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Dominik Peters Sehnsuchtsort Sinai Eine israelische Kulturgeschichte der ägyptischen Halbinsel Israel-Studien Kultur – Geschichte – Politik Band 2 Herausgegeben von Michael Brenner, Johannes Becke und Daniel Mahla Dominik Peters Sehnsuchtsort Sinai Eine israelische Kulturgeschichte der ägyptischen Halbinsel WALLSTEIN VERLAG Die Veröffentlichung wurde gefördert von der Irène Bollag-Herzheimer Stiftung, der Axel Springer Stiftung und der Gerda Henkel Stiftung Meinen Eltern Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Wallstein Verlag, Göttingen 2018 www.wallstein-verlag.de Vom Verlag gesetzt aus der Adobe Garamond sowie der The Sans Umschlaggestaltung: Susanne Gerhards, Düsseldorf © Coverfotografie: Privatarchiv Avraham Schaked ISBN (Print) 978-3-8353-3344-4 ISBN (E-Book, pdf ) 978-3-8353-4298-9 Inhalt Vorwort . 7 1. Einleitung . 9 2. Prolog: Fata Morgana . 23 3. Pioniergeist 3.1. Blitzsieg . 41 3.2. Apollo 11 . 50 4. Altneuland 4.1. Bauern in Uniform . 61 4.2. Früchte des Zorns . 79 4.3. El Dorado . 100 5. Freigeist 5.1. Der 32. Dezember . 121 5.2. Die Revolution nach Ikarus . 128 6. Abenteuerland 6.1. Zauberberg . 141 6.2. Sommernachtstraum . 185 6.3. Jüdisches Gibraltar . 211 6 Inhalt 7. Kampfgeist 7.1. Kammerspiel in der Knesset . 237 7.2. Eiserne Mauer . 244 8. Grenzland 8.1. Gartenstadt vor Gaza . 251 8.2. Etzel II . 275 8.3. Rote Taube . 292 9. Epilog: Paradise Lost . 311 10. Schlussbetrachtungen . 317 Zeittafel . 326 Quellen- und Literaturverzeichnis Archivalische Quellen . 329 Interviews . 330 Filmografie . 330 Literaturverzeichnis . 330 Zeitungen, Zeitschriften, Magazine und Nachrichtenagenturen (330) Monografien und Aufsätze (331) Abbildungsverzeichnis . 359 Register . 360 Vorwort Erich Gottgetreu flog 1971 mit dem Flugzeug von Tel Aviv nach Westber- lin. Als der Journalist nach der Landung in seinem Geburtsland einem Taxi fahrer auf die Frage, woher er denn komme, antwortete: »aus Israel«, sagte der Mann am Lenkrad: »Wissense, wenn wa uns hier in Berlin die Landkarte anse’n, dann denken wa: Sinai, det brauchense nich, det is bloß Wüste.«1 Damals, vier Jahre nach dem Sechs-Tage-Krieg, wussten selbst Taxifahrer, dass Israel die ägyptische Halbinsel erobert und anschließend begonnen hatte, dort zu siedeln. Heute ist dies fast vollkommen in Ver- gessenheit geraten, nicht nur in Deutschland. Auch die internationale For- schung hat die israelische Geschichte des Sinais von 1967 bis 1982 fast vollständig ignoriert. Dieses Buch erzählt und analysiert diese Geschichte erstmals, von ihren Anfängen bis zu ihrem Ende – und darüber hinaus. Denn: Es ist auch ein alternatives Porträt des jüdischen Staates, seiner Ge- sellschaften und Kulturen in jener Epoche des Übergangs zwischen Vergan- genheit und Gegenwart. Entstanden ist diese kulturhistorische Studie an der Ludwig-Maxi- milians-Universität München unter der Betreuung von Michael Brenner, meinem Doktorvater. Ihm gilt mein besonderer Dank. Er hat mir beim Arbeiten an dieser Dissertation von Beginn an freie Hand gelassen und mich mit seinen kritischen Kommentaren gleichsam zum Weiterdenken herausgefordert. Ohne Noam Zadoff, meinen Zweitbetreuer, hätte ich diese Arbeit nie begonnen. Er hat mir aus der Ferne kontinuierlich Fragen gestellt, die ich mir nie gestellt hätte. Die daraus resultierenden Antworten haben die Arbeit entscheidend geprägt. Dafür gilt ihm mein herzlicher Dank. Zwei Jahre lang habe ich in Deutschland und Israel für meine Arbeit ge- forscht. Ich konnte mich in dieser Zeit einzig und allein darauf konzentrie- ren zu lesen, zu denken und zu schreiben – möglich gemacht haben das die Gerda Henkel Stiftung, die mein Vorhaben von Juni 2015 bis April 2017 großzügig finanziell unterstützt hat, und die Studienstiftung des deutschen Volkes, die mich im Mai 2015 finanziell und hernach ideell gefördert hat. 1 Erich Gottgetreu, »Massada in Berlin«, in: Filantropia – Organo de la Asociacion Filantropica Israelita, Heft 443, 1971, S. 17. 8 Vorwort Dank gebührt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Israe- lischen Nationalbibliothek sowie den verschiedenen Archiven: dem Israel- ischen Staatsarchiv, dem Zionistischen Zentralarchiv und dem Jad-Taben- kin-Archiv, dem Menachem Begin-Archiv, dem Steven Spielberg Jewish Film Archive, dem Archiv der Gesellschaft für Naturschutz in Israel sowie dem Archiv der israelischen Verteidigungsstreitkräfte. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle außerdem Avraham Schaked. Er hat mir sein umfangreiches Privatarchiv anvertraut. Wichtige Denkanstöße zu Beginn meiner Dissertation habe ich zudem von Maoz Azaryahu und Natan Sznaider erhalten. Neben ihren Anregungen sind auch die Kommentare, Hinweise und Fragen von Clinton Bailey, Oz Barazani, Asher Bitansky, Peter Robert Demant, Eitan Eisenberg, Rachel Elior, Michael Feige (1957-2016), Neil Folberg, Motti Golani, Avner Goren, Zali Gurevitch, Joseph Hobbs, Yagil Henkin, Nurit Kliot, Raz Kletter, Emmanuel Marx, Hilik Magnus, Judd Ne’eman, Chajim Noy, Derek Penslar, Avi Perevolotzky, Dani Rabinowitz, Motti Regev, Jona Rosenfeld und Avi Shilon in dieses Buch miteingeflos- sen. Meiner Lektorin Ursula Kömen danke ich für die sorgsame Lektüre des Manuskripts. Zu Dank für ihre Hilfe bin ich außerdem Sheer Ganor, Katharina Konarek, Dan Korn, Dani Kranz, Jacob Lackner, Philipp Lenhard, Daniel Mahla, Walter Rothschild, Shahar Sadeh, Sophia Schmitt, Alon Tal und Bernard Wasserstein verpflichtet. Martin Ruck danke ich für seine Unter- stützung besonders. Gewidmet ist dieses Buch meinen Eltern. Sie haben die Grundlagen dafür gelegt. Dass ich diese Arbeit in unruhigen Zeiten in Ruhe schreiben konnte, verdanke ich meinem Bruder Christoph. Und Maria, ohne die alles nichts wäre. Hamburg, im Juni 2018 1. Einleitung »Every man, every woman, carries in heart and mind the image of the ideal place, the right place, the one true home, known or unknown, actual or visionary.« Edward Abbey, Desert Solitaire Im Sommer 1967 ist Israel über sich hinausgewachsen. In jenen Junitagen, die als Sechs-Tage-Krieg in die Geschichte eingegangen sind, eroberte Israel das Westjordanland, den Gaza-Streifen, die Golanhöhen und die Sinai-Halbinsel. In weniger als einer Woche war der kleine Staat zu einem Imperium avanciert. Auf der Landkarte erschien Israel auf einmal grenzen- los – vor allem im Süden, mit Blick auf den Sinai, der mit 60.000 Qua- dratkilometern doppelt so groß ist wie das Königreich Belgien. Die Halbinsel ist mehr als nur eine von der Sonne verbrannte Wüste. Al- lein in ihrer Mitte thront das mondgleiche al-Tih-Plateau. Diese sepiafar- bene Stein- und Geröllebene geht im Süden des Sinais in ein Gebirge über, in dessen Tälern kleine und große Oasen mit vielfältiger Flora und Fauna liegen. Die Berge und Felsen dieses malerischen Massivs ragen bis zu 2.600 Meter in den Himmel, ehe sie in Form eines Dreiecks steil ab fallen bis an die Ausläufer des marineblauen Roten Meeres – den Golf von Akaba im Osten und den Golf von Suez im Westen. Letzterer ist durch den Suezkanal mit dem Mittelmeer verbunden, der natürlichen Landesgrenze im Norden der Halbinsel. Das Mittelmeerufer mit seinen Palmenstränden ist von einem Dünengürtel umgeben, durch den hindurch sich die weitverzweig- ten Seitenarme des Wadi al-Arish bis tief in die al-Tih-Ebene erstrecken. »Jeden Tag, ja jede Stunde«, hatte Felix Fabri bereits im 15. Jahrhundert staunend festgestellt, »kommt man in ein neues Land einer anderen Art.«1 Woher die Halbinsel ihren Namen hat, über die der Ulmer Domini- kanermönch von Jerusalem aus nach Alexandria gereist war, ist umstritten. Es gibt eine Vielzahl an Theorien: Sie reichen vom mesopotamischen Mondgott Sin bis hin zu »Sneh«, dem hebräischen Wort für Dornbusch.2 Dieser steht im Zentrum der jüdischen und christlichen Glaubenstraditio- 1 Felix Fabri, Evagatorium in Terrae Sanctae, Arabiae et Aegypti Peregrinationem, Bd. 2, hg. v. Konrad Dietrich Haßler, Stuttgart 1843, S. 424. 2 Joseph J. Hobbs, Mount Sinai, Austin 1995, S. 46. 10 Einleitung nen, die auf dem Sinai ihre Wurzeln haben, schließlich hat sich Gott der biblischen Überlieferung zufolge Mose hier aus einem brennenden Busch heraus offenbart (2. Buch Mose, 3:2-5). Der Sinai liegt zwischen Asien und Afrika. In ihrer langen Geschichte hat die Halbinsel Millionen Menschen als Transitstrecke gedient: christ- lichen Pilgern wie Felix Fabri von und nach Jerusalem, muslimischen Hadsch-Reisenden auf der Wallfahrt nach Mekka und zurück, ebenso wie Handelskarawanen – mit der Via Maris hatte die wichtigste Handelsstraße der Antike über die Halbinsel geführt. Vor allem aber hatten von jeher zahllose Armeen die Halbinsel als Route für eine Invasion auf den einen oder anderen Kontinent genutzt. Die alten Ägypter, Hethiter und Assyrer waren hier ebenso marschiert wie Perserheere, griechische Armeen und römische Kohorten, ehe ihnen erst die muslimischen Truppen des zweiten Kalifen Omar auf ihrem Erobe- rungsfeldzug im Namen des Islams und anschließend europäische Kreuz- ritter, der Osmanensultan Selim I. sowie Napoleon Bonaparte folgten.3 Und selbst ein deutsches Expeditionskorps schlug 1916 sein Lager »in einem Hain von duftenden Feigenbäumen« am Mittelmeer auf, um von dort an den Suezkanal und gegen das vorrückende British Empire zu ziehen.4 Vor diesem Hintergrund konstatierte Claude S. Jarvis, der nach dem Sieg Englands über das Osmanische Reich und das deutsche Kaiserreich