Appenzell (Kanton) Herrschaft, Politik Und Verfassung Vom Hochmittelalter Bis Zur Landteilung (1597)

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Appenzell (Kanton) Herrschaft, Politik Und Verfassung Vom Hochmittelalter Bis Zur Landteilung (1597) Appenzell (Kanton) Herrschaft, Politik und Verfassung vom Hochmittelalter bis zur Landteilung (1597) 2.2- Der Weg zur Unabhängigkeit (1401-1566) Die demograph. Krise des SpätMA führte im 14. Jh. zu einer Abnahme des Bevölkerungsdrucks, damit zu Besitzkonzentrationen, landwirtschaftl. Produktivitätssteigerungen und einer Intensivierung der Viehwirtschaft, was sich für die bäuerl. Appenzeller Bevölkerung insgesamt durchaus positiv auswirkte. Die herrschaftl. Einkünfte des Klosters St. Gallen dagegen gerieten unter Druck. Gründe dafür lagen in den sinkenden agrar. Erträgen, den verminderten personenbezogenen Abgaben und einer (mangels herrschaftl. Durchsetzungsvermögens) geringeren Abgabebereitschaft. Nach einer Phase der Aufweichung der herrschaftl. Rechte der Abtei versuchten die Äbte Georg von Wildenstein (1360-79) und v.a. Kuno von Stoffeln (1379-1411), die fürstäbt. Herrschaft wieder zu verdichten, indem sie bestehende, aber zuvor vernachlässigte Rechte (Ehrschatz-, Fall-, Freizügigkeitsabgaben) wieder konsequent einforderten. Dies führte zum Widerstand aus dem Land A. und der Stadt St. Gallen, die sich auf ihre hergebrachten Rechte beriefen. Mit ihrem Bündnis vom 17.1.1401 zum Schutz der vorgebl. alten Rechte bezügl. Freizügigkeit, Eheschliessung, Vererb- und Veräusserbarkeit der Stiftslehen sowie Jagd und Fischerei eskalierte der Konflikt in der krieger. Auseinandersetzung der Appenzeller Kriege. Diese erfuhren 1403 eine für die Folgezeit bedeutsame Ausweitung durch die Einflussnahme des Landes Schwyz, das mit einem eigenen Hauptmann bzw. Landammann die militär. und auch polit. Führung der Appenzeller wahrnahm. Mythologisierte die schweiz. Historiographie die Appenzeller Kriege noch bis in die 1970er Jahre als Freiheitskampf nach dem Muster der eidg. Befreiungstradition, so gelten sie heute als Beispiel einer bäuerl. Revolte gegen die Herrschaft, wie sie in ganz Europa im SpätMA zahlreich vorkamen. Im Ergebnis führten sie denn auch keineswegs direkt in die Eidgenossenschaft, sondern vorerst 1411 durch das Burg- und Landrecht mit den sieben eidg. Orten (ohne Bern) zu einem Prozess, der auch als "Domestikation der Appenzeller" durch die Eidgenossen charakterisiert worden ist. Der eidg. Schiedsspruch von 1421 reduzierte die klösterl. Rechte auf Rentenbezüge aus grund- und leibherrl. Rechten, auf eine jährl. Pauschale von 100 Pfund für Ehrschätze sowie auf eine verringerte Reichsvogteisteuer, während die niederen Gerichte, Twing und Bann den Appenzellern zugesprochen wurden. Die eidg. Schiedssprüche und die Friedensschlüsse von 1429 stellten die appenzell. Abgabepflichten gegenüber der Abtei St. Gallen (mit der Möglichkeit des Auskaufs) teilweise wieder her und bestätigten u.a. die territorialen Erweiterungen des Landes A. im heutigen Vorderland. Insgesamt können die Appenzeller Kriege als wesentl. Phase in der Ausgliederung des Landes A. aus dem äbt. Herrschaftsverband und als Beginn der Eingliederung in die Eidgenossenschaft gelten. Nach den Friedensschlüssen kamen die Appenzeller ihren finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Abtei St. Gallen nach. Bis 1437 blieben eidg. Hauptleute aus Schwyz und Glarus den einheim. Ammännern vorgesetzt. Die eidg. Bevormundung schützte indes auch die appenzell. Gerichtskompetenzen. Die Fehde, die zwischen Zürich und Schwyz um das Erbe des 1436 verstorbenen letzten Gf. von Toggenburg ausbrach (Alter Zürichkrieg), kam den Appenzellern gelegen. Von Zürich und Habsburg-Österreich sowie von den Eidgenossen gleichermassen umworben, warteten sie zunächst ab, da sie gemäss dem Burg- und Landrecht von 1411 zur Neutralität verpflichtet waren. Ein Angebot Kg. Friedrichs III., der dem Land A. bei Bündnisfreiheit das Blutgericht verliehen und das Marktrecht von 1353 bestätigt hätte, vermochte sie Ende 1442 nicht zu verleiten. Als im März 1444 die Friedensverhandlungen zu Baden scheiterten, schickte A. Absagebriefe an Zürich und Österreich, schickte den Eidgenossen vor Greifensee einen kleinen Auszug zu, besetzte das Rheintal und nahm an einem Plünderungszug nach Vorarlberg teil. Ein österr. Gegenzug scheiterte am 11.6.1445 im Gefecht von Wolfhalden. Trotz der Parteinahme für die Eidgenossen brachte die Erneuerung des Bündnisses mit den sieben Orten (15.11.1452) nur unwesentl. Verbesserungen: Das Land A. musste eidg. Hilfe nicht mehr mit eigenen Mitteln bezahlen, und in einem allfälligen Bruderkrieg sollte sich A. der Mehrheit der Orte anschliessen. Die Appenzeller wurden zwar als "ewige Eidgenossen" angesprochen, aber nicht als solche behandelt. Sie erhielten weder Sitz an Tagsatzungen noch Anteil an Beute und Eroberungen. Ähnl. Bündnisse schlossen die Eidgenossen mit der Abtei und der Stadt St. Gallen und dokumentierten so ihr Interesse an der gesamten Ostschweiz. Im Zwist zwischen dem St. Galler Abt Kaspar von Breitenlandenberg und der Stadt St. Gallen verband sich A., dem weder an einem äbt. Fürstenstaat noch an einer Vergrösserung der Stadt gelegen war, mit dem Grosskellner Ulrich Rösch, dem Konvent und den Gotteshausleuten gegen die Pläne des Abtes. Ulrich Rösch, später Pfleger und schliessl. Abt des Klosters, wurde allerdings bald zum Gegenspieler der Appenzeller in der Ostschweiz. In eidg. Schiedssprüchen der Jahre 1458-60 wurde die Nordgrenze des Landes A. festgelegt, die Pflicht zur Zahlung des Besthauptes an die Abtei und die Lehenspflicht von allen Gütern ausserhalb des Landes eingeschärft. Die Herisauer konnten die Zinsen der äbt. Höfe mit 1'600 rhein. Gulden auslösen. Für 6'000 Gulden lösten die Appenzeller 1460 die Pfandschaft über die Vogtei Rheintal von Jakob Payer ab. Allerdings unterlief ihnen dabei ein Formfehler, da sie die kaiserl. Zustimmung nicht eingeholt hatten. Hier hakte der Pfleger Ulrich Rösch ein, dem eine Urkunde Kg. Wenzels von 1379 das Recht gab, alle verpfändeten Vogteien über Klosterbesitz zu lösen. Die Appenzeller wandten die alte Taktik an, ausgeschriebene Rechtstage nicht zu besuchen oder Vertreter ohne genügende Vollmacht zu schicken. Am 17.9.1465 legten Schiedsleute aus Uri, Unterwalden und Zug die Rheintaler Grenze fest, entgegen den weitergehenden Forderungen des Abts, und im Wesentl. dem heutigen Verlauf entsprechend. 1465-1517 kamen die Appenzeller ihren Abgabenpflichten an die Abtei weitgehend nach. 1486 erreichten sie in einem Schiedsspruch der Stadt St. Gallen den formellen Verzicht des St. Galler Abts auf die Landeshoheit im Rheintal. Der Rorschacher Klosterbruch von 1489, ein von St. Gallern und Appenzellern gemeinsam verübter, krasser Landfriedensbruch, führte zur militär. Intervention der vier eidg. Schirmorte des Klosters, vor deren Macht zuerst die St. Galler Gotteshausleute, dann die Appenzeller (9.2.1490) und schliessl. auch die Stadt St. Gallen kapitulierten. A. verlor die Herrschaft über die Vogtei Rheintal an die vier Schirmorte. Nach dem Bündnis von 1452 nahmen die Appenzeller auch an eidg. Auszügen teil: 1460 an der Eroberung des Thurgaus, 1468 am Sundgauer Zug und an der Belagerung von Waldshut. In den Burgunderkriegen machten sie nur zögernd mit, weil sie mit Bern nur indirekt verbündet waren. Wohl vom Zug nach Nancy von 1477 stammt ein erobertes Banner. Im Schwabenkrieg hatten die Appenzeller die eidg. Ostgrenze zu bewachen und die Besatzung von Schwaderloh zu verstärken. Die Teilnahme an den Kampfhandlungen von 1499 in Hard, bei Frastanz und an der Bündner Grenze zahlte sich aus mit dem Anteil an erobertem Geschütz, an Brandschatzsummen und v.a. mit der Mitregierung der Landvogtei Rheintal ab 1500. An den Mailänderkriegen waren Appenzeller Reisläufer auf beiden Seiten beteiligt. Beim Verrat von Novara (1500) waren sie, wie aus Kundschaften hervorgeht, kompromittiert. Als die Eidgenossenschaft um 1510 eine Kehrtwendung von Frankreich zu Papst Julius II. vollzog, waren die Appenzeller dabei und erhielten dafür u.a. ein sog. Juliusbanner. Die Bestrebungen A.s zur Aufnahme in die Eidgenossenschaft als gleichberechtigter, dreizehnter Ort wurden von den Schirmorten der Abtei St. Gallen 1501, 1510 und 1512 abgelehnt. Erst die Krise nach dem Dijonerzug von 1513 machte die Eidgenossen bereit, A. am 17.12.1513 in den Bund aufzunehmen. An der nächsten eidg. Tagsatzung im Jan. 1514 setzte sich Ammann Hans Meggeli ostentativ vor Abtei und Stadt St. Gallen auf den dreizehnten Platz. Die Pensionsgelder, die A. jetzt erhielt, ermöglichten die allmähl. Ablösung der finanziellen Lasten gegenüber der Abtei, zuletzt 1566 des Todfalls. .
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