The Many Faces of 1918
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THE MANY FACES OF 1918 Downfall, new beginning, liberation, pause in the European civil war 15 FACES OF 1918 FACES THE MANY THE MANY FACES OF 1918 Downfall, new beginning, liberation, pause in the European civil war IMPRESSUM / IMPRINT : Edited by the embassies of Austria, Belgium, Czech Republic, France, Germany, Hungary, Ireland, Italy, Poland, Portugal, Romania, Serbia, Switzerland, Turkey, United Kingdom, and the United States of America and the Ministry of Culture of Luxembourg. Foreword by Germaine Goetzinger Designed by Graphic Studio / Imprimerie Centrale Printed by Imprimerie Centrale Typeset in Gotham & Minion Made in Luxembourg © Germaine Goetzinger, Theodora Bauer, Stefan Hertmans, Guillaume Rihs, Anna Šochová, Hauke Kracht, Frederika Amalia Finkelstein, Géza Szőcs, Sinéad McCoole, André Link, Claudio Cicotti, Justyna Chłap- Nowakowa, Miguel Bandeira Jerónimo, Ioan T. Morar, Aleksander Gatalica, Prof. Dr. Gökhan Çetinsaya, Christopher Merrill, Ruth Dugdall, 2018 All rights reserved. No part of this publication may be reproduced or transmitted in any form or by any means, electronic or mechanical, including photocopy or any storage and retrieval system, without permission in writing from the publisher. 2 Table of contents Vorwort 5 Italia 81 Foreword Italy Österreich 13 Polska 87 Austria Poland België 21 Portugal 95 Belgique Portugal Belgium România 103 Suisse 29 Romania Switzerland Србија 111 Česká republika 37 Serbia Czech Republic Türkiye 119 Deutschland 45 Turkey Germany United States 127 France 53 of America France United 131 Magyarország 59 Kingdom Hungary Authors 137 Éire 65 Ireland Lëtzebuerg 73 Luxembourg 3 Table of contents 4 Vorwort GEMEINSAM UND VERANTWORTLICH MIT DER VIELGESICHTIGKEIT VON 1918 UMGEHEN Germaine Goetzinger as Thema der vorliegenden Anthologie „Die vie- die nationale Unabhängigkeit erlangt, ein Ziel, von dem Dlen Gesichter des Jahres 1918“ verdeutlicht, dass, man das 19. Jahrhundert über geträumt hat. Einen ähn- je nach der Verortung des eigenen Standpunktes, die lichen Zugang findet der rumänische Schriftsteller und transnationale Artikulation der Bedeutung des ange- Diplomat Ioan T. Morar (*1956). Er schildert, wie der Eid sprochenen Problemjahres eine erstaunliche, aber auch auf den Kaiser in Wien hinfällig wird und an seine Stel- erschreckende Pluralität von Narrativen offenlegt. Das le die Bindung an den rumänischen Nationalstaat tritt. Aneinanderkoppeln der unterschiedlichen Perspektiven Die drei Texte machen ebenfalls deutlich, dass die neuen eröffnet in der Tat ein Feld von hoher Komplexität, ein Nationalstaaten sich 1918 im Kontext einer vom Kaiser- Patchwork von Meinungen und Standpunkten, das kaum reich überlieferten Multikulturalität bilden. Der Politolo- von einer Fachhistoriografie, gleich welcher Provenienz, ge Gökhan Çetinsaya (*1964) zeigt, wie das Jahr1918 mit geglättet und vereinheitlicht werden kann. dem Waffenstillstandsabkommen von Moudros für die Türkei einen komplexen und schwierigen Übergang dar- Zustande gekommen ist ein origineller Sammelband, stellt zwischen dem Zusammenbruch des osmanischen in dem sieben Autorinnen und zehn Autoren, deren Alter Reiches und der Entstehung einer modernen Republik zwischen 27 und 68 Jahren schwankt, aus 17 verschie- unter Kemal Atatürk. denen Ländern nach der Bedeutung von 1918 befragt wurden. Sie antworten in knappen literarischen Texten Sechs Texte wählen eine eher historisierende Per- zwischen Fiktion und Faktografie. Der Blick auf die Ver- spektive. Sie vergegenwärtigen in einem mehr oder gangenheit ist dabei keineswegs einheitlich, er bean- minder faktografisch fundierten, dennoch fiktionalen sprucht daher auch keinerlei historiografische Gültigkeit Erzählen vergangenes Geschehen. So beschreibt der und führt dennoch zu einem überraschenden Ergebnis. serbische Romanschriftsteller, Übersetzer und Musik- kritiker Aleksandar Gatalica (*1964) in einem Auszug Fünf Beiträge sind aus der damaligen Situation her- aus seinem Roman „The Great War“ den Tod von vier aus geschrieben. So setzt sich die irische Historikerin und Leutnants. Zum zentralen Symbol des Textes werden Autorin Sinead McCoole (*1968) mit der Durchsetzung die Uhren, die genau zu jenem Zeitpunkt stehen blei- des Frauenwahlrechts in ihrem Land auseinander. Drei ben, wo ihre Träger fallen. Der deutsche Beitrag von Texte beschreiben aus einer osteuropäischen Perspektive Hauke Kracht (*1964) verschiebt die Perspektive weg die Lösung alter Bindungen an das hinfällig geworde- von einem der zentralen Akteure des Großen Krieges in ne österreichische Kaiserreich und das Entstehen neuer den Luxemburger Windschatten, wo die französischen Nationalstaaten im Fokusjahr 1918. So erzählt die tsche- Bombardements der Eisenhütte von Düdelingen, der chische Journalistin und Autorin Anna Šochová (*1959), entsprechende Protest des belgischen Stahlherrn Gas- wie ein böhmischer Schneider in Odessa von der Etab- ton Barbansons und die Eigenwilligkeit der scheinbar lierung des tschechischen Nationalstaates erfährt. Die allzu deutschfreundlichen Großherzogin Marie-Adel- polnische Dichterin und Literaturhistorikerin Justyna heid in den Mittelpunkt gerückt werden. Der flämische Chłap-Nowakowa (*1965) beschreibt, wie ihr Land 1918 Autor Stefan Hertmans (*1951) stellt in dem belgischen 5 Vorwort Beitrag das Jahr 1914, in dem ein idealistisches Ethos ra Bauer (*1990) den Zusammenbruch des k. und k. vorherrscht, dem Jahr 1918 gegenüber, in dem die behag- Reiches mit dem sozialdemokratischen Traum eines liche Intimität des alten Europa einem Gefühl von Zorn, Viktor Adler, das alte Österreich zu einer modernen Ressentiment und Rachgier gewichen ist. Mit dem por- Demokratie umformen zu können. Schließlich äußert tugiesischen Erbe aus Angola und Mozambique beschäf- sie die skeptische, aber letztlich zuversichtliche Hoff- tigt sich der in Coimbra arbeitende Kolonialhistoriker nung, dass doch ein Stück Weg zurückgelegt worden ist Miguel Bandeira Jerónimo (*1973). Angesprochen wird und es in der heutigen Republik Österreich besser sein der deutsch-portugiesische Konflikt in Afrika und seine könnte als damals. Der rumänisch-ungarische Schrift- sozialen und wirtschaftlichen Folgen. Trotz des offiziel- steller und Politiker Géza Szőcs (*1953) beschreibt, wie len Gedenkens aber werden bis heute die afrikanischen nach dem Zusammenbruch der russischen, deutschen, Kämpfer im Dienste Portugals vergessen. Der US-ame- österreichisch-ungarischen und ottomanischen Reiche rikanische Schriftsteller und Herausgeber Christopher im Jahre 1918 aus einer desaströsen Katastrophe heraus Merril (*1957), der ein internationales Schreibprogramm neue Demokratien entstehen und wie das alte Europa an der Universität von Iowa leitet, stellt in den Mittel- seine Vorherrschaft verliert. Für ihn besteht die Her- punkt seines Beitrags den 1918 erschienenen Band mit ausforderung darin, Varietät und Diversität in Europa kurzen Prosagedichten des Dichters und Kinderarztes durch eine vitale europäische Kultur abzusichern. Der William Carlos Williams (1883-1963). Die uramerikani- Luxemburger Journalist, Übersetzer und Schriftsteller sche Variante der surrealistischen „écriture automatique“ André Link (*1949) beschwört, was von 1918 im kol- erscheint zu einem Zeitpunkt, als den Leichenbestattern lektiven Gedächtnis der Luxemburger verhaftet geblie- die Särge ausgehen und Woodrow Wilson sein Vierzehn- ben ist: die Hungersnot und der von den Großmächten punkteprogramm veröffentlicht mit der Forderung nach erzwungene und von den Anhängern der Republik her- einer Vereinigung von Nationen “affording mutual gua- bei gewünschte Sturz der Großherzogin Marie-Adel- rantees of political independence and territorial integ- heid. Der Genfer Schriftsteller Guillaume Rihs (*1984) rity to great and small states alike” 1. Wie jedes Jahr im schließlich gestaltet die Schwierigkeiten eines Schweizer Herbst die roten Mohnblumen am Revers, so erinnert Lehrers, im PowerPoint unterstützten Geschichtsunter- auch der britische Beitrag von Ruth Dugdall (*1971), die richt seine Schüler mit dem Ersten Weltkrieg und den von 2014-2016 in Luxemburg wohnte, an das Sterben in Opferzahlen in Europa zu konfrontieren. den flandrischen Schützengräben. Er schildert die letz- ten Stunden des bei der ersten Musterung als untauglich Wenn auch 1918 in den Beiträgen als ein wichtiges erklärten Ernest Seaman, der am 16. August 1918 bei Stichdatum erscheint, so steht es, aus der Distanz betrach- Terhand, einem Weiler nahe Ypern, fällt. tet, im Kontext des langen Abschieds vom 19. Jahr- hundert. Der facetteneiche Übergang vom 19. zum Die sechs verbleibenden Texte beziehen sich deut- 20. Jahrhundert kündigt sich nämlich lange vor 1918 licher auf die Gegenwart. Claudio Cicotti (*1972), Ita- an, etwa in der Entstehung der Psychoanalyse, in der lianist an der Universität Luxemburg, kontrastiert die darstellenden Kunst eines Douanier Rousseau oder in Alltagserfahrung italienischer Kriegsteilnehmer, seien der Musik eines Richard Strauss. So kommt 1918 zwar es Sizilianer, Venezianer, Emilianer oder Sardinier, die eine hohe symbolische Bedeutung zu, aber es bedeutet sich untereinander kaum verstehen, mit dem kriegsbe- nicht die entscheidende Wende. Die Weimarer Republik geisterten Aufruf Gabriele d’Annunzios und setzt von führt in Deutschland keineswegs zur definitiven Demo- einem Gegenwartsstandpunkt aus den Blick von unten kratisierung, Locarno nicht zur endgültigen europäischen als Kontrapunkt gegen das selektive Erinnern und die Friedenssicherung, Emil Mayrischs deutsch-französische kriegsverherrlichende