SCHIEDSRICHTER ZEITUNG 02 OFFIZIELLES MAGAZIN DES DEUTSCHEN FUSSBALL-BUNDES 2018 MÄRZ / APRIL

Titelthema Report Projekt Aktion DIE SICHERE TRAININGSLAGER AUSTAUSCH FINALE VON SPIELLEITUNG AUF MALLORCA MIT MALTA „DANKE SCHIRI.“ Authentisch bleiben – Neuigkeiten aus Startschuss für eine Der aktuelle Stand präventiv handeln dem Elite-Bereich neue Partnerschaft der Planungen HERE TO CREATE

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EDITORIAL INHALT

TITELTHEMA LIEBE LESERINNEN 4 „Ein Schiedsrichter kommuniziert immer“ UND LESER, Interview mit

die Rückrunde der ist seit Mitte Januar in 8 Präventiv agieren vollem Gange, und auch die übrigen Spielklassen haben Der Inhalt des aktuellen nach und nach immer mehr Fahrt aufgenommen. Im DFB-Lehrbriefs Nr. 77 Amateur-Bereich rollt ebenso wieder der Ball, und die Spielorte haben sich mittlerweile aus den Hallen nach REPORT draußen verlagert. 10 Halbzeit-Bilanz Trainingslager der Die Bewerbung um die Ausrichtung der EURO 2024 und ­Elite-Schiedsrichter die WM-Teilnahme im Sommer in Russland, um nur zwei Beispiele zu nennen, lassen den Deutschen Fußball- PANORAMA Bund sicher in ein spannendes sowie wegweisendes 14 Drei Monate Sperre für einen t Fußball-Jahr 2018 blicken. An dieser Stelle möchte ich Schiedsrichter­ LUTZ MICHAEL jedoch nicht nur die Zukunft thematisieren, sondern FRÖHLICH,­ VORSIT- ebenso gerne zurückschauen und auf das moderne AKTION ZENDER DER DFB- Schiedsrichter-Wesen im Hier und Jetzt zu sprechen 17 Finale im Mai SCHIEDSRICHTER- kommen. „Danke Schiri.“-Ehrung in Dortmund KOMMISSION ELITE. Bereits am 4. Januar endete die Winterpause für die REGEL-TEST Bundesliga-Schiedsrichter. Zum Jahresauftakt trafen sich die Unparteiischen 18 Eingriff ins Spiel? zu einem sechstägigen Trainingslager auf Mallorca, um sich dort auf die anste- henden Aufgaben vorzubereiten. Trainingsinhalte, Teamarbeit und Kommuni- ANALYSE kation, vor allem aber auch das Thema Video-Assistent wurden in einer inten- 20 Auf der Suche nach Eindeutigkeit siven und motivierten Arbeitsatmosphäre angegangen. Was ist ein klarer Fehler?

Wir haben im Trainingslager ausgiebig die Möglichkeit genutzt, Szenen aus der FRAUEN Hinrunde mit den Schiedsrichtern aufzuarbeiten. Dabei haben wir die einheit- 26 Große Runde liche Sicht, bezogen auf die Regelauslegung, bestärkt und eine positive Ent- Tagung der Schiedsrichterinnen wicklung der Testphase weiter vorangebracht. Nach den Tagen von Mallorca ist der Eindruck von wesentlich größerer Sicherheit entstanden – und am Ende PROJEKT des Lehrgangs waren bei allen Beteiligten ein positives Gefühl und die Vor- 28 Reif für die Insel freude auf die Bundesliga-Rückrunde zu spüren. Erlebnisse auf Malta

Dieses positive Gefühl haben wir auch in die ersten Spieltage der Rückrunde BLICK IN DIE PRESSE mitnehmen können. Nach wie vor gilt, wie auch schon zu Saisonbeginn, dass 30 Stressiger Sonntag in der B-Klasse der Video-Assistent nur bei klaren und offensichtlichen Fehlentscheidungen Themenwoche Schiedsrichter des Schiedsrichters eingreifen darf. Wenn er allerdings geringste Zweifel hat, darf er nicht eingreifen. Es geht also einzig um die Frage, ob eine klare und AUS DEN VERBÄNDEN offensichtliche Fehlentscheidung vorliegt oder eben nicht. In der Analyse der 32 Schiedsrichter managen Konflikte vorliegenden Ausgabe beleuchten Lutz Lüttig und Rainer Werthmann genau diese Frage anhand einiger Beispiele. VORSCHAU 34 Team Brych auf dem Weg nach Einigkeit bestand während des Trainingslagers mit allen Unparteiischen darü- Russland ber, dass der Schiedsrichter auf dem Platz die Verantwortung trägt und die Ent- scheidungen trifft. Auch mit der gewinnbringenden Unterstützung des Video- Beweises ist und bleibt der Mut zur Entscheidung ein Qualitätsmerkmal eines Schiedsrichters. Das gilt nicht nur in der Bundesliga, sondern auch im Amateur- Bereich. SCHIEDSRICHTER ZEITUNG 02 OFFIZIELLES MAGAZIN DES DEUTSCHEN FUSSBALL-BUNDES 2018 MÄRZ / APRIL Diesen Mut wünsche ich allen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern – in welcher Spielklasse sie auch tätig sind.

Euer

Die Schiedsrichter- Zeitung gibt es auch

Titelthema Report Projekt Aktion DIE SICHERE TRAININGSLAGER AUSTAUSCH FINALE VON SPIELLEITUNG AUF MALLORCA MIT MALTA „DANKE SCHIRI.“ Authentisch bleiben – Neuigkeiten aus Startschuss für eine Der aktuelle Stand zum Download auf präventiv handeln dem Elite-Bereich neue Partnerschaft der Planungen www.dfb.de TITELTHEMA 4 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018

„EIN SCHIEDSRICHTER KOMMUNIZIERT IMMER“

Bundesliga- Schiedsrichter Markus Schmidt gibt Muss ein Referee bei jedem Pfiff wegen Foulspiels mit dem fehlbaren im Interview Tipps zum souveränen und Akteur sprechen, ihn ermahnen und ihn in die Schranken weisen? Wie präventiven Auftreten auf dem Platz. gelingt es dem Spielleiter, authentisch zu bleiben und den Spielern auf Augenhöhe statt als „Oberlehrer“ zu begegnen? Auf diese und weitere Fragen hat der dienstälteste Bundesliga-Schiedsrichter Markus Schmidt Antworten.

INTERVIEW arkus Schmidt, ein Schiedsrichter sollte ja Erfahrung und Gespür während des Spiels, um es in Georg Schalk bekanntlich ein Spielleiter sein und kein geordnete Bahnen zu lenken. M Spielverwalter. Er sollte eine Partie leiten und nicht nur pfeifen. Wie geht das? In diesem Zusammenhang fällt immer wieder der Das gelingt, indem sich der Schiedsrichter schon im Begriff, dass der Unparteiische mit seinem Team das Vorfeld auf die Partie einstellt: Welche Mannschaften Spiel in Bezug auf den Spielcharakter „lesen“ soll. Wie treffen aufeinander, wie ist ihre Tabellensituation, wie macht man das? ihre aktuelle Verfassung? Welchen Zündstoff könnte die Jedes Spiel entwickelt seinen eigenen Charakter. Man Partie bergen, gibt es eine Vorgeschichte, handelt es kann sich zwar auf einiges vorbereiten, doch wie es dann sich um ein Derby? Dann kann er sich fragen, welche tatsächlich verläuft, lässt sich niemals genau vorhersa- Spielertypen ihn erwarten, und versuchen, seine Spiel- gen. Aber man kann es auf dem Platz erspüren: Wie leitung darauf einzustellen. Und nicht zuletzt helfen gehen die Spieler miteinander um, gibt es Shakehands 5

oder eher Geschubse nach einem Foul? Wie aggressiv werden die Zweikämpfe geführt, wie akzeptieren die Spieler die Schiedsrichter-Entscheidungen? All das bleibt Z U R nicht immer gleich, sondern wechselt während eines ­PERSON Spiels, beeinflusst durch Tore, Karten und das Verhalten Einzelner. Meist ist das eine Entwicklung über mehrere Minuten und lässt sich mit dem nötigen Einfühlungs- vermögen daher ganz gut „lesen“.

Wie wichtig ist es für die Spielleitung eines Schieds- richters, mit den Spielern zu kommunizieren? Das halte ich für eine absolute Kernkompetenz. Kommu- nizieren bedeutet nicht nur reden, sondern besteht aus Markus Schmidt ist aktuell der dienstälteste Bun- Mimik, Gestik und Körpersprache. Selbst über die Art des desliga-Schiedsrichter. Der 44-Jährige steht seit Pfiffs kommuniziere ich, wie schwerwiegend ich ein Foul 1997 auf der DFB-Liste, kam ein Jahr später in die einordne und welches Verhalten ich insgesamt dulde und 2. Bundesliga und pfeift nun schon seit 2003 in der welches nicht. Dazu kommen dann noch die passenden Bundesliga. Mittlerweile hat er 154 Partien im deut- Worte zur passenden Zeit. Egal, was ich mache – ich kom- schen Oberhaus geleitet (Stand: 28. Februar). muniziere immer. Daher ist es wichtig, möglichst bewusst ­Markus Schmidt pfeift für den SV Sillenbuch (Stadt- und wirkungsvoll meine Kommunikationsmittel einzu- teil von Stuttgart). setzen. Und dann gibt es ja noch ein Werkzeug, das einem im Alltag manchmal fehlt – die Sprache der Karten.

Sind Regelsicherheit und körperliche Fitness nicht Ist da eher die ruhige, besonnene Variante angesagt, bedeutsamer? oder sollte man eher mal aus sich rausgehen und ver- Sie sind so etwas wie die Basis, die notwendige Bedingung bal „auf den Putz hauen“, damit alle merken, dass nun für eine gute Spielleitung. Wenn ich hinterherrenne und die Grenze erreicht ist? außer Atem bin, kann ich kaum die passenden Worte fin- Ich finde, die Mischung macht’s. Eltern sprechen ihre den. Wer als Schiedsrichter ernst genommen werden will, Kinder ja auch in sehr unterschiedlichen Tonarten an, muss schon sein Handwerkszeug beherrschen, aber das damit sie Gehör finden. Aber eine Chance auf die beson- allein macht noch niemanden zu einem guten Spielleiter. nene Variante bekommt jeder Spieler bei mir – die meis- ten nutzen sie zum Glück ... Wie sollte ein guter Schiedsrichter Spieler anspre- chen? Muss er sie stets „siezen“? Welche Tipps können Sie einem jungen, eher unerfah- Das kommt drauf an. Ich habe als junger Schiedsrichter renen Referee geben, der sich unsicher fühlt, wie er den alten Zweitliga-Haudegen Willi Landgraf anfangs raffinierte Spieler am besten ansprechen soll? gesiezt und mich dann gewundert, dass er so gar nicht Ich habe schon gesagt: Kommunikation ist wesentlich meinen Anweisungen folgen wollte. Bei ihm war ein mehr als „nur“ reden. Jeder kann sich also Verhaltens- kerniges „Du“ deutlich erfolgreicher. Offiziell sollte man weisen aneignen, die eine gewisse Sicherheit demons- Spieler siezen, aber ein respektvolles „Du“ kann oft wir- trieren, zum Beispiel durch eine selbstbewusste, ruhige kungsvoller sein als ein gekünsteltes „Sie“. Auch Spieler, Körpersprache. Aber nicht übertreiben, sonst wirkt sie die ich schon viele Jahre kenne und mit denen ich per arrogant und überheblich, und der Schuss geht nach Du bin, sieze ich natürlich nicht. Es ist also für mich hinten los! Bei abgezockten Spielern ist es besonders weniger eine Frage, ob „Du“ oder „Sie“, sondern viel- wichtig, die Ansprache entsprechend dem Vergehen zu mehr eine Frage der inneren Haltung gegenüber Spie- wählen: Hat ein solcher Spieler durch ein kerniges Foul lern, die seitens des Unparteiischen von Respekt und ein Zeichen gesetzt, akzeptiert er auch eine deutliche, Anstand geprägt sein muss. publikumswirksame Ansprache. Kleinere Gemeinheiten sollte man dagegen eher „unter vier Augen“ oder im Wann sollte der Schiedsrichter einen Spieler anspre- Vorbeilaufen ansprechen – so zeigt man, dass man als chen? Bei jedem Pfiff? Nur in Ausnahmefällen? Auch Schiedsrichter „das Spiel durchschaut“ hat, aber man beim Aussprechen von Persönlichen Strafen? begegnet demjenigen auf Augenhöhe statt als Ober- Salopp gesagt, wenn es angebracht ist: Wenn ich das lehrer. Das bringt einem Respekt ein. Gefühl habe, durch Worte auf den Spieler einen Einfluss zu haben, und diesen nutzen möchte. Aber auf keinen Wie ist das bei Ihnen? Wie viel sprechen Sie mit den Fall nach jedem Pfiff! Mal muss ich eine Verwarnung Akteuren während eines Bundesliga-Spiels? durch Worte „verkaufen“ oder unterstreichen, dass es Das kann ich gar nicht generell beantworten, das kommt schon „dunkelgelb“ war, ein anderes Mal wäre jedes viel auf den Spielertyp an. Grundsätzlich kann jeder Wort zu viel und würde nur Öl ins Feuer gießen. Als Spieler mit mir reden, wenn er zwei Grundsätze beach- Faustregel gilt: Nie einen Spieler ansprechen, wenn er tet: Es muss im zeitlichen Rahmen bleiben, wir sind gerade selber einen auf die Socken bekommen hat – schließlich auf dem Fußballplatz und nicht im Konfe- dann erst mal abwarten. Ein alter Lehrmeister hat mal renzsaal. Und ich erwarte respektvolles Verhalten. Dann gesagt: „Wenn der Schmerz nachlässt, setzt der Verstand rede oder lache ich auch gern mal mit einem Spieler, wieder ein“ – diese Zeit sollte man den Spielern schon das entkrampft die Atmosphäre und sorgt für mehr Mit- aus Eigennutz unbedingt lassen. einander. TITELTHEMA 6 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018

Manche Teams sind Multikulti-Mannschaften, nicht fach tun. Er ist schließlich der Spielleiter und Chef. Im nur in der Bundesliga, sondern auch auf den Amateur- Idealfall merken es die Assistenten mindestens gleich- Plätzen. Wie sieht es dann mit der sprachlichen Ver- zeitig, dass es jetzt angebracht ist, und winken entspre- ständigung aus? chend offensiver. Frei nach dem Motto: Es gibt nichts Für mich persönlich gehört dann auch Englisch dazu. Gutes, außer man tut es. Oder wie ein Beobachter mal Manchmal krame ich sogar mein Schul-Russisch raus. gesagt hat: „Wer es auf dem Spielfeld tut, muss es hin- Aber das ist im Endeffekt zweitrangig. Denn wenn ich terher nicht mit dem Beobachter: handeln!“ eine ultimative Ermahnung ausspreche, wird das jeder Spieler durch Mimik und Gestik unmissverständlich In welchen Situationen sollte er sonst noch agieren begreifen, auch wenn ich das auf Deutsch oder Schwä- statt reagieren? bisch mache. Erinnern wir uns an Pierluigi Collina: Der Es wird immer wieder Szenen geben, in denen der musste die Spieler nur anschauen, und jeder wusste, Schiedsrichter einfach nur reagieren und sie entspre- was er meinte. chend ahnden muss. Aber er sollte zum einen dafür sor- gen, dass deren Anzahl überschaubar bleibt, weil er das Wenn Sie mit einem Spieler gar nicht klarkommen eine oder andere durch gelungene Kommunikation ver- oder er mit Ihnen nicht: Schalten Sie den Spielführer hindert hat, und zum anderen sollte er sein Gespür für ein oder gar den Trainer? Wie geht so etwas? Man will das Spiel so weit verfeinern, dass er möglichst von nichts ja keine Petze sein … überrascht wird. Dann hat er schon vieles richtig gemacht. Das kommt zum Glück selten vor. Aber es hat auch schon bei mir Fälle gegeben, da habe ich dem Trainer gesagt, Wie lautet Ihr Fazit zum Thema „Agieren statt rea­ entweder wechselt er den Spieler aus oder ich – bei mir gieren“? kommt dann allerdings kein neuer nach … Das hat nichts Richtig reagieren ist schon gut, passend agieren ist noch mit Petzen zu tun, im Gegenteil: Ich schütze den Spieler besser. Herzstück ist dabei die Kommunikation, die so in dem Fall vor sich selbst. Auch einem Mannschafts- viele Facetten bietet, dass jeder seine persönliche, zu kollegen, zu dem man einen guten Draht hat, zu sagen, ihm passende Art herausfinden kann. Wichtig ist auch, er solle auf den Spieler einwirken, sonst gehe das nicht dabei authentisch zu wirken und anderen mit Respekt mehr lange gut, halte ich für ein probates Mittel. Haupt- zu begegnen – das ist eine Frage der inneren Haltung. sache, es ist respekt- und wirkungsvoll. Und schließlich braucht es ein Gespür für Menschen und Situationen, das man immer weiter verfeinern und Wie kann ein Referee seine Assistenten einbinden und verbessern kann, wenn man bereit ist, sich weiterzuent- ihnen mitteilen, dass er seine Spielleitung ändert und wickeln. Und wenn mal was schiefgeht – na und? Man die Zügel jetzt anzieht? darf und soll schließlich ruhig merken, dass auch wir Ich finde, das muss er gar nicht mitteilen, sondern ein- Schiedsrichter Menschen sind.

KÖRPERSPRACHE ­EINSETZEN

Ein Schiedsrichter kommuniziert nicht nur durch seinen Pfiff oder durch Worte. Er wird auch das ganze Spiel über wahrgenommen durch seine Körpersprache, Gestik und Mimik.

ENTSCHEIDUNGEN ERKLÄREN

Es lohnt sich, einem Spieler auch mal eine Entscheidung zu erläutern. Aber Vorsicht, bitte nicht nach jedem Pfiff! Denn Spieler und Schiedsrichter bewegen sich auf dem Fußballplatz und nicht in einem Konferenzsaal. 7

NÄHE SUCHEN

Eine klare, unmissverständliche Ansprache, der Referee wirkt ruhig und konzentriert und ist voll fokussiert auf sein Gegenüber. Die Nähe ist hier möglich, weil der Spieler aufmerksam und aggressionsfrei ist.

NICHT ÜBERTREIBEN

Der Schiedsrichter will durch das Anfassen die Aufmerksamkeit des Spielers erlangen. Damit muss man sehr zurückhaltend sein, denn es funktioniert höchstens, wenn die hohe persönliche Autorität des Schiedsrichters und auch der Altersabstand (Vater – Sohn) das gestatten.

LOCKERHEIT AUSSTRAHLEN­

Auch ein Lächeln kann helfen und eine angespannte Situation entkrampfen. Aber: Ein entspanntes und lockeres Auftreten muss zum Spielcharakter passen. TITELTHEMA 8 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018 PRÄVENTIV AGIEREN

Oft können Unparteiische schon frühzeitig dazu beitragen, dass der Charakter eines Spiels fair bleibt. Wie das geht, ist nicht nur Titel­ thema in der vorliegenden Ausgabe der DFB-Schiedsrichter-­Zeitung, sondern auch Inhalt des aktuellen DFB-Lehrbriefs mit dem Titel ­„Agieren statt reagieren – präventives Schiedsrichterverhalten“.

Durch sein Auftreten und Agieren auf dem Feld kann der Schiedsrichter vorbeugend auf die Spieler einwirken.

TEXT atürlich – Sport ist gesund, regelmäßige Bewe- kämpfen und körperlicher Auseinandersetzung geprägt. Günther Thielking gung die Grundlage für ein möglichst krank- Und dabei geht es nun mal oft richtig „zur Sache“. N heitsfreies Leben. Ein Mannschaftssport wie Fußball fördert darüber hinaus die sozialen Eigenschaf- Verletzungen des Gegenspielers werden in Kauf genom- ten eines Menschen und die mentale Gesundheit durch men. Manchmal ist es sogar das Ziel eines Spielers, dem Erlebnisse in einer Gemeinschaft. Gegner „wehzutun“, um ihn auf diese Weise aus dem Spiel zu nehmen. Zudem gibt es auf dem Platz spontane Allerdings ist das Verletzungsrisiko bei einer Kontakt- Aggressionen – zum Beispiel Schläge mit dem Ellenbo- sportart nicht zu unterschätzen. Und das gilt nicht nur gen oder Tritte gegen den Körper –, die für den Gegen- für Boxen oder Taekwondo, sondern auch für den Fuß- spieler oft überraschend kommen und ihn auch deshalb ball. Fast ein Drittel der jährlich registrierten etwa verletzen können. ­1,5 ­Millionen Sportverletzungen erleiden Fußballer und Fußballerinnen, wobei man natürlich berücksichti- Sind Amateurspieler betroffen, bedeuten der Schien- gen muss, dass Fußball in Deutschland bei Weitem die beinbruch, der Kreuzbandriss oder auch die schwere am häufigsten ausgeübte Sportart ist. Sie lebt nicht nur Gehirnerschütterung oft das Ende der Laufbahn. Fuß- vom „schönen Spiel“, sondern ist wesentlich von Zwei- baller können nach schweren Verletzungen froh sein, 9

wenn sie nach langer Zeit im Krankenstand zumindest lassen. Die Spieler gelangen in diesen Zeitabschnitten wieder ihre existenzsichernde berufliche Tätigkeit auf- an ihre physische und psychische Belastungsgrenze. nehmen können. Vor allem in den unteren Amateurklassen führt das häu- fig dazu, dass Zweikämpfe zunehmend unkontrolliert Besonders bitter ist es, wenn die Verletzung nicht durch geführt werden und die Verletzungsgefahr ansteigt. persönliches Pech entsteht, sondern durch die über- harte oder rücksichtslose Spielweise eines Gegners. In einer Querschnittstudie im Niedersächsischen Fuß- Manchmal kommen solche Verhaltensweisen auch für ballverband hat man 193 Schiedsrichter befragt. Dabei den Schiedsrichter wie aus heiterem Himmel. Oft aber wurde – wohl wie erwartet – deutlich, dass mit zuneh- ist es so, dass der Unparteiische vorbeugend handeln mender Qualität der Sanktion (Ermahnung, Gelbe Karte, kann, wenn er merkt, dass die „Temperatur“ eines Spiels Rote Karte) die Wirkung auf die Spieler größer wird. So ansteigt und die Spieler sich nicht mehr auf die Fairness bestätigten zwei Drittel der befragten Unparteiischen, der Gegenspieler verlassen können. dass sich „mit dem Zeigen einer Gelben Karte gegen einen Spieler dieser disziplinieren lässt“, mit den Ant- Dann muss der Schiedsrichter präventiv handeln, noch worten „eher ja“ oder „sicher, in jedem Fall“. enger am Spielgeschehen sein und mit klaren, für alle erkennbaren Ansprachen und deutlichen Ermahnungen Außerdem wurde nach Persönlichkeitsmerkmalen eines die Aggressionen dämpfen. Reicht das nicht umgehend Schiedsrichters gefragt, mit denen dieser seine Spiel- zur Disziplinierung der Spieler, sind die Gelbe und auch leitung in Richtung Fairness, Respekt vor dem Gegner die Rote Karte probate Mittel zum Schutz vor weiteren und Achtung der Gesundheit steuern kann. Folgende überharten Attacken. Kompetenzen wurden dabei von den Befragten beson- ders hervorgehoben: Bereits in einer früheren Ausgabe der DFB-Lehrbriefe (Nr. 42) beschäftigten sich die Verfasser mit der Frage, • Sicherheit im Ansprechen der Spieler (Autorität, Kör- wie sich Spieler positiv beeinflussen lassen. Dabei wurde persprache, Entscheidungsfreudigkeit, Selbstbe- die Bedeutung der Persönlichen Strafen herausgestellt. wusstsein, Konsequenz) Walter Moritz, der bayerische Verbands-Schiedsrichter- • Spielverständnis (Lesen des Spiels in Bezug auf den Obmann, findet hierzu deutliche Worte: „Leider verste- Spielcharakter, Erkennen der Führungsspieler, Vorteil) hen manche Spieler oft nur ‚Klartext‘. Sie fordern durch • Regelsicherheit (klare, eindeutige Entscheidungen, ihre aggressive Spielweise und ihr Verhalten geradezu Fachkompetenz) die Gelbe Karte ein und spielen erst danach rücksichts- • Berechenbarkeit, Gerechtigkeit, Ehrlichkeit voller. Auch muss eine solche Disziplinarmaßnahme für • Körperliche Fitness (Präsenz am Geschehen) den fehlbaren Spieler und für die übrigen Aktiven in der Außenwirkung als Strafe erkennbar sein, sie darf nicht Auf der Grundlage der Umfrage-Ergebnisse machen zum bloßen Verwaltungsakt werden. Nur dann hat sie die Verfasser des aktuellen Lehrbriefs deutlich, wie als Sanktion zugleich eine präventive Wirkung.“ diese Persönlichkeitsmerkmale eingeübt werden kön- nen und welche Wege ein Schiedsrichter gehen kann, Untersuchungen haben gezeigt, dass insbesondere in um präventiv zu agieren. Ziel muss es bei diesen Übun- den letzten Minuten jeder Halbzeit das Verletzungs­ gen sein, den Unparteiischen deutlich zu machen, dass risiko besonders hoch ist, also zwischen der 31. und der sie zu einem fairen Spielverlauf und damit zum Schutz 45. sowie der 76. und 90. Spielminute, wenn die Kondi- der Gesundheit der Spieler wesentlich beitragen tion und damit einhergehend die Konzentration nach- können.­

Die Persönlichen Strafen zählen zu den wichtigsten Werkzeugen des Referees. REPORT 10 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018 HALBZEIT- BILANZ

Bereits zum fünften Mal ging es für die Elite- Schiedsrichter zum Trainingslager nach ­Mallorca. Nach einer aufregenden Hinrunde suchten sie dort neben guten Trainingsbedingungen auch die notwendige Ruhe, um die Erkenntnisse rund um die Einführung des Videobeweises aufarbei- ten zu können.

Bei einer Pressekonferenz zogen DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann, Elite-Chef Lutz Michael Fröhlich, DFL-Vertreter Ansgar Schwenken sowie Video-Assistent Jochen Drees (von links) ein Fazit der Hinrunde.

TEXT ie Reporter von Tageszeitungen und Fernseh- um 8 Uhr und endete meist erst gegen 21 oder 22 Uhr David Bittner stationen mussten in diesem Winter zu Hause am Abend.“ D bleiben. Zu viel war in der Hinrunde über die Unparteiischen geschrieben und berichtet worden. Über „Wir haben wirklich extrem viel gearbeitet“, ergänzte die Geschehnisse auf dem Platz, aber auch über die Lutz Michael Fröhlich, der Sportliche Leiter der Elite- Dinge abseits der Bundesliga-Stadien. Was die Schieds- Schiedsrichter. Vor allem ging es natürlich um das über- richter in der Winterpause deshalb vor allem brauchten, greifende Thema Video-Assistent, erklärte Lutz Michael war ein wenig Abgeschiedenheit, um konzentriert die Fröhlich. „Gegen Ende der Hinserie hat sich der Einsatz aktuellen Themen aufzuarbeiten. Sechs Tage lang bot des Video-Assistenten gut eingespielt. Die Schiedsrich- das Areal rund ums Hilton Hotel in Llucmajor dazu aus- ter auf dem Feld wurden wieder stärker als die verant- gezeichnete Rahmenbedingungen. wortlichen Spielleiter wahrgenommen, und der Video- Assistent etablierte sich zunehmend in der Rolle eines Zwei Tage nachdem der DFB-Tross aus dem Trainings- Assistenten, der nur eingreift, wenn es gilt, klare und lager zurückgekehrt war, traten die Verantwortlichen offensichtliche Fehler zu verhindern.“ vor die Presse, um über die Inhalte des Trainingslagers zu berichten. „So intensiv wie in diesem Jahr wurde noch Ein positives Zwischenfazit zog Fröhlich auch zur Umstel- nie gearbeitet – sowohl inhaltlich als auch vom zeit­ lung des Beobachtungssystems: Eine Beobachtungs- lichen Aufwand“, sagte Ronny Zimmermann, der im note und folglich auch ein Ranking wurden mit Beginn DFB-Präsidium für die Schiedsrichter zuständige Vize- dieser Saison im Elite-Bereich abgeschafft (siehe auch präsident, der ebenfalls auf Mallorca mit dabei war. Schiedsrichter-Zeitung Nr. 6/2017). „Vor allem mit den „Jeden Tag begann das Programm am Morgen schon Zweitliga-Schiedsrichtern haben wir auf Mallorca inten- 11

sive Einzelgespräche geführt und dazu die persönlichen Profile als Grundlage genommen.“ Darin erfasst sind alle Einzelmerkmale einer Spielleitung, die zum Beispiel das Spielmanagement, die Regelauslegung oder die Persönlichkeit betreffen.

Ein Schiedsrichter sei kaum in allen Facetten einer Spiel- leitung gut oder schlecht, sondern es gebe immer Nuan- cen, durch die sich Schiedsrichter-Leistungen unter- schieden, erklärte Fröhlich. Der neue Coaching-Bogen lege die persönlichen Stärken und Schwächen jedes einzelnen Unparteiischen sehr differenziert dar, sodass dieser gezielt an sich arbeiten könne. „In den Analysen mit dem Beobachter und dem Coach sind Noten kein Thema mehr, sondern es geht um konkrete Inhalte der Spielleitung“, sagte der Sportliche Leiter.

Mit den Schiedsrichter-Assistenten hätten ebenfalls Ein- zelgespräche stattgefunden. Bei einer praktischen Schu- lung simulierte ein Fußball-Team vor Ort zudem Abseits- Situationen, die von den Assistenten bewertet werden Bereits zum fünften Mal reiste der Elite-Tross zum Winter-Trainingslager in den Süden. REPORT 12 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018

mussten. Diese Entscheidungen wurden zunächst auf mit den 24 Bundesliga-Schiedsrichtern ab. Dabei wur- Video aufgenommen und später analysiert. DFB-Lehr- den „die ganzen Geschichten der Hinrunde aufgearbei- wart Lutz Wagner beleuchtete mit den Schiedsrichtern tet“, wie Ronny Zimmermann es formulierte. Konkret den Aspekt der Regelauslegung. Und das Trainer-Team ging es um die Kritik an internen Abläufen, die Manuel um Dieter Antretter und Christel Arbini arbeitete mit Gräfe in einem Interview öffentlich geäußert hatte. „Die den Unparteiischen unter anderem an Mobilisation und Schiedsrichter halten es in dieser Angelegenheit wie die Koordination. Fußballer: Was hinter der Kabinentür besprochen wurde, bleibt auch dort“, sagte Ronny Zimmermann. Ohne Neu war in diesem Jahr, dass zwei Sport-Psychologen ­weitere Details zu nennen, sprach Zimmermann in die- den Schiedsrichter-Tross nach Mallorca begleiteten. Hin- sem Zusammenhang von einem „positiven Prozess, der ter verschlossenen Türen hielten sie einen Workshop in Gang gesetzt“ worden sei.

Auf Mallorca wurden für die Schiedsrichter- Assistenten Abseits- Situationen simuliert.

ZAHLEN UND FAKTEN

1.041 Spielsituationen 241 „Checks“

In den 153 Partien vor der Winterpause wurden 1.041 Bei 241 Spielsituationen kam es vor, dass der Video- Spielsituationen von den Video-Assistenten in Köln über- Assistent mit dem Schiedsrichter kommunizierte und prüft. Dabei ging es um 439 Tore, 332 Strafstöße bezie- ihm seine Entscheidung bestätigte. hungsweise auch potenzielle Strafstöße sowie 270 Situ- ationen zum Thema Platzverweis. Im Durchschnitt entspricht dies 6,8 überprüften Situationen pro Spiel. 50 Eingriffe

Nur bei 50 überprüften Spielsituationen gab der 750 „Silent Checks“ Video-Assistent eine Empfehlung, die Entscheidung zu ändern beziehungsweise zu überprüfen, um einen Fast drei Viertel aller Überprüfungen fanden statt, ohne möglichen klaren und offensichtlichen Fehler zu ver- dass eine Kommunikation zwischen Video-Assistent und hindern. In 2 Fällen behielt der Schiedsrichter kor- Schiedsrichter notwendig war. Sie dienten nur dazu, die rekterweise seine eigene Entscheidung bei. Von den Richtigkeit einer Schiedsrichter-Entscheidung im Hin- 48 relevanten Situationen waren in 11 Fällen die Ent- tergrund zu bestätigen. scheidungen trotz Video-Assistent falsch. In 37 Fäl- len konnten aber Fehler durch den Video-Assistenten korrigiert werden. Die Anzahl der klaren und offen- sichtlichen Fehler wurde um 77 Prozent reduziert. So gut kann Erfrischung schmecken.

Bitb_0_0_3er_Packshot_auf_Bank_2017_DFB_Schiedsrichter_Zeitung_210x297+3.indd 1 09.02.18 10:31 MELDUNGEN 14 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018 PANORAMA DREI MONATE SPERRE FÜR EINEN VIDEOBEWEIS SCHIEDSRICHTER AUCH BEI WM In Frankreich hatte ein Referee einen skur- liegend, gegen den Spieler nach. Anschlie- IN RUSSLAND rilen Aussetzer: Im Spiel zwischen dem ßend stellte der 45-jährige Unparteiische FC Nantes und Paris Saint-Germain hatten Carlos auch noch mit „Gelb/Rot“ vom Platz. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 sich zunächst die Laufwege von Schiedsrich- in Russland gilt der Einsatz des Videobe- ter Tony Chapron und Nantes-Spieler Diego Wegen dieses Vorfalls sperrte der Französi- weises als wahrscheinlich. Der für die Carlos im Zuge eines schnellen Angriffs sche Fußball-Verband (FFF) Chapron nun für Regeln zuständige International Football gekreuzt. Nach einem Kontakt kam der drei Monate, setzte zudem drei weitere Association Board (IFAB) hat sich positiv Schiedsrichter zu Fall und trat nun, am Boden Monate Sperre zur Bewährung aus. über die laufende Testphase geäußert: „Die Auswertung von mehr als 800 Spie- len mit Videobeweis hat positive und ermutigende Ergebnisse gebracht. Für eine Entscheidung der Generalversamm- lung sind keine weiteren Experimente nötig“, sagte Lukas Brud, Geschäftsführer des IFAB.

Die Analyse der betroffenen Begegnun- gen durch Wissenschaftler der Katholi- schen Universität Leuven (Belgien) habe das erhoffte Ergebnis von „minimaler Stö- rung und maximalem Nutzen“ ergeben, so Brud. Die Zahlen der Studie seien posi- tiv: In den 804 Wettbewerbsspielen habe die Genauigkeit der Entscheidungen bei 98,9 Prozent gelegen, wobei 100 Prozent wegen der Subjektivität bei Schiedsrich- ter-Entscheidungen unmöglich zu errei- chen seien. Eine „klare und offensichtliche Fehlentscheidung“ des Unparteiischen auf dem Rasen sei nur in einem von 20 Spie- len nicht korrigiert worden.

Das Verhalten des französischen Referees sorgte nicht nur bei den Spielern für ungläubige Gesichter. CO-TRAINER S P R I N G T A L S ANFÄNGER PFEIFEN­ ALS REFEREE EIN „HEIM-SCHIRIS“­ Bundesligist SC Freiburg weilte in der Win- terpause in Spanien – und bei dem Test Im Kreis Ahaus/Coesfeld in Westfalen sind Christoph Hanck, Vorsitzender des Kreis- gegen den 1. FC Kaiserslautern im spani- „Heim-Schiris“ zukünftig ausdrücklich Schiedsrichter-Ausschusses. Zu den „Nach- schen Sotogrande hatte Freiburgs Co-Trai- gewünscht. Der Kreis begann nun mit einer teilen“ gehöre, dass diese Einsätze nur sinn- ner Lars Voßler einen ungewöhnlichen Pilotphase, die gerade junge Unparteiische voll seien bei Spielen, die auch bisher nicht Job: Da der für die Partie angesetzte behutsam an dieses Hobby heranführen soll. von neutralen Schiedsrichtern geleitet wür- Schiedsrichter Probleme bei der Anreise Ihnen soll die Möglichkeit gegeben werden, den – so in den B-Ligen in der C- und D-­ hatte, sprang er kurzerhand ein. Als Assis- zunächst Spiele ihres Heimvereins zu leiten. Jugend. tenten halfen Lauterns Ersatztorwart Len- Dafür dient eine entsprechende Vorgehens- nart Grill und Ersan Parlatan, Trainer-Prak- weise in den Niederlanden als Vorbild. Aber: Unparteiische dieser Gruppe zählen tikant bei den Breisgauern, aus. „Zu den Vorteilen gehört, dass sich die Jung- für den meldenden Verein nicht zum Soll. Schiedsrichter in vertrauter Umgebung mög- Erst nach maximal einem Jahr entscheiden licherweise eher das nicht immer einfache sich die „Heim-Schiris“, ob sie als reguläre Amt des Unparteiischen zutrauen“, sagt Schiedsrichter aktiv werden wollen. 15

GERD HENNIG UND KARL-HEINZ FORK VERSTORBEN

Am zweiten Weihnachtstag vergangenen Wenige Tage später, am 12. Januar dieses 55 weitere Einsätze in den folgenden 13 Jahres ist der frühere FIFA-Schiedsrichter Jahres, verstarb auch der frühere Bundesliga- Jahren folgen. Auch international war Karl- Gerd Hennig im Alter von 82 Jahren gestor- Schiedsrichter Karl-Heinz Fork im Alter von Heinz Fork immer wieder im Einsatz, unter ben. Der Duisburger kam von 1964 bis 1982 87 Jahren. Mit der Begegnung TSV 1860 anderem als Linienrichter bei einem Freund- als Schiedsrichter in der Bundesliga zum München gegen den SV Werder Bremen hatte schaftsspiel zwischen der UdSSR und Welt- Einsatz. Dort leitete er insgesamt 161 Begeg- er im Mai 1964 seine Premiere in der gerade meister Brasilien vor mehr als 100 000 nungen. Darüber hinaus kam er während gegründeten Bundesliga gefeiert. Es sollten Zuschauern im Moskauer Lenin-Stadion. seiner dreijährigen Zeit auf der FIFA-Liste unter anderem zu drei Länderspiel-Einsätzen. Höhepunkte seiner Laufbahn waren die Lei- tung des DFB-Pokalfinales im Jahr 1982 zwi- schen dem FC Bayern München und dem 1. FC Nürnberg (4:2) sowie des Endspiels der Studenten-Weltmeisterschaft zwischen Mexiko und Frankreich wenige Wochen ­später.

Bereits während seiner aktiven Karriere hatte Hennig im Jahr 1974 auch das Amt des Kreis- Schiedsrichter-Obmanns in seinem Heimat- kreis Duisburg/Mülheim/Dinslaken über- Karl-Heinz Fork bei der Wahl mit den beiden Kapitänen nommen, welches er insgesamt 36 Jahre Georg Volkert (HSV, links) und Franz Beckenbauer lang innehatte. Darüber hinaus engagierte (Bayern München). er sich 15 Jahre lang im Verbands-Schieds- richter-Ausschuss und war auch als Schieds- Gerd Hennig bei der Ehrung für seinen 150. Bundesliga- richter-Beobachter tätig. Einsatz im Jahr 1981.

KÖLNER VERKLEIDEN SICH ALS KEINE VIDEO-SCHIEDSRICHTER ABSEITSLINIE

Der 1. FC Köln und Karneval sind zwei spieler Dominic Maroh, das Thema aktiv BEIM VIDEO- untrennbare Dinge: Wie auch in den vergan- im Karneval aufzuarbeiten. Zusammen mit ASSISTENTEN genen Jahren bewiesen die Spieler des FC ihren Frauen verkleideten sie sich als Kreativität, als es um die Auswahl der Kos- Video-Schiedsrichter und -Assistenten. Die Video-Assistenten müssen weiter auf tüme ging. Da sich die Kölner in der Hinrunde Horn trug ein überdimensionales Telefon ein Hilfsmittel zur Kontrolle knapper Abseits- gefühlt regelmäßig vom Video-Schiedsrich- in der Hand, Maroh einen nachgebauten situationen warten: Seit dieser Saison wird ter benachteiligt sahen, entschieden sich Fernseher, auf dem eine Kölner Spielszene in der Bundesliga der Videobeweis getestet. Kölns Torwart Timo Horn und Kölns Abwehr- zu sehen war. Aber auch ein halbes Jahr nach der Einfüh- rung wartet die DFL auf die Freigabe des Fußball-Weltverbandes (FIFA) für eine kali- brierte Linie, die das Bewerten von knappen Abseitspositionen ermöglicht. Für die lau- fende Saison wird nicht mehr mit der Zerti- fizierung der Abseitslinie gerechnet.

„DFL und DFB werden erst auf die sogenannte kalibrierte Linie zurückgreifen, wenn von FIFA und IFAB Versionen eines oder mehre- rer Dienstleister zertifiziert wurden und zuge- lassen sind“, sagt Ansgar Schwenken, DFL- Direktor für Fußball-Angelegenheiten. Die Technologie der Fernsehsender bei der Über- prüfung von Abseitsentscheidungen sei nicht verlässlich genug: Bereits bei kleinsten zeitlichen Verschiebungen des Bildes könne es zu Fehlern kommen. Die Kölner Dominic Maroh (links) und Timo Horn verkleideten sich mit ihren Frauen in diesem Jahr als Video-Schiedsrichter. MELDUNGEN 16 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018

KEIN MOBBING, SPIELUNTER­ KEINE MANIPULATION BRECHUNG FÜR Die Vorwürfe gegen Herbert Fandel und Hell- wesen auf. „Für uns ist das ein weiterer Beleg GEBETSPAUSE mut Krug haben sich als nicht zutreffend dafür, dass der vom DFB bereits vor einigen herausgestellt. Zu dieser Aussage kommt Jahren eingeschlagene Weg, das Schieds- Eine eher ungewöhnliche Unterbrechung der Abschlussbericht einer externen Unter- richterwesen zu modernisieren, konsequent eines Spiels ereignete sich zuletzt in der suchung durch Rechtsanwalt Dr. Carsten unter Führung von Lutz Michael Fröhlich saudi-arabischen Liga: Der englische Thiel von Herff. fortgesetzt werden muss“, sagt DFB-Vize- Schiedsrichter Mark Clattenburg unter- präsident Ronny Zimmermann. brach die Partie zwischen Al-Faiha und Al- „Es gibt keinen Beweis dafür, dass Herr Krug Fateh kurz vor Spielende. Der Grund: Der in seiner Rolle als Supervisor unbefugt Ein- Muezzin in Stadionnähe hatte zum Gebet fluss auf die Entscheidung des zuständigen aufgerufen. Nach etwa drei Minuten war Video-Assistenten genommen und somit das Gebet zu Ende – die Begegnung wurde ein Spiel zugunsten oder zulasten einer fortgesetzt. Mannschaft manipuliert hat“, schreibt Thiel von Herff in seinem Bericht. Auch für den Vorwurf des „bewussten und systematischen Mobbings“ einzelner Schiedsrichter in den NEUER VERLAG vergangenen Jahren entdeckte der Jurist keine Hinweise. Die DFB-Schiedsrichter-Zeitung hat den Verlag gewechselt und wird seit der vorlie- Allerdings weist der Bericht auch auf Defi- genden Ausgabe von der Bonifatius GmbH zite in der Personalführung hin und zeigt Herbert Fandel und Hellmut Krug werden durch in Paderborn gedruckt. Die Kontaktdaten Verbesserungspotenziale im Schiedsrichter- die externe Untersuchung entlastet. finden Sie in unserem Impressum (Seite 34).

DIE INTERNATIONALEN SPIELE DER DEUTSCHEN IM NOVEMBER UND DEZEMBER 2017 FIFA-SCHIEDSRICHTER UNTERWEGS

NAME WETTBEWERB HEIM GAST ASSISTENTEN

Deniz Aytekin Champions League Atlético Madrid Qarabağ FK (AZE) Kleve, Häcker, Beitinger, Siebert, Brand

Foltyn, Häcker, Beitinger, Stieler, Champions League ZSKA Moskau Benfica Lissabon Brand

Borsch, Lupp, Achmüller, Dankert, Champions League SSC Neapel Manchester City Fritz

Felix Brych WM-Qualifikation Schweiz Nordirland Borsch, Lupp, Zwayer

Felix Brych Champions League FC Sevilla FC Liverpool Borsch, Lupp, Seidel, ­Dankert, Ittrich

Felix Brych FIFA-Klub-WM Grêmio Porto Alegre CF Pachuca (MEX) Borsch, Lupp, Zwayer

Bastian Dankert U 21-EM-Qualifikation Wales Rumänien Häcker, Rohde, Cortus

Henschel, Foltyn, Kleve, Stegemann, Europa League Vitória SC (POR) Konyaspor (TUR) Brand

Angelika Söder Frauen-Champions-League Linköpings FC (SWE) Sparta Prag Diekmann, Wozniak, Wacker

Bibiana Steinhaus Frauen-Champions-League FC Chelsea FC Rosengard (SWE) Rafalski, Appelmann, Kunkel

Pickel, Seidel, Gittelmann, Dankert, Champions League AS Rom Qarabağ FK (AZE) Osmers

Schiffner, Achmüller, Henschel, Siebert, Champions League Sporting Lissabon Olympiakos Piräus Stegemann AKTION DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018 17 FINALE IM MAI

Auch 2018 sagt der DFB wieder einmal „Danke Schiri.“. Am vorletzten Bundesliga-Spieltag werden die Preisträger zu einer bundesweiten Ehrung zusammenkommen, die in diesem Jahr in Dortmund geplant ist. Wir geben einen aktuellen Überblick.

do Penßler-Beyer freut sich: „Das Prinzip hat sich mer auch stressig wurde. Das soll in diesem Jahr nicht TEXT total bewährt. Wir müssen nichts Großes ändern – passieren.“ Bernd Peters U weil alle mit den meisten Dingen zufrieden sind.“ Der Vorsitzende des Verbands-Schiedsrichter-Ausschus- Mit einem Mittagessen im Hotel sowie dem anschlie- ses im Nordostdeutschen Fußballverband ist in der DFB- ßenden Besuch im Deutschen Fußballmuseum gibt’s Schiedsrichterkommission Amateure zuständig für nur zwei „Extrapunkte“ – stattdessen wird auch ein Zeit- „Danke Schiri.“. „Wir haben natürlich auch über Kleinig- raum für Freizeit eingeplant. „Das machen wir auch auf keiten gesprochen – uns aber im Großen und Ganzen Wunsch der Landesverbände“, so Penßler-Beyer. Außer- darauf geeinigt, das funktionierende Konzept beizube- dem gäbe es in Dortmund sehr kurze Wege zwischen halten.“ Er lacht. „Never change a winning system.“ den einzelnen Veranstaltungsorten. „Alles findet rund ums Stadion statt, das ist sehr praktisch. Wir wollten Das liegt unter anderem daran, dass auch die DEKRA alles auf möglichst kleinem Raum haben – und das ist weiterhin dabeibleibt. „Wir haben einen tollen Partner, in Dortmund ideal.“ der uns nichts aufzwingt und uns einiges ermöglicht, was sonst schwer finanzierbar wäre.“ Zum Beispiel einen Aber für die Ruhrgebietsstadt sprach natürlich auch Ehrungstag, von dem nach den Veranstaltungen 2016 noch ein anderer Punkt: „In Sachen Stimmung ist der in Hannover und 2017 in Leipzig ausnahmslos alle Teil- Signal Iduna Park ja in Deutschland schwer zu steigern. nehmer schwärmten. Von einem „unvergesslichen Erleb- Viele unserer Preisträger werden zum ersten Mal dort nis“ oder „traumhaften Begegnungen“ war die Rede. sein oder sogar ihr erstes Bundesliga-Spiel erleben. Und dafür ist die Stimmung in Dortmund natürlich ideal.“ Beides dürfte auch in diesem Jahr drin sein. Denn der Ehrungstag steigt diesmal am 5. Mai 2018 in Dortmund. Und wie laufen die Rückmeldungen? „Noch sehr unter- Die Landessieger aus allen Verbänden kommen zuerst schiedlich, je nach Landesverband. Manche haben schon in den Genuss des Bundesliga-Spiels zwischen Borussia alle drei Gewinner geehrt, von anderen fehlen noch die Dortmund und dem 1. FSV Mainz 05 am vorletzten Spiel- Namen der Preisträger. Aber das ist nicht schlimm“, tag – unter der Leitung eines prominenten Schiedsrich- betont Penßler-Beyer. „Die Frist läuft ja noch bis zum ters, der wie sein gesamtes Gespann mit den Namen 31. März. Wir liegen voll im Plan.“ der „Danke Schiri.“-Sieger auf dem Trikot auflaufen wird. „Wer die Partie leitet, steht noch nicht fest“, erklärt Wie in den Verbänden geehrt wird, überlässt der DFB Penßler-Beyer. „Das wird kurzfristig entschieden. Aber weiterhin komplett diesen. „Manche machen da ein wir können aus Sicht der Teilnehmer sicherlich darauf Volksfest draus, andere ein eher intimes Event. Wir hal- hoffen, dass das Schiedsrichter-Team nach dem Spiel ten uns bewusst zurück. Jeder so, wie er mag.“ abends auch zur Gala kommt.“

Der Besuch von Wolfgang Stark beziehungsweise Tobias Stieler und ihren Assistenten war in den vergangenen Jahren ein Höhepunkt der Veranstaltung – weil die Bun- PARTNER DFB-SCHIEDSRICHTER desliga-Referees sich völlig ohne Allüren „zum Anfas-

sen“ präsentierten und geduldig für Selfies, Autogramme PARTNER DFB-SCHIEDSRICHTER sowie längere Gespräche zur Verfügung standen.

Auch ums Spiel und die Gala herum wird es wieder ein Rahmenprogramm geben. Dabei gibt es allerdings dann doch eine Veränderung im Vergleich zum Vorjahr: „Wir haben das Programm zeitlich etwas entzerrt“, berichtet DANKE SCHIRI. Penßler-Beyer. „Wir haben nämlich die Rückmeldung DANKE SCHIRI. bekommen, dass es im vergangenen Jahr sehr voll- gestopft war, dadurch zeitlich eng und für die Teilneh- REGEL-TEST 18 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018 EINGRIFF INS SPIEL?

Dieses Mal hat DFB-Lehrwart Lutz Wagner einige Fragen von der Halbzeit-Tagung der DFB-Schieds- richterinnen zusammengestellt – gemischt mit Situationen, die sich tatsächlich in der Bundesliga ereignet haben.

Die Situationen 1 und 15 beschäftigen sich mit der Frage, ob es sich um eine strafbare Abseitsposition handelt.

SITUATION 1 halten. Er wird vom Schiedsrichter vor der SITUATION 6 Ausführung ermahnt und zurückbeordert. Der etwa 18 Meter vor dem Tor im Abseits Unmittelbar bevor der Gegner den Einwurf Ein Abwehrspieler, der in seinem Strafraum stehende Stürmer mit der Nr. 9 wird von sei- ausführt, verkürzt er jedoch erneut den vor- steht, spuckt nach einem außerhalb des Straf- nem Mannschaftskollegen aus dem Mittel- geschriebenen Abstand und hält den Ball raums im Spielfeld stehenden Gegenspieler, kreis heraus angespielt. Die Abwehrspieler auf. Wie entscheidet der Referee? trifft ihn aber nicht. Entscheidung? befinden sich fünf Meter entfernt. Die Nr. 9 berührt den Ball jedoch nicht, sondern lässt SITUATION 4 SITUATION 7 ihn zwischen seinen Beinen durchlaufen. Der Ball gelangt zu einem weiteren Stürmer. Die- Zwei Spieler eines Teams schlagen sich. Der Etwa acht Meter zentral vor dem gegneri- ser stand zuvor nicht im Abseits und erzielt Unparteiische wird durch Zurufe darauf auf- schen Tor schließt die Nr. 11 der Heim-Mann- nun ein Tor. Wie entscheidet das Schieds- merksam gemacht. Er unterbricht nun das schaft einen Angriff mit einem Torschuss ab, richter-Team? Spiel, zeigt zweimal „Rot“ und setzt dann der jedoch weit am Tor vorbeigeht. Unmit- das Spiel mit einem indirekten Freistoß fort. telbar nachdem der Spieler den Torschuss SITUATION 2 Handelt der Schiedsrichter richtig? abgegeben hat und der Ball noch im Spiel Richtung Eckfahne ist, grätscht der Vertei- Zur Ausführung eines Strafstoßes hat der SITUATION 5 diger in Richtung des Spielers mit der Nr. 11 Schiedsrichter den Ball mit Pfiff freigegeben. und trifft diesen. Er kommt mit seinem Tack- Es führt aber nicht der vorgesehene Schütze Ein indirekter Freistoß knapp außerhalb des ling zu spät, agiert dabei rücksichtslos, aber den Strafstoß aus, sondern sein Mitspieler. Strafraums wird vom Schiedsrichter blo- nicht brutal. Wie entscheidet der Referee? Der Ball wird vom Torwart berührt, geht aber ckiert, da dieser die „Mauer“ stellen muss. dennoch ins Tor. Wie entscheidet der Unpar- Er zeigt den Spielern mit erhobener Pfeife SITUATION 8 teiische? an, dass er den Ball mit Pfiff freigeben wird. Nach dem Stellen der „Mauer“ gibt er zwar Bei einem Schiedsrichter-Ball, etwa 20 Meter SITUATION 3 den Ball mit Pfiff frei, vergisst aber, den Arm vor dem Tor der Mannschaft A, bringt der zu heben. Der Schütze schießt den Ball direkt Unparteiische den Ball korrekt ins Spiel, Ein Spieler hat den erforderlichen Abstand ins gegnerische Tor. Wie muss der Unpartei- indem er ihn aus Brusthöhe fallen lässt. Nach- von zwei Metern beim Einwurf nicht einge- ische nun entscheiden? dem der Ball den Boden berührt hat, schießt 19

ihn der Stürmer in Richtung gegnerisches SITUATION 14 7: Strafstoß, Verwarnung. Der Ball ist noch Tor. Dabei wird zunächst der Schiedsrichter im Spiel, es wird nicht der Ball getroffen, angeschossen, von dem der Ball ins Tor prallt. Eine Mannschaft liegt kurz vor Spielende sondern ausschließlich der Gegner. Dies Ist der Treffer gültig? knapp in Führung. Spieler Nr. 8 dieser Mann- rechtfertigt den Strafstoß. Die Verwarnung schaft steht mit dem Ball in den Händen zum gibt es, da das Vergehen rücksichtslos war. SITUATION 9 Einwurf bereit. Nun legt er den Ball auf den Um eine „Notbremse“-Situation handelt es Boden und läuft weg. Erst Spieler Nr. 11, der sich nicht, da der Spieler bereits einen Tor- Bei der Eckstoß-Ausführung rutscht dem nun zum Einwurf-Ort läuft, will den Einwurf schuss abgegeben hat, der weit am Tor ausführenden Spieler das Standbein weg. ausführen. Welchen Spieler sollte der Refe- vorbeigeht, und das Foul keinen Einfluss Deshalb trifft er mit dem Fuß den Ball so ree verwarnen? mehr auf eine mögliche Torerzielung hat. unglücklich, dass dieser noch innerhalb des Viertelkreises über die Torlinie ins Aus rollt. SITUATION 15 8: Nein, Abstoß. Aus einem Schiedsrichter- Wie wird das Spiel fortgesetzt? Ball kann direkt kein Tor erzielt werden. Ein Angreifer fängt ein verunglücktes Abspiel Der Ball muss zuvor noch von einem zwei- SITUATION 10 des Torwarts ab und spielt den Ball zu einem ten Spieler berührt werden. Der Unpartei- im Abseits stehenden Mitspieler. Dieser geht ische ist in diesem Moment im wahrsten Der Schiedsrichter-Assistent erkennt, dass zum Ball, spielt ihn aber nicht. Stattdessen Sinne des Wortes Luft. ein Verteidiger im eigenen Strafraum stellt er sich einem hinzulaufenden Verteidi- – abseits des Spielgeschehens – einem ger deutlich in den Weg und blockiert dessen 9: Abstoß. Der Teilkreis definiert nur die Angreifer mit der flachen Hand ins Gesicht Laufweg. Deshalb kann ein weiterer Stürmer, Lage des Balls und hat keine weitere Rele- schlägt. Er zeigt das Vergehen daraufhin der nicht im Abseits gestanden hat, den Ball vanz. offen mit der Fahne an. Der Referee sieht erreichen und verwandelt ihn zum Torerfolg. das Zeichen jedoch nicht und entscheidet Wie entscheidet das Schiedsrichter-Team? 10: Schiedsrichter-Ball, Feldverweis. Die nach einem Foul im Mittelfeld auf direkten nächste Spielfortsetzung nach der bereits Freistoß für die Mannschaft des Verteidigers. erfolgten Unterbrechung kann nur noch Nachdem der Freistoß ausgeführt wurde, So werden die 15 der neutrale Schiedsrichter-Ball sein – aber erkennt der Unparteiische das Fahnenzei- die Persönliche Strafe ist auch weiterhin chen des Assistenten und unterbricht das ­Situationen richtig gelöst: noch möglich. Ziel des Assistenten hätte Spiel. Entscheidung? es sein müssen, die Aus­führung des direk- 1: Tor, Anstoß. Die Abseitsstellung ist nicht ten Freistoßes unbedingt zu verhindern. SITUATION 11 strafbar, da die Nr. 9 weder den Ball berührt noch den Gegner in einen Zweikampf um 11: Direkter Freistoß, Verwarnung. Auch Ein unmittelbar zuvor verletzt behandelter den Ball verwickelt hat. wenn keine Ballberührung erfolgt, beein- Spieler läuft unangemeldet auf das Spielfeld, flusst der Spieler seinen Gegner und greift obwohl er nicht die Zustimmung des Unpar- 2: Indirekter Freistoß, Verwarnung. Ein fal- auf diese Weise ins Spiel ein. teiischen hat. Er spielt zwar nicht den Ball, scher Schütze wird als unerlaubtes Täuschen irritiert aber den ballführenden Gegner so gewertet und somit unabhängig vom Aus- 12: Feldverweis, die Mannschaft spielt mit sehr, dass dieser den Ball passieren lässt und gang des Strafstoßes mit einem indirekten zehn Spielern weiter. Die Auswechslung ist der Ball unberührt ins Seitenaus rollt. Wie Freistoß sowie einer Verwarnung bestraft. erst vollzogen, wenn der auszuwechselnde entscheidet der Schiedsrichter? Spieler den Platz verlassen und der einzu- 3: Indirekter Freistoß, Verwarnung. Ver- wechselnde Spieler den Platz mit Zustim- SITUATION 12 kürzen des Mindestabstands beim Einwurf, mung des Schiedsrichters betreten hat. Da wenn dieser ausgeführt wird, führt im dieser Vorgang noch nicht vollständig Der auszuwechselnde Spieler mit der Nr. 4 Gegensatz zum Freistoß oder Eckstoß zu abgeschlossen ist, zählt die Nr. 4 noch als verlässt das Spielfeld. Der neue Spieler erhält einem indirekten Freistoß. Spieler und ist somit relevant für die Anzahl bereits die Zustimmung des Schiedsrichters, der Akteure auf dem Feld. den Platz zu betreten. Er hat aber den Platz 4: Nein, direkter Freistoß für das gegneri- noch nicht betreten, da der Assistent noch sche Team. Körperliche Vergehen gegen 13: Rücknahme von „Gelb/Rot“, dafür Feld- mit der Schuhkontrolle beschäftigt ist. Jetzt Mitspieler auf dem Spielfeld werden mitt- verweis mit Roter Karte. Da das Spiel noch beleidigt der ausgewechselte Spieler den lerweile genauso mit direktem Freistoß nicht fortgesetzt ist, kann der Schiedsrich- Unparteiischen. Entscheidung? geahndet wie Vergehen gegen den Gegner ter seine Entscheidung noch ändern. oder Offizielle. Die Feldverweise waren SITUATION 13 korrekt. 14: Verwarnung nur für die Nr. 8, da dieser die unsportliche Spielverzögerung begeht. Ein Spieler wird in der zweiten Halbzeit ver- 5: Wiederholung. Hier liegt ein Fehler des warnt. Da der Schiedsrichter fälschlicher- Schiedsrichters vor. Dann muss bei einem 15: Indirekter Freistoß. In dieser Situation weise der Meinung ist, er habe diesen Spie- Torerfolg der indirekte Freistoß wiederholt liegt eine strafbare Abseitsposition vor, da ler bereits in der ersten Halbzeit verwarnt, werden. der im Abseits stehende Stürmer zwar nicht zeigt er ihm jetzt „Gelb/Rot“. Darauf den Ball spielt und auch nicht das Blickfeld be­leidigt der Spieler den Unparteiischen. 6: Direkter Freistoß dort, wo getroffen wer- des Torwarts beeinträchtigt, er aber ein- Der Assistent hat den Vorfall erkannt und den sollte, Feldverweis. Spucken wird deutig den Laufweg des Gegners blockiert. macht den Schiedsrichter auf seinen Irrtum gewertet wie Werfen. Der Ort des Treffens, Dadurch führt er einen Zweikampf mit dem aufmerksam. Wie reagiert der Schiedsrichter oder wo getroffen werden sollte, ist maß- Gegner um den Ball, greift ins Spiel ein und in diesem Fall? geblich für die Spielfortsetzung. ist somit strafbar abseits. ANALYSE 20 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018

AUF DER SUCHE NACH EINDEUTIGKEIT

Im Profi-Fußball soll der Video-Assistent den Schiedsrichter vor ­Fehlentscheidungen und ihren oft unangenehmen Folgen bewahren. Vorgabe ist allerdings, dass es sich um einen ganz klaren Fehler ­handelt. Was aber ist „ganz klar“ – oder eben nicht? Wir befassen uns mit sieben Beispielen.

1A 1B

Aus zwei Perspektiven: Attacke auf die Gesundheit des 1 Gegenspielers.

1C

Neuer Fachbegriff: ­On-Field-Review (OFR) nennt man das Anschauen der TV-Bilder durch den Schiedsrichter.

http://bit.ly/On-Field-Review

TEXT tändige Umfragen, Interviews in allen Medien, genutzten Möglichkeiten (zum Beispiel nachträgliche Lutz Lüttig enttäuschte Erwartungen, sachliche und unsach- Persönliche Strafen/Sperren zu begründen) hinaus hel- Rainer Werthmann S liche Meinungen, populistische Redereien – man fen können, den Spielverlauf unmittelbar gerechter zu konnte während der Hinrunde der Bundesliga-Saison gestalten. Einfach gesagt: falsche Schiedsrichter-Ent- 2017/2018 manchmal den Eindruck haben, der Unter- scheidungen zu korrigieren, bevor sie nicht mehr rück- gang des Fußball-Abendlandes stünde kurz bevor. gängig zu machen sind.

Dabei wurde doch nur etwas ausprobiert. Das seit 1886 Und tatsächlich kann niemand bestreiten, dass manch für das Regelwerk des Fußballs zuständige und verant- falsche Einschätzung eines Unparteiischen von ihm selbst wortliche Gremium IFAB (The International Football abgeändert werden konnte, weil ihm nicht nur die eigene Association Board) hatte einigen Ländern gestattet, sekundenbruchteillange Wahrnehmung zur Verfügung einen Test durchzuführen. Es ging (und geht) dabei stand, sondern TV-Bilder. Wobei sich im Laufe der Zeit darum festzustellen, ob Fernsehbilder über die bisher herausstellte, dass es im Sinn der Nachvollziehbarkeit 21

einer Entscheidungsänderung vernünftiger ist, dass der 1 Bayer 04 Leverkusen – Borussia Dortmund Schiedsrichter sich die Bilder am Spielfeldrand auf dem 40. Minute, es steht 1:0 für Leverkusen. Der Dort­ Monitor selbst anschaut, als sich für seine endgültige munder Gonzalo Castro flankt den Ball von rechts in den Entscheidung – und nur er trifft sie – lediglich auf die Leverkusener Strafraum. Verteidiger Wendell attackiert Informationen des Video-Assistenten zu stützen. ihn mit hohem Tempo und bringt seinen Gegenspieler mit einer Grätsche zu Fall. Der Assistent zeigt „Foulspiel“ „Im Laufe der Zeit“ – das ist ein Ausdruck, der den Test- an, Schiedsrichter Robert Hartmann unterbricht das Spiel charakter des gesamten Vorgangs unterstreicht. „Nach- und zeigt dem Leverkusener die Gelbe Karte. justieren“ ist ebenfalls ein kennzeichnendes und heute gern benutztes Wort, wenn Abläufe durch die Erfahrun- Unmittelbar darauf erhält er über sein Headset einen gen, die man macht, verbessert werden können. Und Hinweis des Video-Assistenten, sich die Szene noch ein- genau das ist ja auch der Gedanke dahinter: „Live-Expe- mal selbst anzuschauen. Hartmann nimmt diese Emp- rimente mit Video-Unterstützung für Schiedsrichter bei fehlung eines On-Field-Review (OFR), wie es der IFAB eindeutigen Fehlern in spielentscheidenden Situatio- nennt, an (Foto 1c) und erkennt in den TV-Bildern, dass nen“, so lautet die offizielle Überschrift des entspre- er mit seiner Persönlichen Strafe zu niedrig gelegen hat. chenden IFAB-Protokolls. Denn Wendell trifft Castro mit gestrecktem Bein und Darin findet sich auch folgende Passage: „Die Frage lau- offener Sohle über dem Knöchel (Fotos 1a und 1b) – tet nicht: ‚War die Entscheidung korrekt?‘, sondern: ,War eine klare Gesundheitsgefährdung des Gegenspielers, die Entscheidung des Schiedsrichters eindeutig falsch?‘“. dessen Fuß durch die Heftigkeit des Fouls vollkommen Und nur darum geht es, zusätzlich eingeschränkt auf umknickt. Die Rote Karte ist die einzig richtige Maß- bestimmte Spielsituationen: Torerzielung, Entscheidung nahme. Ein sehr gutes Beispiel für eine hilfreiche Inter- Strafstoß/kein Strafstoß, Feldverweis mit Roter Karte vention des Video-Assistenten, um den Schiedsrichter (keine Gelb/Rote Karte), Spielerverwechslungen. vor einem klaren Fehler zu bewahren.

„Im Laufe der Zeit“ ist bei diesem Experiment mit dem 2 VfB Stuttgart – Bayer 04 Leverkusen Video-Assistenten auch für alle Interessierten deutlich In diesem Spiel gab es eine sehr ähnliche Situation, die geworden, was den Kennern der Materie von Anfang an leider nicht so vorbildlich gelöst wurde. Obwohl die klar war: Die größte Schwierigkeit wird sich bei einer für Begegnung bereits vom Schiedsrichter unterbrochen alle Beteiligten nachvollziehbaren Definition des Begriffs worden ist und er sich auf den Ort der Spielfortsetzung „eindeutig falsch“ ergeben. Natürlich gibt es viele wirk- konzentriert (Foto 2a), laufen zwei Spieler im Kampf um lich eindeutige Situationen, Szenen, für die es eben nur den Ball weiter. Es kommt zu einem Zweikampf. Dabei eine Deutung gibt. Aber manches bleibt im Auge des trifft der Stuttgarter Santiago Ascacibar mit übermäßi- Betrachters doch „zweideutig“, das ist – zugegeben – ger Härte seinen Gegenspieler mit der dann und wann auch unter Schiedsrichtern so. Sohle im Knöchelbereich (Foto 2b). Wie im vorigen Bei- spiel gefährdet der Stuttgarter mit diesem Tritt eindeu- Deshalb wird – neben dem weiteren Verfeinern der tig die Gesundheit seines Gegenspielers. „Rot“ wäre Abläufe zwischen dem Schiedsrichter und seinen inzwi- daher die angemessene Strafe, selbst wenn das Bein schen vier Assistenten – die Hauptaufgabe darin beste- von Ascacibar nicht komplett durchgestreckt ist. hen, die Abgrenzung zwischen „vielleicht falsch“ (aber damit auch „vielleicht richtig“) und „eindeutig falsch“ Entscheidet sich der Unparteiische wie in diesem Fall (und damit auf keinen Fall richtig) so klar und nachvoll- für „Gelb“, muss der Video-Assistent eingreifen und ihm ziehbar wie möglich zu machen. einen On-Field-Review (OFR) nahelegen. Dann kann der Schiedsrichter seine Entscheidung auf der Basis einer Wir wollen deshalb in dieser Folge unserer Analyse eigenen Bildbetrachtung überprüfen. Das wäre in die- einige Szenen aus der Hinrunde zeigen, die diese Pro­ sem Fall auch deshalb wünschenswert gewesen, da der ble­matik verdeutlichen. Unparteiische das Spiel ja bereits unterbrochen und

2A 2B

2a_Bereits gepfiffen: Die Aufmerksamkeit des Schiedsrichters ist geteilt. 2 2b_Den Fuß umgetreten: „Rot“ muss die Folge sein.

http://bit.ly/Eindeutigkeit ANALYSE 22 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018

deshalb möglicherweise den Tritt kaum wahrgenom- noch wenn er sich für „Rot“ entschieden hätte. Denn men hatte. es liegt so oder so keine eindeutige Fehlentscheidung vor. So sehr es zu begrüßen ist, dass der Schiedsrichter sich nach dem Spiel zu dem Vorgang äußert, so sehr muss 4 RB Leipzig – 1. FSV Mainz 05 man dann auch bereit sein, die Eindeutigkeit der Szene Kurz vor Spielende gibt es beim Stand von 2:2 einen einzuräumen; das umso mehr, als sie sich am Spieltag Zweikampf zwischen Jean-Philippe Gbamin und Timo nach dem oben beschriebenen „Rot“-Foul zutrug. Werner am Mainzer Torraum (Foto 4a), wobei Werner zu Fall kommt (Foto 4b) und Leipzig einen Strafstoß for- 3 FC Schalke 04 – 1. FC Köln dert. Schiedsrichter lässt die Partie wei- Für langjährige Fußball-Fans war es ein Déjà-vu-Erlebnis: terlaufen, der Ball landet nach kurzer Zeit im Toraus. In der Verlängerung des WM-Endspiels 2006 zwischen Italien und Frankreich hatte Zinédine Zidane seinen Wie bei allen Szenen, in denen sich die Strafstoß-Frage Gegenspieler Marco Materazzi mit einem Kopfstoß zu stellt, hat Video-Assistent Daniel Siebert inzwischen Boden gerammt – „Rot“ für den Franzosen. anhand der ihm zur Verfügung stehenden TV-Bilder die Situation überprüft. Die Fragestellung für ihn: War die Und diese Strafe erwarteten sicherlich viele Zuschauer, Entscheidung Ittrichs, weiterspielen zu lassen, eine ein- als der Schalker seinen Gegenspieler deutige Fehlentscheidung? ebenfalls mit dem Kopf im Brust-Bauch-Bereich traf. Schiedsrichter Tobias Stieler allerdings behielt die Ruhe Die Antwort, die er dem Unparteiischen umgehend mit- und ließ sich von dem Zidane-Fall, der ihm auch sofort teilt: auf gar keinen Fall ein klarer Fehler. Der Video- vor Augen gestanden haben mag, nicht verleiten. Assistent ist hier zwar aktiv, aber er greift nicht ins Gesche- hen ein, weil die Situation auch nach wiederholter Was war geschehen? Nach einem vom Kölner Salih Özcan Zeitlupen-Betrachtung nicht eindeutig zu klären ist. Das an ihm begangenen Foulspiel rappelt sich Goretzka bedeutet außerdem: Hätte der Schiedsrichter auf Straf- wütend auf. Auch weil, wie die TV-Bilder es nahelegen, stoß entschieden, wäre ein Eingreifen auch nicht mög- Özcan ihm wohl etwas zugerufen hat, schaut er den sich lich gewesen, denn auch diese Festlegung wäre keine auf ihn zubewegenden Özcan an, nimmt den Kopf her- eindeutige Fehlentscheidung von Ittrich gewesen. unter (Foto 3a) und lässt den Kölner dagegenlaufen, der dabei nicht zu Fall kommt (Foto 3b). 5 – Bayern München Als James Rodríguez den Ball durchs Mittelfeld treibt, Der „Kopfstoß“ wird also nicht mit Vehemenz aus­ grätscht Frankfurts Marius Wolf hinter ihm her, ohne geführt, schon gar nicht mit der Wucht, die Zidane ein- den Ball erreichen zu können. Auch wenn der TV-Repor- setzte. Daher ist Goretzkas Verhalten nicht zwingend ter es anders sieht („Er trifft ihn gar nicht richtig, mit als Tätlichkeit zu bewerten. „Gelb“ wäre für diese Unsport- dem linken Bein überhaupt nicht.“), bringt er James lichkeit die angemessene Strafe gewesen. Wie sehr sich doch zu Fall (Foto 5a). Schiedsrichter hat die Zidane-Aktion von der Goretzkas unterschied, kann einen guten Blick auf die Szene und zeigt sofort „Rot“ man sich übrigens bei Youtube anschauen. (Foto 5b).

Für den Video-Assistenten gibt es hier keinen Grund Bei genauer Betrachtung der TV-Bilder trifft der Frank- einzugreifen, weder wenn es der Schiedsrichter ohne furter Spieler aber seinen Gegenspieler nicht in der bru- Disziplinarstrafe abhandelt, wie er es hier getan hat, talen Weise, wie es der Referee aus seiner Perspektive

3A 3B

Sieht so aus wie damals, war aber viel harmloser: Leon Goretzka ist nicht 3 Zinédine Zidane.

http://bit.ly/Kopfstoss 23

4A 4B

4a_Gute Sicht: Der Schiedsrichter schaut auf den Zweikampf am Torraum. 4 4b_Foul oder nicht? Wo Zweifel sind, gibt es keine Eindeutigkeit.

http://bit.ly/Strafraum 5A

Getroffen: Mit dem linken Unterschenkel bringt Marius Wolf den 5 Bayern James zu Fall.

5B 5C

Korrektur: Aus „Rot“ wird mit Hilfe des Video-Assistenten „Gelb“.

http://bit.ly/Grätsche

wahrgenommen hat. Die Grätsche liegt eher im rück- Dabei bewertet er einen Zweikampf, den sichtslosen Bereich, für den eine Gelbe Karte vorgese- mit Daniel Caligiuri zehn Sekunden zuvor – aber inner- hen ist. Da die Abstimmung zwischen Video-Assistent halb desselben Spielzugs – links außerhalb des Straf- und Schiedsrichter über die Wahrnehmung zu diesem raums ausgetragen hat, als Foulspiel des Gladbachers. Vorgang Unterschiede zeigte, war es richtig, dass Harm Er greift ein und empfiehlt dem Unparteiischen den Weg Osmers sich das Foulspiel selbst noch mal mit einem in die Review Area. Der schaut sich die TV-Bilder an und On-Field-Review anschaute. nimmt daraufhin seine Strafstoß-Entscheidung zurück. Die Begegnung wird mit Freistoß für Schalke 04 fortge- Danach nahm er seine „Rot“-Entscheidung zurück, ging setzt, die Gelbe Karte gegen Naldo ebenfalls zurückge- zu Wolf und zeigte ihm „Gelb“ (Foto 5c), Frankfurt nommen. konnte das Spiel zu elft fortsetzen. Eine gelungene Zusammenarbeit zwischen Video-Assistent und Um hier noch einmal die wichtigste Frage aus den IFAB- Un­parteiischem. Anweisungen für den Video-Assistenten zu stellen: War die Entscheidung des Schiedsrichters eindeutig falsch? 6 Borussia Mönchengladbach – FC Schalke 04 Musste er zweifelsfrei den Zweikampf zwischen Wendt Der Schiedsrichter entscheidet nach Foul von Naldo an und Caligiuri als Foul des Gladbachers ahnden? Nein, Lars Stindl auf Strafstoß für Mönchengladbach – eine lautet die Antwort: Die TV-Bilder zeigen, dass es sich eindeutige Entscheidung. Dennoch checkt der Video- eher um ein hartes, aber erlaubtes Rempeln handeln Assistent den Vorgang, was bei Strafstoß-Entscheidun- könnte (Foto 6a), durch das der Schalker stürzt (Foto gen vom IFAB grundsätzlich vorgesehen ist. 6b). Oder sich, einer schon seit einiger Zeit „beliebten“ ANALYSE 24 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018

Verhaltensweise folgend, nach dem Rempler geschickt laufen, haben keinen direkten Einfluss darauf, ob aus fallen lässt. dem Strafstoß ein Tor erzielt wird oder nicht. Das geht aus Punkt 8.11 der Erläuterungen des IFAB hervor. Allein schon diese nicht von der Hand zu weisende Aus- legung der Situation zeigt, dass hier von „eindeutig“ Was auch bedeutet: Begehen Torwart oder Schütze einen oder „zweifelsfrei“ nicht die Rede sein kann. Der Eingriff eindeutigen Regelverstoß, den der Unparteiische nicht des Video-Assistenten hat den Schiedsrichter, der sich ahndet, kann der Video-Assistent eingreifen. Das gilt auch dank seines sehr guten Stellungsspiels bei beiden auch für Spieler, die zu früh in den Strafraum laufen und Entscheidungen sicher sein konnte, ohne Notwendig- dann direkt Einfluss nehmen, indem sie den Nachschuss keit auf eine falsche Fährte gelockt. verwandeln oder einen korrekt in den Strafraum gelau- fenen Spieler daran hindern, aus einer aussichtsreichen 7 Bayern München – Situation („where a goal might be scored“) aufs Tor zu Grundsätzlich sind wir bei den Ausführungen von Straf- schießen. stößen nicht allzu kleinlich. Aber wenn wie in diesem Fall beinahe alle Spieler beider Mannschaften sich meter- Und auch hier muss der Video-Assistent die wichtigste weit im Strafraum und schon fast auf Höhe des Schüt- Frage („War die Entscheidung des Schiedsrichters ein- zen befinden, ist eine Wiederholung unumgänglich deutig falsch?“) mit einem klaren Ja beantworten ­können. (Fotos 7a und 7b). Das kann nicht akzeptiert werden. Daher war die Anordnung von Schiedsrichter Guido Der Weg zur Eindeutigkeit ist nach manchen Irrungen Winkmann, den von den Hannoveranern verwandelten und Wirrungen – wie soll es bei einem Experiment auch Strafstoß wiederholen zu lassen, absolut richtig. anders sein? – von allen Beteiligten erkennbar einge- schlagen worden; die Zahl der eindeutigen Fehler wird Wichtig zu wissen: Der Video-Assistent hätte in diesem weiter abnehmen. Für diese erfreuliche Perspektive Fall nicht eingreifen dürfen. Denn alle Spieler, die hier muss der Profi-Fußball aber auch die Diskussionen auf die Regel übertreten, indem sie zu früh in den Strafraum diesem Weg aushalten.

6A 6B

6a_Rempelei: Daniel Caligiuri (Nr. 18) will den Ball ins Aus laufen 6 lassen … 6b_… und stürzt dann zu Boden. Ein Foul?

http://bit.ly/Rempler 7A

Aus zwei Perspektiven: Nur ein einziger Spieler verhält sich 7 regelkonform.

7B

http://bit.ly/Reinlaufen alle wissen, wo sein auto steht. er pfeift drauf. Dennis, Schiedsrichter der SG Johannesberg 1926. Wie schon sein Vater sorgen er und seine 58.000 Kollegen unbeirrt dafür, dass sich rund 7 Millionen Mitglieder an die Spielregeln halten. Mehr über Dennis und den Amateurfußball in Deutschland auf kampagne.dfb.de

UNSERE AMATEURE. ECHTE PROFIS. FRAUEN 26 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018 GROSSE RUNDE

Bei ihrer Halbzeit- Tagung in Mainz arbeiteten die DFB- Genauso wie ihre männlichen Kollegen trafen sich auch die Schiedsrichterinnen unter anderem mit DFB-Schiedsrichterinnen in der Winterpause zu einem mehrtägigen einem Mental-Coach. Lehrgang: In Mainz zogen sie ihr Hinrunden-Fazit und bereiteten sich körperlich und mental auf die Rückrunde vor.

TEXT s waren schon ganz schön viele Schiedsrichterin- Frühstücksbuffet verließ der Teambus noch im Mor- Anja Kunick nen, die sich in Mainz versammelten: 80 Unpar- gengrauen das Hotel in Richtung Sporthalle. Diesmal E teiische waren mit dabei, die Schiedsrichterinnen wartete Antretter nicht mit dem sonst obligatorischen der Allianz Frauen-Bundesliga, der 2. Frauen-Bundesliga Leistungstest auf, sondern fühlte den Teilnehmerin- und der B-Juniorinnen-Bundesliga sowie auch die Bun- nen durch eine intensive Trainingseinheit auf den Zahn desliga-Assistentinnen. der Fitness: Durch ein schnelles Intervallprogramm mit Reaktionsübungen wurde das Nervensystem angesteu- Drei Tage arbeiteten sie von morgens bis abends. So bat ert, um möglichst schnelle Antworten der Muskulatur Fitness-Coach Heinz-Dieter Antretter die Schiedsrich- hervorzurufen. „Mit den sogenannten ‚Rapid Response terinnen zu zwei intensiven Trainingseinheiten in die Drills‘ wird die Kommunikation zwischen Gehirn und Mainzer Uni-Sporthalle. Gleich am Freitag – kurz nach Körper gefördert und effizienter gemacht, damit auf der offiziellen Begrüßung – wurden die Anreise-Strapa- dem Platz eine höhere Handlungsschnelligkeit erzielt zen durch abwechslungsreiche Einheiten aus den Bei- werden kann. Die Muskulatur wird schlauer gemacht“, nen befördert. Nach einem Lockerungslauf brachten die erklärte An­tretter. Physiotherapeutinnen Sonja Wunderle und Sabine Roh- leder mit Mini-Powerbändern Stabilität und Kraft in Doch neben der körperlichen Belastung, die der Leis- die Gelenke der Aktiven, bevor der Abend mit einem tungssport unweigerlich mit sich bringt, bekamen die ABC-Programm zum Üben der Lauftechnik spät aus- Schiedsrichterinnen auch Nachhilfe im schonungsvol- klang. len Umgang mit ihren physischen Ressourcen. So gaben die Physiotherapeutinnen anschauliche Einblicke in die Schon vor Sonnenaufgang klingelte am frühen Sams- menschliche Anatomie und sensibilisierten für ein ver- tagmorgen der Wecker. Nach einer kurzen Stärkung am letzungspräventives (Trainings-)Verhalten. 27

Ein weiterer zentraler Schwerpunkt der Halbzeittagung war die Regelarbeit, die neben der Fitness bekanntlich der wichtigste Grundpfeiler einer guten Schiedsrichter- Leistung ist. Unter der Leitung von DFB-Lehrwart Lutz Wagner wurden mehr als 115 Videoszenen gründlich analysiert, in den Arbeitsgruppen ausgiebig diskutiert und schließlich auch überprüft.

Dabei wurden vor allem auch die sogenannten Grauzo- nen unter die Lupe genommen: Wie können in diesem nicht eindeutig definierten Bereich durch eine intelli- gente Auslegung der Fußballregeln die Grenzen ausge- reizt werden, ohne diese zu überschreiten oder zu bre- chen? Diese Aufgabe in stressigen Spielsituationen intelligent zu lösen, ist ein echter Gradmesser für Spit- zen-Schiedsrichterinnen.

Nicht nur lehrreich, sondern auch unterhaltsam waren die Ausführungen und praktischen Übungen von Men- tal-Trainer Efthimios Kompodietas aus Bielefeld, der mit den Schiedsrichterinnen die Themen Konzentration und Gelassenheit beleuchtete. Er demonstrierte spielerisch, welche Höchstleistungen möglich sind, wenn der Fokus auf das Hier und Jetzt gerichtet wird und unwesentliche Nebeneffekte ausgeblendet werden. In Gruppenarbeit Besonders freuten sich die Schiedsrichterinnen über Baitinger die aktuelle Situation in der 2. Frauen-Bundes- wurden Grauzonen des den Besuch von Heike Ullrich, die seit diesem Jahr die liga hervor, in der ein brisanter Saison-Endspurt zu erwar- Regelwerks diskutiert. zuständige DFB-Direktorin für den Schiedsrichter- ten sei. Die Strukturreform von der zwei- zur eingleisi- Bereich ist und auch den Frauenfußball in- und auswen- gen Liga betreffe nicht nur die Vereine, sondern auch dig kennt. Sie brachte ehrlich zum Ausdruck, wie sehr die Zweitliga-Schiedsrichterinnen, deren Anzahl eben- sie sich auf die Zusammenarbeit freut, was mit Beifall falls reduziert werden müsse. Baitinger kündigte ebenso erwidert wurde. an, dass ab kommender Saison die Schiedsrichterinnen- Lehrgänge nicht mehr in diesem großen Rahmen statt- Bei der inhaltlichen Auswertung der ersten Halbserie fänden, sondern das Teilnehmerfeld entsprechend der hob die Schiedsrichterinnen-Verantwortliche Christine Ligazugehörigkeit geteilt werde.

DREI ABSCHIEDE UND SECHS FIFA-ABZEICHEN

Nachdem sie bereits im vergangenen Sommer aus Außerdem überreichte Herbert Fandel (Vorsitzender des dem DFB-Bereich ausgeschieden waren, wurden drei DFB-Schiedsrichter-Ausschusses) die FIFA-Abzeichen an Schiedsrichterinnen nun auch aus dem Kreis der Akti- die internationalen Schiedsrichterinnen und Assisten- ven verabschiedet. Franziska Haider (31) begann ihre tinnen. DFB-Karriere 2007 und leitete insgesamt 53 Spiele im DFB-Bereich. Ihr Erstliga-Debüt feierte sie 2013 bei der Partie SC Freiburg gegen FF USV Jena. Die gleiche Spielpaarung sollte 2017 ihr Abschiedsspiel werden, bevor sie aus gesundheitlichen Gründen ihre aktive Karriere beendete. Ebenso gesundheitlich bedingt beendete Corinna Heft (27) ihre junge Lauf- bahn und blickt auf insgesamt 45 Einsätze in der 2. Frauen-Bundesliga zurück. Sabine Stadler (39) hin- gegen verkündete nach elfjähriger Zugehörigkeit in der 2. Frauen-Bundesliga, in der sie 87 Spiele pfiff, lediglich ihren Abschied aus dem DFB-Bereich. In Die FIFA-Schiedsrichterinnen Karoline Wacker, Angelika Hessen will das einstige „Urgestein der zweiten Liga“ Söder, Ines Appelmann, Christina Biehl, Riem Hussein und Sina weiterhin in der Herren- als Unparteiische Diekmann (mit Herbert Fandel und Christine Baitinger, der aktiv bleiben. Verantwortlichen für den Schiedsrichterinnen-Bereich). PROJEKT 28 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018 REIF FÜR DIE INSEL

Ivan Mrkalj (Mitte) vor einem Einsatz auf der Insel Gozo. Einmal ein Erstliga-Spiel leiten! Für die allermeisten Schiedsrichter ist das ein absoluter Lebenstraum. Ivan Mrkalj aus Köln hat sich diesen Traum erfüllt. Allerdings nicht in Deutschland, sondern auf Malta. Uns erzählt er die Geschichte von einem Auslandspraktikum mit Folgen – für ihn und für seinen Fußballkreis.

TEXT leich unter der Stiefelspitze Italiens liegt eine Während er Vorbereitungen für den Auslandsaufenthalt Tobias Altehenger Insel, die viele nur vom Hörensagen kennen: traf, Flüge buchte und Koffer packte, kam die Zusage: G Malta. Früher britische Kolonie, heute kleinster Der Kölner, der im FVM Spiele bis zur Mittelrheinliga lei- Mitgliedsstaat der Europäischen Union, seit einigen Jah- tet und Mitglied im Perspektivkader ist, wurde vom Mal- ren mit dem Euro als Zahlungsmittel – ansonsten weiß tesischen Fußball-Verband für die Zweite Liga nominiert. man eigentlich wenig über dieses Land. Ein Felsklum- Auch die Pfeife musste also mit in den Koffer. pen im Mittelmeer, auf dem sich unfassbar alte gelbe Busse über schlaglochgespickte Straßen winden. Auch Nach der Ankunft auf der Insel ging alles relativ schnell. Ivan Mrkalj aus Köln wusste noch vor einigen Monaten Die ersten Einsätze hatte Ivan Mrkalj allerdings noch wenig über diese Insel und ihre Bewohner. Gerade die- nicht in der Zweiten Liga, sondern vor allem in der ses Nichtwissen war für ihn aber Motivation genug, sich Jugend und in der Dritten und Vierten Liga – ein „Warm- Malta einmal näher anzuschauen. up“ im neuen Umfeld sozusagen. Vierte Liga bedeutet auf Malta allerdings so viel wie Kreisliga D. Denn mehr „Ich musste erst einmal nachsehen, wo das überhaupt Ligen gibt es nicht. liegt“, erinnert sich Ivan. Der Anlass für den Trip war ursprünglich beruflicher Natur: Der 23-jährige Kölner Trotzdem ist genug zu tun für die nur rund 150 Schieds- wollte auf Malta ein sechsmonatiges Praktikum im Bereich richter im Maltesischen Fußball-Verband. Mehrere Ein- Social Media machen. Als er die Reise plante, wurde ihm sätze am Wochenende sind keine Seltenheit, alle Spiele aber schnell klar: Sechs Monate, ohne zu pfeifen – das – auch in der Jugend – werden nämlich im Team gelei- geht nicht. „Zunächst habe ich den Obmann des Malte- tet. „Die Leute sind einfach extrem fußballverrückt und sischen Fußball-Verbandes kontaktiert, dann meinen begeistert“, weiß Ivan inzwischen. „Fußball ist National- Vorsitzenden im Fußball-Verband Mittelrhein.“ Die Müh- sport, daneben gibt es auf Malta eigentlich nichts.“ Die len der Fußball-Bürokratie setzten sich in Bewegung. eigene Premier League spielt für die Fans eine große 29

Rolle, darüber hinaus geht der Blick nach England und Am Ende seines Auslandsaufenthalts gab es dann für Italien. Wer die Fußball-Begeisterung verstehen will, Ivan noch eine Überraschung. Obwohl er auf Malta braucht nur ein wenig in die Geschichte zu schauen: eigentlich als Zweitliga-Schiedsrichter gelistet wurde, 1959 trat das Land der FIFA bei, 1960 der UEFA – und durfte er als „Abschiedsgeschenk“ noch ein Spiel in der erst im Jahr 1964 wurde es unabhängig von Großbri- höchsten Spielklasse leiten: Gżira United gegen Victo- tannien. Auf Malta werden Prioritäten gesetzt. ria Hotspurs. Wieder auf Gozo. „Das war natürlich noch mal eine echt gute Sache – und auch ein echt interes- Spiele auf der Insel zu leiten, bedeutete für Ivan Mrkalj santes Spiel, das sogar im Fernsehen übertragen wurde.“ zunächst eine gewisse Umstellung. Zwar wird selbst- verständlich auch auf Malta nach den internationalen Abgeschlossen war das Kapitel Malta für Ivan aber auch Fußballregeln gespielt, aber es gibt Unterschiede. nach der Rückkehr nach Deutschland nicht. Stattdessen „Eigentlich sind die Regeln ja überall gleich“, wundert überlegte er, wie er seine Erfahrungen auch anderen sich Ivan, „trotzdem war ich am Anfang etwas über- Unparteiischen zugänglich machen könnte. „Ich hatte rascht. Zweikämpfe werden deutlich robuster geführt die ganze Zeit einen echt guten Draht zum maltesischen als in Deutschland, ohne dass sich die Spieler groß Schiedsrichter-Obmann Kevin Azzopardi. Und auch nach- beschweren. Da darf man nicht zu kleinlich sein.“ Ansons- dem ich wieder zu Hause war, sind wir in Kontakt geblie- ten bekommt man schnell ein Problem mit den Ohren, ben und haben uns irgendwann gesagt: Lasst uns doch denn die Lautstärke auf dem Platz ist auf Malta eine einen Austausch ins Leben rufen.“ andere: „Eigentlich wird permanent wegen irgendwas geschrien. Die Spieler sind sehr emotional. In einer Par- Wenige Wochen später war es dann so weit: Nachwuchs- tie wollte ein Spieler zum Beispiel, dass ich den Torwart Schiedsrichter aus Malta kamen zu einem Trainingslager wegen Zeitspiels verwarne – nach drei gespielten in den Fußballkreis Köln, waren zu Gast in der Sport- ­Minuten.“ schule Hennef, wurden von Verbandsmitarbeitern geschult und leiteten Vorbereitungsspiele, in denen sie „MIT DEM SCHIFF ZUM SPIEL BIN ICH von Beobachtern des Verbandes gecoacht wurden. In AUCH NOCH NIE ANGEREIST.“ diesem Jahr soll der Gegenbesuch folgen. Zwei Schieds- richter-Teams aus Köln werden nach Malta fliegen, um In Deutschland eher ungewöhnlich, auf Malta normal: dort an einem Lehrgang teilzunehmen und Spiele zu eine Anreise per Schiff. Ivan Mrkalj passierte das direkt leiten. „Damit können wir unseren Schiedsrichtern natür- bei seinem ersten Zweitliga-Einsatz, bei einem Spiel auf lich eine attraktive Maßnahme anbieten“, meint Ivan der Nachbarinsel Gozo. „Das war schon eine Anreise Mrkalj, der inzwischen jedem einen Aufenthalt auf Malta unter erschwerten Bedingungen“, erinnert er sich empfiehlt: „Ich habe sehr herzliche Menschen und eine lachend. „Erst mit dem Bus zur Fähre, dann mit dem völlig andere Kultur kennengelernt und konnte mich Schiff rüber nach Gozo, und da hat uns dann schließlich auch als Schiedsrichter weiterentwickeln – besser geht’s ein Funktionär abgeholt und zum Stadion gefahren.“ ja eigentlich nicht.“ Während sich dieser Anreiseweg in Deutschland wohl nicht durchsetzen wird, gab es auf Malta aber vieles, was Was mit einem einzigen Referee und seinem Praktikum sich Ivan auch hierzulande gut vorstellen könnte: Jeder auf Malta angefangen hat, könnte also der Grundstein Unparteiische bekommt zum Beispiel alle Trikots vom für eine intensive Schiedsrichter-Partnerschaft werden, Verband gestellt, es gibt zweimal die Woche Schieds- zwischen der kleinen Insel im Mittelmeer und der Karne- richter-Training mit einem FIFA-Trainer, außerdem sind valshochburg am Rhein. Da soll noch einer behaupten, die Aufstiegschancen für Referees groß. das Schiedsrichterwesen würde keine Brücken schlagen.

Beim Gegenbesuch der maltesischen Schiedsrichter in Köln stand auch eine Stadionführung auf dem Programm. BLICK IN DIE PRESSE 30 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018

STRESSIGER SONNTAG IN DER B-KLASSE

Schiedsrichter Bülent Yüca wurde mit der Spielleitung eines B-Klasse-Spiels Teil der Themenwoche in der Mittelbayerischen Zeitung.

In der Mittelbayerischen Zeitung, Regionalausgabe Neumarkt, gab es Ende vergangenen Jahres eine Themenwoche rund um den Schieds- richter mit vielen lesenswerten Geschichten. Eine handelt davon, wie Schiedsrichter Bülent Yüca ein B-Klasse-Derby in Neumarkt leitet.

T E X T s ist ein heikler Moment. Ein falscher Satz, eine An diesem vier Grad kalten Tag obliegt ganz allein Yüca Thorsten Drenkard falsche Geste, und die Stimmung am Spielfeld- die Verantwortung für die Spielführung. In der B-Klasse E rand könnte kippen. Das weiß Schiedsrichter Bülent gibt es keine Assistenten, die ihm unterstützend zur Yüca, als er in seine Pfeife bläst und eine einsame, Seite stehen könnten, geschweige denn einen Videobe- gewagte Entscheidung trifft. weis. Erschwerte Bedingungen für Yüca, der seit zehn Jahren für den TV Hilpoltstein pfeift. Es ist früher Nachmittag an diesem kalten, vernieselten November-Sonntag. Auf dem nassen, tiefen B-Platz der Als er beim Stand von 2:1 für die Gäste anzeigt, fünf DJK Neumarkt schmeißen sich die Spieler der Reserve- Minuten nachspielen lassen zu wollen, gibt es einen teams des Gastgebers und des 1. FC Neumarkt Süd lauten Aufschrei unter den Zuschauern, die es mit den beherzt in die Zweikämpfe. Wagemutige Grätschen wer- Süder Kickern halten. Einigen gefällt das ganz und gar den hier, im ungeschminkten Fußball der B-Klasse, zur nicht. Kunstform erhoben. Es regnet Hohn und Spott auf den Unparteiischen herab. Mittendrin Bülent Yüca, der als Referee der Gruppe Jura/ Nicht das erste Mal an diesem Tag, dass sich der Refe- Nord ein neutrales Auge auf die Einhaltung der Spielre- ree dumme Sprüche von außen anhören muss. geln an diesem Tag hat. Dass der 1,68 Meter große Schiedsrichter diese Partie überhaupt pfeift, ist nicht Yüca wird es zu blöd. Er pustet kurz und entschlossen selbstverständlich – längst können im Kreis Neumarkt in seine Pfeife. Alle Blicke der Zuschauer am Seitenrand nicht mehr alle Partien der B-Klasse mit neutralen Unpar- sind auf den untersetzten Schiedsrichter gerichtet, der teiischen besetzt werden. nun allein für seine Entscheidung geradestehen und diese gegen die äußeren Widerstände einiger Zuschauer Es gibt schlichtweg nicht mehr genug Unentwegte wie durchsetzen muss. Yüca, die sich allein und unerschrocken auf die Fußball- plätze der Region wagen, um dort den Fußballregeln Deutliche Ansage Yücas: „Jetzt gehen mal alle drei Meter Geltung zu verschaffen – regelmäßigen Anfeindungen von der Seitenlinie zurück, alle bis auf die Betreuer, Trai- zum Trotz. ner und Spieler. Das schaue ich mir nicht mehr länger 31

an.“ Jetzt ist er da, der Moment, in dem vieles falsch laufen könnte. ­N AC H G E F R AG T Ein Zuschauer entgegnet: „Jetzt hör doch auf mit dem Mist, ey!“ Ein anderer: „Am besten wär’s, du würdest SRZ-Mitarbeiter Andreas Allacher sprach mit dem ver- deine Pfeife wegschmeißen!“ Einige lachen, einige fol- antwortlichen Redakteur Thorsten Drenkard (Foto), gen der Anweisung des Schiris, der mit entschlossenem der die Themenwoche Schiedsrichter geplant und auf Schritt und energischem Armzeichen seine Aufforde- diese Weise als Außenstehender einen eigenen Ein- rung untermauert. blick in die Welt der Unparteiischen erhalten hat.

Schließlich fordert Yüca den lautesten Schreihals auf, Herr Drenkard, wie kam die Redaktion auf die Idee zu das Spielfeld zu verlassen. Dieser gibt aus dem Schoß dieser Themenwoche? der Gruppe trotzige Widerworte. Yüca ist unbeeindruckt, Die Idee dazu hatte ich schon lange. Ich wollte schon bleibt standhaft. Nun schalten sich einige DJK-Spieler immer wissen, was das für Menschen sind, die sich ein, auch Verantwortliche des Vereins rufen zur Vernunft Woche für Woche dieser komplizierten Aufgabe stel- auf. „Ruhe jetzt!“ oder „Bitte mach doch einfach, was len – für eine eher symbolische Bezahlung, für nahezu der Schiedsrichter sagt!“, lauten die Zurufe. keinerlei Anerkennung, dafür umso mehr Anfeindun- gen durch Spieler, Trainer, Fans und Eltern. Am Ende tun die Zuschauer, was der Referee fordert. Das Spiel geht friedlich zu Ende. Als Yüca final in seine Gab es Vorbehalte von Seiten der Referees bei der Pfeife pustet und den 2:1-Sieg der Gäste amtlich macht, Recherche? haben sich die erhitzten Gemüter längst wieder beru- Ich merkte schnell, dass Schiedsrichter nicht darauf higt. erpicht sind, medial im Rampenlicht zu stehen. Obmann Oliver Johannes und seine Kollegen aus Hinterher gibt es gar Lob von allen Seiten für die kon- Neumarkt waren aber sofort dabei, standen mir von sequente Spielleitung des erfahrenen Unparteiischen. Beginn an für jegliche Fragen zur Verfügung und waren immer kooperativ. Da war ein Bedürfnis der Schieds- Benjamin Flinker, Kicker der DJK Neumarkt, befindet die richter zu spüren, den Leuten da draußen einmal zu Leistung Yücas als „sehr, sehr gut“, und auch Steve Pich- zeigen, dass Unparteiische Menschen wie du und ich ler, Kapitän der Süder, attestiert ihm, „stark und konse- sind und dass diese Tätigkeit tatsächlich Spaß macht. quent“ gepfiffen zu haben. „Für maulende Spieler gab es gleich eine Gelbe Karte, das war richtig so.“ Sie haben sich in der Themenwoche mit Schiedsrich- tern in der „großen Welt des Fußballs“, aber auch mit Insgesamt zeigt Yüca in diesem umkämpften, niemals dem Minikosmos Neumarkt beschäftigt. Was war für aber feindseligen Derby sieben Gelbe Karten, einmal Sie interessanter? Gelb/Rot und verweist einen Zuschauer. Yüca ist wäh- Beides war spannend. Bei meinen zahlreichen Gesprä- rend der Partie immer in Bewegung, kreist nicht nur um chen mit Schiedsrichtern aus der Neumarkter Region den Anstoßpunkt, spricht viel mit den Spielern, ist klar habe ich genauso wie beim Interview mit Ex-FIFA- in seinen Ansagen und Gesten – kurzum: Er hat das Schiedsrichter Urs Meier vor allem eines gemerkt: Alle ungestüme Treiben auf und neben dem Platz im Griff. Schiedsrichter sind im Herzen Fußballer, die das Spiel lieben – das war schön und beruhigend zu sehen. Pauschallob des unterlegenen DJK-Trainers Fahrettin Özgül für Yüca: „Er ist einer der besten Schiedsrichter, Gab es ein Leserecho auf die Themenwoche? die wir in der B-Klasse haben.“ Nicht nur Özgül ist froh Die Schiedsrichter-Themenwoche im Neumarkter Tag- über Referees wie Yüca, schließlich wissen sie in der blatt wurde überregional wahrgenommen und fand B-Klasse um den Mangel an bereitwilligen Schiris. nicht nur unter Schiedsrichtern oder Fußballern Anklang, sondern machte auch Leser, die nicht unbe- INTENSIV UND HERAUSFORDERND dingt aus dem Sport kommen, auf die Lage der Unpar- teiischen aufmerksam. Das Stadtderby liefert den Beweis dafür, dass derart intensive Spiele stets eine Herausforderung für Schieds- Wie lautet Ihr Fazit, nachdem Sie sich als Außenste- richter sind. Nachher gibt Yüca unumwunden zu: „Es hender intensiv mit der Schiedsrichter-Thematik aus- war schon ein stressiger Sonntag, aber ich habe noch einandergesetzt haben? alles im Griff gehabt.“ Fehler? Natürlich mache er Feh- Die Schiedsrichter-Tätigkeit ist ein undankbarer Job, ler, „ich bin schließlich ein Mensch“. Dann gehöre Selbst- der viel Idealismus, Zeit und Verantwortungsbewusst- kritik zum Schiedsrichter-Job. sein erfordert. Diese Anforderungen sind vielen Men- schen heutzutage schlichtweg zu hoch, um sich für An diesem Tag geht er aber mit stolzer Brust nach Hause. die Schiedsrichterei zu entscheiden. Um den Job „Wenn die Spieler hinterher zu einem kommen und sich attraktiver zu gestalten, sind nicht nur die Schieds- bedanken, gibt das Extramotivation.“ Es ist sein Ansporn richter gefragt – Verbände, Vereine, Spieler, Trainer, für den nächsten Schiri-Einsatz. Der erfahrene Yüca weiß Fans und Eltern müssen sich im Klaren sein, dass gut genau: Als Referee wird er auch künftig blitzschnell Ent- ausgebildete Unparteiische die Grundlage für faire scheidungen treffen müssen – manchmal auch einsame Spiele sind. und gewagte. MELDUNGEN 32 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018

AUS DEN ­VERBÄNDEN

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BADEN

Schiedsrichter managen Konflikte

Um junge Unparteiische besser auf Konflikt- situationen vorzubereiten, organisierte der Badische Fußballverband (bfv) einen Lehr- gang mit dem Schwerpunkt „Konfliktma- 1_Jungschiedsrichter-Turnier in Niedersachsen: Die nagement“. Auf dem Programm standen Unparteiischen aus dem Bezirk Braunschweig hatten bei den unter anderem ein spezielles Verhaltenstrai- Mädels am Ende die Nase vorn. ning mit Rollenspielen, die gemeinsame Erar- 2_ Willi Clemes freute sich über die praktischen Tipps, die er beitung kritischer Spielsituationen sowie die im Rahmen der Zertifizierung von DFB-Lehrwart Lutz Wagner Erstellung eines Maßnahmenkatalogs zur bekam. deeskalierenden Gesprächsführung. 3_ Der Schweriner Hannes Ventzke durfte sich im Rahmen des Die Referenten Thomas Längle, Rolf Karcher, Winter-Lehrgangs in Mecklenburg-Vorpommern über seine Verbandsliga-Nominierung freuen. Metin Aktay und Jürgen Groh erarbeiteten 4_Der hessische Schiedsrichter Simon Henninger (Mitte) wurde zusammen mit den Teilnehmern nicht nur, für seinen Einsatz ausgezeichnet. wie man sich im Umfeld eines Fußballspiels 5_ In Baden trafen sich junge Unparteiische, um über das gezielt auf kritische Situationen vorbereitet, Thema „Konfliktmanagement“ zu diskutieren. sondern zeigten auch entsprechende Wege 6_Die Schiedsrichter aus Solingen gewannen den Gerd- auf, diese zu lösen. Hennig-Pokal. TEXT Jürgen Groh 33

HESSEN MECKLENBURG-VORPOMMERN NIEDERSACHSEN

Auszeichnung für Zweite Auflage des Sieger kommen Simon Henninger Winter-Lehrgangs aus Vechta

Die Hessische Landesregierung hat die Kam- Zum wiederholten Mal trafen sich die rang- Nach einem torlosen Finale musste der Sie- pagne „Hessen lebt Respekt“ ausgelobt, in höchsten Schiedsrichter des Landesfußball- ger des 36. Niedersächsischen Jungschieds- deren Rahmen Staatssekretär Michael Bußer Verbandes Mecklenburg-Vorpommern in richter-Turniers durch ein Entscheidungs- mehr als 30 Schiedsrichter aus unterschied- Linstow zur Vorbereitung auf die Rückrunde. schießen ermittelt werden. Dabei gewannen lichen Sportarten für ihren Einsatz auszeich- Unter anderem gab es dabei eine Podiums- die Unparteiischen aus dem Kreis Vechta nete. Der Verbands-Schiedsrichter-Aus- diskussion mit Verbands-Lehrwart Enrico gegen die Auswahl des Kreises Osterholz. schuss hatte dafür den Unparteiischen Simon Barsch als Moderator, Oberliga-Schiedsrich- Das Finale war der Höhepunkt des Turniers, Henninger aus dem Main-Taunus-Kreis aus- ter Jan Scheller, Sportrichter Harald Callies an dem 33 Mannschaften aus fast allen Krei- gewählt. sowie Lennart Claussen als Vertreter der Trai- sen des NFV teilnahmen. Der 17-Jährige, der für die SG Kelkheim pfeift, ner. Sie tauschten Argumente und Meinun- Bei den Jungschiedsrichterinnen spielten war vor rund einem Jahr bei einem Junioren- gen aus zum Thema „Für ein respektvolles die vier Bezirke in einer Punktrunde gegen- Spiel angegriffen und verletzt worden. Das Klima auf dem Fußballplatz – gemeinsam einander. Hier gelang dem Bezirk Braun- ihm zugesprochene Schmerzensgeld in Verantwortung übernehmen“. schweig die Titelverteidigung. Mit dem Fair- Höhe von 1.000 Euro hatte er dem Freun- Andreas Neumann, im Verband für das Beob- ness-Cup wurde der Kreis Hannover-Land deskreis seiner Vereinigung gespendet. Eine achtungswesen verantwortlich, zeigte sich ausgezeichnet. Entscheidung, die für Simons Begeisterung, mit den Leistungen von Schiedsrichtern und TEXT Jens Goldmann Motivation und Charakterstärke spricht. Beobachtern gleichermaßen zufrieden. Für TEXT Christoph Schröder zwei Jung-Schiedsrichter aus dem Förder- kader reichte es sogar für den Aufstieg: Nic- SACHSEN las Rose aus Neukloster und Hannes Ventzke SÜDBADEN aus Schwerin amtieren ab der Rückrunde in Austausch mit der Verbandsliga. Lutz Michael Fröhlich Stützpunkt TEXT Torsten Schünemann in Freiburg Der sportliche Leiter der Elite-Schiedsrichter, SÜDWEST Lutz Michael Fröhlich, hielt in Dresden eine In der Winterpause trafen sich die Aufsteiger spezielle Fortbildung für die Kadergruppe zur Landesliga in der Zentrale des Südbadi- Die Lizenz sowie die sächsischen Förder-Schiedsrichter. schen Fußballverbandes in Freiburg. Die Fröhlich verdeutlichte, wie wichtig eine gute Schiedsrichter aus den sechs Bezirken zum Lehren Spielvorbereitung und ein „Match-Plan“ für tauschten anfangs im Plenum ihre Erfahrun- eine strukturierte und klare Spielleitung gen aus und sprachen dann vor allem über Willi Clemens aus Kusel zählt zu den deutsch- seien. Schiedsrichter sollten variabel in der die größte Umstellung, die der Aufstieg für landweit ersten DFB-lizenzierten Lehrwar- Spielführung sein, um unterschiedliche sie bedeutete: die Zusammenarbeit mit neu- ten, denn er hat erfolgreich an allen drei Spielcharaktere mit geeigneten Mitteln tralen Assistenten und das schnellere und notwendigen Modulen teilgenommen: bedienen zu können. Für einen erfolgreichen intensivere Spiel als in der Bezirksliga. Fach-, Sozial- und Medienkompetenz. „Dass Umgang mit den Spielern sei eine selbstbe- TEXT Alessandro Mac-Nelly ich die Lizenz erhalten habe, ist schon ein wusste, offene, dabei von Respekt geprägte kleines Highlight für mich. Es macht mich Kommunikation besonders wichtig. durchaus ein bisschen stolz“, erklärte Cle- TEXT Christian Bartsch NIEDERRHEIN mens. „Bei den Modulen Sozial- und Medi- enkompetenz habe ich noch einiges lernen Solingen gewinnt können. Ich habe feuchte Augen bekommen, Marcel Böhmer Gerd-Hennig-Pokal was heutzutage mit den neuen Medien alles möglich ist.“ gestorben Natürlich lasse sich nicht von heute auf mor- Zu Ehren des verstorbenen Gerd Hennig gen alles umsetzen. „Aber wir müssen die Völlig unerwartet verstarb Verbandsliga- wurde beim Schiedsrichter-Masters 2018 Digitalisierung dazu nutzen, die neuen Schiedsrichter Marcel Böhmer am Sil- erstmals der Gerd-Hennig-Pokal ausgespielt. Schiedsrichter bestmöglich auszubilden“, vestermorgen 2017 im Alter von nur Das jährlich stattfindende Turnier fand am sagte Clemens. 35 Jahren. Viele Weggefährten und ersten Januar-Wochenende in Wesel statt TEXT Olaf Paare Freunde kamen im Januar zur Beisetzung und wurde nach Futsal-Regeln ausgetragen. auf den Friedhof im erzgebirgischen Im Finale setzte sich am Ende der Kreis Solin- Zschopau. gen gegen den Rekordsieger Duisburg-Mül- Für seine kleine Tochter konnte in einer heim-Dinslaken durch, in dem Gerd Hennig kurzfristig organisierten Spendenaktion 36 Jahre lang als Kreis-Schiedsrichter- unter den Schiedsrichtern ein Geldbe- Obmann tätig gewesen war. trag an Marcels Mutter und seine Lebens- TEXT Kevin Domnick gefährtin übergeben werden. TEXT Lars Albert AUSBLICK 34 DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 02|2018

VORSCHAU 3/2018 IMPRESSUM Die nächste Ausgabe erscheint am 20. April 2018.

HERAUSGEBER Deutscher Fußball-Bund Otto-Fleck-Schneise 6 TITELTHEMA 60528 Frankfurt/Main Telefon 069/6788-0 TEAM BRYCH www.dfb.de AUF DEM WEG VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT NACH RUSSLAND Ralf Köttker

KOORDINATION/KONZEPTION David Bittner, Thomas Dohren

KONZEPTIONELLE BERATUNG Wenn am 14. Juni 2018 in Russland die Fußball-Weltmeisterschaft beginnt, Lutz Lüttig schauen wir natürlich nicht nur auf die deutschen Fußballer, sondern auch auf unser Schiedsrichter-Team. Dr. Felix Brych nimmt mit seinen Assistenten Mark MITARBEITER DIESER AUSGABE Borsch und Stefan Lupp nun schon zum zweiten Mal an einer WM-Endrunde Andreas Allacher, Tobias Altehenger, Norbert teil. Wir berichten darüber, wie sich das Schiedsrichter-Team auf das Turnier Bause, Thorsten Drenkard, David Hennig, Anja vorbereitet. Kunick, Bernd Peters, Georg Schalk, Günther Thielking, Lutz Wagner, Rainer Werthmann

BILDNACHWEIS Mark Borsch, Kathrin Chifen, Bernd Domurat, LEHRWESEN Thorsten Drenkard, imago, Christian Kaufmann, Günther Thielking

DFB-LEHRBRIEF: LAYOUT, TECHNISCHE GESAMT­ RUND UM HERSTELLUNG, VERTRIEB UND ANZEIGEN-VERWALTUNG DEN FREISTOSS BONIFATIUS GmbH Karl-Schurz-Straße 26 33100 Paderborn

ABONNENTEN-BETREUUNG BONIFATIUS GmbH Wann gibt es den direkten Freistoß? Wann gibt es den indirekten Freistoß? Und Karl-Schurz-Straße 26 wo wird der Freistoß ausgeführt? Diese Fragen für jede Situation korrekt zu beant- 33100 Paderborn worten, fällt vielen Schiedsrichtern schwer, denn im Laufe der Jahre ändern sich [email protected] die Fußball-Regeln immer mal wieder. Die aktuellen Regel-Anweisungen sind deshalb das Thema im kommenden DFB-Lehrbrief Nr. 78 zum Thema „Freistöße“. Die Schiedsrichter-Zeitung des DFB erscheint zweimonatlich. Die Bezugsgebühren für ein Abonnement betragen jährlich 15 Euro ein- schließlich Zustellgebühr. Kündigungen des Abonnements sind sechs Wochen vor Ablauf R E P O R T des berechneten Zeitraums mitzuteilen.

Für unverlangt eingesandte Manuskripte und SCHULUNG Fotos wird keine Haftung übernommen. FÜR DIE OBLEUTE

Als Obmann eines Verbandes oder Kreises hat man ein vielfältiges Repertoire an Aufgaben. Neben der Verwaltung von Daten geht es vor allem darum, eine meist sehr heterogene Gruppe zu führen. Um die Obleute noch besser für ihr Amt zu schulen, organisiert der DFB nun schon seit zwei Jahren spezielle Fort- ABO bildungen. Eine davon haben wir in Bremen besucht. bequem per E-Mail: [email protected] Ein Augenblick jagt den nächsten. Der neue CLS. Am schönsten ist ein Erlebnis, das man noch vor sich hat. Vor allen Dingen, wenn es ein Mercedes-Benz ist. Freuen Sie sich auf ein Coupé, dessen Proportionen perfekt sind. Das wieder einmal beweist, dass Sportlichkeit überaus elegant sein kann. Fließende Formen ziehen sich von außen nach innen, wo beleuchtete Lüftungsdüsen das Cockpit ins schönste Licht setzen. www.mercedes-benz.de/cls

MB_AZ_DFB_Magazin_210x297_C257_ICv2-300_RZ.indd 1 09.02.18 14:51 Offi zieller Partner der Weltschiedsrichter.

Bibiana Steinhaus und Dr. Felix Brych sind Weltschiedsrichterin und Weltschiedsrichter des Jahres 2017. DEKRA ist seit 14 Jahren offi zieller Partner der DFB-Schiedsrichter und gratuliert den beiden Referees und ihren Teams zu diesem Erfolg. Wir freuen uns auf viele weitere exzellent geleitete Spiele auf Top-Niveau!

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