E davon 1 E DIE ERSTE ÖSTERREICHISCHE BOULEVARDZEITUNG für den/die 2Verkäufer/in Bitte kaufen Sie nur bei AUGUSTIN- KolporteurInnen, die sichtbar ihren Ausweis tragen!

www.augustin.or.at NUMMER 208 1.8. – 15.8.07 WARTEN AUF WEBERS GROSSEN FILM SICHER NICHT JUGENDFREI

AUF TV-KANAL OKTO

BEIGELEGT: TEXTUNDBILD 3 AUFTAKT 2 NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07 INHALT

Kick-Tipp 22

Coaching-Zone 23 Herausgeber und Medieninhaber: Wiener Ausfahrten 77 Verein Sand & Zeit. Kittsee 24 Herausgabe und Vertrieb der Straßen-Zeitung AUGUSTIN. Vereinssitz: 1050 Wien, Schloßgasse 6–8

Internet: ART.IST.IN http://www.augustin.or.at

MAGAZIN 25 Organisation (Vertrieb/ Kolporteure/ Vereinsangelegenheiten) Eine Recherche Team: Mehmet Emir, Andreas Hennefeld, Riki Parzer, Das Lächeln Gargarins 26 Eva Rohrmoser Julius Mendes Überlegungen zur Sexuellen Welle 1050 Wien, Schloßgasse 6-8 Ungestüm abgeklärt 28 Tel.: (01) 54 55 133 Coverfoto von Mario Lang: Fax: (01) 54 55 133-33 [email protected] Stefan Weber über sein Projekt »Weltrevolution. Werner Schusters Blogs »Ausmisten – Aufräumen« ist Der Film« und über das Leben mit Parkinson Redaktion Seite 6 der Quotenhit 29 (Abos/ Schreibwerkstatt/Öffentlichkeitsarbeit): Musikarbeiter unterwegs – mit Mika 1040 Wien, Mostgasse 7/3 Vember und ihren Songs Tel.: (01) 587 87 90 Fax: (01) 587 87 90 – 33 Lieder und Liebe 30 [email protected] »SAND & ZEIT«-TAGEBUCH 3 LITERATUR-WERKSTATT Redaktionsteam: Karl Berger, Robert Sommer (DW: 11) (Koordination und FANPOST 4 Peter Gach: Gestaltung); Mehmet Emir, Andreas Hennefeld, Mario Lang Nördlich der Penntütengrenze 32 (DW: 13), Erika Parzer, Claudia Poppe, Eva Rohrmoser, Rein- Gustl 4 hold Schachner (DW: 12), Christina Steinle, Angela Traußnig Hömals Lostage: (DW: 10), Aurelia Wusch Tricky Dicky’s Skizzenblätter 5 Schwerennöter als Kavalier 35 HEROES Engelbert Zöchling: MitarbeiterInnen: Stefan Weber Illustrationen: Anton Blitzstein, Thomas Kriebaum, Julius »Und das Wetter« 36 Mende, Carla Müller, Richard Schuberth, Magdalena Steiner. Gerade sitzen und Schultern vor 6 Blitzsteins Donnergrollen 36 Fotos: Walter Famler, Christoph Witoszynskyi. Texte: Ljubo- mir Bratic, Renate Danninger, Peter Gach, Gottfried, Hömal, TUN & LASSEN Ruud van Weerdenburg: Kerstin Kellermann, Heidemarie Ithaler-Muster, Rainer Kris- Ausländer untereinander 37 pel, Gertraud Kücher, Karin Mandel, Uwe Mauch, Helmut Magazin 8 Neundlinger, Thomas Northoff, Elisabeth Prinz, Erwin Riess, Heidemarie Ithaler-Muster: Martin Schenk, Werner Schuster, Didi Sommer, Ruud van Förderung der Integration in den Gefängnissen Auf der Durchreise 37 Weerdenburg, Engelbert Zöchling. Kreuzworträtsel: Eva Wag- Das Gefängnis als Schreib-Werkstatt-Info: ner. Texterfassung: Luvi. Lektorat: Richard Schuberth

»Ausländerquartier« 9 Mit dem Kuli gemeißelt 38 StrawanzerIn: Ein Haus für Punks Gottfried: E-Mail: [email protected] »Die Behäbigkeit der Tagebuch eines Radio Augustin Stadt aussitzen« 10 Augustin-Verkäufers 39 Verantwortlich: Aurelia Wusch Die Situation von »älteren« Arbeitslosen Magdalena Steiner: 1040 Wien, Mostgasse 7/3 Nach ihnen kräht kein Hahn mehr 12 Tel.: (01) 587 87 90 – 14 Der Mann ohne Eigenschaften 40 [email protected] Migrantinnen im Reinigungsbereich Das Märchen von der Putzfee 13 TV Augustin Verantwortlich: Christina Steinle Meine Töchter sind süchtig (3) 1040 Wien, Mostgasse 7/3 Hilf dir selbst 14 Tel.: (01) 587 87 90 – 15 Kinderschwimmbad-Abschaffung [email protected] Ich kann nichts machen? 16 Inserate (KEINE Kleinanzeigen! Für Gratis-Wort- anzeigen siehe Hinweis auf Seite 20): Gerda Kolb Tel.: 0 699 19 42 15 92 KRAUT & RÜBEN E-Mail: [email protected]

Kreuz & Wort 19 Druck: Herold Druck- und Verlagsgesellschaft Marktplatz 20 1032 Wien, Faradaygasse 6

Verlagsort: Wien StrawanzerIn, die Wien-Programmbeilage zum Information: AUGUSTIN erscheint jeden 2. Mittwoch Herausnehmen. Auflage dieser Nummer: 38.000

Mitglied des International VORSTADT Network of Street Papers

Lokalmatadorin Christine Mjka AUGUSTIN erhält keinerlei Subventionen »Das ich anders bin« 21 Andi Fading: Dauerbrenner der Regionalliga Ost PSK, Blz 60.000, Nr. 92 051 517 Kübler am Ball 22 Bawag, Blz 14.000, Nr. 05 010 666 211 SAND & ZEIT NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07 3 Redakteursleben, erste und letzte Folge

echs fixe MitarbeiterInnen des die Teil des Augustinvertriebs wer- zu zeigen, wie stark Worte sich auf Augustin sind speziell für das den wollen, wegschicken müssen. unser Leben auswirken.« SBlattmachen zuständig, vier Was können wir im Rahmen des Ich muss, ich kann eine Auswahl davon arbeiten im Büro Mostgasse »Gesamtkunstwerks Augustin« den treffen, um die Literaturwerkstatt- TAGEBUCH 7. Vielleicht liegt es an der Banalität Abgewiesenen als Alternative anbie- Seiten des Augustin zu füllen. Ich des Blattmachens, dass es zwar ein ten, ohne das strafbare Delikt zu be- möchte den Text, aus dem ich hier regelmäßig erscheinendes »Tage- gehen, das Beschäftigungsverbot für zitiert habe, nicht für die Literatur- buch eines Augustinverkäufers« Flüchtlinge zu hintergehen? Diese seiten auswählen, und ich möchte gibt, jedoch kein Pendant aus der Fragestellung schwebt seit zwei Jah- den Autor, von dem schon öfter an- Sicht der ProduzentInnen. Aber: ren über dem runden Tisch, um den dere Texte veröffentlicht wurden, will das irgendwer wissen? Aus dem wir uns zu den 14-tägigen Vor- um Verständnis ersuchen. Seine scheinungszeitpunkt, Länge des Arbeitsleben eines koordinierenden stands- und Redaktionssitzungen Lage als Flüchtling ist objektiv mit Textes, Art der Illustrationen etc. – Augustinredakteurs, erste und letz- versammeln. Hat jemand von »drau- der Definition aus der Schweizer oft auch ein Abklären der »Thesen« te Folge. ßen« eine Idee? Zeitung (siehe oben) besser be- des Textes, eine Verständigung über schrieben als mit der Platitude, ein seine Inhalte und Orientierungen Manchmal fühlen wir uns überfor- Mensch könne nur von sich selbst einschließt; entsprechende Diskus- dert. Manchmal wissen wir nicht Anpassungswut zurückgehalten werde, egal in wel- sionen zwischen Redaktion und mehr weiter. Nicht um die Zeitungs- cher Situation er sich befinde. In der »freien« MitarbeiterInnen vernei- produktion geht es hier. Das ist Rou- Der letzte der afrikanischen Flücht- Regel kann aus Flüchtlingen aus den inhaltliche Alleingänge von tinearbeit, nach 12 Jahren. Es geht linge, der vor der Einführung des Afrika in unserer Gesellschaft SchreiberInnen abseits der »Linie« um unseren Anspruch, die nieder- Aufnahmestopps den begehrten Au- »nichts werden«. Aber nicht, weil des Blattes, so schwer es manchmal schwelligste Stelle in Sachen »Hilfe gustin-Verkäuferausweis ausgehän- sie sich »selbst zurückhalten«. Viel- ist, diese abzugrenzen oder zu defi- zur Selbsthilfe« für die Gestrande- digt bekam, ist geradezu die Verkör- leicht sollte man aber, um die Reali- nieren. Für Mitte August würde er ten aller Genres zu sein. Weil die perung der Integrationswilligkeit tät in seiner Totalität abzubilden, gerne über den Gürtel Nightwalk sozialen Sicherungssysteme – entge- der MigrantInnen. Äußeres Zeichen nicht nur dem Zorn, sondern dane- schreiben – »vor allem unter dem gen den Behauptungen der Regie- dafür ist, wie schnell er Deutsch ge- ben doch auch den Illusionen und Gesichtspunkt, dass hier ein Gebiet rungschefs – eben n i c h t funktio- lernt hat. Und wenn man folgende den ruhestiftenden Klischees Raum (der West-Gürtel) durch Stadtpla- nieren, musste der Augustin sich Zeilen liest, die in einem vielseiti- geben, in deren Falle viele Gestran- nung und EU-Gelder vor einer Vers- schweren Herzens vor etwa zwei gen Text vorkommen, den er für dete gehen? lumung bewahrt wurde«, so ein An- Jahren zu einem Kolporteur-Aufnah- den Augustin schrieb, glaubt man, gebot gab’s z. B. neulich. mestopp entschließen, weil er sonst eine Übernahme westlicher Mythen Eine Würdigung der Stadtplanung von den aus den »Sicherungssyste- erkennen zu können: Unschuldiger Nightwalk? erwartet das Volk nicht gerade vom men« herausgeschleuderten Men- »Bill Clinton, las ich kürzlich, er- Augustin. Mein Vorschlag also: Über schen derart überrannt würde, dass zählte darüber, wie Wörter das Le- Dass Augustin-Beiträge abgelehnt die potentielle Ambivalenz von Auf- bald in jeder der 76 Wiener U-Bahn- ben eines Menschen formen kön- werden, die von journalistischen wertungsprozessen am Gürtel dürfe Stationen sich ein Dutzend Straßen- nen. Als er noch ein kleiner Junge MitarbeiterInnen angeboten wer- der Text keineswegs hinwegsehen; zeitungsverkäufer in ihrer Existenz- war, besuchte der damalige Präsi- den, kommt seltener vor. Der die Aufwertung einer Zone hat ja not um den besten Standplatz raufen dent der Vereinigten Staaten seine Grund ist, dass das Aushandeln der immer auch zur Folge, dass die ein- würden. »Überrannt« würde der Schule und er tauschte mit Little Bill Beiträge – thematischer Fokus, Er- kommensschwächsten Schichten Augustin-Vertrieb vor allem von einen Händedruck aus. Bill war so daraus vertrieben wer- Asylsuchenden. In einer Schweizer glücklich, weil er dem Präsidenten den, im Fall der Gürtelzo- Zeitung fiel mir folgende Situations- die Hand geschüttelt hatte, und er- ne sind das die Zuwande- beschreibung auf, die eins zu eins zählte allen davon. Die machten rer aus Südosteuropa. Hat auf hiesige Verhältnisse übertragen sich nun einen Spaß darauf, ihn Mr. das junge, urbane Night- werden kann: »Die Lebensbedin- President zu rufen. Der Spitznahme walk-Publikum nicht auch gungen, in welche die illegalisierten begleitete ihn auch später noch, so Züge von einer neuen Asylsuchenden hinein gezwungen dass er ihn schließlich verinnerlich- Monokultur, die siegreich werden, sind von den Gesetzesgebe- te. Obwohl seine Lebensumstände die unerwünschte Kultur, rInnen und Behörden absichtlich so es ihm eigentlich nicht erlaubt hät- ein Mix aus Verarmten, entwürdigend wie möglich gestaltet ten, daran zu denken, eines Tages AusländerInnen, Prostitu- worden. Sie sind Zeichen einer fata- wirklich Präsident der Vereinigten ierten plus Kunden, un- len Banalisierung von Entmenschli- Staaten von Amerika zu werden, hat tergehendem Gewerbe chung. Den Illegalisierten werden ihn das nie aufgehalten, daran zu ar- etc. verdrängt? bewusst persönliche Bedürfnisse beiten. Egal in welcher Situation Ich könne beruhigt G

und Individualität sowie jede sinn- sich ein Mensch befindet, er kann N sein, sagte der Mitarbei- A stiftende Betätigung abgesprochen.« nur von sich selbst zurückgehalten L ter, auch diese Kehrseite O I R

Wie gern würden wir den Augus- werden. Ehe man sich versah, hatte A der Aufwertung der Gür- M tin öffnen für wirklich alle, die ums die Mr. President-Rolle seine junge : telzone wird nicht unter- O T O

Überleben kämpfen. Wie sehr füh- Persönlichkeit vereinnahmt. Und F schlagen werden. Die Lö- len wir uns eigenhängig erwürgt, letztlich wuchs ja er wirklich heran, Manche können wirklich nur von sich selbst sung gibt’s im Heft 209. wenn wir – um die Existenz unseres um Präsident zu werden. Warum zurückgehalten werden. Raiffeisen-Manager Projekts zu sichern – Flüchtlinge, schreibe ich darüber? Einfach, um Christian Konrad Robert Sommer FANPOST 4 NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07

F13-FEST DES AUGUSTIN: FAST SCHON BRUTAL EXAKTER SCHLUSS Sehr geehrte Damen und Herren! Als unmittelbarer Anwohner Ihres Straßenfestes vom 13. 7.2007 möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich dessen Organisation und Ab- wicklung wirklich nur mit großer Bewunderung und Anerkennung kommentieren kann. Ich persönlich hätte zwar lieber einen ruhigen G N A Freitagnachmittag und -abend ge- L O I R habt, aber die Disziplin der Organi- A M sation und der Gäste hat mich sehr : O T O

erstaunt und gefreut. Dazu gehört F auch der fast schon brutal exakte »Organisation und Abwicklung des Augustin-Straßenfestes nur mit größter Anerkennung zu kommentieren« Schluss der Musik Punkt 22 Uhr und die blitzartige Räumung und als auch durch die Reduktion der Säuberung des Areals. Sehr zweck- Verstärkungsleistung, langsam in mäßig war auch die rechtzeitige An- den Bereich gemütlicher Hinter- Rätselauflösung für Heft 207 kündigung der Veranstaltung samt grundmusik absinken lassen. Damit Einladung zu derselben, heute zwar wäre meiner Meinung nach dem schon gute Praxis, aber dennoch oft Vergnügen der Teilnehmer kein Ab- vergessen. bruch getan und die Nachbarn hät- Als ehemaliger beruflicher Lärm- ten noch eine etwas ruhigere schützer, welcher auch immer wie- Abendzeit. der Veranstaltungslärm zu behan- Hans Stidl, E-Mail deln hatte, würde ich Ihnen aber noch einen Tipp geben, der sich bei ÜBER EINE TULPIGE UND anderen Veranstaltungen dieser Art LÖWENZAHNIGE AMTSHAND- vielleicht berücksichtigen lässt. So LUNG würde ich die Darbietungen eher so Betrifft; »Tatort Resselpark« in Aus- anordnen, dass sich der akustische gabe Nr. 207 Höhepunkt knapp vor Einbruch der Aus meiner Sicht sollten Regeln, Dämmerung ereignet und dann die Verordnungen, Gesetze uns in ei- Musiklautstärke, sowohl durch den nem möglichst friktionsfreien und Charakter der dargebotenen Stücke solidarischen Zusammenleben un- FANPOST NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07 5 terstützen. Es sollte einerseits klar sein, warum es bestimmte Regeln DAS NACKTE LEBEN gibt und sie sollten andererseits mit Augenmaß administriert werden. Dies ist wohl im vorliegenden Fall »Tatort Resselpark« nicht geschehen (Geldstrafe: 105 Euro). So weit, so bedauerlich und kritikwürdig. Herr Karl Weidinger, der Autor des Artikels, scheint mir allerdings über das Ziel hinauszuschießen. Ich nehme »Tatort Resselpark« inhalt- lich als undifferenziert, Menschen gegeneinander ausspielend (Eltern gegen HundebesitzerInnen) und egomanische Haltungen unterstüt- zend wahr. Für mich macht es einen Unter- schied, ob ein Löwenzahn oder eine Tulpe gepflückt wird. Statt es ein- fach in Ordnung zu finden, eine Tul- pe abzubrechen, hätte unser moder- ner Wilhelm Tell (Klaus Renner) sei- nen Sohn beispielsweise erzählen können, dass die GärtnerInnen viel Arbeit investieren, um für alle Be- Aus Mehmet Emirs Fotoserie für eine Boulevardzeitung der anderen Art wohnerInnen der Stadt, Farbe und Duft in das graue Häusermeer zu mit dem Mann, und er erzählte mir wirklich sehr gut. Die Aufmachung, tion pur. Schade, dass es so was in bringen. von seiner Familie zuhause in die Themenauswahl und die Ernst- Deutschland, besonders hier in Erstaunt hat mich, dass in dem Ar- Georgien, von seiner kranken er- haftigkeit – eine wirklich gute Zei- Bonn nicht gibt. tikel das Ausreißen von Blumen mit wachsenen Tochter und von seinen tung zu machen, findet man selten. Viele Grüße vom Rhein an die Do- zivilem Ungehorsam gleichgesetzt Enkelkindern – und dass er sie alle Für mich war Augustin keine Ob- nau und lassen Sie bloß nicht nach :- wird. Beruhigend finde ich es alle- schon so lang nicht mehr gesehen dachlosenzeitung, sondern Informa- Wolfram Domina, E-Mail mal, dass, wenn man einen Rechts- hatte. Als wir wieder im Auto saßen, anwalt und einen Teil der Medien an fragte mich mein fünfjähriger Sohn, seiner Seite hat, man in unserer Ge- warum denn der Mann seine Enkel- TRICKY DICKY’S SKIZZENBLÄTTER sellschaft zu einem modernen Wil- kinder nicht sehen dürfe, und ich helm Tell mutieren kann, vor dem erklärte ihm, dass der Mann aus ei- selbst die Bürokratie erzittert. ;-) nem anderen Land stamme und Mein Eindruck: Ein »Amtskappel« nicht ausreisen könne, weil er sonst und ein »Rotzlöffel« haben die ge- nicht mehr nach Österreich zurück- genseitige Konfrontation gesucht kommen dürfe. Mein Sohn sagte da- und gefunden. Vielleicht haben aber rauf: »Wieso sperrt man manche auch nur zwei Menschen, die einen Leute bei uns aus? Es ist doch so »schlechten Tag« hatten, nicht zuei- schön bei uns und woanders viel- nander gefunden. Warum der Kon- leicht nicht. Das ist doch unfair?« flikt in dieser Form über zwei Zei- Und ich wusste auf diese Frage lei- tungsseiten ausgewalzt wird, er- der keine Antwort … schließt sich mir allerdings bei kei- Vielen Dank für eure Zeitung, mit ner dieser Varianten. der ihr bzw. eure Verkäufer die Si- Unabhängig von diesem Artikel tuation vieler an den Rand der »gu- möchte ich die Gelegenheit beim ten Gesellschaft« gedrängten Men- Schopf ergreifen und euch für den schen etwas näher in unsere beque- Augustin und die vielen engagierten men Wohnzimmer bringt! und informativen Artikel der letzten Uschi Spitzbart, E-Mail Jahre danken. Georg Schober, E-Mail SCHADE, DASS ES IN BONN KEIN AUGUSTIN-ÄQUIVALENT MEIN SOHN FRAGTE, ICH GIBT WUSSTE KEINE ANTWORT Sehr geehrte Damen und Herren, Hallo Augustin-Redaktion! Heute hat jetzt habe ich nach langer Zeit mal mich ein Erlebnis mit meinem klei- wieder ein paar Stunden auf Ihrer nen Sohn zum Nachdenken ge- Website verbracht und stelle mit bracht: Wir hatten wie immer eine Wehmut fest: Der Augustin fehlt Ausgabe des Augustin bei unserem mir. Während meiner Zeit in Öster- bekannten Verkäufer erworben. Ich reich habe ich Ihre Zeitung regelmä- plauderte dann noch ein bisschen ßig gelesen und fand die Artikel HEROES 6 NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07

Stefan Weber über sein Projekt »Weltrevolution. Der Film« und über das Leben mit Parkinson Gerade sitzen und Schultern vor

Der stürmische Wind hat Rock-Viech und Polit-Trash- Guru Prof. Stefan Weber ins Planet Music geweht, zu einer Probe von Roman Gregorys »Alkbottle«, wo er auch zwei Nummern interpretieren wird. Ja, der Frühpensionist und Szenealtmeister ist wirklich äußerst umtriebig: Stargast bei vielen Events, zertrümmert er hier ein Saxofon, dort eine Gi- tarre, erscheint bei Tochter Monis Modeschauen, hält Le- sungen im Rathaus und küm- mert sich ums Drahdiwaberl- Programm. Anliegen Nr. 1 ist ihm zurzeit aber die Fertigstel- lung seines Kinofilms – »Welt- revolution. Der Film«. Sein Le- benswerk quasi, zumindest ein Highlight im schillernden Rock’n’Roll-Leben des Herrn Kapellmeisters. Trotz seiner Parkinson-Krankheit ist er ab- »Ich brauch mir nix mehr zu beweisen – hab schon ausreichend Exzesse geliefert« solut kein Leisetreter gewor- den, wie auch das Gespräch mit dem Augustin deutlich drüber. Dankenswerterweise haben ten als Förder-Baustein erwerben Wird es auch einen Soundtrack machte. wir aber nun doch über die Wiener konnte. Auch dadurch ist noch ein zum Film geben? Filmförderung – denn der Film hat bisschen was hereingekommen. Wir Das ist alles noch im Gespräch. Der ziemlich viel Wien-Bezug, da kommt können das Filmprojekt zwar immer Film zeigt einen Querschnitt durch z. B. der Opernball vor, die Opern- noch nicht hundertprozentig so ver- das Schaffen der Dahdiwaberl und ball-Demo natürlich auch (lacht), wirklichen, wie wir eigentlich woll- natürlich sind etliche alte Nummern nicht nur der Ball – eine kleine Sum- ten, aber immerhin – wir können ’s dabei. Es ist halt jetzt noch die Fra- me, mit der man gerade das Not- jetzt wenigstens verwirklichen. ge, je nach dem, wie viele neue eltrevolution. Der wendigste drehen kann, erhalten. Willst du uns noch etwas mehr Nummern es letztendlich sind, Film« – viele warten Nebenbei kamen wir auf aller- zum Filminhalt verraten? wird’s ein richtiger Soundtrack oder gespannt auf die Ki- hand obskure Ideen, wie die »Venus (überlegt) Na ja, die Kinder sollte eher nur ein kleines Album. Oder nopremiere. Wann von Willendorf«, die man in ver- man eher daheim lassen, es wird si- wir heben sie noch auf für eine neue Wwird der Film erscheinen? schiedenen Farben und Wertigkei- cher nicht jugendfrei! CD, aber irgendetwas wird sicher Ich trau mich da gar keine genauen passieren! Prognosen mehr zu stellen (grinst), nach den Erfahrungen der letzten 32 Jahre, denn damals hätte er eigent- Zum zweiten und zum letzten lich schon rauskommen sollen. Seit Mal beim Volksstimmefest über 20 Jahren scheißen wir schon an diesem Projekt rum, und jetzt Du bist populärer und beliebter sollte es doch endlich im Herbst so denn je, mit Amadeus ausgezeich- weit sein. net und »ehrengenadelt« (Silber- Die Finanzierung soll ja auch nicht ne Ehrennadel der Stadt Wien), gerade einfach gewesen sein … doch die Gerüchteküche brodelt: Ja, das stimmt, und darum hat’s auch Am Volksstimmefest (2. 9.) soll so lange gedauert. Denn so ein Film, wieder mal das angeblich letzte wie wir ihn jetzt bringen, ist leider Konzert von Drahdiwaberl statt- kaum »förderungswürdig«, da traut finden. sich einfach keinerlei Filmförderung Eigentlich wäre dies eine logische HEROES NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07 7 G N A L O I R A M : S O T O F Stefan Weber zur Parkinson-Erkrankung: »Wenn nix Ärgeres passiert...«

Konsequenz, weil ja das erste Kon- schlagen. Kleine Platzwunden oder und über mit Drahdiwaberl-Logos Oasch! Das geht doch alles nur auf zert auch am Volksstimmefest statt- geprellte Rippen waren da keine Sel- bemalt, begleiten jede Tour, haben Kosten der Kreativität. Und die gefunden hat. Auch in den letzten tenheit. Jetzt ist man halt schon sehr Transparente mit, die sie aufhängen. Krankheit? Wenn ich mir Videos von Jahren wollten sie uns immer wieder vorsichtig, dass man sich nix bricht. Wären das nicht so aufrechte und Auftritten anschaue: Wenn ich auf dort haben, aber normalerweise bin Das bemerkt man dann vielleicht lustige Burschen, dann wär’s ja fast der Bühne bin, bemerkt eh keiner ich um diese Zeit in Cesenatico am auch bei der Show, aber die Men- schon peinlich, wie sie sich vor mir was davon. Aber dann schon beim Strand, und da ist mir dann der Ca- schen verzeihen mir das. Ich brauch auf die Knie werfen! Sie machen das Abgang, und sonst auch. Man muss puccino in Italien wichtiger als das mir auch nix mehr zu beweisen, ich schon so übertrieben, als wären sie halt ständig dran denken: Gerade sit- Volksstimmefest in Wien! Also nein, hab’ schon so viele Exzesse geliefert, richtige Drahdiwaberl-Darsteller, ei- zen und Schultern vor, denn man das letzte Konzert wird ’s sicher das wird dann schon akzeptiert. gentlich würden sie sofort mitma- sackt mehr in sich zusammen. Aber nicht sein. Wir spielen ja auch noch Als Künstler hast du natürlich eine chen können. Da hab ich auch schon wenn nix Ärgeres passiert, als das im Oktober in Graz und (schel- gewisse Verantwortung, einer- eine Idee für den Volksstimmefest- …« (lächelt zufrieden). misch) natürlich auch, wenn Bush seits kultur- und gesellschaftspo- Gig: Hasi und Schurli sollen auf der Selbst Aufhören schützt vor Tor- wieder mal in Wien ist! Trotzdem, litisch, andererseits aber auch dei- Bühne stehen! heit nicht, bitte noch eine weltre- man weiß ja nie … (nachdenklich): nen Fans gegenüber, wie z. B. Hasi Wie weit beeinträchtigen dich in- volutionäre Botschaft für alle Au- Die Knochen werden brüchig, aber und Schurli, die treu bei jedem terne Streitigkeiten und auch dei- gustins! man lernt damit umzugehen, wird Konzert in der ersten Reihe ste- ne Krankheit – trotz Bewunde- Tut’s weiterhin alle brav schwarzfah- vorsichtiger und ein bisschen ängst- hen. rung aller, die davon wissen? Du ren, das ist mal ein guter Beginn! licher. Früher bin ich Vollgas auf die Ja, solche Fans hab’ ich früher nicht bist ja jetzt medikamentös gut Bühne geprescht, ohne Rücksicht auf gekannt. Das sind absolute Super- eingestellt. Mit Stefan Weber sprach Verluste und hab Purzelbäume ge- fans, sie haben ihren Kleinbus über Streitereien geh’n mir sowieso am Renate »Funky« Danninger 8 NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07 TUN & LASSEN magazin Wenn sich Wachleute als Sherrifs sehen PENSIONIST ABGÄNGIG

AMS VERLIERT KONTROLLE ÜBER SEINEN er Pensionist Peter L., 72 Jahre, wird seit SICHERHEITSDIENST Pfingstmontag vermisst. Eine am folgenden Tag Ddurchgeführte groß angelegte Suchaktion mit der NÖ Rettungshundestaffel und Hubschrauber as Arbeitsmarktservice engagierte beobachtete vom Gebäude aus den Be- brachte keinen Erfolg. den Sicherheitsdienst ISS mit der reich vor dem Eingang. Als ich mich allei- Der Mann ist Bewohner der psychosozialen Betreu- DBegründung, MitarbeiterInnen und ne davor befand, kam er auf mich zu und ungszentrums im Tullner Rosenheim. Er verließ am KundInnen seien gehäuft belästigt und be- drohte mit der Polizei.« Davon unbeein- Pfingstmontag das Haus, um spazieren zu gehen. Pe- droht worden. Nun häufen sich von Si- druckt und sich im Recht wissend, blieb ter L. ist ca. 1,60 cm groß, schlank, hat weißgraue cherheitsleuten ausgehende Bedrohungen. die Flugblattverteilerin vor dem AMS ste- Haare und trägt einen Oberlippenbart. Er macht kei- Mitte März hatte ein Mitarbeiter von ISS hen. »Er wollte mich wegdrängen. Als ich nen verwirrten Eindruck, ist freundlich und kontakt- seinen Dienst gegen Vorschrift mit einer dies nicht zuließ, entriss er mir kurzer- freudig. Hinweise bitte an die Polizeiinspektion Tulln, Waffe in der AMS-Geschäftsstelle Reder- hand die Flugblätter und zerriss diese.« Tel. 059133/3280, oder an das Rosenheim Tulln, gasse ausgeübt. Am 13. Juli wurde im Rah- Michael Maximilian, Geschäftsführer Tel. 02272/65000 richten. men einer F13-Aktion ein Security-Mann der Sicherheitsfirma ISS, betonte noch einer Frau gegenüber tätlich – erneut nach dem Vorfall im März der Tageszei- Schauplatz Redergasse. Die Aktivistin des tung »Die Presse« gegenüber: »Unsere bundesweiten Vereins »Arbeitslosenspre- Mitarbeiter dürfen nur präventive Aufga- cherIn« und der Initiative »AMSand«, die ben wahrnehmen.« Also auf die Hausord- sich u. a. kritisch mit den Methoden des nung hinweisen und Personen auffordern, AMS auseinander setzt, verteilte vor dem sich ruhig zu verhalten. Wenn jemand den AMS Redergasse Flugblätter, und zwar al- Anweisungen keine Folge leistet, müssen leine. Kurz davor hatten einige andere Per- die Wachleute die Exekutive verständigen. sonen im Inneren der AMS-Geschäftsstel- Die F13-Aktivistin verständigte einen An- le Flyer selben AMS-kritischen Inhalts auf- walt, der eine Maßnahmenbeschwerde gelegt. beim Verwaltungssenat einbringen wird. Die Aktivistin im Gespräch mit dem Au- gustin: »Ein Mann vom Sicherheitsdienst reisch

eingSCHENKt

sein.« Der hat ein super Handy und SCHLAMMBLUT ein Auto? Das stimmt ja was nicht. Es ist typisch für Diskurse über we- niger privilegierte Schichten, dass die dominante Perspektive deren Aufstiegserfolge hauptsächlich un- enschen in der Welt Harry »Wenn die nicht wären, wäre al- hördlichen Statistik-Bastler den ter dem Aspekt von Illegitimität Potters heißen Muggle. les besser«, so dröhnt das zweite Suchtgiftdelikten von Afrikanern betrachtet. Das dritte Gebot des MViele Zaubererkinder stam- Gebot des Sündenbocks, das wich- diejenigen aus Ex-Jugoslawien, aus Rassismus ist eine Doppelmühle. men von Muggleeltern ab. Die tigste Werkzeug des Rassismus. Albanien, aus Osteuropa und aus Denn wenn du in elenden Verhält- Gruppe rund um den dunklen Lord Eine Gruppe finden, die an allem Österreich gegenüberstellen. Zählt nissen lebst, keine mit uns ver- Voldemort will das Land aber in und jedem schuld ist. Schuld an man Letztere zusammen, kommt gleichbaren Güter hast – dann be- eine reinrassige Magiergesellschaft dem, was schief läuft in einem Ge- eigentlich raus: Europäer sind die stätigt das nur unseren Blick, dass verwandeln. Kinder mit gemisch- meinwesen. Und sich dann vorstel- größten Drogendealer. Guter Trick: du selbst Schuld daran bist wie es ter Abstammung, einem Elternteil len, dass alles viel besser wäre, Durch den Vergleich von Kontinent dir geht. Bei sozialem Aufstieg ist Muggle, dem anderen Zauberer wenn die nicht mehr da wären. mit Nationen werden die Europäer es nicht mit rechten Dingen zuge- sollen aus Schule und Gesellschaft »Österreicher schießt auf unsere weniger und die Afrikaner mehr. gangen, bei sozialem Abstieg bist ausgeschlossen werden. Kinder, Kinder.« Als im Gemeindebau ein Im letzten Harry-Potter-Band du selber Schuld. deren beide Eltern Muggel sind Mann auf ein Kind geschossen hat, werden nun die »unreinen« »inter- Harrys Freundin Hermine hat ein wie Harrys Freundin Hermine, ha- gab es diese Schlagzeile nicht. Ob- kulturellen«, »binationalen«, feines Gespür für Ungerechtigkei- ben wegen ihrer Herkunft schon wohl sie der medialen Logik ent- Mischlinge angeklagt. Je mehr sie ten, die sich auf Herkunft berufen. gar nichts bei den reinen Zaube- spreche würde. Die Eltern des Kin- von Zauberei verstehen, desto ver- Sie sieht die Hauselfen, kleine Ge- rern zu suchen. Diese nennen sie des sind aus der Türkei zugewan- dächtiger sind sie, denn, laut der schöpfe, die als Sklaven in den verächtlich Schlammblütler. »Du dert. Umgekehrt wäre ganz schön Logik des Vorurteils, können sie Haushalten der Magier arbeiten, sollst dich nicht vermischen«, lau- was los gewesen. »Türke schießt ihre Kenntnisse ja nur gestohlen sie sieht deren bedrückende Situa- tet das Hauptgebot des Rassismus. auf unsere Kinder.« Oder: Die Sta- haben. Das ist das dritte Gebot: tion. Millionen Leserinnen und Le- Das funktioniert mit Haut oder tistik des Innenministeriums sagt, »Wenn du so bist wie wir, das ser vielleicht auch. Da wäre ein Blut genauso wie mit Herkunft dass Afrikaner die größten Dro- weißt und das hast was wir wissen Verwandlungszauber angebracht. oder Kultur: Wir sind wir und die gendealer seien. Aus der Nähe be- und haben, dann kann das nicht Alle sollen Zukunft haben – trotz sind die. trachtet merkt man, dass die be- mit rechten Dingen zugegangen Herkunft. Martin Schenk TUN & LASSEN NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07 9

Englischkurse für Wachebeamte, Deutschkurse für Häftlinge wären gefragt … Das Gefängnis als »Ausländerquartier«

Die Situation in den österrei- reicher sitzen und nicht als »Tür- men zu sehen.« Denn 1987 bis handlungsvollzug und soziale Reinte- chischen Gefängnissen hat ken«. Und das Problem würde auf 1998 wurden von den Regierungen gration mehr und mehr Repression sich stark verändert. Eine kri- mangelnde Bildungs- und Arbeits- eine Reihe von Gegensteuerungs- und Ausgrenzung. Maßnahmen zur chancen zurückgeführt werden und maßnahmen durch Strafrechts- und Integration und Hilfe werden durch minalsoziologische Studie nicht auf »Kultur« oder »Identität«. Strafprozessreformen gesetzt. Haft- Sprachlosigkeit und Verständnislo- empfiehlt dringende Maßnah- vermeidende Maßnahmen kamen sigkeit ersetzt.« Die SpezialistInnen men zur Förderung der Inte- aber vor allem ÖsterreicherInnen von den Universitäten empfehlen u. gration, um Repression und Keine politische zugute und greifen bei nicht inte- a. mehr schulische und berufliche Ausgrenzung von »ausländi- Gegensteuerung grierten Fremden nicht. Eine be- Ausbildung in Haft, »Non-Stop-Kur- schen« Gefangenen entgegen- dingte Entlassung oder Haftalternati- se« für Sprachen oder Computer, ge- zuwirken. Im EU-Projekt zu den »ausländi- ve kommt z. B. »Fremden« aufgrund lockerten Vollzug (in Klagenfurt z. schen Gefangenen« sprechen Vero- ihrer oft ungewissen Versorgungsla- B. in der Außenstelle Rottenstein nika Hofinger und Arno Pilgram vom ge und dem erschwerten Zugang gibt es sehr gute Erfahrungen mit Institut für Rechts- und Kriminalso- zum Arbeitsmarkt kaum zugute. Die afrikanischen Gefangenen), Trai- ziologie Fragen des sozialen Aus- Armut bestimmter Bevölkerungs- nings, die sich mit dem legalen schlusses an. Ähnlich den USA, wo gruppen wird gefördert und an- Überleben bei mangelnder Grund- deutlich mehr Schwarze bzw. Afro- schließend doppelt bestraft (eine versorgung nach der Haft beschäfti- ie österreichischen Ge- amerikanerInnen in den Gefängnis- junge Rumänin verlor z. B. durch die gen und proaktive Maßnahmen zur fängnisse sind voll. Es gab sen sitzen, als ihrem Anteil an der Verhaftung ihre Wohnung und kriegt Aufnahme von Personal mit unter- einen Zuwachs der Gefan- Bevölkerung entspricht, sitzen in nun nach fünf Monaten Haft schwer schiedlichem »ethnischen« Hinter- Dgenenpopulation von Österreich deutlich mehr »Fremde« ihre Kinder zurück. In Folge droht grund. AsylwerberInnen müssten 2001 bis 2004 um 20 Prozent oder ein. In der Studie steht: »Obwohl ihr Aufenthaltsverbot und Schub- mit hiesigen Standards vergleichba- in Summe um 1384 Personen – ins- langfristig in Österreich insgesamt haft. Frau Bock soll nun helfen, den re Lebensbedingungen gewährleis- gesamt sitzen in Österreichs Gefäng- weniger Verurteilungen ausgespro- »circulus vitiosus« der Behörden zu tet werden. nissen rund 9000 Insassen! chen werden (vor allem bei Inlän- durchbrechen). »Die Leute da draußen leben auch Durch die Medien ging der hohe dern, aber auch bei integrierten in ihrem eigenen Gefängnis«, argu- Anteil der »Fremden«, der seit 2001 Fremden/ArbeitsmigrantInnen), mentierte vor kurzem eine junge, auf mehr als das Doppelte anwuchs. werden Inhaftierungen und Haftstra- Überlebenstrainings für ehemalige Gefangene – ebenfalls Die Situation liefert schöne Argu- fen insgesamt häufiger – vor allem nach der Haft »Nicht-Österreicherin«, um sich den mente für PopulistInnen. Aber wa- gegenüber Ausländern. Diese gehen Mangel an Interesse zu erklären. rum stellt sich die Situation wirklich überproportional oft in Untersu- »Die geänderten Umstände in der »Die arbeiten, haben ihre Kinder so dramatisch dar? chungshaft und häufig auch für kur- Haft verlangen eine Flexibilisierung und interessieren sich nicht für an- Als »foreign prisoner« gelten in ze Zeit in Strafhaft.« Untersuchungs- des Strafvollzuges«, steht im Ta- dere Menschen. Die meisten Leute der EU-weiten Studie »ausländische haft wird wegen der angeblichen gungsresümee des »Ersten Universi- haben ihre eigenen Sorgen und wol- Gefangene in österreichischen Jus- Fluchtgefahr öfter verhängt als ge- tären Strafvollzugtages« vom Mai len nichts von den Problemen ande- tizanstalten und Polizeianhaltezen- gen ÖsterreicherInnen. In den Un- 2007. Fragen nach der Integration in rer wissen.« tren«, z. B. alle Personen ohne tersuchungshaftanstalten bzw. Ge- und nach der Haft sind sehr wichtig. Staatsbürgerschaft des Staates, in richtlichen Gefangenenhäusern liegt Denn: Es »weichen allerdings Be- Kerstin Kellermann dem sie inhaftiert sind – der Begriff der Anteil der »Fremden« bei 50 umfasst also auch Kurzzeittouristen, Prozent, und damit höher als in den ArbeitsmigrantInnen, Niedergelasse- Strafvollzugsanstalten (40 Prozent). ne, Angehörige der zweiten bzw. In Bezug auf Polizeianhaltezentren dritten Generation, (abgewiesene) ist die Statistik sowieso verzerrt, Asylsuchende, sog. »irreguläre« Mi- weil von den Schubhäftlingen »na- Jeder 2. Mittwoch ist grantInnen und Staatenlose. In der turgemäß« 100 Prozent Auslände- Realität unterliegt die Definition, rInnen sind (am Stichtag 23. 11. wer »Ausländer« oder »Fremder« 2005 waren allein 462 Menschen Augustin-Tag ist, starken Schwankungen und in Schubhaft). hängt von der jeweiligen Regierung Die Zahl der Gefangenen hat in ab. Hätten z. B. in Österreich gebo- Österreich derzeit den hohen Wert Augustin Nr. 209 ist rene Babys in den 90er Jahren die der 1980er Jahre wieder erreicht. österreichische Staatsbürgerschaft Aber warum? »Der starke Anstieg ab 16. August auf den Straßen erhalten, sähe die Statistik ganz an- seit dem Jahr 2000 ist als Ergebnis ders aus. Glücksspielsüchtige Ju- vor allem eines wachsenden Inputs Wiens erhältlich gendliche, die finanzielle Delikte be- (…) sowie eines Abgehens von poli- gehen, würden dann z. B. als Öster- tischen Gegensteuerungsmaßnah- TUN & LASSEN 10 NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07

Ein Haus für Punks ist kein Geschenk, sondern ein Sozialprojekt »Die Behäbigkeit der Stadt aussitzen«

Die Initiative Pankahyttn, ir sind in der umge- eine Gruppe von zirka 50 kehrten Situation wie Punks, verhandelt seit zwei »Wdie Leute vom EKH Jahren mit der Stadt Wien, (= Ernst-Kirchweger-Haus), die ha- um ein Haus auf Betriebs- ben ein Haus, aber keine Verträge. und Energiekostenbasis als Wir haben Verträge, aber kein Haus«, so bringt die Punkerin und Untermieter zu bekommen. Vertreterin der Initiative Pankahyttn Laut der von beiden Parteien Lisa (Name von der Red. geändert) unterzeichneten Zielvereinba- die Beziehung zwischen der Stadt rung sollte mit Ende Septem- Wien und den organisierten Grup- ber 2007 ein Objekt bereit pen von Punks und Autonomen auf stehen, doch das Magistrat den Punkt. Das von der Initiative ge- agiere »behäbig«, meint eine forderte Haus sollte in erster Linie Punk-Aktivistin im Gespräch Wohnraum für fünfzig Punks, einen mit dem Augustin. Werkstättenbereich, Probe- und Par- tyräume bieten. Darüber hinaus auch einen Bereich für Sozialarbeite- rInnen, was bei den Diskussionen rund um die Pankahyttn bei weniger wohlwollenden Stellungnahmen gerne außer Acht gelassen wird. Mit Anmerkung des Autors: Ich habe anderen Worten, die Pankahyttn soll Frau Andrea Jäger (MA 24 Sozial- als Sozialprojekt realisiert werden planung) telefonisch um einen und ist nicht als Geschenk der Stadt Termin für ein mündliches Inter- an arbeitsscheue Asoziale zu verste- view gebeten. Sie zeigte sich hen. dazu mit zwei Einschränkungen bereit. Sie könne mir aus termin- lichen Gründen nur den darauf Der Mietenwitz folgenden Werktag anbieten und müsse aber vorher noch die Die Forderung der Punks ist weder Presseabteilung darüber infor- aus Jux und Tollerei noch aus einer mieren. Kaum eine Stunde spä- schnorrerischen Haltung heraus ent- ter rief mich der Pressesprecher standen, sondern fußt auf gesell- Gerhard Klein an und teilte mir Der leer stehende Storchentempel, ehemalige jüdische Schule und schafts- und wirtschaftspolitischen Gebetshaus, hat eine enge Beziehung zur Stadt Wien – deswegen wurde er mit, Frau Jäger sei schon außer Überlegungen, die eigenartigerwei- auch von der Initiative Pankahyttn besetzt Haus, deswegen melde er sich. se nur von sehr kleinen Minderhei- Klein weiter, Frau Jäger habe in ten vertreten werden. Obwohl hier- ren. Die Arbeiterkammer errechne- nicht das nächstbeste leere Haus. der Zwischenzeit viele wichtige Termine hereinbekommen. Da- zulande große Schichten, insbeson- te zwischen den Jahren 2001 und Bei Häusern in Privatbesitz fiel ihre her sei es ihr nicht möglich, mir dere die Menschen in prekären Ar- 2005 einen realen, d. h. inflations- Wahl auf solche, wo der Leerstand ein mündliches Interview zu ge- beitsverhältnissen, einen beträchtli- bereinigten Anstieg der Mieten in selbst bei starkem Gegenwind nach ben. Sie würde per E-Mail meine chen Teil ihres Einkommens für die Österreich um 8,4 Prozent. reiner Finanzspekulation roch. Lisa Fragen beantworten. Wohnkosten aufbrauchen, werden Georg (Name von der Red. geän- nennt Beispiele und erläutert: »Die Die plötzlich eintretende Häu- kaum Forderungen artikuliert. Auch dert) nennt die radikale Kernideolo- Poliklinik hatte den Hintergrund, fung »wichtiger« Termine weist politische Parteien erkennen an- gie der Pankahyttn: »Wir fordern all- eine Klinik für Arme gewesen zu darauf hin, dass ein ursprünglich scheinend nicht das Potenzial des gemein Mietfreiheit, denn Miete sein. Das Haus in der Lidlgasse, eine zugesagtes Treffen mit einem Themas Wohnkosten oder haben es zahlen zu müssen ist ein Witz.« Also ehemalige Rettungsstation, war im Medienvertreter bzgl. der Causa schlichtweg vergessen. In anderen besetzten die Punks seit langem leer Besitz der Gemeinde Wien, ebenso Pankahyttn zum nichtigen Ter- europäischen Ländern wird schon stehende Häuser in Wien, um auf der Storchentempel. Die Gemeinde min abgestempelt wurde. Und es fortschrittlicher gedacht, und die ihre Situation und allgemeine Wohn- lagert Häuser an gemeindenahe Bau- zeigt vielleicht auch, wie wichtig Grund- und Hausbesitzer-Lobby politik hinzuweisen. Dabei wählten träger aus und sagt dann, sie habe der Stadt Wien ein Sozialprojekt dürfte in unserer Mietwucherrepu- sie bewusst Objekte mit besonderer keine leeren Häuser.« Georg kom- für Punks ist. blik zu den besonders starken gehö- Vorgeschichte aus und besetzten mentiert und verweist auf die kom- TUN & LASSEN NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07 11 G N A L O I R A M : O T O F

Die Punks von der Mariahilfer Straße warten seit Jahren auf eine »Hyttn« …

munale Strategie: »Die Gemeinde ler Zielvereinbarung mit der Ge- einem rechten Lichte stand, muss- Mit entsprechenden Gesetzen ge- drückt sich um die soziale Verant- meinde aus dem Frühjahr 2007 mit te bei diesem günstigen Angebot gen Immobilienspekulation und zur wortung. Es werden ja auch kein dem kommenden Herbst ein Haus über 600.000 Euro einfach zuschla- Erleichterung von friedfertigen und Gemeindebauten mehr errichtet, haben sollten. Ist für Andrea Jäger gen. Erst auf öffentlichen Druck grundvernünftigen Hausbesetzun- das machen jetzt die Genossen- diese Vereinbarung umsetzbar? hin, das EKH nicht (privat-)wirt- gen, wie in den Niederlanden gege- schaften. Bei solchen so genannten »Um dieses Ziel zu erreichen, wer- schaftlichen Interessen zu opfern, ben, hätte auch die Initiative Panka- atypischen Gemeindebauten wer- den leer stehende Immobilien auf rang sich schlussendlich das Rote hyttn schon längst ein Haus. Dort den auch Wohnungen, wenn sie ihre Eignung und ihre Realisierung- Wien, genauer »wieder wohnen«, darf ein Objekt, das bloß ein Jahr nicht mehr rentabel sind, an die schancen für das Projekt überprüft. eine Tochter des Fonds Soziales ungenützt und ohne konkretes Vor- Mieter verkauft.« Wir sehen uns an, ob die Miete Wien (= FSW) doch noch zum Kauf haben leer zu stehen braucht, legal dem üblichen Marktwert entspricht durch – für läppische zwei Millio- besetzt werden. Auch die Schweiz und angemessen ist.« Das schlägt nen Euro. Dieser Betrag brauchte ist im Vergleich zu Österreich Warum billig, wenn die Stadt genau in die Kerbe, die oben Lisa aber nicht mehr dem Unternehmer freundlicher zu BesetzerInnen, wie Wien auch teuer kaufen kann und Georg kritisieren. Bund oder Christian Machowetz überwiesen Georg anmerkt, »dort muss der Be- Gemeinden lagern ihre Besitztümer werden, denn dieser verkaufte in sitzer die Kosten der ersten Räu- Die Punks haben mit den Häuserbe- meist zu nahen Verwandten aus der Zwischenzeit für kolportierte mung übernehmen, was auch wir setzungen begonnen, weil die Ge- und präsentieren sich selbst als Be- 1,7 Millionen Euro an »Enola«, ein natürlich auch fordern, denn es hat meinde, nach Aussage der Vertrete- sitzlose, die auf dem freien Markt Tochterunternehmen der Baufirma abschreckende Wirkung«. Über das rInnen der Pankahyttn, die Zusage, suchen müssten – was natürlich Porr AG (die Porr und die Wiener eigene Geräumtwerden meint Lisa: ein Haus mit Herbst 2006 zur Ver- lange dauern kann. SPÖ kennen sich gut, so wurde der »Wir haben der Polizei nie Stress fügung zu stellen, nicht eingelöst An dieser Stelle sei an das wirt- ehemalige Finanzstadtrat, Vize-Bür- gemacht. Es hätte keinen Sinn, habe. Andrea Jäger, die im Auftrag schaftliche Geschick der Stadt Wien germeister und Vorsitzende der rausgeprügelt zu werden. Wir ver- der MA 24 für Gesundheits- und beim Kauf des EKH erinnert. Die Wiener SPÖ Hans Mayr Präsident handeln mit der Polizei und mit der Sozialplanung mit der Initiative ver- KPÖ hatte es für einen Pappenstiel des Aufsichtsrates der Porr AG), die Stadt, d. h. wir setzen auf Durchhal- handelt, dazu: »Von Seiten der angeboten, die Stadt verzichtete besonders gern mit der Stadt Wien ten, die Behäbigkeit der Stadt Wien Stadt Wien gab es nie eine Zusage vorerst auf den Kauf. Ein Geschäfts- (Gegen-)Geschäfte macht. Alles in aussitzen.« für ein fixes Objekt.« Lisa und mann aus der Security-Branche, allem agierte der FSW sehr sozial – Georg erzählen, dass sie laut aktuel- dessen Gesinnung nachgewiesen in für die Zwischenhändler. Reinhold Schachner TUN & LASSEN 12 NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07

FORBA-Forschungsbericht über die Situation von »älteren« Arbeitslosen Nach ihnen kräht kein Hahn mehr

Sie sind 45 und suchen birgt neben Gesprächen mit Betrof- an, so findet man jede Menge Bele- ner Arbeitswelt, in der in den letz- Arbeit? – Pech gehabt: Gegen fenen und Porträts von Firmen, die ge, »dass sie ihr bisheriges Arbeits- ten Jahren »der Arbeitsdruck und das auf Ihren Bewerbungsun- »Ältere« einstellen, auch eine Ana- leben keineswegs passiv und unfle- die beruflichen Belastungen ein zum lyse der allgemein unerträglicher xibel abgesessen haben«. Viel eher Teil unerträgliches Ausmaß ange- terlagen aufscheinende werdenden Arbeitsbedingungen. haben sie »in ihrer langjährigen Be- nommen haben«. Zwei der Inter- Geburtsdatum helfen weder Es ist ja schon bedenklich genug, rufslaufbahn viele Fähigkeiten und viewpartnerInnen haben ihre Ent- hohe Qualifikationen noch dass man mit 45 Jahren am Arbeits- Kompetenzen erworben, die heute lassung bzw. (Selbst-)Kündigung im »jüngeres« Aussehen markt zu den »Älteren« zählt und von Unternehmen unter dem Stich- Nachhinein als gesundheitsfördern- dass »die gesellschaftlichen Kon- wort »Schlüsselqualifikationen« als de Maßnahme erlebt. struktionen von ›Alter‹, die beson- unerlässliche außerfachliche Kom- Ja, ein Teil der Arbeitslosen sind ders in den Unternehmen wirksam petenzen für den Umgang mit zu- tatsächlich psychisch ausgepowert sind, entscheidende Barrieren für nehmend wechselnden beruflichen und/oder körperlich bedient, weni- den Wiedereinstieg von solcherma- Anforderungen gefordert werden«. ger leistungsfähig, eingeschränkt ßen etikettierten Personen darstel- einsetzbar und verfügbar – und da- er mit 45 seinen Job len«. Gegen das auf den Bewer- mit auch schwerer vermittelbar. verliert, hat größte bungsunterlagen aufscheinende Ge- Die Entlassung stellte Aber das betrifft nicht nur Schwierigkeiten, ei- burtsdatum helfen weder »jüngeres« sich im Nachhinein als SchwerarbeiterInnen, sondern auch Wnen neuen Arbeits- Aussehen noch hohe Qualifikatio- gesundheitsfördernd heraus IT-Kräfte und (mittleres) Manage- platz zu finden, nicht einmal einen nen noch durch Erfahrung gereifte ment. Und so meinen Krenn und weniger qualifizierten und schlech- »soft skills«. Doch das Vorhandensein von pau- Vogt, dass selbst eine erfolgreiche ter bezahlten bekommt man. – Die- Jedenfalls wird »Älteren« unter- schalisierenden Stereotypen gegen- Reintegration von »älteren« Arbeits- se Aussage allein ist nicht überra- stellt, einer Generation anzugehö- über »Älteren« ist nur ein Teil des losen in Beschäftigung einen Kern schend und wäre noch kein Grund, ren, welche die Maßstäbe einer ge- Problems: »Mindestens genauso gra- des Problems verdeckt: Nämlich ob über das Forschungsprojekt »… da schützten Arbeitswelt verinnerlicht vierend für die Situation ›älterer‹ Ar- die Betroffenen unter den Bedingun- kräht kein Hahn nach Ihnen« von hat, und den Anforderungen der beitsloser ist die ausgrenzende Wir- gen einer flexiblen Arbeitswelt die Manfred Krenn und Marion Vogt heutigen Arbeitswelt nicht mehr ge- kung, die von einer Verschärfung Zeit bis zur Pensionierung über- von der Forschungs- und Beratungs- wachsen zu sein. Sieht man sich je- der Arbeitsbedingungen und des Ar- haupt noch bewältigen können. So stelle Arbeitswelt (FORBA) zu be- doch die beruflichen Laufbahnen beitstempos ausgeht«. Und so zeich- gesehen, besteht die Herausforde- richten. Aber der Abschlussbericht von arbeitslosen Über-45-Jährigen nen die Biografien auch das Bild ei- rung in »alternsgerechten Arbeits-

Die Forschungs- und Beratungs- stelle Arbeitswelt (FORBA) ist ein interdisziplinär zusammengesetz- tes, international ausgerichtetes Forschungsinstitut. Die wissen- schaftliche Arbeit ist spezialisiert auf den Themenkreis Betrieb, Ar- beit, Technik und Gender. Einge- bunden in die Disziplinen Soziolo- gie, Politikwissenschaft und Infor- matik werden Grundlagenfor- schung und angewandte For- schung auf diesen Gebieten be- trieben. Der Transfer von wissen- schaftlichen Erkenntnissen in die gesellschaftliche Praxis ist inte- grierter Bestandteil der Instituts- aktivitäten. Ziel des Instituts ist es, das Wissen über Arbeit und Be- schäftigung zu vermehren und durch Politikberatung zur Verbes- serung der Arbeitsbedingungen beizutragen. Der Forschungsbericht »… da G N

kräht kein Hahn nach Ihnen« über A L O die Situation von »älteren« Ar- I R beitslosen und ihre Chancen auf A M :

Reintegration in Beschäftigung ist O T O

unter www.forba.at (–> Down- F loads –> Forschungsberichte) ab- Altes Eisen, entsorgt wie Plastikflaschen? »Die Wirtschaft« entwertet die Qualifikationen der »Älteren« und rufbar. forciert den Jugendkult TUN & LASSEN NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07 13 bedingungen, die Menschen im letz- kaufen, gelingt es ihnen, einen zwar zu Beschäftigung für »ältere« Ar- noch lange nicht das gewünschte Er- ten Drittel ihrer Arbeitsbiografie die schlecht(er) bezahlten, dafür aber ei- beitslose zu verbessern. Doch Krenn gebnis bringt. Doch in unserem Fall adäquate Verausgabung ihrer Ar- nigermaßen gesicherten Job zu er- und Voigt müssen feststellen, dass gibt die Förderung den »älteren« Ar- beitskraft und Anwendung ihrer reichen. – Als Kontrast zum »lebens- die einzige politisch relevante Maß- beitsuchenden die Möglichkeit zu Kompetenzen unter ihrer körperli- langen Lernen« machen »ältere« Ar- nahme in diesem Bereich, nämlich zeigen, »was sie drauf haben« – was chen und psychischen Belastungsfä- beitnehmerInnen die Erfahrung, die Hinaufsetzung des Pensionsan- ihnen in vielen Fällen durch die higkeit angepassten Arbeitsbedin- dass ihr Alter auch ihre Qualifikati- trittsalters, die ohnehin bereits hoch Aussortierung bereits im Stadium gungen ermöglichen«. on mindert. problematische Situation für »älte- der schriftlichen Bewerbung ver- Ein weiteres Problem in diesem re« Arbeitsuchende noch verschärft wehrt wird. Auf der anderen Seite Zusammenhang ist der Umstand, hat. zeigt sich, dass in den Unternehmen dass sogar »älteren« Arbeit suchen- Irgendwo gibt es sie, die für Aber es gibt sie, die Betriebe, die die frühere pauschale Abwertung den ManagerInnen auch der »Rück- »Ältere« freundlichen Betriebe »ältere« ArbeitnehmerInnen einstel- von »älteren« ArbeitnehmerInnen stieg« auf weniger verantwortungs- len! – Es gibt allerdings nicht viele: durch die gemachten praktischen volle Positionen – und zwar sowohl Aus der Sicht der Studienautoren Aufgrund der Schwierigkeit, solche Erfahrungen einer »differenzierten, innerhalb von Unternehmen als müssten Strategien zur Lösung die- Unternehmen ausfindig zu machen, realitätsnäheren Einschätzung von auch bei der Rekrutierung – ver- ser dringenden gesellschaftlichen waren Krenn und Vogt darauf ange- konkreten Personen« weichen wehrt wird. Nicht einmal mit der Problemlage Maßnahmen zum Ab- wiesen, den Weg über Förderinstitu- kann. Anders gesagt: Die Über-45- (von vielen bereits angebotenen) Be- bau der vorherrschenden Stereotype tionen zu gehen. Jährigen gehören theoretisch doch reitschaft, ihre Arbeitskraft weit un- und abwertenden Zuschreibungen Nun zeigen zwar alle Statistiken, noch nicht zum alten Eisen. ter ihrem tatsächlichen Wert zu ver- beinhalten, um die Zugangschancen dass der Umstand einer Förderung Werner Schuster

Migrantinnen im Reinigungsbereich klären es auf: Das Märchen von der Putzfee

Meist arbeitet sie unsichtbar. rin und vor 24 Jahren aus Tsche- ein polnisches Ehepaar, das eine zahlen. Da bin ich schließlich ge- Wie durch Zauberhand reinigt chien geflohen. Ihre erste Arbeitge- Vollzeitanstellung gewählt hat. Al- gangen.« sie das Gebäude der Firma, berin hat Eva weitere Aufträge ver- lerdings kann sie diesen Arbeitsbe- schafft, natürlich ebenfalls in Privat- dingungen nichts Gutes abgewin- des Wohnhauses oder putzt haushalten und ohne Anmeldung. nen: »Diese Reinigungsfirmen sind Auf Abruf bereit den privaten Haushalt, wäh- Manche seien auch schwierig ge- eine Katastrophe. Jetzt ist das über- rend der/die Mehrheitsöster- wesen: »Eine Frau hat mich beim all. Die zahlen so wenig, ca. 6 Euro Renata ist noch weit davon entfernt, reicher/in einer anderen Be- Putzen schikaniert. Oft bin ich wei- netto, dabei verlangen sie so viel sich auf ein breites Netzwerk stüt- schäftigung nachgeht. In gu- nend nach Hause gegangen. Sie hat Arbeit. Manche Mädchen müssen zen zu können. Sie ist 39 Jahre alt, ten Häusern nennt man sie mir danach zusätzlich Geld gege- 30 Räume an einem Tag putzen, al- stammt aus Polen und ist vor 4 Jah- daher liebevoll »Perle« oder ben, dann war es wieder gut.« les total sauber. Das ist nicht nor- ren gemeinsam mit ihrem Ehemann »Putzfee«. Wie verändert sich Nachdem die Migrantin ihre Ar- mal.« Inzwischen könnte Eva diese nach Österreich gekommen. Auch dieses Bild, wenn die Hausar- beitserlaubnis erhalten hatte, fand Anforderungen aus gesundheitli- sie konnte kein Deutsch sprechen sie eine 25-Stunden-Teilzeitanstel- chen Gründen auch nicht mehr er- und kam zunächst durch die Ver- beiterin aus ihrer eigenen lung als Reinigungskraft in einem füllen. Sie musste ihre Wochenar- mittlung ihrer Schwester zu einer Perspektive erzählt? Büro. Diese bildete ihre finanzielle beitsstunden um die Hälfte reduzie- Arbeitsstelle. Renata war in mehre- Grundlage, während sie den Rest ren, denn »die Kräfte sind nicht ren Haushalten tätig und hat dort (durch Anzeigen in der Zeitung und mehr da«. Dank ihrer Deutsch- gereinigt, gebügelt und gekocht. In- private Vermittlung) flexibel dazu- kenntnisse, ihrer Berufserfahrung zwischen arbeitet die Mutter eines verdiente. und eines umfangreichen Netz- dreijährigen Sohnes aber kaum eine erste Stelle habe werks von Kolleginnen und Arbeit- mehr für private ArbeitgeberInnen, ich mir während der geberInnen nimmt sie nur mehr gut weil sie auf diese Aufträge nur un- »MZeit in Traiskirchen Gut und billig bezahlte Aufträge mit 8 bis 9 Euro regelmäßig und nur selten zählen gesucht. Ich bin mit einer Kollegin Stundenlohn an. »Die Leute sind kann. Seit kurzem hat ihr Ehemann von Haus zu Haus gegangen. Lange Wie die meisten ihrer Kolleginnen mit mir immer sehr zufrieden gewe- für sie in der Zeitung inseriert und Zeit wollte uns niemand als Putz- hat Eva immer mindestens drei Ar- sen«, meint die Perfektionistin. Tat- führt die Verhandlungen, weil Rena- frauen nehmen, denn wir konnten beitgeberInnen zur gleichen Zeit. sächlich steht sie noch heute mit tas Deutschkenntnisse dafür noch kaum Deutsch sprechen. Nach ei- Laut einer 2004 durchgeführten ca. 20 ihrer ehemaligen Arbeitge- nicht ausreichen. Auch im Inter- nem Monat haben wir Arbeit gefun- MAIZ-Studie »arbeiten vor allem berInnen in persönlichem Kontakt. view übernimmt er für die schüch- den und eine ganze Woche lang Nicht-ÖsterreicherInnen 60 bis 70 Allerdings kann sie sich heute bes- terne Migrantin die Rolle des Spre- eine Villa geputzt. Damals habe ich Stunden pro Woche in bis zu 12 ser abgrenzen: »Ich habe die Leute chers: »Jetzt hat sie eine Stelle in ei- 250 Schilling für 6 Stunden Arbeit Haushalten«. Wer sich diesem Prin- sehr gern, aber ich nenne meine nem Gasthaus. Das ist nicht täglich, erhalten.« So beginnt Evas Ge- zip der geringfügigen Beschäftigun- Bedingungen. Am Anfang war ich sondern nur, wenn die Dame sie schichte als Reinigungskraft und gen nicht anpassen möchte oder schlecht bezahlt und gutmütig – viel braucht. Die Arbeitgeberin ruft Hausarbeiterin in Österreich. Sie ist kann, arbeitet zu Niedrigstlöhnen zu lange. Zum Beispiel wollte eine kurzfristig an, z. B. heute am Abend 54 Jahre alt, ausgebildete Verkäufe- bei Reinigungsfirmen. Eva kennt Frau nach 13 Jahren nicht mehr für morgen am Vormittag. Manch- TUN & LASSEN 14 NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07 mal ist das problematisch, wenn Re- und Kochen, sondern auch für die nata und das Kind am nächsten Tag Betreuung zweier Kinder zuständig. zum Arzt müssen oder einen Termin Mit 19 Jahren wurde Wagari in Ke- haben.« Flexibilität und Arbeitsbe- nia für diese Stelle angeworben und reitschaft auf Abruf bedeuten mit 6 lebt inzwischen seit 5 Jahren in Ös- Euro Stundenlohn auch nicht auto- terreich. Sie ist stolz darauf, mit der matisch eine bessere Bezahlung. Hälfte ihres Lohnes der kleinen Schwester in Kenia ein Ausbildung zu ermöglichen. Keine Widerrede Wie auch Eva und Renata hatte die junge Frau keine Deutschkennt- Eine weitere geringfügige Beschäfti- nisse, als sie nach Österreich kam. gung in einem Büro bringt zwar re- Im Rahmen zweier Volkshochschul- gelmäßige Einkünfte, aber nicht ge- kurse konnte sie die Sprache erler- nug. Renatas Ehemann arbeitet als nen, vor allem auch unter Mithilfe Subunternehmer für einen Zustell- ihrer Arbeitgeberin. Diese »ist wie service und hat als Selbständiger eine Mutter zu mir«, meint Wagari. hohe Abgaben zu entrichten. Zudem Doch heißt das auch, ihren Launen belasten die Raten eines Kredits, ausgesetzt zu sein: »Sie schimpft den er für die Anschaffung seines sehr viel. Meine Mutter hat mich LKWs aufnehmen musste, das Fami- noch nie geschimpft. Die hat mich lienbudget. Er berichtet daher über nur geschlagen. Das Schimpfen habe Pläne für eine Vollzeitanstellung sei- ich das erste Mal hier erlebt. Das ner Ehefrau: »Am Donnerstag haben war ein Schock.« Wagari weiß in- wir einen AMS-Termin wegen der zwischen, dass sie sich während die- Arbeitsgenehmigung. Wenn alles in ser Attacken am besten ruhig ver- Ordnung ist, geht der Sohn den gan- hält, um ihre Situation nicht zu ver-

G schlimmern: »Wenn sie fertig ist, N A INFO L dann gehe ich in mein Zimmer und O I R Die Studie »Migrantinnen in Privat- A schlafe ein bisschen.« Die Migrantin M

: plant mittelfristig durch ein Studi-

haushalten« wurde 2004 publiziert O T

von: O F um ihrer Abhängigkeit zu entkom- MAIZ – Autonomes Integrationszen- Die ausgebildete Verkäuferin aus Tschechien hat kaum Chancen auf einen men. Momentan aber muss sie noch trum für Migrantinnen Geduld haben, denn ihre Aufent- www.maiz.at qualifikationsgerechten Job haltsgenehmigung ist unmittelbar an Der zusammenfassende Artikel »ICH zen Tag in den Kindergarten und Re- dient sie 980 Euro netto.« das Arbeitsverhältnis gebunden: PUTZE DRECK, ABER ICH BIN NICHT nata geht normal arbeiten. Ich habe Wagari erhält noch weniger Lohn. »Manchmal denke ich: Vielleicht DRECK! Zur Arbeitssituation von mit dem Chef einer Reinigungsfir- Als »Live-in« oder so genannte »Au- werde ich heute ausziehen? Aber Migrantinnen in österreichischen ma gesprochen. Dort muss sie über- Pair« arbeitet sie Vollzeit für 700 dann denke ich: Vielleicht muss ich Privathaushalten« ist zu finden in: Frauensolidarität haupt nicht Deutsch sprechen. Das Euro netto im Monat und wohnt im zurück nach Kenia? Dann sage ich: Nr. 87 (1/2004, S. 10–11.) ist zwar schlecht, aber am Anfang Haushalt ihrer Arbeitgeberin. Sie ist Nein.« www.frauensolidaritaet.org muss man das so machen. Dort ver- dort nicht nur für Reinigung, Bügeln Elisabeth Prinz

Meine Töchter sind süchtig (3) Hilf dir selbst

Mich trifft der Anblick der ein Herz klopfte bis dern oder Angehörigen, die Drogen ge ist ja legal und für Jugendliche Kinder, die sich in der Unter- zum Hals. Ich trat in konsumieren. Meist waren es Ju- leicht zu beschaffen. führung am Karlsplatz bei die Runde, die in dem gendliche, die gerade den Kinder- Ich hörte in der Gruppe die un- den Streetworkern um Sprit- MJugendzentrum in ei- schuhen entwachsen waren, von de- glaublichsten Geschichten und fühl- zen oder Ersatzprogramme nem Halbkreis saß. Meist Frauen, nen die Rede war. Und meist han- te mich plötzlich nicht mehr so allei- anstellen, besonders tief. Er- einige wenige Männer, darunter delte es sich um Heroin- oder Tablet- ne. Die eine Tochter zum Beispiel auch mein Freund. Der Therapeut, tenabhängigkeit bzw. irgendwel- geht auf den Strich, Beschaffungs- innerungen, die lange zurück- der die Gruppe Angehöriger von chen Mischmixturen, Extasy oder kriminalität. Sie ist heroinabhängig liegen, kommen hoch. Meine drogenabhängigen Kindern leitete, andere synthetische Drogen waren und schafft es immer wieder, bei ih- Töchter waren selbst einmal wirkte auf mich Vertrauen erwe- damals noch nicht so im Umlauf, rer Mutter Mitleid zu erwecken. drogenabhängig. Sie haben es ckend, weil nicht moralinsauer oder und Kokain war zu teuer für die Kin- Mitleid in Form von Geld, um das geschafft, wegzukommen. Ein vorwurfsvoll, sondern kompetent der, die meist aus Arbeiter- oder Mit- die Tochter unter Selbstmorddro- mehrteiliger Bericht von Ka- und locker. Es waren rund 15 Er- telschichtfamilien kamen. Alkohol- hungen bettelt. Am schwersten ist rin Mandel. wachsene anwesend und sie erzähl- krank war keines der Kinder, von es für die Angehören, hart zu blei- ten von ihrem Leben mit ihren Kin- denen dort die Rede war. Diese Dro- ben und ihre Prinzipien gegenüber TUN & LASSEN NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07 15 ihren Kindern zu vertreten, die da Essen zu mir kommen. heißen: Du kannst immer zu mir Nun begann die lange Zeit der kommen und etwas zum Essen ha- Angst. Was treibt sie? Heizt sie auch ben, du verhungerst nicht. Ich wa- den Ofen oder erfriert sie? Ist sie al- sche dir auch deine Wäsche und du lein? Oder sind ihre Drogenleute kannst bei mir ein Bad nehmen – wieder bei ihr? Ich denke, in dieser aber Geld bekommst du keines von ersten Zeit des Alleinlebens ist es mir. meiner Tochter sehr, sehr schlecht Der Sohn von einer anderen An- gegangen und ich habe gewusst, gehörigen ist wieder einmal wo- dass diese Entscheidung zum Allein- chenlang unauffindbar, und die Mut- leben auch ihr endgültiger Absturz ter fürchtet das Allerschlimmste. Sie sein kann. Diese Vorstellung war das erzählt, dass sie täglich den Lokalteil Schlimmste: dass ich mein Kind der »Kronen Zeitung« liest in der durch diese Entscheidung in den fürchterlichen Angst, den Namen ih- Tod treibe. res Sohnes dort zu finden. Wo kann Als meine Tochter aus unserer ge- er nur sein? Hat er sich strafbar ge- meinsamen Wohnung ausgezogen macht? Sucht ihn die Polizei? Eine ist, habe ich etliche Briefe, Aufzeich- Ungewissheit, die an den Nerven nungen und Notizen gefunden, die zehrt. sie dagelassen hatte und aus denen hervorging, wie schlecht es ihr ging. Die beklauten Angehörigen Von Selbstmord war die Rede, von ihrem Abscheu vor den Giftlern, von Vom Dealen ist die Rede, von Rück- ihren Versuchen, keine Tabletten, H fällen, immer wieder von Rückfäl- kein Rohypnol zu schlucken, wie C A M len. Von hingeschmissenen Lehrstel- sehr sie mich liebe und von den Y E H N len, geklauten Sachen, die zu Geld Qualen ihrer Freunde, die ihnen der I T S R verhökert werden, von weggewor- Entzug bereitete – mein armes Kind, E K - R

fener Verantwortung, von Verfüh- darüber hatte sie nie mit mir gespro- E S S E I

rung durch Freunde und von den chen. L F D

Cliquen, in welchen sich die Jugend- N R E

Vertrauensbruch zu Silvester B lichen bewegen und zu denen die - A Z

Eltern keinen Zutritt haben. Der B O K

eine Bub, 17 Jahre alt, hat sich mit In der Zwischenzeit, noch bevor ich B C F

Hepatitis C infiziert. Er ringt im Jo- zu den Treffen mit den »Drogenel- : U L L sefsspital mit der Krankheit, die Nie- tern« ging, ist auch meine zweite I ren haben versagt, und man weiß Tochter wieder zurück in meine nicht, was aus ihm wird. Wohnung gezogen, weil es mit ih- Träumen. besprechen konnte. Als Nächstes be- Allen Eltern oder Angehörigen ge- rem Freund auseinander gegangen Einmal wurde in meiner Woh- schloss ich, meiner jüngeren Toch- mein ist, dass sie wenig Zugang zu ist. Sie bezog das Schlafzimmer, ich nung mit meiner Einwilligung Sil- ter eine eigene Wohnung zu be- den Kindern haben. Kaum glauben reduzierte mich und meinen Freund vester gefeiert, mein Freund und ich schaffen, die ältere hatte bereits sie, einen Spalt breit in die Gefühls- auf das Wohnzimmer, meine jünge- waren für einige Tage bei Freunden eine, in welche sie dann auch zog. welt vorgedrungen zu sein, werden re Tochter bewohnte noch ihr Zim- eingeladen. Ich meinte, entgegenge- Zum Glück hatte ich beizeiten für sie schon wieder enttäuscht, wer- mer, das war die Zeit, wo sie näch- brachtes Vertrauen würde beantwor- beide Kinder Prämiensparbücher an- den sie beklaut, wird mühsam aufge- telang unterwegs war und wir sie in tet werden. Als wir zurückkamen, gelegt, von welchen ich die Woh- bautes Vertrauen gebrochen. den Straßen Wiens suchten. Meine erwartete uns das Chaos: Der Par- nungsablösen bezahlen konnte. Und Ich gehe zu meinen Drogeneltern, ältere Tochter sperrte ihr Zimmer kettboden pickte in der ganzen Woh- schließlich beschlossen mein Freund sagte ich zu meiner Tochter, und ich und ihren Kleiderkasten ab, weil sie nung von ausgeschüttetem Sekt, und ich, zusammenzuziehen, und hatte den Eindruck, dass sie zum meinte, ihre Schwester klaue ihr alle mein Schreibtisch und die Foto- zwar in seine Wohnung, die größer ersten Mal wahrnahm, dass ich für Sachen. Dass sie zu dieser Zeit eben- schachtel schwammen in Alkoholla- war und zur Not jedem Kind Unter- mich und nicht für sie handle. In falls Drogen konsumierte, wusste chen, es gab eine eingedroschene schlupf bieten konnte, sollte wirk- den Gesprächen in der Gruppe wur- ich damals nicht. Davon erzählte sie Tür, ein paar kaputte Sessel und ei- lich etwas bei den Trennungen von de ich bestärkt, meiner Tochter eine mir erst viel, viel später. nen leer gefressenen Kühlschrank. den Kindern aus dem Ruder laufen. Wohnung zu beschaffen, damit sie Das war nun der Höhepunkt unse- Und zerknirschte Töchter, die mein- Für mich begann eine Zeit der Er- auf eigenen Beinen stehen kann. rer familiären Idylle: Ich hatte einen ten, ihnen sei alles außer Kontrolle nüchterung. Noch kaum hatte ich Diese Entscheidung ist mir sehr neuen Freund, der meist bei uns geraten. Ein Pärchen habe sich im die Trennung einer 12-jährigen Le- schwer gefallen, und ich habe lange war, meine jüngere Tochter trieb Zimmer eingeschlossen, woraufhin bensgemeinschaft verarbeitet, noch mit mir gerungen, mein Kind unge- sich nachts mit den Giftlern herum, ein Bursche eifersüchtig geworden kaum vertraute ich dem Gefühl mei- schützt der Welt zu überantworten. und meine ältere Tochter suchte sei und die Tür demoliert habe. ner Liebe zu meinem Freund und Der Zufall wollte es, dass eine kleine zwar wieder Familienanschluss, Spätestens jetzt war für mich der späteren Ehemann, und noch kaum Wohnung von einem Bekannten frei sperrte aber ihre Sachen weg und Zeitpunkt gekommen, grundlegende war ich den Drogenproblemen mei- wurde und ich den Mietvertrag das Zimmer zu und war ansonsten Änderungen herbeizuführen. Zu- ner Kinder gewachsen – Trennun- übernehmen konnte. Mit meiner wenig zu Hause zu sehen. So hatte nächst, siehe oben, holte ich mir gen und Neubeginn beinhalteten Tochter hatte ich ausgemacht, dass ich mir immer ein harmonisches Fa- Hilfe bei den »Drogeneltern«, die aber auch eine Chance, für alle Be- ich vorerst die Miete zahle und sie milienleben vorgestellt. Das alles ist mich in jedem Schritt bestärkten teiligten Klarheit in ihr Leben zu ansonsten alleine zurechtkommen nun schon fast 25 Jahre her und ver- und mit denen ich alles, was ich an bringen. muss. Sie könne aber jederzeit zum folgt mich noch immer in meinen Veränderungen in Erwägung zog, Wird fortgesetzt TUN & LASSEN 16 NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07

Kinderschwimmbad-Abschaffung ist Politik gegen die Armen Ich kann nichts machen?

Milan und Maria haben jetzt Ferien. Nachdem sie den Besuch schwimmbad gegangen. Eintritt war render Ort, wo die Kinder der Ar- nach Bosnien hinter sich gebracht haben, gehen sie zur Donau- gratis, ihre Mutter konnte sonntags men geschützt und unter Aufsicht insel schwimmen. Natalia, die Mutter, verbietet es ihnen. Das um einen Euro auch reingehen. Ein- des Badepersonals ihre Sommer Wasser ist zu schmutzig, es ist kalt, und außerdem laufen dort mal pro Woche durften sie bei den und Ferien verbringen durften, »allerart Menschen« herum. Die letzten paar Sommer sind Mi- strengen Aufpasserinnen dort, die wird zugunsten einer Betreuungs- auch »ihre« Sprache sprachen, ein stelle abgeschafft, deren Aufgabe ge- lan und Maria um die Ecke ins Kinderschwimmbad gegangen. Eis holen. Überhaupt waren die rade darin besteht, solche und ähn- Eintritt war gratis, ihre Mutter konnte sonntags um einen Euro Aufpasserinnen streng und nett, so liche Räumlichkeiten zu schaffen. auch reingehen. Einmal pro Woche durften sie bei den stren- wie die Respektpersonen eben zu Die Bezirksbehörde wird in den al- gen Aufpasserinnen dort, die auch »ihre« Sprache sprachen, sein haben. ten Schwimmbadsräumlichkeiten ein Eis holen. Überhaupt waren die Aufpasserinnen streng und untergebracht werden, nachdem nett, so wie die Respektpersonen eben zu sein haben. diese renoviert (sic!) werden, und Die Kinder werden ihre Füße anstelle des Schwimmbades wird es ins Wasser tunken können eine Fontäne geben, wo die Kinder ihre Füße eintunken können. ilan ist ein zwölfjähri- Maria ist sechs Jahre alt, im Herbst Dieses freie Kinderschwimmbad Der Bezirksvorsteher sagt, es ger Sonderschulbub. kommt sie in die Schule. Der große um die Ecke am Max-Winter-Platz muss so sein, der Bezirksvorsteher- Seine Mutter ist allein Bruder begleitet sie jeden Morgen ist jetzt geschlossen worden. Das stellvertreter von der Oppositions- Mstehend. Sie flüchtete zum Kindergarten und holt sie von Wasser entspricht nicht mehr den partei sagt, die Umstände sind so, es in den Neunzigern aus Bosnien dort am Nachmittag. Er sorgt dafür, Normen der Stadt Wien, die Reno- kann nichts anderes sein, die Zei- nach Österreich. Sie arbeitet als dass sie morgens frühstückt und vierungsarbeiten würden zu viel tung des im Stuwerviertel ansässi- Putzfrau. Sie verdient, wenn es gut auch etwas zum Abend isst. Wenn kosten, der Schwimmbad würde so- gen Vereins der Geschäftsleute will geht, 800 Euro im Monat. Sie ar- die Mama nach Hause kommt, wieso nur von Buben benützt, aber dieses »populistische« Thema nicht beitet außer sonntags jeden Tag: schlafen sie meistens. vor allem eben die hygienischen Vo- ausschlachten. Und die Kinder, die von fünf in der Früh bis zehn vor- Milan und Maria haben jetzt Feri- raussetzungen seien nicht mehr ge- werden von den dafür beauftragten mittags und dann von drei am Nach- en. Nachdem sie den Besuch nach geben. Zusätzlich, nebenbei er- Raumplanern befragt, was ihnen für mittag bis neun oder zehn am Bosnien hinter sich gebracht haben, wähnt, braucht man einen Ort für Max-Winter-Platz besser einfallen Abend. Samstags, falls sie schnell gehen sie zur Donauinsel schwim- die Bezirksbetreuung. Deren Aufga- würde als schwimmen im Sommer. ist, kann sie am Nachmittag »nach men. Natalia, die Mutter, verbietet be besteht darin, freie Räumlichkei- Alle wundern sich, dass dabei Hause« in den Gemeindebau eilen. es ihnen. Das Wasser ist zu schmut- ten für die ViertelbewohnerInnen, nichts herauskommt. Leicht gebückt ist sie, die jetzt gera- zig, es ist kalt, und außerdem laufen für die Kommunikation zwischen de den vierzigsten Geburtstag hin- dort »allerart Menschen« herum. ViertelbewohnerInnen zu schaffen. Es gibt eine grundlegende ter sich gebracht hat. Die letzten paar Sommer sind Milan Gerade darin liegt das Paradox die- Lüge auf dieser Welt … Milan hat eine kleine Schwester. und Maria um die Ecke ins Kinder- ses Vorhabens: Ein gut funktionie- Und rundherum um das Stuwervier- tel wird gebaut. Am Praterstern ent- steht ein Megabahnhof. Die U-Bahn Linie 2 wird, nicht zuletzt wegen der Fußballmeisterschaft 2008, ver- längert. Ein riesiges Einkaufszen- trum entsteht in unmittelbarer Nähe des Messegeländes. Die Aus- stellungsstraße wurde mit stadtpla- nerischen Grauslichkeiten in Form von leer stehenden Bürohäusern be- pflanzt. Dahinter wachsen tausende von Neuwohnungen am Nordbahn- hofgelände. Auf der Donauplatte werden in den nächsten Jahren zwei Hochtürme landen, von wo man in das kleine freie Kinder- schwimmbad im Stuwerviertel hät- te spucken können. Nun werden G

N die Reichen nicht mehr in die A L O

I Schwimmbäder der Armen spucken R A können, weil es diese Schwimmbä- M : S

O der nicht mehr geben wird. Denn T O

F gerade dieser winzig kleine Raum, dieses gut funktionierende soziale Wo jetzt das Becken liegt, wird´s nur noch einen Springbrunnen geben: Sozialdemokratische Dekoration ersetzt sozialen Inhalt Gefüge wird jetzt in einen zusätzli- TUN & LASSEN NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07 17 chen Wachposten umfunktioniert. Zeit für sie. Sie weiß, dass Milan ein Die kleinen Milan und Maria mer- verantwortungsvolles Kind ist, die ken sich das, mit offenen Augen ge- Sonderschule haben sie ihm wegen hen sie durch die Straßen in Rich- der mangelnden Sprachkenntnisse tung Donauinsel. Dort an der Do- aufgehängt, er hat bis jetzt auf seine nau scheint das Wasser, beschallt kleine Schwester im Sommer immer von den Ö3-Klängen, für die Be- gut aufgepasst. Die Mutter hat Geld zirksvorstehung hygienischer als im von ihrer Kollegin geliehen und jetzt ehemaligen Schwimmbad zu sein. für den Sommer eine gebrauchte Dort verbietet ihnen, oder besser Spielkonsole gekauft. Sie hofft, dass gesagt, es kann ihnen nur ihre Mut- die Kinder einfach zu Hause blei- ter verbieten in der Donau zu ben. Sie hofft, aber die Kinder brau- schwimmen … Sie hat aber keine chen Wasser im Sommer, und wenn sie keinen geschützten Raum vorfin- den, werden sie sich selber einen, »Schwimmbäder frei von Erwachsenen, erfinden. sind nicht dazu da, Alle scheinen mit der Tatsache, um Profite zu dass Milan und Maria und ihresglei- chen dieser Raum entwendet wur- ... und noch ein Stück Wiener Sozialpolitik wird abgewickelt machen« de, zufrieden zu sein. Alle bis auf ihre Mutter, deren Hände bis zu den Wird die Schließung des Sozial- Schwimmbades im Stuwerviertel Ellbogen aufgeplatzte rote, durch frieden zu sein, während im Stillen weiß, was sie eines Tages machen ohne großen Protest der betroffe- Putzmittelallergien verursachte Fle- ein Stück soziales Bewusstseins werden? Wer weiß, ob sie Kinder nen Bevölkerung hingenommen? cken aufweisen. Weswegen sie auch Wiens gestrichen wird und seinen haben werden? Falls ja, werden sie Dass ein Widerstand etwas bewir- im Sommer, wenn sie einkaufen Platz den Kontroll- und Regulie- ihnen von einer verschwundenen ken kann, zeigt ein Beispiel aus geht, Handschuhe trägt. Dafür schä- rungsbehörden frei machen muss. Welt erzählen und von der hilflosen Deutschland. Gegen ein von der men sich Milan und Maria und ge- Und während die soziale Enteig- Idiotie der Verwaltung in einem der Stadt Köln ausgetüfteltes Kon- hen am Sonntag mit ihrer Mutter nung der Armen weiter voranschrei- schönsten Winkel Wiens. zept, mit dem die Kölner nicht gerne spazieren oder Ver- tet. Es gibt genug rassistische Poli- Es gibt eine grundlegende Lüge Schwimmlandschaft bis zum Jahr 2010 völlig umgekrempelt wer- wandte besuchen. Sie lassen sich zisten im Stuwerviertel, die auch für auf dieser Welt, und zwar diejenige, den soll, hat sich massiver Protest lieber bekochen und spielen mit der den reibungslosen Vollzug dieses die für sich selbst proklamiert: ICH unter den Bürgern entzündet. Der Spielkonsole. Vorhabens sorgen werden. Aber Mi- KANN NICHTS MACHEN! Plan wird als ein »sozialer Kahl- Ja, wie gesagt, alle scheinen zu- lan und Maria merken sich das. Wer Ljubomir Bratic schlag, der besonders Senioren und Kinder trifft« verurteilt . Ge- rade weniger mobile Menschen Wer »Sicherheit durch Wegsperren« verlangt, öffnet Fass ohne Boden würden benachteiligt. Gleich vier Stadtteil-Bäder sollen unter dem PFIATI, RESOZIALISIERUNG Vorwand, sie seien die defizitärs- ten, dicht gemacht werden. Mittlerweile haben sich in den er Resozialisierungsgedanke heit“ zurückzutreten. Wer nach Si- nicht erneut straffällig werden.“ Vierteln Rodenkirchen und Nippes war, lang ist´s her, Teil jenes cherheit durch Wegsperren ver- Dieser Anspruch sei, wird er so Bürgerinitiativen gegen die DNormengebäudes, das man langt, öffnet aber ein Fass ohne Bo- kategorisch formuliert, jedoch Illusi- Schließung gebildet. Im Arbeiter- Staatsräson nennt. Die Konzepte, den. Konsens kann vermutlich am on. Sicher: wo keine Lockerungen viertel Nippes demonstrierten im Resozialisierung zu fördern, beinhal- leichtesten bei Sexualstraftätern und mehr gewährt werden, könne es Juni 150 Bürger gegen den Mas- teten – was den Strafvollzug betrifft bei gewalttätigen Wiederholungstä- auch nicht mehr zu Zwischenfällen terplan der Stadt. »Schwimmbä- der sind nicht dazu da, um Profite – Vollzugslockerungen wie Freigän- terInnen erzielt werden. Aber schon in Lockerungen kommen. Wird zu machen«, hielten die Demons- ge oder vorzeitige Entlassungen. bei Tötungsdelikten wird es schwie- der/die Gefangene auf dem Weg in trantInnen dem Defizit-Argument Wie der Augustin kürzlich berichte- rig, weil hier die WissenschaftlerIn- die Freiheit aber nicht begleitet, entgegen. te („Brief aus der Justizanstalt nen Einspruch erheben könnten, da nicht durch therapeutische und an- Das Stadtparlament reagierte Stein“, Ausgabe 203; siehe auch Sei- Menschen, die einmal im Affekt ge- dere Unterstützung auf die Zeit nach und beschloss, die Schließung von te 9 des vorliegenden Heftes), tötet haben, gerade kein hohes Wie- dem Strafende vorbereitet, dann ver- drei der vier Schwimmhallen aus- herrscht in den letzten Jahren die derholungsrisiko aufweisen. schieben sich die Probleme nur in zusetzen, wenn sich die Bürger in Politik der Verhärtung des Strafvoll- Eine auch für die österreichische die Zeit nach der Haftentlassung. eigener Regie um die Bassins kümmerten. Während im gut si- zugs vor. Diskussion interessante und Augus- Hier können dann Forderungen tuierten Rodenkirchen verschie- Diese Entwicklung ist insofern tin-LeserInnen herzlichst empfohle- nach Sicherungsverwahrung – ei- dene Vereine ein solches »Bürger- alarmierend, als eine Reduzierung ne Website – www.forum-recht-on- nem „Wegschließen für immer“ – bad« in Schuss halten wollen, ist der Lockerungen nachgewiesener- line.de – enthält viele Argumente erhoben werden. Wo aber die „Un- dieser Vorschlag für Nippes – die- maßen nicht geeignet ist, die Sicher- gegen die harte Justizpolitik. „Die antastbarkeit der Würde des Men- ses Viertel entspricht seiner sozia- heit der Bevölkerung zu fördern. Im gegenwärtige Kriminalpolitik geht schen“ in der Verfassung stehe, kön- len Struktur nach dem Leopold- Gegenteil werden Gefangene, die hierbei genau den falschen Weg, in- ne dies für die Masse der Straftäte- städter Stuwerviertel – untragbar. Lockerungen erhalten haben und dem sie populistischen Forderungen rInnen keine Lösung sein, sondern Zu einem Kompromiss könnte es im August kommen. Die Stadt will vorzeitig entlassen werden, gerade nach mehr Sicherheit folgt und da- müsse immer den Ausnahmefall dar- die BürgerInnen zu einer Podi- weniger oft rückfällig als jene, die bei nicht die Konsequenzen ihres stellen. umsdiskussion einladen. Die Ver- ihre Strafe bis zum Ende verbüßen. Tuns zu Ende denkt“, heißt es in ei- Mehr zum Thema und zum Text antwortlichen müssen sich dann Der „Resozialisierungs“-Aspekt läuft nem aktuellen Kommentar. „Erwar- von Kai Bammann in „Forum Recht“ vermutlich warm anziehen. heute Gefahr, ganz hinter den As- tet wird ein Strafvollzug, in dem kei- auf www.augustin.or.at unter Quelle: Junge Welt pekt des „Schutzes der Allgemein- ne Fehler passieren und TäterInnen „blogs“. I

KREUZ & QUER NR. 208, 1. – 15. AUGUST 07 19 Da soll was dabei raus schauen

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WAAGRECHT: 1. die sich freitags wegen einer schwarzen Katze umdreht, SENKRECHT: 1. der Gedanke setzt da an 2. Stadt, die von israelischer Ar- ist’s 13. ohne vollen Einsatz hat die Mannschaft keinen 16. Tageszierde über mee zweimal zerstört wurde 3. von unten gebündelte Getreidehalme Doppeldecken 17. völliger Werteverneiner 19. nobler Londoner Herr 20. er- 4. meint wieder 5. dieser Rang ist auch Maßeinheit 6. Wittgensteins Initia- öffnen Oper und Operette 23. großartig beim Italiener 25. beginnt hinten len 7. Selbstgelehrter 8. meint ihn 9. fliegt durch SF-Filme 10. Linke Loca- als Gegenteil von unten 26. NS-Mörder-Staffel 27. Gruppenarbeit, abg. tion am Siebensternplatz 11. Chrom, frz. 12. vielgehört wurde der Schlager 28. Aktion unabhängiger GewerkschafterInnen in Kürze 29. Schutzraum, zu ihm 13. durchtriebene Weiber 14. Hälfte davon, was JüdInnen für immer auf den der Feind ballert 32. logischer Schluss von Kant 33. Kreuzigungsta- gehört 15. führt über den Graben oder unter den Fuß 18. geile Kerle ferl trägt diese Buchstaben 34. Kohle aus der Kasse holen 35. Initialen des 21. Arschkriecher und zu enge Hosen sind’s 22. Cliniclowns haben rote Kleinformatbesitzers 36. umgedrehter Vorname, z.B. Frau Löffler 38. von 24. er gönnt einem schon gar nichts 29. prächtiger Bursche 30. Vorfrau Wien nach Brünn weisen die Sterne dahin 40. diese Lampe trägt Fuß 42. Bal- 31. alles hat eins, nur die Wurst hat zwei 35. folgt auf hin 37. Internationa- lerine samt Team 43. Initialen dieses Schriftstellers: Abschied von Sidonie le Liebes-Agentur gibts nur anfänglich 39. wer den Groschen nicht, kriegt 44. Einäugiger mit Kopftuch 46. Kellerabteil, abg. 47. diesen Behälter pro- den Schilling nicht 41. eine ängstliche Französin ists 45. jedes Tief beginnt duziert der Tischler von rechts und letzterer heißt in Deutschland entspre- so 48. Grund verbuxelt 49. in dieser Kammer wird bei uns geräuchert chend 50. Präposition 51. kalte grüne Farbe 53. Vorname von Büchner 54. 52. steht beim Leopoldsberg vor 53. US Vize unter Clinton und Filmemacher ein solcher Liter sind hundert Liter 57. Form von nehmen 58. berühmte 55. Vorname einiger nordischer Könige 56. Nomen est 58. Apfelbrei 59. eine Waldviertler Süßspeise 60. Kundendienst 61. der allererste Wein 63. nicht bestimmte 62. im Dativ 65. vor die Tour geht’s zurück ganz direkt 64. katholischer Pfarrer in Frankreich 66. zum Teil 67. unterdrü- cken und versklaven

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GEHT’S MICH WAS AN? Rechtwidrigkeit des Schildes »Kein Platz für Zigeuner« ARA wurde gemeldet, dass betreiber verweigern fahrenden Menschen aufgrund ihrer ethni- gend zu verstehen ist. Denn der auf einem Osttiroler Cam- Roma den Aufenthalt mit der Be- schen Zugehörigkeit von der Inan- Begriff stellt eine stigmatisierende Zpingplatz ein Schild mit der gründung, dass der Platz voll sei. spruchnahme einer Dienstleistung Bezeichnung dar und ist mit weit- Aufschrift »Kein Platz für Zigeu- Auch dann, wenn offensichtlich ist, ausschließen. reichenden negativen persönli- ner« angebracht ist. Gegen den dass genug Platz wäre. Aus den Nach der Befragung der Fachex- chen, politischen und rechtlichen besagten Osttiroler Campingplatz- genannten Gründen verheimli- perten, Herrn Prof. Rudolf Sarközi, Folgen verbunden. Betreiber wurde Anzeige erstattet chen fahrende Roma oft ihre Iden- Vorsitzender des Kulturvereines Einerseits stimmt es nachdenk- und er wurde vom unabhängigen tität, um auf Campingplätzen Halt österreichischer Roma, und Herrn lich, dass derartige Gutachten nö- Verwaltungssenat zu einer Geld- machen zu können. Univ.-Doz. Dr. Florian Freund, kam tig sind, um fahrenden Roma Zu- strafe verurteilt. Solche und ähnliche Meldungen der Senat der Gleichbehandlungs- tritt zu Campingplätzen zu ge- Aufgrund althergebrachter Vor- über Diskriminierung von fahren- kommission zu folgendem Schluss: währleisten. Andererseits wurde urteile haben fahrende Roma im- den Roma waren der Auslöser für Die Beschilderung »Kein Platz dadurch sichtbar, dass rechtliche mer wieder mit Diskriminierung die Gleichbehandlungsanwalt- für Zigeuner« sollte eine ethnische Möglichkeiten zur Bekämpfung und Ausgrenzung zu kämpfen. Ne- schaft (GAW), ein Gutachten von Gruppe von der Dienstleistung des der Ausgrenzung fahrender Roma ben Beschränkungen oder dem ExpertInnen vom Senat der Gleich- Campingplatzes ausschließen und zur Verfügung stehen. Verbot ihrer Erwerbstätigkeit (Tür- behandlungskommission (GBK) erzeugte auch tatsächlich diesen Mag.a Gertraud Kücher verkauf) werden sie auch des Öfte- einzufordern. Dieses Gutachten Effekt. Weiters wurde festgehal- www.zara.or.at ren mit Aufenthaltsverboten be- sollte klären, ob solche Beschilde- ten, dass die Verwendung des Be- legt und auf periphere Plätze ab- rungen zulässig sind, da sie von griffes »Zigeuner« als diskriminie- Quelle: Gutachten gemäß § 11 Abs. gedrängt. Manche Campingplatz- vornherein eine ganze Gruppe von rend, entwürdigend und demüti- 1 GBK/GAW-Gesetz – GBK III/7 VORSTADT NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07 21 »Dass ich anders bin«

Christine Mjka würde sooo Auf dem Sportkantinentisch liegt Bruder hat. Robert William. In ei- gerne ihren Bruder ein altes Foto. Darauf sieht man ei- nem Kinderheim im bayerischen kennen lernen. Sooo sehr nen Wiener Vizebürgermeister, der Amberg hat er wenige Spuren hin- LOKAL- wär’s ihr zu gönnen. anlässlich der Eröffnung eines Kin- terlassen: Eine auf den 20. 12. 1946 dertagesheimes ein kleines, verängs- ausgestellte Geburtsurkunde, lü- MATADORIN tigt dreinschauendes Mädchen mit ckenhafte Erinnerungen bei dortigen VON UWE MAUCH (TEXT) pechschwarzen Naturlocken wie Jugendbehörden, Nachbarn, Pflege- O UND MARIO LANG (FOTO) eine exotische Trophäe in die Kame- müttern. In Amberg verlieren sich N 160 ra hält. Das Foto lässt alte Wunden seine Spuren aber auch. Noch ein aufbrechen. Frau Mjka hat gelernt, Bild von ihm auf dem Bahnhof, Som- mit diesen Wunden zu leben. Tapfer mer 1953, vor der Abreise Richtung eute ist Christine Mjka Be- erzählt sie von ihrer Mutter. Die ih- Amerika. Ein zweites Bild mit sei- zirksrätin in Liesing. Und ren Vater lange verleugnet und sich nen Adoptiveltern, schon drüben in dem Kainsmal.« Im Buch ist auch die Leute im »Dorf«, so dann alle Fragen zum Vater verboten den Staaten. Der Stiefvater war Arzt, von Robert William Ulrich die Rede. Hnennt man im Dreiund- hat. Die sie als Kind nicht haben Doktor George Adams aus Balti- Ein sympathischer, aufgeweckter zwanzigsten den Bezirksteil Atzgers- wollte, aus Scham, aus Angst vor more. »Viel mehr wissen wir nicht.« Bursch soll er gewesen sein, der den dorf, reden nicht abfällig von ihr, we- den Leuten, aus schlechtem Gewis- Die Bezirksrätin blickt gedanken- Pflegeeltern bis zu seiner unfreiwil- nigstens nicht in ihrer Gegenwart. sen, was auch immer. verloren auf den Tisch, dann wie- ligen Abreise viel Freude bereitet So sind die Leute, nicht nur in Atz- Immer wurde sie angehalten, sich derholt sie eine Frage, die seit 35 hat. gersdorf: Die vermeintlich Stärkeren kiloweise Fett in die Wugerln zu Jahren oft auftaucht: »Wer war Ihre Mutter konnte sich erst am hofieren, die vermeintlich Schwä- schmieren, ein Haarnetz zu tragen schlimmer dran, mein Bruder oder Sterbebett öffnen. Frau Mjka erklärt cheren herabwürdigen. Die Bezirks- und den Mund zu halten. Die meis- ich?« Der Bruder kennt wahrschein- leise: »Sie hat mir gesagt, dass ich rätin mit dem auffallend dunklen te Zeit musste sie bei ihrer Oma ver- lich nicht nur den Vater nicht, er hat ihr Bestes bin.« – »Wenige Tage spä- Teint, vor ihrer Pensionierung 30 bringen. Nicht auffallen, war die De- auch seine Mutter nie gesehen, da- ter ist sie gestorben.« Jahre lang Hausmeisterin im Ge- vise. So was tut nie gut. für blieb ihm der Atzgersdorfer Ge- Hallo, Robert William, melde dich meindebau, wurde lange, viel zu lan- Warum das alles hier erzählen? meindebau erspart. Er kann also bitte! Briefe an die Behörden in Am- ge herabgewürdigt. Weil es für Christine Mjka vielleicht nicht wissen, wie es einem geht, berg hat sie geschrieben, auch an Wir treffen uns in der Sportplatz- die letzte seriöse Chance ist, sich ih- wenn Nachbarn über Nacht »Nega- das Internationale Rote Kreuz, die Kantine in Liesing. Christine Mjka, ren Herzenswunsch zu erfüllen: hua« an die Tür kritzeln oder beim nordamerikanische Caritas, die Ärz- geborene Ulrich, leert auf dem Tisch »Ich würde sooo gerne meinen Bru- Billa ohne Genierer »Tschuschen- tekammer, das Wiener Außenamt, eine ganze Tasche voll mit Erinne- der kennen lernen.« Nachsatz: weib« sagen. Frau Mjka greift sich die US-Botschaft, in ihrer Not auch rungen aus: vergilbte Behördenstü- »Wenn er noch lebt.« an die Gurgel: »Da kommt gleich al- an Rudi Carrell. Sohn Robert hat cke, schwarz-weiße Fotografien, in- Seit 35 Jahren sucht sie den Bru- les wieder rauf.« nächtelang das Internet durchfors- time Briefe. Doch noch immer ringt der, und damit auch ein Stück ihrer Eine Amberger Journalistin, Ma- tet. Ein paar Hinweise gibt es, wenig sie mit sich, ihre Geschichte offen Identität. 1972 war’s, da hat ihr ein ria Kramarz, hat vor Jahren ein Buch Konkretes. Es ist eine fast aussichts- zu legen. Es ist ihr Sohn Robert, der Standesbeamter im Rathaus eröffnet, über farbige Besatzungskinder ge- lose Suche. Oder doch nicht? nicht länger locker lässt. dass sie einen um drei Jahre älteren schrieben: »Das Jahrhundert mit Abschließend noch ein Auszug Ehe sie erzählt. aus der UN-Kinder- Sie wurde vier Jahre rechtskonvention. nach Kriegsende, Artikel 9 besagt: »Je- 1949, in Wien gebo- des Kind hat das ren. Ihre Mutter war Recht, bei seiner Fa- eine Wienerin. Wer ihr milie zu leben.« Für Vater war, weiß sie bis Christine Mjka, dem heute nicht. Ein farbi- Besatzungskind aus ger US-Soldat – nur so Atzgersdorf, galt die- viel ist sicher. »Ich hab’ ser Artikel offenbar schon gewusst, dass ich nicht. Außerdem anders bin«, erinnert wurde ihr die Haut- sich Frau Mjka an eine farbe, für die sie beschwerte Kindheit nichts kann, oft ge- als »Besatzungskind«. nug zum Vorwurf ge- »Ich bin aufgefallen, macht. Ein grober wegen meiner Hautfar- Verstoß gegen die be, wurde viel verspot- Menschenrechte. tet. Wir farbigen Kin- Sooo sehr wäre ihr der haben es noch die Erfüllung ihres schwieriger gehabt als Wunsches zu gön- die damals auch diffa- nen! Wer kann hel- mierten Russen- fen? Kann wer hel- Paulis.« Christine Mjka wüsste gerne mehr über ihre Familie fen? I VORSTADT 22 NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07

Andi Fading: Dauerbrenner der Regionalliga Ost Kübler am Ball

Austria-Legende Thomas Flö- genug. Zweieinhalb Dekaden voller lich alles abverlan- gel nennt Andi Fading »eine Höhenflüge und Tiefschläge sportli- gen«. Fading ist – ne- der letzten Persönlichkeiten« cher und buchstäblich unsportlicher ben Peter Neidhart des Wiener Fußballs. Natur setzen sich im Gespräch zu von den Rapid Ama- einem Lebenslauf zusammen, dem teuren und Markus Jahrelang eilte diesem der Ruf vielleicht der glänzende Höhepunkt Pistrol vom Sport- des »schwierigen Genies« vo- fehlt, der jedoch alles enthält, was klub – einer von drei raus. Bei der Vienna hat er den österreichischen Fußball im All- Spielern der Regio- sich nunmehr zum Zampano gemeinen und den wienerischen im nalliga Ost, die ihre gemausert, der die Blau-Gel- Besonderen ausmacht. finanzielle Grundsi- ben heuer endlich in die cherung über die zweite Liga führen will. MA 48 bestreiten. Vom orangen Dress ins Um fünf Uhr mor- blau-gelbe gens muss er täglich

aus dem Bett. Nach J Y K S

Die im Augustin (Nr. 199) geäußer- Dienstschluss geht es N Y Z te Einschätzung Thomas Flögels, weiter ins Training, S O T I

dass Spieler vom Typus eines Andi oft »hundsmüde und W . C

eh di umziehn, hosd eh Fading, die den Gegnern unbeding- mit schmerzenden : S O

nix zum Erzähln«, feixt ten Respekt abnötigen, akut vom Beinen«. Würde ihm T O »GThomas Hickersberger Aussterben bedroht seien, lässt den sein Trainer Fritz F im Vorbeigehen in Richtung Andi Angesprochenen vermuten, dass Drazan diesbezüg- Trotz der vielen Schläge: Das Leben macht Spaß Fading, mit dem ich nun schon dieser Respekt mit seiner langen lich nicht entgegen- mehr als eine halbe Stunde auf der Profi-Erfahrung zu tun habe, um die kommen und ihn öfter als seine Kol- teilweise auf jene Schwierigkeiten, Bank vor dem Trainingsplatz der seine Gegenspieler eben wüssten. legen im regenerativen Bereich ar- sich in ein Teamgefüge zu integrie- Vienna sitze. Der »Pepi«, wie Fading Die Schläge und schmerzhaften beiten lassen, müsste er sich wohl ren, zurückführen, die ihm lange seinen Freund und Vereinskollegen Fouls von hinten, die er gerade in einen anderen Verein suchen. nachgesagt wurden. »Die wirklich in Anspielung auf dessen Vater, der abgelaufenen Saison abbekom- Eine solche Suche steht jedoch große Karriere ist ihm deswegen Teamchef , men habe, »waren dafür auch nicht zurzeit definitiv nicht an. Das will vielleicht versagt geblieben«, mut- nennt, meint das natürlich ironisch. ohne«. Wobei erschwerend hinzu- tatsächlich etwas besagen bei einem maßt Thomas Hickersberger, der an Denn zu erzählen hat der 1975 ge- komme, dass er seit drei Jahren vor- Wandervogel, der in den letzten Fading nicht nur seine Fähigkeit borene und in Kaisermühlen aufge- mittags als Mistkübler arbeite: als zehn Jahren selten länger als einein- schätzt, den Ball exzellent führen wachsene Stürmer, der im Hauptbe- »Springer«, also jede Woche auf an- halb Saisonen an einer Stätte wirkte. und aufgrund seiner körperlichen ruf für die MA 48 tätig ist, mehr als deren Touren, die »einem körper- Die vielen Wechsel lassen sich nur Stärke auch meist behalten zu kön-

KICK-TIPP in Zusammenarbeit mit dem Internetjournal wienerliga.at

UEFA Women’s Cup: SV Neulengbach – Hi- Wienerwaldstadion Neulengbach, Wienerliga: KSV Ankerbrot Monte Laa – bernian LFC; Donnerstag, 9. 8., 18.30 Uhr, Wie- Sindelarstraße 181, 3040 Neulengbach Gerasdorf/Stammersdorf; Freitag, 17. 8., nerwaldstadion Neulengbach: Nach der erfolg- Anreise: per Schnellbahn ab Westbahnhof, 19.30 Uhr, Hölbl Sportanlage: Gleich zum Auf- reichen Premiere im Vorjahr war es für den Ob- anschl. zu Fuß Richtung Stadion takt ein echtes Aufsteigerderby. Während die mann des österreichischen Meisters im Frauen- Ankerbrötchen ihren sofortigen Wiederaufstieg fußball, Bruno Mangl, gar nicht schwer, die Regionalliga Ost: First Vienna FC – in souveräner Manier bewerkstelligten, setzten UEFA zu überzeugen, die erste Qualifikations- FAC/Team für Wien; Freitag, 10. 8., 19 Uhr, Sta- sich die Gerasdorfer erst kurz vor Schluss in ei- runde im Meistercup erneut im Wienerwald aus- dion Hohe Warte: Nach dem schwierigen Aus- nem spannenden Dreikampf durch. Nimmt man zutragen. Und bei allem Respekt den zugelosten wärtsauftakt bei den ebenfalls neu formierten die Performance der Vorjahresaufsteiger LAC Gegnerinnen gegenüber: Der Aufstieg ins Ach- Waidhofenern wartet in der zweiten Runde be- und Helfort als Maßstab, die von Beginn an auf telfinale scheint heuer deutlich greifbarer als reits der nächste Kracher auf die Vienna: Mit den letzten Plätzen zu finden waren, kann es für vor einem Jahr. Zusätzliches Zuckerl: Mit der dem von der Donaustadt ins benachbarte Flo- die diesjährigen Liganeulinge eigentlich nur bes- Frauenabteilung des Hibernian FC aus dem ridsdorf übersiedelten Team für Wien kommt ser werden. Dass die Laaerbergler aufgrund des schottischen Edinburgh kommt ein echter euro- der amtierende Vizemeister auf die Hohe War- Heimvorteils zu favorisieren sind, liegt auf der päischer Traditionsverein nach Österreich, mit te. Das von Trainer Damir Canadi glänzend ein- Hand. Dennoch wird man sich vor der neuen dem sich Rosana, Nina Burger & Co. gleich zum gestellte Ensemble konnte im Wesentlichen ge- Kraft aus Transdanubien in Acht nehmen müs- Auftakt matchen werden. Darüber hinaus war- halten und sogar noch um einige wertvolle Rou- sen. ten noch die irischen und die polnischen Meiste- tiniers wie Halil Akaslan bereichert werden. Zu- Hölbl Sportanlage, Laxenburger rinnen auf die Startruppe aus dem Wienerwald. mindest für die Herbstsaison könnte also eines Straße/Heubergstättenstraße 1, 1100 Wien Absoluter Pflichttermin, zudem erwartet euch der beiden Big Teams dem jeweils anderen Anreise: 66A, 67A ein umfangreicher Bericht in der übernächsten schon wertvolle Punkte wegschnappen. hn Ausgabe! Stadion Hohe Warte, Klabundgasse, 1194 Wien Anreise: Linie 37 NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07 23 nen, sondern vor allem seine Genialität in Bezug COACHING ZONE auf den entscheidenden Pass. VON UWE MAUCH Konkurse und andere Schwierigkeiten Wer weiß Oft lag der Grund für Fadings unstetes Nomadisie- ren allerdings außerhalb seines (menschlichen wei Todesfälle innerhalb von bzw. ballesterischen) Zuständigkeitsbereichs. Sei- acht Wochen, dazu ein Missver- ne Arbeitsbiografie liest sich wie die Landkarte Zständnis zwischen Spielmacher der konkursbedingt versunkenen Schiffe des hei- Ken und dem Augustin-Verein, der zu mischen Fußballs. Vor allem seine Engagements Folge hat, dass einige afrikanische Kol- bei Vorwärts Steyr und St. Pölten Ende der Neun- legen nicht mehr mittun wollen: Es zigerjahre sind ihm in zwiespältiger Erinnerung bleibt weiter spannend. Wäre die Ge- geblieben. Denn sportlich läuft es hier wie dort schichte von Schwarz-Weiß-Augustin rund: Mit Steyr schafft er den Aufstieg in die Bun- ein Entwicklungsroman, man könnte desliga, und in St. Pölten kickt er mit Freude in ei- ihn kurzweiliger kaum schreiben. Die- nem starken Ensemble gemeinsam mit Ex-Team- ses Fußball-Sozial-Projekt ist nie um spieler Peter Artner und der ewigen Stadthallen- eine Kehrtwende verlegen. Legende Niki Pavlek. Finanziell landet der Ball Und weil die Finte zum Augustin da- jedoch in beiden Fällen in einem Abgrund na- zugehört, zeichnet sich mitten im mens Konkurs. Während die Spieler in Steyr auf- Die Nummer 10 bei der Arbeit ärgsten Schlamassel auch Erfreuliches grund des Engagements der Gewerkschaft ihre zu ab: Die aktuelle Mannschaft, nen- ausstehenden Gehälter verhältnismäßig rasch er- nen wir sie vorübergehend und nicht halten, spitzt sich die Situation nach dem Crash kin’schen Dörfer des österreichischen Provinz- ganz ernst gemeint Wer-weiß-Augus- in St. Pölten dramatisch zu: Dort stehen einige fußball-Größenwahns. Der dort ansässige Klub- tin (wer weiß, wie lange), spielt und Kollegen knapp vor der Delogierung, was die Spie- präsident und Halbleiter-Krösus Egon Putzi enga- harmoniert besser, als man dies von ler veranlasst, gemeinsam mit dem zu dieser Zeit giert sich zur selben Zeit jedoch auch bei ihr eigentlich erwarten darf. bei Austria engagierten ein Salzburg. Pech für Andi Fading, der hier wie dort Bei den knappen Niederlagen ge- Benefizspiel zu organisieren. Selbst dieses wird spielerisch auffällt, nicht zuletzt deshalb jedoch – gen die Freunde vom Fußballmagazin vom maroden Vorstand jedoch torpediert – will als Quasi-Eigentum des Doppelpräsidenten – über »ballesterer« (2:4 und 2:3) haben alle man doch auf keinen Fall öffentlich werden las- zwei Saisonen zwischen den Klubs hin- und her- gut mitgehalten. Nach dem zweiten sen, wie schlimm die Lage geworden ist. geschoben wird, bis er dermaßen zwischen den Spiel gab es Lob von den Fußball-Re- Andi Fading zieht (es) weiter, zunächst zum SV Stühlen zu sitzen kommt, dass er nirgendwo mehr dakteuren: für den Teamgeist und die Ried, wohin er vom damaligen Trainer Heinz einen Fuß in die Tür kriegt. Rechtzeitig bevor in Spiel-Konzeption. Hochhauser geholt wird, nachdem er – noch im Bad Bleiberg ebenso wie in Steyr und St. Pölten Drei Tage später konnten die Unsri- St.-Pölten-Dress – den Riedern in einem Testspiel die Lichter ausgehen, wechselt Fading nach Wien gen sogar einen Sieg fixieren: 4:2 auf zwei Tore zum 2:1-Sieg eingeschenkt hat. Von zum Sportklub, wo ein unglücklicher Abstieg aus der Jahnwiese im Augarten, gegen dort geht’s weiter ins kärntnerische Bad Bleiberg, der zweiten Liga und eine Fortsetzung des Wan- eine Auswahl der Bundesgärtner, die einem der bereits fast vergessenen Potem- dervogeldaseins in der Regionalliga Ost folgen. das Augustin-Team zu einem Fußball- Mit Vorliebe wird er nun aufgrund seiner Erfah- spiel samt Grillabend eingeladen hat- rung von den Aufsteigern aus der Wienerliga en- ten. gagiert, um das Spiel zusammenzuhalten: vom Dass bei unserem Kurzauftritt beim PSV Team für Wien unter Austria-Oldboy Andi Jones-Emeka-Gedenkturnier in Gablitz Ogris zunächst und anschließend vom SV Donau, sportlich wenig zu holen sein würde, war vorweg klar – aus gegebenem An- Fadings Stammverein, wo einst sein Vater schon lass auch nicht weiter von Bedeutung. den »Eisenfuß« gab und auf dessen Anlage er Und doch rangen unsere Burschen »quasi aufgewachsen« sei, wie er bekräftigt. beim 1:5 gegen die SV Gablitz All Stars Seit letztem Sommer spielt er für die Vienna. ehemaligen Landesligafußballern ei- Eine sehr starke Saison seinerseits, die leider nigen Respekt ab. Solange die Kräfte nicht mit dem erhofften Aufstieg endete, sondern reichten, waren wir sogar fast eben- wieder nur mit dem dritten Platz, die mittlerwei- bürtig. Sie reichten halt nicht allzu lan- le fünfte »Bronzene« in Folge für die Döblinger. ge. Doch das ist keine Schande. Das Unternehmen Aufstieg wird nichtsdestotrotz Wer weiß, wie’s weitergeht. Kommt auch heuer wieder angepeilt, wenngleich mit ei- Tormann Gottfried jetzt wieder regel- ner rundum erneuerten Mannschaft, unter deren mäßig? Können unsere Oldies Hömal, Neuzugängen sich so prominente Namen wie der Strawi, Dragan und Erwin ihre Form des Ex-Teamspielers Volkan Kahraman finden. halten? Werden die Neuzugänge aus Von den Alten wurde kaum jemand gehalten – Rumänien, Deutschland und der Slo- mit Ausnahme von Andi Fading. Ein deutliches wakei ihren Platz im Team finden? Signal, dass man auf die Qualitäten des »Schwie- Bleibt Gosha, unser Marathon-Mann rigen« vertraut. Aber vermutlich sind es Kicker aus Georgien, dem Fußball erhalten? wie Andi Fading, die – trotz aller Schwierigkeiten, Kehrt der eine oder andere Afrikaner die sie zuweilen erzeugen – den entscheidenden ins Team zurück? Der Trainer und sein Meisterschüler: Fading im Ge- Unterschied machen. Fortsetzung folgt. spräch mit Fritz Drazan Helmut Neundlinger VORSTADT 24 NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07 Kittsee NO 77

ie waren von Mosonmagya- ten«, sagte der Dozent, als sie an ein. Nur wenige kommen nach eini- rovar gekommen, wo Groll der slowakischen Grenze bei Kitt- gen Jahren guten Verdienstes zu- wichtige Versorgungskäufe see entlangfuhren. Groll zog es vor rück. So auch Kamilas Großvater WIENER Sgetätigt hatte: drei Dosen zu schweigen. Er wusste um die Jan, der nicht nur Geld aus Argenti- AUSFAHRTEN »Kis üvegben gigantikus erö«, einen Zahnarztphobie des Dozenten und nien mitbringt, sondern auch revo- Zopf Knoblauch sowie drei Portio- er wusste ebenso, dass in solchen lutionäre Ideen. Mit heimkehren- nen Ostiepky-Käse. Die Chili-Paste Fällen nur ein sofortiger Gesprächs- den Freunden gründet er Ende benötigte Groll für seine legendären wechsel den Ausbruch nervöser Stö- 1933 eine Zelle der Kommunisti- Fischsuppen, der Knoblauch sollte rungen bei seinem Bekannten ver- schen Partei. Schon damals erken- Vampire von den Rosenpflanzen in hindern konnte. Im Angesicht der nen die Männer im Hitler-Regime seinem Vorgärtlein fernhalten und Hochhaustürme von Petrzalka, je- die größte Bedrohung. der Käse würde einem an Ischias er- ner von Kulturspießern und Zei- Töchterchen Róza ist stolz auf ih- ter Dozent, in Ruhe nachlesen. Ich krankten Freund über das tungsschnöseln verteufelten Platten- ren Vater, Hausdurchsuchungen zei- garantiere Ihnen ein großes Leseer- Schlimmste hinweghelfen. Wäh- bausiedlung am westlichen Donau- gen ihr, dass es sich bei den Schrif- lebnis. Der lakonische Erzählstil der rend Groll die Einkäufe absolviert ufer Bratislavas, erzählte er seinem ten und Plänen der Männer um eine Autorin ist durchsetzt mit berühren- hatte, war der Dozent in Ungarisch- Freund von einem wunderbaren Le- große Sache handeln musste. Die den und witzigen Passagen; und Wieselburg spazierengegangen und seerlebnis. Jahre der klerikalfaschistischen Tiso- was das Schönste ist: Nach einem hatte eine interessante Entdeckung »Der Roman heißt ‚Die Töchter Diktatur überstehen die Männer in guten Drittel der Lektüre merken gemacht. Die ehemalige Garnisons- der Róza Bukovská’ und ist eine Fa- der Armee, die sich bald von den Sie, dass Sie neben der Lebensge- stadt mit der gut erhaltenen Was- miliensaga aus der Tschechoslowa- Deutschen ab- und den Sowjettrup- schichte einer slowakischen Fami- serburg war jetzt ein gut befestigter kei. Die Autorin, Zdenka Becker, pen zuwendet, und bei den Partisa- lie auch einer Zeitreise durch die Sammelplatz der vereinigten ungari- stammt aus der CSSR, lebt seit drei nen des Slowakischen Nationalauf- gesellschaftlichen Brüche und Wir- schen Dentalarmeen. Gute siebzig Jahrzehnten in Österreich und stands. Nach dem Krieg zählt Jan zu rungen Osteuropas beiwohnen. Dental-Regimente zählte der Dozent schreibt auf Deutsch und Slowa- den Pionieren der Kolchos-Bewe- Dieser unterlegte doppelte Er- in nur einer Stunde. kisch Theaterstücke und erzählende gung und absolviert als Erster in sei- zählstrang weist die Autorin nicht »Zweifellos bereiten die Ungarn Prosa. nem Dorf einen Traktoristenkurs. nur als Könnerin ihres Fachs aus, er einen massiven Vorstoß an der Do- Anfang der zwanziger Jahre des Rózas Ehemann Anton findet Arbeit belegt auch, daß realistische Litera- nauflanke vor. Noch in den nächs- vorigen Jahrhunderts vergiftet die als Schlosser in Prag. Auch Róza ar- tur in der Beschreibung kleiner und ten zwei Wochen rechne ich mit Weltwirtschaftskrise noch in den beitet, zuerst in einer Fabrik, dann nur vordergründig unbedeutender dem Einmarsch ungarischer Dental- hintersten Winkeln der Ostslowakei als gut verdienende Kellnerin in ei- Leben immer auch eine kollektive truppen in Ostösterreich. Der Zivil- das Leben der Menschen. Viele ner Gaststätte. In den späten vierzi- Erzählung über soziale Zusammen- bevölkerung drohen überfallsartige Männer verlassen ihre Dörfer und ger Jahren geht Anton als Polizist hänge einschließt. Das Kleine, un- Wurzelbehandlungen, präsumptive wandern auf deutschen Frachtschif- ins Sudetenland, nach Eger, wech- mittelbar Erscheinende und das Implantationen und jede Menge fen aus, vorzugsweise nach Argenti- selt aber bald mit der nunmehr drei Große, langfristig Wirkende gehen grausamer Extraktionen. Es wird nien aber auch in andere südameri- Töchter umfassenden Familie nach in diesem Buch eine Symbiose ein. höchste Zeit, die heimischen Grenz- kanische Länder. Viele bleiben und Bratislava. Dort lebt er als loyaler So kommt es, dass die aus der CSSR truppen mit Zahnschutz auszustat- richten sich in der neuen Heimat Staatsbeamter des Sozialismus und stammende Autorin auf eine meis- als tyrannischer terliche und uneitle Art eine Erzähl- Macho zu Hause. weise aufnimmt, die in Österreich Die Töchter fin- in den siebziger Jahren von Gernot den bei ihm keine Wolfgruber, Franz Innerhofer und Unterstützung ge- Michael Scharang begründet gen eine aggressi- wurde.« ve und ungerechte Groll warf dem neben ihm sitzen- Mutter, die ihre den Dozenten einen kurzen Blick drei Mädchen als zu. Sein Freund machte eifrig Noti- Strafe für ihre eige- zen. Während der Dozent weiter- ne einstige »Un- schrieb, durchquerten sie Edelstal, keuschheit« be- den Abfüllort des Römerquelle-Mi- trachtet. Die drei neralwassers. Für Groll ein guter hingegen hängen Grund, am Ortsausgang nach einem in kindlicher Erge- Heurigen Ausschau zu halten. benheit an Róza. Wie es denn Iris, Erwin Riess G

N Jasmine und Kami- A L

O la dann in den I R

A neunzehnsechzi- * Zdenka Becker. Die Töchter der M

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O ger und siebziger Róza Bukovská. Residenz Verlag, T O

F Jahren ergeht, das St. Pölten – Salzburg 2006. 410 Beckers Roman erzählt von Bratislava sollten Sie, verehr- Seiten, ca. ? 22,– ART.IST.IN NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07 25 magazin AUFG’LEGT Alte Krautelektroniker auf futuristischer Seebühne VERSCHIEDENE KÜNSTLERiNNEN »Sonora Superstars Sampler #1« LUNZ – AUF KULTUR UMGEPOLT (Flora & Sauna Records/Trost) www.floraundsauna.com INFO Eine neue Spiel- as niederösterreichische mer Zeit bei Wien lebende Sound- wiese für Pflänz- Lunz am See hat den ge- komponist, Dichter und Fotokünst- »More-Ohr-Less« chen wie Jazz/ rechtfertigten Ruf, ein ler versammelt unter dem heuri- 4. bis 10. 8. in 3293 Lunz am See D Tickets: Jugendliche und Studie- Pop/Elektronik/Al- Schneeloch und der Kältepol Mit- gen Festivalthema »Cluster« (engl. rende 7 Euro lerlei eröffnet das teleuropas zu sein. Doch seit ein = Traube, Bündel, Schwarm, Hau- Vollpreis 15 Euro 2006 gegründete paar Jahren macht die an der Ybbs fen) wissenschaftliche Vorträge, Festivalpass 25/50 Euro Wiener Label Flora gelegene 2000-Seelen-Gemeinde Lesungen, Malerei und natürlich & Sauna Records. www.more-ohr-less.at Den Reigen eröff- nicht nur, wenn es klimatische Ex- Musik. So wird er unter dem nete die Label-Mitbegründerin Mir- treme zu vermelden gilt, von sich selbstironischen Motto »Alte Meis- re M gleich selbst mit ihrem Gänse- reden, sondern findet auch immer ter/alte Sitten« mit Dieter Moebi- schreiten – eine Bühne, die 2004, blümchen-Album »He Loves Me, He öfters Einzug in die Kulturnach- us, seinem altgedienten Musik- im Jahr ihrer Errichtung, Lunz Loves Me Not«. Die Fortsetzung be- richten. partner, neue Pfade clusterhafter zum Hot Spot der Architekturkritik schert uns ein Elektropop- So wurde im vergangenen Juli Soundexperimente auf der werden ließ. Kraut&Rüben-Sampler mit seinen »Sonora Superstars«. Elektronik Ge- im Rahmen der »Wellenklänge« schwimmenden Seebühne be- reisch zwitscher zwischen Pflanzenkunde drei Wochen lang »ein Ausschnitt (»Frühlingsblumen«/Die Fröhlichen aus dem reichen Kulturschatz Afri- 2), Easy Listening (»Returning Some- kas«, so die Intendantin Suzie He- day«/Gerald Bauer), Berauschungen ger, präsentiert. Im August geht es (»Again the End Again Part 1 – nun mit hauptsächlich abendlän- 4«/Jakob Proyer) und netten Blöd- discher Kunst weiter. »More-Ohr- heiten wie »Der Spaghettiträger- sommer mit dir« von Rudi Schöller & Less« – der weit und breit wohl Bacher. Das treffendste Statement beste Name für ein Kunstfestival kommt dabei von in einer Brenda- mit Schwerpunkt Musik – benennt Version verpackten Louie Austen, Initiator Joachim Roedelius die wo es heißt »I Ain’t Much« – so viel sommerlichen Zusammenkünfte dazu. seiner Gäste in Lunz. Roedelius ist E Z nicht nur kreativer Wortschöpfer, L U H C

sondern war mit seinen Formatio- S NACA7 N A

nen Kluster (später Cluster) und T S

»The Alliance Has Failed« I R

Harmonia von Ende der 1960er T (acute music/edel) : O www.naca7.com Jahre an Geburtshelfer der so ge- T O Mit »weniger nannten Krautelektronik. Der aus F Bauch, dafür mehr Berlin stammende und seit gerau- Clusterhafte Soundexperimente auf der Lunzer Seebühne Eier« beschreiben Naca7 den Unter- schied zum Vor- gänger »Barricades Nach der Eröffnung wurde alles gut On Fire« (2005). Als Bedienungsan- leitung für die Ohren: Naca7 erzeu- TIEF FLIEGENDE KÖRPER IN DER BRUNNENPASSAGE gen Metalcore mit kurzen Haaren. Die Band hingegen bevorzugt die Beschreibung ihres Lärms als Air- s ist ja ein feines, offen zu- entdeckte die »zwei Sprachen Mu- your Ass!« Die VeranstalterInnen port-Hardcore. Im Übrigen ist es egal, Easy Listening ist es auf keinen gängliches Projekt, die sik und Tanz«. Metaphernsadis- sprechen von »Saturdance«. Fall, obwohl die Tendenz im Ver- E»Brunnenpassage«, der neue mus Ende. Mit einem kostenlosen Tanz- gleich mit ihren ersten beiden Al- Kunst- und Sozialraum für Kinder Dieser von der Caritas initiierte workshop in Kooperation mit dem ben in Richtung Melodie ausschlägt. und Jugendliche am Ottakringer Raum bietet Kids ein kurzweiliges Impulstanz-Festival bringt die Eingeborene wittern standesgemäß Yppenplatz. Bloß das obligatori- Programm. So studierten dort 200 »Brunnenpassage« in der zweiten Verrat, die vier von Naca7 hingegen sche Festreden-Blabla anlässlich Jugendliche die Choreografie für Augustwoche den ultimativen Be- haben die Hoffnung auf übermäßi- der Eröffnung Mitte Juni will doch die Eröffnung der Wiener Festwo- weis, was zu taugen. Als Kursleiter ge Hörfunk-Einsätze längst verwor- niemand mehr hören. Das Floskel- chen ein. Sonntags findet von 10 fungiert der venezuelanische Ka- fen. Live spielen ist, was sie wollen! Und das schon seit 10 Jahren. Von barometer schlug wieder einmal bis 13 Uhr das »Brunch-Picknick« pazunder im Bereich Choreografie Haarspaltereien mal abgesehen hat oben an. Metaphernsadismus An- statt, doch – wohlgemerkt – Fres- und Improvisation David Zambra- »The Alliance Has Failed« alles, was fang: Integrationsstadträtin Sandra salien sind selbst mitzubringen! Je- no. Er wird zeigen, was »Flying eine ordentliche Lärmattacke benö- Frauenberger wünscht sich die der erste Mittwoch im Monat ist Low«, also tief fliegen, bedeutet. tigt, und Geübte schaffen es sogar »Brunnenpassage als Musterbei- Jour fixe in Sachen Reflexion, Doch, sorry, diesen Workshop zu mitzupfeifen. Wer’s nicht glaubt, spiel einer stabilen Brücke zum Kreation, Diskussion. Und ab erwähnen, grenzt an Sadismus, sollte sich am 29. August beim »Two Miteinander«. Hans Staud, der De- Herbst steht jeder Samstag – im denn bei Redaktionsschluss war Days A Week«-Festival eines Besse- ren belehren lassen. likatessenverkäufer und Presse- frei interpretierten Sinne des Au- der Kurs bereits ausgebucht. (lama) sprecher des Brunnenmarktes, tors – unter dem Motto »Shake reisch 26 NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07 ART.IST.IN

»Wie ein Bub, dessen sehnlichster Wunsch in Erfüllung gegangen ist« Das Lächeln Gagarins, eine Recherche

Von einer 18 Tage währenden dem Beweis dafür Wallfahrt in Sachen Juri Ale- verbunden, dass xejewitsch Gagarin kehrte der eine Gesellschafts- Literaturvermittler Walter ordnung, die nicht auf dem Profitprin- Famler nach Wien zurück. zip begründet ist, in Die Antwort auf die Frage, ob der Lage ist, an die er und seine drei Reisebeglei- Spitze der technolo- ter eine Kunstaktion im Sinn gischen Entwick- hatten, einen Ostalgie-Tripp lung zu gelangen, unternahmen, spätpubertären wenn die Bedingun- Schabernak trieben, die Kon- gen dafür stimmen. struktion eines Popstars un- Vierzig Jahre später ist all dies Vergan- tersuchten oder über einen genheit. Dabei hät- Hero der Raumfahrt diese te Juri Gagarin min- selbst wieder zu einem Faszi- destens das gleiche nosum machen wollten, über- Potenzial, zur Kult- lässt Famler den LeserInnen. figur von Generatio- Die Aktion der »Bewegung nen zu werden, wie Kosmos« ist das alles zusam- dies die Fantasieges- men mal zehn minus Ironie- talten Commander Surplus. Kirk und Dr. Spock Begegnung im Sternenstädtchen. Rechts Rekordkosmonaut Anatoli Solowjow: 5-mal und ins- sind.« gesamt über 2 Jahre im Weltraum. In der Mitte Walter Famler. Links Alexander Belyaev, der die Im Abgang im- Zentrifuge für das Kosmaonautentraining mitkonstruierte und bis vor kurzen alle Kosmonau- merhin weist dieses ten im Schwerkraftraining in der Zentrifuge betreute Statement eine iro- nische Duftnote auf, ass man am Prenzlauer wurde, weil der Hero hier die Mit- daher: »Am 12. April 1961 flog mit während die vom »Kommandanten« Berg in Berlin, in der Ge- telschule besuchte hat) einer mytho- dem Kosmonauten Jurij Gagarin der Famler gegründete »Bewegung Kos- burtsstadt der Russen- logischen Figur ohne schwarze Fle- erste Mensch ins Weltall. Der Flug mos/Gruppe Gagarin« das seriöse DDisco, irgendwann und cken, diesem säkularisierten Jesus, Gagarins eröffnete ein neues Kapitel Anliegen mit den Medien des Wit- irgendwo und irgendwie auch dem dessen Lächeln Gina Lollobrigida in der Geschichte der Menschheit. zes, der Irritation und der Ironie ver- bolschewik-schicken Helden Gaga- verrückt machte und der bestimmt Die Erinnerung daran ist auch mit mittelt. Hauptziel der Bewegung sei, rin begegnet, wird niemanden wun- noch lebt, wie manche gutgläubige dern. Die Bar Gagarin an der RussInnen behaupten, genauso wie Knaackstraße bietet russisches Bier, Elvis Presley und Che Guevara noch das üppige Frühstückskunstwerk leben. »Gagarin war der erste »Gagarin«, die unvermeidliche Mensch, der buchstäblich über Borschtsch und die Teigtaschenkom- Nacht weltberühmt würde, und er bination »Assorti Gagarin Extra«; ist wohl auch der einzige geblie- die Bar-Website betreibt Gagarinkult ben«, sagt Walter Famler, der mit und stellt nach sowjetischer Sitte die der KPÖ Steiermark eines gemein- »Helden des Monats« vor, aktuell ist sam hat: den Ernst, abseits des ober- es die Köchin des Etablissements. flächlichen Ostalgie-Hypes den Ös- Wer als Mann hier annähernd wie terreicherInnen die Figur Gagarins Gagarin lächelt, hat schon gewon- als Epochenfigur bewusst zu ma- nen. Die Bar Gagarin ist Flirtzone chen. Nummer eins. Der Techno-Fraktion mag die deutsche Band Juri Gagarin ein Be- »Gleiches Potenzial«: griff sein. Gagarin Records nennt Juri Gagarin und Dr. Spock sich ein deutsches Musiklabel, und überall im Westen wird Gebrauch Sie tun dies auf sehr verschiedene gemacht von diesem wohlklingen- Weise. Pathetisch wie die sowjeti- den Namen (wohlklingender jeden- schen Fernsehhauptnachrichten- falls als jener der Stadt Gschadsk, sprecher der 60er Jahre kommen die Nahe dem Grab des Idols an der Kreml-Mauer: Die Gagarin-Besessenen aus die 1968 in Gagarin umbenannt heutigen steirischen Kommunisten Österreich missachten die Verkehrsregeln am Roten Platz ART.IST.IN NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07 27

»das Lächeln des Juri Alexejewitsch zen, Walters heiter gestimmt. Er lachte »vergnügt Gagarin massenhaft auf die Antlitze Puch, der vor mir aus dem Kosmonautenhelm in die der Frauen zu zaubern«, und das fuhr, weil ich ihn Kamera, wie ein Bub, dessen sehn- konkrete Spezialziel, die originale mit meinem All- lichster Wunsch in Erfüllung gegan- Raumkapsel Wostok 1, in der Gaga- radantrieb vor gen ist«. Die Moskauer jubelten dem rin den staunenden Planete umrun- den überholen- Kosmonauten zu. Die Amerikaner dete und die noch nie außerhalb den ukrainischen beschlossen, den Russen auf dem sowjetischen/russischen Bodens LKWs beschüt- Mond die Show zu stehlen. Am 27. war, erstmals nach Wien zu holen. zen musste, war März 1968 verunglückte Gagarin Nämlich zur Weltraumausstellung pausenlos zum tödlich. Adolf Holl: »Glück und Ende 2011, einem Projekt Famlers zum Slalom gezwun- des lachenden Kosmonauten geben 50. Jahrestag des Gagarin-Flugs. gen, um nicht in mythologisch weitaus mehr her als Als wichtigen Bestandteil der Re- einem der Schlag- die paar Schritte Neil Armstrongs cherche für dieses Ereignis nennt löcher zu versin- am 21. Juli 1969 auf dem Mond. Walter Famler die Juli-Tour nach ken«, beschreibt Wunscherfüllung und Absturz, wie Russland, die er mit drei weiteren Josef Schützenhö- in den Geschichten von Ikarus und Mitgliedern der Bewegung Kosmos fer die Mühen Phaeton, wirken ersichtlich stärker – dem Maler Josef Schützenhöfer, der Mission. »Es aufs (männliche) Unbewusste als die dem Filmemacher Christian Reiser ist schon para- US-Fahne im Mondgestein. Und Ga- und dem Journalisten Herwig Höl- dox«, ergänzt garin im Jahre 2004, mit siebzig Jah- ler unternahm. Man könnte das Famler: Du sitzt ren in Pension, hätte nach dem Nie- Ganze auch mit dem Etikett Kunst- sechs Tage hin, dergang des Sowjetimperiums zwar projekt versehen. Oder es als Spiel sechs Tage zu- sein Leben behalten, aber seine für Erwachsene bestaunen. Oder als Josef Schützenhöfer porträtierte Juri Gagarin… rück, in einer Art Aura verspielt.« spielerische Aufarbeitung des Kalten Mini-Cockpit, der Diese Aura Menschen sichtbar zu Krieges, in dem die Amis dem det, wurde besucht. Famlers Wostok Arsch nur 25 Zentimeter über dem machen, denen der Name Gagarin »Sputnikschock« und dem Triumph- 1 auf Rädern und auch Schützenhö- Boden, dein Fahrzeug ist in Relation nichts mehr sagt, könnte eine der flug Gagarins schließlich die Mond- fers Fahrzeug erhielten hier Sonder- zu einem vorbeiflitzenden Lastwa- Folgen der 18-tägigen Recherche- landung entgegensetzten, eine zwei- genehmigungen, als ob sie Staatsgäs- gen nur ein rotes Pünktchen, und Reise der österreichischen Gagari- fellos diffizilere Angelegenheit, wo- te transportierten; das Sternenstädt- doch hat es liebevolle Aufmerksam- nisten sein. Immerhin haben sie 24 bei der Astronaut Neil Armstrong chen ist nach wie vor für Touristen keit erregt, überall wo wir auftauch- Stunden Filmmaterial und 8 Stun- übrigens nicht einmal annähernd geschlossen. ten.« Ob ich wüsste, dass der Sput- den Tonaufnahmen aus Russland den Ruf Gagarins erreichte, zumal nik die sowjetische Reaktion auf den nach Hause gebracht. Es stimmt, Ga- ein konstanter Teil der US-Bevölke- Puch-Schock gewesen sei, fragt Wal- garins sonderbar ungezwungenes rung überhaupt der Meinung ist, die Die verblasste Aura des ter Famler. 1957 war’s: Nur wenige Lächeln, auf vielen Bilddokumenten Mondlandung sei in einer irdischen Monderoberers Armstrong Wochen, nachdem der erste Puch konserviert, ist im Kalten Krieg po- Wüste inszeniert worden. 500 vom Band seiner steirischen litisch instrumentalisiert worden. Den Männern der »Gruppe Gaga- Die 5300 Kilometer lange Reise hat Herstellungsfabrik genommen wur- Der Kalte Krieg ist krank, Gagarins rin« gelang jedenfalls die Inszenie- der rote Puch 500 aus Wien ohne de, brachten die Sowjets den ersten Lächeln lebt und wirkt. Auf den Do- rung der Wostok-1-Landung am Ro- mechanische Probleme überstan- künstlichen Satelliten auf eine Um- kumentarfilm warte ich gespannt. ten Platz in Moskau. Am Vormittag den. Nur sein Chauffeur war wie ge- laufbahn. Famler lässt solchen Asso- Wird er auch die Situation enthal- des 7. Juli 2007, sechs Tage nach rädert. »Zwischen Lemberg und ziationen freien Lauf, verknüpft da- ten, in der die Österreicher ein Mäd- der Abreise aus Wien, parkte Fam- Kiew siehst du nur, wie die Schlag- daistisch Dinge, die in der seriösen chen aus Kiew fragen, ob es Gagarin lers privater Puch 500, ganz in Rot löcher gegen den Horizont hintan- Welt nicht zu verknüpfen sind, und kenne, und es dann belehren müs- und mit dem Wiener Wunschkenn- er unterdückt verräte- sen, er sei der erste Mensch im All zeichen W. OSTOK 1, im Zentrum risches Grinsen, gewesen? Nein, der erste Mensch des Roten Platzes, bis die Polizei den wenn er den Zusam- im All war die Hündin Laika, ant- sonderlichen Gast aus Österreich auf menhang von Puch wortet das Mädchen. das allgemeine Fahrverbot aufmerk- und Sputnik mit der Robert Sommer sam machte. »Wir inszenierten eine Nonchalance eines säkularisierte Wallfahrt zum Ge- politischen Analysten Das 4er-Kommando: Walter Famler burtsort, zur Arbeitsstelle, zum Ab- erklärt. ist Herausgeber der Literaturzeit- sturzort und zur Grabstätte des Kos- Der Zusammen- schrift Wespennest und Generalse- monauten«, sagt Famler (Gagarin hang zwischen Gaga- kretär des Kunstvereins Alte Schmie- verunglückte 1968 tödlich in einer rins Lachen und sei- de. Der Künstler Josef Schützenhö- MIG bei einem Übungsflug). Zwei ner Berühmtheit zum fer lebt in Pöllau, Oststeiermark. Au- Tage verbrachten der Kommandant Beispiel. Der ist frei- gustin-LeserInnen ist er als Porträ- und sein Team in Kaluga, der Stadt lich schon dem non- tist von 100 ArbeiterInnen, vor al- des großen Vordenkers der Welt- konformistischen lem aus dem Semperitwerk von raumfahrt Konstantin Ziolkowski, Theologen Adolf Holl Traiskirchen, bekannt. Der Filmema- der schon in der zaristischen Zeit aufgefallen. In seinem cher Christian Reiser dokumentier- Weltraumstationen und Raketen ent- Buch »Der lachende te dieses Porträtprojekt: »Kunst warf und in seiner Wohnung den Christus« widmete er kommt von Arbeit. Der Film«. Inspi- ersten Windkanal Russlands baute. Gagarin ein ganzes riert durch die Reise, plant Schüt- Auch Swjosdny Gorodok (Sternen- Kapitel. Der erste zenhöfer, das Mondfahrzeug Luno- städtchen), wo sich das zentrale Kos- Mensch im Weltall chod zu malen. Herwig Höller ist monautenausbildungszentrum befin- … und seinen Bewunderer Walter Famler war offenbar immer Falter-Journalist. ART.IST.IN 28 NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07

Julius Mendes Überlegungen zur Sexuellen Welle Ungestüm abgeklärt

Eine Neuerscheinung ist zu pels ziemlich schwer, preisen, deren zugrunde lie- egal ob sie, wie Mende, gende Lebensweisheit ihres aus einem rechtskonser- Autors manche so genannte vativen Haus stammten oder in linksliberalen Fa- 68er über einstige Selbst- milien aufgewachsen wa- gewissheiten zu nachdenkli- ren. Sexualität war in der chem Lächeln hinreißen wird. Elterngeneration ein Ta- Zugleich trübt ein großer buthema. Von der Mas- Schatten die Freude über den turbation bis zum ersten langen Atem einer nonkonfor- Sex mit PartnerIn erleb- mistischen Persönlichkeit. ten die Jugendlichen nichts als Alleingelassen- sein, unorientiertes Ah- nen, Fantasieren und nicht selten Ängste und er Maler, Bildhauer, Gewissensbisse, weil Kunsterzieher und Ver- man ihnen von hinten fasser theoretischer rum die unglaublichsten DSchriften zur Sexualität, Geschichten hinsichtlich Julius Mende, wählte wenige Wo- Sexualität aufs Auge ge- chen nach der Präsentation seines drückt hatte. letzten Druckwerkes bei der Buch- messe in Leipzig den Freitod, um sich und seine Nächsten der Hilflo- Die schwarze Milch sigkeit in seiner unheilbaren Krank- aus dem unerhörten heit zu entziehen. Dies war die Kon- Busen sequenz eines Mannes, der sich un- geachtet zu berechnender Erfolge Als junger Lehrer insze- im künstlerischen und pädagogi- nierte Mende mit Kin- schen Schaffen zeitlebens an der Be- derladenkindern und freiung des Menschen, vor allem der SchülerInnen Malaktio- Jugend, orientierte. Da die Diskussi- nen nach dem Vorbild on über/zur Sexualität und ihre des Wiener Aktionismus freie Praxis noch lange nötig sein und befasste SchülerIn- wird, ist der theoretischen Position nen sowie Kunststuden- Julius Mendes der Platz eines Basis- tInnen an der Hochschu- werks gesichert. le mit dem Thema Sexua- Sein Buch Die Sexuelle Welle lität. Er ließ die Schüle- stellt eine Zusammenschau von Juli- rInnen an der katholi- Aus dem Nalaß von Julius Mende us Mendes Überlegungen und le- schen Internatsschule, benspraktischen Ansätzen in Kunst an der er tätig war, im Un- und Erziehung dar, in denen sich terricht Pornografisches zeichnen. Unterdessen fielen eigene künst- derts wäre dieses Tun als diskutables gleichsam seine eigenen Lebenspha- Malaktionen wurden von Mende als lerische Werke der Zensur anheim. pädagogisches Experiment zur Sexu- sen vom jungen Ungestümler bis Anal-Malaktionen verstanden. Sie Ein fünf Meter hohes Black-Power- alerziehung durchgegangen. zum abgeklärten älteren Menschen waren gegen die übertriebene Rein- Monument Mendes, aus dem u. a. Was heute einer konservativen widerspiegeln, der, wie wir alle, den lichkeitserziehung in Bürger- und zwei Busen den BesucherInnen Gesundheitsministerin als Fort- Folgen der Entwicklungen der letz- Arbeiterhäusern gerichtet und wur- schwarze Milch spendeten, wurde schrittlichkeit Popularität einbringt, ten Jahre einigermaßen ratlos gegen- den mit psychoanalytischen Theo- in Graz von unbekannten Tätern ab- nämlich das Verteilen von Kondo- über steht. rien über den analen Charakter un- gefackelt. Noch im schneereichen men an SchülerInnen, übten Julius Die RevoluzzerInnen-Köpfe der termauert. Nach Mende sollten die Winter 2005/06, gegen Ende von Mende und Künstlerkollegen bereits späten 60er Jahre hatten es hinsicht- Kinder möglichst selbstreguliert he- Mendes Karriere, musste eine von 1970 im Neuen Institutsgebäude lich des sexuellen Befreiungsgezap- rausfinden, »welches Maß an Dreck ihm organisierte Ausstellung schul- der Uni Wien. Damals kannte man sie wünschten«. 2007 resümmierte behördlich geschlossen werden, da das Wort Sexshop noch nicht und Mende, es würde der Wiener Aktio- StudentInnen einen großen Penis Pornografie war strafbar. Zu ihrer INFOnismus heute seine wahre Spreng- als Schneemann erstehen ließen Ausstellung von künstlerischen Sex- Julius Mende: Die Sexuelle Welle. kraft entfalten, wenn er – statt als und ihm nackte Schneefrauen und möbeln begrüßten die Künstler die Zwischen Sinnlichkeit und Relikt aus wilden Jahren in Museen einen Schneemann mit einem stei- EröffnungsbesucherInnen mit Hand- Vermarktung. Verlag ProMedia. ausgestellt – mit dem Normalleben fen Schwanz zugesellten. In den schlag, wobei jeder Handschlag auch Wien 2007. 207 Seiten, 19,90 Euro konfrontiert würde. 80er Jahren des vorigen Jahrhun- die Übergabe eines Präservativs voll- ART.IST.IN NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07 29

zog. Mende schreibt: Damals schritt tere Sexualität wurden der Staatsanwalt ein und ließ den schließlich auf alles, was ganzen Ausstellungsbeitrag der verboten war ausge- Gruppe GUM beschlagnahmen und dehnt, wie beispielswei- mit Lastwagen in das Polizeipräsidi- se auf Konsumfragen um führen.« Gemeint jedoch waren und das Konsumverhal- die Gummiobjekte als Parodien auf ten, auf Autoritäts- und Beate-Uhse-Produkte, die man aus Religionskritik und viele Prospekten kannte. die Schüler im Alltag be- treffenden Bereiche. Tat- sächlich nahm das Was Genitalien alles können, Selbstbewusstsein der außer Kinder zeugen Schüler zu, stand aber ständig im belastenden Hatten Mende und Mitdenker die Spannungsfeld der Moral pornografischen Zeichnungen aus eines katholischen Bur- dem katholischen Internat noch als scheninternats und den Resultat einer repressiven Sexualer- psychosexuellen Be- ziehung verstanden, in der die fort- drängnissen von Puber- währender Kontrolle unterliegenden tätlingen. Schüler der Befriedigung ihrer Be- Das so genannte obs- dürfnisse nicht nachgehen konnten, zöne Sprechen, als Schü- so weiß man heute, dass die Sache lersprache abgetan und mit der Sexualität weit komplizierter abgelehnt, sah Mende verläuft. Zum ersten Mal dämmerte als in eine#m Großteil der Bevölke- aussage, was diese Genitalien alles ein ehrliches Buch, historisch infor- dies dem Pädagogen, als seine eige- rung praktizierten Akt. Doch nach können, außer Kinder zeugen und mativ und kurzweilig zu lesen. Wel- nen Kinder am Nudistenstrand just außen müsse alles immer korrekt den Staat erhalten. Doch damit ist er che bessere Aussage kann man über nur in Badeklamotten herumspazie- sein, als ob beispielsweise die Nen- bei PädagogInnen-Treffen nie so ein Sachbuch auf diesem Gebiet tref- ren wollten. nung der Genitalien mit dem lateini- richtig durchgedrungen. fen! Die Diskussionen um eine befrei- schen Namen schon etwas darüber Julius Mendes Sexuelle Welle ist Thomas Northoff

»Eselsohren« stehen für tatsächlich gelesene Bücher »Ausmisten – Aufräumen« ist der Quotenhit des Blogs

Weblogs riefen bei Werner bis ich einen Lese-Tipp, die Weblogs gruppen. Weiter vertieft kann es tien gemacht. Das war der Ausgangs- Schuster zunächst nur Skep- des Werner Schuster, bekommen auch sowohl dem Austausch von In- punkt, selbst einen Blog zu starten. sis hervor. Doch mit dem Ver- habe. formationen, Gedanken und Erfah- Mit dem Blog kann ich über den Ka- fassen seiner ersten Einträge Da Werner Schuster, ein freier rung als auch der Kommunikation lendereintrag hinausgehen und da- in diese Gattung zwischen Mitarbeiter des Augustin, für mich dienen (…).« zuschreiben, warum mir etwas gefal- greifbarer als der Mann des Log- Der freiberufliche Journalist und len oder nicht gefallen hat. Ich Online-Tagebuch und persön- buchs, Captain Kirk, ist, kontaktier- in der Promotion, z. B. für Hubsi schreibe gerne, also hat es gleich licher Website stellte sich der te ich Ersteren mit der Bitte um We- Kramars 3raum-Anatomietheater, tä- Spaß gemacht. Oft fetze ich die Sät- Spaßfaktor ein. Nun riecht er blog-Aufklärung: »Wie ein Blog ge- tige Werner Schuster hat selbst erst ze einfach raus und überarbeite sie Lunte, professioneller Blogger nau zu beschreiben ist, kann ich spät mit dem Bloggen angefangen – kaum. Das ist natürlich nicht journa- zu werden. auch nicht sagen. Lies in der Wikipe- sein erster Eintrag ist mit Februar listisch gedacht.« dia, in gewissem Sinne auch ein 2006 datiert. Gelesen habe er vor- Blog, nach«, lautete der Ratschlag her auch kaum welche. Zu persön- des Bloggers Schuster. »Ein Weblog, lich und intim seien ihm diese Erst- Die »Eselsohren« werden pro- ch musste bis vor kurzem im- kurz Blog, ist ein digitales Journal. Es kontakte mit Blogs gewesen. Erst fessionell gemacht mer, wenn ich das Wort Weblog wird am Computer geschrieben und durch einen Snookerkollegen (eine gehört habe, an den Vorspann im World Wide Web veröffentlicht. Variante des Billards), der seine Das journalistische Denken in Be- Ivon Raumschiff Enterprise den- (…) Ein Blog ist ein für den Heraus- Spielerlebnisse und -analysen in zug auf Blogs setzte erst vor wenigen ken. Dort fällt nämlich das Wort Log- geber (= Blogger) und seine Leser Blogform verarbeitete, bekam er ei- Monaten ein. Werner Schuster star- buch. Ob diese beiden Wörter ir- einfach zu handhabendes Medium nen Gusto, selbst zu bloggen. »Ich tete im vergangenen Mai mit »Esels- gendetwas außerhalb meines assozi- zur Darstellung von Aspekten des ei- habe im Kalender immer Eintragun- ohren« seinen zweiten Blog. Es ist ierenden Hirns miteinander zu tun genen Lebens und von Meinungen gen über gesehene Filme, Theater- ein als »Investition in die berufliche haben könnten, blieb mir unklar – zu oftmals spezifischen Themen- aufführungen oder gute Snooker-Par- Zukunft« konzipierter Buchbespre- ART.IST.IN 30 NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07 chungsblog. »Es wir schon langsam da- ler Hinsicht noch in Kinderschuhen ran gedacht, mit Blogs Geld zu verdie- stecken. Des Rätsels Lösung, er zehre nen. Das kommt zwar noch bei 95 Pro- noch von seinem Fundus gelesener Bü- zent der BloggerInnen sehr schlecht cher und frische sich die Inhalte auf: an, weil sie Blogs als freie Medien se- »Die Einträge sind über tatsächlich ge- hen, die sich nicht von Werbung kor- lesene Bücher (daher rührt auch der rumpieren lassen sollten.« Sein Argu- Blogname Eselsohren, Anm). Frisch- ment gegen diese puristische Haltung fleisch ist natürlich auch dabei – ich lautet, dass sich bei Printmedien nie- lese ein, zwei Bücher die Woche.« Die- mand an Anzeigen stoßen würde. ser Blog verbucht zurzeit täglich an die Fünf Buchbesprechungen pro Wo- 140 Zugriffe. Sein Blog »Werners Dei- che stellt die Leseratte Schuster ins nungen« (Deinung ist eine Anspielung Netz. Die anfängliche Schlagzahl von an Harry Rowohlts Rubrik in der deut- sieben Rezensionen die Woche konnte schen Wochenzeitung »Die Zeit«) wird er nicht lange halten. So scheinen dagegen weniger frequentiert, trotz- selbst noch eine Handvoll ein irres dem gibt es dort einen absoluten Quo- Pensum zu sein, wenn man bedenkt, tenhit – die bis dato sechsteilige Serie dass der freie Journalist zum Broter- »Ausmisten – Aufräumen«. »Viele Leu- werb anderen Jobs nachgehen muss, te stoßen über Suchmaschinen auf die- da seine »Eselsohren« in kommerziel- se Einträge. Es ist anscheinend nicht nur mein Problem«, meint Werner INFOSchuster, der sich mit dem Hinweis, Werners Deinungen: ins Freibad zu gehen, verabschiedet: http://werners.wordpress.com »Ich brauche Erholung, ich räume ge- rade die Wohnung um. Viertausend Die professionellen Buchbesprechun- Bücher hängen sich an.« gen des Kulturjournalisten: www.eselsohren.at Reinhold Schachner

aus: Werners Deinungen G N A L O I Juli 2, 2007 / Der Kultur-Kyniker R A M

: O Abgelegt unter: Glossen, Kommentare — T O werners @ 8:25 nachmittags F Blogeintrag von Werner Schuster: »Bin weder Arzt noch praktiziere ich Doktorspiele« it News-Kulturchef Heinz aus Mega und Kacke. Dass man sich scheint Hintergrundwissen zu ver- rektor bestellt wurde, obwohl seine Sichrovsky erlaube ich mir als Kulturjournalist entweder ernst mitteln, ist ein bisschen witzig und Mutter ÖVP-Abgeordnete gewesen Mgerne folgenden Spaß: Er nimmt oder bei/für »News« arbei- hat sogar eine Schlusspointe. Er, und er außerdem vom schwarzen wohnt in derselben Straße wie ich tet, hätte ich geschrieben. also der Kommentar, handelt vom Vorgänger der roten Kulturministe- und jedes Mal, wenn ich ihm be- Aber erstens weiß ich ja gar Sänger Neil Shicoff, der schlussend- rin vorgeschlagen worden sei, und gegne, grüße ich ihn wie jemand, nicht, wohin sich die »We are most lich doch nicht Staatsopern-Direk- das alles vielleicht nur, weil Gusen- den er kennen müsste. Und der Ky- new than new«-Postille entwickelt tor geworden ist, obwohl oder weil, bauer ein Umfaller-Kanzler ist, war niker (d. i. ein Anhänger der Selbst- hat, seit die Gebrüder Fellner das meint Sichrovsky, sich Bundeskanz- und sein wird, – das kann, muss genügsamkeit, was ich selbst erst Schiff verlassen haben, das vor lau- ler Alfred Gusenbauer für ihn stark aber nicht wahr sein. Schließlich jetzt auf der fehlgeleiteten Suche ter Eigenlob so entsetzlich gestun- gemacht hat. sind das bloß als Tatsachen ausgege- nach einem schmückenden Bei- ken hatte, dass es dieses Odeur Allerdings: Dass bei der Nicht-Be- bene Mutmaßungen, Meinungen, wort herausgefunden habe; Anm.) schwer losbekommen wird (– die stellung auch ausschlaggebend ge- die sich mit einem Insider-Nimbus unter den Feuilletonisten tut immer Gebrüder machen jetzt selbstre- wesen sein könnte, dass Shicoff schmücken. Und der Insider arbei- wieder so, als würde er diesen auf dend die beste Tageszeitung). Weil Sohn eines Kantors von der Ostküs- tet bei einem Blatt, dessen heiße schlecht gekleidetes Understate- ich unendlich froh bin, es nicht te sei, hätte sich Sichrovsky auch Storys sich, jedenfalls zu meiner ment machenden Top-Super-Wich- mehr durchblättern zu müssen, sparen können, weil er da voller Zeit als Redakteur, bei einer Kurzre- tigen wiedererkennen. seitdem ich nicht mehr Redakteur Ressentiments gegen Ressenti- cherche stets als unbestätigte Ge- Aber Scherz beiseite: Eigentlich bin und der Chefredakteur (der das ments auftritt. Weiters ist es nicht rüchte herausgestellt haben. wollte ich es dem Kyniker mal so Fellner-Produkt bekennenderweise besonders originell, um nicht zu sa- Aber da bleibt ja kein Argument richtig reinsagen, nachdem ich ent- ablehnte und trotzdem stets druck- gen langweilig, dass Sichrovsky in übrig von diesem guten Kommen- deckt hatte, dass im aktuellen mor- frisch kaufen ließ) mich nicht län- den hämischen Chor aller ein- tar, denke ich jetzt, da ich meinen gen (einem Kulturmagazin, das sich ger anbrüllt, warum wir denn diese stimmt, die Gusenbauer sogar als letzten Absatz lese! – Schade, da- auch versorgungsposten-mäßig heiße »News«-Story schon wieder Umfaller hinstellen würden, wenn bei hätte ich so gern mit meinem ganz und gar dem Bundesland Nie- nicht ebenfalls im Blatt hätten. ihn die Unterwelt offiziell als Steher Spiel aufgehört und dem Kultur-Ky- derösterreich widmet) ein Kom- Und zweitens komme ich vom anerkannt hätte (– in Österreich be- niker bei unserer nächsten Begeg- mentar von ihm abgedruckt wor- Thema ab. Denn Heinz Sichrovsky kommt jeder Bundeskanzler ein Eti- nung verraten, dass ich gar keine den ist. Dass Arroganz heutzutage hat, so glaube ich beim Überfliegen, kett verliehen, das er nie wieder los Celebrity bin, sondern bloß ein leider nicht mehr vor dem Fall einen guten Kommentar geschrie- wird, da kann es noch so nicht stim- Journalist, von welchem allerdings kommt, hätte ich geschrieben. Dass ben (– ich hoffe, das bloße »gut« men). Und dass der Dirigent Franz dieses Lob hier sei. Aber vielleicht die kulturelle Welt auch aus Zwi- beleidigt ihn jetzt nicht): Er, also Welser-Möst jetzt von einer roten wäre das ohnehin böse ausgegan- schentönen besteht und nicht nur der Kommentar, wirkt fundiert, Ministerin als Co-Staatsopern-Di- gen. I ART.IST.IN NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07 31

Musikarbeiter unterwegs – mit Mika Vember und ihren Songs Lieder und Liebe MUSIK- Mika Vember spielt in der finden für den real existierenden Souveränität, mit der hier Englisch Band von Clara Luzia. Mit musikalischen Mist, der wenigstens geschrieben und gesungen wird. ARBEITER »Now Is Now« hat sie selbst niemandem wehtut. Wie gekonnt die Songs ihre Ge- UNTERWEGS ein exzellentes Album veröf- »Now Or Now« von Mika Vem- schichten erzählen und welche ber brauchte Zeit, bescherte dann Wendungen diese Geschichten mit- fentlicht. aber ein »Aha«-Erlebnis, das immer unter erfahren. Kein Wunder, im noch anhält. Immer noch geben die Gespräch erzählt Mika, dass sie Eng- zum »Knackpunkt«, mit ihren Lie- 13 Songs neue Aspekte preis, spar- lisch und Publizistik studiert hat: dern an die Öffentlichkeit zu gehen. sam arrangiert und doch voller rei- »Diplomarbeit steht aus.« Ein Aus- Eines der erstaunlichsten (»4 cher Details. Ein Album, das ein Ma- landssemester in Kanada und Zeit Lovers«) beginnt mit den oben zi- ximum leistet: Man kann und will als Au-Pair in den USA tragen dazu tierten Zeilen, und geht so weiter: anche Alben brau- damit Zeit verbringen. bei, dass die fremde Zunge, zu der »But tonight I´m going home with chen Zeit. Zeit, bis sie sie sich eine »intensive Beziehung« two boys.« Was heiter und leicht an- mit dem nötigen attestiert, wie selbstverständlich fängt, wächst sich zu einer bedroh- MNachdruck in den I´m A Lover Of Women … klingt und benutzt wird. Kanada half lichen Geschichte aus, die meister- CD-Player wandern. Bis die Ohren auch bei der musikalischen Orien- lich abbildet, wie schnell Situatio- bereit sind, zu hören, was wirklich Was reinzieht in die Musik von tierung. Spätestens als in der Cam- nen kippen. Traumwandlerisch si- drauf ist, was sich da wirklich ab- Mika Vember sind die Worte, die pus-Cafeteria jemand mit seinen cher balanciert Mika mit ihrer Band spielt. Bis man ein ober- Songs auftritt, der ihr be- (Alexander Nefzger, Börn und Mar- flächliches, unachtsam kannt vorkommt – es tina Winkler) – »mit diesen drei Leu- vergebenes »nett« (über- war der Koch der Cafete- ten ist das wirklich ein Traum, wir haupt das vernichtendste ria –, wird klar, dass ihre haben definitiv Spaß bei der Sache« Urteil, die niederschmet- eigenen Songs in die – heavy Momente und Leichteres, terndste Kritik, mit der Welt wollen. Für Mika, »Confessions Of A Scatterbrain (In man Musik abhandeln Jahrgang 79, in Nieder- Monochrome)« ist dabei nicht der kann) revidiert und sich österreich in »eine nicht einzige waschechte Hit. Von wegen nur noch wundert, wie aktiv musikalische Fami- »drei, vier Akkorde«: Mika Vembers taub und ignorant man lie« geboren, spielt Mu- Musik ist eine einfache, aber nie war. Natürlich – das hat zu sik von jeher eine große simple, eine sehr klare Musik, die tun mit der Ökonomie der Rolle. Mika: »Musik ist dadurch verblüfft, dass sie ihre logi- eigenen Aufmerksamkeit das täglich Brot, es geht sche Grammatik immer wieder neu und mit dem tröstlichen nicht ohne.« Mit 12, 13 und einen Tick anders einsetzt – Fakt, dass niemand immer war sie großer AC/DC- und der Sängerin Mika hört man 100 % »da« ist, die eige- Fan (yessss!), spielt in ei- gerne, sehr gerne zu. Inhaltlich geht nen Sensibilitäten gerne ner Metalband – »mit ei- es viel um die Liebe, was schon der Pause machen. Cause, af- genem Fanclub!« »Da- Opener des Albums, »Love = Scary« ter all, we´re only human. mals konnte ich zwei Ak- programmatisch klar macht. »She is Gäbe es nicht weit größe- korde auf der Gitarre, not afraid of fighting / in fact it´s all re, fatalere Ungerechtig- heute drei bis vier«, she´s ever done / and she´s not keiten, wär’ man versucht merkt sie an. Wegen ei- afraid of monsters / that is: as long vor der Plattensammlung ner Schulband, die keine as they are real«, heißt es da. Wenn niederzuknien, sich auch Sängerin findet, beginnt das Album herrliche 45 Minuten vor dem schwedischen sie zu singen, und die Er- später mit den Worten »And I do CD-Verstau-Möbel zu ver- kenntnis, dass eigene love you / yeah I still care / and I do neigen und aufrichtig um Lieder oft schneller und want you / to be here with me« en- Verzeihung zu bitten. Sich leichter geschrieben sind det, ist das ein schöner, stimmiger bei all der Musik zu ent- als andere Songs nachge- Bogen. »Love Is A Bitch, Mika« schuldigen, die dort voller sungen, hilft der heißt ein weiterer Song. Liebe? »Wir Sehnsucht wartet, erkannt Songwriterin Mika Vem- sehnen uns danach und wir haben und erhört zu werden. No- ber auf die Sprünge. Ein- alle Schiss davor, inklusive mir.« bel wär’ es, durch die Se- flüsse und Inspiration Rainer Krispel cond-Hand-Läden dieser kommen von Heldinnen Stadt zu ziehen, in ihren wie Ani DiFranco, Gilli- INFO Geruch nach alten Schall- an Welch oder der ver- platten einzutauchen und ehrungswürdigen Jolie Mika Vember »Now Or Now« (Asinella Records/Hoanzl) Abbitte zu leisten, bei all Holland. In Wien, wo sie www.myspace.com/mikavember den zu Unrecht verstoße- seit 2000 lebt, werden www.asinellarecords.com nen Tonträgern – und ein Clara Luzia und das Um- Live: 3. 9. Kulisse-Beisl, verzeihendes Lächeln zu (Fast-)Nahaufnahme: Mika Vember feld von Asinella Records 4. 10., Chelsea 32 NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07

Als Ösi-Gast beim elften Berbertreffen Nördlich der T Penntütengrenze

Der Arbeitslosen-Aktivist und Augustin-Au- erkehrte Welt. Auf der langen Fahrt nach T tor Peter Gach nahm Anfang Juli in Offen- Offenburg saß ich in einem Raucherabteil. burg (Baden-Württemberg) am 11. Berber- Eine Mitfahrende kam zu mir und fragte treffen teil. Sein mehrdeutiger Titel: mich, ob ich Feuer hätte. Nein, sagte ich »Klimawandel 07«. Allen war sofort klar, bedauernd, ich bin Nichtraucher. Sie war RaucherinV und saß in einem Nichtraucherabteil.Die dass die engagierten Berber – ein Stadt Offenburg liegt im Bundesland Baden-Württem- deutsches Synonym für den berg, im Regierungsbezirk Freiburg und im Landkreis

A österreichischen Sandler – auch die Ortenaukreis und hat ca. 59.000 Einwohner. Ich kam Verschlechterung des sozialen und politi- um 6 Uhr morgens an, folgte der Wegbeschreibung, schen Klimas im Sinn hatten. die mir Wolfgang Jeckel mitgegeben hatte, und fand ohne Schwierigkeiten das St.-Ursula-Heim. Hier wird obdachlosen Menschen Fachberatung angeboten, aber auch mehrmonatige Aufenthalte, stationäre Hilfe und betreutes Wohnen.Meine Ankunft

T war auch schon angekündigt. Ich wartete in einem Raum, wo drei Ber- ber anwesend waren, die allesamt rauchten. Berber nennen sich die nichtsesshaften Wohnungslosen in Deutschland, die in Wien als »Sand- ler« bekannt sind. Ich hielt den

S Rauch auf engstem Raum nicht aus und sah mir die nähere Gegend an. Das Wetter war nicht eben optimal dafür, aber Offenburg ist eine wun- derschöne Stadt, auch bei trübem Wetter. Ich kam pünktlich um 9 Uhr im St.-Ursula-Heim an und wurde von

K Wolfgang Jeckel begrüßt. Wir hatten uns in Brüssel kennen gelernt, beim 6. europäischen Treffen von Menschen mit Armutserfahrungen, und Wolfgang Jeckel war es auch, der mich zum 11. Berbertreffen eingela-

r den hatte. Mit der üblichen Verspätung der R Akademiker-Viertelstunde begann die u Tagung im Fidelisaal. Die Pfarrgemein- de St. Fidelis war seit 1637 ein Kapu- t zinerkloster und wurde nach dem Weggang der Kapuziner im a E Herbst 2002 neu errichtet. Die Tagung am Freitag fand in einem

r geräumigen, hellen und freundli- chen Saal statt. Es waren etwa 100 Leute gekommen, darunter e Sozialarbeiter, Soziologen, Pfar- rer, Mönche und natürlich Ber- t ber.

i Schon am ersten Tag war ich angenehm von der Organisation l und Qualität der Referate W LITERATUR-WERKSTATT NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07 33

überrascht. Treibende Kraft hinter den Berber- zusammenzubringen und die treffen ist Wolfgang Jeckel von der LAG (Lan- Teilhabe benachteiligter Bevöl- des-Arbeits-Gemeinschaft), selbst ehemaliger kerungsgruppen an Ent-schei- Berber, unterstützt von Roland Saurer, dem dungsprozessen zu ermög- Leiter des St.-Ursula-Heims, Rolf Bürger vom lichen. Ziel ist eine am BBI (Bundes-Betroffenen Initiative) Köln und Menschen orientierte Arbeit. Doris Kölz von BI (Betroffenen Initiative). Der partizipative Ansatz wird bei Planungen, Projekten und Programmen genauso vorausge- Für die Berber war »Partizipation« setzt wie Nachhaltigkeit oder ein Reizwort Gerechtigkeit. Es geht dabei da- rum, die Ausgrenzung durch Die Tagung stand unter dem Motto »Klima- strukturelle Nicht-Teilhabe wie wandel ’07: Partizipation statt Exklusion«, beispielsweise an Arbeitsmärk- also Teilhabe statt Ausgrenzung. Hier fiel mir ten oder durch den Ausschluss auf, dass einige Berber regelmäßig auf die Bar- von kulturellen Gestaltungsmög- rikaden stiegen und bis zum Plafond hochfuh- lichkeiten aufzuheben, um da- ren, wenn das Wort Partizipation ausgespro- durch sinnerfülltes Leben zu er- chen wurde. Es war, als ob für diese Berber möglichen. Partizipation ein Reiz-Fremdwort oder auch Politik habe dafür Sorge zu Veranstalter Jeckel (links) mit dem Autor Fremd-Reizwort wäre. Einige Berber verstie- tragen, dass mitfühlendes, ver- gen sich auch zu der Behauptung, das 11. Ber- ständiges Verhalten und die Fähigkeit der Ich war hundemüde und mir tat schon nach bertreffen sei kein wirkliches Berbertreffen Menschen zu Solidarität und Partizipation ge- wenigen Minuten alles weh, aber ich konnte gewesen. Womit es eine Kluft gab zwischen fördert werden. »Regieren bedeutet daher nicht und nicht einschlafen. Nein, ich bin den »authentischen« Berbern und denen, die nichts anderes als ständiges Nachdenken über kein Berber, und ich war todunglücklich. Allei- mit ihnen und für sie arbeiten. die Natur des Menschen« (Philosophisches ne der Gedanke, zwei lange Nächte unter die- Beim Abschlussplenum am Sonntag konnte Credo der Verfassung der USA). Hier sind wir sen widrigen Umständen verbringen zu müs- ich u. a. auch von meinen Erfahrungen aus alle gemeinsam, aber auch jeder Einzelne auf- sen, trieb mir den Angstschweiß auf die Stirn. meiner Teilnahme an der Kampagne »Sichtbar gefordert mitzudenken. Uns von Mal zu Mal Schon nach zwei Stunden hatte ich genug vom werden« berichten. Voraussetzung für die Teil- zu erinnern, ja einzufordern, gleichsam als Leben auf dem Boden, und so telefonierte ich nahme an »Sichtbar werden« war bzw. ist »schlechtes Gewissen« zu Wort zu melden, ist mit Wolfgang Jeckel, der aber schon zu Hause nicht nur die persönliche Armutserfahrung, das Gebot der Stunde. Ein solches Gewissen war, vier Kilometer weit von Offenburg weg. sondern auch die Erfahrung in Selbstorganisa- kann nicht nur die politische Szene, die durch So packte ich all meine Sachen zusammen, tion. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob ei- ihre Außenwirkung eine entscheidende Mit- ging ins St.-Ursula-Heim, wo rund um die Uhr nem Betroffenen gegenüber von Partizipation verantwortung am gegenwärtigen Politikver- jemand da ist, und gab die Schlüssel zurück. gesprochen wird, der bereits einen gewissen druss trägt, kräftig aufmischen, sondern es Als ich gefragt wurde, warum ich abreisen Level erreicht hat, oder mit einem Berber, der kann vor allem auch weitere Menschen ermu- wollte, sagte ich, dass ich es am Boden nicht noch zu sehr mit den elementarsten Proble- tigen, tatsächlich zu partizipieren – Anregun- aushalten würde, und so wurde mir ein klei- men der Selbsterhaltung zu kämpfen hat, und gen und Anstöße zu erfahren, die hinter das nes Zimmer im Heim angeboten, in dem es daher auch nicht selbst organisiert ist. Berber, Alltägliche schauen lassen und so Bedürfnisse auch ein Bett gab. aber auch Sandler, leben nun einmal in losen und Wünsche benennen zu können! Die Welt In aller Frühe rasierte ich mich und wollte und eher zufälligen Verbindungen, die einem sei nicht perfekt und werde es niemals sein, duschen, doch da lag ein Berber in seiner ständigen Wandel unterworfen sind und somit aber wir alle und jeder Einzelne seien dazu Penntüte und schlief. Also ging ich in den eine nachhaltige Identität bzw. auch Solidari- aufgerufen, an einer Verbesserung ihrer Speisesaal, wo ab 8 Uhr gefrühstückt wurde. tät (noch) nicht zulassen. Lebensbedingungen mitzuwirken. Lassen wir Kost und Quartier waren beim 11. Berbertref- Ein offensichtlich in Armut lebender Nicht- also nicht davon ab, auch wenn wir immer fen natürlich kostenlos, nur für die Fahrt Berber meldete sich zu Wort und prangerte wieder Zugeständnisse machen müssen. So musste jeder selbst aufkommen. an, dass Leute, die keine Wohnung haben, weit Frater Nepomuk. Das Frühstück entschädigte für vieles, denn mehr Geld zur Verfügung hätten, weil sie kei- es wurde viel gelacht. Der zweite Tag begann ne Miete und sonstige Fixkosten bezahlen mit Straßentheater in der Innenstadt von Of- müssten. Aus meiner Sicht ist das ein gewalti- Für die Bodenhaltung nicht geschaffen fenburg. Ich war mit einer Sozialarbeiterin ger Schuss ins eigene Knie, und ich wundere und einer ihrer Klientinnen aus Berlin unter- mich doch sehr darüber, dass es vor allem bei Am Abend erlebte ich eine herbe Ent- wegs und sah nun Offenburg am helllichten den SozialarbeiterInnen zu keinem Aufschrei täuschung, als ich in mein Nachtquartier ge- Tage. Das Straßentheater, bei dem nicht nur kam. bracht wurde. In unmittelbarer Nähe vom St.- Wolfgang Jeckel mitwirkte, sondern auch eini- Ursula-Heim befinden sich die Wärmestuben, ge Sozialarbeiter, aber kein einziger Berber, ein extra spartanisch eingerichtetes Quartier war eine ganz eigenständige Darbietung zum Die revolutionären Gedanken des für Menschen, die ein Leben am Boden und in Thema »Klimawandel und menschliche Karmeliter-Fraters »Penntüten« gewohnt sind. Es gab kleine Räu- Dummheit«. me, in denen jeweils ein Tisch mit vier Stüh- Nach diesen Anstrengungen gab es ein aus- Ein Höhepunkt aber war das Referat von Fra- len stand und sonst nichts. Kein Bett, kein giebiges Mittagessen und anschließend wurde ter Nepomuk, einem Karmeliter, mit dem Titel Schrank, vier Bilder von Kindergesichtern mit das Programm im Fidelissaal fortgesetzt. Jetzt »Partizipation in der Natur des Menschen – Tränen, und sonst gar nichts. wurden Statements von Basisvertretern zu den ethische und theologische Grundgedanken«, Na ja, zum Teil war es mein Fehler, weil ich Auswirkungen der Agenda 2010 (Armut, Ge- von dem beim 11. Berbertreffen nur ein Aus- Wolfgang Jeckel ja geschrieben hatte, dass ich sundheit, Wohnen, Arbeitswelt, Bildung, Parti- zug vorgetragen wurde. Demnach ist es die eine »Penntüte« (in der Sprache der südlichen zipation und Menschenrechte) gehalten. Aufgabe der Sozialarbeit, Menschen Bergstämme heißt so etwas Schlafsack) hätte. LITERATUR-WERKSTATT 34 NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07

Berberinnen und Berber sind verschieden sich, dass wir die Nacht ge- wie alle Menschen meinsam in meinem kleinen Zimmer verbrach- Im Anschluss daran kam es zu einer Plenums- ten und wir unterhielten debatte zum Thema Konsequenzen aus den uns noch lange über die sozialstaatlichen Veränderungen, Noch-Chan- Berber und den Rest der cen der Integration wohnungsloser Menschen Welt. und Ausbau der Partizipation sowie Herausbil- Beim Abschlussplenum dung eines eigenständigen politisch-sozialen am nächsten Tag lud Roland wie kulturellen Mandats Wohnungsloser. Die Saurer mich ein, über die Plenumssdebatte wurde schon bald zu einer Verhältnisse in Österreich Aktionsplattform der Berber umfunktioniert, und meine Erfahrungen zu und hier gab es zwei ganz unterschiedliche referieren, was ich auch ger- Entwicklungen. Einerseits gab es eine ergrei- ne tat. So also erzählte ich fend schlichte Berberhochzeit, wo die beiden von »Sichtbar werden«, von Heiratswilligen den Leiter des St.-Ulrich- Brüssel und vom Augustin. Heims, Roland Saurer, baten, ihren Bund des Die letzten Stunden in Of- Lebens zu vollziehen. Auf der anderen Seite Straßentheater im Rahmen des Berbertreffens fenburg waren bewölkt und gab es Berber aus einer anderen Stadt, denen verregnet, aber Offenburg es dort ganz und gar nicht so gut ging wie den ist eine wunderschöne Berbern in Offenburg und die unbedingt einen lernte ich neue Wörter bzw. neue Bedeutun- Stadt, wie gesagt auch bei trübem Wetter. Ir- eigenen Radiosender aufziehen wollten, um so gen kennen. So etwa das Wort »Kunde«: damit gendwie fiel mir der Abschied schwer, denn auf die Anliegen der Berber in der Öffentlich- ist jemand gemeint, der sich im Ort auskennt ich hatte hier viele interessante Leute kennen keit aufmerksam zu machen. und alle Schliche kennt, um überleben zu kön- gelernt und eine Menge bisweilen sehr tiefsin- Die Geschichte mit dem Radiosender und nen. Ein »guter Kunde« ist demnach ein be- niger Gespräche geführt. das Straßentheater boten mir am letzten Tag sonders guter Kenner der örtlichen Gegeben- auch die Gelegenheit, im weit entfernten Of- heiten. In der Pause spielte ein mutmaßlicher fenburg vom Augustin zu erzählen. Berber spontan mit der verstärkten Gitarre der Text des Folders zum 11. Berbertreffen Berber sind also durchaus Menschen wie Gruppe Lino Battiston und sang dazu. andere auch. Es gibt eher angepasste Berber, Zuletzt gab es einen Auftritt von Christine Das 11. Berbertreffen hat sich dieses Thema aber auch völlig unangepasste. Es gibt junge Lauterburg aus Bern, die mit Geige, Jodeln »Klimawandel« gewählt, weil alle Welt davon Berber und alte Berber. Es gibt natürlich auch und Gesang einen Mix aus schweizerischem spricht. Auch wir sprechen davon. Nicht nur Berber und Berberinnen. Es gibt allein stehen- Dialekt und alpenländischer Sinéad O´Connor im Sinne des Klimawandels von de Berber und Berber im Zweierpack. Es gibt darbot. Sie verwendete u. a. auch eine bunte Erderwärmung bis zu Wetterveränderungen, Berber mit Hund: zwei Berber waren da mit Mini-Quetsche und faszinierte mit der souve- sondern wir stellen einen verschärften sozia- Uralt-Motorrädern samt Anhänger, in denen ränen Beherrschung der verschiedensten len, kulturellen wie politischen Klimawechsel Hunde eingepfercht waren. Besonders erschüt- Stimmlagen, so etwa bei einem ganz toll gejo- fest. Es sind die politisch-sozialen Korrekturen tert aber hat mich der Anblick einer ganz jun- delten Liebeslied. Eine Berberin meinte nach- und Reformen, die einen gesellschaftlichen gen Berberin mit einem total ausgeflippten träglich, sie wäre zwar ein absoluter Hard- Klimawandel erzeugt haben. Es sind die Ten- Kinderwagen. Berber sind vor allem auch Indi- rockfan, aber die Christine Lauterburg hätte denzen, gesellschaftliche Gruppen weiter an vidualisten. sie vom Hocker gerissen. den Rand zu drängen. Nach dem Abendessen gab es im Fidelissaal An diesem Tag sprach ich oft mit Anselm, Früher hieß es, Armut versteckt sich, doch zwei kulturelle Darbietungen: Die Gruppe einem vor Jahren ausgewanderten Wiener, der hat die Armut in vielen Bereichen unseres All- Lino Battiston aus dem Saarland brachte Lie- kein Berber ist und von manchen Leuten für tags sichtbar zugenommen: Bettelei, Kinder- der von Vagabunden und der Landstraße. Hier einen Sozialarbeiter gehalten wurde. Es ergab verwahrlosung, Straßenkriminalität, Einkaufs- stellen für Arme in Form von »Tafeln«, Arme und Ausgegrenzte als Symbole im öffentlichen BESTELLSCHEIN Raum. Daneben der maximale bis absolute Reichtum: Luxus-Autos, Kleidung, Schmuck, für ein AUGUSTIN-Abo (25 Ausgaben) Schickeria, Besitz, Medienmacht, Menschen mit Geltung und Einfluss. um 70 Euro Geschenkabo ab 70 Euro Können Kirchentage, Gewerkschafts- Förderabo ab 90 Euro kongresse, Parteitage, Runde Tische gegen Er- werbslosigkeit und soziale Ausgrenzung, Akti- Name: ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– onstage, Solidaritätsfonds, Proteste gegen Ex- klusion und Prekarisierung, Stadtteilarbeit u. Adresse: ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– a. für mehr Gerechtigkeit sorgen? In den Ein- DIE ERSTE richtungen, den Ämtern, auf Tagungen, auf ÖSTERREICHISCHE PLZ: –––––– Ort: –––––––––––––– Tel.: –––––––––––––––––––––– Kongressen, in Fachausschüssen auf Bundes- BOULEVARDZEITUNG und Landesebene? In Berlin und Brüssel? Die Rechnung Wir wissen, dass dort wo Unterdrückung geht an: Name & Adresse: ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– und Leid ist, auch das Rettende wächst! Wie? In Form von Ideen, Aktionen, Netzwerken, (Nur bei Geschenkabo menschlicher Nähe, die einladend sind und ausfüllen) –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– die ein Klima von Partizipation erzeugen wer- –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– den. Einsenden an: AUGUSTIN Mostgasse 7/3; 1040 WIEN ABO-Tel. 587 87 90/Fax 587 87 90-33 I LITERATUR-WERKSTATT NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07 35

Dreizehnter Zehnter Nullsechs Schwerenöter als Kavalier

o viel Fülle auf einmal muss auch erst wir Broschüren anbieten. Den größten Spaß nach einer gewissen Zeit verdaut werden, ehe sie ihre heilsame haben freilich immer wir vom Gesangstrio, genussvoll ver-brachter LOSTAGE Wirkung in mir entfaltet. Die Fülle ei- wenn wir uns selbst hören. Gemeinsamkeit bald vom Hömals intime Ta- Sner inneren Natur meine ich, denn Nach dieser geistlichen Pflichtübung kam unwiderstehlichen Drang gebuchnotizen, die äußerlich materiell-finanzielle dürfte mir eine nicht minder schwere auf mich zu. Die getrieben wird, endlich chronologisch »ge- doch lebenslang verwehrt bleiben, wer weiß, zwei netten Dänen sind dem Augustinprojekt wieder in die gewohnte ordnet« nach dem wozu das noch gut ist. Auch entspricht es sehr gewogen, kaufen mir auch immer die Einsamkeit zu flüchten, Zufallsprinzip – meinem zur Askese und Einfachheit tendie- Zeitung ab, sie können ausgezeichnet begann ich mich schon durch Losentschei- renden Charakter, nicht überfüttert und über- Deutsch. Die Opernsängerin und nebenbei gähnend zu langweilen. de in der häuft zu werden mit allen Freuden des Dies- auch Schauspielerin einer Theatergruppe der Meine Partnerin wurde AUGUSTIN-Schreib- seits, was sich leichter sagt, als es getan wird. VHS, wollte mit mir das Abschlussfest von F- von den Sitznachbarn so werkstatt Denn in dieser großen, reichen Stadt schneit 13 im Amerlinghaus besuchen, der Herr Ge- köstlich unterhalten, da es pausenlos und dicht Verlockungen, Genüs- mahl hatte keine Zeit oder Lust dazu. überlegte ich schon hin und her, sie dem la- se und Vergnügungen auf mich nieder. Leider Eine höchst ungewohnte Aufgabe für mich chenden Kreis zu überlassen, der ihr sicher bin ich ein sehr willensschwacher Mensch, alten Schwerenöter, Kavalier einer hübschen nix Böses getan hätte. der zu fast allem Nein sagen kann, außer zu Dame zu spielen, die ich in meinen solidari- Aber höhere Mächte, sprich der Pro- einer Versuchung. schen Freundeskreis einführen sollte. Da war grammablauf, nagelten mich noch einige Zeit Aber jetzt, im abendlichen Rückblick auf ich recht gehemmt und wortkarg, denn ihre auf der Bank fest. Mein schlitzohriger, hoch- einen sehr gelungenen Nachmittag, bin ich weiblichen Reize lassen mich keineswegs intelligenter und sensibler Chorkollege, ein es doch zufrieden, mit herzerfrischenden Be- kalt, möglicherweise ist es umgekehrt genau- echter Hammer, hat auf einem dieser moder- gegnungen beschenkt worden zu sein, wel- so, da sie ja eine sensible, sinnliche Künstle- nen Fotoapparate, ich glaube, diese Dinger che viel zu meinen viel zu lockeren Bezie- rin ist. Aber wir vermieden es klugerweise, heißen Digitalkameras, Fotos aus der Szene hungen beitragen können. Zuerst gab es das, mit dem Feuer der Erotik zu spielen, das geschossen, die mittels Beamer auf die Wand schon seit einiger Zeit, im heißesten Sommer konnte man ja ihrem fröhlichen geworfen wurden. Da wurde auch meine We- wie kältesten Winter gleichermaßen prakti- Gitarrenmann nicht antun! nigkeit in unbestechlicher Leibhaftigkeit fest- zierten Freisingen im Resselpark mit zwei Endlich am Ort des wilden, ausgelassenen gehalten, was mich irgendwie schockierte, Heilsarmeegeschwister aus Dänemark. Er ist Treibens angekommen, wurden wir glückli- denn ich war auch schon schöner! Da sah ich ein gelernter Bluesgitarrist, sie hat eine tolle, cherweise von der anwesenden Kollegen- mich auf diesem schwarzweißen Foto aus ausgebildete Stimme und entspricht schon schaft der Projekte Chor und Fußball in Be- den Fünfzigern, vollrund dorthin grinsend, rein äußerlich einer Opernsängerin, weshalb schlag genommen, wo ich mit unterschiedli- wo ein Vogerl herauskommen sollte. Ja ja, der ich sie gerne Diva nenne. Diese Kirche ist ja chem Erfolg beteiligt bin. So wurden mir Zahn der Zeit und die Verwitterungen des Le- bekannt für ihre Straßenmission, erkennbar peinliche Gesprächspausen erspart, die bens hinterlassen unlöschbare Spuren, wel- an ihren Uniformen, was keineswegs gewiss entstanden wären, wäre ich an che nur die Reichen teilweise wegwischen meinem Geschmack entspricht, da bleibe ich diesem Festabend Alleinunterhalter meiner können, Stamm-kundschaft der lieber ziviler Freund und beteilige mich ger- charmanten Begleiterin geblieben. Da ich Schönheitschirurgen. ne an jeweils einer Stunde Singen freitags, nichts weniger als ein Partytiger bin, der Endlich war diese Show zu Ende und mei- weil wir drei hervorragend harmonieren. ne hübsche Begleiterin musste heim zu Freilich geht mir bei manchen religiösen Mann und Kindern. Der willkommenste Liedern gerne die Luft aus, wo laut Blatt Anlass für mich, der drohenden Gitter- die Töne in die Länge gezogen werden bettsperre zuvorzukommen. Abschieds- müssen, während die Netrebko der Heils- küsschen auf ihre beiden angenehm wei- armee noch problemlos fortschallt. Entzü- chen Wangen und jeder ging seines We- ckend ist es aber immer, wenn die Nord- ges. frau das »st« und »sp« wortgetreu singt, da Eigentlich könnte ich mich, angesichts muss ich still in mich hineinschmunzeln. dieser positiven Erfahrung, durchaus da- Heute, an einem der großen Feiertage ran gewöhnen, in weiblicher Begleitung des Augustinkunstwerkes mit diversen einige Feste zu besuchen, das würde einfallsreichen Aktionen zugunsten einer mein nervöses Sitzfleisch beruhigen und kommenden Öffifreifahrt für Obdachlose straffen, aber einem solch süßen Traum und Unter-schichtler, währte unser Auftritt laufe ich schon lange nach, er weigert nur kurz, denn vor der Karlskirche machte sich leider, Wirklichkeit zu werden. Das uns eine junge Popband übermächtig Kon- ist schon sehr ernüchternd, muss kurrenz, die warben da für ihre neue CD. dennoch ertragen werden, denn mögli- Neidlos bestätigten wir ihr Talent, hörten cherweise ist meine Zeit schon vorbei, auch ein bisserl zu, die Welt hat es halt das Liebesleben bis zur Neige auszukos- lieber ohrenbe-täubend laut, als dass sie ten. Wie auch immer und alles offen ge- unseren ernsten, schönen Kirchenliedern lassen, hat mir dieser unerwartet erfüllte lauschte. Nächste Woche wird es schon Nachmittag Appetit auf baldige Wieder- wieder den Normalzustand geben, da blei- holung gemacht. ben dann auch Passanten stehen, denen Hömal LITERATUR-WERKSTATT 36 NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07

Mit dem Esel nach Santiago – Protokoll einer Vagabondage »Und das Wetter?«

Engelbert »Der mit dem Esel geht« Zöchling uerra en todo el mundo – chubas- Pferd mit langen Ohren hinlegt! Nach voll- cos en galicia … Da standen Fri- brachter Tat gelingt es uns, der Stute das Re- ist aufmerksamen LeserInnen längst pon und ich und unsere Begleiter, servehalfter umzulegen und wir geben sie im bekannt. Seine oft monatelangen mediterra- Gder ostdeutsche Vagabund Dorf ab. nen Wanderungen mit dem Esel haben hier Karlheinz und sein Haflingerwallach, nun Wir traben 15 km weiter bis Becerrea. Au- schon oft Niederschlag gefunden. Die aus oben auf dem Feierberg O Cebreiro und ßer Eukalyptusbäumen gibt es dort Farnkräu- seiner Sicht schönste Tour liegt schon lange schauten auf die hellblauen und grünen gali- ter, ein Zeichen, dass dieses Land nicht an zurück: Mit Fripon, dem Esel, durch zischen Hügeln hinunter mit einer gewissen Wassermangel leidet. Und tajo, sprich Südfrankreich und Spanien bis Santiago de Traurigkeit, denn nur noch 135 km, dann ist taischo, eine fette stachelige pflanze, die sich Compostela. Hier der letzte Teil des Reiseta- der Weg nach Santiago zu Ende, und jeder wild ausbreitet und von den Bauern als Streu Eselfreund weiß, dass 135 km nur mehr drei- verwendet wurde, mit Dreschflegeln mürbe gebuchs des Augustinverkäufers Engelbert mal umfallen bedeutet. Ich begann die These geschlagen – ein sehr aufwendiger Prozess, aus dem Sommer 1995. »El camino es la meta – Der Weg ist das Ziel« der dann allerdings zu gutem Dung führte. In zu verstehen und langsam ging es Richtung Becerrea sprach uns eine Bäuerin in Deutsch Saria hinunter. »Tochter«, krächzte die hun- an und sagte, dass sie eine Eselstute zu de- dertjährige galizische Bäue- cken hätte, wozu sich Fripon sofort bereit er- BLITZSTEINS DONNERGROLLEN rin von ihrem Winkel hin- klärte. Außerdem spannten wir ihn zum ers- ter den Ofen hervor, »was ten Mal vor einen Karren, um Gras vom Feld erzählen sie im Radio?«, zu holen – es funktionierte sofort perfekt. und die Tochter schreit zu- Das ist das Schöne bei Eseln: Ist eine Basis rück: »Krieg in der ganzen von Vertrauen und Sympathie da, kannst du Welt!« »Gut, und das Wet- mit ihnen alles machen. Ich habe mit meinen ter?« »Wolkenbrüche in Eseln sogar Schach gespielt, und sie haben Galizien!« In diesem galizi- mir ebenso wie die Ziegen alle Figuren schen Bauernwitz ist die gefressen – kein Wunder, sie waren aus ex- Mentalität der Leute hier zellentem Holz! schnell beschrieben. Galicia hat riesige Euka- lyptuswälder, die gesamte Worüber Wölfe lachen: Hundewitze Atlantikküste der iberischen Halbinsel ist Weiter durch kuhfladenvolle Straßen. Fripon voll davon. Von der Ferne benahm sich schon wieder komisch. Schon sehen sie wie riesige wieder eine deckungswillige Stute in der Brennnesselwälder aus. Sie Umgebung? Diesmal nicht. Sechs sind so dicht gepflanzt, Prachtexemplare des Canis lupus, auf gut dass auf 10.000 Quadrat- Deutsch Wölfe, standen auf einer Anhöhe. meter 7000 Bäume Platz Na Freunde, fragte ich, was treibt ihr denn haben – pflegeleicht kann da oben? Der schlagfertigste der Wölfe ant- man sie alle 15 Jahre um- wortete: Wir erzählen uns Hundewitze! sägen und sie wachsen von Dann lasst einmal hören! Es geschah, begann selber wieder nach. Min- der Wolf zu erzählen, in der süditalienischen destens dreimal hinterei- Stadt Potenza. Die alten Omis rannten zum nander kann man diese Bürgermeister und beschwerten sich über Wälder so »ernten«. die Hunde, die an jeder Ecke sich – drücken Da beginnt Fripon ganz wir es höflich aus – lieben. Was soll man den nervös zu werden. Was ist Kindern sagen, die uns fragen, was die Hun- da los? Sind Wölfe in der de da tun? Die Hunde sind eine sittliche Ge- Gegend? Nein, da steht fahr für die Jugend! Der Bürgermeister ver- eine rossige Haflingerstute sprach Abhilfe im Sinn der Erhaltung der mo- vor uns. Kein Mensch zu rale pubblica. Die municipali mussten alle sehen weit und breit, kein Hunde einfangen und ihnen die Eier abzwi- Halfter und nichts! Wir cken. Diese wurden in einer Ecke Hinterzim- entladen Fripon und lassen mer des palazzo municipale vergessen. Fünf ihn ans geschlechtliche Jahre später kommen die Freunde von Peppo- Werk. Falls die Stute ange- ne, die immer Bandiera Rossa singen und nommen hat, würde ich Bella Ciao. Ein in Ehren ergrauter Partisan gerne das Gesicht des Bau- erhob bei einer der Parteiversammlungnen ern gesehen haben, als die Stimme: Wir wissen, was die Reaktion (in ihm seine Haflingerstute Potenza hatten die Christdemokraten die vor- ein Jahr später ein besseres letzten Kommunalwahl gewonnen) mit den LITERATUR-WERKSTATT NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07 37

Hunden angestellt hat! Was uns Arbeitern ge- Das Verkehrsaufkommen wird immer lästiger, das ganze Jahr dasselbe Gewand. Die ärme- fällt, darauf haben die Hunde ein Recht! Rie- die Leute fahren rücksichtslos und Karlheinz ren Pilger legten sich gleich in der Kathedrale senapplaus. Der neue Bürgermeister, ein Ge- hat Schwierigkeiten mit seinem Haflingerwal- zum Schlafen hin. Wenn dann die Sonntags- nosse, ordnete an, alle Hunde wieder einzu- lachen. Da lob ich mir jeden Esel. Die Esel messe war und die oberen Galerien von fei- fangen. Aus dem Hinterzimmer wurden die sind bekannt dafür, dass sie über den Tumult nen Näschen der oberen Schicht besetzt wa- Eier wieder hervorgeholt und den Hunden der Städte lachen – Hiob, Kapitel 38 und 39. ren, stiegen allerhand Düfte hoch: Da roch es angenäht. Wenn zwei Hunde sich treffen, be- Ab Monte del Gozo, wo man nur mehr sechs nach Ziegenkäse und Ziegenbock, nach Quar- schnüffeln sie sich hinten. Der Fall aus der Kilometer nach Santiago hat, kann man den gel. Eine Zumutung für ihre Majestät, die Kö- Stadt Potenza lehrt uns, was diese Hundeges- Anblick des Wallfahrtsorts schon genießen. nigin! Da musste Abhilfe geschaffen werden – te bedeutet: »Haben sie dir vielleicht Auf der bepflasterten Calle San Pedro geht und so kam es zum 50 kg schweren Rauch- m e i n e Eier angenäht?« das Spektakel los. Die Pilger lassen die Stöcke werfer = Botafumeiro, der kräftig hin und her In jedem galizischen Dorf stehen zig horre- aufklatschen, man kann sich das Geräusch schwingend durchs Hauptschiff flog und für os, das sind Getreidespeicher in länglicher vorstellen, das entsteht, wenn bis zu 60.000 die nötige Desinfizierung sorgte. Form, welche auf sechs Säulen stehen. Diese Pilgerstöcke im Schritt-Takt aufs Pflaster Angekommen in Santiago möchte ich Gott Säulen sind mit flachen großen Steinen trommeln. danken, denn wem Gott will rechte Gunst begrenzt, auf denen der Speicher sitzt. Eine St. Jakob im Sternenfeld – Santiago de erweisen, den schickt er in die weite Welt. Ratte oder eine Maus kann zwar eine Beton- Compostella! Welche Kirche kann sich schon Und ich will meinem Esel Fripon danken. oder Holzsäule senkrecht hochlaufen, den rühmen, über einen 50 kg schweren aufge- Durch ihn habe ich in einem Jahr mehr ge- Stein kann sie aber nicht überwinden, und hängten Weihrauchkessel zu verfügen, wel- lernt als in 10 Jahren Schule. wirklich schlafen wir eines Tages unter cher sich schon bei mehreren Gottesdiensten Karlheinz zieht weiter Richtung Portugal, einem horreo und können Ratten beobach- losgerissen und mehrere Pilger erschlagen Fripon und ich begeben uns Richtung Atlan- ten, welche in einer art movimento perpetua- hat! Ist aber weiter nicht schlimm, am nächs- tik, nach Neigreiro, wo wir das Glück haben, le hochlaufen und runterfallen, stundenlang, ten Tag kommen ja wieder 60.000, so dass eine Wiese voller Disteln zu finden – Fripons wie Hamster. keiner fehlt. Wie kommt dieses Ding in die Endiviensalat. Wir nähern uns Santiago de Compostela. Kathedrale? Ursprünglich trugen die Leute [email protected]

Ausländer untereinander / Auf der Durchreise Wie Attar ein Sufi wurde Auf meiner Reise durchs Leben, auf meiner Wanderschaft, bin ich etwas müde und hab´ keine Kraft. Ein alter Mann sitzt vor seinem Haus und flüstert mir ganz leise: »Wo geht sie hin, deine Reise? it einer Sängerin hatte angehaltenem Atem. »Ich habe von Nimm doch ein wenig Platz, ich am »Abend des At- ihm die Heiligenbiografien frühislami- du bist ja ein besonderer Schatz.« tar« ein recht erfolgrei- scher Mystiker gelesen – und die Ich frage: »Warum hast du auch so wenig an Habe?« Mches Programm gestaltet »Konferenz der Vögel«.« »Ich bin ja auch nur auf Durchreise und brauche nur das, – ich hatte einen Strauß Blumen in »Wissen Sie, wie Attar Sufi gewor- was ich trage.« der Hand, als ich in das Taxi stieg. den ist?« Er gibt mir zu trinken und Speise, »Woher kommen Sie?«, fragte ich »Nein,« antwortete ich. stellt fest: »Du bist ja auch schon sehr weise! den asiatisch aussehenden Chauffeur. »Ein Apotheker war in jener Zeit Ich hab´s mir fast gedacht, du hast Regen mitgebracht. »Vom Parkhotel.« Er war nicht all- auch jemand, der Parfums verkaufte. Sei wieder bereit für die Sonne! zu großzügig mit seinen Informatio- Eines Tages kam ein in Lumpen ge- Hier – ein Stein als Talisman von mir zum Lohne.« nen – ich wusste natürlich, dass der hüllte Sufi zu ihm und wollte etwas Sein Lächeln zieht sich faltig bis hinters Ohr und er sagt: farbige Ausländer in dieser österrei- kaufen. Während Attar das bestellte »Du hast ja noch vieles vor. chischen Stadt durchaus unerwünscht Pulverchen aufs Genaueste abwog, Sei bloß immer achtsam und auf der Hut, war. fragte der Kunde, wie der Apotheker meide das, was dir nicht tut gut. »Ich komme aus Holland«, gedenke, jemals sterben zu können, Du hast ja viele Reisebegleiter, probierte ich es noch einmal. wenn er sich so genau an den und so kommst du stetig weiter. »Aber die Blumen nicht, oder irdischen Dingen festhalte. Ist der Weg manchmal auch voller Steine, …?« »Wie würden Sie das denn nach vorne tragen dich dennoch deine Beine. Nun wusste ich sicher, dass er ei- machen?« Und wenn´s mal gar nicht mehr geht, ner war. Der Mann legte sich auf den Bo- lass dich von jemandem über den Abgrund tragen, Dennoch habe ich aus ihm heraus- den und starb auf der Stelle. keiner wird sich dem entsagen!« bekommen, dass Persien sein Vater- »Von diesem Augenblick an war Etwas traurig lausche ich dem weisen Mann land ist – woraufhin ich ihn fragte, ob Attar ein Sufi«, sprach der Taxichauf- und frage unter Tränen: er den Dichter Attar kenne. feur, während er dem Lenkrad vor »Glaubst du, dass ich das alles so gut kann?« »Wenn Sie als Europäer die Welt dem größten Museum der Stadt einen Für Stunden gewährt er mir Zwischenstation, Attars kennen, dann ist das etwas an- sicheren Ruck gab und einem entge- dann breche ich auf deres …«, erwiderte der Mann. genkommenden Wagen um ein Haar und meine Reise nimmt wieder ihren Lauf. »Ich weiß, dass Attar »Apotheker« zu entweichen verstand. Heidemarie Ithaler-Muster bedeutet«, sagte ich mit Ruud van Weerdenburg WERKSTATT-INFO 38 NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07

Didi Sommer LITERATUR-WERKSTATT NR. 208, 1. – 15. AUGUSTIN 07 39 Heute getrunken: Viereinhalb Liter

14. 7. glauben, dass in Wien einem Schwarzen nur nem Tod führte. Eine Es ist Samstag, und die Dinge stehen heiß wird, wenn er einen Polizisten sieht. Ironie des Schicksals. schlecht. Also in Bezug auf Freizeit und ihre Der verwichene Winter TAGEBUCH Gestaltung. Leider kostet der geringste 18. 7. war derart milde, dass EINES Kunstgenuss schlicht und ergreifend zu viel Obwohl wir diese Woche schon um 6 Uhr kein Wohnungsloser er- Geld. Wenn man von durchschnittlich 15 früh mit der Arbeit beginnen, schwitzen wir frieren musste. Dafür AUGUSTIN - Euro Eintritt ausgeht und dann noch die ver- uns einen Wolf. Rettung kommt in Form von stirbt im Sommer einer rückten Preise für alkoholfreie Getränke in Mineralwasser, das uns von den Chefitäten von uns an Hitzschlag. VERKÄUFERS Betracht zieht, dann bleibt man lieber gleich gratis zur Verfügung gestellt wird. Ich habe daheim. Kleines Beispiel. 1 Bier: 3,20 Euro. heute 4,5 Liter getrunken und war überra- 1 halber Liter Almdudler gespritzt 4,40 schenderweise nur einmal am WC. Die Tem- 21. 7. Euro. Was soll das?! Warum ist alkoholfreies peratur muss ich schätzen, da ein Schleier Der SV Gablitz veranstaltet ein Gedenktur- Trinken um so viel teurer?! Und im nächsten aus Wasser und Salz meine Augen trübt. nier für unseren Emeka Jones. Wir spielen Moment herrscht dann scheinheiliges Weh- Aber es dürfte sich um gefühlte 38 Grad Cel- 30 Minuten gegen ein Allstar-Team von Ga- klagen ob des jugendlichen Komasaufens. Ich sius handeln. Die Frau, die im Radio wohnt, blitz. Die ehemaligen Landesligaspieler schi- persönlich bevorzuge derzeit »Dreh und spricht heute auch so seltsame Dinge. Sie cken uns mit 1:5 wieder heim. Das macht Trink«, also Wasser aus der Leitung. sagt, dass es heiß sei. Woher hat sie bloß die- aber nichts. Wichtig war, dass die Mann- se Ideen? Ständig erzählt sie etwas darüber, schaft sich als eben solche zeigte. Schade ist 15. 7. wie man sich im Büro vor der Hitze schützt. nur, dass inzwischen kein einziger Schwar- Sonntag. Wieder ein Tag des Herrn. Und Jetzt einmal Klartext. Liebe Radiomoderato- zer mehr dabei ist. Warum auch immer. während ich so regelmäßig wie möglich rInnen! Nicht jeder Wiener, respektive Ös- Schweiß absondere, fällt mir eine Geschichte terreicher arbeitet im Büro. Was ist mit 22 .7. ein, die unbedingt niedergeschrieben wer- Dachdeckern, Asfaltierern, Gärtnern, Man mag es kaum glauben, aber ich schwit- den muss. Es ist ja so, dass die katholische schlicht mit allen, die im Freien, oder wie ze. Und mag mein Schlafgemach gar nicht Kirche über akuten Priestermangel klagt. So wir in Blechhallen arbeiten müssen?! Die verlassen. Aus diesem Grunde bemühe ich weit, so unheilig. Aber nun kommt Hilfe aus Hitze ist keine Ausrede dafür, dass auch bei das TV, um ein wenig Zerstreuung zu finden. Afrika. In Form von Pfarrern eben. Und so moderateren Temperaturen immer wieder Ich verirre mich auf OKTO-TV und sehe da einer wurde in eine Ortschaft im Burgenland nur vom Tag im Büro gesprochen wird. Man einen sehr guten Beitrag über Ute Bock und geschickt. Wie ich von einem Einwohner er- könnte sich ja minderwertig vorkommen, ihre Arbeit. Darin erzählt sie, dass aufgrund fuhr, ist die überwiegende Bevölkerung des weil man eben eine andere Beschäftigung der Aktion »Bock auf Bier« ein jeder glaubt, Ortes jedoch einem ausgeprägten Rassismus hat. sie wäre eine Trinkerin, was ihr auch so zugeneigt. Jetzt sei aber auch erwähnt, dass manchen Tadel ihrer ehemaligen Zöglinge das natürlich nicht pauschal für das ganze 19. 7. einbringt. Frau Bock trinkt schon mal gern Burgenland gilt. Den oben genannten Herr- Der letzte Tag meiner Arbeitswoche. Und ein Bier zum Essen, aber sie hätte gar keine schaften wünsche ich aber trotzdem viel zur Abwechslung ist es auch einmal heiß. Zeit für Trinkgelage, denn sie steht auf und Glück mit ihrem schwarzen Pfarrer. Besser Und wegen eben dieser Hitze müssen wir arbeitet. Und wenn sie vom Schreibtisch auf- gesagt wünsche ich dem Pfarrer selbiges. nur 9 Stunden schwitzen. Nach Abschluss steht, geht sie schlafen. www.fraubock.at dieses neunstündigen Saunaganges habe ich 16. 7. eigentlich gar keine Lust auf ein kühles Bier. 23. 7. Ich habe heute meinen Arbeitsvertrag bei Aber da 3 von unseren Transportarbeitern Ich habe Anspruch auf 2 Wochen Urlaub. »Volkshilfe Würfel Beschäftigung« ein wenig über ihren Arbeitstag wehklagen Diese Woche werde ich der Hitze entfliehen, unterschrieben. Deshalb gelte ich bis 15. 1. wollen, bleibe ich und muss feststellen, dass so weit es geht, und einfach nichts tun. 2008 als ordentliches Mitglied der Leistungs- Bier bei dieser Hitze nicht unbedingt der gesellschaft. Es gibt übrigens theoretisch beste Durstlöscher ist. Wahrscheinlich des- [email protected] auch die Möglichkeit, diesen Vertrag zu ver- halb, weil man auch Probleme beim Essen längern. Aber das hängt laut Aussage meiner hat. Also dem Hungergefühl scheint es eben- Oberchefin Frau Skrinjar von der Entschei- falls zu heiß zu sein. Nun nichts wie heim in dung des AMS ab. Ich für meinen Teil suche die Privatsauna und hoffentlich ist der Venti- jedenfalls weiterhin nach seltsamen Dingen, lator noch nicht verstorben. die so in Monitoren versteckt sind. Und ne- AUGUSTIN Schreibwerkstatt benbei transpiriere ich auch. 20. 7. Heute soll der bisher heißeste Tag des Jahres Mittwoch, 17. 7. gewesen sein. Mir kommt eine Meldung zu Ich weiß nicht, ob sie es wussten, aber es Ohren, die mir dann doch ein wenig Abküh- 4. 9. 07 scheint tropisch zu werden. Temperaturen lung verschafft. Oder mich zum Nachdenken wie in Afrika lassen auch meinen afri- bringt. Irgendwo in der Steiermark lag ein 18 bis 20 Uhr kanischen Kollegen Joseph schwitzen. Das 56-jähriger Obdachloser in der prallen Sonne wiederum finde ich interessant. Man sollte auf einer Parkbank. Was aber leider zu sei-