<<

Zuständige Abteilung Bürgermeister

BESCHLUSS

Beteiligte Abteilungen 5.1 Vorlage Nr. 352/IX Ansprechpartner/in BM Brodel Aktenzeichen BM Datum 18.03.2016

Beratungsfolge Termin Beratung Rat 30.06.2016 öffentlich

Kosten € Produktbereich Abrechnungsobjekt vorgesehen im HH-Jahr Ergebnisplan Finanzplan Mittel stehen nur zur Verfügung in Mittel stehen im Produktbereich zur zusätzliche freiwillige Ausgaben Verfügung Höhe von Mittel stehen nicht zur Verfügung € ja nein

Produktgruppe/Abrechnungsobjekt:

Ernennung von Herrn Johannes Dröge zum Ehrenbürger der Stadt Sundern (Sauerland)

I. Beschlussvorschlag: Aufgrund seines herausragenden künstlerischen Lebenswerkes, verbunden mit einer leidenschaftlichen und sehr erfolgreichen Vermittlung der Kunst an Kinder, Jugendliche und Erwachsene, wird Johannes Dröge zum Ehrenbürger der Stadt Sundern ernannt.

II. Sachdarstellung, Begründung: Der weit über die Stadtgrenzen Sunderns hinaus bekannte Bildhauer Johannes Dröge wird am 25.03.1931 in Sundern geboren.

Nach der Schulzeit absolviert er beim Steinmetz und Bildhauer Franz-Josef Greitemann in Sundern-Seidfeld eine Ausbildung zum Steinmetz und Bildhauer.

1966 machte Johannes Dröge sich als Bildhauer und freischaffender Künstler selbstständig. Seine künstlerischen Schwerpunkte sind: Plastiken aus Granit, Diabas, Marmor, Bronze, Holz und Stahl.

Seine erste Werkstatt eröffnet er in Seidfeld. Seit vielen Jahren befindet sich seine Werkstatt im ehemaligen Genossenschaftshaus in Stockum. Dieses Atelier hat sich zu einer wichtigen und deutschlandweit bekannten „Lehrwerkstatt“ für Bildhauerei entwickelt.

Johannes Dröge ist mit Leidenschaft und mit großem Können Lehrmeister. Dem Menschen, dem Schüler, ist er zutiefst zugetan und im hohen Maße an ihm interessiert. Gerade diese Eigenschaft, verbunden mit einem hohen Interesse, Kindern einen Zugang zur Kreativität zu verschaffen, macht seine Projekte u.a. im Rahmen von Kultur und Schule so erfolgreich. Seine Begeisterung für die Kunst überträgt sich auf die Schüler und weckt ihr Interesse an der Kunst und der Natur. „Denn der Bildhauer (Johannes Dröge) ist eben auch ein Kunstpädagoge, der sich nicht nur über seine stumme Arbeit vermitteln will, sondern andere ebenso anleiten möchte. Er will Verständnis wecken, Auf- merksamkeit erzeugen, Spuren der Nachvollziehbarkeit legen.“ (Zitat WR vom 09.10.2011).

Der Künstler Johannes Dröge ist ehrlich, unbequem, kritisch, streitbar; wenn es um Kultur in Sundern geht fordernd, ein sauerländisches Urgestein, ein Steineflüsterer unter den Bildhauern, ein Denker und Querden- ker. Ein Künstler, der nicht viel über sich und seine Kunst redet. Zitat Johannes Dröge: „Ihr habt Glück, dass ich heute erzähle. Jahrelang habe ich überhaupt nicht erzählt.“

Bei Google finden sich 33.400 Ergebnisse in 0,37 Sekunden über einen Künstler, der bis heute seine Kunst nicht offensiv vermarktet. Man muss ihn finden. Johannes Dröge zeichnet besonders aus, dass er Egoismus nur in seiner künstlerischen Arbeit kennt.

Wer etwas wissen möchte, muss ihn fragen und erfährt dann, dass es „ihm darum geht, in einer immer mehr von Menschen geprägten, künstlichen Umwelt eine Sinn stiftende Kunst zu schaffen, die moralische und ästhetische Kategorien entwickelt und im Grenzgebiet zwischen Kunst und Natur eine sinnliche Konzentrati- on auf Formen zu lenken, die menschliches Fühlen und Denken ausdrücken.“ (Dr. Andrea Bockmann in „Johannes Dröge, Ich wollte immer nur ein bisschen Bildhauerei machen“)

Er setzt sich immer wieder kritisch, auch öffentlich, mit Sunderns Kultur und ihrem Umgang damit auseinan- der. Er legt den Finger in die Wunden. Er hadert oft zutiefst mit ihr und ist trotzdem seinem Heimatort treu geblieben und hat feste Dozentenstellenangebote an Hochschulen abgelehnt. Stattdessen widmet er die Skulptur „Sunderaner Trichter“ den Sundernern und ihrer Einstellung zur Kunst – er hält ihnen damit den Spiegel vor.

Johannes Dröge bringt sich aktiv ein. Er ist Mitbegründer, Organisator, Kurator und Lehrmeister des Skulp- turenwegs in Stockum sowie Mitorganisator der Stockumer Kunstsommer. Er organisierte viele Ausstellungen in Sundern, u.a. als langjähriges Mitglied des Kulturrings Sundern e.V.. Johannes Dröge brachte Künstler aus anderen Kunstvereinen und Städten Deutschlands für Ausstellungen nach Sundern und umgekehrt. Und das Wichtigste: seine für alle geöffnete Werkstatttür.

Johannes Dröge ist nicht nur in der Kunst gradlinig und streitbar. So hat er couragiert 1962 verhindert, dass für Paul Ortlieb, den Lagerleiter des in der NS-Zeit geführten La- gers für Fremdarbeiter am Platz der heutigen Schützenhalle, wegen seiner Funktion und seines extrem menschenunwürdigen Umgangs mit den Lagerinsassen, auf der Ehrenanlage der Kriegsgräber ein Kreuz aufgestellt wurde. Johannes Dröge hat sich geweigert, dieses fertig zu stellen.

1989/1990 hat er sich vehement dafür eingesetzt, dass ein Projekt für die Aufstellung einer Bronzestatue, die Heinrich und Wilhelmine Lübke abbildet, nicht zum Erfolg führte. Er war der Ansicht, die Statue entspre- che auf keinen Fall der Würde und den Leistungen Heinrich Lübkes; sie genüge keinerlei künstlerischen Ansprüchen.

Den Künstler als Denker und Querdenker, der sich einmischt, wenn er gesellschaftliches, soziales Leben in Gefahr sieht, zeigen exemplarisch zwei Skulpturen: „Die Kauernde“: Darin bezeugt er sein Mitgefühl für die Frauen, die in Kriegszeiten um ihre Männer und Söhne bangen und mit ihnen hoffen, aber auch seine Mahnung an alle. Seine Plastik „Lauschangriff“ rebelliert gegen politische Zustände. Diese künstlerisch ausgereifte Plastik löste selbst bei Kay Nehm, der bis 2006 Generalbundesanwalt und mit dem Thema Lauschangriff ständig konfrontiert war, ein gewisses Unbehagen aus. (Quelle: Rede Anne Knapstein anlässlich des 80. Geburts- tags)

„Die Anwesenheit von Künstlern steht für ein lebendiges kulturelles Leben in Stadt und Land. Sie sorgen für Vielseitigkeit, neue Positionen und spannende Diskurse und prägen so entscheidend die Atmosphäre und Attraktivität eines Standorts.“ (Zitat: www.Kunststiftung.de) Diese Aufgabe hat Johannes Dröge in den bisher 50 Jahren seines freischaffenden Künstlerlebens heraus- ragend erfüllt.

1981 wurde Johannes Dröge der Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen verliehen. Der Staatspreis wird u.a. für herausragende kulturelle Leistungen vergeben. Seit 2009 steht er im Goldenen Buch der Stadt Sundern.

Vita

Studienaufenthalte in Carrara, u.a. im Atelier Luigi Corsanini. Johannes Dröge hat in Workshops und Studienaufenthalten in Carrara mit vielen international bekannten Künstlern zusammen gearbeitet, u.a. mit Henry Moore, der ähnliche Herangehensweisen an Material und Form wie Johannes Dröge hat.

In über 500 Einzel– und Gruppenausstellungen waren seine Kunstwerke zu sehen.

Beschlussvorlage 352/IX Seite 2 von 4 Bemerkenswert ist, dass die Ausstellungen Johannes Dröge immer angetragen wurden. Er musste nie da- nach fragen.

Eine kleine Auswahl: Landesmuseum Münster Karl-Ernst-Osthaus-Museum, Kunsthalle Wilhelm-Morgner-Haus, Soest Westfalenpark, Dortmund "Manufactum" 1975, 1977, 1979, 1981, 1983, 1985, 1987 Museum Abtei Liesborn Internationale Kunstausstellung "K45", Wien Galerie Numero, Venedig Stadthalle Kassel Stadtstudio Bremerhaven Exponata 86, Münster Galerie "Die Brücke", Bonn Schloss Strünkede, Herne Schloss Cappenberg Ring 68, Köln Internationaler Kunstmarkt Köln Kunsthalle Bielefeld Russisch-Deutsche Gemeinschaftsausstellung Schloß Werdringen Gustav-Lübke-Museum Hamm Galerie Artes, Brügge Hochschule Salzburg Südwestfälische Industrie- und Handelskammer Skulpturenpark Kramelheide "Stuttgarter Künstlerbund", Stuttgart Burger Kunsttage Stadtgalerie Sundern

Mitgliedschaften in Kunstvereinen Johannes Dröge ist Mitglied im Kreiskunstverein Beckum-Warendorf, Eschweiler Kunstverein, Bund frei- schaffender Bildhauer Baden-Württemberg und in der Hagener Künstlervereinigung „Hagenring“. Dort „hat er zahlreiche Bildhauer-Kollegen über die Jahrzehnte hinweg mit in diesen renommierten Verein geholt und hat damit eine dankenswerte Brücke zwischen dem Ruhrgebietsrand und dem Hochsauerland geschlagen.“ (Zitat WR vom 09.10.2011)

Lehraufträge u.a. 1992 Bali, Indonesien, Marmorarbeiten in Bangli 2000 Salzburger Hochschulwoche, Bildhauerkurs zum Thema Gerechtigkeit 2004 Internationales Jugendcamp Zons, Arbeiten mit Stein, Holz, Beton

Symposien u.a. "Plastik 4" Homburg / Saar "Tiroler Frühling" 1-3 im Stubaital 1984 und 1988 Stadt Troisdorf 1987 und1990 Leinfelden-Echterdingen 1989 Stadt Haltern am See 2000 Bad Laasphe

Sommerakademien u.a. Marburg / Lahn, Steinbildhauerei seit 1986 Dozent für Steinbildhauerei Zons am Rhein und Bremerhaven seit 1996 Dozent Holzbildhauerei in Soest, Kreativtage in Rüthen

Workshops u.a. am Rothaarsteig, Kremelheide und in der eigenen Werkstatt in Sundern-Stockum

Dozent u.a. seit 1985 Volkshochschule Arnsberg-Sundern, Volkshochschule Werl

Beschlussvorlage 352/IX Seite 3 von 4 Unter vielen anderen sind seine Skulpturen im Besitz von: Johannes Rau, , , Kai-Uwe von Hassel, Herzog von Württemberg, Iduna Ver- sicherung (sie hat neben einigen anderen Skulpturen von Johannes Dröge auch die Staatspreis-Skulptur angekauft), Landesmuseum Münster, Stadt Marsberg und mehreren anderen Städten.

Johannes Dröge hat in den vielen Jahrzehnten seines künstlerischen Schaffens unzählige bedeutende Wer- ke geschaffen und durch seine Lehrtätigkeit nicht nur in Deutschland große Anerkennung erworben. Er hat auf diesem Weg Sundern weithin bekannt gemacht.

„Johannes Dröge reicht die naturalistische Darstellung nie. Die Unmenge von organischen Formen, die ei- nem Körper innewohnen, regulieren sich bei Dröge nach außen in eine ganz gezielte formenreduzierte Ord- nung. Diese unmissverständliche, klare Ordnung dominiert die Arbeit des Bildhauers.“ „Sein Wissen, seine Liebe zum Material, seine Erfahrung und sein hervorragendes Handwerk begründen die klare lebendige Kunst, mit der Johannes Dröge sich mühelos in den Reigen der herausragenden Künstler der Moderne einreiht.“ (Auszüge aus Text von Anne Knapstein zum 80. Geburtstag Johannes Dröge)

Johannes Dröge über seine Kunst: „Kunst ist Kristallisation – dieses Wort Edvard Munchs begreife ich als Leitsatz meiner Arbeit. Die streng stilistischen Formen meiner Plastiken sollen Leben ausstrahlen, dazu ein- laden sie anzufassen, zu begreifen. Die Suche nach der Mitte, der Harmonie, die Sehnsucht nach Verände- rung und Befreiung versuche ich in behauenen und polierten Flächen sichtbar zu machen.“

Der Künstler Johannes Dröge hat sich durch sein herausragendes und hochangesehenes künstlerisches Lebenswerk, verbunden mit dem leidenschaftlichen Einsatz, Menschen Kreativität und Kunst näher zu brin- gen und zugleich kritischer Mahner und Förderer der Kultur in seiner Heimatstadt zu sein, um Sundern be- sonders verdient gemacht.

Gemäß § 34 der Gemeindeordnung NRW kann eine Gemeinde Persönlichkeiten, die sich um sie besonders verdient gemacht haben, das Ehrenbürgerrecht verleihen. Beschlüsse über die Verleihung des Ehrenbürger- rechts fasst der Rat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Mitglieder.

Ich schlage vor, Herrn Johannes Dröge zum Ehrenbürger der Stadt Sundern (Sauerland) zu ernennen.

Brodel Bürgermeister

Beschlussvorlage 352/IX Seite 4 von 4