „Továrna na smrt“ (1946) von Ota Kraus und Erich Schön, die Novelle „Život s hvězdou“ (1949) von Jiří Weil: „Krabice živých“ (1956) und „Diamanten der Nacht“ (1962) von Arnošt Lustig, „Spalovač mrtvol“(„The Cremator“) (1967), „Die letzte Sache“ von Leopold Lahola (1968), Gewalt in der Shoah Literatur in „Modlidba za Kateřinu Horovitzovou“ (1964), Jozef Láník (Vgl. WETZLER, Alfred) (1965): „Čo Dante nevidel“ (1965); ;„Moje dlouhé mlčení. Život a Holocaust“ (2010) von Erika Bezičková; „Víc štěstí jak rozumu“ (2003) von Ruth Bondyová; „Ruka s vytetovaným číslom“ von Hylda Hrabovecká (1998) „Děti Antonína Kaliny“ (2013) 90 von Stanislav Motl; „Nedokončené verše“ (2011) von Ilse Weberová; Dopis Alexandrovi (2010) von Renata Laxová; Zamlčované vyna (1997) von Gesine Schwanová u.a. Ferner wurden auch Nachkriegspublikationen wie: Arnošt Lustigs „Ungeliebte“ ( Vgl. KAPTAYN, Valentina, „Holocaust mit den Augen einer Frau“(2011) untersucht und Literatur über 'Frauen und Holocaust'. Es geht hier um die 'Weiblichkeit und Holocaust'. Dieses Thema wurde motiviert durch den Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau (2011). Fiktive Texte über Holocaust, wie: „Der Nazi und der Friseur“ (2007) von Edgar Hilsenrath, Henryk Grynbergs „Kadisz“ (1936). So wie Dokumentarverfilmungen der Shoah im Kontext Claude Lanzmann Und fragliche Publikationen wie Kinderbücher von Roberto Innocentis „Rosa Weiss“ (1986), die Gefahr laufen die Objektivierung in Frage zu stellen. Ebenfalls revisionistische Literatur wie Ernst Noltes „Der kausale Nexus. Über Revisionen und Revisionismen in der Geschichts- wissenschaft“ (2002), nicht nachvollziehbaren Argumentations-Muster folgen und sowohl die Vernichtung in den Gaskammern als auch die deutsche Kriegsschuld in Frage stellen.

Definition von 'Holocaust' als 'Kategorie' der Philologie:

Das Denotat 'Holocaust' profiliert in der Metapher 'Leben und Tod' die Symbolik des Ortes 'Auschwitz'. Gerade das ‘Implizite’ im Denotat ‘Holocaust’ als Synonym für Brandopfer, auf das die Autorin Ruth Klüger mit ihrem ‘Selbstverständnis’ referiert „ich gehöre zu den toten Kindern"134 (2017) wirft die kritischen Fragen auf, die auch in der gesamten Metakritik ‘Holocaust’ laut werden, dass der persönliche Einsatz in der Solidarität, hier in der Gleichsetzung mit den ‘toten’ Kindern, sich im Operationssystem der Sprache und für die Rezeption dann auch irgendwann bemerkbar machen muss. Was sich auch 'explizit' dann auch in der langen Kette von Holocaust-Neologismen konstituiert hat: Holocaust, Brandopfer, Opfer, Shoah, Churban, Porajmos, Endlösung, Katastrophe und Desaster des 20. Jh, Kulturdesaster, Tod, Auschwitz als Synonym für die Maschinerie des Todes, der größte Friedhof Israels auf dem Boden Europas, Dantes Inferno, Inferno- Moratorium, Diabolos, Meister des Todes, Fegfeuer, Folter, Gewalt, …u.a. Das Denotat 'Holocaust' rekurriert auf die authentischen Holocaust-Erfahrungen der Überlebenden, die als eine ‘Subvariante’ der literarischen Kritik aufgefasst werden müssen, referiert sie jedoch zugleich auch auf die kontinuierliche ‘Holocaust-Wertung’, die eng mit der Literaturkritik einhergeht.

134 SZ-MAGAZIN, der Süddeutschen Zeitung, 16.06.2017, S. 12-20. 91

Die logischen Kausalzusammenhänge der Vernichtungsmaschinerie mussten die Holocaust- Überlebenden nach dem Zweiten Weltkrieg selbst herausfinden und die Antwort auf die Frage, was die 'Epistemologie' unter der »Philologischen Erfahrung 'Holocaust'« versteht: hier ist es die Antwort auf die Frage: Welche Bedeutung hat das Denotat in der Metapher 'Holocaust' für die Philologie: Die Entität ‘Holocaust’ konstituiert in der Holocaust-Metapher fürs 'Leben und Tod' mit 'drei' Komponenten die 'Gesamtheit' aller Hauptmerkmale der Philologie: 1. Die authentisch-kritische Substanz-Anleihe narrativer Elemente, 2. Die authentisch-literarischen Kritik-Subvarianten der Holocaust-Neologismen und 3. Die religiös- geschichtliche Äquivalenz im Begriff 'Holocaust'135. Gerade die Einheit aus der Ausdrucksform: Signifikat in ihrer Äquivalenz in Bezug auf den Signifikanten: Inhaltsseite im 'inhärenten' semiotisch-denotativen und symbolischen Ästhetik-Wert 'Holocaust', können die objektive ‘Universal-Struktur’ 'Holocaust' für die Philologie als 'Kategorie' der Philologie validieren und zugleich Holocaust in seinem 'Wert' als die höchste ethisch-ästhetische Kommunikations-Art der Philologie bestätigen.

135 Signifikat (Ausdrucksform plus Ideengehalt) und Signifikant (Inhaltsseite) – hier das nicht-vollbrachte Holocaustopfer Abrahams als die ʻHöchste Wertvorstellung des 'Absoluten', dem Abraham stets gehorchen würde und dem der jüdische Sohn mit dem 'vollbrachten' Holocaust-Opfer am Kreuz gehorcht hat. 92

5 ANHANG

5.1 Messianischer Blick. Tendenzieller Blick

Wenn die 'Erinnerung' an Holocaust des 20. Jh. kein Synonym für die Demütigung 'Deutschlands von Heute' ist, folgt daraus, dass die 'Erinnerung' an Holocaust für die Zukunft die 'moralische' 'Erinnerungspflicht' eines jeden Teilhabers der europäischen Geschichte sein sollte? Es gibt drei Räume in denen die Zeitzeugen Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki ihre Lebenserfahrungen gemacht haben: der biographische, ästhetische und exterritoriale Raum.136 Die Holocaust-Zeitzeugen skizzieren hier nur einen Teil von Faktoren, Bedingungen und Ursachen, von Menschen für Menschen konstruierten ‘Leidens-Realität’, die mit den Worten Theodor W. Adornos: „kein Vergessen duldet“ (1951). Der Antriebsmotor für die ersten Nachkriegszeitzeugnisse war gerade diese 'unscheinbare' Sentenz 'kein Vergessen duldet' − von Theodor W. Adorno (1951). In diesem Kontext ist dann auch das hohe Aufkommen an Reflexionen darüber, was 'Fremd' und was 'Eigen' ist und welche Rolle das Judentum und Nicht-Judentum bei einem möglichen 'neuen' Visionsweg in der Zukunft spielen könnte. Die Holocaustzeitzeugnisse tragen zur Distanz-Reduktion zwischen 'Eigen' und 'Fremd' bei, wenn Israel und das Christentum an ihren Zielen festhalten: In der 'Selbstverpflichtung' Israels an die Erinnerung an die 6. Mio. 'Tote' und an die Erinnerung an das Vergangene, das 'untrennbar' von dem Wort am Anfang ist, das am Anfang aller Dinge stand: auf Hebräisch 'Mila'. Am Beispiel Maximilian Kolbe in der Todeszelle − vor der 'tödlichen' Phenolspritze: hat Vertrauen und gehorcht dem 'Wort am Anfang'; Am Beispiel der Schülerin des, aus dem mährisch-böhmischen Prostějov /Proßnitz stammenden Phänomenologen Husserl: Sr. Edith Benedicta Stein vom Kreuz: „Vom Osten kommt das Licht“ − geht die Sonne auf und steht das' Wort am Anfang'. Am Beispiel der 'ältesten' Texte der Hl. Schrift Torah vor 5780 Jahren und der Hl. Schrift der Bibel vor 2020 Jahren (Vgl. BENEDICT XVI., Papst, 2019). Die Frage hier: Inwieweit daraus folgt, dass die 'Erinnerung' an Holocaust für die Zukunft die 'moralische' 'Erinnerungspflicht' eines jeden Teilhabers der europäischen Geschichte sein sollte: Ist die Frage nach dem Judeo-Christlichen 'Europäischen Selbstverständnis'.

136 Vgl. HARZER, Friedmann, 2018; Unter dem Exterritorialen Raum versteht die Untersuchung, im Gegensatz zu Friedmann Harzer: die Grenze zwischen 'Hier' und 'Jetzt' und der Grenzlinie des Todes, die die Holocaust-Opfer jeden Augenblick im Dasein von Auschwitz überschreiten mussten, nach authentischen Aussagen von Tibor Adler-Alesik, der 5,5 Jahre interniert war, die längste Zeit davon in Auschwitz: jede Sekunde. 93

5.2 Autobiographischer Aufriss der Holocaust-Zeitzeugen

Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki

Fragen zum Text: Gibt es einige Gemeinsamkeiten oder Unterschiede in der Schreibweise über Holocaust − der beiden Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki?

Die Holocaust-Autobiographie ist die 'Literarische Form', die ihrem Wesen widerspricht. Mit dieser Formulierung wären vielleicht beide Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki einverstanden, zumal diese einer 'idealen' Kombinationseinheit' nicht im Wege steht und ferner, wurde sie von mehreren Autobiographen auch schon des Öfteren in Gebrauch genommen. Doch Walter Hinck spricht in „Selbstannäherungen. Autobiographien im 20. Jahrhundert von Elias Canetti bis Marcel Reich-Ranicki“ (2004) von 'Mustern', denen ein Autobiograph zu entsprechen hat: „Alles darf man vom Autobiographen erwarten, nur nicht Gerechtigkeit“ (Vgl. HINCK, Walter, 2004, S.176). Ein starkes Wort, zumal gerade die 'Gerechtigkeit' diejenige 'Eigenschaft' darstellt, die die Holocaust-Analyse bei den Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki hervorheben will. Denn die Holocaust-Zeitzeugnisse schließen einzelne Momentaufnahmen ein, die von 'Freundschaft' und 'Feindschaft' sprechen, von 'Leben' und 'Tod', wo das Wort 'Hilfsbereitschaft' das Grundnahrungs-Mittel der 'Liebe' ist. Beide Autoren Ruth Klüger geb. am 30.10.1931 in Wien und Marcel Reich-Ranicki geb. am 2.6.1920 in Włocławek − haben die Muttersprache 'Deutsch' von ihren Müttern − mit der Milch − aufgesaugt bekommen. Auch wenn man sich hier der Frage nicht erwehren kann, ob die deutsche Muttermilch nicht doch auch etwas vom Duft aus 'Böhmen' und 'Polen' abbekommen hat, wonach gerade die Kleinkinder ihre Mutter erkennen, selbst wenn sie bisher noch nicht viel sehen konnten. Auch den Herzschlag der Mutter erkennt das Kind und wenn man bedenkt, dass die Hymne Israels 'Hatikvah' und die 'Moldau' von Bedřich Smetana auch noch über weite Strecken von 'gleichen' Melodiepassagen begleitet werden, so kann auch der Inhalt der Melodien nicht ohne Bedeutung sein. Vor allem, wenn man weiß, dass die eine von der 'Hoffnung' spricht, während die andere sich nach dem 'Paradies' sehnt. Ferner, wurden beide Hymnen gesungen, während die Eltern, Großeltern, Geschwister, Tanten, Onkel und Freunde mit der einzigen 'Hoffnung' auf das 'Wort' bekleidet, auf dem Weg waren − 'ohne' Wiederkehr: 'Einzig mit der Hoffnung auf das Wiedersehen in Paradies'. Ohne den verhehlenden 'Euphemismus' des Nationalsozialismus in der Gleichzeitigkeit des Daseins als die einzige 'wahre' Realität nur zur Kenntnis zu nehmen, der sich seit 1941 gerade für die 94

Einzelschicksale von 2. Mio. kleinen jüdischen 'Kinder-Seelen' dann auch als 'Sonderbehandlung' – angebiedert hat. Die semantische Form-Verkürzung im Motto: „Holocaust/ Brandopfer“ profiliert die geistig- (un)sichtbaren Vorgänge vom 'Leben und 'Tod' vs. 'Geben' und 'Nehmen', die auf den Wertvorstellungen der Selbstverpflichtung Israels auf das Vorangegangene137 rekurrieren und damit ist auch schon alles gesagt: wir gehen alle denselben Weg, doch haben wir nicht immer dasselbe Ziel. Auch wenn die Analyse der Autorin Ruth Klüger − 'Recht' geben muss: „Man möchte von den Tätern nehmen, um den Toten zu geben, und weiß nicht wie “ (Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 185). Eine mögliche Antwort liefert hier die Aussage in ihrer Umkehrung: 'Man möchte von den Toten nehmen, um den Tätern zu geben und − weiß nicht wie'. Die Aufarbeitung der Vergangenheit leisten die Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich- Ranicki dementsprechend als Erinnerungswerk in fragmentarischer Form, eng am autobiographischen Struktur-Fundament eines authentischen Holocaust-Zeitzeugnisses. Marcel Reich-Ranicki kommt als Neunjähriger zum Onkel Jacob Auerbach in die Kulturstadt Berlin. Und als Ruth Klüger neun Jahre alt ist und sich der Franz-Josef Strauß-Musikstadt 'Wien' ihren 'amerikanischen' Walt Disney-Film 'Schneewittchen' nicht anschauen darf, ob sie nicht doch etwas den 'Wiener-Österreichischen' arischen BDM-Mädchen neidisch ist? Warum kann sie nicht verstehen, was es eigentlich mit dem Kinderfilm zu tun hat, dass sie jetzt gerade hier auf der anderen Seite steht: wo sie doch später in Californien schauen kann, was sie will, wann sie will und wo sie will. Nur einen kleinen Haken hat die Geschichte: die Wiener-Österreicher, die ihr damals verboten haben − diesen Film zu schauen, leben heute nicht mehr. Außerdem kennt sie ja den Film schon auswendig und aus dem Buch 'Schneewittchen' hat sie ja auch des Öfteren ihren Söhnen vorgelesen, als sie neun Jahre alt waren. Alle Menschen lieben Filme, Kunst, Bücher, Musik, Natur und das 'Wort' am Anfang, − vielleicht auch am Ende? Ist das Leben der Autorin Ruth Klüger gezeichnet vom Mutter-Tochter Konflikt, so kann man sagen, dass Marcel Reich-Ranicki sein Leben lang den Generations-Konflikt 'Vater-Sohn' austrägt. Der Vater David Reich, Bankrotteur aus Wocławek − lässt das Kind Marcel bei Nacht alleine nach Berlin fahren, während Mutter Alma Klüger der Tochter Susanne nicht einmal erlaubt 'nachts' allein aus Wien nach Erez Israel zu fahren, zieht die Bremse vor dem Einschlafen und sagt 'Gute Nacht' statt 'Leila tov'. Und trotzdem steht für beide fest, dass nirgendwo auf der Welt das Wort der Liebe mehr 'daheim' ist − als in 'Jerusalem': „Ich wusste,

an das sich 'das Volk' Israel zusammen mit −' 'מילה ' / המילה ' .Hier ist es: das Wort am Anfang: Wort 'Mila' hebr 137 dem 'Volk'-Christentum im lebendigen Systemplan der Schöpfungsgeschichte eingebunden versteht – 'untrennbar' dann auch mit dem 'irdischen' Dasein. 95 dass ich sie zum letzten Mal sah. Und so sehe ich sie immer noch: meinen hilflosen Vater und meine Mutter in dem schönen Trenchcoat aus einem Warenhaus unweit der Berliner Gedächtniskirche“138. Die gemeinsamen Klassiker Goethe und Schiller sind die 'Wort'-Grundausstattung fürs ganze Leben, der 'Sende'- Rhythmus für die jungen Menschen Ruth Klüger und Marcel Reich- Ranicki, der den beiden Literatur-Liebhabern nun auch den Zweidrittel- Takt 'ein-flüsternd' vorzugeben scheint. So weit es möglich ist, grenzen die Autoren die Zeit des Nationalsozialismus aus, legen Zeugnis über Einzelschicksale ab, sparen die Jagd auf die Juden aus: nur so weit es eben geht. Denn die Literatur steht immer an erster Stelle zu sein: „Je älter ich werde (ich war schon 35), desto mehr entzückt mich Goethes Lyrik - wo es doch einst, in meiner Kindheit und in meiner frühen Jugend, Schillers Balladen waren, die meine Liebe zur deutschen Poesie weckten.“139 „Man begnügte sich damit, darauf hinzuweisen, dass Goethe schwerer sei als Schiller, und ich mich daher eher an Schiller halten sollte. Ich tat’s und las mich mit Geduld und Profit in einen Sprachduktus ein, der mir hinter allem Pathos die Vernunft und Logik eines der hellsten Köpfe der deutschen Klassik vermittelte.“140 Nimmt man bei Ruth Klüger die grobe Einteilung des Buches, so enthält der erste Teil die kurze Kindheit: Wien; danach die Orte: Theresienstadt, Auschwitz-Birkenau, Christianstadt (Groß-Rosen); der dritte Teil: Deutschland: Flucht, Bayern, New York und Epilog: Göttingen. Die Ereignisse werden in ihrer Chronologie durchbrochen, eine Strategie, die dem Lücken- Text in den Erinnerungen des Kindes Susanne Klüger entgegenkommt. Die Gliederung der autobiographischen Abschnitte beim Marcel Reich-Ranicki ist drei- geteilt: Im ersten Abschnitt wird der Werdegang des Autors beschrieben; Im zweiten Teil die Literatur-'Auszeit' im Warschauer Ghetto und die Unterschlupf nach der gemeinsamen Flucht mit Tosia. Der dritte Abschnitt gewährt dem Leser einen Einblick in die 'Sendung' als Mensch, eines der größten Literaturkritiker des 20. Jahrhunderts, Kulturkorrespondent und Geschichts-Kritiker Deutschlands: Marcel Reich und Ranicki. Das Jahr 1942 scheint für alle Strafgefangenen in und außerhalb von Auschwitz − schicksalhaft zu sein. Die Deportationen und die Vernichtung in den Gaskammern laufen auf

138 ebd. Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000 139 Vgl. REICH-RANICKI, Marcel, 2000, S. 506 140 Vgl. KLÜGER, Ruth, 1992, S. 53 96

Hochtouren: „Ich sagte ihnen, wo sie sich anstellen mussten. Mein Vater blickte mich ratlos an, meine Mutter erstaunlich ruhig. Sie war sorgfältig gekleidet…“141

Auch wenn gerade der 30./31. 10. 1944 für das kleine Land Böhmen lieber: 'Das 'Requiem für die Toten' heißen sollte: In: 'Der Oktober', Du grausamer Monat…

Schritt für Schritt wird Marcel Reich-Ranicki in den Sog von Bewegungen einer großen Welt hineingezogen, deren Kreise er anfängt selbst zu bewegen. Sein Instrumentarium scheint die unübertroffene Schlagfertigkeit seiner Sprache zu sein, die den Zuhörer fesselt, staunen lässt, die weder ironisch noch trocken ist. Diese Sprachbegabung hat sich beim Marcel mehrfach bewährt, sowohl als Mitglied des Judenrates in 'Warszawa', der größten Ansammlungen von Juden in Europa und (nach New York), als auch als Mitglied der Gruppe 47, Literatur- Kritiker, Kulturkorrespondent und Geschichts-Kritiker. Auf einen Nenner gebracht: Marcel Reich-Ranicki ist das 'Abenteuer der Sprache' in Person. Marcel zitiert gerne Literaten wie Goethe, Schiller und Thomas Mann, sieht in ihnen gerade (die) 'Das Äquivalenz', das er zum Leben braucht. Doch ist es nicht die eigene dichterische Produktion, die hier im Vordergrund steht, sondern seine enorme Aufmerksamkeit und Bewunderung zollt dem 'Wort' der anderen, über dem er wacht und über der Brillanz im schönen Buchstaben der deutschen Sprache. Vielleicht schöpft Marcel Reich-Ranicki aus dem großen Bewusstsein der Welt, gerade dort, wo er seine Literaten und Wort-Liebhaber vermutet. Nach dem Motto: Was Goethe der Meister für die Poesie, will ich als Literaturkritiker sein. Die Germanistin, Holocaustforscherin und Lehrstuhlinhaberin der Universität Tel Aviv und der Berkeley Universität, Auslandsgermanistin der University of Virginia, weiblicher 'Chair' der 'Prinston University,' der 'Irvine' University of California und Gastprofessorin der Universität in 'Göttingen' − exemplifiziert mit ihrem Werdegang, dass gerade von der 'Holocaustkategorie' 'positive' Impulse ausgehen, die Einfluss auf die Gesellschafts- Entwicklung und Ordnung antizipieren lassen.

Betrachtet man im Kontext des Werdegangs der beiden Autoren 'Holocaust' als die Geburt der Tragödie in der Menschheits-Geschichte des 20. Jh., so gewinnt vor allem die Form und Ordnung der Perspektiv-Gestaltung142 von Zukunft für die Gesellschaft, Geschichte, Pädagogik, Kultur und Politik auch im Operations-System der Sprache an Bedeutung.143 Denn, in Anlehnung an Umberto Eco (1994), müsste analog zum 'künstlichen' Digitalsystem

141 142 gesellschaftliche Perspektivgestaltung im Sinne der »einzelnen Schritte« der Kulturen im Gesellschafts- Systemganzen 143 Vgl. BÖNING, Thomas, 1988, S. 250. 97 der Sprache auch im lebendigen Operationssystem der Sprache jeder (nicht-)vollzogene Schritt/Handlung des Menschen/der Menschheit evident sein, was noch näher zu untersuchen wäre:144 „Eine Verbindung eines großen Centrums von Menschen zur Erzeugung von besseren Menschen ist die Aufgabe der Zukunft…Der Einzelne muss an solche Ansprüche gewöhnt werden, dass, indem er sich selbst bejaht, er den Willen jenes Centrums bejaht“145

Die Analyse hat sich im Kapitel „Messianischer Ausblick“ dieselbe Frage gestellt, die sie hier am Ende der Analyse wiederholen möchte: Wenn die 'Erinnerung' an Holocaust des 20. Jh. kein Synonym für die Demütigung 'Deutschlands von 'Heute' ist, folgt daraus, dass die 'Erinnerung' an Holocaust für die Zukunft die 'moralische' 'Erinnerungspflicht' eines jeden Teilhabers der europäischen Geschichte sein sollte? Nach der kleinen Nebeneinander-Stellung der beiden Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich- Ranicki müsste die Antwort heißen: 'Ja' - Nicht aus Erinnerungs-Pflicht, sondern aus 'Liebe' zur Erinnerung an das 'Wort' am Anfang, das sich hier − am Ende – mit dem Wort des Eugen Berthold Friedrich Brecht aus Augsburg verabschieden möchte: „An die Nachgeborenen“: „Gedenkt unsrer / Mit Nachsicht“ (1934-1938) …… Bisweilen …

144 Vgl. ECO, Umberto, 1994; Vgl. JAEGER, Ludwig, HOLLY, Werner (2016). 145 Vgl. NIETZSCHE, Friedrich Wilhelm (1876-1892): SPIEGEL Online abgerufen am 16.8.2017 unter: http://gutenberg.spiegel.de/buch/wir-philologen-6948/6 98

6 Resümee in 'Deutscher Sprache'

Die zentrale Frage der Untersuchung war: Tragen die Holocaustzeitzeugnisse der Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki zur Distanz Reduktion zwischen 'Eigen' und 'Fremd' bei: ja oder nein? Die Antwort konnte mit 'Ja' beantwortet werden: Die Holocaustzeitzeugnisse tragen zur Distanz-Reduktion zwischen 'Eigen' und 'Fremd' bei, wenn sie an ihren Zielen festhalten, die sich gegen das 'Vergessen' richten − in der Erinnerung an die 6. Mio. 'Tote' und an die 'Selbstverpflichtung' Israels auf die 'Erinnerung' Israels an das Vergangene, die 'untrennbar' vom »Wort 'Mila'« sind, das, nach den 'ältesten' Schrifttexten der Hl. Torah und der Hl. Schrift der Bibel − am Anfang aller Dinge steht.

6.1 Resümee in 'Englischer Sprache'

The central question of the study was: Do testimonies of the authors Ruth Klüger and Marcel Reich-Ranicki contribute to the distance reduction between 'own' and 'foreign': 'Yes', or 'Not'? The answer was 'Yes': The Holocaust testimonies contribute to the reduction of the distance between 'own' and 'foreign': The answer was 'Yes' − if they stick to their goals, which are directed against 'forgetting' - in the memory Israel's of 6 million 'dead' and 'self-commitment' to the past, which are 'inseparable' from the »Word 'Mila'«, which, according to the 'oldest' Holy Scriptures of the Holy Torah and the Holy Scriptures of the Bible, is at the 'Beginning of all things'.

6.2 Resümee v 'Českém jazyce'

Ústřední otázkou studie bylo: Přispívají svědectví autorů Ruth Klüger a Marcela Reich- Ranicki k redukci distance mezi pojmy "vlastní" a "cizí": ano nebo ne? Odpověď zněla "Ano": Svědectví o holokaustu přispívá ke snížení vzdálenosti mezi pojmy "vlastní" a "cizí“, pokud se budou držet svých cílů, které jsou namířeny proti "zapomínání" - v paměti Izraele, kterou skýtá s 6 miliony "mrtvých" se "závazkem" vůči paměti na minulost, které jsou "neoddělitelné" od »Slova "Mila"«, které stojí podle "nejstaršího" Písma Svaté Tóry a Písma Svaté Bible na počátku všech věcí.

99

7 Abstract in deutscher Sprache

Die Untersuchung hat sich die zentrale Frage gestellt, in wieweit die Holocaustzeitzeugnisse der Autoren Ruth Klüger und Marcel Reich-Ranicki zur Distanz 'Reduktion' in der interkulturellen Kommunikation des 'Miteinander' zwischen 'Eigen' und 'Fremd' beitragen.

Abstract in englischer Sprache

The study has asked itself the central question to what extent the Holocaust testimonies of the authors Ruth Klüger and Marcel Reich-Ranicki contribute to the distance 'reduction' in the intercultural communication of the 'together' between 'own' and 'foreign'.

Abstrakt v českém jazyce

Studie si položila ústřední otázku, do jaké míry svědectví autorů Ruth Klüger a Marcela Reicha-Ranicki přispívají ke snížení distance v mezikulturní komunikaci mezi pojmy "vlastní" a "cizí".

100

8 Schlüsselwörter:

Helene Adler, Allusionen, Anspielungen, Antisemitismus, Assimilation, Ästhetik, Ästhetische Sprachvermittlung vom Holocaust, Aleida und Jan Assmann, Autobiographie einer Überlebenden, Ausdrucks-Form, Auschwitz, Auschwitz-Birkenau, Ausgrenzung, Autobiographie, Humanistische-‘Bildung’, Ingeborg Bachmann, Bildung, Braese Stephan, Brandopfer, Klaus Briegleb, Christen, Co Dante nevidel, Dan Diner, Der Tod des Kritikers, Deutsch, Deutsch-jüdische Dialektik, Deutsch-jüdische Literaturgeschichte, Historischer- ‘Diskurs’, Dokumente, Lubomír Doležel, Duktus, Umberto Eco, Das Eigene, Erinnerungsgedächtnis, Erinnerungskultur, Endlösung, Erinnerung, Ethik, Erziehung, Eskapismus, Faktualität, Anne Frank, Das Fremde, Flucht, Bohumil Fořt, Funktionalisierung der Holocaust- Ästhetik, Holocaust, Gedächtnis, Gestalt, Gesellschaft, Gestus, Ghetto, Getto, Ghetto-Berichte, Glauben, Grundwerte, Dieter Heimböckel, Renate Heuer, Raul Hilberg, Historikerstreit, Holocaust, Holocaust-Aufarbeitung, Holocaust- Ausdrucksform, Holocaust- Autobiographie, Holocaust-Bibliothek, Holocaust- Decodierung, Holocaust- Denkmäler, Holocaust- Forschung, Holocaust-Kategorie, Holocaust- Kritik, Holocaust-Merkmal, Holocaust-Methode, Holocaust- Objektivierung, Holocaust- Opfer, Holocaust-Opfer-Täter- Identifikation, Holocaust-Verfahren, Holocaust- Vermittlung, Humanismus, Identität, Identifikation, Interkulturelle Wissenschaft, Interkulturelle Kommunikation, Interview, Juden, Judentum, Kalifornien, Andreas Kilcher, Ruth Klüger, Kritik, Kritiker, Kritikerin, KZ, Konzentrationslager, Kollektiv- Gedächtnis, Kommunikations-Austausch, Kultur, Kultur- Wende, Jozef Láník, Linguistik, Literarisches Quartett, Literatur- Kritik, Literaturkritiker, Literatur-Theorie, Mein Leben, Irmela von der Lühe, Alexander und Margarete Mitscherlich, Migration, Motto, Narrativität, Nationalsozialismus, Nazi-Terror, Ernst Nolte, Notabitur, Opfer, Pädagogik, Philologie, philologische Anspielungen, Kategorie der Philologie, Positionierung der Philologie, Rassismus, Marcel Reich-Ranicki, Teofila Reich-Ranicki, Re- Konfiguration, Re-Lektüre, Revision, Revisionismus, Text und Kritik, Theologie, Theresienstadt, Tod, Tradierte Traumatisierung, Trauerarbeit, US-amerikanische Jüdisches Selbstverständnis, Sozialwissenschaft, Dokumentar-Sprache, Sprachlosigkeit, Sprach- Vermittlung, Sprach- Grenzen, Sprachwissenschaft, Staatsbürgerin, Stereotypen-Transfers, Stereotypenübergabe, Stil, Stil-Tendenzen, Schweigen, Künstliche Systeme, System, Überlebende, Vergangenheitsbewältigung, Gegen-Vergessen, Verfolgung, Martin Walser, weiter leben. Eine Jugend, Manfred Weinberg, Alfred Wetzler, Hayden White, Wien, Xenophobie, Zeitzeugnis, Zeitzeugin, Zitationen, Zivilisationsbruch, Zweiter Weltkrieg. 101

Keywords:

Helene Adler, allusions, allusions, anti-Semitism, assimilation, aesthetic, aesthetic language teaching of the Holocaust, Jan Assmann, Aleida and autobiography of a survivor, form of expression, Auschwitz, Auschwitz-Birkenau, exclusion, autobiography, Humanist- 'Education', Ingeborg Bachmann, education, Braese Stephan, fire victims, Klaus Neting yellow, Christians, co Dante nevidel, Dan Diner, the death of the critic, German, German Jewish dialectic, German Jewish literary history, historical-'Discourse',. Documents, Lubomír Doležel, ductus, Umberto Eco, the own, memory memory, cultural memory, final solution, memory, ethics, education, escapism, Faktualität, Anne Frank, the alien, escape, Bohumil Fořt, Functionalization of the Holocaust aesthetics, Holocaust Memory, shape, society, gesture, ghetto, getto, ghetto reports, faith, values, Dieter Heimböckel, Renate Heuer, Raul Hilberg, Historikerstreit, Holocaust, Holocaust refurbishment, Holocaust - Holocaust - autobiography, Holocaust library, form of expression, Holocaust - decoding, Holocaust - monuments, Holocaust - research, Holocaust category, Holocaust - criticism, characteristic of the Holocaust,. Holocaust method, Holocaust - objectification, Holocaust - victims, Holocaust victim offender identification, Holocaust method, Holocaust - humanism, identity, identification, mediation, intercultural science, intercultural communication, interview , , Judaism, California, Andreas Kilcher, Ruth Klüger, criticism, critics, critic, concentration camps, concentration camps, collective memory, communication exchange, culture, cultural turn, Jozef Láník, Linguistics, literary Quartet, literary criticism, Literary critic, literary theory, my life, Jonathan the Lühe, Alexander and Margarete Mitscherlich, migration, motto, Narrativity, National socialism, Nazi terror, Ernst Nolte, emergency school, victims, pedagogy, philology, philological allusions, category of Philology, positioning of Philology, racism, Marcel Reich-Ranicki, Teofila Reich-Ranicki, re-configuration, re-reading, Revision, revisionism, text and criticism, theology, Theresienstadt, death, handed-down trauma, mourning, American Jewish self-image, social science, documentary language, speechlessness, said mediation, language boundaries, Linguistics, Citizen, stereotypes transfers, stereo delivery of types of, style, style trends, silence, artificial systems, system, survivors, past, against forgetting, tracking, Martin Walser, continue to live. A youth, Manfred Weinberg, Alfred Wetzler, Hayden White, Vienna, xenophobia, testimony, contemporary witness, citations, civilization break, second world war.

102

Klíčová slova:

Helene Adler, narážky, narážky, antisemitismus, asimilace, estetické, estetická výuka holocaustu, Jan Assmann, Aleida a autobiografie přežil, forma projevu, Osvětim, Osvětim- Birkenau, vyloučení, autobiografie, Humanista-"Vzdělání", Ingeborg Bachmann, vzdělání, Braese Stephan, požární, oběti, Klaus obrázky od Diana žlutá, křesťany, co Dante nevidel, Dan večeři, smrt kritik, německé, německé židovské dialektika, německý židovský literární historie, historická-"diskurzu". Dokumenty, Lubomír Doležel, ductus, Umberto Eco, Vlastní, kulturní paměť, konečné řešení, paměť, etika, vzdělání, únik, Faktualität, Anne Frank, alien, únik, Bohumil Fořt, estetika, společnost, Gesto, ghetto, ghetto, ghetta zprávy, víra, hodnoty, Renate Heuer, Raul Hilberg, Dieter Heimböckel, holocaustu, Historikerstreit holocaustu renovace, holocaustu - Holocaust - autobiografie, knihovna holocaustu, forma projevu, dekódování holocaustu Památníky holokaustu, holocaustu - výzkum, holocaustu kategorie, holocaustu - kritiky, funkce holocaustu, holocaustu metoda, holocaustu - objektivizace, holocaustu - oběti, identifikace pachatele obětí holocaustu, holocaustu metoda, holocaustu - zprostředkování, Humanismus, Identita, identifikace, kulturní vědy, interkulturní komunikace, interview, Židé, judaismu, Kalifornie, Andreas Kilcher, Ruth Klüger, kritika, kritici, kritik, koncentrační tábory, koncentrační tábory, kolektivní paměti, výměna komunikace , Kultury, kultura změnit, Jozef Láník, lingvistiky, literární kvartet, literární kritiky, literární kritik, literární teorie, znamená život, Jonathan Lühe, Alexander a Margarete Mitscherlich, migrace, motto, obyčejnost, Národní socialismus, nacistického teroru, Ernst Nolte, pohotovost, oběti. Pedagogika, filologie, Filologické narážky, kategorie filologie, umístění filologie, rasismu, Marcel Reich-Ranicki, Teofila Reich-Ranicki, rekonfigurace, re-čtení, revize, revizionismus, textu a kritiky, teologie, Terezín, Smrť, tradovaných trauma, smutek, americký židovský self- image, společenské vědy, dokumentární jazyk, zprostředkování, jazykové hranice, lingvistika, občane, stereotypy převody, Stereo dodání typy, styl, trendy styl, mlčení, umělých systémů, systém, přežili, minulosti, proti zapomínání, sledování, Martin Walser, i nadále žít. Mladík, Manfred Weinberg, Alfred Wetzler, Haydn White, Vídeň, xenofobie, svědectví, moderní svědek, citace, konec civilizace, druhé světové války.

103

9 PRIMÄRLITERATUR

KLÜGER, Ruth (1992): weiter leben. Eine Jugend. Deutscher Taschenbuch Verlag, München REICH-RANICKI, Marcel (2000): Mein Leben. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München

10 SEKUNDÄRLITERATUR

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INTERVIEWS mit Ruth KLÜGER: Über die eigentlichen Opfer (6 Millionen Tote der Shoa) INTERVIEWS mit Ruth KLÜGER: Über die Kraft der Kunst für das Überleben - "Eskapismus" INTERVIEWS mit Ruth KLÜGER: Über schwierige und gescheiterte Vergangenheits- Aufarbeitung INTERVIEWS mit Ruth KLÜGER: Über Wien als sprachliche "Heimat" ... INTERVIEWS mit Ruth KLÜGER: Verbote für jüdische Kinder, Schiller-Balladen, Uhland- Gedichte INTERVIEWS mit Ruth KLÜGER: Verdrängungen in ganz Europa INTERVIEWS mit Ruth KLÜGER: Vortrag von Leo Beck INTERVIEWS mit Ruth KLÜGER: Literatur als Überlebensmittel im KZ INTERVIEWS mit Ruth KLÜGER: Theresienstadt KZ (Ruth Klüger) INTERVIEWS mit Ruth KLÜGER: Zwangsarbeit im KZ (Ruth Klüger) INTERVIEWS mit Ruth KLÜGER: – SPIEGEL der ZEIT – Wolfgang Koeppen und Ruth Klüger. In: In der Sprache der Täter: neue Lektüren deutschsprachiger Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur. Hg. von Stephan Braese. Opladen [u. a.]: Westdeutscher Verlag 1998, S. 103–115. KILCHER, Andreas (Hg.) (2006): Metzler Kompakt. . J. B. Metzler´sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH, Stuttgart KNAPP, Karlfried., KNAPP-Potthoff, Annelie (1990), Interkulturelle Kommunikation, in: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung, S. 62-93. KOCH, Gertrud (1992): Die Einstellung ist die Einstellung. Visuelle Konstruktionen des Judentums. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main. KOCH. Klaus (2007): Der Gott Israels und die Götter des Orients religionsgeschichtliche Studien II ; zum 80. Geburtstag von Klaus Koch. Hg.: Hartenstein, Friedhelm, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 362S. KORTE, Hermann (1993): Es ist in aller Trauer der tiefste Hang zur Sprachlosigkeit. Der Holocaust in der Lyrik nach 1945. In: TEXT+KRITIK 144, X/99: Literatur und Holocaust. Zeitschrift für Literatur. Verlag edition text + kritik GmbH, München, S. 25ff KRÖNER, Alfred (Hg.), (1984): Tendenzen der deutschen Gegenwartsliteratur. Kröner Verlag, Stuttgart. LÁNÍK, Jozef (WETZLER, Alfred) (1965): Čo Dante nevidel. Obzor – SV SPB, Bratislava LANZMANN, Claude (Hg.), (1973-2010): Shoah. Gesamtausgabe. Alle Filme des "Shoah"- Regisseurs auf 10 DVD. Absolut Medien Verlag, Berlin. 115

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122

11 Publikationen der Doktorandin

24.1 Studien

2017: Wettbewerb: Titel: Kann ein Wort die Welt verändern? Programm: Filologie (FF D- FI4), Obor: Německá literatura (FF NELI) / Deutsche Literatur 2013-2015: Interviews und Zeitzeugnis-Aussagen von/mit Tonička Militki; Untersuchung von Archiv-Dokumenten von Holocaust-Überlebenden R. Kopečková, Minich u.a. 2013: Wettbewerb: XXII. Brněnského sympozia "Dialog v srdci Evropy", Titulek: "Was hält Europäer noch zusammen?" 2013: Titel: „Literarische Analyse spezifischer Holocaustneologismen nach 1945 im Kontext literarischer Werke der Schriftstellerinnen Cordelia Edvardson und Christa Wolf“ [Literary analysis of specific Holocaustneologisms after 1945 in context of literary works of the women writers Cordelia Edvardson and Christa Wolf] Edition: Brünner Beiträge zur Germanistik und Nordistik, Brno, Masarykova univerzita, 2013, roč. 27, č. 1-2, p. 121-135. ISSN 1803-7380. Other formats: BibTeX LaTeX RIS TYP Článek v odborném periodiku; RIV identifikation RIV/00216224:14210/ 13:00070163 Organization unit: Faculty of Arts Field of Study Jazykověda Country of publisher: Czech Republic Studie (Beitrag):

2013: Tonička. Českotřebovský kovář Theodor Fait“ (Českotřebovský zpravodaj)

24.2 Rezensionen

2013: Rezension zum Buch mit dem Titel : „Obraz Druhé Světové Války a Holocaustu v německy psané literatuře“ [ „Das Bild des Zweiten Weltkriegs und desHolocausts in der deutschsprachigen Literatur“] Místo vydání: Červený Kostelec: Pavel Mervart, 2012. – 141S; ISBN 978-80-7465-033-B; Recenzovali: Prof. PhDr. Jiří Munzar, CSc. a PhDr. Helena Baudyšová, Ph. D.

24.3 Weitere wissenschaftliche Aktivitäten

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Unterrichtsaktivitäten an der FF-MU 2015: Einführung in die Literatur: FF: HIA114I: 2014: Einführung in die Literatur: FF: HIA114II 2014: Einführung in die Geschichte und Kultur II: FF: NJI 12

Unterrichts- und Vortragsaktivitäten an der Uni Augsburg:

2016/2017: Prof. Dr. Bettina Bannasch: Neuere deutsche Literaturwissenschaft: Hauptseminar 2016/17: Titel: „Verfolgung, Flucht und Vernichtung in der Kinder- und Jugendliteratur“ 2016/2017: Prof. Dr. Bettina Bannasch: Neuere deutsche

Literaturwissenschaft Haupt- und Praxisseminar: „Paula Buber - Leben und Werk“ (Ausstellung) 2016/2017: Marguerite Markgraf, Mgr: Heinrich von Kleists Dramen im Kontext der Weltliteratur

Vortragsaktivitäten in Österreichsinstitut in Brünn:

Langen Nacht der kurzen Texte am Österreichinstitut: Eigene Gedichte im festgelegten Rahmen zum vorgegebenen Thema: 2018: “Und der Gefangenenchor kommt am Ende“ 2012: „Die Einmaligkeit des Augenblicks“ 2011: „Rot-Orange“ 2009: „Mensch ärgere dich nicht“ „Stuhl im Wartezimmer“ 2008: Dramatheater: „Ein Unglück kommt selten allein“ Der IC Smetana unterwegs von Brünn nach Berlin,“ Hymne an das Europäische Haus“, „Smetanas Symphonie der Gleise“ 2008: „Der zwölfte Mann“

Vortragsaktivitäten in Frankfurt am Main 2013: Autoren-Lesung im Literaturfernsehen: Frankfurt am Main, 124

BRD: "Autorenvertretung an der Brentano-Gesellschaft und Cornelia Goethe Akademie der Frankfuter Bibliothek: DAS NEUE GEDICHT: Brentano-Goethe- Haus" Großer Hirschgraben 15, Frankfurt am Main: Link: http://www.autoren- tv.de/vorschaltseiten/fb13_adler-alesikova_intro.html S titulkami: "Das Licht vom Goya/Lebens-Karussell", "Leonie", "Der Geigenklang", "Ouvertüre zum Gedicht der Dichterin Marie von Ebner – Eschenbach: "Am Kamin" "Oktober", "Regen am 9. April 1945", "Die Einmaligkeit des Augenblicks," "Bakkalaureats Dank dem Lehrstuhl in Brünn –frühmorgens am Montag um Acht", "Bakkalaureats Dank der Mutter Gottes und dem Lehrstuhl Maria Stern in Augsburg"

25 Konferenzteilnahmen

2019: Konferenzteilnahme: GiG Forum: Interkulturelle Germanistik in Zadar, Kroatien: 9.4.2019 - 12.4.2019: Arbeit am Dissertations-Projekt; Dichtung und Theorie: Workshop; 2018: Universität Thorun: Polen: Migration and the Question of National Identity from The CGS Final Interdisciplinary Conference 2014: účast na konferenci v Budějovicích: k tématu: „Ein Stückchen hin zum gemeinsamen Europa aus dem Munde der Schriftstellerin Tzveta Sofronieva. Die deutsche Literatur im 21. Jahrhundert und die »wahre« Heimat der Autorin.“

26 Auslandsaufenthalte (WM 2016 – SM 2017) 30. 9. 2016 – do 28. 9. 2017: University of Augsburg, Ausburg, Erasmus+, DEU (B.R.D.) Ziel: Fertigstellung der Dissertationsarbeit: Material-Sammlung und Bibliographisches Quellenstudium