Albvorland - Eisenland?

Mittelalterliche Eisenhütten zwischen

Reutlingen und Nürtingen

Martin Kempa

■ 1 Die alten verstürzten Erzgruben, soge- nannte Pingen, sind im Wald leicht zu erken- nen. Oft liegen Hunderte dieser Gruben bei- sammen und bilden ausgedehnte Felder.

In den Wäldern des Albvorlandes Halde zwei bis fünf Tonnen Schlacke. Szöke aus den sechziger Jahren stüt- zwischen und Nürtingen Doch gibt es im „Äußeren Wald" bei zen. Das Arbeitsgebiet erstreckte sich erstreckte sich im Mittelalter zeitweise Metzingen-Neuhausen einzelne Hal- 20 bis 30 km südlich und südöstlich ein ausgedehntes Eisenhüttenrevier. den von bis zu einem Meter Höhe, in von entlang dem Albtrauf, Bäume wurden gerodet, Kohlenmei- denen 20 Tonnen, ja in einem Fall so- dem steilen Nordrand der Schwäbi- lerqualmten, übergroße Flächen hin- gar ca. 90 Tonnen Schlacke liegen schen Alb. Dort sind die unteren weg reihte sich Grube an Grube, aus können. Keine Urkunde spricht von Schichten des Dogger besonders denen Erz gefördert wurde. Daneben den Erzgruben, keine Chronik weiß stark ausgebildet und greifen weit standen die einfachen Verhüttungs- von Bergbau und Verhüttung in dieser nach Norden in das Albvorland aus. öfen, mit deren Hilfe das begehrte Gegend zu berichten. Es gibt keine Der Dogger Beta (Oberes Aalenium) Metall gewonnen wurde; das Eisen. historische Erinnerung an die Eisen- besteht aus etwa 75 m mächtigen To- verhüttung im Vorland der Mittleren nen. In die Tone sind mehrere Hori- Heute noch kann ein aufmerksamer Schwäbischen Alb. zonte von Kalksandsteinbänken ein- Spaziergänger überall im Wald die gelagert. Diese Ton- und Kalksand- Spuren dieser vorindustriellen Eisen- Forschung in den 60er und steinablagerungen bilden die Albvor- berge, die etwa 400 bis 500 m Höhe produktion entdecken. Besonders 90er Jahren die Pingen - verstürzte Tagebaugru- erreichen und durch tief eingeschnit- ben - sind nicht zu übersehen. Zu- In den Jahren 1993 und 1994 unter- tene Täler gegliedert sind. rück blieben kleine, trichterförmige suchte das Landesdenkmalamt Ba- den-Württemberg in Zusammenar- Gruben von vier bis fünf Metern Woher stammt das Erz? Durchmesser. Oft liegen Hunderte beit mit dem Deutschen Bergbau- dieser Schürfgruben dicht an dicht Museum in Bochum und dem Geolo- Die Pingen liegen auf den bewalde- beieinander und bedecken Flächen gischen Landesamt Baden-Württem- ten Bergrücken und Hängen der Alb- von mehreren Hektar Ausdehnung. berg die Erzabbauspuren und Eisen- vorberge in einem Streifen von 30 km Auch die Schmelzöfen haben Spuren verhüttungsplätze im Vorland der Länge und bis zu 5 km Breite, und hinterlassen. Beim Verhütten fallen Mittleren Schwäbischen Alb im Rah- zwar immer im Bereich des Dogger große Schlackenmengen als Abfall an. men eines Forschungsprojektes, das Beta. Man findet sie oft knapp ober- Diese Eisenschlacken hat man neben von der Volkswagen-Stiftung geför- halb und unterhalb einer markan- den Öfen zu kleinen Halden aufge- dert wurde. Dabei konnten wir uns ten Kalksandsteinstufe, die nach ei- schüttet. In der Regel birgt so eine auf Vorarbeiten des Geologen Laszlo nem Leitfossil als Concavasandstein

212 bezeichnet wird. Entsprechend dem unterschiedlichen Ausstreichen der erzführenden Schichten bilden die Pingen auf Verebnungen große, flä- chige Felder oder an steilen Abhän- gen schmale, kettenförmige Reihen, die den Höhenlinien folgen. Abge- baut wurden Toneisensteingeoden und Eisenkrusten, die einen FejOj- Cehalt von bis zu 60% aufweisen. In diesem Gebiet hat Laszlo Szöke Anfang der 60er Jahre Pingen und SchlacKenplätze kartiert. Sein vor- rangiges Ziel war, die ausgebeuteten Eisenerzvorkommen zu identifizie- ren. Auf Markung Linsenhofen gelang es ihm, einen Verhüttungsofen zu erfassen und in das 7./8. Jahrhundert n.Chr. zu datieren. Alles wies darauf hin, daß auch die übrigen Verhüt- tungsplätze in diesen Zeitraum gehör- ten. Neue Ausgrabungen an einem Verhüttungsplatz in Metzingen „Kur- leshau", die schon vor dem Beginn des erwähnten Forschungsprojektes im Jahr 1990 durchgeführt wurden, führten jedoch zu einer Überra- schung; Dort ist am Ende des hohen Mittelalters, etwa im 12./13. Jahrhun- dert, eine Eisenhütte betrieben wor- den. Im Laufe von mineralogischen und metallurgischen Untersuchun- gen an den Verhüttungsabfällen stell- te sich dann heraus, daß diese An- lage und weitere hochmittelalterliche Schmelzöfen in der Umgebung die Anfänge dertechnischen Entwicklung weg vom altertümlichen Rennofen und hin zum effizienten Hochofen dokumentieren. Seitdem können wir im Vorland der Mittleren Alb zwei Ka- tegorien von Verhüttungsplätzen un- terscheiden: frühmittelalterliche Plät- ze des 6. bis 9. Jahrhunderts und hochmittelalterliche Plätze des 12/13. Jahrhunderts. Es hat sich eingebürgert, die frühmittelalterlichen Fundstellen als Typ Frickenhausen und die hoch- mittelalterlichen als Typ Metzingen zu bezeichnen. halden. Die östliche, größere hatte ei- ■ 2 Ausgegrabene Verhüttungsplätze im nen Durchmesser von 5 m und war Vorland der mittleren Schwäbischen Alb: Frühmittelalterliche Renn- 80 cm mächtig. Man kann die Masse 1 Frickenhausen-Linsenhofen „Hirschplan", der Schlacken in der Halde auf maxi- öfen bei Frickenhausen Ausgrabung Szöke 1965. mal neun Tonnen schätzen. Direkt ne- 2 Frickenhausen-Linsenhofen „Benzenhau", Östlich der Gemeinde Frickenhausen ben der Halde wurde der Verhüt- Ausgrabung 1993. haben wir einen ganz auffälligen tungsofen freigelegt. Erhalten war nur 3 Beuren „Weiläcker", Ausgrabung 1993. Verbreitungsschwerpunkt von Pingen die grauschwarze, hart verziegelte 4 Crafenberg „Kurleshau", Ausgrabung 1993. und Schlackenhalden festgestellt. In Ofensohle, die an den Rändern teil- 5 Metzingen „Kurleshau", Ausgrabung 1990 diesem Areal wurden 1993 elf Schlak- weise ausgebrochen war. Im Ofen lag 6 Metzingen-Neuhausen „Äußerer Wald", kenhalden mittels kleiner Sondagen das Bruchstück einer Windform aus Ausgrabung 1993. untersucht. Die Verhüttungsöfen vom hart gebranntem Ton, noch 15 cm Typ Frickenhausen waren ebenerdig lang, Durchmesser des Düsenkanals ■ 3 Ausgrabung an einem Verhüttungs- errichtete, recht kleine Gebilde. Sie 3 cm. Ursprünglich war die Windform platz im „Benzenhau" bei Frickenhausen. sind deshalb außerordentlich schlecht in den Ofen eingebaut, so daß außen Neben den Pingen liegen zwei Schlacken- erhalten. In der Regel trifft man nur ein Blasebalg angesetzt und der Luft- halden, direkt daneben wurde ein Rennofen noch den untersten Rest der verzie- strom zum Anfachen der Glut in das erfaßt. gelten Ofensohle an. Am besten er- Ofeninnere geleitet werden konnte. halten war ein Befund im Gewann Zahlreiche weitere Fragmente gleich- „Benzenhau". Unmittelbar neben den artiger Windformen fanden sich in der Pingen eines ausgedehnten Schürf- Schlackenhalde. Dieser Windformtyp grubenfeldes lagen zwei Schlacken- kommt im frühen Mittelalter weit ver-

213 breitet vor, und er ist charakteristisch Was berechtigt uns, alle diese Fund- für die frühmittelalterlichen Verhüt- stellen zusammenzufassen und zu tungsplätze im Albvorland. vermuten, daß dort überall der glei- che Ofentyp betrieben wurde? Die Trotz des dürftigen Erhaltungszustan- Schlackennalden vom Typ Fricken- des möchte ich es wagen, gewisser- hausen haben eine Reihe von Merk- maßen auf der verziegelten Ofensoh- malen gemeinsam. Sie sind recht le, die wir freigelegt haben, eine Re- klein mit einem Durchmesser zwi- konstruktion zu errichten. Der Ofen schen drei und fünf Metern - das war ebenerdig aus Lehm aufgebaut oben vorgestellte ausgegrabene Bei- und hatte eine muldenförmige Sohle. spiel mit fünf Metern Durchmesser ■ 4 Rekonstruktion eines Rennofens, wie Projiziert man ein kleines Ofenwan- und einer geschätzten Schlacken- er vom 7. bis zum 9. Jahrhundert n.Chr. im dungsstück, das noch in ursprüngli- masse von neun Tonnen gehört Albvorland in Gebrauch war. Die Öfen von cher Position saß, auf die gegenüber- schon zu den größeren Halden. Nicht etwa 70 cm Durchmesser hatten einen fla- liegende Seite, ergibt sich der Durch- selten bilden sie kleine Gruppen von chen Herd. Die Schlacke sammelte sich nicht messer des Ofeninnenraumes von ca. zwei, drei oder auch vier Plätzen. Die in einer Grube, sondern mußte während des 50 cm. Der Ofenschacht hatte am Schlackenhalden sind ganz charakte- Betriebs mehrmals abgestochen werden. Boden ca. 18 cm starke Wände und ristisch zusammengesetzt. Sie beste- kann nicht allzu hoch gewesen sein. hen zu einem Drittel aus typischen Sicher reichte er nicht höher als einen Fließschlacken, also abgestochener Meter, eher war er niedriger. Die Dü- Schlacke, die teils kristallin erstarrt sen - ich setze einmal mehrere Düsen ist, gar nicht so selten kommen aber voraus - waren schräg eingebaut und auch glasig erstarrte Fließschlacken ragten ein beträchtliches Stück in den vor. Otenschlacken - große, poröse, Ofeninnenraum. Die Schlacke wurde mit Holzkohleabdrücken durchsetzte ebenerdig abgestochen. Brocken, die am Ende der Ofenreise im Herd zurückblieben - stellen ein Östlich von Frickenhausen und Lin- weiteres Drittel. Das restliche Drittel senhofen sind 118 Schlackenfundstel- besteht aus oft ebenfalls kopfgroßen, len erfaßt worden. Darüber hinaus ziemlich leichten, schaumig aufge- findet man einzelne Halden nordöst- blähten Schlacken, an deren Ent- lich anschließend im Tiefenbachtal stehung wohl die Ofenwand einen und auf den Höhen des Dogger Beta großen Anteil hatte. Hinzu kommen zwischen Tiefenbachtal und Dettin- noch Fragmente der charakteristi- gen/Teck nördlich des Städtchens schen, röhrenförmigen Windformen, Owen. Insgesamt sind aus diesem die in großer Zahl zwischen den vergleichsweise kleinen Gebiet von Schlacken gefunden werden. Chemi- ca. 15 km2 etwa 130 Verhüttungsplät- sche Zusammensetzung und minera- ze bekannt, die ich dem frühmittelal- logischer Phasenbestand weisen die terlichen Verhüttungsplatz im „Ben- Schlacken als Rennofenschlacken zenhau" zur Seite stellen möchte. aus. Doch ist schon bei diesen früh-

■ 5 Frühmittelalterliche Windform des Typs Frickenhausen, Länge 14 cm.

214 mittelalterlichen Verhüttungsplätzen stellen des oben besprochenen Typs. lich, daß die anschließend im Albvor- festzustellen, daß der Eisengehalt in Der geographisch nächste frühala- land einsetzende Ausbeutung der Erz- den Schlacken z.B. gegenüber kelti- mannische Verhüttungsplatz liegt bei ressourcen (Zeitgruppe 1) auf die Ini- schen oder älteren germanischen Lenningen-Schopflocn. Zwischen tiative der fränkischen Herrschaft zu- Funden deutlich niedriger ist, die Lauter und Lindach schiebt sich ein rückgeht, sei es der König, seien es Öfen also bereits besser arbeiteten. Ausläufer der Albhochfläche weit ins lokale, königstreue Machthaber ge- Vorland mit der Teck als nördlichstem wesen. Zu dieser Zeit lag die frühger- Woher kamen die frühmittel- Punkt. Auf diesem Bergrücken wurde manische Landnahme schon lange alterlichen Hüttenleute? bei der Schopflocher Torfgrube eine zurück. Die Verhältnisse hatten sich Grubenhütte mit Verhüttungsabfällen konsolidiert, das Land gehörte jeman- Einzelne Scherbenfunde aus den angeschnitten, die zu einer Gruppe dem: Ansprüche und Nutzungsrechte Schlackenhalden belegen, daß die von Verhüttungsplätzen gehört, die auf Boden, Wasser und Wald waren Plätze grob in das 7. bis 9. Jahrhundert auf der Albhochfläche weit verbreitet gewiß genau geregelt und in ihrem einzuordnen sind. Mit Hilfe der Ra- sind. Die Verhüttungsöfen an diesen Umfang beschränkt. Trotzdem war es diokarbondaten, die von zehn Fund- Plätzen waren sehr klein. In ihre Brust möglich, übergroße, zusammenhän- stellen vorliegen, können wir die früh- war ein Düsenziegel eingebaut, der gende Flächen hinweg Erz zu fördern, mittelalterlichen Verhüttungsplätze für die frühalamannischen Verhüt- den Wald abzuholzen und das Land jedoch exakter datieren und in drei tungsplätze die gleiche Rolle als Leit- nachhaltig zu schädigen. Das waren Zeitgruppen einteilen: fund spielt wie die röhrenförmigen keine freien Bauern, die im Neben- Windformfragmente, die wir an den erwerb ein bißchen Eisen erzeugten. Zeitgruppe 1 (zwei Fundstellen): frühmittelalterlichen Plätzen im Alb- Hier waren potentere Kräfte am Werk, zweite Hälfte 6. bis Anfang 7 Jahrhun- vorland finden. Aus den frühala- hinter denen gerade am Beginn in der dert mannischen Öfen wurde die Schlak- zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts nur ke nicht abgestochen, sondern sie das fränkische Königshaus der Mero- Zeitgruppe 2 (drei Fundstellen): sammelte sich unter dem Reduk- winger gestanden haben kann. Mitte und zweite Hälfte 7. Jahrhundert tionsraum in einer Grube und bildete einen kleinen Klotz von bis zu 40 cm Mit dem Niedergang des merowingi- Zeitgruppe 3 (fünf Fundstellen): Durchmesserund 15 cm Dicke.Jüngst schen Königshauses nahm der fränki- Ende 8. bis Ende 9. Jahrhundert erfolgte Begehungen lehren, daß man sche Einfluß ab, bis die alamanni- in der Umgebung der Gemeinden schen Herzögein derMittedes Z.Jahr- Zwischen den Zeitgruppen 1 und 2 Römerstein und mit einer hunderts eine völlig unabhängige besteht möglicherweise in der ersten größeren Anzahl von Verhüttungs- Stellung erreichten. Wie die Vernüt- Hälfte des 7 Jahrhunderts eine Lücke. plätzen dieses Typs rechnen darf. Ge- tungsplätze der Zeitgruppe 2 bewei- Eine weitere, diesmal sehr deutliche nau das gleiche Verhüttungsverfahren sen, wurde die einmal begonnene chronologische Lücke klafft zwischen war während des 1. bis 4. Jahrhun- Ausbeutung der Erzressourcen in die- den Zeitgruppen 2 und 3. Sie reicht derts n.Chr. im südlichen Sachsen- ser Zeit fortgesetzt. Dagegen klafft von derZeit um 700 bis über die Mitte Anhalt, in Thüringen, Böhmen und zwischen den Zeitgruppen 2 und 3 in des 8. Jahrhunderts hinaus. Es ist aus- Mähren verbreitet. Das ist exakt der der ersten Hälfte und der Mitte des 8. geschlossen, daß sich Verhüttungs- Raum, aus dem die frühgermanischen Jahrhunderts eine große Lücke. Schon plätze der Gruppen 2 und 3 zeitlich Siedler nach Südwestdeutschland zu Beginn des 8. Jahrhunderts unter- überschneiden. einsickerten. Sie kannten das Verfah- nahm Pippin der Mittlere verschie- ren aus ihrer Heimat und wandten es dene Feldzüge, die das alamannische Die Radiokarbondaten bieten uns die an, um Bohnerze und vergleichbare Gebiet unter die Botmäßigkeit der Möglichkeit, die frühmittelalterlichen reiche Erze auf der Hochfläche der karolingischen Hausmeier bringen Vernüttungsplätze wenigsten grob in Schwäbischen Alb zu verhütten. sollten. Diese Politik setzte Karl Martell einen historischen Zusammenhang (714-741) fort. Seit der Mitte des zu stellen. Nach dem Fall des ober- Wieso aber fehlen frühalamannische 8. Jahrhunderts nun war das Land wie- germanisch-rätischen Limes um 260 Verhüttungsplätze im Vorland der der fest in das fränkische Reich ein- n. Chr. gab das römische Militär große Schwäbischen Alb? Es ist möglich, gegliedert. Die stabileren politischen Teile der Provinzen Raetia und Ger- daß die eisenärmeren Erze im Dogger Verhältnisse erlaubten aufs neue, die mania superior preis - auch das Vor- des Albvorlandes mit ihrem hohen seit langem erkannten Erzlagerstätten land der Mittleren Schwäbischen Alb. Phosphorgehalt für die einfachen Ver- weiter abzubauen. Die am Ende des In diesem Machtvakuum setzten sich hüttungsmethoden der frühen Ala- 8. Jahrhunderts einsetzenden Verhüt- germanische Siedlergruppen fest, die mannen ungeeignet waren, so daß tungsplätze der Zeitgruppe 3 wurden in den antiken Quellen mit dem Sam- man sich auf die eisenreicheren Erze oft direkt neben den älteren Schlak- melbegriff Alamannen belegt wer- der Albhochfläche beschränkte. Zeit- kenhalden angelegt. Es ist gut mög- den. Eine bekannte und gut er- lich wurden die frühalamannischen lich, daß das Ende der Zeitgruppe 3 im forschte Fundstelle aus dieser Zeit ist Verhüttungsplätze auf der Albhoch- ausgehenden 9. Jahrhundert wieder die befestigte Siedlung auf dem Run- fläche parallel zur ersten Phase der mit den unsicheren politischen Ver- den Berg bei Bad Urach. Es fällt sofort befestigten Höhlensiedlung auf dem hältnissen erklärt werden kann. auf, daß die Verhüttungsplätze nicht Runden Berg betrieben, das heißt von gleichzeitig mit der afamannischen der Zeit um 300 bis Ende des 5. und Hochmittelalterliche Eisen- Landnahme einsetzten, sondern fast beginnenden 6. Jahrhunderts. 200 Jahre später in der zweiten Hälfte hütten im Raum Metzingen des 6. Jahrhunderts. Wie deckten die Am Beginn des 6. Jahrhunderts wurde Die anschaulichsten Ergebnisse lie- frühgermanischen Siedler, wie die die Anlage auf dem Runden Berg zer- ferte eine Ausgrabung bei Metzingen- Handwerker und Krieger vom Run- stört. Zweifellos hängt dieses Ereignis Neuhausen im „Äußeren Wald". Dort den Berg ihren Eisenbedarf? Die Ant- mit den Kämpfen zusammen, in deren konnten im Oberen Braunjura Beta wort lautet; Schon im 4. und 5. Jahr- Verlauf das fränkische Königtum die eine ganze Reihe von hochmittel- hundert existierten Verhüttungsplät- alamannischen Lande unterwarf. Auf- alterlichen Verhüttungsplätzen des ze, doch sind sie von völlig anderer grund des zeitlichen Zusammentref- Typs Metzingen lokalisiert werden. Art als die frühmittelalterlichen Fund- fens halte ich es für sehr wahrschein- Der ausgegrabene Platz erstreckt sich

215 am Südosthang eines Taleinschnitts. Die Gesamtausdehnung der grau- Eine Sandstufe bildet dort eine terras- schwarzen, hart verziegelten Ofen- senartige Verebnung am Hang. Die sohle betrug 150 cm x 170 cm. Die aus nächsten Pingen ziehen entlang der Lehm erbaute Ofenwand muß etwa gegenüberliegenden Talseite in 150 25 bis 30 cm breit gewesen sein. Die bis 200 m Entfernung. Sicher wurde verziegelte Struktur war hufeisenför- auch an der nördlichen Talseite im Be- mig, auf der zur Schlackenhalde wei- reich der ausgegrabenen Fundsteile senden Seite setzte die Ofenwand auf Erz abgebaut, doch haben sich dort 130 cm Länge aus. Dort saß die weni- keine eindeutig als Pingen ansprech- ger massive Ofenbrust, die wohl nach baren Spuren erhalten. jedem Ofengang erneuert werden mußte. Der Durchmesser des Ofen- Vor Grabungsbeginn bot der Verhüt- inneren muß etwa 100 cm betragen tungsplatz folgendes Bild: Der mäßig haben. In der rückwärtigen Ofen- steil nach Südosten geneigte Hang hälfte steckte noch in situ die Ofen- ging in ein schmales Plateau über, das schlacke des letzten Ofenganges. Zu etwa mit der Grabungsfläche iden- diesem Ofentyp gehören ganz cha- tisch war und sich darüber hinaus rakteristische Windformen, die leicht nach Norden fortsetzte. Im Südosten von den länglichen Düsen des Typs wurde die Terrasse von einer sehr stei- Frickenhausen zu unterscheiden sind. len Böschung begrenzt. Über diese Es sind Scherben von recht dünn- Böschung ist die Schlacke hinab- wandigen Röhren mit einem großen ■ 6 EinVerhüttungsplatzim„ÄußerenWald" geschüttet worden. Sie bildet einen inneren Durchmesser von ca. 6 cm. bei Metzingen-Neuhausen vor der Ausgra- Schuttkegel von 9 x 12 m Ausdeh- Diese Windformen sind am ofenwär- bung. 1 Die Schlackenhalde erstreckt sich nung. Die Schlackenmasse in dem tigen Ende nur ein ganz kleines Stück, eine steile Böschung hinab. 2-3 Daneben lie- Schuttkegel kann man vorsichtig auf maximal ein bis zwei Zentimeter tief, gen zwei Hügelchen, unter Nr. 2 wurde spä- 35 Tonnen schätzen. Oberhalb des verschlackt. Sie ragen also im Gegen- ter der Ofen erfaßt. 4 Ausdehnung des ge- Schlackensch uttkegels waren am satz zu den Windformen des Typs samten Verhüttungsplatzes. Rande der Böschung zwei kleine Hü- Frickenhausen nicht in den Reduk- gelchen aus Lehm erhalten. Unter tionsraum hinein. dem nördlichen, größeren Lehmhü- gelchen lagen die Überreste des Ver- Abgesehen von dem Verhüttungs- hüttungsofens. Das ist ein häufig ofen wurden noch weitere Strukturen wiederkehrender Befund an Plätzen freigelegt. Hinter dem Ofen befand des Typs Metzingen: große Schlak- sich eine Art Holzkohledepot, wo die kenmassen eine steile Böschung hin- benötigte Holzkohle bereit lag. Im abgeschüttet, oberhalb davon ein südlichen Bereich erstreckte sich eine kleiner Schuttkegel aus Lehm, unter etwa 30 cm hoch aufgeschüttete dem sich die Reste des Verhüttungs- Halde aus vererzten Sandsteinen. Ins- ofens erhalten haben. Abgesehen gesamt konnten wir dort 1,5 m3 Erz von den metallurgischen Einrichtun- bergen. Unter der Erzhalde kamen im gen gab es keinerlei archäologische Randbereich zwei große Amboßstei- Befunde. Insbesondere fehlt jeder ne zum Vorschein, die auf dem Ni- Hinweis auf Siedlungstätigkeit. Das veau der alten Oberfläche saßen. Of- trifft im Grunde auf alle Verhüttungs- fensichtlich handelte es sich um eine plätze des Arbeitsgebietes zu. Pochstelle, an der das Erz geprüft, zer-

■ 7 Dieser Ofen wurde im „Äußeren Wald" bei Metzingen-Neuhausen ausgegraben. Aufgrund der Größe und der bis zu 30 cm dicken Lehmwand sind die Schmelzöfen des 12./13. lahrhunderts besser erhalten.

216 kleinen und vorsortiert wurde. Neben der Pochstelle erstreckte sich ein Röstherd von 2,8 x 2,6 m Ausdeh- nung. Im Röstherd lagen noch etwa 0,7 m3 geröstete Erzbrocken. Schließ- lich lag neben dem Ofen ein kleiner, ganz flacher Schutthügel, unter dem eine Konzentration von Erzbrocken in allen Spielarten, geröstet und ungerö- stet, weiter zahlreiche plattige Kalk- sandsteinbruchstücke und schließlich auffallend klein zerschlagene Fließ- schlackenfragmente angetroffen wur- den. ich vermute, daß dort der Möller vorbereitet wurde, mit dem dann der Ofen beschickt werden sollte. Aufgrund der Scherbenfunde können die Eisenhütten des Typs Metzingen in das 11. bis 12. Jahrhundert datiert werden, möglicherweise reichen sie auch noch ins 13. Jahrhundert hinein. mal vier unsichere Fundstellen hinzu- ■ 8 Die Windformen der hochmittelalterli- Nimmt man die Radiokarbondaten kommen. Schließlich liegen östlich chen Öfen hatten einen großen inneren hinzu, reichen die Fundstellen von der Lauter weit verstreut fünf weitere Durchmesser von ca. 6 cm. der Mitte des 11. bis in das erste Drit- Fundstellen, die vielleicht ebenfalls tel des 13. Jahrhunderts n.Chr. Dabei zuzurechnen sind. bilden der oben beschriebene Pjatz und eine weitere Fundstelle im „Äu- Hoch- und frühmittelalterliche Ver- ßeren Wald" bei Metzingen-Neuhau- hüttungsplätze schließen sich in der sen ein Paar des späten ^./begin- Verbreitung weitgehend aus. Bis auf nenden 13. Jahrhunderts, während wenige Ausnahmen sind die frühmit- ein Verhüttungsplatz in Beuren „Wei- telalterlichen Plätze auf den Raum öst- leräcker" möglicherweise noch in die lich Frickenhausen zwischen Steinach zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts da- und Lauter beschränkt. Dabei ist wohl tiert werden und sicher nicht viel jün- kein Zufall, daß der nach Radiokar- ger als Mitte 12. Jahrhunderts sein bondaten älteste hochmittelalterli- kann. Der Platz Metzingen „Kurles- che Platz Beuren „Weileräcker" (Mitte hau" liegt vermittelnd dazwischen. 11. bis Mitte 12. Jahrhundert) direkt Nach den vorliegenden Daten zeich- am südlichen Rand dieser auffälli- net sich in der Zeit um 1000 eine gen Konzentration frühmittelalterli- Lücke zwischen den jüngsten Fund- cher Fundstellen liegt. Ich vermute, stellen des Typs Frickenhausen und die frühmittelalterlichen Hüttenleute den Verhüttungsplätzen des Typs bevorzugten die Region zwischen Metzingen ab, während der kein Erz Steinach und Tiefenbach, eventuell abgebaut und verhüttet wurde. Die auch noch zwischen Tiefenbach und Lücke könnte etwa das 10. und das Lauter, weil dort die erzführenden erste Drittel des 11. Jahrhunderts um- Horizonte weiträumig flächig ausstrei- fassen. chen und deshalb besonders leicht abzubauen waren. Die hochmittelal- Roheisen oder schmiedbares terlichen Prospektoren knüpfen zu- nächst bei diesen alten Spuren an, Eisen? doch mußten sie bald neue Lagerstät- Mindestens 21 Fundstellen dürfen wir ten erschließen und dehnten ihre ohne Vorbehalt den ausgegrabenen Tätigkeit auf die südwestlich und öst- hochmittelalterlichen Verhüttungs- lich angrenzenden Gebiete aus. plätzen bei Metzingen und Crafen- berg zur Seite stellen. Zählen wir die Die hochmittelalterlichen Verhüt- unsicheren Kandidaten mit, kommen tungsplätze haben eine Reihe charak- wir auf 34 Plätze. Fast die Hälfte, näm- teristischer Merkmale gemeinsam. lich 15 Fundstellen, finden wir in den Immer handelt es sich um einzeln lie- Wäldern zwischen Echaz und , gende Schlackenhalden von be- vorwiegend im „Äußeren Wald" und trächtlicher Größe, wobei der nächste im Metzinger Stadtwald. Sechs wei- benachbarte Platz mindestens einige tere schließen unmittelbar nördlich hundert Meter entfernt ist. Gewöhn- der Erms in der Umgebung der Ort- lich umfassen die Halden über 20 schaften , Tischardt und Tonnen Schlacke, in Einzelfällen 40 Großbettlingen an. Abseits dieses oder sogar 90 Tonnen. 94% der Verbreitungsschwerpunkts liegen ei- Schlacken aus diesen Halden sind ne Fundstelle bei Oberboihingen und auffallend eisenarme und kalkreiche der ausgegrabene Platz Beuren „Wei- Fließschlacken, die fast immer glasig leräcker", in dessen Umkreis zwi- erstarrt sind. Der Eisengehalt beträgt schen Beuren und noch ein- durchweg deutlich unter 10%. Dies

217 läßt auf eine Eisenausbeute schließen, Wald" kam. Obwohl im „Äußeren wie sie mit einem archaischen Hoch- Wald" die Fundstellen des Typs Met- ofen zu erreichen wäre. Die restlichen zingen besonders dicht beieinander 6% bestehen aus typischen, eisenrei- liegen, führten Erzabbau und Verhüt- chen Ofenschlacken, wie man sie tung dort keinesfalls zu einer meßba- auch bei einem Rennofen erwarten ren Schädigung des Waldes. Dies würde. Zwischen den metallurgi- spricht wohl gegen eine lang anhal- schen Abfällen findet man immer me- tende, intensive Tätigkeit in einem en- tallische Eisenklumpen, teils zungen- gen Umkreis. förmig gestreckt, teils flach und kalot- tenförmig. Ich möchte schätzen, daß Seit den ersten Analysen von Schlak- man pro Platz mit etwa 200 kg Eisen- ken und Metallfunden aus Metzingen abfällen rechnen muß. „Kurleshau" stehen wir vor der Frage, wie diese hochmittelalterlichen Ofen Von den Verhüttungsöfen hat sich nur eigentlich funktionierten und was sie die verziegelte und verschlackte Soh- erzeugten. Die Befunde sind verwir- le, allenfalls noch der Ansatz der auf- rend. gehenden Lehmwandung erhalten. Die Strukturen haben durchschnitt- lich einen Gesamtdurchmesser von Der Ofentyp 150 cm. Der Durchmesser des Reduk- In ihrer Bauart knüpfen die hochmit- tionsraums kann im Sohlenbereich telalterlichen Schmelzöfen an ge- mit ca. 100 cm rekonstruiert werden. wöhnliche Rennöfen an, wie wir sie Die Stärke der Ofenwand muß 25 bis schon aus römischer Zeit und dem 30 cm betragen haben. Die Ofen- frühen Mittelalter kennen. Unge- strukturen sind nicht symmetrisch, wöhnlich ist nur ihre Größe, beson- sondern halbrund bzw. fast hufeisen- ders der große Durchmesser des Re- förmig mit gerade abschließender duktionsraums. Keinesfalls kann man Brust. Die Brust war während des Be- sie mit den sogenannten Massenhüt- triebs offenbar durch eine Lehmstruk- ten oder ähnlichen Befunden verglei- tur verschlossen, die bedeutend chen, die im Sauerland und Schwe- schwächer als die übrige Ofenwand den ausgegraben worden sind, und war. Da im Brustbereich regelmäßig die schon aufgrund ihrer Bauwei- größere Mengen oxidierend ge- se Hochöfen ähneln. Ungewöhnlich brannter Ofenbauteile lagen und hier sind auch die Windformen, zu denen auch des öfteren die typischen Wind- mir keine Parallelen bekannt sind. formen gefunden wurden, möchte Man kann sich schwer vorstellen, wie ich annehmen, daß die Windformen diesen Ofen mit ihrem großen Re- in die Brust eingebaut waren und der duktionsraum ohne Wasserkraft ge- Wind vom Arbeitsplatz vor der Ofen- nügend Wind zugeführt werden brust aus zugeführt wurde, nicht da- konnte. gegen von hinten oder von der Seite, wo die Ofenwand bedeutend dicker war. Der Verhüttungsprozeß Die chemischen und mineralogi- Man fragt sich, ob der Wind vielleicht schen Untersuchungen führen zwin- mit Hilfe großer Blasebälge erzeugt gend zu der Schlußfolgerung, daß in wurde, die man mit Wasserkraft be- diesen Ofen regelmäßig hoch aufge- treiben mußte. Aufgrund dertopogra- kohltes Roheisen erzeugt wurde. An- phischen Situation kann man dies bei ders kann die Zusammensetzung der fast allen Plätzen ausschließen. Man Schlacken nicht erklärt werden. An kann auch ausschließen, daß die Ofen diesem Ergebnis ist nach den Arbei- kontinuierlich über längere Zeit hin- ten der vergangenen zwei Jahre kein weg in Betrieb waren. Sie waren aus Zweifel mehr möglich. Keinesfalls Lehm gebaut und standen unge- kann man den Verhüttungsprozeß, schützt im Freien. Länger anhaltender der in den Schmelzöfen von Grafen- Regen, spätestens aber der auf die Er- berg und Metzingen ablief, als Renn- richtung folgende Winter mußte sie verfahren bezeichnen. Darüber hin- zerstören. An den ausgegrabenen aus muß man davon ausgehen, daß Plätzen fehlt jeder Hinweis auf meh- die mittelalterlichen Schmelzer in der rere Phasen, etwa in aufeinanderfol- Lage waren, Temperaturen von min- genden Jahren. Vielmehr sieht es destens 1400 Grad Celsius zu errei- ganz so aus, als habe man jeden Platz chen - und das ohne Wasserkraft. nur für eine kurze Zeit aufgesucht, vielleicht einige Wochen oder Mo- nate, um das Erz der näheren Umge- Das Endprodukt bung zu verhütten und den Platz an- Die metallischen Eisenklumpen, die schließend ein für alle Mal aufzuge- wir allenthalben geborgen haben, ben. Dazu passen die Ergebnisse, zu können nicht das erwünschte Erzeug- denen Thomas Engel bei der Unter- nis sein. In ihrer Zusammensetzung suchung der Holzkohlenreste aus der (Kohlenstoffgehalt 2-3%) sind sie we- Ausgrabung Metzingen „Äußerer der Fisch noch Fleisch; Weder sind sie geeignet zum Schmieden (Kohlen- kann die hochmittelalterliche Verhüt- ausbeutete. Die Hüttenplätze zwi- stoffgehalt zu hoch) noch zum Gie- tung nicht als eine kurzfristige Erschei- schen Echaz und Erms könnten auf ßen (Kohlenstoffgehalt zu niedrig). nung, die vielleicht nur aufgrund einer die Initiative der Erben auf der Burg Ebenso störend wirkt sich der erhöhte besonderen Konjunktur auftrat, abge- Achalm zurückgehen. Gewiß gehör- Phosphorgehalt aus. Schließlich spre- tan werden. Wir kennen im Arbeits- ten zur Burg ausgedehnte Wälder, chen die Fundumstände dafür, daß es gebiet zwei herausragende Adelsge- Jagd- und Holzrecnte. Im „Äußeren sich um Abfall handelt. Wir wissen schlechter. Zwischen Beuren und Wald", der seit alters mit Metzingen- also nicht, wie das gewünschte End- Grafenberg nehmen die Herren von Neuhausen verbunden ist, könnten produkt aussah. Neuffen, in Urkunden bezeugt seit es aber auch die Mönche des Klosters derZeit um 1100, eine beherrschende gewesen sein, die von der Die ersten gegossenen Eisengegen- Stellung ein. Ihre Besitzungen lagen Eisenverhüttung profitierten. Aller- stände treten in Mitteleuropa ab der zum Beispiel in Beuren, Balzhoiz, dings führt der oben erwähnte Um- Zeit um 1400 auf. Man darf davon aus- Kappishäusern, Kohlberg, Tischardt, stand, daß wir mittelalterliche Eisen- gehen, daß man im 12./13. Jahrhun- Grafenberg und Großbettlingen - al- produktion auch an einem anderen dert für hoch aufgekohltes Roheisen les Orte, auf deren Gemarkungen Ver- Ort nachweisen können, in dem die noch keine Verwendung hatte. Wollte hüttungsplätze des beschriebenen Achalmer begütert waren, nämlich in man derartiges Eisen weiterverarbei- Typs oder zumindest Erzabbauspuren Essingen, doch recht eindringlich die ten, mußte man es erst durch Frischen bezeugt sind. Den Besitz der Herren Rolle der adeligen Geschlechter vor in schmiedbares Eisen umwandeln. von Neuffen brachten in der zweiten Augen. Wir haben an den ausgegrabenen Hälfte des 13. Jahrhunderts die Würt- Verhüttungsplätzen keine Einrichtung temberger an sich. Die großen Adelsfamilien des Ar- gefunden, die mit dem Frischen zu- beitsgebietes waren tief in die Ausein- sammenhängen könnte. Man könnte Südlich der Erms im Raum Dettin- andersetzungen der damaligen Zeit höchstens vermuten, daß zunächst gen/Erms, Metzingen und Metzin- verstrickt und bestrebt, in den Kämp- eine größere Menge Roheisen er- gen-Neuhausen waren im 11. Jahr- fen zwischen König und Gegenkönig, zeugt wurde, das dann in einem zwei- hundert die Grafen von Achalm an- Kaiser und Papst, ihre eigene Macht- ten Arbeitsgang im Verhüttungsofen sässig, enge Verwandte derer zu basis zu erhalten. Betrachtet man die gefrischt wurde - es fragt sich nur wie. Urach, eine Familie von großer Be- Geschichte der Stauferzeit, des Inve- Das indirekte Verfahren (erst Rohei- deutung mit weitreichenden Bezie- stiturstreits, der ja zum großen Teil in senerzeugung, dann Frischen) hätte hungen. 1089 gründeten die Brüder Schwaben ausgetragen wurde, und für die mittelalterlichen Hüttenleute Kuno und Liutnold von Achalm das die wechselnde Parteinahme der kaum einen Vorteil gehabt. Nicht nur, Kloster Zwiefalten und statteten es mit schwäbischen Adelsgeschlechter - daß die Ausbeute an Eisen nach dem reichen Schenkungen aus, vor allem mal zu Gunsten des Kaisers, mal des Frischen nicht wesentlich größer als in Metzingen-Neuhausen. Beide star- Papstes -, möchte man folgende Hy- im direkten Rennverfahren gewesen ben kinderlos. Das Erbe, insbeson- pothese wagen: Um in diesem Streit wäre. Vor allem die Energiebilanz wä- dere die Burg Achalm, ging an Werner mithalten zu können, mußten die re spürbar ungünstiger ausgefallen, von Grüningen, der 1121 starb. Bis ortsansässigen Adelsgeschlechter alle weil der Holzkohleverbrauch viel hö- 1135 gehörte die Burg den Weifen, Reserven mobilisieren. Dies verhalf her war. Vom erhöhten Aufwand an dann 1135 bis 1170/80 den Grafen auch den Erzlagerstätten des Albvor- Zeit und Arbeit wollen wir nicht spre- von Gammertingen, anschließend landes, die 200 Jahre lang unbeachtet chen. Berthold von Neuffen. Heinrich von geblieben waren, zu neuer Bedeu- Neuffen, ein Nachkomme Bertholds, tung. Das Ende der mittelalterlichen Man muß es den Spezialisten überlas- war ein Parteigänger Heinrichs VIII., Eisenproduktion fällt zeitlich mit dem sen, diese Widersprüche zu klären als dieser sich 1235 gegen seinen Va- Aufstieg des Hauses Württemberg in und herauszufinden, welcher Prozeß ter, Kaiser Friedrich II., erhob. Er wurde der zweiten Hälfte des 13. Jahrhun- in den Öfen vom Typ Metzingen ab- 1235 vom kaiserlichen Heer im Erms- derts zusammen. lief und welche Eisensorten erzeugt tal vernichtend geschlagen, seine wurden. Eines ist jedoch sicher: Es Burg auf der Achalm wurde Reichsgut. ging den mittelalterlichen Hüttenleu- Literatur: ten im Arbeitsgebiet gewiß nicht um An dieser Stelle sei auf eine interes- M. Böhm u.a.: Beiträge zur vor- und frühge- die Erfindung von neuen Methoden sante Einzelheit des Achalmschen Fa- schichtlichen Eisenverhüttung auf der wie Frischen oder gar Gießen. Die milienbesitzes verwiesen. Spätestens Schwäbischen Alb. Forsch, u. Ber. Vor- u. Erze im Albvorland liegen an der un- seitdem frühen 11. Jahrhundert waren Frühgeschichte Baden-Württemberg 55 teren Grenze dessen, was man noch die Herren von Achalm im Dorf Essin- (Stuttgart 1995). im Rennverfahren verhütten konnte. gen im heutigen Ostalbkreis begütert. M. Kempa: Das eiserne Zeitalter. Begleitheft Der Vorteil, den die mittelalterlichen Auch dort trat Werner von Grüningen zur Ausstellung in Crafenberg (Historische Hüttenleute durch die ungewöhnli- nach dem Tod Liutholds von Achalm Kelter, 27.4.-8.7.96) und in Konstanz (Archäo- che, neuartige Prozeßführung zu er- 1098 das Erbe an. Nun kennen wir auf logisches Landesmuseum Baden-Württem- reichen suchten, lag sicher darin, re- der Markung Essingen einen Verhüt- berg, 21.7-3.11.96) (Crafenberg 1996). lativ eisenarme Erze so günstig wie tungsplatz, der aufgrund von Radio- L. Szöke: Schlackenhalden und Schürfgru- möglich auszubeuten. karbonmessungen in die zweite Hälf- ben im Braunen Jura zwischen Reutlingen te des 10. und in die erste Hälfte des und Weilheim an der Teck. Fundber. Baden- Die Verhüttungsplätze setzen viel- 11. Jahrhunderts datiert wird. Zeitlich Württemberg 15, 1990, 353ff. leicht schon in der Mitte des 11., spä- handelt es sich um einen unmittelba- testens in der Mitte des 12. Jahrhun- ren Vorläufer der hoch- und spätmit- derts ein und reichen sicher bis in die telalterlichen Verhüttungsplätze bei Mitte des 13. Jahrhunderts - insge- Metzingen und Grafenberg. samt ein Zeitraum von hundert oder mehr Jahren, der ungefähr mit der ho- Wir wissen nicht, wer im 12./13. Jahr- Dr. Martin Kempa hen Zeit der Staufer zusammenfällt. hundert die Erzlagerstätten im Vor- Heugenstraße 16 Trotz der geringen Fundstellenzahl land der Mittleren Schwäbischen Alb 73 525 Schwäbisch Gmünd

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