ARBEIT

STINKT ACcaTTonE

Nach dem gleichnamigen Film von Pier Paolo Pasolini in einer Fassung von Koen Tachelet

Musikalische Leitung: (14., 15., 19., 20. 08.), Christoph Siebert (22., 23. 08.) Regie: Johan Simons Bühne: Muriel Gerstner Kostüm: Anja Rabes Licht: Wolfgang Göbbel Soundscapes: Steven Prengels Sounddesign: Will-Jan Pielage Dramaturgie: Koen Tachelet, Tobias Staab Musikdramaturgie: Jan Vandenhouwe Mitarbeit Musikdramaturgie: Jens Van Durme

Aufnahmeleitung: Marc Swaenen Regieassistenz: Katelijne Laevens Bühnenbildassistenz: Luc Goedertier Sprachcoach: Roswitha Dierck Kostümassistenz: Christina Hillinger Regiepraktikum: Julie Peters, Clara-Lilian Risa Berger Inspizienz: Stefan Jansen Übertitelinspizienz: Erik Borgmann, Dirk Dehooghe Beratung Klangkonzept: Barak Koren Kinderbetreuung: Chris Nietvelt

Künstlerische Produktionsleitung: Marieke Cardinaels, Caitlin van der Maas Technische Projektleitung: Andreas Dietmann

Produktionsleitung Kostüm: Monika Frenz Garderobe: Sandra Gabrovec, Stefanie Klein Maske: Sabine Heuser, Laura Nahberger ACcaTTonE

Darsteller: Accattone: Steven Scharf Maddalena: Sandra Hüller Amore: Elsie de Brauw Das Gesetz: Benny Claessens Stella: Anna Drexler Pio: Mandela Wee Wee Balilla: Steven van Watermeulen Cartagine: Jeff Wilbusch Renato: Lukas von der Lühe Nannina / Ascensa: Laura Mentink Io: Pien Westendorp

Solisten: Dorothee Mields (Sopran) Alex Potter (Alt) Thomas Hobbs (Tenor) Peter Kooij (Bass) Christine Busch (Solo Violine)

Chor Sopran: Dorothee Mields, Griet De Geyter, Katja Kunze, Aleksandra Lewandowska / Alt: Alex Potter, Cécile Pilorger, Alexander Schneider, Bart Uvyn / Tenor: Thomas Hobbs, Malcolm Bennett, Stephan Gähler, Vincent Lesage / Bass: Peter Kooij, Matthias Lutze, Bart Vandewege, Robert van der Vinne

Orchester Collegium Vocale Gent Konzertmeisterin: Christine Busch / Violine 1: Marieke Bouche, Regine Schröder / Violine 2: Baptiste Lopez, Adrian Chamorro, Michyo Kondo / Viola: Deirdre Dowling, Kaat De Cock / Violoncello: Ageet Zweistra, Harm-Jan Schwitters / Violone: Miriam Shalinsky / Orgel: Brice Sailly / Oboe: Marcel Ponseele, Taka Kitazato / Traverso: Patrick Beuckels / Fagott: Julien Debordes / Trompete: Alain De Rudder Produktionsassistenz: Noemi Suarez Sanchez, Carl Vermeersch Leitung Kostüm: An De Mol Leitung Ausstattung NTGent: Thierry D’hondt Bühnenbild und Kostüme: Werkstatt NTGent Künstlerische Koordination Collegium Vocale: Jens Van Durme Lichttechnik: Dennis Diels, Johan Vandenborn Soundtechnik: Dimitri Devos, Arno Lips, Bauke Moerman, Yannick­ De Wit Technischer Produktionsleiter: Patrick Martens Technischer Leiter: Eric Verberdt Bühnentechnik: Eddy Deschepper, Gunther De Braeckeleer, Marijn Vlaeminck Ankleider: Marie-Jeanne Van Damme Näherin: Mieke Vandercruyssen Tourmanagement Collegium Vocale: Peter Van den Borre

Produktion und Technik: Team des NTGent und der Ruhrtriennale

Eine Produktion der Ruhrtriennale und des NTGent.

Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes. Mit freundlicher Unterstützung der RAG-Stiftung und der RAG Montan Immobilien. Accattone Uraufführung 14., 15., 19., 20., 22. und 23. August 2015 Kohlenmischhalle Zeche Lohberg, Dinslaken 2 h 30 min, keine Pause

Einführung jeweils 45 min vor Vorstellungsbeginn (außer 14. 08.)

Werkstattgespräch I 16. August 2015, 11.00 Uhr Richard Siegal, Johan Simons, Moderation: Bettina Böttinger The Good, the Bad and the Ugly (Refektorium) Vorplatz der Jahrhunderthalle Bochum

Johans Saloon I 22. August 2015, 22.30 Uhr Zentralwerkstatt, Zeche Lohberg, Dinslaken Steven Scharf Schmutz, Elend, Droge, Selbstmord Pier Paolo Pasolini

Und heute, sage ich euch, muss man sich nicht nur engagieren im Schreiben, sondern im Leben: man muss aushalten als Ärgernis und im Zorn, mehr denn je, arglos wie Tiere im Schlachthof, finster wie Opfer, genau so: man muss den Bürgern lauter denn je die Verachtung erklären, anschreien gegen ihre Primitivität, spucken auf die Unwirklichkeit, die sie sich zur Wirklichkeit wählten, in keinem Akt und keinem Wort ablassen vom totalen Hass gegen sie und ihre Polizei, ihre Justiz, ihr Fernsehen, ihre Presse: und hier möchte ich, Kleinbürger, der alles dramatisiert, der von einer Mutter so gut erzogen wurde im sanften und schüchternen Atem […] der bäuerlichen Moral, ein Lob weben auf den Schmutz, das Elend, die Droge und den Selbstmord Lukas von der Lühe, Jeff Wilbusch, Elsie de Brauw, Sandra Hüller Jenseits der Mitte Von Tobias Staab

Dinslaken ist eine kleine Stadt am Rand des Ruhrgebiets. Kurz nach der Jahrhundertwende wurde im Stadtteil Lohberg damit begon- nen, Kohle abzubauen. Seit den fünfziger Jahren des 20. Jahrhun- derts war man in Dinslaken verstärkt darum bemüht, „Gastarbeiter“ aus der Türkei, aus dem damaligen Jugoslawien, aus Polen und aus Korea für Industrie und Bergbau zu gewinnen. Die Zeche Lohberg war bis Ende 2005 in Betrieb. Dinslaken und der Stadtteil Lohberg waren in jüngster Zeit immer wieder in den Schlagzeilen aufgrund der Salafistenszene, die sich hier gebildet hat. Bis zum Jahr 2014 sind aus Dinslaken mehr als zwei Dutzend Jugendliche nach Syrien gereist, um dort für den „Islamischen Staat“ zu kämpfen. Die Men- schen, die heute in Dinslaken wohnen, sind unglücklich, dass ihre Stadt in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem mit diesen Ereig- nissen in Verbindung gebracht wird. Immer wieder sind Journalis- ten kurz an- und abgereist und reihten in den Zeitungsartikeln dann meist doch nur die Klischees, nach denen sie auf der Suche waren, aneinander. Jetzt kommt also auch noch die Kultur. Im Jahr 2015 findet die Ruhrtriennale erstmals in der ehemaligen Kohlenmisch- halle in Dinslaken statt. Mehr noch: Sie eröffnet das Festival hier mit einem Musiktheater-Projekt nach Pier Paolo Pasolini mit Chor- musik von . Viele Menschen in Lohberg haben keinen Bezug zur Ruhrtriennale. Bach wird vergleichsweise selten gehört. Viele gehen normalerweise nicht ins Theater. Was hat Pasolini also hier verloren?

Als 1961 „Accattone“ in die Kinos kommt, gilt Pier Paolo Pasolini bereits als kraftvolle, wenngleich streitbare Stimme Italiens. Wäh- rend er als Dichter in Literatenkreisen bereits große Anerkennung genießt, wird er von Staat und Kirche fortwährend hart attackiert. Als radikaler politischer Denker, der keine Angst vor ideologischen Widersprüchen kennt, nimmt ihn die institutionalisierte Linke eher als Gefahr, denn als potenziellen Gewinn wahr. Die kommunistische Partei hatte ihn bereits 1949 aufgrund moralischer Zweifel an seiner Person aus ihren Reihen ausgeschlossen. Zudem sieht sich Pasolini Zeit seines Lebens einer kaum enden wollenden Serie von Anklagen und Gerichtsprozessen ausgesetzt. „Verbreitung unzüchtiger Schriften“, „Obszönität“, „Schamlosigkeit“, „Pornographie“, „Blasphemie“,­ „Verführung Minderjähriger“. Pasolini entdeckt früh für sich die Rolle des Zornigen, des Dissidenten, des Häretikers. Zum Außenseiter wird er von seinem Umfeld gemacht.

„Die Bourgeoisie hat mich als Jugendlichen in der schwierigsten Phase meines Lebens ausgeschlossen: Sie hat mich in die Liste der Ausgestoßenen und Andersartigen eingereiht. Es ist kein Zufall, dass ich, als man mich aus dem Zentrum weggejagt hat, an der Peripherie Trost gefunden habe.“

Die Randgebiete des bürgerlichen Lebens, in die Pasolini sich ver- drängt sieht, bestimmen während der fünfziger und frühen sechzi- ger Jahre den Fokus von Pasolinis literarischem Schaffen. Wie in seinen Romanen „Ragazzi di Vita“ oder „Una Vita Violenta“ konzen- triert er sich auch bei „Accattone“ auf die unterste Gesellschafts- schicht, die Karl Marx als „Lumpenproletariat“ betitelt hatte. Pasolini­ selbst spricht vom „Sottoproletariato“ oder „Subproletariat“ und meint Arbeitslose, Diebe, Zuhälter und Prostituierte – all jene „Tauge­nichtse“ und „Hungerleider“ also, die keinen Zugang zum Zentrum der Städte und damit zum bürgerlichen Leben haben. Im Film setzt Pasolini die Figuren in menschenleeren, wüstenartigen Landschaften aus. Die leicht überbelichteten Bilder wirken, als ob der Boden unter ihnen brennen würde. Damit etabliert Pasolini ein biblisches Motiv, das sich immer wieder auch in späteren ­Filmen finden wird. „Teorema“, „Porcile“ oder „Il Vangelo secondo Matteo“ zeigen den Menschen verlassen und nackt in der Wüste – auf dem Rückzug ins Archaische oder auf der Suche nach Gott. In „Accattone“ ist es vor allem die Einsamkeit des Subproletariats, diein der staubverwehten Leere Ausdruck findet. Die Verortung ‚unterhalb‘ des Proletariats bedeutet auch eine Ab-­ grenzung vom proletarischen Selbstverständnis. Während der ­Proletarier die Möglichkeit hat, sich über die Arbeit, die er tut, eine Identität zu verschaffen, weisen die Helden Pasolinis jede Form von Arbeits- oder Lohnverhältnis zurück. Für sie ist der Fabrikarbeiter vor allem fremdbestimmt, ein konformistischer Kleinbürger, ein Zombie. Diese Welt des Subproletariats ist für ein bürgerliches Publikum kaum zu verstehen und nur schwer zu ertragen. Die im Christentum wurzelnde Moral- und Normendiktatur der Nach- kriegs-Bourgeoisie, wird in den Randgebieten der Städte durch ein anderes Wertesystem ersetzt, das sich in völlig anderen Verhalten- scodes ausdrückt. Pasolinis Figuren drehen das christlich geprägte bürgerliche Wertesystem auf den Kopf: Wenn einer der Gefährten Accattones bekennt, er gehe „zur Arbeit“, bezichtigen ihn die ande- ren der „Gotteslästerung“. Wenn Accattone selbst an einem Punkt der Handlung zu arbeiten versucht, stilisiert er sich zum Märtyrer. Accattone ist entsprechend nicht nur beispielhaftes Exemplar eines Subproletariers, sondern Prediger einer invertierten christli- chen Botschaft, ein Anti-Christ im besten Sinne. Neben einer Viel­ zahl von visuellen Verweisen im Film, bei denen Pasolini seinen Titelhelden in eine Tradition christlicher Ikonographie rückt, wird Accattone vor allem in einer Szene des Films als Anti-Messias er- kennbar: Accattone und seine Kumpel sind dabei, sich den letzten Rest Spaghetti zu teilen, der ihnen geblieben ist. Doch noch wäh- rend die Pasta im Topf kocht, überredet Accattone einen von ihnen heimlich, die anderen mittels eines Tricks zu vergraulen, auf dass das Essen lediglich für die beiden allein übrig bleibe. Accattone unterwandert damit das für die christliche Ethik grundlegende Prinzip der Nächstenliebe und des Gemeinwohls zugunsten einer darwinistischen Logik des „survival of the fittest“. Fit ist hier aller- dings derjenige, der es schafft, sich nicht von der herrschenden Moral vereinnahmen zu lassen. Nehmen ist seliger als geben.

Bereits im Namen des Protagonisten – den er seinem wirklichen Namen vorzieht – liegt der Schlüssel zu dieser Erkenntnis: Accat- tone bedeutet Bettler – derjenige also, der seiner Natur nach nichts gibt, sondern nur nimmt. Wann immer Accattone versucht, zu ar- beiten oder als Zuhälter andere für sich arbeiten zu lassen, schei- tert er daran. Ob es nun Maddalena ist, die sich von ihm abwendet oder Stella, die ihm den Gehorsam verweigert: Accattones Schicksal scheint nicht in der Ausübung eines „Berufes“ zu liegen. Erst wenn Accattone zum Bettler wird, tritt er aus den Kreisläufen des Gebens und Nehmens, die den Rest der Welt beherrschen, heraus und ­findet zu seiner Bestimmung. Accattone, der sich allein gegen alle anderen stellt, der nur nimmt und niemals gibt, der Anti-Messias, der Zerstörung statt Liebe predigt, geht unaufhaltsam auf seinen Mandela Wee Wee Tod zu. Es scheint in der Natur dieser Figur zu liegen, ihr Nein zur Tätigkeit und zu den Menschen konsequenterweise in ein Nein zum Leben selbst zu überführen. Von Anfang an deutet jede Szene auf dieses unvermeidliche Ende. Seinen Tod erlebt Accattone schließ- lich als Befreiung – vielleicht vom irdischen Leiden, vielleicht aber auch eine Befreiung von einer immer stärker durchökonomisierten Welt, die keinen Platz für alternative Lebens­entwürfe lässt. „Jetzt geht’s mir gut“ sind seine letzten Worte. Es ist schwer zu glauben, dass diese Worte auf ein christliches Erlösungsversprechen hinweisen. Ein Himmelreich hinter dieser schlechtesten aller Welten auf Erden anzunehmen, erscheint trotz zahlreicher christlicher Motive in Text und Bild und trotz der Sakral- musik Johann Sebastian Bachs nur wenig sinnvoll. Pasolini will „Accattone“ nicht als Parabel verstanden wissen und sucht am Ende nicht nach einer Moral, die möglicherweise nur wieder jene bürgerlichen Werte erhärten würden, die den Figuren in „Accat- tone“ genau wie Pasolini selbst die Luft zum Atmen nehmen. Die Hoffnung, die Pasolini in die Geschichte Accattones pflanzt, ist anderer Natur. Sie ist weniger im Schicksal der Hauptfigur zu fin- den, als in der Bestimmung, die Pasolini dem Subproletariat als Ganzes zuweist. Zwischen den „Ausgestoßenen und Andersartigen“ findet Pasolini eine neue Freiheit des Denkens und der Körper. In der Jugend des Subproletariats erblickt er das Potenzial einer Revolte, möglicherweise einer Revolution, gegen eine ökonomisch determinierte Welt, gegen die Herrschaft der Bourgeoisie. Nein zu sagen, zu Arbeit als identitätsstiftendem Prinzip, Tätigkeit zu ­verweigern, den Stillstand zu preisen, das alles erscheint in einer Leistungs­gesellschaft wie der unseren als größte denkbare Provokation. Dass historisch es nie zur Revolution gekommen ist, dafür macht Pasolini eine konformistische Massenkultur verant- wortlich, die sich über die krebsartige Ausbreitung des Fernsehens in den sechziger Jahren quer durch alle Gesellschaftsschichten frisst. Über die Massenmedien wird die Verbindung mit dem ­Zentrum wieder hergestellt. Der Preis ist lediglich das Ja zur kollek­ tiven Gleichschaltung. Ja zum glücklichen Dasein als willenloser Konsument. Heute ist es anders. Der Monotheismus des Fernsehens ist längst der Vielgötterei des Internets gewichen. Unklar ist, ob damit ein Leben nach der konsumierenden Masse eröffnet wird oder ob die Zombies von heute einfach schwerer auszumachen sind als früher. Heute, sagt Johan Simons, gibt es in Europa wieder verstärkt die Situation, dass die Leute am Rand den Bezug zum Zentrum verlie- ren. Den Bezug zur Mitte der Gesellschaft. Dinslaken ist nur ein Ort von vielen dieser Art. In der Kohlenmischhalle in Dinslaken hat Johan Simons einen Ort gefunden, der ihn an Pasolinis Wüsten erinnert. In den gewaltigen Dimensionen der Industriehalle wirken die Menschen klein und verloren. Der Himmel scheint unerreichbar, die Schwerkraft dagegen unnachgiebig – je weiter sich die Men- schen hier entfernen, desto mehr verschwinden ihre Konturen im Staub ihrer Schritte. Was gelten hier die Gesetze und Prinzipien der bürgerlichen Welt? Die Abwesenheit der Arbeit, die hier bis vor einigen Jahren noch verrichtet wurde, drängt sich dem Betrachter auf seltsame Weise ins Bewusstsein. Dinslaken ist ein Produkt der Industrialisierung. Durch den Niedergang der europäischen Schwerindustrie und Kohle-­ kraft laufen viele seiner Bewohner Gefahr, an den Rand gedrängt zu werden. Zugleich formieren sich aber auch hier wieder neue Gesell­schaften mit neuen Werten. Gesellschaften, denen mögli- cherweise das Potenzial innewohnt, gegen einen Mainstream der Massenkultur Stellung zu beziehen. Für Johan Simons ist das Musik­theaterprojekt „Accattone“ eine Hommage an den Künstler und politischen Denker Pier Paolo Pasolini, der bis zu seinem Tod nicht aufgeben wollte, Widerstand zu leisten, zu streiten und zu kämpfen und dabei doch vor allem Mensch blieb. Gleichwohl: ein einsamer Mensch. Eine moralische Wertung der Handlung oder der Figuren in „­Accattone“ vorzunehmen, erscheint Johan Simons wenig interes- sant. Interessant wäre stattdessen, eine Perspektive auf Menschen zu geben, die sonst kaum Beachtung finden. „Man muss diese ­Menschen nicht verstehen, wohl aber beachten“, sagt Simons. Sein Ideal als Regisseur sei es immer gewesen, ein Theater für Men- schen zu machen, die sonst nie ins Theater gehen. Bisher, sagt er, sei ihm das nicht gelungen. Aber jetzt aufzugeben, dafür sei es wohl zu spät. Sandra Hüller, Benny Claessens Jeff Wilbusch, Lukas von der Lühe, Laura Mentink Eine philosophische Erfahrung Pier Paolo Pasolini

1960 habe ich dann meinen ersten Film gedreht, der, wie gesagt, „Accattone“ heißt. Warum ich von der Literatur zum Film ging? Unter den absehbaren Fragen eines Interviews kommt diese Frage unvermeidlich, und sie ist es auch. Ich antwortete also, daß ich die Technik ändern wollte daß ich eine neue Technik brauchte, um neues zu sagen, oder, umgekehrt daß ich immer das gleiche sage und deshalb die Technik ändern mußte: je nach den Spielarten der Besessenheit. Doch war ich nur zum Teil aufrichtig mit dieser Antwort: das Wahre an ihr bezog sich auf das, was ich bisher gemacht hatte, Dann merkte ich, daß es sich nicht um eine literarische Technik handelte, fast der gleichen Sprache zugehörig, in der man schreibt: sondern daß sie selbst eine Sprache war … Und dann nannte ich die dunklen Gründe. die meine Entscheidung bestimmt hatten: wie oft hatte ich zornig und ungestüm gesagt, ich wolle auf meine italienische Nationalität verzichten! Gut, indem ich die italienische Sprache aufgab und mit ihr nach und nach die Literatur, verzichtete ich auf meine Nationalität. ich sagte nein zu meiner kleinbürgerlichen Herkunft, ließ alles hinter mir was italienisch klingt, protestierte, naiv, indem ich mein Abschwören so inszenierte, daß es im Augenblick der Demütigung und Kastration mich erhöhte. Doch war ich noch nicht ganz aufrichtig, Denn das Kino ist nicht nur eine linguistische Erfahrung, sondern, weil linguistische Forschung, eine philosophische Erfahrung. Pasolinis Rom Von Dorothea Dieckmann

Die Dächer Roms sind mit Antennen gefiedert: Der Fernsehanschluss ist der Anschluss ans Zentrum, mit dem die anarchisch-archaische­ Lebenswelt der borgata dem „bürgerlichen ideologischen Bombar- dement“ ausgesetzt wird. Mit verzweifelter Radikalität hatte Pasolini­ wenige Tage vor seiner Ermordung die Abschaffung des Fernsehens gefordert. Heute sind Rebibbias Straßen – „fußhoher Staub im Sommer, ein Sumpf im Winter“ – längst asphaltiert. Der improvisierte Charakter ist dennoch nicht getilgt. Zwischen den Betonhäusern von der Stange überdauern die niedrigen aus Stein, die Gärten und Schup- pen, wenn auch, bis auf wenige fossile Zeugen der alten peripheren Armut, geputzt und verstellt durch das obligatorische Auto – das zweite wichtige Anschlussmedium des Zentrums. Die „freie“, dörfli- che borgata mit ihrem nomadisch-beduinischen Charakter existiert weiter, doch sie ist zum schlampig-gemütlichen Speckgürtel domes­ tiziert oder zur pittoresken Enklave verniedlicht. Hier, wo Szenen von „Accatone“ (1961) und „Mamma Roma“ (1962) gedreht wurden, hat der Prozess der bürgerlichen Assimilation Anklänge an den geordneten Spießercharme eines deutschen Schrebergartens ent- stehen lassen. Die heutigen Einwohner haben mit der „Demut“, die so viele von Pasolinis Gedichten auf Rom beschließt, auch den Stolz ihrer bäuer­ lichen Vorfahren gegen eine neurotische Angst vor dem Anderen eingetauscht. Ihre zuweilen hasserfüllte Abstiegsangst wendet sich gegen die neuen Zuwanderer, jene, die Pasolini in Afrika und Indien als letzte Utopie eines unkorrumpierten rituellen, doch stets sich erneuernden Lebens kennenlernte: Immigranten aus Südeuropa und der Dritten Welt, die ihr klandestines Dasein an der Peripherie der Peripherie fristen. Vielleicht ist der rassistische Impuls gegen- über der einbrechenden Fremde – auch er eine Frucht der späten, „importierte[n] demokratische[n] Tradition“ – das einzige Phäno- men, das Pasolini in seiner kämpferischen Kritik nicht vorhergesagt hat. Er sah das Land und die geliebte Stadt den Weg in die inneren Zirkel des Dante'schen Infernos gehen, einem Fortschritt folgend, der das Gegenteil der Erneuerung war, für die er eintrat, vor Augen den sprühenden, permanenten Wandel der lebendigen Tradition in Gestalt des Subproletariats. 1975 begründete Pasolini, warum er „Accatone“ zu dieser Zeit nicht mehr hätte drehen können: Die Körper und Physiognomien wie auch die Sprache derjenigen, die sich darin selbst darsteIlten, waren verschwunden; vorbei die Zeit, als ihresgleichen „Pà“ oder „Er Pasòla“ auf der Straße auf eins seiner Gedichte ansprach. Zur Illustration prägte er die berühmte Vision von Rom als einer Stadt „nach dem Genozid“: „Hätte ich damals [1961] eine lange Reise gemacht und wäre ein paar Jahre später wieder durch die Straßen dieser ‚grandiosen plebejischen Metropole‘ gegangen, so hätte ich sicher den Eindruck gehabt, alle früheren Einwohner seien depor- tiert und vernichtet worden.“ Die Analyse zu diesem Bild entwarf er angesichts der Studentenrebellion 1968 in seiner Polemik „Die KPI an die Jugend“: „Kurz, durch den Neokapitalismus wird die Bour- geoisie zur conditio humana schlechthin […]. Es ist aus. Deshalb provoziere ich die heutige Jugend. Sie ist vermutlich die letzte Generation, die noch Arbeiter und Bauern sieht, die folgende wird sich von nichts mehr umgeben sehen als von bürgerlicher Entropie.“ Pier Paolo Pasolinis Liebe zur „großen Volksmetropole“ endete unglücklich. Die Welt selbst entfloh dem Flüchtling. Als das Volk, dessen kindlicher Gesang von seiner „Erhebung“ gekündet hatte, seinen Platz als vorgeschichtliches Subjekt einer kommenden Zeit aufgab und vom protoreligiösen Hoffnungsträger zur konformen Masse mutierte, sah er mit dem Ende seiner Leidenschaft auch das der Geschichte erreicht. Seine Liebeserklärungen wurden zum Abgesang; die vitale Diagnostik, die aus soziologischer Analyse, ästhetischer Phänomenologie und historischer Wahrnehmung eine politische Topographie der Stadt gewonnen hatte, wurde zum ele- gischen Fluch auf die Süße des Abgrunds zwischen Ich und Welt. Mandela Wee Wee, Steven Scharf, Steven van Watermeulen, Benny Claessens, Pien Westendorp, Laura Mentink

Musik eines angekündigten Todes Von Jan Vandenhouwe

In „Accattone“, dem ersten Film von Pier Paolo Pasolini aus dem Jahr 1961, spielt die Musik von Johann Sebastian Bach eine wesent- liche Rolle. Der italienische Regisseur kombiniert darin Bilder deso- later römischer Vorstädte mit dem Schlusschor der „Matthäus-­ Passion“ und mit Instrumental-Concerti. Die „göttliche“ Harmonie dieser Barockmusik steht in einem scharfen Kontrast zum dissona- nten Chaos im Leben des Nachkriegs-Subproletariats. Dass Pasolini Bachs religiöse Musik als Soundtrack für eine Geschichte über Zuhälter, Prostituierte und Diebe einsetzte, trug ihm heftige Kritik von konservativer Seite ein. Doch diese Musik verleiht Pasolinis Figuren große Menschlichkeit und Würde. Der Dramaturg Koen Tachelet spricht von der Aristokratie der Außenseiter. Pasolini be- zieht sich in seinem Drehbuch und in seinen Bildern fortwährend aufeinen christlichen Kontext. Nach einem Zitat aus Dantes „Göttli- cher Komödie“ im Vorspann bekommen wir eine lange Aufnahme zu sehen, in der Accattone von zwölf sitzenden Männern umringt wird. Das Bild erinnert an das letzte Abendmahl. Die Dialoge sind durchsetzt mit Zitaten aus der Bibel, gesprochen im römischen Dialekt des Subproletariats. All diese religiösen Referenzen erhe- ben die Geschichte von Accattone zu mythischen Proportionen. Sie kann so als Symbol für das kollektive existenzielle Drama des italienischen Subproletariats der 60er-Jahre stehen. Jedoch ist es vor allem die Musik von Bach, die „Accattone“ dieRadikalität einer Passion verleiht. Wie Christus selbst steht der Anti-Messias Accattone vor einer totalen Umkehrung des traditio- nellen Wertemusters. In dieser Hinsicht kündigt Pasolinis erster Film schon „Il Vangelo secondo Matteo“ an. Diese Verfilmung schuf Pasolini 1964 nach der Passionsgeschichte des Evangelisten ­Matthäus – von einer marxistischen Sicht auf die Gesellschaft aus. Im Film „Accattone“ ertönt der Schlusschor aus Bachs „Matthäus-­ Passion“ immer wieder in entscheidenden Moment: Er begleitet Accattones Straßenkampf mit seinem Schwager; er ist zu hören, als Maddalena von Schurken aus Neapel zusammengeschlagen wird; er schwillt in der letzten Szene an, in der Accattone versucht, der Polizei zu entkommen und bei einem Motorradunfall stirbt. Auf­- fallend ist, dass Pasolini die Musik von „ Wir setzen uns mit Tränen nieder“ immer in der Mitte abbricht und erneut mit den tiefen ein­ leitenden Akkorden beginnen lässt. Pasolini wiederholt immer wie- der den Beginn des Endes von Christi Passionsgeschich­te. Wie Christus ist Accattone sich bewusst, dass der Tod durch seinen anarchistischen Lebensstil immer nahe ist. Auch Johan Simons erzählt in seiner Musiktheater-Bearbeitung von Pasolinis Film die Geschichte von Accattone in der Form einer Passion. Simons bat den Dirigenten und Bach-Spezialisten Philippe Herreweghe, mit seinem weltberühmten Collegium Vocale Gent live Chöre, Arien und Choräle aus verschiedenen Kantaten von Bach beizusteuern, Fragmente, die zu einer Art neuer „Accattone-­ Passion“ zusammengefügt werden. Anders als in Bachs Passionen wird die „Leidensgeschichte“ in Johan Simons’ „Accattone“-Adap­ ­ tion nicht von einem Evangelisten in Rezitativen erzählt, sondern von einer Gruppe von Schauspielern gespielt, begleitet von neu komponierten Soundscapes von Steven Prengels. Die Arien er vier Vokalsolisten sorgen für Momente der Reflexion. Wie in der ­Matthäus- und Johannespassion steht am Anfang von „Accattone“ ein monumentaler Eröffnungschor. Im Chor „Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen“ (BWV 48) verwebt Bach Stimmen und Instru­ mente zu einem komplexen polyphonen Geflecht. Die Trompete und Oboen spielen die zu Bachs Zeit berühmte Choralmelodie „Herr Jesu Christ, du höchstes Gut“, die kunstvoll im polyphonen Satz verarbeitet ist. Dank Bachs subtilem Textausdruck kann diese Musik eine tiefe emotionale Wirkung beim Zuhörer entfalten. In der zweiten Hälfte von Simons’ „Accattone“, ab dem Chor „Liebster Gott, wenn werd ich sterben“ (BWV 8) stehen Tod und Vergänglich- keit in der Musik immer mehr im Mittelpunkt. Die letzten Worte des sterbenden Accattone, „Jetzt geht’s mir gut“, finden schließlich ihr Pendant in der ergreifenden, vom Todesverlangen durchdrunge- nen Bass-Arie „Ich habe genug“ (BWV 82). Auch in der Accattone-­ Passion fungieren die Arien und Chöre von Bach als Musik eines angekündigten Todes. Pien Westendorp

Anna Drexler Wer nie sein Brot mit Tränen aß … Von Koen Tachelet

Rom, Fünfzigerjahre. Der Wiederaufbau ist in vollem Gang. Auf den Ruinen des Faschismus wird gebaut, gearbeitet, Geld verdient, konsumiert. Aber in Pasolinis Rom gibt es keine Arbeit. Und wenn es sie gibt, ist sie menschenunwürdig, abstumpfend, schlecht be- zahlt. In „Accattone“ sind es vor allem die Frauen, die arbeiten. Sie sortieren und waschen leere Flaschen, eine absurde, zum Scheitern verurteilte Sisyphusarbeit auf dem Abfallberg der wohlhabenden Klasse. „Sklaverei“, schlussfolgert Accattone, als er die Frauen bei der Arbeit sieht. Er erkennt, dass der karge Lohn, den die Frauen damit verdienen, niemals ausreichen wird, um auf die andere Seite des Systems zu gelangen. Pasolini, ein großer Bewunderer von Charlie Chaplin, zeigt diese Frauen vor dem Hintergrund eines heimgesuchten Roms als lebendige Tote. Sie sind das Kanonenfut- ter einer neuen Ideologie: des Konsumzwangs. In Pasolinis erstem Film zeichnen sich bereits seine tiefen Zweifel an der Zukunft des Subproletariats ab, in das er all seine Hoffnung gelegt hatte, aber von dem er damals schon wusste, dass es letztendlich den Versu- chungen des Konsumzwangs erliegen würde. Gegenüber diesen „arbeitenden“ Frauen stellt Pasolini einige Frauen, die sich außer- halb der Sklaverei der Arbeit gestellt haben, aber dadurch ver- pflichtet sind, in einem anderen System zu funktionieren, das sie ausbeutet: der Prostitution. „Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren“, so zitiert die Prostituierte Amore Dante, als Accattone seine neueste Eroberung, Stella, auf den Strich schickt. Und doch ist Stella, die erst spät in der Geschichte erscheint, die einzige Frau, die diesem doppelten Ausbeutungsmechanismus zu entkom- men scheint oder jedenfalls innerlich davon unberührt bleibt. Nicht zufällig zeigt Pasolini sie als eine Lichterscheinung in einer dunklen Welt, kaum als Wesen aus Fleisch und Blut. Stella ist, wie ihr Name schon suggeriert, ein Sinnbild der Unschuld, auf das Accattone sein eigenes, pathetisch-unschuldiges „Nein“ gegenüber der Welt projizieren kann.

Dinslaken, 2015. Die Frau als Sklavin, Hure oder Heilige: 50 Jahre nach „Accattone“ fällt ein unvoreingenommener Umgang damit schwer. Das gilt auch für die Vorstellung, dass die Frau – in diesem Fall Stella – nur ein Symbol und Vehikel für die männliche Rebellion ist. Während der Proben zu „Accattone“ fanden wir eine mögliche Antwort in Pasolinis zweitem Film, „Mamma Roma“, vor allem in der Darstellung von Anna Magnani. Auch Mamma Roma ist eine Prostituierte, allerdings eine, die durchaus das Bedürfnis hat, am bürgerlichen Leben teilzuhaben. Im Gegensatz zu den meisten anderen von Pasolinis Schauspielern aus den ersten Filmen, die selbst aus dem Subproletariat kamen, war Magnani damals bereits ein gefeierter Filmstar. Auf unvergleichliche Art spielt sie mit den Stereotypen ihres eigenen Status als „göttlicher Körper“ und gibt dadurch indirekt einen Kommentar zu den Stereotypen ab, mit denen Pasolini seine weiblichen Figuren in „Accattone“ zeichnete. Er stellt eine Frau dar, die nicht länger das Vehikel für die Darstel- lung einer männlichen Virilität ist, sondern bildet eine ganz eigene, weibliche Vitalität aus. Darum wurde sowohl in der Textbearbeitung wie schließlich in der Inszenierung versucht, die Frauen in „­Accattone“ durch Anna Magnanis Augen zu sehen. Und was zeigt sich dabei? Die Darstellung einer starken Frauenwelt, die mal mit- leidig, mal ironisch, aber immer selbstbewusst auf die Geschehnisse reagiert, verstärkt die universelle Kraft von Pasolinis Geschichte nur noch. Wenn wir „Accattone“ als Klagelied auf den ausgespuck- ten Menschen beschreiben können, dann sind die Frauen viel mehr als Begleitmusik, sie bringen souverän ihre eigene Wirklichkeit zum Ausdruck, ihr eigenes Verlangen nach Erlösung.

„Es ist diese grenzenlose, vornationale und vorindustrielle bäuerliche Welt, die noch bis vor wenigen Jahren überlebt hat, der ich nachtrauere. Die ­Menschen dieses Universums lebten das Zeitalter, das Chilanti das Zeitalter des Brots genannt hat. Sie waren Konsumenten von unbedingt notwendigen Gütern. Das war es vielleicht, was ihr armes und prekäres Leben so not- wendig machte. Es ist klar, dass überflüssige Güter das Leben über­flüssig machen.“ Pasolini an Italo Calvino 1974

Während die Frauen noch bereit sind, sich für einen Hungerlohn als Fußabtreter des Kapitalismus missbrauchen zu lassen, verweigern sich die Männer in „Accattone“ radikal. Sie entscheiden sich dafür, als Parasiten in einem System zu leben, das sie ausschließt und ausspuckt: als Zuhälter, als Bettler, als Diebe. Der Bettler Accattone Sandra Hüller unternimmt selbst einen Versuch zu arbeiten: Er muss einen Schrott- haufen von einer Stelle zu einer anderen räumen. „Ich bin ein Sklave auf einem Berg Schrott“, ruft er am Ende des Tages aus und wirft sich auf die Erde. Das Sich-Hinwerfen ist ein zentrales Motiv in „Accattone“. Paso- lini lässt seiner Hauptfigur nur diese Wahl: Entweder er bewegt sich oder er liegt da wie ein Raubtier, das keine Ruhe findet, bis es seine Beute gefasst hat, um sich dann wieder hinzulegen, bis es von neuem Hunger bekommt. In fast jeder Szene liegt Accattone irgend­ -­ wo: in einer Gasse, vor der Tür seiner Frau, auf dem Friedhof ... Oft aus eigener Entscheidung, aber ebenso oft geht er durch die Gewalt anderer zu Boden. Accattone wird viele Male zusammen­ geschlagen: vom Schwager seiner Ex-Frau, von der Polizei, von seinen eigenen Freunden. Diese Gewalt ist außerordentlich doppel- bödig: Es sieht so aus, als würde Accattone die Gewalt suchen, wie in einem absurden Versuch, unter die Hautoberfläche zu gelangen, bis zu den Eingeweiden, dem Blut, den Muskeln, das Menschsein abzuhäuten, bis nur noch Energie übrigbleibt, ein Potenzial, ein Kräftefeld. Sich hinzuwerfen ist viel mehr als ein Ausdruck eines „Nein“ gegen eine Gesellschaft, die ihn zwingt, produktiv zu sein. Es ist der Ausdruck eines tiefen Verlangens, ein Teil des natürlichen Kreislaufs zu werden, ein Organismus, der nicht mehr nimmt, als er braucht, so wie ein Tier oder eine Pflanze. Accattone erkennt: Sobald der Mensch darauf aus ist, einen Mehrwert, einen Über- schuss zu schaffen, wird er zum Ausbeuter und schafft eine Klasse von Meistern und eine von Sklaven. Darum ist „Accattone“ – das italienische Wort für Bettler – nicht nur ein Geusenwort. Es zeugt von einer tiefen Erkenntnis über den Menschen: Der Bettler ist ein Barometer der Gesellschaft: Er nimmt nichts, sondern bekommt das, was die Gesellschaft abzugeben bereit ist. In einer Gesell- schaft, die nichts abgibt, stirbt der Bettler den Hungertod. Dies alles erinnert an die Lehre von der Nächstenliebe, die Jesus von Nazareth predigte, doch Pasolinis Film ist gleichzeitig die ­Demaskierung dessen oder besser gesagt: die radikale Umkehrung. Auch wenn Pasolini seinen Film mit Bezügen auf Christi Leidens- weg durchsetzt hat, Accattone ist kein Christus. Denn es gibt keine höhere Instanz, die Accattones pathetische Versuche, das Leiden der Welt auf sich zu nehmen, in einen sinnvollen Rahmen stellt. Accattone wird nicht als Heiland in einem glorreichen Akt der Auf- opferung sterben, sondern auf der Flucht vor der Polizei, nach dem stümperhaften Versuch, ein paar Würste zu stehlen. Als er die „reine“ Stella gefragt hat, für ihn auf den Strich zu gehen und damit seine letzte Möglichkeit zur Erlösung aufzugeben scheint, ruft er die Madonna an. Aber es kommt keine Antwort. Accattone ist nur noch ein Rufender in der Wüste. In einer Welt ohne Gott liegt das Ziel nicht im Himmel, sondern auf der Erde, bei den anderen Men- schen. Aber die Verbindung mit anderen Menschen bedeutet zwangs­läufig, Kompromisse einzugehen, Verrat an dem, was man verkündigt, zu begehen. Accattone predigt zwar das Nichtstun, doch kann er in Wirklichkeit nur überleben, indem er als Zuhälter auftritt. Er verherrlicht zwar den Hunger, muss sich aber in Wirk- lichkeit verschiedenster Tricks bedienen, um an Essen zu kommen. Er lehnt zwar jeden Besitz ab, aber ist verpflichtet, als Führungs­ figur einer Gruppe von Freunden seinen Status mit Juwelen und Frauen auszudrücken. Und doch ist die doppelbödige Heilslehre für Pasolini kein Anlass, seine Hauptfigur fallenzulassen. Im Gegenteil: Gerade in diesem Spannungsfeld wird Accattone zum Mensch. Gerade das Bewusst- sein des notwendigen Scheiterns und das Nicht-Akzeptieren dieses Scheiterns machen Accattone zu einem modernen Helden und verleihen seiner Geschichte letztlich doch biblische Dimensionen. Hinter seinen hoffnungslosen Versuchen, ein souveräner Mensch zu sein, verbirgt sich Hoffnung. Hinter seiner wilden Herausforderung des Todes steckt die Liebe zum Leben. Pasolini lässt Accattone den Kelch bis zum Boden austrinken. Den menschlichen Unzulänglich­ keiten ist nicht zu entgehen, aber er erlaubt seiner Hauptfigur, die- sen Unzulänglichkeiten Glanz zu verleihen: der Kleinkriminalität, den täglichen Erniedrigungen, den Revierkämpfen, der skurrilen Übertreibung seiner Männlichkeit, ja selbst dem Hunger. „­Accattone – wer nie sein Brot mit Tränen aß“ lautet der deutsche Titel des Films, ein Zitat von Goethes Gedicht „Harfenspieler“: „Wernie sein Brot mit Tränen aß der kennt euch nicht, ihr himmli- schen Mächte“. In einem berühmt gewordenen Brief aus dem Jahr 1941 beschreibt der 19-jährige Pasolini einem Freund ein nächt­- liches Treffen junger Männer in einem Obstgarten, wo sie, in Decken gehüllt, die ganze Nacht hindurch Wein trinken und einander Geschichten erzählen, während am Himmel die bedrohlichen Such- scheinwerfer der italienischen Flakgeschütze zu sehen sind. Als der Morgen dämmert, entkleiden sie sich und tanzen der Sonne zu Ehren „nackt wie ein Glühwürmchen“. Das gewalttätige Licht der faschistischen Scheinwerfer gegenüber dem nicht zu greifenden Glühen von Feuerfliegen: Es ist ein Bild, das Pasolini sein ganzes ­Leben mit sich herumtragen wird. Während das Licht der Schein- werfer den Tod in sich trägt, trägt der Glanz, als Lockmittel, um im Dunkeln kopulieren zu können, Leben in sich. In den glänzenden Körpern der jungen Männer, die seine Freunde waren, erkannte Pasolini das gleiche Potenzial: den Ausdruck eines unberührten, un- schuldigen, ungezügelten Begehrens, ohne irgendein anderes Ziel als zu verführen und Lust zu verschaffen. Dieses Potenzial sah er auch in der Kunst, dem Schreiben, dem Schaffensprozess. Einige Monate vor seinem Tod 1975 schreibt Pasolini einen Artikel mit dem Titel „Das Verschwinden der Glühwürmchen“. Darin beschreibt er, wie das Glühwürmchen aus der italienischen Natur verschwunden ist. Erneut spiegeln sich in diesem Bild Pasolinis eigene Zweifel an der Möglichkeit unberührter Lebensfreude. Und tatsächlich: In „Die 120 Tage von Sodom“ (Salò o le 120 giornate di Sodoma), seinem letzten Film, ist von dem unschuldigen Glänzen begehrender Kör- per keine Spur mehr übrig, nur noch eine endlose Inbesitznahme von Körpern. In „Accattone“, Pasolinis erstem Film, 20 Jahre nach seinem nackten Sonnentanz und 20 Jahre vor der vollständigen Desillusionierung von „Salò“, ist das ungreifbare Leuchten des Glühwürmchens noch zu finden: das Verlangen von Körpern, nur um Körper zu sein, die Feier des Nichtstuns als Verweigerung jeder Form der Instrumentalisierung, der ungezügelte Wunsch, die All- tagstristesse des Lebens in ein Heldenepos zu transformieren. „Wir sind stark, Accattone. Wir sind der Schrecken dieser Stadt“, ruft Cartagine aus. Einige Stunden später fährt Accattone sich auf ­einem gestohlenen Moped zu Tode. Der banale Schlusspunkt eines langgezogenen, wahnsinnigen Versuchs, den Tod selbst heraus­ zufordern. Erst dann gönnt Pasolini seiner Hauptfigur Ruhe: „Aaaah. Jetzt geht’s mir gut“. Laura Mentink, Benny Claessens, Steven Scharf Steven Scharf, Benny Claessens Die Sprache der Wirklichkeit Pier Paolo Pasolini

Aber nicht nur ging die Achtung für jene Poesie verloren, die der kleinen Geschichte meiner Zeit angehört, […] sondern für die Poesie selbst. Sie also zählt nicht, nie. Jedenfalls nicht aufgefasst als Poesie. Die Sprache der Tat, des Lebens, das sich darstellt, ist so unendlich viel faszinierender! […] Nur die Liebe zu dieser Sprache des Nicht-Ich, die sich gleichberechtigt, gleichstark ausdrückt wie das Ich, gibt dem Dichter Befähigung. Doch der Beruf des Dichters als Dichter wird immer bedeutungsloser. Ist es wirklich nötig, jene lebendige Sprache in eine konventionelle einzufügen, damit sie sich dann befreit und wieder wird, was sie ist, lebendig, im Leser? Kennt dieser das Zwiegespräch mit der Wirklichkeit nicht? Besteht der bescheidene Wert des Dichters darin, sie zu beschwören wie er sie sieht? Ist das ernsthaft? Warum betrachtet er sie nicht schweigend, – ein Heiliger und kein Literat? Sandra Hüller, Benny Claessens, Lukas von der Lühe, Jeff Wilbusch

Steven Scharf Biografien A–Z Anna Drexler (1990) absolvierte ihre Schauspielausbildung an der Otto- Falckenberg-Schule München. Seit der Die 1960 geborene Elsie de Brauw war Spielzeit 2013/14 ist sie festes Ensemble- Mitglied der Theatergruppe Hollandia mitglied der Münchner Kammerspiele. und des Ensembles des NT Gent. Zudem Für ihre Rolle in „Onkel Wanja“ wählte arbeitet sie regelmäßig für Film und die Fachzeitschrift Theater Heute sie Fernsehen. Sie wurde zweimal mit dem 2013 zur Nachwuchsschauspielerin des Theo D'Or (2006, 2011) und 2007 als Jahres. beste Darstellerin beim Niederland Filmfestival (Tussenstand, de Jong) Muriel Gerstner absolvierte ihr Studium ausgezeichnet. an der Hochschule für angewandte Künste Wien bei Axel Manthey. Seit 1990 Benny Claessens, geboren 1981 in ist sie als freie Bühnen- und Kostüm­ Antwerpen, arbeitete nach seinem bildnerin tätig und arbeitete u. a. mit Studium am Studio Herman Teirlinck Sebastian Nübling, Johan Simons, Bar- unter anderem mit Luk Perceval, Josse bara Frey und Claus Guth. 2006 wählte De Pauw, Alain Platel und war in Filmen Theater Heute sie zur Bühnenbildnerin von Guido Henderickx und Britta des Jahres. ­Hosmann zu sehen. Von 2010 bis 2015 war er festes Ensemblemitglied der Wolfgang Göbbel erarbeitete die Licht- Münchner Kammerspiele. Er arbeitete gestaltung an vielen bedeutenden auch als Regisseur, u. a. bei „Spectacular Schauspiel- und Opernhäusern wie der Light­shows Of Which You Don’t See Berliner Schaubühne, dem Burgtheater The Effect“ (in Zusammenarbeit mit Wien und der Metropolitan Opera New Risto Kübar). York. 1997 wurde er für den Lawrence Olivier Award in der Kategorie Outstan- Das 1970 von Philippe Herreweghe ding Achievement in Opera nominiert. gegründete Collegium Vocale Gent wendete als eines der ersten die neuen Philippe Herreweghe zählt zu den Erkenntnisse in der Aufführungspraxis bedeutendsten Dirigenten unserer Zeit der Barockmusik auf Vokalmusik an. und gehört zu den wichtigsten Prota­ Dieser authentische, textgerichtete und gonisten der historischen Aufführungs- rhetorische Ansatz achtete auf einen praxis. 1970 gründete er das Collegium durchsichtigen Klang, wodurch das Vocale Gent. Gemeinsam mit dem Ensemble schon nach wenigen Jahren Collegium Vocale Gent legte er weg­ Weltruhm erhielt und zu Gast auf allen weisende Einspielungen der Kantaten wichtigen Podien und Musikfestivals von Johann Sebastian Bach vor. 1977 der Welt war. Inzwischen wuchs das gründete er in Paris das Ensemble La ­Collegium Vocale Gent auf organische Chapelle Royale. Von 1982 bis 2002 war Weise zu einem äußerst flexiblen En- er Künstlerischer Leiter der Académies semble mit einem breiten Repertoire aus Musicales de Saintes. Zu dieser Zeit verschiedenen Stilepochen. Die deut- schuf er verschiedene Ensembles, mit sche Barock­musik und insbesondere die denen er eine gründliche Lesart eines Vokalwerke von J.S. Bach waren und Repertoires von der Renaissance bis zu bleiben ein Herzstück. zeitgenössischer Musik zu geben wusste. So war das Ensemble Vocal Européen auf Renaissancepolyphonie spezialisiert und das 1991 gegründete Orchestre des sein umfangreiches Repertoire Werke Champs-Élysées zur Interpretation des von Schütz bis Webern und wird durch romantischen und vorromantischen mehr als 130 CD-Produktionen doku- Repertoires auf Originalinstrumenten. mentiert. 1999 rief er das Vokal­ Außerdem ist er ein gefragter Gastdiri- ensemble Sette Voci ins Leben. gent bei Orchestern wie dem Concert- gebouworkest Amsterdam, dem Ge- Lukas von der Lühe wurde 1991 in Fil- wandhausorchester Leipzig oder dem derstadt geboren und studierte von Mahler Chamber Orchestra. Wegen 2010 bis 2014 Schauspiel an der Otto- seiner konsequenten künstlerischen Falckenberg-Schule in München. Seit Vision und seines Engagements wurde der Spielzeit 2014/2015 gehört Lukas Philippe Herreweghe verschiedentlich von der Lühe zum festen Ensemble des geehrt. 2010 verlieh ihm die Stadt Leip­ Schlosstheaters Celle. zig die Bach-Medaille für seine gro- ßen Verdienste als Bach-Interpret.­ Laura Mentink (Amsterdam, 1983) ist freiberufliche Schauspielerin. 2007 be- Thomas Hobbs ist bei vielen führenden endete sie ihre Ausbildung an der Schau- Barock- und Alte-Musik-Ensembles ­spielschule in Arnheim. Seitdem spielte gefragt und tritt in ganz Europa und in sie u.a. bei ’t Barre Land, Discordia­ den USA als Solist in Schlüsselwerken und Hotel Modern. Im Jahr 2007 grün- des 16., 17. und 18. Jahrhunderts auf. dete sie mit ihrem Examensjahrgang Hobbs arbeitet u.a. regelmäßig mit dasSchauspielerkollektiv Zomergasten. Philippe Herreweghe und dem Colle- gium Vocale Gent zusammen. Unter Dorothee Mields ist eine der führenden seinen Opernrollen findet sich Tele­ Interpretinnen für die Musik des 17. machus in The Return of Ulysses an der und 18. Jahrhunderts, sowie für Werke English National Opera sowie Apollo zeitgenössischer Komponisten wie und Schäfer in Monteverdis Orfeo mit Grisey, Henze und Boulez. Eine enge Richard Egarr und der Academy of Zusammenarbeit verbindet Dorothee Ancient Music. Mields mit dem Collegium Vocale Gent, dem Freiburger Barockorchester, RIAS Sandra Hüller studierte Schauspiel an Kammerchor, Bachcollegium Japan, der HFS Ernst Busch (Berlin). Für ihre Orchestra of the 18th Century, und dem Hauptrolle in Hans-Christian Schmids , sowie mit Dirigenten „Requiem“ wurde sie u. a. mit dem wie , Philippe Herreweghe, Silbernen Bären der Berlinale 2006, dem Emilio Pomárico und Masaaki Suzuki. Deutschen und dem Bayerischen Film­ preis ausgezeichnet. 2010 und 2013 Will-Jan Pielage war von 1996 an Sound­ kürte Theater Heute sie zur Schaus­ designer und Tontechniker bei Hollan- pielerin des Jahres. dia. Seither verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit mit Johan ­Simons. Peter Kooijs Konzerttätigkeit führte ihn Außerdem ist er für die Soundtechnik an die wichtigsten Musikzentren der bei Konzerten des niederländischen ganzen Welt, wo er unter der Leitung Künstlers Marco Borsato verantwortlich. von u. a. Philippe Herreweghe, Ton Koopman, Frans Brüggen, Gustav Leon- hardt und René Jacobs sang. Neben allen vokalen Werken Bachs umfasst Steven Prengels schuf Musik für Or- Christoph Siebert ist einer der vielver- chester, Theater, Tanz, Kurzfilme und sprechenden jüngeren Dirigenten der bildende Kunst. In der Theater- und Originalklang-Szene. Er leitet neben Tanzszene arbeitet er häufig als Dirigent seiner Arbeit mit nichtprofessionellen und Komponist. Unter den Highlights Chören Ensembles wie „Collegium finden sich Werke wie Gardenia (2010 Vocale Gent“, dessen offizieller Chorlei- – von Alain Platel und Frank Van ter er ist, und den „deutschen kam- Laecke), für das er das musikalische merchor“. Er war Gast bei der „Deut- Konzept schuf, gefolgt von C(H)ŒURS schen Kammerphilharmonie “, (2012 – von Alain Platel, Les Ballets C dem „Freiburger Barockorchester“ und de la B und dem Teatro Real Madrid). „La Chapelle Royale“. Christoph Siebert MitAlain Patel arbeitete er auch an gründete das auf historischen Instru- „tauberbach“ (2014) und „En avant menten spielende Orchester „concerto marche“ (2015). classico frankfurt“.

Alex Potter wird von der Presse als Der 1946 geborene Niederländer Johan „aufsteigender Stern in der Welt der Simons ist künstlerischer Leiter der Countertenöre“ gepriesen. Er arbeitet Ruhrtriennale (2015–2017). Nach einer mit Dirigenten wie Philippe Herreweghe Ausbildung zum Tänzer und Schauspie- und Thomas Hengelbrock. Neben zahl- ler gründete er 1985 zusammen mit dem reichen Aufführungen von Werken Komponisten und Schlagzeuger Paul bekannter Komponisten wie Bach und Koek die Theatergroep Hollandia. Von Händel gilt sein besonderes Interesse 2005–2010 leitete er das flämische dem Aufspüren weniger bekannten Stadttheater NTGent. Anschließend war Repertoires. Er ist auf zahlreichen CD-­ er fünf Jahre Intendant der Münchner Einspielungen zu hören. Kammerspiele. Mehrere seiner Inszenie- rungen wurden zum Berliner Theater- Anja Rabes machte zunächst eine treffen eingeladen, 2014 wurde er mit Schneiderlehre an der Bayerischen dem deutschen Theaterpreis Der Faust Staatsoper und war anschließend Assis- für seine Inszenierung „Dantons Tod“ tentin von Anna Viebrock. Seit 1994 ausgzeichnet. arbeitet sie regelmäßig als Kostümbild- nerin für Schauspiel und Oper mit Tobias Staab arbeitete am Forschungs­ Regisseuren wie Jossi Wieler, Stephan zentrum Sound and Movement (SaM) Kimmig und Anselm Weber zusammen. für Gegenwartstheater und Neue Me- dien. Zeitgleich war er als Konzertveran- Steven Scharf war nach dem Studium stalter, DJ und Musikjournalist tätig. an der Hochschule für Musik und Thea- Von 2013 bis 2015 arbeitete er als Dra- ter in Rostock am Theaterhaus Jena, maturg an den Münchner Kammerspie- Kölner Schauspielhaus und den Münch- len, u.a. mit Johan Simons, Stefan ner Kammerspielen tätig und arbeitete Pucher und René Pollesch. u.a. mit Barbara Frey, Sebastian Nübling und Lars-Ole Walburg. Für seine Leis- Koen Tachelet war unter der Leitung tung in Plattform wurde er 2013 von der von Johan Simons am Theater NTGent Fachzeitschrift Theater heute zum Dramaturg. 2010 folgt er diesem an die Schauspieler des Jahres gewählt. Münchner Kammerspiele. Tachelet arbeitete als Gastdramaturg u. a. an der Opéra Bastille Paris und der Nederlandse Opera Amsterdam. Zudem Chris Nietvelt. 2012 steht sie selbst zum verfasste er zahlreiche Adaptionen von ersten Mal in „Nora“ bei der Toneel- Nicht-Theatertexten z.B. von Romanen groep Amsterdam auf der Bühne (Regie Houellebecqs und Filmscripts von T. Delpeut). Seitdem spielt sie in mehre- Kieslowski/Piesiewicz. ren Filmen und Fernsehserien.

Von 2005 bis 2008 war Jan Vanden- Jeff Wilbusch, geboren 1987 in Haifa, houwe Musikdramaturg Gerard Mor- Israel, erhielt seine Schauspielaus­ tiers an der Opéra nationale de Paris. bildung an der Otto-Falckenberg-Schule Er arbeitete als freier Musikdramaturg und ist seit 2012 auf der Bühne der u. a. für das Ensemble InterContem- Münchner Kammerspiele zu sehen. porain (Paris) und das Klara Festival Ab Herbst 2015 ist Jeff Wilbusch (Brüssel). Er hat mit Regisseuren wie Teil des Ensembles am Münchner Alain Platel („C(H)ŒURS“ in Madrid), Residenz­ theater.­ Ivo van Hove („Macbeth“ in Lyon und „Brokeback Mountain“ in Madrid) und Johan Simons („Fidelio“ in Paris und „Boris Godunov“ in Madrid) zusammen- gearbeitet. Heute ist er Leitender ­Dramaturg der Ruhrtriennale 2015–2017.

Steven van Watermeulen (1968) stu- dierte am Konservatorium von Antwer- pen und arbeitet als Schauspieler, Regisseur und Romanautor. Für seine Rolle in Die Wespenfabrik beim RO Theater erhielt er den Louis d'Or. Seit 2005 gehört Steven zum festen Ensemble von NTGent. Außerdem ist seit 2014 künstlerischer Leiter der ­Regieausbildung der Amsterdamer Kunsthochschule.

Mandela Wee Wee (1983) studierte Schauspiel an der Theaterakademie Maastricht. Er spielte die Hauptrolle in der Theater-Produktion „Mogadischu“ bei den Utrechter Spielen (2013). ­Mandela arbeitet neben seinen diversen Theaterprojekten auch für Film- und TV-Produktionen. 2015 wird er in der Krimi TV-Serie „Penoza“ im niederländi- schen Fernsehen sehen sein.

Pien Westendorp, geboren in Haarlem 2002 ist seit dem Kleinkindalter eine neugierige, stille Zeugin der Theaterpro- ben und -vorstellungen ihrer Mutter Museum Folkwang Los Carpinteros Helm/Helmet/Yelmo Seit 15. November 2014 © Los Carpinteros, Foto: MuseumSebastian Folkwang/ Drüen Auf Einladung des Museum Folkwang hat das kubanische Künstlerduo Los Carpinteros eine raumgreifende Installation gescha en, die wechselnde Objekte der Sammlung Archäologie, Weltkunst, Kunstgewerbe neu präsentiert.

Museumsplatz 1 45128 Essen T +49 201 8845 000 www.museum-folkwang.de

_MFE_Sammlung-Weltkunst_Anzeigen_125x180.indd 1 27.07.15 11:41 Das Feuilleton im Radio.

Deutschlandradio Kultur berichtet von der Ruhrtriennale

Studio 9 Kultur und Politik Mo bis Fr • 5:07, 12:07, 17:07

Rang 1 Das Theatermagazin Sa • 14:05

Kompressor Das Kulturmagazin Mo bis Fr • 14:07

Fazit Kultur vom Tage Mo bis So • 23:05

bundesweit und werbefrei An Rhein und Ruhr auf UKW 96,5 DAB+, Kabel, Satellit, Online, App deutschlandradiokultur.de Das Feuilleton im Radio.

Deutschlandradio Kultur berichtet von der Ruhrtriennale

Studio 9 Kultur und Politik Mo bis Fr • 5:07, 12:07, 17:07

Rang 1 Das Theatermagazin Sa • 14:05

Kompressor MEISTERE MOZARTS Das Kulturmagazin Mo bis Fr • 14:07 MEISTERWERKE

Fazit 13. 11. 2 015, 15 . 11. 2 015, 17. 11. 2 015 Kultur vom Tage Mo bis So • 23:05 CURRENTZIS DIRIGIERT MOZARTS DA-PONTE-OPERN Teodor Currentzis, MusicAeterna, Solisten | »Così fan tutte«, »Le nozze di Figaro«, »Don Giovanni«

bundesweit und werbefrei An Rhein und Ruhr auf UKW 96,5 KONZERTHAUS DAB+, Kabel, Satellit, Online, App Kulturstiftung Dortmund Eine Initiative der Dortmunder Wirtschaft DORTMUND deutschlandradiokultur.de Team Accattone

Team Ruhrtriennale: Technik: Andreas Dietmann, Matthias Bachert, Tina Carstens, Ingomar Fey, Frank Guthmann, Onno Kleist, Barak Koren, Tobias Matton, Desiree Pagel, Stefanie Sändig, Ralph Schwarzenauer, Ioannis Siaminos Vorderhaus: Stefan Kessel, Natalie Hollweg, Tobias Hönel, Emily Jeuckens, Sabrina Prellert, Deina Wendland, Mirjam Sarah Adamek, Mario Büscher, Romina Baranowski, Nicole Kerstin Reder, Lech Stefan Sawicki, Isabel Barth, Saija Kontio, Aline Wendland, Yvonne Danilewski, Anna-Lena Werner, Robin Frischkorn, Vanessa Herrmann, Swantje Ritz, Barbara Mueller, Verena Hahn, Jelka Habert, Kerstin Orlowski, Marius Schmoll, Linda Raile, Marlene Husung, Roger Rohrbach, Christine Mundt, Eileen Fiala, Anna-Sophia Brandhorst, Nadine Bonengel, Ina Pins, Christina Klostermann, Lisa Evers, Elena Minaeva, Kathrin Schweding

Impressum

Texte: Pier Paolo Pasolini: Wer ich bin. Klaus Wagebach, Berlin 2005. Staab, Tobias: Jenseits der Mitte. Originalbeitrag für das Programmheft, Gelsenkirchen 2015. Dorothea Dieckmann: Das Licht der Not. Rom im Blick Pier Paolo Pasolinis. In: Pier Paolo Pasolini, Rom, andere Stadt. Corso: Hamburg 2010. Jan Vandenhouwe: Musik eines angekündigten Todes. Originalbeitrag für das Programmheft, Gelsenkirchen 2015. Koen Tachelet: Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnungen fahren. Originalbeitrag für das Programmheft, Gelsenkirchen 2015. Fotos: Julian Röder

Wir haben uns bemüht, alle Urheberrechte zu ermitteln. Sollten darüber hinaus Ansprüche bestehen, bitten wir, uns dies mitzuteilen.

Herausgeber: Kultur Ruhr GmbH, Leithestraße 35, 45886 Gelsenkirchen Geschäftsführung: Johan Simons, Lukas Crepaz Redaktion: Tobias Staab Konzept und Design: Base Design Brüssel / Grafik: Moritz Kappen Druck: Griebsch & Rochol Druck GmbH & Co. KG, Hamm Team der Ruhrtriennale 2015

Intendanz: Johan Simons, Sabine Krüger / Geschäftsführung: Lukas Crepaz, Susanne Schuran, Karin Weixler, Simon-André Wensing / Dramaturgie: Jan Vandenhouwe, Dr. Vasco Boenisch, Dorothea Neweling, Tobias Staab, Jeroen Versteele, Friederike Landmann; Junge Kollaborationen: Cathrin Rose, Meriel Brütting, Malina Hoffmann, Elisa Kühnl; Campustriennale: Christoph Bovermann, Jana Mila Lippitz / Künstlerisches Betriebsbüro, Produktionsbüro: Boris B. Ignatov, Philip Decker, Christiane Biallas, Susanne Blank, Katharina Heib, Monique Stolz / Marketing und Vertrieb: Martin Obermayr, Franca Lohmann, Marie Zimmermann, Arne Schüttler; Grafik: Moritz Kappen, Judith Cleve; Ticketing: Ulrike Graf, Anja Nole, Lars Riedel / Presse: Dijana Tanasić, Sarah Beer, Pia Schneider, Daniela Maag / Technik, Ausstattung: Will-Jan Pielage, Kirsten Ballhorn, Carina Baring, Imed Ben Abdallah, Georg Bugiel, Tina Carstens, Bastian Dämmrich, Andreas Dietmann, Harald Frings, Katharina Haus, Georg Kolacki, Stefanie Kusenberg, Bernd Lucke, Tanja Martin, Anne Prietzsch, Julia Reimann, Alicia Pires Rodrigues, Mareike Schneider, Daniel Teusner, Erik Trupin, Anke Wolter, Benjamin zur Heide / Kostüm / Maske: Jan Meier, Dorothee Meyer, Monika Frenz, Brigitte Olbrisch, Sybille Ridder / Verwaltung: Uwe Peters, Tanja Alstede, Muharrem Aslan, Anne Burke, Fatima Derhai-Unger, Renate Ingenwerth, Alexandra Kühntoph, Franz-Josef Lortz, Natalja Riffel, Annika Rötzel, Julia Schmidt, Michael Turrek / Veranstaltungsorganisation: Claudia Klein, Eileen Berger / Auszubildende: Leonie Burgmer, Lisa Fumega Rodrigues, Felicia Moldenhauer, Nina Sabath

Festivalteam Marketing / Ticketing: Ann-Katrin Adams, Linda Ammons, Lisa Bühl, Anne Burzlaff, Katharina Ciax, Manischa Eichwalder, Alexander Fall, Philipp Gold, Fabio Gorchs, Pascal Guttmann, Sascha Hahn, Annika Hornkamp, Marlene Kirsten, Christine Kopietz, Cornelius Mücke, Lisa Rölleke, Josephine Scheuer, Nina-Marie Schüchter, Tim Schwermer, Angelika von Ammon Bringen Sie Farbe aufs Programmheft: Hier ist Platz für einen Stempel mit ­Datum im Ruhrtriennale-Rot der Saison. Auf zu unserer Stempelstation im Foyer!

Festival der Künste

Gesellschafter & Öffentliche Förderer

Projektförderer

Gefördert durch die