Friedrich Brinkmann Und Christof Toetzke
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42 Die Wirtschaftsstruktur der Region Hildesheim und Entwicklungstendenzen Friedrich Brinkmann und Christof Toetzke 1. Die Wirtschaftsregion Hildesheim des Kreises ist durch die zentrale Funktion der Stadt Hildesheim mit Industrie, Im wirtschaftlichen Sprachgebrauch wer- Dienstleistungen und Verwaltungs- den bei globaler Betrachtung nicht mehr die einrichtungen maßgeblich geprägt. Darüber Grenzen von Gebietskörperschaften hinaus verfügt auch die Stadt Alfeld über angenommen, sondern durch den Begriff eine leistungsstarke Industrie und zahlreiche „Region“ ersetzt, obwohl es keine allgemein mittelständische Handwerks- und anerkannte Definition dafür gibt. Der Begriff Gewerbebetriebe. Weitere bedeutende „Region“ stammt aus dem lateinischen und Industriestandorte mit zum Teil erheblich ist wörtlich mit Bezirk oder Gebiet zu über- wachsender Tendenz wie Bad Salzdetfurth, setzten. Im Folgenden entspricht die Bocke- Wirtschaftsregion Hildesheim dem Gebiet nem, Elze, Giesen, Gronau, Harsum und des Landkreises Hildesheim. Sarstedt ergänzen das Angebot und übernehmen Funktionen der Grund- Gegensätze bestimmen das naturräum- versorgung für die Bevölkerung. liche Erscheinungsbild. Dem vorwiegend landwirtschaftlich bis industriell geprägten Die Wirtschaftskraft der Region liegt Nord- und Ostkreis steht der waldreiche gemessen an der Bruttowertschöpfung je Südkreis mit den Gebieten des Leinetals, der Kopf der Bevölkerung im Bundesgebiet deut- Sieben Berge, des Hildesheimer Waldes, des lich unter dem Durchschnitt. Dies ist nicht Ambergaues mit Bockenem und des zuletzt auf einen hohen Auspendler- Vorharzes gegenüber. Ein gut ausgebautes überschuss bzw. negativen Pendlersaldo Straßenverkehrsnetz ermöglicht eine hohe zurückzuführen. Die einzigen Standorte im Beweglichkeit innerhalb des Kreisgebietes. Kreisgebiet mit einem Pendlerüberschuss Überregionale Verkehrswege finden sich in sind die Städte Hildesheim und Alfeld. der Bundesautobahn A 7/E 4 Hannover – Wichtigste Zielregion außerhalb des Kassel, die das Kreisgebiet vom Nordwesten Landkreises ist der Verdichtungsraum nach Südosten durchschneidet, sowie in der Hannover. B 1 als Ost-West-Verbindung und der B 3 als Verkehrsachse des Leinetals. Die den Raum Hannover mit dem Harz verbindende B 6 2. Struktur und Entwicklung der schließlich bildet eine zusätzliche neben der Bevölkerung Bundesautobahn bestehende Stra- ßenverbindung des Süd - Ost - Kreises mit Der Landkreis Hildesheim hat einen ver- Hildesheim, Sarstedt und Hannover. gleichsweise ungünstigen Altersaufbau der Bevölkerung mit einer relativ hohen Überal- Die Bundesbahnhauptstrecke Hamburg - terung, vornehmlich im Südkreis, und Hannover - Göttingen, die neue ICE-Trasse schwachbesetzten nachwachsenden Hannover - Würzburg mit dem Anschluß der Altersjahrgängen. Diese Struktur der Stadt Hildesheim und der Weiterführung Bevölkerung ist einerseits Ergebnis der seit nach Berlin, der von Sehnde bis Hildesheim langem ausgesprochen schwachen reichende Stichkanal des Mittellandkanals, Bevölkerungsentwicklung der Region. der regionale Flugplatz Hildesheim sowie die Andererseits werden die Besonderheiten im Nähe zum internationalen Flughafen Altersaufbau die zukünftige Entwicklung in Hannover-Langenhagen unterstreichen die der Region nicht unerheblich prägen. In den günstigen Verkehrsbeziehungen regionaler letzten Jahren ist allerdings durch und überregionaler Art. Zuwanderung die Besetzung der nachwach- senden Altersjahrgänge deutlich verbessert Die wirtschaftsgeographische Struktur worden. Die Wirtschaftsstruktur der Region 43 Abb. 1. Verkehrsanbindung des Landkreises Hildesheim. 44 Die Wirtschaftsstruktur der Region Abb. 2: Altersaufbau der Bevölkerung am 31.12.1999 nach Altersjahren im Landkreis Hildes- heim und im Bundesgebiet (Quelle: NIW - Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsförderung). in der ersten Phase nach der In den einzelnen Teilräumen und Wiedervereinigung nur begrenzt durch Standorten innerhalb der Region ergeben Zuwanderungen kompensiert werden. Auch sich beträchtliche Unterschiede im Zuwanderungen über die Grenzen des Altersaufbau der Bevölkerung, die auf Bundesgebietes spielen für die langfristig sehr unterschiedliche demo- Bevölkerungsentwicklung nur eine unterge- graphische Entwicklungen zurückzuführen ordnete Rolle. Die in den letzten Jahren ver- sind und die die zukünftige Entwicklung bee- gleichsweise günstigere influssen werden. Bevölkerungsentwicklung geht auf Insgesamt ist die Region Hildesheim auf Zuwanderungen aus dem näheren und weit- längere Sicht durch eine im überregionalen eren Umfeld der Region zurück, während die Vergleich ausgesprochen schwache natürliche Entwicklung aufgrund der sich nur Bevölkerungsdynamik gekennzeichnet. Die sehr allmählich ändernden Altersstruktur starken Verluste in den 80er Jahren konnten ungünstig bleibt. Die Wirtschaftsstruktur der Region 45 zeigt sich aber eine überproportionale Be- Die offensichtlich wohnstandortorient- deutung des Produzierenden Gewerbes. ierten Zuwanderungen aus dem Großraum Lediglich innerhalb des Dienstleistungs- Hannover begünstigen die Standorte zwis- sektors stehen die öffentlichen Dienst- chen Hildesheim und Hannover sowie die leistungen etwas stärker im Vordergrund, verkehrsgünstig erschlossenen Gemeinden während die Bedeutung der privaten Dienste (Eisenbahn und Fernstraßen). Diese geringer ist. Entwicklung entspricht einem bundesweiten Trend, wonach die Intensivierung des Sub- Die Beschäftigtenentwicklung des urbanisierungsprozesses bei der Bevölkerung Landkreises in den 80er Jahren entsprach in vor allem auch durch eine Ausweitung der etwa dem Bundesdurchschnitt. Auch nach Zielräume geprägt ist. Insbesondere die der Wiedervereinigung lag die Entwicklung äußersten Randbereiche der großstädtischen der Region im Bundestrend, wobei sie allerd- Einzugsbereiche sind für verstärkte Wohn- ings nicht ganz die Dynamik des bebauung interessant, wobei die ent- wirtschaftlichen Umfeldes erreichte. Nach scheidende Steuerungsgröße die Boden- dem Auslaufen des Wieder- preise seien dürften, während auf der vereinigungsbooms ist die Beschäftigung anderen Seite längere Anfahrtswege in Kauf stark eingebrochen. Allein von 1992 bis Ende genommen werden. 1997 gingen fast 9.000 Arbeitsplätze ver- loren, was einem Rückgang von 9 % In geringerem Umfang ergibt sich auch entspricht. im Umfeld der Stadt Hildesheim ein Suburbanisierungsprozess, von dem auch Innerhalb des Landkreises entfallen die weiter entfernte Gemeinden profitieren. Die Beschäftigtenverluste der letzten Jahre vor Stadt Hildesheim hat trotz dieser Verluste allem auf die Kreisstadt Hildesheim sowie die durch den Wegzug von in der Regel einkom- übrigen größeren Industriestandorte. Positiv mensstärkeren Haushalten ins Umland seit war vor allem die Entwicklung der standort- langem mehr Zu- als Fortzüge und damit begünstigten Städte und Gemeinden des eine fast ausgeglichene Bevölkerungsent- nördlichen Kreisgebietes im Raum zwischen wicklung. Hannover und Hildesheim sowie entlang der Verkehrsachse der A 7. In der Perspektive ist vor diesem Hintergrund auch auf mittlere Sicht (im über- Die Veränderung der Betriebszahlen im regionalen Vergleich) im Landkreis Produzierenden Gewerbe und im Hildesheim insgesamt mit einer eher Dienstleistungssektor war in den 1980er schwächeren Bevölkerungsentwicklung zu Jahren sehr ungünstig. Nach der Wieder- rechnen. Größere Entwicklungspotenziale vereinigung konnte der Landkreis deutlich sind in diesem Zusammenhang den aufholen, in den letzten Jahren ist er wieder Gemeinden zwischen Hannover und stark zurückgefallen. Innerhalb des Hildesheim sowie den Umlandgemeinden Landkreises entwickeln sich in einigen be- von Hildesheim zuzu-sprechen. Erheblich günstigten kleineren Standorten und in der schwächer dürfte auf Dauer die Entwicklung Stadt Alfeld die Betriebszahlen vergleich- im Bereich der südlichen Leinetalschiene sweise gut, die Stadt Hildesheim hat leicht bleiben, wenn es nicht gelingt, neue rückläufige Zahlen. wirtschaftliche Impulse in diese Region zu Die Erneuerung der Wirtschaftsstruktur bringen sowie die Standorte zu attraktiven durch Gründungen ist im Landkreis Wohnstandorten weiterzuentwickeln. Hildesheim schwächer ausgeprägt. Die 3. Wirtschaftsstruktur und wirtschaft- Gründungsintensität liegt unter dem liche Entwicklung im Überblick Bundesdurchschnitt und fällt gegenüber dem Großraum Hannover und den grün- Die Wirtschaftsstruktur des Landkreises dungsstarken Regionen entlang der West- weicht von den Erwerbstätigen- Zahlen her Ost-Achse der A 2 sowie der A 7 zwischen nur geringfügig vom Bundesdurchschnitt ab; Hannover und Hamburg bzw. Bremen deut- vor allem das Produzierende Gewerbe hat lich zurück. das gleiche Gewicht. Verglichen mit den Durchschnittszahlen im Lande Niedersachsen Vor allem im Dienstleistungssektor ist die 46 Die Wirtschaftsstruktur der Region Abb. 3: Indikatoren zur Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur im Landkreis Hildesheim (Quelle: NIW - Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsförderung). Gründungsintensität gering, im Pro- duzierenden Gewerbe liegt die Region ganz Als besonders bedenklich ist die insge- gut. Für technologieorientierte Gründungen samt recht schwache Gründungsintensität sind die Standortbedin- der Wirtschaft einzustufen. Vor allem im gungen im Landkreis Hildesheim offensicht- Dienstleistungssektor ist es offensichtlich lich besonders ungünstig, denn diese haben nicht gelungen, die Voraussetzungen für eine nur eine geringe Bedeutung. Erneuerung der Wirtschaftsstruktur zu legen. Zumindest gegenüber dem nördlichen Die Perspektiven der wirtschaftlichen