Just for Swing Gazette
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Band 2, Ausgabe 1 Volume 8| Dezember 2014 Just For Swing Gazette Swing is the Thing! - Mitteilungsblatt für Freunde swingender Musik in und um Leipzig THEMEN Jazz in Australien - Teil 1 The South Australian Jazz Archive Inc. Jazz in Leipzig vor 50 Jahren - Erinnerungen an die „Lipsia Hot Seven“ von H. - J. Hoffmann Interview mit dem Leipziger Jazzer Harry Thurm Freunde treffen sich zum Jazz - von Volker Stiehler Die Leipziger Jazztage 2014 mit Rolf und Joachim Kühn in der Michaeliskirche Mit Jazz nach Sibirien - Erinne- rung an den Mauerfall 1989 von Donna Lunsford Tipps & Neuerscheinungen Personalia Leserbriefe ... S e i t e 2 Just For Swing Gazette iese Ausgabe des Mittei- lungsblattes entstand wäh- rend unseres dreimonatigen DAufenthaltes in Australien und erscheint aus diesem Grund auch etwas verspätet als vorgesehen. Wir hoffen, dass sich das Warten gelohnt hat. Wiederum hat Jazzfreund Hans- Joachim Hoffmann einen sehr interes- santen Artikel beigesteuert. Er erinnert daran, dass der Jazz in Leipzig eine lange Tradition hat und setzt der „Hot EDITORIAL Lipsia Seven“ ein würdiges Denkmal. Einer der Protagonisten dieser Forma- tion war der Klarinettist und Saxopho- nist Harry Thurm. Jedem Leipziger, der sich dem Jazz in unserer Stadt ver- bunden fühlt, ist Harry seit langem be- kannt. Er ist ein hervorragender Musi- ker auf den genannten Instrumenten, und im hohen Alter immer wieder an Neuem interessiert. Er spielt eigentlich alle Instrumente, die man in den Mund nehmen kann. In einem Interview für unser Mitteilungsblatt habe ich mit Harry über seine Liebe zur Musik ge- sprochen. Jazzfreund Volker Stiehler erzählt in seinem Beitrag über das jährlich stattfindende Jazzertreffen, das diesmal in Thale/ Harz genau zum Geburtstag des Gitarristen Tom Buhé durchgeführt wurde. Sein Alter darf man verraten. Er wurde 94 Jahre alt und ist immer noch aktiv. Wie schon in einem der ersten Mitteilungsblätter angesteckt wurden. Wie das? den australischen Jazz, den es nicht berichtet, spielte er mit dem weltbe- Graeme Bell begeisterte sich am Re- nur in den Großstädten des Landes in kannten Klarinettisten Rolf Kühn vival Jazz eines Turk Murphy und vielfältiger Form gibt und wo ich die schon in den 1940er Jahren erste Lu Watters, die seit 1939 in San Möglichkeit hatte, das South Australi- Schallplattenaufnahmen ein. Rolf gab Francisco den New Orleans Jazz für an Jazz Archive Inc. in Adelaide und in diesem Jahr mit seinem Bruder die weiße Bevölkerung spielten, alte das Australian Jazz Museum in Mel- Joachim im Rahmen der Leipziger Schallplatten sammelten und die bourne zu besuchen. Bei diesen Be- Jazztage in der Michaeliskirche ein Musik transkribierten. Sie gelten in gegnungen zeigte sich wiederum, dass umjubeltes Konzert. Auch Thomas der Fachwelt als Begründer des der Jazz viele Türen öffnet, eine welt- Buhé war unter den Gästen. In einem New Orleans Revival. Der Australi- umspannende Musik ist und soziale Beitrag über die Jazztage habe ich dar- er Bell wurde von dieser Musik infi- Bindungen wie keine andere Kunst- über geschrieben. ziert und gründete mit seinem Bru- form ermöglicht. Wenn die Zeitung schon in Australien der Roger Bell 1943 eine Band, die zusammengestellt wurde, muss natür- auch Europa bereiste. Schallplatten- Ein Wort noch in eigener Sache. lich auch der australische Jazz zu Wort aufnahmen von 1947 erschienen auf Das Blatt ist „a labor of love“ und kommen. Manche Jazzfreunde werden dem tschechischen Label Supra- wird mittlerweile weit über die sich wundern, welchen Beitrag der phon. Als die Briten diese Musik Grenzen Leipzigs gelesen. Wir sind australische Jazz geleistet hat. Ältere hörten, begann die Welle des Revi- für Hinweise dankbar und würden Jazzfreunde werden sich noch an den val in Großbritannien und anderswo uns freuen, wenn verstärkt auch Pianisten Graeme Bell erinnern. Ihm in Europa überzuschwappen. Bands und Musiker die Möglichkeit ist eigentlich zu verdanken, dass das Seit vielen Jahren habe ich gute nutzen würden, sich vorzustellen, Jazz Revival des New Orleans Jazz Kontakte zu Musikern in Australien. Konzerttermine etc. hier zu veröf- nach Europa drang und Bands wie die In dieser Ausgabe berichte ich über fentlichen. Es kostet nix! „Lipsia Hot Seven“ von dieser Musik unseren Jazztrack Down Under und Band 2, Ausgabe 1 S e i t e 3 Die verwendeten Zitate zwischen den Texten dieser Ausgabe wurden dem Buch „Jazztrack“ von Jim Mcleod (ABC Book, 1994, ISBN 0 7333 0197 5) entnommen. Darin publizierte er In- terviews mit unterschiedlichsten Jazzmusikern. Als Radiomoderator für ABC Classic FM verschaffte er besonders dem australischen Jazz über 20 Jahre eine breite Aufmerk- samkeit. Er verstarb im Oktober 2014. Plattencover: John Sangster Australia And All That Jazz Vol. 2 Cherry Pie – CPF 1027, 1976 The problem we have in the world today is that people are so compartmentalised they can‘t see beyond what they feel is the way. There‘s a lot of conflict behind that. Bob Mintzer in an interview with Jim McLeod) S e i t e 4 Just For Swing Gazette Auf dem Jazz Track in Australien - vol.1 Part 1: The South Australian Jazz Archive and The Southern Jazz Club Inc. Adelaide in den Prager Ultraphon Studios zwei Jahren ein Jazzfest ins Leben geru- enn man an Australien am (später Supraphon) Aufnahmen, die fen, das stilübergreifend alle Spielformen anderen Ende der Welt zunächst als 78er Schallplatten den an unterschiedlichsten Orten präsentiert denkt, hat man Kängurus, Markt eroberten und 1974 auf dem und dazu beitragen soll, den Wegfall wich- W Koalas, Krokodile, die un- tiger Arbeitsplätze durch kulturelle Ange- beschreibliche Weite des Outbacks, un- bote zu kompensieren. durchdringliche Regenwälder und Koral- Der Ort Bridgetown im Westen Australi- lenriffs vor Augen. Jazz „made in Aust- ens, der auf den ersten Blick nichts weiter ralia“ scheint hingegen im fernen Europa als eine Hauptstraße mit ein paar Geschäf- nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. ten, umgeben von unendlichen Eukalyp- Man kennt den Trompeter Bob Barnard tuswäldern und Farmland zu bieten hat, oder den international umtriebigen James verwandelt sich am zweiten Wochenende Morrison, an dessen fulminantes Konzert im November während des Blues Festivals im Leipziger Gewandhaus 1996 mit der in eine einzige Bühne, wo auch Bluesmu- WDR Big Band ich mich noch sehr gut siker aus den USA auftreten. In Wangarat- erinnern kann. Aber wer erinnert sich ta, einer sonst unbedeutenden Stadt im hierzulande noch an das Australian Jazz öden Landesinneren östlich von Melbour- Quartet, kennt John Sangster, Don ne, fand in diesem Jahr das 25. Wangaratta Burrow oder geschweige denn Mark Jazz & Blues Festival vom 31. Oktober bis Whitty, alles Stars der Jazzszene in Aust- 2. November statt. Neben zahlreichen ralien? Bands unterschiedlichster Stilrichtungen Dabei ist die Jazzszene in Australien sehr staatlichen Label Supraphon als LP aus Australien traten auch der italienische vielfältig, hat eine lange Tradition und unter dem Namen „Graeme Bell and Trompeter Enrico Rava und der amerika- nach den Wirren des 2. Weltkrieges für his Dixielanders - Czechoslovakian nische Schlagzeuger Jeff „Tain“ Watts den europäischen Jazz keine geringe Be- Journey“ wiederveröffentlicht wurden. (bekannt durch die Mitarbeit in Branford deutung gehabt. Der legendäre Pianist (Als die Schelllackplatten in die Leipzi- Marsalis‘ Band) als Stargäste auf. Wenn Graeme Bell (1914-2012) brachte das ger Geschäfte kamen, erzählte mir Pe- Musiker „from overseas“ spielen, sind die Jazz Revival in Europa in Schwung. Er, ter Colev, tanzten die Fans nach der Konzerte ausverkauft. So auch beim Kon- der vom „Great Jazz Revival“ der Szene Musik Bells durch den Laden im Mu- zert in Adelaide, wo der österreichische in San Francisco Ende der 1930er und sikhaus Tappert, wo der Verkäufer und Gitarrist Wolfgang Muthspiel mit dem Anfang der 1940er Jahre und deren Pro- Jazzfreund Fritz Voigt die Schmecker- Amerikaner Ralph Towner und dem aust- tagonisten Lu Watters und Turk Murphy chen unter dem Ladentisch handelte.) ralischen Gitarrenwunder Slava Grigoryan Ein Jahr lebte Graeme Bell in Eng- begeisterte. Pat Metheny erhielt landes- land, wo er mit dem Trompeter weite Aufmerksamkeit und wurde für sein Humphrey Lyttleton befreundet war. Konzert in Melbourne in allen Tageszei- Bis zum heutigen Tag werden die in tungen gefeiert. Richmond, Viktoria geborenen Brüder Neben großen nach internationaler Auf- Graeme Bell und Roger hoch verehrt. merksamkeit schielenden und kommerziell Die Autobiographie Graeme Bells ausgerichteten Veranstaltungen gibt es „Australian Jazzman“ ist ein Alma- aber auch die kleinen Netzwerke, die sich nach australischer Jazzgeschichte. der Tradition des Jazz verpflichtet fühlen Dass er nebenbei auch noch ein begna- und ähnlich wie in Deutschland, ohne deter Zeichner war, ist weniger be- kommerzielles Interesse, sich der Bewah- kannt. rung des traditionellen Erbes verpflichtet fühlen, um es nachfolgenden Generationen Auf unserem vierteljährlichen Jazztrack zu ermöglichen, die Geschichte dieser Mu- von Perth nach Sydney hatten wir die sik zu verstehen. Das Bewusstsein für die Gelegenheit, auch dem Wesen des aust- eigene Jazzgeschichte ist stark ausgeprägt ralischen Jazz auf die Spur zu kommen, und hat eine lange Geschichte. Jährlich dessen Besonderheit darin bestehen soll, trifft man sich zum „Australian Jazz Con- dass er - einem australischen Musiker vention“, einer wöchentlichen Zusammen- zufolge - immer etwas nach „gum-tree“ kunft vom 26. Dezember bis 31. Dezem- riecht. Dabei stellten wir fest,