ISSN 2219–2417 | 9 € [] enkma i l Nr. 23 / Mai-August 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz

Schlösser in Österreich Pracht und Verfall

Denkmalschutz sind sie weitestgehend tektonische Bedeutung nicht weit Editorial erfasst. Trotzdem gibt es auch hier unter der von Schloss Hof anzusiedeln Problemfälle - Schlösser, die von der wäre, ein jammervolles Bild des Österreich verfügt über eine reiche Zeit vergessen wurden, aus unter- Verfalls. Schlösserlandschaft. Nur ein geringer schiedlichen Gründen ungenutzt und Ein anderes Problem sind die herabge- Teil davon ist dem breiten Publikum vom Verfall bedroht sind. Eine augen- setzten Hemmungen, ein Schloss- bekannt und öffentlich zugänglich. fällige Diskrepanz herrscht zwischen Denkmal oder seinen Umraum unter Viel größer ist die Zahl derjenigen Schlössern, die touristisch genutzt und rein wirtschaftlichen Aspekten zu nut- Schlösser, die auf eher profane Weise vermarktet werden und vielen ande- zen. Etwa wenn problematische An- etwa als Hotel oder Schule genutzt ren Anlagen, die wesentlich weniger bauten vorgenommen oder der ehe- oder aber nach wie vor von ihren an- Aufmerksamkeit erfahren - bis hinab malige Schlosspark in entstellender gestammten Besitzern in bisweilen zur Verwahrlosung. Während etwa das Weise verbaut wird. Warum es dage- entbehrungsreicher Weise bewohnt Prinz-Eugen-Schloss Schloss Hof die gen keine genügende Handhabe gibt, werden. letzten Jahrzehnte über mit hohem zeigen u.a. die Beiträge in diesem Die Bedeutung von Schlössern als ar- Aufwand und vorbildlich restauriert Denkma[i]l. chitektonische und historische Land- wurde, bietet Schloss Ladendorf im Mag. Wolfgang Burghart marken steht außer Frage, und vom Weinviertel (Titelbild), dessen archi- Chefredakteur Denkma[i]l

Die Initiative Denkmalschutz ist ein unabhängiger Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter in Österreich www.initiative-denkmalschutz.at – Fuchsthallergasse 11/5, 1090 Wien – Telefon: +43 (0)6991024 4216 – eMail: [email protected] enkma[] i l Inhalt Impressum Seite 1 Wolfgang Burghart: Editorial - Schlösser in Österreich Medieninhaber und Herausgeber: Verein Initiative Denkmalschutz Seite 3 Gerhard Hertenberger: Zwischen Wiedergeburt und Verfall – (ZVR-Zl. 049832110), Fuchsthallerg. 11/5, Schicksale ausgewählter Schlösser in Ostösterreich 1090 Wien, Österreich Seite 8 Werner Hammerl: Wasserburgen und Wasserschlösser e-Mail: [email protected] in Österreich http://www.initiative-denkmalschutz.at Mobil: +43 (0)699 1024 4216 Seite 12 Christian Hlavac: Liechtensteinische Landschaftsgestaltung Tel./Fax: +43 (0)1 310 22 94 im südlichen Niederösterreich Chefredakteur: Mag. Wolfgang Burghart Seite 14 Wolfgang Mastny: Der Schlosspark Laxenburg Chef vom Dienst: Dr. Gerhard Hertenberger Seite 16 Gerhard Hertenberger: Schloss Batthyány in Trautmannsdorf Redaktion: Markus Landerer, Claus Süss an der Leitha Layout: Ing. Viktor Zdrachal / www.bildig.at Nachdruck nur mit Genehmigung der Auto- Seite 19 Herwig Niemann: Die Feste Sachsengang bei Wien ren. Redaktionsschluss: 29.11.2016. Seite 20 Otmar Rychlik: Märchenschloss Hernstein Mitgliedsbeitrag: € 33 / € 29* (bei Zusen- dung von Druckwerken als PDF per e-Mail er- Seite 22 Gerhard Hertenberger: Schloss Hernstein – Der Verlust mäßigt: € 28 / € 24*), Förderer € 250 eines Renaissance-Altars *Frühzahler; gilt bei Einzahlung innerhalb der Seite 25 Edgard Haider: Schlösser und Anwesen im : ersten sechs Kalenderwochen sowie bei Neu- Deutschkreutz – Rotenturm – Achazium Forchtenau eintritt in den Verein. Seite 28 Gerd Seidl: Schloss Kleßheim bei Bankverbindung: BIC: GIBAATWWXXX, Initiative Denkmalschutz – Zentrale Seite 30 Markus Landerer: Schloss Kleßheim – Temporärer Zubau IBAN: AT86 2011 1289 3876 2500 als gefährlicher Präzedenzfall? Initiative Denkmalschutz – Zweigstelle Wels Seite 31 Gerhard Hertenberger: Schloss Hochscharten IBAN: AT59 2011 1289 3876 2501 im oberösterreichischen Hausruck Grundlegende Richtung: Information der Vereins- mitglieder über Aktivitäten des Vereins und Proble- Seite 32 Judith Wassermair: Ungleiche Nachbarn – Schloss Aschach matiken im Bereich des Denkmalschutzes in Öster- und der Getreidesilokomplex. Ein Flächenwidmungsdesaster reich. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung der Autoren wieder und stimmen nicht Seite 33 Gerhard Hertenberger: Die Zerstörung des prachtvollen Gartens unbedingt mit jener der Redaktion überein. von Schloss Aschach Bildnachweis (Abb.): Agentur Tatwort: 86; Ar- Seite 34 Josef Holzapfel: Das Erzbischöfliche Schloss Ober St. Veit in Wien chiv 1133.at: 76-79; Archiv 3001: 104; Archiv Czedik-Eysenberg: 83; Archiv der österreichischen Seite 36 Isabella Czedik-Eysenberg: Das Hofmannsthal-Schlössl in Wien-Rodaun Provinz der Gesellschaft Jesu (AASI): 93; Archiv Hertenberger: 70; Archiv Lehmden: 56; Archiv Seite 38 Edgard Haider: Unvergessen – Die Weilburg in Baden bei Wien Milde: 47; Bitmanagement, MA41, MA21: 103; Seite 39 Florian Müller: Die Große Kaskade von Schloss Hof Christian Brandstätter: 112; Wolfgang Burghart: Titelbild, 6, 32, 40, 89, 91; Georg Czedik-Eysen- Seite 40 Wolfgang Burghart: Schloss Reinhardsbrunn in Deutschland – berg: 119; Dorotheum: 49, 52; Axel Hauer: 96; Der Weg zur Enteignung Gerhard Hertenberger: 1, 4, 33-36, 39, 41, 59, 97-98, 126; Christian Hlavac: 23-26, 105-107; Seite 42 Heinz Gerstbach: Lainz in Wien – Vom Bauerndorf Evelyn Hronek: 111; Manfred Kupf: 99; Markus zum Großstadtbezirksteil Landerer: 117; Peter Laukhardt: 116; Barbara Lehmden: 54-55, 57; Christian Lehner: 3; Bertold Seite 44 Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Die Zerstörung Mader: 88; Wolfgang Mastny: 27, 29-30; Albert des Hofkammerarchivs in Wien Neugebauer: 114; Georg Niemann: 43; Elisabeth Novy: 2; ONB: 100; Stefan Pfleger : 53; Werner Seite 46 Peter Bogner: Der Wiener Karlsplatz – historisch und aktuell betrachtet Josef Promintzer: 71-72; Gemeindeamt Rechnitz: 11; Sammlung Neuwirth: 108-110; Erich J. Schi- Seite 48 Eva Berger: 25 Jahre Österreichische Gesellschaft mek: 31, 37-38, 42, 80-82, 94, 118, 123-124, für historische Gärten 127; Schloss Bernau: 17; Gerd Seidl: 63-67; Seite 50 Lukas Merstallinger: Eine wertvolle Quelle für die lokalhistorische Stadtgemeinde Seekirchen/A. Eisl-Berger: 115; Josef Steindl: 58, 60-61; Kurt Tisch/Naturfreunde Forschung – Die Fotosammlung von Werner H. Neuwirth Währing: 51; Georg Töpfer: 87; Hermann Seite 51 Kurzmeldungen Truschnig: 21, 44; Judith Wassermair: 74-75; Wolfgang Werkovits: 5. Seite 55 Veranstaltungen / Termine Wikimedia commons gem. http://creativecom mons.org/licenses/by-sa/4.0 (alle bearbeitet von Viktor Zdrachal), Fotos mit Quelle www.wikime Wir danken für einen Druckkostenbeitrag dia.org - Lizenz cc by sa 4.0: AleXXw: 113; seitens des Referats Wissenschafts- und Michael Kranewitter: 125; Shugendo: 7-9; Martin Forschungsförderung der Stadt Wien (MA 7) Toedtling: 20; Lizenz cc by sa 3.0: Bwag: 10; Ga- kuro: 68; Peter Haas: 129; Haeferl: 92; Fyona A. Hallé: 102, 128; Triq: 90; Willi Ude: 13; Lizenz cc by sa 3.0 at: Andlinger: 14; Canonrobi: 18; Erhalten, statt zerstören: Haeferl: 22; Herzi Pinki: 19; Renesteyer: 46, 48; Lizenz cc by 3.0: Schloss Aschach: 73; Lizenz cco Denkmalschutz ist Kulturschutz 1.0: Breitensee: 121; Gugerell: 122; gemeinfrei: Earnest B.: 85; Gugerell: 120; gemeinfrei ohne Treten Sie bei! Nennung: 12, 15-16, 28, 45, 50, 62, 69, 84, 95, 101. Alle exakten Wikimedia Lizenzen im Detail Die Initiative Denkmalschutz ist auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen. Falls Ihnen unter http://commons.wi kimedia.org/ der Denkmalschutz in Österreich ein Anliegen ist, und sie noch kein Mitglied sind, setzen Sie Titelbild: Das denkmalgeschützte Schloss Laden- bitte ein Zeichen und treten Sie unserem Verein bei! Mit Ihrem Beitrag oder Ihrer Spende hel- dorf in der gleichnamigen Gemeinde im Weinvier- fen Sie mit, die größte unabhängige Denkmalschutzorganisation Österreichs am Leben zu er- tel (Niederösterreich), Fotograf: Wolfgang Burg- halten! Wir brauchen Mittel, um z.B. die Medien effektiv auf Missstände hinweisen zu können, hart. oder um Bürgerinitiativen im Bereich Denkmalschutz tatkräftig zu unterstützen. Vielen Dank!

Seite 2 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016 Zwischen Wiedergeburt und Verfall – Schicksale ausgewählter Schlösser in Ostösterreich Ein weiter Bogen spannt sich zwischen richten über Minnesänger und Kreuz- nie knapp verhindert werden konnte. verfallenden Schlossruinen einerseits züge auf. Mehrmals gab es Schäden Größere Maßnahmen zur Erhaltung und den allseits bekannten Schlössern durch Kriege, die heute sichtbare ba- der Bausubstanz gab es ab 1986, als andererseits, die als Ziele des Massen- rocke Überformung des Renaissance- Horst von Wächter das Schloss erwarb tourismus kommerziellen Zwecken Baues entstand nach 1679. Um das und einige Jahre später die „Initiative ausgeliefert und dadurch in Gefahr Schloss wurde ein ausgedehnter fran- Haggenberg“ gründete. Die behut- sind, ihre historische Atmosphäre zu zösischer Garten angelegt, wo 1691 same Restaurierung (Abb. 2) sowie die verlieren. Ideal ist wohl eine behut- der zu Besuch weilende Kaiser Leopold Freilegung der Fresken erfolgt schritt- same Stabilisierung und Restaurierung I. in einem gläsernen Lusthaus in der weise und ist noch lange nicht abge- der vorhandenen Bausubstanz, sodass Mitte eines Teichs speiste. Dieser war schlossen, zeigt aber ein großes Ge- der Hauch der Vergangenheit trotz- über einen Kanal mit dem damals spür für den Umgang mit historischen dem noch spürbar bleibt, wie es der- noch vorhandenen Wassergraben ver- Bauten. zeit beispielsweise die privaten Eigen- bunden und wurde ab 1688 rund hun- Als dem Eigentümer vom Land Nieder- tümer in Hagenberg und Thürnthal dert Jahre lang von venezianischen österreich die Adaptierung des Schlos- schrittweise anstreben. Andere eins- Gondeln mit „echten“ Gondolieri be- ses für eine Landesausstellung ange- tige Prachtbauten sind hingegen vom fahren, die von der Adelsfamilie Sin- boten wurde, mit allen positiven (viel zunehmenden Verfall bedroht, weil die zendorf direkt aus Venedig geholt wur- Geld zur Restaurierung) und negativen Eigentümer ohne ausreichende finan- den. Eine heute nur mehr rudimentär Begleiterscheinungen („Brutal“-Reno- zielle Unterstützung von öffentlicher erhaltene Muschelgrotte war mit ech- vierung, Zubauten, Übernahme in den Seite überfordert sind oder aber trotz ten Muscheln und Tropfsteinen ausge- Landesbesitz), lehnte von Wächter ab. vorhandener Mittel kein Interesse am staltet, Wasserbecken mit Delphin- Vermutlich war dies eine gute Ent- Erhalt zeigen. Im Folgenden wird ein Darstellungen und Steinmuscheln scheidung, wenn man als Vergleich Überblick über unterschiedliche wurden durch Statuen von Poseidon, andere Orte von Landesausstellungen Schicksale ausgewählter Schlösser in Amphitrite, Orion und Artemis ge- und Freilichtmuseen in Niederöster- Ostösterreich versucht. schmückt (Abb. 1). reich betrachtet. Im 19. Jh. verlagerte sich die Auf- Schloss Hagenberg: Behutsame Schloss Thürnthal: Restaurierung merksamkeit der Sinzendorfer zum Restaurierung nach der Devastierung Schloss Ernstbrunn, Hagenberg hinge- Schloss Hagenberg (oft auch Haggen- gen wurde in einen Gutshof umgewan- Ein interessanter Fall einer vorsichti- berg geschrieben) im nördlichen Nie- delt, verlor die Möblierung und diente gen Stabilisierung eines völlig devas- derösterreich, südwestlich von Staatz als Schüttkasten für die Lagerung und tierten Schlosses, das noch immer gelegen, ist ein Beispiel für eine be- Reinigung von Getreide. Aus „hygieni- „Wunden“ der Geschichte zeigt, ist hutsame, noch andauernde Restaurie- schen Gründen“ wurden die Fresken Schloss Thürnthal in der gleichnami- rung eines faszinierenden, denkmal- 1938 mit weißer Farbe übertüncht. gen Ortschaft 15 km östlich von geschützten ehemaligen Renaissance- Später waren Kriegsgefangene und Krems. Es zählte mit seiner prunkvol- Wasserschlosses. Die Bausubstanz Flüchtlinge in den Räumen unterge- len Ausstattung zu den eindrucksvoll- reicht bis ins Mittelalter zurück, die bracht, schließlich drohte sogar ein sten durch barocke und klassizierende Ritter von „Hakenberc“ tauchen in Be- Abbruch, der durch eine Künstlerkolo- Formen geprägten Landschlössern

Abb. 1 (li.): Schloss Hagenberg im Weinviertel (Gemeinde Fallbach): Die noch nicht restaurierte Muschelgrotte mit echten Muscheln und Tropfsteinen, sowie einem Wasserbecken mit Poseidon- und Amphitrite-Statuen im Hintergrund; Abb. 2 (re.): Schloss Hagenberg: vom Eigentümer bereits restaurierter Bereich des Schlosses mit barocker Stuckdecke. Nr. 23 / 2016 Seite 3 enkma[] i l

Niederösterreichs. Schon im Mittelalter dustrielle Guido Bunzl das Schloss ab- Steinskulpturen der „Vier Jahreszei- existierte benachbart eine hölzerne, reißen, begnügte sich dann aber ten“. Überdies wurden spätbarocke später steinerne „Veste“, im 16. Jh. damit, zahllose Statuen und andere Kachelöfen aus dem Schloss entfernt. wurde am heutigen Ort ein Wasser- Objekte zu verkaufen, nicht nur an Der jetzige Eigentümer macht das schloss errichtet, das kurz vor 1700 Schlösser und Museen, sondern auch Schloss nun erstmals wieder für Kul- ausbrannte. Der heutige Bau (Abb. 3 an Privatpersonen. Bunzl wurde 1938 turveranstaltungen öffentlich zugäng- ff.) entstand im 1. Drittel des 18. Jh.s enteignet und später im KZ ermordet, lich. Die Restaurierung des Schlosses, unter Beteiligung von Joseph Emanuel das Schloss kam 1939 unter Denkmal- eine Mammutaufgabe, schreitet auf- Fischer von Erlach, dem Stukkateur schutz und diente zuerst als Lager für grund der enormen Kosten zwar nur Santino Bussi und dem Bildhauer Lo- Kriegsgefangene und ab 1943 als rie- langsam voran, das enorme idealisti- renzo Mattielli. siges Depot für wertvolle Kunst- sche Engagement des Eigentümers Als nach 1848 das System der Grund- schätze, darunter auch viel Raub- (mit investierten Eigenmitteln im Mil- herrschaft beseitigt wurde, begann der kunst, um diese vor Bombenangriffen lionen-Euro-Bereich und einer gewal- Verfall, das Schloss wurde als Fabrik zu schützen. So lagerten hier Prunk- tigen Arbeitsleistung) ist äußerst hoch für Zucker, für Maschinen, Stärke und stücke aus Privatsammlungen, Stiften, einzuschätzen. Vorrang hat derzeit die schließlich Seife genutzt. Löcher für Palais ebenso wie Werke von Gustav Stabilisierung und Sicherung der Bau- Leitungen, Rauch, Dampf und Öldunst Klimt (z.B. der Beethovenfries), Ma- substanz. Nach manchen Schwierig- schädigten den Stuck und die verblie- kart und Schindler und der riesige „En- keiten ist zu hoffen, dass die Behör- bene Ausstattung. 1910 wollte der In- gelssturz“ aus der Wiener Michaeler- den, das Land Niederösterreich und kirche. Aus der Kriegszeit stammt die das Bundesdenkmalamt (BDA) die bis heute erhaltene Vermauerung der Leistungen des Eigentümers würdigen hohen Bogenfenster der Beletage als und mit kooperativen Maßnahmen und Schutz vor Bombensplittern. Nach der finanziellen Förderungen unterstützen. Restitution gelangte das Schloss an Schloss Ladendorf: Bedrohliche die Malzkaffee-Firma Kathreiner, die Schäden von Nestlé übernommen wurde und im Schloss Getreide lagerte. 1975 Ein in seiner Substanz stark gefähr- übernahmen Großbauern das Bau- detes Objekt ist das denkmalge- werk, bis schließlich 1998 der heutige schützte Schloss Ladendorf in der Eigentümer Mag. Gerhard Zehethofer gleichnamigen Gemeinde im nördli- das Schloss erwarb. chen Niederösterreich (Abb. 6 ff.). Mehr als 1.500 Quadratmeter der Hochproblematisch ist seit Jahren das Stuckausstattung, die Santino Bussi Fehlen vieler Fenster(scheiben), was zugeschrieben wird (Abb. 3), sind im Inneren zu Wasserschäden und (teilweise durch die Fabriknutzungen durchbrechenden Deckenbalken beschädigt) zwar weitgehend erhal- führt. ten, jedoch wurden Teile der barocken Auch hier gab es eine mittelalterliche Kapelleneinrichtung von früheren Ei- Burg, die im 15. Jh. zerstört und nach gentümern ebenso verkauft wie die dem Wiederaufbau im 30jährigen

Abb.3 (li.o.): Schloss Thürnthal (Gemeinde Fels am Wagram): Mehr als 1500 Quadratmeter Stuckausstattung sind erhalten. Sie wurden höchstwahrscheinlich vom berühmten Stukkateur Santino Bussi angefertigt; Abb. 4 (li.u.): Das imposante Schloss Thürnthal mit barocken und klassizistischen Stilelementen wurde nach 1700 von Joseph Emanuel Fischer von Erlach, dem Bildhauer Lorenzo Mattielli und vermutlich Santino Bussi ausgestaltet; Abb. 5 (re.): Im 20. Jh. wurde das Schloss als Fabrik und Lager genutzt und wäre 1910 beinahe abgerissen worden. Die Innenausstattung wurde teilweise verkauft.

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Abb. 6 (li.o.): Schloss Ladendorf: Die einsturzgefährdete Stuckdecke im Festsaal wird mittels Holzpölzung gesichert. Teile der pracht- vollen Figurendarstellungen (am linken Bildrand) sind bereits abgestürzt.; Abb. 7 (re.o.): Schloss Ladendorf im Weinviertel (Pol. Bez. Mistelbach): Dieses Foto von 2007 zeigt mit Plastikfolie abgedichtete Fenster an der Gartenfassade. Inzwischen kann dort teilweise wieder Regen und Schnee eindringen; Abb. 8 (li.u.): Schloss Ladendorf: Die Schlosskapelle auf einem Foto aus Wikipedia. Als die Tochter des Schlossherrn dort 1756 heiratete, waren die Herrscherin Maria Theresia und der junge Thronfolger Joseph (II.) anwesend; Abb. 9 (re.): Eine der imposanten Saaldecken, die wegen der offenen Fenster durch Feuchteschäden bedroht ist.

Krieg neuerlich beschädigt wurde. bis in die Gegenwart, unter ihnen war Der hohe Festsaal mit einer eindrucks- Nach dessen Ende kaufte Johann der Adjutant von Kaiser Maximilian vollen Stuckdecke wird mittels Holz- Graf von Daun die wehrhafte Burg. von Mexiko. Noch 1940 war das pölzung notdürftig vor dem Einsturz Wirich Philipp von und zu Daun und Schloss in einem ausgezeichneten bewahrt (Abb. 6), Teile der Decke sind sein Sohn, der Feldherr Leopold Jo- Zustand, jedoch wurde es in den fol- schon durchgebrochen. Noch immer seph von Daun, ließen sie 1722, ver- genden Jahren als Flüchtlingsquartier gibt es außerordentlich schöne Berei- mutlich vom Architekten Donato Fe- und Lazarett verwendet, wobei Rus- che im Schloss, deretwegen eine Ret- lice d’Allio, sukzessive zu einem sen und Einheimische in ihrer Not tung des Bauwerks unbedingt anzu- prachtvollen Barockschloss ausbauen alles Brennbare verheizten, inklusive streben wäre. Österreich hat als eines und einen mächtigen zweigeschoßi- Türen und Wandverkleidungen. In der letzten Mitglieder des Europarates gen Festsaal errichten. Einer der den 1970er Jahren ließ das BDA im- die Granada-Konvention zur Erhal- höchsten politischen Gesandten der merhin auf eigene Kosten das Dach tungspflicht denkmalgeschützter Bau- Herrscherin Maria Theresia, Johann sanieren, die zahlreichen offenen ten aus 1985 bis heute nicht ratifiziert, Joseph von Khevenhüller-Metsch, er- Fenster sind jedoch ein großes Pro- dem BDA sind somit die Hände gebun- warb 1751 das Schloss. Als seine blem. Angeblich sind fehlende Eigen- den, und es werden privaten Eigentü- Tochter dort fünf Jahre später heira- mittel und mangelnde öffentliche Un- mern oft nur unzureichend Geldmittel tete, war die Herrscherin persönlich terstützung der Grund, dass die im zur Verfügung gestellt, um die zweifel- mit dem 15jährigen Thronfolger Josef nahen Verwaltungsgebäude wohnen- los teure Stabilisierung und Restaurie- zu Gast (Abb. 8). Die Khevenhüller- den Besitzer die bestehenden Mängel rung dieses äußerst interessanten Nachkommen besitzen das Schloss nicht beheben. Bauwerks zu veranlassen.1

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umgebene Schlossruine und die Burg- kapelle warten jedoch noch auf eine Stabilisierung. Immendorf, Rechnitz und Dietmanns: Verschwundene Schlösser Auch nach dem Krieg wurden in Österreich Schlösser abgerissen, manchmal aufgrund von Kriegsschä- den, zuweilen aber auch, um sich Kos- ten zu ersparen. Schloss Immendorf im niederösterreichischen Weinviertel (Gemeinde Wullersdorf), eine historis- tisch umgebaute mittelalterliche Was- serburg , wurde – wie Thürnthal – in der NS-Zeit als abgelegenes, unauffäl- liges Kunstdepot genutzt.4 SS-Einhei- ten wurden einquartiert, und kurz vor oder nach dem Eintreffen der Roten Armee am 8.5.1945 begann das Schloss zu brennen – ob von der SS oder den Russen angezündet, ob ab- Abb.10: Die denkmalgeschützte Schlossruine Pottendorf (Pol. Bez. Baden): Romanische sichtlich oder versehentlich, ist um- Türme aus dem 13. Jh. und ein barocker Wohntrakt, rechts im Bild die romanische stritten. Ebenso wird diskutiert, ob Schlosskapelle. Nach 1945 haben die Eigentümer das Schloss dem Verfall preisgege- tatsächlich zahlreiche hier eingela- ben, seit 2006 gehört es der Gemeinde Pottendorf. gerte Klimt-Gemälde verbrannten, Schloss Pottendorf: Verfall bis kommen es bis 2006 besaßen. Im oder aber ob diese im Chaos des zur Ruine Zweiten Weltkrieg war im Schloss ein Brandes unauffällig geborgen wurden Lazarett untergebracht, ein Bomben- und anschließend in Privatsammlun- Der Fall Pottendorf ist unerfreulich, treffer verursachte Schäden. Nach gen verschwunden sind.5 Ein histori- weil hier eine sehr wohlhabende den Kriegswirren erhielt die Besitzer- sches Foto beweist, dass bei diesem Eigentümer-Familie den totalen Verfall familie das Schloss 1955 zurück. Ab Bauwerk der Brandschaden tatsäch- zugelassen hat. 1967 wurden zwar die Türme und die lich massiv gewesen sein muss. Letzte Pottendorf im südöstlichen Nieder- Schlosskapelle mit einem neuen Dach Ruinenteile stehen heute noch am Pri- österreich ist ein uralter Herrschafts- versehen, als jedoch der Dachstuhl vatgrund der Besitzer. sitz, bereits 1130 wird eine Burg Pot- des Wohntraktes einstürzte, gab man Auch das imposante Schloss tendorf urkundlich genannt. Von drei das Schloss dem Verfall preis (Abb. Batthyány in Rechnitz (Burgenland, romanischen Türmen aus dem 13. Jh. 10). Geldmangel scheidet als Grund Abb. 11) brannte zu Kriegsende. Bis mit Buckelquadern sind zwei komplett wohl aus, zumal es sich laut „profil“ Ende März 1945 war im Bauwerk die und der dritte teilweise erhalten. Eine bei der letzten Eigentümerin um eine SS einquartiert gewesen, dann wurde ursprünglich separat stehende roma- erfolgreiche Designerin der weltweit es – wenige Tage nach dem Massaker nische Kapelle erhielt nachträglich ein teuersten Luxusjachten handelte, an rund 200 ungarisch-jüdischen gotisches Langhaus und wurde 1519 deren inzwischen verstorbener Ehe- Zwangsarbeitern – von der SS oder mit der Burg verbunden. Nach kurz- mann im Privatjet zwischen London der vorrückenden Roten Armee in zeitiger Herrschaft der Ungarn unter und Wien pendelte.2 Auch hier liegt Brand gesteckt, und es wird bis heute Matthias Corvinus war die Burg im Be- das Problem bei der nicht ratifizierten aktiv der Mythos verbreitet, das sitz des Kaisers und später diverser Granada-Konvention, wodurch das Schloss sei damals „bis auf die Grund- Adelsfamilien. Ab 1665 druckte in die- BDA keine Handhabe besitzt, einen mauern abgebrannt“. Beweis des Ge- sem Bauwerk der Kaiserliche Rat Graf zumutbaren Erhalt von Denkmalen genteils ist u.a. ein Foto vom März Nadasdy Schriftstücke, um die Loslö- effizient durchzusetzen. 2006 gelang 1946, das die Exhumierung eines Teils sung Ungarns zu propagieren, er es der Gemeinde Pottendorf nach der Ermordeten zeigt, wobei im Hin- wurde jedoch 1670 von Soldaten des mehreren Versuchen, das Schloss, die tergrund das nur wenig beschädigte Kaisers in einem Burgversteck gefun- Kapelle und den komplett verwucher- Schloss aufragt.6 Vermutlich war wohl den und schließlich im Alten Wiener ten, von Teilverbauungswünschen be- die jahrzehntelange Verdrängung der Rathaus geköpft. 1683 war ein türki- drohten Park der bisherigen Eigentü- NS-Geschichte von Rechnitz ein Mit- scher Befehlshaber einquartiert, im merin abzukaufen.3 Die vom Fluss grund, dass das zu großen Teilen er- Folgenden wurde die Verteidigungs- Fischa durchflossene, heute denk mal- haltene Schloss nicht restauriert, son- funktion jedoch überflüssig, und das geschützte Parkanlage war einst einer dern einige Jahre nach Kriegsende mächtige Bauwerk wurde ab 1737 zu der bedeutendsten Landschaftsgärten weitgehend abgerissen und durch einem wohnlichen Barockschloss aus- Niederösterreichs und wurde 2009 Wohnbauten ersetzt wurde. gebaut. 1802 wurde es von der Fami- wieder öffentlich zugänglich gemacht. 1964 wurde in Baden bei Wien der lie Esterházy erworben, deren Nach- Die wieder von einem Wassergraben Portikus der 1945 abgebrannten Weil-

Seite 6 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016 burg gesprengt und daneben Stroh Bedrohtes Kulturerbe Ort Celles entstand zwischen 1866 aufgelegt, damit die Steinskulpturen und 1907 das prachtvolle neogotische von Adler und Löwe mit Wappen in An- Andere Schlösser sind nicht unmittel- Märchenschloss Château Miranda wesenheit des vormaligen NÖ Landes- bar bedroht, warten aber schon lange (Château de Noisy), das seit den konservators bei der Sprengung weich auf eine Restaurierung. Schloss 1990er Jahren im Privatbesitz dem fallen (siehe Seite 38).7 Schloss Fridau in Obergrafendorf südwestlich Verfall preisgegeben war. 2013 er- Cobenzl in Wien-Döbling wiederum, von St. Pölten, genauer gesagt das suchten die Eigentümer die Denkmal- lange Zeit als Hotel genutzt, diente bis 1753 errichtete „Neuschloss“ mit im- behörde um Bewilligung zum Abbruch, 1951 als Flüchtlingsunterkunft, die posanten Fresken und einem langge- im Herbst 2016 wurde das imposante Stadt Wien ließ das vernachlässigte streckten Gartenpavillon (Orangerie), Schloss nun abgerissen.9 Bauwerk 1966 schließlich desinteres- sind seit 1975 im Besitz des Landes siert abreißen (Abb. 12). Ebenso wie Niederösterreich und sollten längst Dr. Gerhard Hertenberger bei den einst prachtvollen Wiener restauriert werden. Während in Neu- Freier Autor Bahnhöfen entstand der falsche My- bauten für Landesausstellungen Millio- Anmerkungen thos, das Schloss sei „im Krieg zerstört nen fließen, dämmert Schloss Fridau 1 worden“. jedoch vor sich hin. Da sich die Pläne Vgl. Artikel Schloss Reinhardsbrunn auf Die Zerstörung von Schlössern ist in des Landes für eine Gemäldegalerie S. 40, Fußnote 3 Österreich auch heute noch möglich, zerschlagen haben, ist im Schloss der- 2 https://www.theguardian.com/news/200 wenn das BDA keinen Schutzstatus er- zeit die Firmenzentrale eines Betriebs 7/aug/28/guardianobituaries.military, http://www.profil.at/home/die-affaere- lässt. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist für den Handel mit Bioprodukten aus alfons-mensdorff-pouilly-der-weisse- der Teilabbruch und Umbau bis zur Hanf untergebracht. sultan-237058 Unkenntlichkeit von Schloss Hoch- Schloss Greifenberg bei Radmer 3 http://www.pottendorf.at/1/site/files/ scharten im Hausruck (siehe Seite (Stmk.) wiederum erleidet Deckenein- cms/Sondernummer%2006-09-2006. 31), ein anderes Beispiel ist Schloss stürze (vgl. Denkma[i]l 20/2015, S. pdf, auch Denkma[i]l Nr. 3/2009, S. 18 Dietmanns in der gleichnamigen nie- 53), bei Schloss Batthyány in Traut- http://www.initiative-denkmalschutz.at/ derösterreichischen Gemeinde (Pol. mannsdorf (NÖ) zeichnet sich hinge- denkmail/Denkmail_Nr_03_web.pdf Bez. Waidhofen/Thaya), das 1990 ab- gen erfreulicherweise eine Rettung ab 4 Vgl. Edgard Haider, Unvergessen - gerissen wurde. 1542 errichtet und im (siehe S. 16 ff.). Schloss Immendorf, in: Denkma[i]l Nr. Barock umgebaut, wurde das dreiflü- Dieser kurze Überblick über Beispiele 12/2012, S.36 gelige Bauwerk ab 1865 von der da- für Österreichs Umgang mit seinen 5 http://diepresse.com/home/spectrum/ neben errichteten Seiden- und Samt- Schlössern zeigt die verschiedenen zeichenderzeit/4890667/ http://derstan- bänderfabrik genutzt. Zum Schloss Schicksale unseres Kulturerbes – der dard.at/2000027848501/ sowie Erwin führte eine Lindenallee, der große, auf Bogen reicht von idealistischen Privat- Kohaut (2014): „Schloss Immendorf“ Terrassen abgestuft angelegte leuten, die verfallene Prachtbauten http://kohaut.jimdo.com/ Schlossgarten wurde durch eine Glo- schrittweise stabilisieren, bis hin zu 6 Vgl. z.B. „Burgenländische Forschungen“, riette, Freitreppen und ein Holzsalettl unerfreulichen Negativbeispielen, bei Bd. 98 (2009), S. 175, sowie www.ge- geschmückt. 1990 hat die bis heute denen wohlhabende Adelsfamilien, Fir- denkweg.at etc. existierende Textilfirma das Schloss men oder öffentliche Körperschaften 7 Arbeiterzeitung 20.8.1964, Seite 5 durch eine „zeitgemäße“ Fabrikshalle den Verfall oder Abbruch von Schlös- 8 http://www.praehofer.eu/projekte/schiel „ersetzt“. Auch die Umgestaltung des sern zulassen oder sogar begünstigen. park-dietmanns.html Schlossgartens („Schielpark“) im Jahr Österreich ist mit seinen Problemen 9 https://de.wikipedia.org/wiki/Ch%C3%A 2002 kann nur wenig überzeugen.8 kein Einzelfall. Nahe dem belgischen 2teau_Miranda

Abb. 11 (li.): Schloss Batthyány in Rechnitz: 1945 beim Heranrücken der Roten Armee (vermutlich von der hier einquartierten und nun flüchtenden SS) in Brand gesteckt. Große Teile des Schlosses waren 1946 noch erhalten, wurden jedoch später bis auf minimale Reste abgerissen.; Abb. 12 (re.): „Schloss Cobenzl bei Wien“ (Ansichtskarte ca. 1930er Jahre): Bis 1951 Flüchtlingsherberge, da- nach leerstehend, wurde das prachtvolle Schloss 1966 von der desinteressierten Gemeinde Wien abgerissen.

Nr. 23 / 2016 Seite 7 enkma[] i l Wasserburgen und Wasserschlösser in Österreich

Wasserburgen oder -schlösser gibt es auf felsigem Boden, die bei guter Pla- seiner Mannschaft noch im Vorder- in ganz Europa, von österreichischen nung und entsprechendem Material- grund. Mit dem Aufkommen der mo- Wasserburgen ist allerdings nur selten einsatz nur schwer einzunehmen dernen Artillerie, die auch die breites- die Rede. Mengen- und größenmäßig waren. Wasserburgen sind, was die ten Gräben spielend überwinden können wir uns natürlich nicht mit den Verteidigung betrifft, nur zweite Wahl. konnte, boten die Wasserburgen aber deutschen Wasserburgen, wie sie etwa Im Flachland gab es aber keine Alter- immer weniger Schutz, so dass viele in Westfalen und im Münsterland be- native zu ihnen. von ihnen mit der Zeit in wohnlichere stehen, messen, was aber vor allem Da es bei Wasserschlössern meist Wasserschlösser umgebaut wurden. an der Topographie unseres Landes keine geländebedingten Einschrän- Wer es sich leisten konnte, bei dem und den bescheideneren Verhältnissen kungen gibt, ist ihr Grundriss wesent- standen bald Bequemlichkeit, Reprä- des österreichischen Adels liegt. Im lich regelmäßiger als der von Höhen- sentation und Lebensfreude im Vor- gebirgigen bzw. hügeligen Österreich burgen. Im Mittelalter stand das dergrund. Die Gräben der meisten bevorzugte man im Mittelalter Burgen Schutzbedürfnis des Burgherrn und Wasserburgen ließ man trocken legen oder auffüllen. Auf die dadurch ge- wonnenen Flächen setzte man Neben- gebäude oder wandelte sie in Garten- und Parkflächen um. Es gibt übrigens auch unechte Wasser- burgen. Das sind z. B. jene, die als normale Höhenburg errichtet worden waren, aber später durch die Anlage von Stauseen zur Wasserburg wurden, wie z.B. Lichtenfels im Waldviertel. An- derseits gibt es ehemalige Wasserbur- gen, die in Flüssen lagen, aber durch deren Regulierung zu normalen Bur- gen wurden, wie z. B. die Donaubur- gen Spielberg und Pragstein bei Maut- hausen. Die nachstehend erwähnten österreichischen Wasserschlösser stel- len natürlich nur einen geringen Teil der noch vorhandenen Objekte dar. Sie sind aber wegen ihrer Gestaltung oder ihrer Geschichte besonders inte- ressant. Gleichzeitig lassen sich an ihnen auch einige Probleme des Denk- malschutzes aufzeigen. Ausgewählte Beispiele Aistersheim (Oberösterreich) ist das Musterbeispiel eines regelmäßig ange- legten Wasserschlosses. Das an den Ecken mit vier massigen Rundtürmen ausgestattete Gebäude ist von einem großen Teich umgeben, über den zwei einfache Holzbrücken zum Schloss führen (Abb. 14). Seine Gründung als Grenzfeste gegen Bayern erfolgte um 1150 durch den Minnesänger Dietmar von Aist. Aber erst 1603 ließ Achaz von Hohenfeld den Wehrbau in eines der schönsten Renaissance-Wasser- schlösser Österreichs umbauen. Seine fast 2,5 m dicken Außenmauern ruhen auf mehrere Jahrhunderte alten Fichten- und Eichenpiloten. Da der Grundwasserspiegel durch den Brun- Abb. 13 (o.): im in einer Ansicht aus 1937. Es steht – wie fast alle an- nenbau in den benachbarten Wohnge- deren in diesem Artikel beschriebenen Wasserschlösser – unter Denkmalschutz; bieten langfristig zurückgeht, führt Abb. 14 (u.): Schloss Aistersheim in der gleichnamigen Gemeinde (Hausruckviertel, Ober- dies zu Setzungsproblemen der hof- österreich). Die mächtigen, fast 2,5 m dicken Außenmauern ruhen auf mehrere Jahrhun- seitigen Mauern, was sich in Türver- derte alten Fichten- und Eichenpiloten. klemmungen bereits bemerkbar

Seite 8 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016 macht. Eine endgültige Sanierung ist sehr teuer und kann ohne die öffentli- che Hand, die für einen gleich bleiben- den Wasserstand zu sorgen hätte, nicht durchgeführt werden. Das 380 Hektar Grund umfassende Gut wird heute vorwiegend forstwirtschaftlich genutzt. Das aus zahlreichen Filmen und Fern- sehsendungen bekannte Seeschloss Ort in am Traunsee ist durch eine 125 m lange Holzbrücke mit dem gleichnamigen Landschloss verbunden (Abb. 13). An seiner Stelle stand bereits gegen Ende des 11. Jh. eine hölzerne Wasserburg, die später in Stein ausgebaut wurde. Im 17. Jh. gehörte Ort dem gefürchteten Statt- halter Adam Graf Herberstorff, der 1629 nach einem auf der Schlossbrü- cke erlittenen Schlaganfall verstarb. Auch spätere Besitzer hatten keinen erfreulichen Lebensabend. Erzherzog Johann Nepomuk Salvator, dem das Schloss in der 2. Hälfte des 19. Jht. gehörte, musste auf seinen Titel ver- zichten, da er eine Balletttänzerin der Wiener Hofoper heiraten wollte. Er nahm den Namen seines Schlosses an. 1890 verschwand Johann Orth mit seinem Schiff und seiner Gattin in einem Sturm vor Kap Hoorn spurlos. Sowohl das See- als auch das Land- schloss gehören heute der Stadtge- meinde Gmunden, die sich um ihre Er- haltung kümmert. Das malerische Hauptgebäude des Schlosses Bernau in Fischlham nahe Wels (Oberösterreich) ist von einem viereckigen Teich umgeben. Es steht Abb.15 (o.): Das Schloss Kammer am Attersee, umgeben von einem Palisadenring, der nicht, wie man annehmen könnte, auf Überfälle von der Seeseite verhindern sollte. Ausschnitt aus dem kolorierten Kupferstich Pfählen, sondern auf einem Felsen in vom Attersee von Mathäus MERIAN (1649-1716), in Topographia Austriae superioris mo- Ufernähe. Daher konnte es auch mas- dernae ; Abb. 16 (u.): Das Schloss Würting um 1674 auf einem Kupferstich von Georg Mat- thäus Vischer (1628-1696), in Topographia Austriae superioris modernae siver und höher gebaut werden als an- dere Wasserschlösser (Abb. 17). Be- dem Ufergelände verbunden. Der Pa- billigen – Restaurierung wieder eines reits 1189 war das damalige Feste lisadenring, der Überfälle von der See- der schönsten Renaissance-Wasser- Haus durch die Arme der vorbei flie- seite verhindern oder zumindest er- schlösser Österreichs werden. Das ßenden Traun recht gut geschützt. Im schweren sollte, ist heute noch vor- Schloss ist nicht allgemein zugänglich. 14. Jht. wurde es zu einer echten Was- handen. Das Schloss wird von seiner Von der wertvollen ursprünglichen Ein- serburg ausgebaut. Der Ausbau zum Besitzerin, die aufwändige Erhaltungs- richtung sind nur noch Teile vorhan- wohnlicheren Wasserschloss erfolgte maßnahmen durchführen ließ, bestens den, da ein Großteil zwischen 1938 im 15. Jht. Seit 1979 gehört Bernau gepflegt. Sissy Max-Theurer gehört und 1971 verkauft worden war oder der durch ihre Fleischereibetriebe be- einer erfolgreichen Industriellenfamilie einfach verschwunden ist. So wurden kannten Familie Handlbauer, die es an. Bekannt wurde sie als Olympiasie- sechs großformatige Deckenbilder aus durch den Wiener Architekten Manfred gerin im Dressurreiten. der Spätrenaissance 1971 von einem Wehdorn restaurieren ließ. Das schon vor Jahrzehnten in einen Vorbesitzer ohne Rücksicht auf Denk- Die Burg Kammer in Schörfling am Dornröschenschlaf versunkene malschutzbestimmungen ins Ausland Attersee wird 1260 erstmals erwähnt Schloss Würting in Offenhausen verkauft. Sie tauchten Jahre später im (Abb. 15). Sie lag auf einer Insel im (Oberösterreich) verdankt sein heuti- Londoner Kunsthandel auf und konn- Attersee, die im Laufe der Zeit durch ges Aussehen dem Umbau unter ten 1994 vom Verein Denkmalpflege Aufschüttungen zu einer vorspringen- Christina, der letzten Pergheimerin, erworben werden. Sie befinden sich den Halbinsel verlandete. Noch um deren Gemahl Georg Achaz von Lo- jetzt als Leihgabe im Schlossmuseum 1800 war der inzwischen zum Schloss senheim 1597 starb (Abb. 16). Es Linz, wo auch ein großer Renaissance- gewordene Bau durch eine Brücke mit könnte nach einer – zugegeben nicht ofen aus dem Schloss zu sehen ist.

Nr. 23 / 2016 Seite 9 enkma[] i l Vorbesitzerin im Jahr 2012 wurden die Renovierungsarbeiten eingestellt, doch konnte zuvor die 1,2 Hektar große Dachfläche zumindest zum Teil saniert werden. Vom neuen Besitzer, einer Immobilienfirma, hat man bisher wenig gehört. Der Zahn der Zeit setzt dem Schloss mittlerweile weiter zu. Im niederösterreichischen Pottendorf baute man im 18. Jh. ein „modernes“ Barockschloss“ einfach an die im letz- ten Viertel des 12. Jhs. entstandene Wasserburg an (Abb. 19). Die Buckel- quader der gotischen Festung haben die Jahrhunderte wesentlich besser überstanden als das wesentlich jün- gere Wohnschloss der Starhemberg und Esterházy, wobei dieses 1945 durchaus noch bewohnbar war. Van- dalismus und das Desinteresse der Ei- gentümer haben den heutigen ruinö- sen Zustand verursacht. Bemerkens- Abb. 17: Schloss Bernau 2012 nach abgeschlossener Generalsanierung. Das Wasserschloss wert gut erhalten ist die gotische (OÖ) konnte massiver und höher gebaut werden, da es auf einem Felsen steht. Burgkapelle. Die kleine Gemeinde Pot- Das neugotische Schloss Anif bei musste ein Teil davon zurückgebracht tendorf, der Park und Ruine seit 2006 Salzburg, liegt malerisch auf einer werden. Die Möbel wurden dem Mu- gehören, ist mit der Wiederherstellung Insel in einem 4 Hektar großen Teich seum Carolino Augusteum übergeben. zweifellos überfordert. Erste Schritte (Abb. 20). Die Herren von Anif werden Das nahezu in Sichtweite zur Riegers- wurden mit der Rodung des total ver- 1218 urkundlich erwähnt. Nach ihrem burg gelegene Schloss Hainfeld (Ge- wilderten Parks und der teilweisen Sa- Aussterben fiel Anif an die Salzburger meinde Feldbach) geht auf das 13. Jh. nierung der von der Fischa gespeisten Fürsterzbischöfe, die das Schloss er- zurück. Es wurde aber erst im 16. Jh. Wassergräben gesetzt. weitern und verschönern ließen. Das in ein Wasserschloss umgebaut (Abb. Dass Burgen und Schlösser häufig zu heutige Schlossgebäude stammt aber 18). Es ist das größte seiner Art der Ruinen werden, ist allseits bekannt. erst aus den Jahren um 1840. Bemer- Steiermark. Bemerkenswert ist der Manchmal gibt es aber auch den um- kenswert ist die historistische Innen- Schlussstein über dem Hauptportal gekehrten Weg. Die Wiederherstellung ausstattung, die jedoch auf Grund mit einer Inschrift in arabischer des kleinen Wasserschlosses Totzen- massiver Verkäufe bereits große Lü- Schrift. Sie weist auf den österrei- bach bei Neulengbach (NÖ) ist ein er- cken aufweist. So wurde die wertvolle chischen Diplomaten und Orientalisten freuliches Beispiel von Privatinitiative Waffensammlung bereits 1936 veräu- Joseph von Hammer-Purgstall hin, der (Abb. 21). 1110 wird ein Winther von ßert. Das Schloss befindet sich im Pri- das Schloss 1835 erbte und danach Totzenbach erstmals genannt. Seine vatbesitz des Grafen Johannes Moy. bewohnte. Die im 18. Jh. trocken ge- schlichte Behausung entwickelte sich Zuletzt wurden Teile des Mobiliars legten Gräben wurden erst 2008 wie- im Laufe der Zeit zu einem stattlichen trotz des bestehenden Denkmalschut- der mit Wasser aus der benachbarten Schloss. Nachdem Totzenbach zur zes in London bzw. Amsterdam zur Raab gefüllt, wodurch das Schloss sei- Herrschaft Neulengbach gekommen Versteigerung angemeldet. Auf Grund nen Charakter als Wasserschloss zu- war und von dort aus verwaltet wurde, der fehlenden Ausfuhrerlaubnis rück erhielt. Nach dem Konkurs der benötigte man die Gebäude nicht

Abb. 18 (li.): Das Schloss Hainfeld in der Ortschaft Leitersdorf (Südoststeiermark), dessen im 18. Jh. trocken gelegten Gräben erst 2008 wieder geflutet wurden; Abb. 19 (re.): Das erst in den späten 1960er Jahren zur Ruine verfallene Schloss Pottendorf (NÖ).

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Abb. 20 (o.): Das um 1840 romantisch umgebaute Schloss Anif bei Salzburg; Abb. 21 (u.li.): Das Schloss Totzenbach in Kirchstetten (NÖ) ist das einzige in diesem Artikel behandelte Schloss, das nicht unter Denkmalschutz steht. Es entging in den 1970er Jahren nur knapp dem Totalabriss; Abb 22 (u.re.): Das Schloss Laudon im 14. Wiener Gemeindebezirk Penzing erhielt seine heutige Gestalt 1744 durch Franz Wilhelm Schellerer. Seinen Namen verdankt es Feldmarschall Ernst Gideon von Laudon, der das Schloss 1776 erwarb. mehr. Der Haupttrakt wurde abgeris- ckes Wasserschloss an seiner Stelle wurde es an die Republik Österreich sen und der Rest dem Verfall preisge- neu errichten. Wilhelm Schellerer gab vermietet, die hier die Verwaltungs- geben. Schließlich überlegte man ihm 1744 sein heutiges Aussehen. Es akademie des Bundes eingerichtet sogar den Totalabriss. Die Rettung ist an drei Seiten von einem Teich und hat. kam 1973, als Josef Figl die Ruine Wassergräben umgeben, die vom Werner Hammerl übernahm. Er ließ den verlandeten Mauerbach gespeist werden. Einen Burgenforscher Teich, sowie die Wassergräben wieder Saal schmücken Fresken des Malers ausheben und mit Wasser füllen. Der Johann Bergl, die 1954 beim Abriss  www.burgen-.com starke Bewuchs wurde entfernt und des Schlosses Donaudorf, das dem Die vom Autor dieses Artikels betriebene Seite die Dächer mit alten Ziegeln gedeckt. Kraftwerk Ybbs-Persenbeug geopfert bietet ausführliche Beschreibungen der genann- 1976 wurden die Fassaden wieder in- werden musste, geborgen und hierher ten Wasserschlösser, sowie zahlreicher weiterer stand gesetzt. Totzenbach, das bereits übertragen wurden2. Namensgeber Schlösser und Burgen im gesamten Bundesge- als verloren galt, war gerettet. des Schlosses ist Feldmarschall Ernst biet. Das prächtige Schloss Laudon oder Gideon von Laudon, der es 1776 er- Anmerkungen: Hadersdorf , ist das einzige Wasser- warb und bis zu seinem Tod bewohnte. 1 Vgl. Werner Hammerl, Das Wiener Was- schloss Wiens (14. Bezirk; Mauer- Das in der Zeit nach dem Zweiten serschloss, in: Denkma[i]l Nr. 10/2012, bachstr. 43-45, Abb. 22) 1. Nachdem Weltkrieg stark vernachlässigte Ge- S. 37f. die Türken den Vorgängerbau schwer bäude wurde 1960 von Konsul Alfred 2 Vgl. Edgard Haider, Unvergessen: Schloss beschädigt hatten, ließ Andreas Schel- Weiss erworben, restauriert und bis Donaudorf, in: Denkma[i]l Nr. 11/2012, lerer 1683 ein unbewehrtes frühbaro- 1973 als Luxushotel betrieben. 1976 S.35 Nr. 23 / 2016 Seite 11 enkma[] i l Liechtensteinische Landschaftsgestaltung im südlichen Niederösterreich Im Gebiet der heutigen Gemeinden wusste und sichtbare Dokumentation 1809 gegen Napoleons Truppen dürfte Maria Enzersdorf, Mödling und Hinter- eines Herrschaftsanspruches. Mit gro- sich Fürst Liechtenstein entschlossen brühl kam es unter Fürst Johann I. von ßem Tempo ließ der Fürst seine Archi- haben, den Tempel als Denkmal an die Liechtenstein (1760–1836) in der Zeit tekten und Baudirektoren Joseph Schlacht und ihre Gefallenen umzu- von 1808 bis zu seinem Tod 1836 zu Hardtmuth (1758–1816) und Joseph deuten. Auf einem benachbarten Gip- großen Veränderungen der Land- Kornhäusel (1782–1860) zahlreiche fel baute Joseph Hardtmuth im Früh- schaft. Der Erwerb der beiden Grund- Staffage- und Zweckbauten in der jahr 1811 die sogenannte „Trajanische herrschaften „Veste Liechtenstein“ und Umgebung der Burg auf dem Kalen- Säule“, die während der Bauarbeiten „Burg Mödling“ war Beginn einer um- derberg bei Mödling und in der Vorder- einstürzte. Der neue Baudirektor Jo- fassenden Landschaftsgestaltung, die und Hinterbrühl errichten. Neben der seph Kornhäusel stellte 1813 den mit einer Modernisierung der Land- Aufforstung großer Flächen und der Nachfolgebau fertig: eine künstliche wirtschaft einherging und zahlreiche Anlegung von Wegen war die „Restau- mehrbogige Ruine, die meist „Zerstör- Herrschaften und Güter umfasste, die rierung“ von bestehenden Burgruinen tes Troja“ oder „Phönixburg“ genannt Johann I. von Liechtenstein im Laufe sowie die Errichtung neuer Staffage- wurde und heute nicht mehr existiert. seiner Zeit als Majoratsherr (1805– bauten (Schmuckbauten) ein wichtiger Das Amphitheater – auch Kolosseum 1836) kaufte. Diese reichten von Teil seiner landschaftsgestalterischen genannt – ist der größte Staffagebau, Adamstal (Mähren) im Norden bis in Maßnahmen. Mehr als die Hälfte dieser den Johann I. im Gebiet errichten ließ die Steiermark und nach Kärnten im Staffagebauten sind heute noch erhal- (Abb. 25). Das Bauwerk wurde zwi- Süden. ten. Der bekannteste Bau, den der schen Ende 1810 und Mitte 1811 fer- Fürst errichten ließ, ist ein antikisie- tiggestellt. Die künstliche Ruine auf Neogotische Staffagebauten render Tempel, der bald den irrefüh- einer Erhebung des Kalenderberges Durch den Ankauf der beiden oben er- renden Namen „Husarentempel“ er- mit der Aussicht auf das Wiener Be- wähnten Grundherrschaften Ende hielt (Abb. 125). Er wurde im Frühjahr cken bildet einen Bogen von beinahe 1807 erwarb der Fürst den (vermeint- 1809 unter Joseph Hardtmuth begon- 180 Grad mit einem Durchmesser von lichen) Stammsitz seiner Familie zu- nen. Ein Orkan zerstörte 1812 das Ge- 64 Metern. Joseph Hardtmuth entwarf rück: die urkundlich erstmals 1136 er- bäude fast zur Gänze. Der neue Bau- das Bauwerk als Ruine einer antiken wähnte Burg (Veste) Liechtenstein in direktor des Fürsten, Joseph Kornhäu- Arena, unterbrochen von zwei wuchti- Maria Enzersdorf (Abb. 23). Der Er- sel, wurde mit dem Bau eines neuen gen Quadertürmen. Die Galerie auf werb der „Stammburg“ seines Ge- Tempels beauftragt. Der 1813 fertig- siebzehn Bögen mit Pfeilern und Säu- schlechts war die romantische Erfül- gestellte, offene Hallentempel steht len aus kaum behauenen Bruchsteinen lung einer Verpflichtung dem fürstli- noch heute auf dem unversehrt ge- bot zumindest bis zur vorletzten Jahr- chen Haus gegenüber. Der finanzielle bliebenen Fundament des Vorgänger- hundertwende eine gute Aussicht auf Aufwand bezweckte die selbstbe- baues. Nach der Schlacht von Aspern die Umgebung. Auf der gegenüberlie-

Abb. 23 (li.): Die Burg (Veste) Liechtenstein in Maria Enzersdorf; Abb. 24 (re.): Das obere Stockwerk der „Römischen Wand“ auf dem Halterkogel in Hinterbrühl

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Abb. 25 (li.): Das Amphitheater am Kalenderberg ( Maria Enzersdorf), im Hintergrund links die Burg Liechtenstein. Es steht – wie auch die anderen hier beschriebenen Objekte - unter Denkmalschutz; Abb 26 (re.): Der „Schwarze Turm“ am Beginn der Brühler Klause (Ge- meinde Mödling) genden Seite des Kalenderberges am Meierei versorgte nicht nur die Wan- Wegen, dass nicht nur er selbst, son- Beginn der sogenannten Brühler derer mit landwirtschaftlichen Produk- dern auch Besucher die Schönheit der Klause befindet sich seit 1810 der ten, sondern stand als „Schauhof“ Landschaft genießen konnten. Ande- „Schwarze Turm“ (Abb. 26): ein run- allen Interessierten offen. Im Sinne rerseits ermöglichten die neu angeleg- der Turm mit drei Geschoßen in Form einer Landesverschönerung sollten ten Wege und Aussichtspunkte, die einer neogotischen künstlichen Ruine Land- und Forstwirtschaft („Ökono- Größe der liechtensteinischen Besit- aus Bruchsteinwerk mit Spitzbogenöff- mie“) und die Ästhetik eins werden. zungen augenfällig zu machen. Der nungen und imitierten Schießscharten. Das „Schöne“ wurde mit dem „Nützli- enorme Aufwand bei der Errichtung Bei den zahlreichen künstlichen Rui- chen“ verbunden. Die Einbeziehung neuer Bauten und Anpflanzung großer nen, die Johann I. von Liechtenstein der Landwirtschaft lässt die Verwen- Flächen bezweckte die sichtbare Do- bis in die 1820er-Jahre im Gebiet er- dung des Terminus „Landesverschöne- kumentation eines Herrschaftsanspru- richten ließ, sticht vor allem die „Rö- rung“ für das Gebiet der beiden ches durch einen Reichsfürsten. Sie merwand“ in Hinterbrühl heraus (Abb. Grundherrschaften sinnvoll erschei- zeugen von seinem Selbstbewusst- 24). Es handelt sich bei dieser Staf- nen. Deren Ziel war es, durch das Zu- sein. Zusätzlich sehnte sich der Fürst fage um ein lineares Bauwerk mit zwei sammenwirken von Architektur, Land- nach der Französischen Revolution Türmen am Beginn und Ende, das im wirtschaft (Agrarökonomie) und Gar- nach stabilen politischen Verhältnis- „oberen Stock“ zu begehen ist. tenkunst eine ökonomische Verbesse- sen. Die neue „österreichische“ Mo- rung und Verschönerung des ganzen narchie brauchte neue geschichtliche Landesverschönerung Landes zu erreichen. Bereits der Liech- Bezugspunkte zur Legitimation ihres Der Fürst ließ Teile der kahlen Erhe- tenstein-Biograph Jacob von Falke Machtanspruches. Große Bau- und bungen mit verschiedenen Baum- und wies 1882 darauf hin, dass neben dem Landschaftsprojekte mit neogotischen Straucharten aufforsten und akzentu- ästhetischen Aspekt auch ökonomi- Gebäuden konnten diese neuen Be- ierte die Landschaft an zahlreichen sche Ziele und Erfolge genannt wer- zugspunkte schaffen. Punkten seiner Besitzung durch den den müssen: „Auf den Herrschaften Bau künstlicher Ruinen, Tempel und verfolgte er [Johann] nicht blos öko- Dipl.-Ing. Dr. Christian Hlavac Monumente. Auffällig ist die außerge- nomische oder culturelle Ziele, wie die Landschafts- und Gartenhistoriker wöhnlich hohe Dichte der romantisch- Aufforstung öder Strecken oder die mittelalterlichen und antik-klassizisti- Anpflanzung neuer und fremder schen Staffage- und Zweckbauten Baum- und Getreidearten, oder die  sowie modifizierten mittelalterlichen Verbesserung des Rindviehes, der iD-Führung: Liechtensteinische Gebäude. Diese über Berge und Täler Schaf- und Pferdezucht, sondern in Landschaftsgestaltung bei Mödling verstreuten Bauten wurden durch ein zahlreichen Bauten und Gartenanla- 6.5.2017 (siehe S. 56) Wegesystem verbunden, das den Be- gen und Gartenumänderungen hatte  www.galatour.at suchern die optische Erschließung der er ebensowohl auch ästhetische Ab- gestalteten Landschaft ermöglichte. sichten im Auge.“1 Die liechtensteinische „Meierei“ in der Warum betrieb der Fürst diesen enor- Vorderen Brühl war Zentrum eines men Aufwand? Einerseits gewährten Anmerkung die zahlreichen neuen Bauwerke im modernen landwirtschaftlichen Betrie- 1 Jacob von Falke, Geschichte des fürstli- bes und Teil der umfassenden Gestal- Brühler Tal eine „malerische“ Aussicht. chen Hauses Liechtenstein, Wien 1868- tungsmaßnahmen des Fürsten. Die Der Fürst gewährleistete mit neuen 83, Band 1-3

Nr. 23 / 2016 Seite 13 enkma[] i l Der Schlosspark Laxenburg sonderes Naheverhältnis. Er hatte, wie im Übrigen alle Habsburger Herrscher, einen Handwerksberuf erlernen müs- sen. Franz genoss eine Ausbildung zum Gärtner und dies sollte sich als großes Glück für die Schlossanlage La- xenburg herausstellen. Er ließ die ba- rocken Vorgestaltungen seiner Groß- mutter, Kaiserin Maria Theresia, die ersten landschaftlich gestalteten Teile seines Onkels, Kaiser Joseph II., und seine Ideen eines romantisch histori- sierenden Parks zu einem großen Ge- samtkunstwerk verschmelzen. Als besonderer Verehrer des Mittelal- ters hat er die unter seiner Regent- schaft entstandenen Gartenteile dem- entsprechend ausgestalten lassen. Bis heute wird der Bereich rund um die als „Rittergau“ bezeich- net. Neben der Franzensburg (Abb. 27), dem „kleinen Schatzhaus Öster- Abb. 27: Franzensburg, zwischen 1801 und 1836 von Johann Ferdinand Hetzendorf von reichs“, ergänzen die Rittergruft, die Hohenberg in zwei Teilen (Ritterburg und Knappenburg) geplant, von Anfang an als Mu- Rittersäule, der Turnierplatz, die seum gedacht. Mit ihrem Rückgriff auf mittelalterliche Bauformen gilt sie als Meilenstein auf dem Weg zum Historismus. Grotte sowie die gotische Brücke die- sen Teil des Schlossparks. „Dem wahrhaft weisen hochsinnigen mente der damaligen Zeit war eine so Mit dem Untergang der Donaumonar- Kaiser, welcher sich in diese, von ihm genannte Mailbahn, die den hohen chie erlebte auch die Gartenkunst in wunderbar gepflegten Gärten von den Herrschaften als Ballspielbahn diente Österreich eine Zäsur, der Schlosspark Regierungsgeschäften zur Erholung und die heute noch unter ihrem Laxenburg war dabei sicherlich keine zurückzog. Er kannte die Namen und Namen „Palamaygang“ erhalten ge- Ausnahme. Mit der Enteignung der Abstammung der Pflanzen und blieben ist. Habsburger wurde der Park nicht mehr Bäume. Sein frommer und einfacher Unter Kaiserin Maria Theresia wurde mit dem Aufwand vorangegangener Sinn pflegte sich an der Naturschön- begonnen, auf den Flächen südlich des Zeiten gepflegt. Der Zweite Weltkrieg heit seines Aufenthaltsortes und an Alten Schlosses unter Verwendung des war dann schließlich die härteste Prü- den ländlichen Unterhaltungen zu er- natürlichen Baumbestandes eine baro- fung, welche die Schlossanlage im 20. götzen…“. Diese Widmung ist im cke Gestaltung zu realisieren. Dies Jahrhundert durchleben musste. Wäh- Schlosspark Laxenburg an der Monu- waren der Waldstern mit dem Diana- rend der Kriegsjahre als auch in den mentalbüste von Kaiser Franz I. in tempel, der Alleestern sowie erste Notjahren der Nachkriegszeit kam die bronzenen Lettern angebracht wor- Teile des Forstmeisterkanals. Diese Parkpflege fast gänzlich zum Erliegen. den. In der Tat hat Franz einen groß- barocken Gärten wurden durch drei Der damaligen Not gehorchend wurde artigen Landschaftsgarten geschaffen, Achsen dominiert: Ausgehend vom im Schlosspark Brennholz geschlagen, der als einer der wichtigsten Zeitzeu- Palamaygang, der Ballspielbahn aus sämtliche Gebäude der Schlossanlage gen der Gartenarchitektur des 18. und der Renaissance, wurden durch die wurden schwer in Mitleidenschaft ge- 19. Jahrhunderts gilt. Seit dem 14. parallele Verschiebung insgesamt drei zogen. Jahrhundert war die südlich von Wien gleichwertige Achsen geschaffen: Der 1962 erfolgte die Gründung der gelegene Schlossanlage Laxenburg im beibehaltene Palamaygang, die Lust- Schloss Laxenburg Betriebsgesell- Besitz der kaiserlichen Familie und ist haus Achse sowie die Münchendorfer schaft mbH durch die Bundesländer im Laufe der Jahrhunderte auf die Achse (Abb. 28). Wien und Niederösterreich, die heutige Größe von 280 Hektar Schritt Der Sohn von Maria Theresia, Kaiser Schlossanlage erlebte wieder einen für Schritt ausgebaut worden. Joseph II., begann mit der Umgestal- Aufschwung. Die Gebäude wurden re- Der Schlosspark Laxenburg ist der tung des Schlossparks zum Land- noviert und im Schlosspark begann größte und einer der bedeutendsten schaftsgarten unter teilweiser Beibe- man wieder mit Pflegearbeiten. Aller- Landschaftsgärten in Österreich, haltung der barocken Vorgestaltung. dings setzte sich in den 1960er-Jahren ebenso nimmt er in der Geschichte der Begonnen wurde mit der Schaffung der Gedanke einer naturnahen Land- europäischen Gartenkunst einen von landschaftlich gestalteten Garten- schaft durch, was durchaus dem da- hohen Rang ein. Die Habsburger er- teilen auf den Flächen nahe dem maligen Zeitgeist geschuldet war. Die warben im Jahr 1306 die damalige neuen Schloss, dem Blauen Hof. Süd- ursprüngliche Gestaltungsidee der Herrschaft Laxenburg und nutzten das lich des Forstmeisterkanals entstand Parkanlage ist dabei nur sehr bedingt gesamte Areal als Jagdgebiet. In alten ebenfalls ein romantisch angelegter reflektiert worden. Gerade der Land- Kartenwerken zeugen die Flurbezeich- Landschaftsgarten mit dem später er- schaftsgarten verlangt aber eine per- nungen „Reiherbeize“ und „Dendelgar- richteten, heute noch erhaltenen Con- manent justierende Hand, um die ten“ von der damaligen Jagdtätigkeit. cordiatempel. Kaiser Franz I. hatte zur Landschaftsbilder entsprechend erhal- Eines der wenigen gestalteten Ele- Schlossanlage Laxenburg ein ganz be- ten zu können. Da sich, wie schon kurz

Seite 14 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016 erwähnt, eher der Gedanken eines Na- Denkmalschutz gestellt. Zu diesem Schlosspark Laxenburg ist mit 280 turparks durchgesetzt hatte, ver- Zweck wurde, wiederum von Land- Hektar Gesamtfläche die größte Park- schwand vieles im Dickicht des wild schaftsarchitektur Bódi, ein dafür er- anlage Österreichs – beansprucht al- aufkommenden Jungwuchses. forderliches Parkpflegewerk über den lein die tägliche Pflege dieser Fläche Doch im Laufe der weiteren Jahre ent- gesamten Schlosspark erstellt. In die- sehr viel Zeit, Arbeitskraft und Res- wickelte sich wieder das Bewusstsein, sem Parkpflegewerk wurden die Ge- sourcen. Es ist aus diesen Gründen dass der Gestaltung des Schlossparks schichte des Parks erforscht, alle gar- nicht möglich, das Parkpflegewerk im gartenkünstlerische Ideen zu Grunde tenkünstlerischen Qualitäten des Parks Zuge eines großen einmaligen Pro- liegen. 1973 wurde seitens der erarbeitet, der aktuelle Zustand des jekts umzusetzen. Ziel ist es viel mehr Schloss Laxenburg Betriebsgesell- Parks erhoben und ein Pflegekonzept geworden, das Parkpflegewerk in die schaft mbH das Büro Landschaftsar- für die künftige Erhaltung des Parks laufende Pflege einfließen zu lassen. chitektur Bódi beauftragt, den erstellt. Die ursprüngliche Idee des Schloss- Schlossparks hinsichtlich der denkmal- Seit der Unterschutzstellung des parks Laxenburg ist trotz oder viel- pflegerischen Notwendigkeiten zu un- Schlossparks wurden schon bedeu- leicht auch ein bisschen wegen der tersuchen. Dabei konnte das Ehepaar tende Schritte geschafft. Dies waren Widrigkeiten des 20. Jahrhunderts am Bódi feststellen, dass die Verwilderung unter anderem die Wiederherstellung Leben geblieben und soll nunmehr des Schlossparks zwar nicht ein Opti- von wesentlichen Sichtbezügen oder wieder behutsam ans Tageslicht geför- mum war, aber doch die eine oder an- etwa die Intensivierung der Baum- dert werden. dere konservierende Wirkung gezeigt pflege an den wichtigen Solitärbäu- hatte. Vieles der ursprünglichen Ge- men (Abb. 30). Ganz wesentlich war DI Wolfgang Mastny staltung aus der Zeit der ersten Hälfte und ist aber auch die Bewusstseinsbil- Schloss Laxenburg Betriebsgesellschaft m.b.H. des 19. Jahrhunderts war zumindest dung in der Öffentlichkeit, die auf die im Ansatz noch erkennbar. künstlerische Qualität der historischen Mit der Novelle des Denkmalschutzge- Gartenkunst hinweisen muss.  iD-Führung: Schlosspark setzes im Jahre 1999 war es nun auch Trotz der erreichten Erfolge – der Laxenburg, Samstag 16.9.2017 in Österreich möglich, historische Parks und Gärten hinsichtlich ihrer gartenkünstlerischen Idee unter Denk- malschutz zu stellen. Als eine der ers- ten Gartenanlagen wurde der Schloss- park Laxenburg rechtskräftig unter

Abb. 28 (u.li.): Ausschnitt aus der Karte der Josephinischen Landesaufnahme, Ge- biet von Liesing bis Laxenburg und Him- berg im Süden von Wien, ca. 1790. Deut- lich sichtbar das barocke Achsensystem des Schlossparks; Abb. 29 (re.): Kaska- denbrücke, eine der beiden Flügelmauern mit Sphinx, spätes 18. Jh. Hier „stürzt" das Wasser des ca. 2.000 Meter langen Forstmeisterkanals, der den Hauptzufluss für den großen Schlossteich bildet, über die große Kaskade auf das Niveau des Schlossteichs; Abb. 30 (u.re.): Solitär- bäume, hier eine Hängebuche, werden im Rahmen des Parkpflegekonzeptes intensiv betreut.

Nr. 23 / 2016 Seite 15 enkma[] i l Schloss Batthyány in Trautmannsdorf an der Leitha

Abb.31: Schloss Batthyány in Trautmannsdorf (Pol. Bez. Bruck an der Leitha), ein prachtvolles klassizistisches Bauwerk mit teilweise alter Bausubstanz, inmitten eines weitläufigen Gartens (Foto: Aug. 2010)

Ein imposantes, verfallenes Areal gekauft und ein „Festes Haus“, Maria Theresia. Eine Beschreibung des Schloss wartet auf seine also eine für die damalige Zeit typi- Berliners Johann Bernoulli von 1783 Restaurierung sche „Klein-Burg“, errichtet haben. In erweckt den Eindruck, dass das da- der späten Babenberger-Zeit (12./13. mals noch burgartige Schloss und der Im niederösterreichischen Traut- Jh.) war die Leitha Grenzfluss gegen Park hinsichtlich der Pracht und Aus- mannsdorf an der Leitha südöstlich die Ungarn, sodass das Bauwerk of- stattung einen Vergleich mit den von Wien befindet sich ein einst fenbar zu einer wehrhaften Wasser- Schlössern Prinz Eugens nicht zu prachtvolles dreiflügeliges Schloss in burg ausgebaut wurde. Eine solche scheuen brauchte. großteils klassizistischem Stil (Abb. wird jedenfalls 1292 erstmals er- Die Leitha war damals längst nicht 31), das zwar unter Denkmalschutz wähnt. Laut Urkunden gehörte die mehr militärisch relevant, was einen steht, jedoch seit der Zwischenkriegs- Burg Jahrhunderte lang der Adelsfami- sukzessiven Umbau der Burg be- zeit meist leer stand und innen starke lie der Stuchsen, später dann dem wirkte. 1780 wurde der baufällige Zerstörungen aufweist. Kaiser (Friedrich III.), der die Burg aus Bergfried abgerissen, und nach 1810 Während z.B. in Wikipedia behauptet Geldmangel zeitweise verpfänden begann Philipp Graf von Batthyány, wird, Fürst Philipp Batthyány habe musste. Nach den Kriegswirren gegen der barocken Prunk eher ablehnte, nach 1810 die Vorgängerbauten ent- Matthias Corvinus kam die Burg an einen klassizistischen Umbau (Abb. fernen und das heute sichtbare den St. Georgs-Ritterorden. Weder die 37). Die Wassergräben wurden zuge- Schloss de facto als Neubau errichten Türkenkriege, noch die Kuruzzenauf- schüttet und einige Bauteile inklusive lassen, haben Bauforscher im Auftrag stände bewirkten wesentliche Schä- Schlosskapelle demoliert, wobei die des Bundesdenkmalamts (BDA) 2014 den an der Burg. Särge früherer Besitzer in eine Gruft in festgestellt, dass in dem klassizisti- Von der mittelalterlichen Wasserburg der Pfarrkirche überstellt wurden. Der schen Umbau (nicht Neubau!) mas- sind keine Abbildungen erhalten, der bewaldete (offenbar künstliche) Hügel senhaft alte Bausubstanz steckt. Die monumentale Renaissance-Bau mit östlich vom Schloss soll den Abbruch- Seitenflügel enthalten vorwiegend ba- einem (mittelalterlichen) hohen Turm schutt jener Zeit enthalten (Abb. 34). rockes Mauerwerk, und im Mitteltrakt (Bergfried) wurde 1672 von Georg Das klassizistische Schloss stecken extrem dicke Mauern aus Matthäus Vischer erstmals darge- mehreren mittelalterlichen Bauphasen stellt1. Vor einigen Jahren gelang es Als Planer des Umbaues nach 1810 (Abb. 35 u.36), sowie Bauteile aus der Archäologen, im halboffenen Hof des wird zuweilen Joseph Kornhäusel ge- Renaissance. Die mitten im Baukörper dreiflügeligen Schlosses die Grund- nannt, von dem u.a. Schloss Weilburg befindlichen, zur Fassade teilweise mauern des mittelalterlichen Turms zu bei Baden (siehe S. 38) stammt, die nicht ganz parallelen Mauern der ural- orten und temporär freizulegen. Im Familien-Webseite der Familie Bat- ten mittelalterlichen Wasserburg ma- Inneren des Schlosses wurden unter thyány nennt als Baumeister aller- chen sich auch dadurch bemerkbar, einigen Fußböden dicke Grundmauern dings Ernest Koch, der z.B. das Palais dass man im Schloss teilweise merk- von Vorgängerbauten ergraben, die Daun/Kinsky umbaute und die Fassa- würdig lange Türdurchbrüche durch- heute noch freiliegen. den von Michaelerkirche und Theresia- queren muss, um zum nächsten Raum Nach wechselnden Besitzern kam die num gestaltete. Auch der weitläufige zu gelangen. Burg 1756 in den Besitz von Karl Jo- englische Landschaftsgarten wurde Um das Jahr 1100 soll ein gewisser seph Graf von Batthyány, einem damals vergrößert und war ab 1811 Trutman (daher der Ortsname) das engen Vertrauten der Herrscherin öffentlich zugänglich, wobei eine

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Orangerie, eine Fasanerie und eine geschlagen wurde, diente das Schloss renfürst“, da die Stutenmilch ein Schautierhaltung (Menagerie) errich- als Militärspital für kaisertreue Solda- „Wundermittel gegen Tuberkulose“ sei. tet wurden. ten. Ein anderer Batthyány, Graf Lud- Das Projekt scheiterte finanziell, Von der Pracht des Schlosses – einst wig, war im aufständischen Ungarn ebenso die Übersiedelung der „N.Ö. gab es beispielsweise ein Chinesisches zeitweise Ministerpräsident und wurde Landesirrenanstalt“ ins Schloss. 1899 Zimmer und einen Saal mit Land- danach von den Habsburgern getötet, bis 1915 gab es im Schloss eine „Lan- schaftsmalereien, sowie Darstellungen seine Nachkommen wanderten nach des-Winterschule für Landwirtschaft“, antiker Mythen und Tierkreiszeichen – England aus. Als der Bauherr des klas- und nach dem Ersten Weltkrieg wohn- sind innen nur noch spärliche Reste zu sizistischen Schlosses 1870 kinderlos ten zeitweise 24 Familien samt Klein- sehen (Abb. 32 u. 33). Bemerkenswert starb, gab es einen jahrelangen Erb- tieren im Schloss, was gemeinsam mit ist ein Kellergewölbe im Mitteltrakt, streit, die Anwälte seiner Nichten einem Hochwasser (1921) und einem das von einem Vorgängerbau stammt transportierten die gesamte Schlos- Erdbeben (1927) Schäden verur- und gemalte Scheinarchitektur und seinrichtung zeitweise in deren sachte. 1939 wurde ein Denkmal- mythologische Szenen zeigt, die von Schloss ins nahe Margarethen am schutzbescheid erlassen, 1966 kaufte Experten auf die Zeit um 1780 datiert Moos. Letztlich ging das Schloss an das Bundesdenkmalamt Tapete und werden (Abb. 39 u. 41). Anstelle der den in England lebenden Batthyány, Ofen des „Chinesischen Zimmers“ für 1810 abgetragenen Kapelle wurde im der sich die Erträge dorthin schicken Schloss Laxenburg. Seitenflügel bis 1817 ein neuer ovaler ließ. Nach 1945 wohnte ein Batthyány- Kapellenraum mit Stuck und klassizis- Strattmann einige Zeit im Schloss, da Verfall und aktuelle Situation tischem Dekor unter einer Kuppel er- seine ungarischen Wohnsitze enteig- richtet (Bild 42), der einigermaßen gut In der 2. Hälfte des 19. Jh.s ließ der in net worden waren, bis er 1966 starb. erhalten ist. England lebende Graf Gustav im leer- Seine Söhne zeigten an einer (teuren) Bereits wenige Jahrzehnte später stehenden Schloss ein Sanatorium für Restaurierung wenig Interesse, der setzte ein erster Verfall ein: Als 1849 Lungenkranke einrichten, inklusive 20 Verfall ging weiter. 1988 kaufte ein in Ungarn die Revolution brutal nieder- „Tatarenpferde“ samt „echtem Tata- Unternehmer Teile des Schlosses und

Abb. 32 (o.li.): Der Raum mit einem Deckenstern mit Drache, umgeben von den 12 Tierkreiszeichen, gilt beinahe als Wahrzeichen für Schloss Batthyány; Abb. 33 (o.m.): Der Drache; Abb. 34 (o.re.): Im weitläufigen Schlosspark soll ein vermutlich künstlicher Hügel (links im Bild) den Schutt vom klassizistischen Umbau enthalten; Abb. 35 (u.li.):Unter einer Ziegelschicht in der Wand man- cher Räume konnten Bauforscher 2014 mittelalterliches Mauerwerk feststellen; Abb. 36 (u.m): Auch in Kellerbereichen befinden sich teilweise Gewölbe, deren Ursprung ins Mittelalter zurückreichen dürfte; Abb. 37 (u.re.): Die klassizistische Garten-Fassade zeigt den Wappenstein der Batthyány (Pelikan mit Jungen über einem Löwen unter einer Krone), flankiert von Steinlöwen.

Nr. 23 / 2016 Seite 17 enkma[] i l begann mit einer Restaurierung, aller- nicht Rauchwolken aus den Fenstern gen von Feuchtigkeit zu verhindern. dings wurden in den folgenden Jahren quollen. Der Einsturz von Kaminen Teile des Dachs sind schon etliche Türbeschläge, Lünettenbilder und führte zum Eindringen von Regen, was Jahre zuvor abgedichtet worden. Wel- Wandkapitelle von Dieben und Vanda- die Vermorschung und den Bruch von che Nutzung geplant ist, und wann die len gestohlen bzw. herausgebrochen. Deckenbalken auslöste (Abb. 40). Ins- Restaurierung tatsächlich beginnen Lokalzeitungen berichteten zeitweise besondere der eingestürzte große wird, ist noch nicht bekannt und hängt von „Rauchwolken“, die über dem Festsaal im Mitteltrakt bietet einen er- vermutlich vom Interesse allfälliger In- Schloss aufsteigen, wobei die herbei- schreckenden Anblick! vestoren ab. geeilte Feuerwehr dann feststellte, Um die Jahrtausendwende plante eine Schloss Batthyány ist ein architekto- dass „lediglich“ ein weiterer Raum ein- Immobiliengesellschaft zusätzlich zur nisch und geschichtlich außerordent- gestürzt war, weswegen Staub- und Restaurierung des Schlosses im Parka- lich spannendes Bauwerk. Es bleibt zu real anscheinend auch Neubauten, an- hoffen, dass eine eventuelle Restaurie- gedacht war zeitweise ein Golf-Platz rung möglichst behutsam erfolgt und mit Golf-Hotel.1 All dies habe das Bun- die historische Bausubstanz mit ihrem desdenkmalamt jedoch untersagt, be- komplexen Innenaufbau weiterhin au- richtet die Webseite „burgen- thentisch erlebbar bleibt. austria.com“. 2014 wurden Schloss und Schlosspark von einem Wiener Dr. Gerhard Hertenberger Immobilienentwickler gekauft, um Freier Autor eine stilvolle Restaurierung einzulei- Anmerkung ten. Die vielen glaslosen Fenster wur- 1 Vgl. Artikel Hermann Reining, Traut- den vom Käufer vorerst mit Platten mannsdorf – ein Schlosspark unter verschlossen, um das weitere Eindrin- Druck, in „Denkma[i]l Nr. 3/2009, S.16f.

Abb. 38 (ganz oben): Sehr gut erhaltene kunstvolle Deckenrosette im Bereich einer einstigen Lampe; Abb. 39 (o.li.): Kellergewölbe im Mitteltrakt, das von einem Vorgängerbau stammt; Abb. 40 (o.re.): Eindringende Feuchtigkeit ließ Zwischendecken vermorschen und teilweise einstürzen; Abb. 41 (u.li.): Gemalte Scheinarchitektur, sowie mythologische Szenen, die auf etwa 1780 datiert werden, in einem Kellergewölbe im Mitteltrakt.; Abb. 42 (u.re.): Um 1817 wurde anstelle der abgetragenen Kapelle im Seitenflügel ein ovaler Kapellenraum unter einer Kuppel mit Stuck und klassizistischem Dekor errichtet.

Seite 18 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016 Die Feste Sachsengang bei Wien

Abb 43 (li.): Schloss Sachsengang, auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel errichtet, liegt im niederösterreichischen Marchfeld in der Ortschaft Oberhausen (Am Hof 1); Abb 44 (re.): Die mit Zinnen und Schießscharten versehene Wehrmauer mit Burggraben an der Südseite

Der Name des Schlosses Sachsengang mit Zinnen und Schießscharten verse- terlassen. So wurde Mitte der 1950er in der Gemeinde Groß-Enzersdorf, we- hene Wehrmauer, die wahrscheinlich Jahre mit einer umfangreichen Sanie- nige Kilometer östlich von Wien gele- ursprünglich um den Bau herum ging, rung der Burg begonnen. Wesentliches gen, wird 1021 erstmals in einer Ur- möglicherweise aber nur als Holzbrüs- Ziel war, mit den nicht allzu reichlich kunde erwähnt, in der Kaiser Heinrich tung (Abb. 44). vorhandenen Mitteln den Bestand zu II einen Teil der Insel Sachsonaganc Sachsengang ist die einzige Hausberg- sichern und die Burg wieder bewohn- dem Kloster Weihenstephan schenkt. anlage Niederösterreichs, die noch be- bar zu machen. Das ist gelungen, Schon 1030 wird der Besitz an das wohnt wird und deren Einbauten noch wenngleich gesagt werden muss, dass Bistum Freising abgetreten. Der Ur- erhalten sind. Die Burg bildet einen zu einem späteren Zeitpunkt manches sprung des Namens Sachsengang ist Höhepunkt in der Entwicklung der in einer anderen Qualität gemacht unklar, unbestritten scheint zu sein, Hausberge und muss aus technischer worden wäre. Als Beispiel sei der Ze- dass der Namensteil „Gang“ auf einen Sicht als Spitzenleistung bezeichnet mentputz an der Außenfassade ge- schiffbaren Donauarm hinweist. werden, die voraussetzt, dass den Er- nannt. Um das Jahr 1100 wurde auf dem bauern erfahrene Fachleute zur Verfü- Die Erhaltung der denkmalgeschütz- möglicherweise bereits seit längerer gung standen1. ten Gebäude wird nach wie vor als Zeit bestehenden, künstlich aufge- Eine wesentliche Aufgabe von Sach- zentrale Aufgabe der Eigentümerfami- schütteten Hügel ein Burggebäude er- sengang war die Sicherung des Do- lie gesehen. Erschwert wird dieses Be- richtet (Abb. 43). Der etwa kreisrunde nauüberganges bei Schönau. Mit der streben u.a. durch die Instabilität des Burghügel hat eine Höhe von 6-7 Me- Errichtung der Donaubrücke in Wien künstlich aufgeschütteten Burghügels. tern, seine Plattform einen Durchmes- 1439 verlor dieser Übergang an Be- Immer wieder treten Setzungen auf, ser von knapp 40 Meter. Zur Burgan- deutung. Im Jahr 1659 wurde der Be- die zu Rissbildungen im Mauerwerk lage gehört ein südlich der Burg lie- sitz von Jakob v. Thavonat erworben führen. Da der landwirtschaftliche gender Meierhof, der ebenfalls wehr- und ist bis heute im Eigentum der Fa- Gutsbetrieb unter den heutigen Bedin- haften Charakter aufweist. Sowohl milie. gungen nicht mehr in der Lage ist, zur Burg, als auch Meierhof sind von Die einzige historisch belegte Verteidi- Gebäudeerhaltung beizutragen, wer- einem ehemals Wasser führenden gung von Sachsengang fand im Jahr den die Gutshöfe und Gebäude als ei- Graben umgeben. 1809 im Zusammenhang mit der gener Wirtschaftskörper geführt, um Das Burggebäude ist ein zweistöcki- Schlacht von Wagram statt. Zwei Jä- so die Mittel zur Erhaltung der Burg zu ger, etwa kreisrunder Bau mit einem gerbataillone hatten sich in der Burg erwirtschaften. kleinen Innenhof und einem Turm an und im Meierhof verschanzt und ver- der Nordseite, der den Hauptbau um suchten die zahlenmäßig weit überle- Ing. Herwig Niemann zwei Stockwerke überragt. Ein Stich genen französischen Kräfte am Auf- Mitglied der Eigentümerfamilie von Matthäus Vischer aus dem 17. Jh. marsch nach Deutsch-Wagram zu hin- zeigt an der Südostseite einen weite- dern. Nach längeren Kämpfen und ren Turm in etwa gleicher Größe. Die- Toten auf beiden Seiten und erhebli-  iD-Führung in Planung ser Turm und die gesamte Südfront chen Gebäudeschäden musste sich die wurden um 1700 abgetragen und Besatzung von Sachsengang ergeben. durch einen Neubau, der den Wohnan- Anmerkung sprüchen der Zeit besser gerecht Im 2. Weltkrieg war Sachsengang vom 1 Hans P. Schad’n, Die Hausberge und ver- wurde, ersetzt. An der Südseite, zwi- Kampfgeschehen nicht direkt betrof- wandte Wehranlagen in Niederösterreich, schen Brücke und Vorhof, liegt eine fen, die Zeit hatte jedoch Spuren hin- Horn/Wien 1953.

Nr. 23 / 2016 Seite 19 enkma[] i l Märchenschloss Hernstein

Abb. 45: Schloss Hernstein, perspektivische Ansicht mit den Resten des quadratischen Wehrturms der einstigen Burg Hernstein (erste Erwähnung aus dem Jahr 1263), Allgemeine Bau-Zeitung 1861, Plan 446

Schloss Hernstein im Wienerwald, zugeordnet, hat Leopold – ein Sohn Fenster des Obergeschoßes werden nahe Berndorf gelegen, gehört nicht Erzherzog Rainers und somit Enkel vermittels schlanker Dienste mit den nur – wie es in der einschlägigen Lite- Kaiser Leopolds II. – verhältnismäßig ebenfalls in gotischen Formen ausge- ratur durchgehend heißt – zu den „be- jung den Beruf aufgegeben und sich, führten Dachhäuschen verbunden. deutendsten Gesamtkunstwerken“, unverheiratet und dem Hofleben of- Obwohl dieses Motiv noch im Sinn des die der Historismus in Österreich her- fenbar zumindest entfremdet, Schloss frühen, romantischen Historismus vorgebracht hat, sondern ist für den Hernstein errichten lassen, um dort bis weitgehend additiv eingesetzt wird, Schlossbau das exemplarische Beispiel zu seinem Tod 1898 (wohl ständig) wirkt es dennoch belebend und heiter, einer alle bildenden Künste umfassen- Aufenthalt zu nehmen. Das ist bemer- zumal die beiden Türme über den den Konzeption schlechthin. Sie be- kenswert, hat etwas „Märchenprinzli- Durchfahrten der kürzeren Seitenflü- ginnt buchstäblich mit der Lage des ches“, vor allem aber zeichnet sich der gel und nicht als martialische Akzente Schlosses – als wesentlichem Teil der Erzherzog durch die geradezu un- an der Hauptfassade selbst errichtet komplexen ästhetischen Wirkung – in glaubliche, obsessive Konsequenz aus, wurden. Eine großartige, originelle Lö- einer schönen Talmulde und stellt die mit der er sein Schloss während eines sung, die dem Erscheinungsbild des Gebäude vor einen relativ steilen, Zeitraums von mehr als 25 Jahren Schlosses seine Leichtigkeit und Ein- dicht bewaldeten Abhang, worin der nicht nur durch Hansen errichten, son- zigartigkeit verleiht. Gerade durch die Turmrest einer ehemaligen Trutzburg dern auch bis in das geringste Detail filigranen gotischen Baudetails wird sichtbar wird (Abb. 45). Das alles ist ausstatten ließ. Leopold muss ein gro- der Eindruck eines architektonischen „ideal“ im Sinn des romantischen Zu- ßer Kunstfreund gewesen sein, einer „Schmuckkästchens“ erweckt, eines sammenklangs von Natur- und Kunst- der wenigen Habsburger, deren Vor- anspruchsvollen, vornehm herrschaft- schönheit. liebe offenbar besonders in Richtung lichen Jagdlustgebäudes, das einen der bildenden Künste gegangen ist – dem äußeren Eindruck angemesse- Die Schöpfer des Schlosses und als Auftraggeber ein Wunder. nen, kostbaren Inhalt verheißt (Abb. Schöpfer der Anlage sind zwei Männer, 46). Die romantische Umgestaltung von denen einer – der Architekt Theo- Ein Gesamtkunstwerk phil Hansen – mittlerweile weltbe- Schloss Hernstein wurde in Umgestal- rühmt ist, während der andere, Erz- tung eines einfachen, aber gleich gro- Nachdem das Schloss 1856 bis 1858 herzog Leopold (Ludwig), unter den ßen, vierflügelig um einen rechtecki- rasch vollendet war, wurde es bis in vielbeschriebenen Habsburgern seiner gen Innenhof gelegenen Gebäudes er- die 1880er Jahre hinein ausgestaltet Zeit kaum je in Erscheinung tritt. Er richtet, das keinerlei nobilitierende De- und ausgestattet. Hansen wagt hier muss ein Mann von Bildung und Be- tails der Fassadengestaltung aufge- eine ungemein phantasievolle Durch- deutung gewesen sein, anders als wiesen hat. Hansens Ideen für den mischung verschiedener stilistischer viele stromlinienförmige Erzherzöge Schlossbau sind ebenso einfach wie Gestaltungsprinzipien, ganz im Sinn seiner Generation. Dem Militärdienst zielführend und anspruchsvoll. Die gewachsener alter Burg- oder Schloss-

Seite 20 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016 anlagen, in deren Erscheinungsbild zum feinsten Kleinen umfasst hat. Das Wenn man nun bedenkt, dass Hern- sich die Stile der Jahrhunderte ihres Schloss blieb bis in die zweite Hälfte stein über die Autobahn von Wien aus Bestehens reizvoll durchdringen. Die des 20. Jahrhunderts im Besitz der gut und rasch erreicht werden kann, äußere Hülle des Schlosses Hernstein Habsburger, wurde später von der dennoch in einer Gegend liegt, die für ist gotisch, auch im Inneren – bis hin Wirtschaftskammer Wien erworben den internationalen Tourismus noch zum Porzellanservice – kommen goti- und in den vergangenen Jahrzehnten nicht entdeckt wurde, und es bei ent- sche Details zur Anwendung, vor allem zu einem repräsentativen Veranstal- sprechender Bewirtschaftung wohl aber werden für die Innenräume tungsort für Seminare umgestaltet möglich wäre, 50.000 bis 100.000 Be- Phantasien über Renaissancethemen und ausgebaut (Abb. 48). Es ist auf sucher pro Jahr anzuziehen, könnte – durchgespielt. Die Ausstattung ist jeden Fall sehr verdienstvoll, dass die vorausgesetzt, dass Bund, Land, Wirt- großartig imperial, man spürt die Prunkräume des Obergeschoßes, Stie- schaftskammer und die Gemeinde Freude des Besitzers an der Entfaltung genhäuser und Kapellen weitgehend Hernstein zusammenarbeiten – mit der künstlerischen Idee, aber auch des erhalten wurden, auch sind große Teile Schloss Hernstein ein Märchenschloss Architekten und Entwerfers an der der Einrichtungsgegenstände vorhan- der Romantik für die Öffentlichkeit zu- Fülle des Gesamten bis hin zu den ent- den und werden nach Möglichkeit ge- gänglich gemacht werden, das seines- scheidenden kleinsten Details. schützt. Dennoch wäre es wünschens- gleichen – jedenfalls künstlerisch qua- Obwohl uns schriftliche Unterlagen zur wert und zu hoffen, dass diese Räume litativ gesehen – nicht einmal in den Entstehungsgeschichte des großen einer ausschließlich musealen Nutzung Publikumsmagneten der Schlösser des Werkes, etwa ein Briefwechsel zwi- zugeführt werden könnten. Die über- bayrischen Königs Ludwigs II. findet. schen Leopold und Hansen, (noch) aus kostbare Ausstattung erlaubt ei- fehlen, hat es den Anschein, dass sich gentlich keine Verwendung als Semi- Dr. Otmar Rychlik Hansen in allem und jedem künstle- narräume mehr, zumal jede Form der Kunsthistoriker risch vollkommen ausleben konnte. Abnützung sehr aufwendige und kost- Offenbar durfte er hier seine überaus spielige restauratorische Maßnahmen  iD-Denkma[i]l-Sonderheft zu strengen Gestaltungs- und Qualitäts- erfordert. Schloss Hernstein in Planung ansprüche in Sachen angewandter Kunst geradezu exemplarisch umset- zen. Souverän überwindet er alle theoretischen Ansprüche auf Stilrein- heit und Einheitlichkeit der Ausstat- tung zu Gunsten der Vorstellung, Ge- staltungsprinzipien von Gotik und Re- naissance allein nach den Kriterien einer frei schöpferischen künstleri- schen Phantasie zu inszenieren. Museum als Zukunft? Allerdings hat sich von diesem großar- tigen Gesamtkunstwerk nicht alles er- halten – tragischerweise, muss man sagen, da seine Instrumentalisierung so überaus subtil das große Ganze bis

Abb. 46 (li.): Das seit 1943 denkmalgeschützte Schloss Hernstein in der gleichnamigen niederösterreichischen Gemeinde; Abb. 47 (li.o.): Eine von 8 schmiedeeisernen Wandlampen von Albert Milde, verziert mit floralen Ranken, mittig je in einer Blüte endend; Abb. 48 (re.): Blick in die Prunkräume des Obergeschoßes, die von der Wirtschaftskammer als Seminarräume genutzt werden.

Nr. 23 / 2016 Seite 21 enkma[] i l Schloss Hernstein: Der Verlust eines Renaissance-Altars

Über ein denkmalgeschütztes denkmalamts (BDA) ins Ausland ver- sen Söhne Anton, Franz Josef und Car- Triptychon, das aus dem Schloss steigert, obwohl der Verkäufer, eine los1. Als das Schloss am 5.4.1943 entfernt und unter dubiosen Um- Bank, möglicherweise gar nicht recht- unter Denkmalschutz gestellt wurde, ständen ins Ausland versteigert mäßiger Eigentümer war. war der Bescheid an „Herrn Anton wurde Das Triptychon zeigt über Mittelteil Habsburg“, wohnhaft in Schloss Sonn- und Flügel ausgebreitet die Anbetung berg bei Hollabrunn, adressiert. Im Es war ein besonderer Moment, als am der Könige und gilt als eines der selben Jahr (und nicht erst 1955, wie 15.1.1892 der Prälat der Wiener Hof- Hauptwerke des flämischen Malers oft behauptet) erwarb die Erste Öster- burg im historistischen Gesamtkunst- Pieter Coecke van Aelst (1502-1550) reichische Spar-Casse (heute Erste werk Schloss Hernstein die kunstvolle (Abb. 50), der auf Reisen italienische Bank) das Schloss. 1945 zerstörte ein Schlosskapelle mit ihren Wänden aus und orientalische Einflüsse aufnahm. Bombentreffer Teile des Dachs, verur- rotem Marmor und ihren Kunstgegen- Diese spiegeln sich beispielsweise in sachte aber im Gebäudeinneren kaum ständen weihte. Höhepunkt der Ka- der Kleidung des turbangekrönten Schäden. 1945 bis 1955 residierte im pelle war ein faszinierender Renais- Melchior. Zuletzt war van Aelst Hof- Schloss der russische Oberkomman- sance-Altar (Abb. 49) aus der Mitte maler von Kaiser Karl V., er war über- dant von Niederösterreich, dessen des 16. Jh.s, der aus Beständen des dies Schwiegervater und Lehrer von Amtssitz in Baden lag, sodass das Kunstmäzens und Statthalters der Pieter Bruegel dem Älteren („Bauern- Sparinstitut erst 1955 eine notdürftige Spanischen Niederlande, Erzherzog Bruegel“). Restaurierung beginnen konnte. Einige Leopold Wilhelm von Österreich Maßnahmen (die Entfernung von Ver- Kriegswirren (1614-1662), stammte, aus denen täfelungen und die Demontage und auch das Kunsthistorische Museum er- Schloss Hernstein in der gleichnami- Faltung von Wandbildern) sollen sehr wachsen ist. gen Gemeinde im südlichen Nieder- problematisch gewesen sein2. 2015 wurde dieses Triptychon (Flügel- österreich ging 1913 an Leopold Sal- Am 1.1.1963 ging Schloss Hernstein in altar) mit Zustimmung des Bundes- vator von Habsburg und 1931 an des- den Besitz der „Kammer der Gewerb-

Abb.49: Der Flügelaltar „Die Anbetung der Könige“ von Pieter Coecke van Aelst (1502-1550) wurde 1946 aus Schloss Hernstein (Bez. Baden) in die Firmenzentrale der Ersten Österreichischen Spar-Casse verbracht und 2015 von der Erste Bank nach Belgien versteigert.

Seite 22 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016 lichen Wirtschaft für Wien“ über, und derösterreichs wissen wir, dass diese Angeblich wurde das Triptychon zu es begann eine gründliche Restaurie- 1955 (wohl im Auftrag der Eigentü- Weihnachten gelegentlich aus der Ge- rung. 1966 wurde ein Seminarhotel merbank) im Dorotheum versteigert neraldirektion ins Foyer der Konzern- eröffnet, 1976 wurde anstelle der ab- wurde. Auch die wertvollsten Stücke zentrale am Graben gebracht und aus- gerissenen Stallungen, Blumenhäuser der Geweihsammlung kamen unter gestellt. Im März 2009 tauchte der und Wagenremisen ein Erweiterungs- den Hammer, während der Rest an- Altar überdies halbverdeckt auf einem bau eröffnet, 1994 wiederum ein zu- geblich, aus welchem Grund auch Foto in der Zeitung „Die Presse“ auf: sätzlicher Neubau-Trakt mit einem immer, im Schlossteich versenkt Ein Erste Bank Vorstand und ein großen Parkplatzbereich für den Hotel- wurde, was aber vom Autor nicht ve- Presse-Mitarbeiter überreichten einem betrieb. rifiziert werden konnte.6 Studenten in der Bankdirektion einen großen Gutschein für ein WU-Stipen- Ein unteilbares Ganzes Eine Kopie und Versteigerungs- dium über „Internationales Steuer- versuche Im Bescheid von 1943 wird ausdrück- recht“ - mit dem Flügelaltar im Hinter- lich „ein bemerkenswert gemalter Flü- In der Schlosskapelle hatte die Wirt- grund7. gelaltar“ genannt, die gesamte Innen- schaftskammer Österreich (WKÖ) in- Am 20.10.2015 ließ die Erste Bank einrichtung des Schlosses (Stand zwischen ein Marienbild aufgestellt, den Renaissance-Altar aus Schloss 1940) wurde als „unteilbares Gan- doch war man sich bewusst, dass die Hernstein im Wiener Dorotheum an zes“(!) unter Denkmalschutz gestellt. Erste Bank offenbar einen „vermutlich den Meistbietenden versteigern8. Bie- Als die Wirtschaftskammer 1963 das neugotischen“ Altar aus Hernstein bei ter trieben den Preis in die Höhe, letzt- Schloss übernahm, war die Schlosska- sich aufbewahrte. Dass es sich um ein lich bekam ein belgischer Telefonbieter pelle jedoch leer, das Triptychon war Renaissance-Werk handelte, verur- um mehr als eine halbe Million Euro weg. Es stand inzwischen in Wien in sachte Erstaunen, die WKÖ beauf- den Zuschlag. Ob der Altar in einer Pri- einem Sitzungssaal in der Konzernzen- tragte 1994 den akademischen Maler vatsammlung verschwinden oder öf- trale der Sparkasse am Graben. Als Jakob Anton Bucher mit der Anferti- fentlich ausgestellt werden wird, ist die Journalistin Olga Kronsteiner, die gung einer Kopie, die nach einem hal- bisher nicht bekannt. Der Verkauf er- von der Initiative Denkmalschutz im ben Jahr um 150.000 Schilling gelie- folgte zunächst unter Vorbehalt, weil Herbst 2015 auf die bevorstehende fert wurde und noch heute in der Ka- das BDA eine Prüfung der Exporter- Versteigerung des Altars hingewiesen pelle steht (Abb. 51). laubnis ankündigte. wurde, damals den Konzernsprecher Inzwischen versuchte die Erste Bank Brisant ist die Sache deshalb, weil die der Erste Bank kontaktierte, teilte die- am 8.7.1999, das echte Triptychon Erste Bank ein Kunstwerk verstei- ser mit, man wisse nicht mehr, warum über das Auktionshaus Sotheby´s in gerte, das vermutlich nicht vom und auf wessen Veranlassung der Altar London zu versteigern, dessen Schloss getrennt werden darf. Fachlich nach Wien gebracht worden sei, es sei Europa-Sektion damals von Agnes gibt es dafür den Begriff „wandfest“, zu lange her und man habe keine Un- Husslein geleitet wurde. Gegenüber also „nicht zum mobilen Inventar ge- terlagen mehr3. Im Frühjahr 2016 dem BDA hatte die Bank angegeben, hörig“. Juristisch gesehen war wohl konnte der Konzernsprecher dann im- dass es sich um ein Werk des deut- nicht die Erste Bank Eigentümerin des merhin berichten, dass das Triptychon schen Renaissance-Malers Heinrich Al- Altars, sondern die Wirtschaftskam- 1946 nach Wien verbracht worden sei4 degrever (1502 bis etwa 1560) mer als Eigentümerin des denkmalge- – aufgrund der Dachschäden und der handle, obwohl dessen Tätigkeits- schützten Schlosses. Nicht nur wäre russischen Truppen im Schloss viel- schwerpunkt eigentlich primär Kupfer- demnach der Verkauf nach Belgien un- leicht temporär sinnvoll. Auf den Rück- stiche umfasste. Das BDA erteilte eine gültig, sondern die Bank müsste den transport nach 1955 wurde jedoch an- Ausfuhrgenehmigung, wobei man sich Altar laut Denkmalschutzgesetz auch scheinend „vergessen“. Bei einer Res- wundern muss, dass die Sachbearbei- nach Hernstein zurück geben. Eine taurierung soll laut Pfarre Hernstein terin des BDA bei der Besichtigung des „rechtswidrige Wegnahme“ macht ju- sogar eine Signatur des Künstlers wertvollen Kunstwerks nicht ange- ristisch noch kein Eigentum, wie der übermalt worden sein5. Immerhin sei sichts des bekrönten Monogramms auf Oberste Gerichtshof 2012 in einem das BDA von der Bank über die unzu- der Flügelrückseite misstrauisch fast identischen Fall entschied (6 Ob lässige dauerhafte Trennung des Altars wurde, das ganz eindeutig auf Erzher- 266/11b). vom Schloss informiert worden. Das zog Leopold Salvator (1863-1931) Präzedenzfall Schloss Trabuschgen „Verschwinden“ des Altars in der Bank- verwies, den Großneffen des Hern- zentrale war vielleicht der Grund dafür, stein-Erbauers Leopold Ludwig. Erste- Und dieses ist der Präzedenzfall: 1995 dass der Kunsthistoriker Georges Mar- rer hatte für den Altar eine neue Rah- verkaufte die Besitzerin von Schloss lier 1966 in seinem Buch über das Ge- mung mit Habsburg-Wappen und Mo- Trabuschgen in Obervellach (Kärnten) samtwerk von van Aelst dieses Haupt- nogramm anfertigen lassen (Abb. 52). acht Wandtafelbilder aus dem Festsaal werk mit keinem Wort erwähnt. Dennoch: Man habe „keine Kenntnis um angeblich mehr als drei Mio. Schil- Unklar ist auch das Schicksal von an- zur Provenienz und zum somit auf- ling an einen Antiquitätenhändler. Es deren Teilen der Schlossausstattung. rechten Denkmalschutz“ gehabt, er- handelte sich dabei um den „Medici- Im Bescheid von 1943 heißt es: „Be- fuhr die Journalistin Kronsteiner vom Zyklus“, ein Hauptwerk des Barock- sonders hervorzuheben ist die Büche- BDA. Die Sotheby´s- Experten revi- malers Josef Ferdinand Fromiller. Das rei und eine Geweihsammlung.“ Von dierten übrigens die falsche Aldegre- BDA erfuhr 1996 vom Verkauf und dieser (ebenfalls untrennbar zum ver-Zuschreibung auf Coecke van verwies darauf, dass das Schloss in- Schloss gehörenden) eindrucksvollen Aelst, das Triptychon blieb jedoch un- klusive jener Tafelbilder seit 1939 als Schlossbibliothek zur Topographie Nie- verkauft und kehrte nach Wien zurück. untrennbare Gesamteinheit unter

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Die Initiative Denkmalschutz veran- lasste daraufhin bei der Volksanwalt- schaft ein „amtswegiges Verfahren“ zur Prüfung dieser Vorgangsweise des BDA bei der Exporterlaubnis des Re- naissance-Altars. Aufgrund des Amts- geheimnisses bleibt das Ergebnis je- doch geheim. Frau Dr. Gertrude Brinek ließ am 25.5.2016 mitteilen: „Ich darf Sie um Verständnis ersuchen, dass Ihnen die Volksanwaltschaft mangels unmittelbarer Betroffenheit im Sinne des Artikels 148a Abs. 1 Bundesver- fassungsgesetz keine detaillierten Auskünfte über den Ausgang des Prüf- verfahrens erteilen kann. Ich bedanke mich jedoch für Ihre Anregung....“

Dr. Gerhard Hertenberger Freier Autor

Anmerkungen 1 http://www.burgen-austria.com/archi ve.php?id=139 2 Vgl. „Anbetung der Könige: Rechtswid- rige Wegnahme macht noch kein Eigen- tum“ Der Standard, 20.11.2015 3 Ebenda Abb. 50 (li.): Der flämische Maler Pieter Coecke van Aelst (1502-1550) nahm auf Rei- 4 sen nach Italien und Konstantinopel italienische und orientalische Einflüsse in seine „Denkmalschutz: Kulturgut als Nebensa- Werke auf; Abb. 51 (re.): In der Kapelle von Schloss Hernstein steht heute eine 1994 che“ Der Standard, 29.4.2016 angefertigte Kopie des Renaissance-Altars. 5 http://www.pfarre-hernstein.at/kirche/ kapellen/schloss-hernstein.htm 6 Vgl. auch Felix Halmer, Burgen und Denkmalschutz stehe. Die Bezirks- dass beim BDA eine „Bewilligung zur Schlösser Baden, Gutenstein, Wr. Neu- hauptmannschaft (BH) weigerte sich, Veränderung eines Denkmals“ einge- stadt (Niederösterreich I/2), Wien 1968, eine Rückführung der Gemälde zu ver- holt werden müsse. Ein Gummipara- S.48 anlassen, weil diese keinen eigenen graph also, zumal solche Bewilligun- 7 https://www.wu.ac.at/fileadmin/wu/d/i/ Schutzbescheid gehabt hätten und im gen in jedem Einzelfall üblicherweise taxlaw/institute/media/diepressepost Denkmalbescheid nicht expressis ver- dem Amtsgeheimnis unterliegen. graduatemitderpressemaerz09.pdf bis erwähnt wurden (letzteres übri- 8 Quod licet Iovi, non licet bovi https://www.youtube.com/watch?v=J3 gens im Gegensatz zum Hernsteiner wfTkuIeQE Altar). Während das BDA im Fall der Kärntner 9 VwGH 25.1.2016 Das BDA ging in Berufung, und am Schlossherrin sehr streng reagierte, Geschäftszahl Ro 25.1.2016 wurde nach 20jährigem verhielt es sich im Fall Hernstein völlig 2015/09/0010 Verfahren vom Verwaltungsgerichtshof anders und sah offenbar keinen 10 Der Standard, entschieden9, dass die Tafelbilder Teil Grund, der einflussreichen Erste Bank 29.4.2016 des Denkmals seien und auf Kosten den Verkauf des Altars ins Ausland zu der einstigen Eigentümerin rückerstat- verbieten. Am 3.5.2016 teilte das BDA tet werden müssten. Dies ist allerdings der Initiative Denkmalschutz telefo- kompliziert, weil das Schloss inzwi- nisch mit, dass die Ausfuhr des Re- schen dem russischen Geschäftsmann naissance-Altars „nach einer einge- Firdavs Abdullaev gehört, und die Ge- henden Prüfung“ bewilligt worden sei. mälde 2005, als sie im Kunsthandel Man werde jedoch keine Auskunft über wieder auftauchten, von der Hypo die Begründung gegeben, jedenfalls Alpe Adria gekauft worden waren und nicht am Telefon. nun im Besitz der Abbaugesellschaft Inzwischen wurde bekannt, wie das HETA sind, gelagert in einem Depot BDA offenbar argumentierte10: Man des Landesmuseums. Wer das Geld habe den Altar nun doch als „bewegli- aufbringen wird, um der HETA die Bil- ches“ Kulturgut deklariert und somit Abb. 52: Die Rückseite der Seitenflügel der abzukaufen, ist unklar. formell vom Schloss mit seiner Kapelle des von Erzherzog Leopold Salvator neu Interessant übrigens die Argumenta- „abgetrennt“. Originellerweise wurde gerahmten Triptychons mit Habsburg- tion des BDA: Es wurde die Entfernung der Denkmalschutz für das Triptychon Wappen und seinem Monogramm hätte der Tafelbilder nicht generell abge- aber nicht aufgehoben, sondern „ru- die BDA-Referentin bezüglich der Prove- lehnt, sondern lediglich gefordert, hend gestellt“. nienz misstrauisch machen müssen.

Seite 24 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016 Schlösser und Anwesen im Burgenland: Deutschkreutz – Rotenturm – Achazium Forchtenau fenden Arkaden, ein Festsaal und eine Allen Wirren der Geschichte trotzend, Schloss Deutschkreutz Schlosskapelle im nordöstlichen Turm schien das Ende des Schlosses besie- Es steht manch Schloss im Burgen- sind die Charakteristika dieses unter gelt durch den Zweiten Weltkrieg und land, das Zeugnis ablegt, wie der Feu- Denkmalschutz stehenden Herrensit- die sowjetische Besatzung. Die meis- daladel in den einst westungarischen zes (Abb. 53). Der Wassergraben, der ten Arkaden wurden vermauert, um Komitaten gelebt hat. Eines der ein- ihn einst umgab, ist heute nur in Res- Wohnraum für die Not leidende Bevöl- drucksvollsten Beispiele dafür ist ten wahrnehmbar. Das Glück der Ná- kerung zu gewinnen (Abb. 56). Verfall Schloss Deutschkreutz im Gebiet zwi- dasdys endete, als Ferencz (III.), Un- machte sich breit, desolate Teile des schen dem Ödenburger Gebirge und garns reichster Magnat, als einer der Schlosskomplexes wurden abgerissen. dem Kreutzer Wald nahe der Grenze Verschwörer gegen Kaiser Leopold I. Doch dann kam 1965 einer, der trotz zu Ungarn. Urkundlich belegt ist es 1671 verhaftet und in der Bürgerstube des traurigen Zustandes den Blick für seit 1492 als Sitz des Geschlechtes der des (alten) Rathauses enthauptet die Schönheit des Anwesens hatte: Nádasdy. Seine jetzige Gestalt erhielt wurde. Das bedeutete auch den Ver- der Maler Anton Lehmden. Es war es 1625 durch einen Neubau im Stil lust sämtlicher Güter. Schloss Liebe auf den ersten Blick, die ihn der italienischen Renaissance. Ein gro- Deutschkreutz ging in das Eigentum dazu bewog, sich der Mammutaufgabe ßer rechteckiger Innenhof mit umlau- der Fürsten Esterházy über. der Restaurierung zu stellen. Für

Abb. 53 (li.u.): Das Renaissance-Schloss Deutschkreutz in der gleichnamigen Gemeinde im Mittelburgenland (Bez. Oberpullendorf); Abb. 54 (li.o): Blick in den Rittersaal des Schlosses Deutschkreutz; Abb 55 (re.o.): Atelier des Künstlers Anton Lehmden im Turm- zimmer; Abb 56 (re.m.): Arkadenhof während der Zeit der russischen Besatzung, die Arkaden wurden vermauert um Wohnraum zu gewinnen; Abb. 57 (re.u.): Der Arkadenhof im heutigen Zustand.

Nr. 23 / 2016 Seite 25 enkma[] i l einen, der sich dazu bekennt, „monu- Kunstschätze. Vordringlich galt es, verleihen. Ein glücklicher Zufall fügte mental“ leben zu wollen, war Schloss 10.000 Quadratmeter (ein Hektar) es, dass Anton Lehmden das Origi- Deutschkreutz ideal als Wohnstätte für Dachfläche, 28 Rauchfänge neu herzu- nalwappen des Schlosses in einem sich und seine Familie mit sechs Kin- stellen, um das Gebäude effizient zu nahe gelegenen Haus entdeckte und dern, als Maleratelier (Abb. 55) und sichern. Die Arkadengänge wurden dem Schloss zurück gewinnen Galerie für seine Bilder des Phantasti- sämtlich wieder freigelegt. Dann konnte. In den nunmehr 50 Jahren, schen Realismus sowie für erworbene konnte sich der Schlossherr dem In- in denen Schloss Deutschkreutz zu nenausbau widmen. Platten aus Car- neuem Leben erweckt wurde, hat raramarmor ersetzten in manchen sich eine staunenswerte Metamor- Räumen morsch gewordene Bretter- phose vollzogen. böden. Kahle Wände erhielten durch Schloss Rotenturm die Hand des Künstlers durch feine Li- nienführung Marmor ähnlichen Cha- Ähnlich schlimm wie um Schloss rakter. In anderen Zimmern wiederum Deutschkreutz in den 1960er-Jahren sind es Bäume, die aus dem Parkett zu war es noch vor wenigen Jahren um wachsen scheinen. Manche Plafonds das denkmalgeschützte Schloss Ro- zeigen luftige Wolkengebilde, bevöl- tenturm an der Pinka bestellt (Abb. kert von bunten Vögeln. Auch den 58). Bröckelnde Mauern, kaputte Glasfenstern der Kapelle, Kachelöfen, Fenster, devastierte Innenräume – die Kästen, Fensterlaibungen und selbst beklemmende Hinterlassenschaft aus Vasen gab Anton Lehmden eine indivi- sowjetischer Besatzungszeit. Das duelle Note. An den Wänden der Schloss schien dem Untergang ge- Gänge und Zimmer hängen Bilder des weiht. Doch auch in diesem Fall kam Schlossherrn aus verschiedenen Rettung quasi in letzter Minute. Prof. Schaffensperioden. Durch antike Heinz Schinner erwarb das Schloss Möbel aus verschiedenen Ländern 2008 und begann mit den Sanierungs- wusste der Hausherr jedem Wohn- arbeiten.1 Auch dieser Grund hat seine raum einen besonderen Akzent zu ins Mittelalter zurück reichende Ge-

Abb. 58 (li.): Schloss Rotenturm während der Renovierung (Sommer 2011); Abb. 59 (u.): Ansicht des Schlosses Rotenturm nach der Renovierung (Sommer 2015).

Seite 26 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016

Abb. 60 (li.): Das fürstliche Esterházy-Wappen am Eingangstor vom Edelhof zeigt das Monogramm "L" von Kaiser Leopold I., sowie Greifen und Löwen; Abb. 61 (re.): Der denkmalgeschützte Untere Edelhof („Achazium“) im Bezirk Mattersburg (Gemeinde Forch- tenstein, Hauptstraße 75), ein sehr ursprünglich erhaltener Renaissancebau, vor der Restaurierung, Bild aus 2012. schichte. Einst stand hier eine Wasser- vastierung nicht überstanden. Frag- Das „Achazium“ in Forchtenau burg, die sich „Ruttenthuren“ nannte. mente seiner Fresken sind lediglich Unverkennbar ein Bau der Renais- Im 17.Jht. folgte ein „Altes Schloss“, neben der Kapelle im oberen Vestibül sance: Das ist der Eindruck, wenn das Anfang des 19. Jh. abgebrochen erhalten. Blickfang im Speisesaal ist man in Forchtenau am Fuße der wurde. Zu ihm hatte ein riesiger Tier- eine Kassettendecke aus der ehemali- mächtigen Burg Forchtenstein vor park gehört. Ein in der Südwestecke gen niederösterreichischen Landes- dem Unteren Edelhof steht (Abb. 61). des Schlossparks um 1830 erbautes krankenanstalt in Wien-Alsergrund. Vermutlich war er einstmals ein Ritter- „Kastell“ mochte Stephan Graf Erdödy, Sie wurde 1976 hier angebracht. Zwei hof aus dem 14. Jh. Eine Vielzahl von Oberststallmeister Kaiser Franz Josefs, Supraporten aus den Salons, Allego- Geschlechtern war hier nacheinander nicht genügen. Er entschloss sich zu rien des Frühlings und des Sommers, ansässig: die Grafen von Mattersdorf, einem Neubau im Stil des romanti- sind als Einziges von der originalen die Ritter von Kynast, die Häsib und schen Historismus mit orientalischem Ausstattung in Fragmenten erhalten. jene von Weispriach und zu Rasten- Einschlag. Die Pläne des Budapester Im Schloss waren einst die wertvollen berg. In der 2. Hälfte des 16. Jht. Baumeisters Antal Weber fanden sein Sammlungen des Ehepaares Julius machte ein Brand den Herrensitz zu- Gefallen. Elemente der Romanik, und Emilie Erdődy untergebracht. nichte, der Wiederaufbau ist Ritter Gotik, Renaissance und der mauri- 1924 wurde ein Großteil der Innenein- Christoph Grafensteiner zu danken. schen Baukunst waren hier wirkungs- richtung, darunter das Familienarchiv 1627 ging der Edelhof in das Eigentum voll in Synthese gebracht. Nach mehr- und das im Turm aufbewahrte Ge- der Esterházy über, deren Wappen jähriger Bauzeit präsentierte sich das heimarchiv des ungarischen Freiheits- davon zeugt (Abb. 60). Schloss 1864 mit Fassaden mit rotem helden Franz Rákóczi, Anführer des Aktuell ist der Edelhof Sitz des Kultur- Putz, auf dem der helle Zierrat beson- Kuruzenaufstandes, ein Raub der zentrums „Achazium“, das von Ernst ders eindrücklich zur Geltung kam. Flammen. Nach dem Tod Ludwigs, des Achaz und Herbert Swoboda ins Leben Hervorstechend der Turm in der Art letzten Nachkommen der Rotenturmer gerufen wurde. eines Campanile an der östlichen Ecke Erdődy-Linie, übernahm der nahe ver- zum Schlosspark, gekoppelte Rundbo- wandte Graf Nikolaus Széchenyi das Dr. Edgard Haider genfenster in üppige Rahmen gefasst, Anwesen. Die in Rotenturm aufbe- Historiker und Buchautor eine durchlichtete Zwerggalerie unter wahrten Sammlungen gelangten 1929 der Dachtraufe, zinnenbewehrte geta- zur Versteigerung. Kurzzeitig war der  felte Ecktürmchen und offene Galerien tschechische Geigenvirtuose Jan Ku- iD-Tour mit Dr. Edgard Haider, an allen Fronten. Eine Altane ist dem belík Schlossherr auf Rotenturm. 6.5.2017 (siehe S. 56) Verbindungstrakt zwischen Turm und Schließlich übernahm das Land Bur-  www.schlossdeutschkreutz.at Seitenrisalit vorgesetzt. Schlanke Säu- genland 1971 Schloss und Park,  www.schlossrotenturm.at len tragen die Brüstung, die in ver- sorgte aber nur für rudimentäre Erhal-  www.achazium.at schlungene Kielbögen und durchbro- tungsmaßnahmen. Das machte erst chene Rosetten aufgelöst ist. Die zwei- die Rücküberführung in Privatbesitz geschoßige Schlosskapelle erkennt möglich. Begleitet von Experten des Anmerkungen man von außen durch die Apsisform. Bundesdenkmalamtes gewann Schloss 1 Vgl. dazu Yasmin Rescher / Petra Schöl- Ihr Inneres war einst mit Fresken des Rotenturm, subventioniert mit bedeu- ler: „Die Revitalisierung von Schloss Historienmalers Károly Lotz ge- tenden Mitteln der EU, seine alte Rotenturm im Burgenland“ in Denkma[i]l schmückt. Sie haben die Ära der De- Schönheit wieder (Abb. 59). Nr. 13/2013, S. 39f.

Nr. 23 / 2016 Seite 27 enkma[] i l Schloss Kleßheim bei Salzburg Abb. 62 (o.): „Prospect des Neuen Lust=Ge- bäudes Seiner Hochfürstl. Gnaden zu Salz- burg, Clesheimb oder die neue Favorite gen- andt“, Kupferstich nach Johann Bernhard Fi- scher von Erlach (1656-1723); Abb. 63 (u.): Das einschließlich Parkanlage als Gesamten- semble unter Denkmalschutz stehende Ba- rockschloss Kleßheim, Gemeinde Wals-Sie- zenheim bei Salzburg, hatte oft wechselnde Funktionen und wird derzeit als Casino ge- nutzt. die Bauern der Umgebung sein sollte. Unter Erzbischof Colleredo wurde das Schloss nachhaltig verändert. So wurde aus dem Barockgarten ein eng- lischer Garten. Die Firmian-Villa wurde abgetragen und die umliegenden Fel- der gingen teilweise in bäuerlichen Be- sitz über. 1798 wurde der Kartoffelbau vom Kleßheimer Hofgärtner einge- führt, was bei den Bauern der Umge- bung auf wenig Gegenliebe stieß, Kar- toffeln galten als „Gefangenenfutter.“ Man zwang die Bauern zum Anbau, indem sie nur dann ihr Gemüse im Winter verkaufen durften, wenn sie auch Kartoffeln anbauten. Im Dezember 1800 fand rund um Kleßheim eine Schlacht zwischen Franzosen und Österreichern statt (Schlacht auf dem Walserfeld), das Gelände wechselte im Verlauf der Schlacht mehrmals den Besitzer. Be- kanntschaft mit dem Militär machte das Schloss auch 1859, als 300 ver- wundete Soldaten aus der Schlacht Kleßheim ist ein sehr altes Siedlungs- stand. Der neue Erzbischof Franz von Solferino in das Schloss, das als gebiet, davon zeugen Überreste von 8 Anton von Harrach fand wenig Inte- Militärspital diente, gebracht wurden. Pfostenhäusern aus der Hallstattzeit resse an dem Lustschloss. Erst der fol- Am 21. Juni 1862 übersiedelte der (ca. 800- 450 v. Chr.). Auch ein kelti- gende Erzbischof Leopold Anton von Bruder Kaiser Franz Josefs, Erzherzog sches Fürstengrab soll es geben. Von Firmian ließ den Schlossbau – mit Ab- Ludwig Viktor2, nach Kleßheim. Er ließ den Römern wurde ein großer Gutshof strichen vom ursprünglichen Plan – das Winterschloss (Kavalierhaus) nach errichtet, dessen Überreste beim Bau vollenden. Plänen von Heinrich von Ferstel errich- des IKEA Gebäudes beim Einkaufszen- Fischer von Erlach stellte das Schloss ten. Ludwig Viktor wurde nach seinem trum Europark weichen mussten. Am – von Hohensalzburg aus gesehen – in Tod 1919 auf dem Friedhof des nahen Ende der Völkerwanderung siedelten die Richtung der untergehenden Siezenheim begraben. sich Bajuwaren in Kleßheim an. Es Sonne. Das Schloss, welches ganz auf Nach dem ersten Weltkrieg ging Kleß- entwickelte sich aber kein Dorf, son- den Effekt der Durchsichtigkeit hin ge- heim in Landesbesitz über. Im Dritten dern ein großer Einzelhof, der Kleßhof. baut ist, schien dann abends wie von Reich wurde das Schloss dem Reichs- Um 1040 taucht der Name des Ortes innen erleuchtet. Es ist dabei für baro- außenministerium zur Verfügung ge- urkundlich als Chlefsheim das erste cke Bauten eher geradlinig konzipiert stellt. Das Schloss sollte als „Emp- Mal auf. Im 16.Jh. war das Geschlecht und wirkt vor allem durch seine Ruhe. fangssalon des Dritten Reiches“ und der Noppinger Besitzer des Kleßhofes1. 1732 erhielt das Schloss eine zweiar- als „Gästehaus des Führers“ von den Am 14.12.1690 kaufte der Salzburger mige Rampe. Am Anfang der Rampe Architekten Reitter und Strohmayr Erzbischof Johann Ernst Thun den befinden sich zwei liegende Hirsche umgestaltet werden. Es diente als Ort Kleßhof. Es wurde ein Fasanengarten mit Sternen in den Geweihen – eine für Staatsempfänge und Arbeitstref- errichtet, aus dem später ein Tiergar- Anspielung auf das Wappen von Fir- fen. Aus dieser Zeit stammt das Ein- ten wurde, auch ein Jägerhaus ent- mian. Der Fürsterzbischof ließ sich gangsportal mit den Adler-Figuren von stand. Graf Thun beauftragte Johann auch eine kleine Villa für Erholungs- Jakob Adlhart, der auch die Masken Bernhard Fischer von Erlach um 1700 stunden im Park des Schlosses bauen. am Salzburger Festspielhaus schuf. mit dem Bau eines Lustschlosses Zum Schloss gehörte nach wie vor der Auch mehrere kleinere Gebäude wur- (Abb. 62). 1709 starb jedoch der Erz- Kleßhof. Er wurde als landwirtschaftli- den in dieser Zeit neu gebaut. Im bischof, und der Bau kam zum Still- cher Musterhof geführt, der Vorbild für Schloss wurde eine Bunkeranlage in-

Seite 28 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016 stalliert, sowie die nördliche und süd- Die Gärten von Kleßheim erhalten. Anscheinend sind sonst liche Aussichtsterrasse errichtet. keine originalen Ausstattungsele- Bis zum letzten Umbau 2015/16 Die Gartenanlage des Schlosses steht mente mehr vorhanden, dies müsste stammten auch noch Teile der Innen- seit 2003 unter Denkmalschutz. Um- jedoch genauer untersucht werden. ausstattung wie Vorhänge, Tapeten, geben wird die Gartenanlage von einer Der querovale Festsaal in der Mitte Stuck und Innentüren aus der Zeit des ca. 2 m hohen Schlossmauer mit Mar- wird von großen Fenstern und von Dritten Reichs. Dies ist aber nieman- morplatten als Abdeckung, in einigen einer „Deckenkuppel“ mit Tageslicht dem aufgefallen, da es dem Stil des Bereichen wurden diese gegen Beton- beleuchtet. Hauses angepasst war. Für Kleßheim platten ausgetauscht. In die Mauer Der oben erwähnte Bunker wurde war sogar ein eigener Empfangsbahn- sind 11 Wächterhäuschen integriert. durch einen Gang mit der Haupttreppe hof geplant („Mussolini-Bahnhof“), der Der ehemalige Meierhofgarten mit verbunden. Die eigentliche Anlage be- aber nach dem Ausbruch des Zweiten Wirtschaftsgebäuden, in denen heute findet sich außerhalb des Schlosses in Weltkriegs nicht mehr zur Ausführung die Landwirtschaftsschule unterge- einem Hang zum Saalach-Augebiet. kam. Die schon bearbeiteten Steinteile bracht ist, sowie das Kavalierhaus sind Der Bunker ragt teilweise aus der wurden sekundär für den Wiederauf- mit eigenen Mauern von der Anlage Erde. Im Inneren steht in einigen Räu- bau des Salzburger Hauptbahnhofes getrennt. men das Wasser, ansonsten ist noch verwendet. Der ehemalige Marmorsaal Den neobarocken Garten betritt man alles original erhalten. Interessant ist wurde aus diesen Steinen gebaut3. axial zum Schloss über eine große Ein- das Notstromaggregat (Abb. 65), das Während der NS-Zeit wurden auch die fahrt. Links und rechts neben der Ein- zurzeit auf Schalterstellung „Friede“ Reste der englischen Gartenanlage fahrt sind noch Torwärterhäuschen aus steht, also ausgeschaltet ist (Abb. 66). entfernt und die Anlage sozusagen der Zeit von Firmian erhalten. Das wieder barockisiert. Interessanter- Schloss ist der Mittelpunkt des Gar- Dipl. Ing. Gerd Seidl weise steht genau diese Gartenanlage tens. iD-Landesobservator Salzburg unter Denkmalschutz, während man Der Fasanengarten mit dem Schlöss- mit der baulichen Substanz eher stief- chen Belvedere (Hoyos-Stöckl von Fi- mütterlich umgeht, da ja „die Einrich- scher von Erlach) und der barocke tung und Bauteile aus der NS-Zeit Jagdgarten mit den streng segmen- Anmerkungen stammen“. tierten Waldflächen und Lichtungen 1 Deren Brauerei Noppinger mit gotischem Nach Kriegsende wurde das Schloss werden immer mehr vom hier beste- Kern in Oberndorf wurde heuer im Früh- Kleßheim von der amerikanischen Be- henden Golfplatz beansprucht. ling abgerissen. Vgl. „Denkma[i]l“ Nr. satzungsmacht beschlagnahmt. Ab Das Schloss 22/2016, S. 51f. 1955 diente das Schloss wieder reprä- 2 Über Erzherzog Ludwig Viktor und sein sentativen Zwecken der Salzburger Man betritt das Schloss über die Ram- Palais in Wien vgl. Denkma[i]l Nr. Landesregierung. Es wurden Gäste- pen und gelangt zunächst in eine 20/2015, S.16f. räume eingerichtet. Seit 1957 fungiert große ovale Eingangshalle, von der 3 Der ehem. Marmorsaal im Salzburger das Kavalierhaus als Teil der Hotel- aus Stiegen aus Untersberger Marmor Hauptbahnhof wurde 2009 in Abstim- fachschule. 1958 wurde eine Landwirt- in das Obergeschoß führen. Im Erdge- mung mit dem Bundesdenkmalamt de- schaftsschule im Meierhof des Schlos- schoß (Hochparterre) bestanden bis montiert. Für 2017 ist geplant, ihn im ses eingerichtet. Seit 1993 ist das Ca- zum Umbau Gastronomieräume, im Augustiner Bräu Kloster Mülln (Stadt sino Salzburg im Schloss Kleßheim un- Obergeschoß sind heute die Spiel- Salzburg) wieder aufzubauen. tergebracht (Abb. 63), davor war es räume des Casinos untergebracht auf dem Mönchsberg im Café Winkler, (Abb. 64). In einem Raum im rechten Literatur das zu Gunsten des Museums der Mo- Seitenflügel ist das einzig noch aus der Franz Müller: Heimatbuch von Wals-Siezen- derne abgerissen wurde. Erbauungszeit erhaltene Deckenfresko heim, Salzburg 1963

Abb. 64 (li.): Die Säle des Casinos mit Spielautomaten im Schloss Kleßheim; Abb. 65 (m.): Notstromaggregat der Bunkeranlage aus der NS-Zeit, als Schloss Kleßheim von den Architekten Reitter und Strohmayr zum „Empfangssalon des Dritten Reiches“ und als „Gästehaus des Führers“ umgestaltet wurde; Abb. 66 (re.): Schaltelement für das Notstromaggregat im Bunker des Schlosses Kleßheim, Schalterstellung auf „Friede“.

Nr. 23 / 2016 Seite 29 enkma[] i l Schloss Kleßheim: Temporärer Zubau als gefährlicher Präzedenzfall? ter als gedacht gewesen, führt Hody weiter aus: „Die Ausstattung, die man jetzt sieht, ist nicht mehr die histori- sche, barocke Ausstattung. Das Schloss muss in den 1940er- und spä- ter noch einmal in den 1960er-Jahren sehr stark überarbeitet worden sein.“2 Warnung vor Präzedenzfall für künftige Bewilligungen In einer Presseaussendung vom 21. März warnt unser Verein Initiative Denkmalschutz vor einer bedenklichen Entwicklung. Ob Schloss Mirabell, Schloss Hellbrunn oder Schloss Leo- poldskron (alle in Salzburg) nicht auch bald solche Zubauten benötigen? Mit diesem entstellenden Eingriff in die Ar- chitektur des – vom herausragenden Barockbaumeister Johann Bernhard Fischer von Erlach geplanten – Schlos- Abb. 67 u. 68: Die Rückseite von Schloss ses wurde ein gefährlicher Präzedenz- Kleßheim in der Gemeinde Wals-Siezen- fall geschaffen! Wie will man in Hin- heim. Zwei würfelförmige Zubauten kunft schwerwiegende Veränderungen wurden vom Denkmalamt fachlich untersagen, wenn man bei temporär bewilligt. einem über 300 Jahre alten, pracht- ten Gebäuden nun in Zukunft öfter er- vollen Repräsentationsbau solch große wartet werden müssen? Sogar der Be- Quaderanbauten – wenn auch „nur“ treiber, die Casinos Austria AG, ge- temporär – bewilligt hat? Auf jeden steht gegenüber dem ORF ein, dass Fall muss dieses Beispiel zum Anlass der Anbau optisch nicht die beste Lö- genommen werden zu hinterfragen, sung sei, aber dafür effektiv. So gibt wie einerseits mit übermäßigen Wün- es dadurch mehr Platz für Technik und schen von Eigentümern und anderer- die Gastronomieküche. Auch zwei Auf- seits mit allzu strengen baubehördli- züge, neue Sanitäranlagen und Flucht- chen Vorschriften zukünftig umgegan- wege sind in den Anbauten unterge- gen werden kann. Dies auch unter bracht. „Der Haupttriebpunkt war na- dem oft vermittelten Eindruck, dass türlich, dass wir freitags und samstags bei vielen privaten Eigentümern von kleineren, denkmalgeschützten Objek- Im März 2016 wurde der Casinobe- einfach viel zu wenig Platz für die ten vielfach strengere Maßstäbe ange- trieb im Schloss Kleßheim bei Salz- Gäste zur Verfügung hatten“, betont legt werden. burg, das vom Land an die Casinos Wolfgang Haubenwallner, Direktor des Apropos „temporär“: Hätte nicht auch Austria AG vermietet wird, nach einer Casino Salzburg. Insgesamt 600 Qua- das Fußballstadion (heute Red Bull umfangreichen Generalsanierung wie- dratmeter Fläche wurden durch den Arena), das für die Euro 2008 aufge- dereröffnet. Jetzt kann man sich von Umbau dazugewonnen. Zusätzlich zu stockt wurde, nach der Europameis- den zwei würfelförmigen Zubauten an den Anbauten musste in einem Raum terschaft zu Gunsten der Sichtachse der Rückseite des Barockschlosses ein auch noch eine barocke Mauer abge- des Schloss Kleßheim rückgebaut wer- Bild machen, an deren desaströser tragen werden.1 den müssen, so wie es zuvor im Be- Gesamtwirkung auch der Behüb- Bundesdenkmalamt gibt Casino- scheid vorgeschrieben war? Selbiges schungsversuch in Form einer Abde- Interessen den Vorzug ist bis dato jedoch nicht geschehen. ckung mit aufgedruckten Wald-Szene- rien nichts ändern kann (Abb. 67 u. Eva Hody, die Abteilungsleiterin für 68). Auch wenn diese Zubauten vom Salzburg im Bundesdenkmalamt, er- Markus Landerer Bundesdenkmalamt auf Grund von klärte gegenüber dem ORF die Beweg- 1. Vorstand der Initiative Denkmalschutz baubehördlichen Vorschreibungen gründe des Amtes, warum hier eine (Fluchtwege, Personalräume, Techni- Bewilligung erteilt wurde: „Wir müssen Anmerkungen sche Ausstattung, Klima) nur tempo- uns immer vor Augen halten: Wenn so 1 „Zwei Würfel-Zubauten für Barock- rär bewilligt wurden (für wie lange?), ein Schloss nicht genutzt wird, geht es schloss“, ORF Salzburg Online, 5.2. 2016, muss die Frage gestellt werden, ob ihm schlechter, als wenn es genutzt http://salzburg.orf.at/news/stories/ solch grobe Eingriffe in das äußere Er- wird. Diese Abwägung müssen wir 2756153/ scheinungsbild von denkmalgeschütz- vornehmen.“ Die Umsetzung sei leich- 2 Ebenda

Seite 30 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016 Schloss Hochscharten im oberösterreichischen Hausruck Fehlender Denkmalschutz und erhaltenen ehemaligen Gestüt. 2012 den Wohnraum zu maximieren, son- ein radikaler „Umbau“ erfuhr ein Waizenkirchner Immobilien- dern auch große rechteckige „Löcher“ entwickler, dass Schloss Hochscharten mit ins Bauwerk eingekerbten Log- Schloss Hochscharten in der Ge- zum Verkauf stehe. Unter dem Pro- gien3. Vor der einst zum Park gewen- meinde Waizenkirchen (Pol. Bez. jektnamen „Wohnen im Schloss“ be- deten Schaufassade befindet sich nun Grieskirchen) ist ein Beispiel für die gannen Anfang 2013 die Umbauarbei- ein Parkplatz mit KFZ-Garagen (Abb. verheerenden möglichen Folgen, wenn ten. „Die Bausubstanz ist wesentlich 70). Nur wenn man die asymmetrisch das Bundesdenkmalamt (BDA) - aus schlechter als erwartet, sodass von leicht nach links versetzte Position des welchen Gründen auch immer - eine dem alten Mauerwerk doch sehr viel Eingangs betrachtet, sowie die Anord- Unterschutzstellung verabsäumt. Ab abgerissen werden muss, der Schloss- nung der Fensterachsen und Erdge- 2013 wurde das Schloss nach einem charakter wird aber erhalten bleiben“, schoßfenster vergleicht, kann man Teilabriss so radikal verändert, dass wird der Immobilienentwickler am erahnen, dass es sich um den Radika- man kaum mehr die einstige Schau- 27.3.2013 in den Oberösterreichi- lumbau des einstigen rechten Schloss- fassade erahnen kann. schen Nachrichten zitiert2: „Ursprüng- flügels handelt. Schloss Hochscharten An der Stelle des späteren Schlosses lich wollten wir die Außenwände erhal- zeigt eindrücklich, wie der fehlende stand ursprünglich ein Gutshof, der ten, teilweise ist aber die Bausubstanz Denkmalschutz letztlich zur Zerstö- zum westlich gelegenen Wasser- so schlecht, dass wir Teile abtragen rung eines malerischen Bauwerks füh- schloss Weidenholz gehörte. Ein hoher müssen.“ ren kann. dortiger Bediensteter („Pfleger“) er- Vom U-förmigen Bauwerk wurden der Dr. Gerhard Hertenberger weiterte diesen Gutshof ab 1826 zu linke Seitenflügel und der Mitteltrakt Freier Autor einem frühklassizistischen, schlossar- abgerissen, nur der rechte Seitenflügel tigen Bauwerk mit einem zinnenge- blieb von der Kernsubstanz her erhal- Anmerkungen krönten Uhrturm. Ab den 1860er Jah- ten. Das heutige Gebäude lässt aller- 1 goo.gl/I9iaMR (OÖN, 25.9.2008) ren lebte eine Adelsfamilie auf Hoch- dings kaum mehr erkennen, dass im 2 „Waizenkirchner haucht dem Schloss scharten, es wurden dem Haupttrakt rechten Flügel die Bausubstanz des Hochscharten neues Leben ein“, www. zwei Seitenflügel angebaut und ein einstigen Schlosses steckt: Monumen- nachrichten.at vom 27.3.2013 ausgedehnter Park angelegt. Ur- tale, von Pfeilern getragene Balkone 3 Weitere Fotos: https://www.facebook. sprünglich hatte das nun dreigescho- ragen aus der Fassade, und das Dach com/HaslehnerWohnbau/posts/8733768 ßige Bauwerk ein Flachdach, 1910 enthält nicht nur zahllose Fenster, um 36014093 wurde dieses durch ein Walmdach er- setzt und der Uhrturm entfernt. Ver- mutlich waren diese späteren Umbau- ten und das relativ geringe Alter aus- schlaggebend dafür, dass das BDA das stattliche Schloss Hochscharten nicht unter Denkmalschutz gestellt hat. Ab 1942 befand sich im Schloss ein Entbindungsheim, 1945 eine Kaserne für US-Truppen, danach eine Beruf- schule und ein Bildungshaus, bis es 1989 schließlich in Privatbesitz kam und dem rechtsextremen „Freundes- kreis für Kultur und Zeitgeschichte“1 für Zusammenkünfte diente. Der Radikalumbau Das bis 2012 in der originalen Form erhaltene Bauwerk umschloss mit sei- nen drei Trakten U-förmig einen In- nenhof, wobei sich die mit einem Drei- ecksgiebel geschmückte Schaufassade interessanterweise nicht am mittleren Trakt befand, sondern am rechten, dem Park zugewandten Seitenflügel (Abb. 69). Die Fassaden waren durch Stuckpilaster und mit Stuckdekor um- rahmte Fenster gegliedert, wobei ein Sims die später hinzugefügten präch- Abb. 69: Der rechte Seitenflügel von Schloss Hochscharten mit der zum Schlosspark gewandten Schauseite mit Dreiecksgiebel und dem asymmetrisch nach links versetzten tigeren oberen Stockwerke vom ein- Eingang. (historische Ansichtskarte, unbekannte Datierung); Abb. 70 (u.): Dieselbe fach gehaltenen Erdgeschoß trennte. Fassade nach dem Radikalumbau, im Vordergrund Garagen. Die Fensterachsen, der Oberhalb vom Schloss führte eine asymmetrisch links von der Mittelachse positionierte Eingang und der Dreiecksgiebel lange Baumallee zu einem heute noch lassen kaum erahnen, dass dies einmal Schloss Hochscharten war. (Foto 2016)

Nr. 23 / 2016 Seite 31 enkma[] i l Ungleiche Nachbarn: Schloss Aschach und der Getreidesilokomplex. Ein Flächenwidmungsdesaster Schloss Aschach in der gleichnamigen lung, war schon als Negativbeispiel auf das Ortsbild und das denkmalge- Gemeinde im oberösterreichischen Be- der Webseite einer Schweizer Stiftung schützte Schloss klar beurteilen zu zirk Eferding wurde als Renaissance- für Orts- und Landschaftsbildpflege1 können. Das Gremium kam zum bau im 16. Jh. errichtet. Der Ausbau angeführt. Damit nicht genug, wird Schluss, dass von einer grenzwertigen des zur Donau gerichteten Traktes, jetzt die Ortschaft, in der fast jedes neuerlichen Belastung des Orts - und des Fürstenstöckls, erfolgte 1709 Haus am Donauufer unter Denkmal- Landschaftsbildes auszugehen sei. durch den Barockbaumeister Lukas schutz steht, auch noch von einer ko- Empfohlen wurde eine Verkleidung2 von Hildebrandt. Der 1825 angelegte lossalen Metallwand gegen Südwesten der offenbar vertretbaren Silos, um Schlosspark galt als eine der schöns- hin abgeschlossen. Hier errichtet die „das Schlimmste zu verhindern“. ten und bedeutendsten englischen RWA (Raiffeisen Ware Austria AG) eine Hinter der glänzenden Metallwand aus Parkanlagen Österreichs. Reihe aus bis zu 32 Meter hohen Silos, Silos, die für die nächsten hundert Ebendort errichtete die OÖ Warenver- die dem Landschafts - und Ensemble- Jahre die Silhouette Aschachs bestim- mittlung in den 1960er Jahren ein schutz Hohn sprechen. Der Bau men werden, verschwindet auch das monströses Mischfutterwerk. 2014 scheint „durchgewunken“ von den Be- Schloss Aschach (Abb. 74), ein histo- wurde ein Bewilligungsverfahren für hörden des Landes und des Bezirkes risch bedeutendes Bauwerk, dessen ein Getreidekompetenzzentrum mit und letztendlich vom Bürgermeister. weithin berühmte Gartenanlage längst Neubau einer Siloanlage eingeleitet. Die Proteststimmen aus der Ge- Wirtschaftsinteressen zum Opfer ge- Anrainer bekämpften im baurechtli- meinde, die sich eigentlich als Frem- fallen ist. In einem Abstand von nur 20 chen Verfahren den Flächenwid- denverkehrsgemeinde versteht, wur- Metern wurde nun vor dem denkmal- mungsplan, da eine Pufferzone zwi- den mit dem Verweis auf mit dem Bau geschützten Schloss eine neun Meter schen Industriegebiet (Silos) und verbundene Arbeitsplätze wegge- hohe Wand errichtet. Diese soll die Be- Wohngebiet fehlte. Sie schöpften den wischt. Tatsache ist, dass hier in erster sitzer, die Familie Gerstner, die das Instanzenzug bis zum Verfassungsge- Linie riesige Lagerkapazitäten Schloss in mühevoller Arbeit renoviert richtshof aus, der aber eine Behand- (160.000 Tonnen) geschaffen werden, und instand gesetzt hat, vor Lärm und lung der Beschwerde ablehnte, da die um Getreide als Geschäftsgrundlage Staub der sich dahinter auftürmenden Gemeinde ihr weites planerisches Er- zu nutzen. Anlage schützen. messen nicht überschritten habe. Auf Im Zuge des baurechtlichen Verfah- In einem Artikel der OÖ Nachrichten3 den Widmungskonflikt im Grenzbe- rens wurde der Ortsbildbeirat des Lan- zum Thema werden die Siloanlagen, reich des Bauplatzes wurde vom Ver- des, der die „Einfügung von Bauten die flächendeckend Österreichs Ort- fassungsgerichtshof in der Begrün- und Anlagen in die Umgebung“ für schaften verschandeln, euphemistisch dung nicht eingegangen. Kommunen beurteilt, um eine Stel- als „Agrarkirchen der Region“ bezeich- Der Denkmal- oder Ensembleschutz lungnahme zu dem Projekt ersucht. net. Wenn es nicht so traurig wäre, scheint in Österreich nur dann zum Dem zuständigen Ortsbildbeirat OÖ diese Zerstörung auch noch verbal zu Tragen zu kommen, wenn er nicht den Mitte (OBR DI Roland Forster, HR DI verbrämen, dann müsste man in Bauabsichten von Großkonzernen im Wolfgang Hüthmair, Architekt DI Ger- Aschach von Kathedralen sprechen Wege steht. Aschach an der Donau ist not Hertl) wurden Visualisierungen des (Abb. 73). ein Paradefall. Der Ortseingang, domi- geplanten Siloprojekts zur Verfügung Dr. Judith Wassermair niert von den Silos der Warenvermitt- gestellt, um dessen Auswirkungen auf Freie Autorin

Abb. 71 (li.): Schloss Aschach an der Donau mit der weitläufigen Gartenanlage, Tuschpinselzeichnung aus 1738 von Salomon Klei- ner; Abb. 72 (re.): Um 1960 nutzte die DoKW das Schloss Aschach als Baubüro, rechts neben dem Schloss der noch nicht durch Silos verbaute Gartenteil an der Donau, links unten das Haupthaus des Forstgutes Dreihann-Holenia, das 2015 verkauft wurde.

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Abb. 73 (o.li.): Die ersten Silos sind im August 2016 bereits errichtet, für die noch fol- genden sind die Fundamente vorbereitet. Rechts im Bild ist die im Bau befindliche Schutzmauer zu sehen, hinter der Schloss Aschach verschwinden wird; Abb. 74 (o.re.): Blick vom Schloss Aschach auf die 2016 errichteten weiteren Silos mit Lagerkapazitäten für insgesamt 160.000 Tonnen Getreide; Abb. 75 (re.): Der Komplex des Schlosses bil- det einen unechten Vierkant mit einem weitflächigen Hof, der aus einem zweigeschoßi- gen Seitenflügel und ebenerdigen Anbauten an den dreigeschoßigen Haupttrakt hervor- gegangen ist. Hier sind die Arkaden des Haupttraktes zu sehen.

Die Zerstörung des prachtvollen Gartens von Schloss Aschach Alte Ansichten zeigen, dass Schloss Aschach einst von einem weitläufigen Garten- areal umgeben war, das sich bis direkt ans Donauufer erstreckte. Ab 1825 wurde dieses vom Gärtner der Grafen Harrach zu einem mehr als 27 Hektar großen ma- lerischen englischen Garten ausgestaltet, von dem mehr als 13 Hektar in der Nähe der Donau der Bevölkerung zugänglich waren. Neben einheimischen wur- den auch zahlreiche fremdländische Arten angepflanzt, beispielsweise Tulpen- und Trompetenbäume und die riesigen Weymouth-Kiefern, alle drei aus Nord- amerika stammend. Aufgrund der Lage direkt am Donaustrom hatte diese Gar- tenanlage einen für Österreich einzigartigen Charakter (Abb. 71). In den 1950er Jahren wurden das Renaissance-Schloss und Teile des Schlossparks vom dama- ligen Besitzer, Baron Dr. Karl von Dreihann-Holenia, angeblich aus wirtschaftlichen Gründen, an die Donaukraftwerke AG (DoKW) verkauft, die im Schloss die Bau- büros für die Errichtung des Donaukraftwerks Aschach unterbrachten (Abb. 72) und 1961 trotz Denkmalschutz den Hochaltar der Schlosskapelle um 200.000 Anmerkungen Schilling nach St. Pölten verkauften. Ein Teil des Parks blieb bis 2015 im Besitz 1 http://www.archicultura.ch/ der Familie Dreihann-Holenia. 2 Oberösterreichische Nachrichten, 22. April Zwei Jahre nach der Fertigstellung des Donaukraftwerks, 1966, verkaufte die 2015 (http://www.nachrichten.at/ober DoKW Schloss und Parkteile an die Firma „Oberösterreichische Warenvermitt- oesterreich/wels/Silobau-wird-Fall-fuer- lung“, einen Zusammenschluss von Raiffeisen-Lagerhaus-Genossenschaften. das-Landesverwaltungsgericht;art67, Dort, wo sich bisher der malerische Schlosspark zum Donaustrom öffnete, er- 1759560) richtete nun am neuen Ufer-Damm des Aufstaues der „industrielle Futtermittel- 3 Oberösterreichische Nachrichten, 27.12. erzeuger Garant“4 ein monumentales Mischfutterwerk mit Verlade-Silo. Dies war 2014 (http://www.nachrichten.at/anzei nur deshalb möglich, weil jener Teil des Gartens aus dem Denkmalschutz entlas- gen/immobilien/art147,1574897) sen wurde. Das Schloss verfiel inzwischen, eine Orangerie wurde abgerissen. 4 www.garant.co.at Später kamen riesige Lager-Silos hinzu. 5 Da der Denkmalschutz für historische Auf der anderen Seite des Schlossparks, am Raiffeisenweg, war die Stärkefabrik Gartenanlagen eine Verfassungsbestim- Aschach errichtet worden, die heute zum Agrana-Konzern gehört. Die verbliebe- mung ist und darin Aschach nicht ange- nen Schlosspark-Teile zwischen den beiden Industriearealen wurden 2015 von führt wird, kann der Garten vom Bun- der Eigentümer-Familie Dreihann-Holenia an die Agrana verkauft, nur das Schloss desdenkmalamt nicht unter Denkmal- selbst verblieb im Privatbesitz der Familie Gerstner. Es wäre somit außerordentlich schutz gestellt werden. wichtig, dass die noch existierenden Teile des Schlossparks vom Land Oberöster- reich als „geschützter Landschaftsteil“ ausgewiesen werden, um sie nachhaltig Literatur: 5 vor Veränderungen durch expansionsfreudige Großbetriebe zu bewahren . Eva Berger, Historische Gärten Öster- Dr. Gerhard Hertenberger reichs, Band 2, Wien-Köln-Weimar 2003, S. 104 f. Nr. 23 / 2016 Seite 33 enkma[] i l Das Erzbischöfliche Schloss Ober St. Veit in Wien Seit Jahrhunderten definieren sie die sche Bedeutung hatte, ging im Laufe Zu diesen Kunstgegenständen zählte „Skyline“ von St. Veit an der Wien, der Zeit auf die Kirche und deren vor- vor allem der 1508 gemalte Flügelal- dem heutigen Ober St. Veit: die baro- gelagerte Gebäude mit ihren dicken tar des Nürnberger Dürer-Schülers cke Pfarrkirche und das (Fürst)erzbi- Mauern über. Seine heutige Form Hans Schäufelein. Das Altarwerk war schöfliche Schloss. Jeder der beiden bekam das Schloss in den Jahren ein Auftrag des Kurfürsten Friedrichs Bauten beeindruckt auf seine Weise, 1650–54, als es Bischof Philipp Fried- des Weisen von Sachsen und wurde und das schon aus der Ferne: Wie ein rich Graf Breuner vom Baumeister Do- wegen seines damaligen Aufstellungs- überdimensionierter Vierkanthof ragt menico Carlone als repräsentative ba- ortes auch Sankt Veiter Altar genannt. das Schloss mit seinem wuchtigen rocke Residenz neu aufbauen ließ. Bis 1933 wurden alle Kunstgegenstände Baukörper und dem hohen Ziegeldach 1745, als Kardinal Sigismund Graf Kol- in das Dom- und Diözesanmuseum aus dem Häusermeer, überragt nur lonitsch das Schloss renovierte und verlagert. vom Turm der Pfarrkirche. Freilich ver- adaptierte und auch die Pfarrkirche Die anderen Nutzungen des Schlos- decken die üppige Vegetation rundhe- umbaute, entstand die bis heute er- ses begannen unter Kardinal Fried- rum und das wachsende Häusermeer haltene Fassadengestaltung. Die mar- rich Gustav Piffl im Jahr 1923, als ein einen zunehmenden Teil der Ansichts- kanteste Veränderung dieser Jahre Knabenseminar des Canisiuswerkes flächen. Aus der Nähe betrachtet bil- dürfte der Abbruch des auf dem Vi- eingerichtet wurde. Dieses Seminar det die nach Osten gerichtete Haupt- scher-Stich von 1672 erkennbaren stellte noch vor 1938 seinen Betrieb front des Schlosses mit den großen Schlossturms sein. ein. Rundbogentoren gemeinsam mit der Damals wurde auch eine prachtvolle Kardinal Theodor Innitzer ließ im Jahr Südfront der Kirche und dem davor Parkanlage mit drei Springbrunnen 1937 das Schloss in ein Altersheim der liegenden Park einen öffentlichen angelegt. Von 1762 bis zum Rückkauf Caritas umbauen. Unter Kardinal Raum, der seinesgleichen sucht. Wo durch Kardinal Christoph Anton Graf Franz König wurde das Schloss im sonst, wenn nicht hier ist das Herz von Migazzi im Jahre 1880 war die Herr- Jahr 1964 als Internat und Ausbil- Ober St. Veit? schaft St. Veit inkl. des Schlosses im dungsstätte des Seminars für kirchli- Die Vorgängerbauten des Erzbischöf- Besitz von Maria Theresia, die auch che Frauenberufe (später: Seminar für lichen Schlosses reichen weit zurück in eine direkte Straßenverbindung mit kirchliche Berufe) bestimmt. Diese Bil- die Vergangenheit, im 12. Jh. finden Schönbrunn herstellen ließ: die heu- dungseinrichtung beendete im Jahr sie als Sitz österreichischer Adelsfami- tige Hietzinger Hauptstraße. 1809/10 2014 ihre Tätigkeit in Ober St. Veit. lien Eingang in unsere Geschichtsbü- wurde das Schloss während der fran- Seit dem Jahr 2013 ist das Schloss ein cher. Im Jahr 1361 kaufte Herzog Ru- zösischen (sächsischen) Besetzung als Priesterseminar. Es wurde dem Diöze- dolf IV. den Besitz, arrondierte ihn mit Militärspital verwendet und devastiert, sanen Missionskolleg Redemptoris weiteren Erwerbungen und schenkte seiner Schätze beraubt und auch der Mater, das von Priestern des Neokate- am 16. März 1365 unter anderem Park verwüstet. Erzbischof Leopold chumenats geleitet wird, zur Priester- ,,die Vest ze Sand Veyt auf der Wienn Maximilian Graf Firmian ließ das ausbildung für die Neuevangelisierung und was darzu gehört“ der Propstei Al- Schloss renovieren, der Garten wurde übergeben. lerheiligen bei St. Stephan. 1468 ge- aber nicht mehr in der alten Pracht Die heutigen kunsthistorischen Be- langten das Schloss und die Kirche in wiederhergestellt. sonderheiten des Schlosses sind die den Besitz des neu gegründeten Bis- Bis in die 1930er-Jahre diente das sechs im Nordtrakt des Erdgeschoßes tums Wien. Schloss vorwiegend als Sommerresi- gelegenen Gartenzimmer mit bemal- Wie das Gebäude früher ausgesehen denz der Erzbischöfe, die es im 19. Jh. ten und auf Holzrosten aufgespann- hat, bleibt im Dunkeln, doch das neuerlich mit einer Reihe von Kunst- ten Leinwänden von Johann Nepo- Wehrhafte der Feste St. Veit, die in gegenständen ausstatteten, insbeson- muk Bergl (Abb. 77). Sie gehen auf ihren Ursprüngen wohl eine strategi- dere die damalige Kapelle im 1. Stock. einen Umbau des Schlossinneren in

Abb.76 (li.): St. Veit unweit Wien samt den umliegenden Gegenden im Jahr 1780. Altkolorierte Umrissradierung, nach der Natur ge- zeichnet und gestochen von Johann Ziegler. Im Zentrum die Ober St. Veiter Pfarrkirche und das Erzbischöfliche Schloss; re: Detail.

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Abb. 77 (o.li.): Blick durch die Bergl-Zim- mer im Schloss Ober St. Veit (Wolfrath- platz 2, 13. Bezirk: Hietzing); Abb 78 (o.re.): Die Galerie im 2. Stock des Schlosses mit den Fresken aus dem 18. Jh. Heute ist es der Leseraum des diöze- sanen Missionskollegs Redemptoris Mater und wurde u.a. mit einem Altarbild aus dem Künstlerkreis um Kiko Argüello er- gänzt; Abb 79 (li.): Blick durch den Park zur Westfront des Schlosses

weise in das 15. Jh. zu datieren ist, führt von einem an der Nordwestseite des Palais gelegenen Keller in teilweise gekurvter Form bis zur Firmiangasse. Ursprünglich endete der Gang in der der Zeit des Besitzes durch Maria mit Ikonenmalereien aus ihrer Hand Böschung des offen fließenden Marien- Theresia zurück und zeigen verschie- (Abb. 78). baches. Aufgrund der Dimension und dene Szenen in exotischen Küsten- Erwähnung verdient auch der stille In- des geknickten Verlaufes ist der Gang landschaften. Die Fenstertüren in den nenhof, dessen südländischer Charak- mit großer Wahrscheinlichkeit als weitläufigen Park erhöhen die Wir- ter am ehesten die Urheberschaft Do- Fluchtweg konzipiert und später als kung und verbessern die Nutzbarkeit menico Carlones verrät, der auch für Kanal verwendet worden. Es soll auch dieser Räume. Damals wurde auch das Erzbischöfliche Palais in der Roten- eine unterirdische Verbindung zu den die Galerie im Ostflügel des 2. Sto- turmstraße tätig war. Die Wand des Kelleranlagen der Häuser am Wolfrath- ckes erweitert und mit Fresken eines Westtraktes trägt eine gemalte Son- platz gegeben haben. Einen manchmal unbekannten Meisters aus dem 18. nenuhr mit Boreas und Oreithyia, dem kolportierten Tunnel bis nach Schön- Jh. bemalt. Die 1945 stark beschä- griechischen Gott des Nordwindes und brunn gab es nie. digte Malerei wurde 1966 durch das seiner Gefährtin. Zu deren Füßen zeigt Das diözesane Missionskolleg im Bundesdenkmalamt restauriert. Nach ein Durchgang mit einem schmiedeei- Schloss ist offen für Begegnungen im einem Brand im Mai 1996 war eine sernen Tor den Weg in den großzügi- Rahmen von Führungen, zum Beispiel Generalsanierung notwendig, die fast gen Park (Abb. 79). während der Hietzinger Festwochen ein Jahr in Anspruch nahm. Richtet man den Blick auf das Ziegel- oder am Tage der offenen Tür. Eine Inzwischen hat auch moderne Kunst dach des Schlosses, so kommen die Vermietung etwa der Bergl-Zimmer zu Einzug ins Schloss gehalten. Das interessant geformten Schornsteine Veranstaltungszwecken würde aber kommt nicht von ungefähr, schließlich ins Bild. Im Dachboden tragen die die Gemeinschaft stören und wird ist der Begründer des Neokatechume- wuchtigen Kaminaufbauten gewerbe- nicht gestattet. nalen Weges Kiko Argüello ein Kunst- historisch interessante Hinterlassen- maler, und Kollegen seines Künstler- schaften der hier tätigen Rauchfang- Dr. Josef Holzapfel kreises sind in der ganzen Welt tätig, kehrer. Die einstigen Kachelöfen sind Historiker, Ortschronist von Ober St. Veit jüngst auch für Ober St. Veit. In drei jedoch weg, das Schlossgebäude Räumen – in der neuen Kapelle, in wird heute zentral beheizt.  dem großen Veranstaltungsraum und Ein im November 1988 bei Grabungs- iD-Veranstaltung in Planung in der Galerie – stehen jetzt Altarbilder arbeiten angestochener Gang, der teil-  www.1133.at

Nr. 23 / 2016 Seite 35 enkma[] i l Das Hofmannsthal-Schlössl in Wien-Rodaun ist. Vor einigen Jahren stellten Mitar- beiter des Denkmalamtes fest, dass sich unter diesen Wandmalereien noch eine weitere, ältere Schicht von Male- reien befinden dürfte. Eine Freilegung dieser wäre zwar interessant, jedoch auf Kosten der gut erhaltenen Fresken darüber vermutlich nicht erstrebens- wert. Neben der breiten steinernen Barock- stiege führt in den oberen Stock auch eine kleine Treppe mit biedermeierli- chem Schmiedeeisengeländer, welche aus einer späteren Bauperiode stam- men dürfte. Bemerkenswert ist auch eine geschwungene Flügeltür zum Windfang des Erdgeschoßes, welche Hofmannsthal einbauen ließ. Diese wurde nach einem Entwurf seines Bühnenbildners Alfred Roller angefer- tigt und erinnert stilistisch ein wenig an Rollers „Rosenkavalier“-Bühnen- bild. Abb 80: Das Hofmannsthal-Schlössl, früher Maria Theresien-Schlössl oder auch als Fuchs- schlössl bekannt, wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts (möglicherweise für die Das Schlössl als Dichterresidenz Familie Trautson) erbaut und liegt im 23. Wiener Bezirk (Ketzergasse 471). Um seine Erhaltung zu ermöglichen, Am südlichen Stadtrand Wiens steht d'Allio, der besonders für seine wurde das Haus lange Zeit über ver- das denkmalgeschützte Hofmanns- Kenntnisse im Bereich des Fortifika- mietet. So kam es auch Anfang des thal-Schlössl. Heute unter dem tionsbaus bekannt ist, sprechen die 20. Jahrhunderts dazu, dass der wohl Namen seines berühmtesten Bewoh- den Berg hinansteigende Begren- berühmteste Bewohner – der frisch ners, des Schriftstellers (und Mitbe- zungsmauer samt „Salettl“, sowie die verheiratete Dichter Hugo von Hof- gründers der Salzburger Festspiele) wenig verzierte, eher herbe Außen- mannsthal – das Haus bezog. Die da- Hugo von Hofmannsthal bekannt, front des Schlösschens (Abb 80).1 malige Besitzerin, Malvine Pollanetz, reicht die Geschichte des Hauses bald Eine Mauer verbindet das Schlössl war früh verwitwet und musste mit 6 300 Jahre zurück. Als barockes Jagd- auch mit dem dazugehörigen und da- eigenen und 2 Adoptivkindern von schlösschen in der 1. Hälfte des 18. nebenliegenden Kavaliershäuschen, einer Ministerialratspension leben und Jahrhunderts erbaut, wurde es 1786 „Stöckl“ genannt. Die Hofeinfahrt ist alle Gebäude mit den umliegenden von dem Hofspezereiwarenhändler durch steinerne Blumenvasen geziert. Grundstücken erhalten. Als sie sich Johann Georg Reich gekauft und be- dazu entschloss, das Schlössl zu ver- Ein Rundgang durch das Haus findet sich bis heute im Besitz von mieten, hörte Hofmannsthal davon. dessen Nachkommen. Im Inneren des Schlosses wird ein ge- Dieser suchte zu dieser Zeit gerade Teilweise wird das Haus auch als samter Flügel des Hauses allein vom eine Wohnung, da er vorhatte, Gerty „Fuchsschlössl“ bezeichnet. Dies weitläufigen Stiegenhaus eingenom- Schlesinger zu heiraten und schrieb rührt von einer verbreiteten Legende men (Abb. 82). Über dieses gelangt am 16. März 1901 an Freiherrn zu her, die besagt, dass Kaiserin Maria man zu den beiden Festräumen im Bodenhausen: Theresia es Mitte des 18. Jahrhun- Obergeschoß des Hauses. Mit ihren „Das Schönste ist, das wir ein un- derts der Gräfin Fuchs, ihrer sehr ge- Wandmalereien und alten Kachelöfen, glaubliches kleines Haus auf dem schätzten Erzieherin und späteren sowie dem Mobiliar im Louis-Seize-Stil Lande gefunden haben, zwanzig Mi- Obersthofmeisterin, geschenkt haben sind diese bis heute im Zustand des nuten („Eisenbahn“) von Wien, in soll. Eine solche Verbindung ist je- 18. Jahrhunderts erhalten. Zwei dem wir Sommer und Winter wohnen doch aus historischer Sicht nicht be- Wandtischchen mit schwarzen Stein- werden. Es ist zur Zeit der Kaiserin legt und geht auch aus den Grund- platten sollen aus dem Kalkfelsen, auf Maria Theresia von einem Fürsten buchsauszügen dieser Zeit nicht dem das Haus gebaut ist, geschnitten Trautson, der ein Schwarzkünstler hervor. sein (Abb. 81). gewesen sein soll, für seine Geliebte Die Namen der Baumeister des Hau- Die Fresken des in Grüntönen gehal- erbaut worden. Es ist nicht größer wie ses sind nicht sicher bekannt. Münd- tenen Salons stellen Landschaften mit ein Bauernhaus, hat ein wunderschön liche Überlieferungen sprechen von zahlreichen kleinen bäuerlichen Figu- geformtes altes Schindeldach, einen dem aus Mailand stammenden Wahl- ren und Jagdszenen dar (Abb. 81). Sie großen grünen Salon mit bemalten österreicher Donato Felice d'Allio könnten im Jahr 1787 entstanden sein Wänden, und einen tiefen, in den (1677-1761), aber auch von der – zumindest deutet darauf eine Jah- schwarzen Felsen gewölbten Keller. - Werkstatt des Johann Bernhard reszahl hin, die auf älteren Fotos noch Der Garten voller alter Obstbäume Fischer von Erlach (1656-1723). Für auf dem grünen Kachelofen erkennbar geht steil den Berg hinauf; oben tritt

Seite 36 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016 man durch ein kleines Gartenpfört- Nachdem das Haus einige Zeit leer Anmerkungen chen auf einen gepflasterten freien stand, mietete sich zu Beginn der 1 Vgl. Hofmannsthal-Blätter Heft 6, Frank- Platz, auf dem Gras wächst, dort 1940er-Jahre die in ihren Werken der furt am Main 1971, S. 428 steht eine ganz kleine Kirche, und in NS-Ideologie nahestehende Schrift- 2 Hofmannsthal, Hugo v.: Briefe, Erster der werden wir heiraten, in der letz- stellerin Maria Grengg ein (1888- Band, Berlin 1955, S. 331. - Auf welchen ten Maiwoche wahrscheinlich. Die ge- 1963). Bis in die 1960er-Jahre verfie- „Schwarzkünstler“ sich Hofmannsthal naue Adresse ist Rodaun bei Wien.“2 len Haus und Garten jedoch zuse- hier bezogen haben mag, ist nicht ganz Bis zu seinem Tod lebte und wirkte hends, sodass nach Auszug der Mie- klar. Möglicherweise verwechselte er ihn Hofmannsthal mit seiner Familie in ter ab 1965 eine lange Periode folgte, auch mit jenem Alchemisten Seefeld, welcher etwa zur Zeit der Erbauung des dem Barockschlösschen, wobei von in der das Haus von Grund auf res- Hauses im benachbarten Badhaus ge- Komfort nicht zu sprechen war: Bis in tauriert und in den Nutzräumen mo- wirkt hat. Seit dem 18. Jahrhundert gab seine letzten Jahre hatte der Dichter dernisiert werden musste. Unter den es diese Badeanstalt, die von einer mi- kein Badezimmer; geheizt werden denkmalpflegerischen Mühen von Dr. neralischen Thermalquelle gespeist und konnte nur mithilfe der alten Öfen Peter Czedik-Eysenberg – bis zu sei- der große Heilkraft zugeschrieben wurde. aus der Zeit Maria Theresias (Abb. nem Tod 2001 im Österreichischen Zu Hofmannsthals Zeiten bestand der 81). Dennoch empfing Hofmannsthal Burgenverein und generell im Bereich Betrieb vor allem aus einem Hotel und in dem Haus zahlreiche und oft sehr des Denkmalschutzes engagiert – und Gasthof, der als gesellschaftlicher Treff- punkt weit über den Ort hinaus berühmt illustre Gäste der damaligen Kunst- mithilfe einiger Zuschüsse seitens des war. Zur Zeit des ersten Weltkriegs war und Literaturszene. Darunter etwa Denkmalamtes wurde dieses Unter- dort ein k. u. k. Kriegspressequartier un- Alma Mahler-Werfel, Arthur Schnitz- fangen durchgeführt. Schließlich wur- tergebracht. 1960/61 wurde das auch als ler oder Rainer Maria Rilke, der sich den 1971 wieder Mieter gefunden, „Stelzerhof“ bekannte Gebäude demo- von seiner Freundin Lou Albert-La- deren Zahlungen weitere Restaurie- liert und eine Wohnhausanlage an dieser zard in dem Gartenhaus auf der ge- rungsarbeiten ermöglichten, etwa der Stelle errichtet. genüberliegenden Straßenseite Fassade und des alten Lärchenschin- malen ließ. deldaches (Abb. 80). 1929 ereignete sich im Schlössl ein Seit 1990 leben wieder Angehörige doppelter Schicksalsschlag: In sei- der Familie in dem Haus. In den Fest- nem ehemaligen Kinderzimmer im räumen im Obergeschoß finden Kam- Erdgeschoß des Hauses erschoss sich mermusikkonzerte und andere Veran- Hofmannsthals Sohn Franz. Nur zwei staltungen statt. Tage darauf, am Tag des Begräbnis seines Sohnes, erlag Hofmannsthal in Isabella Czedik-Eysenberg M.A. seinem Arbeitszimmer einer Hirnblu- Mitglied der Eigentümerfamilie tung. Seine Frau Gerty hielt sich auch künftig zeitweise in diesem Haus auf, bis sie 1938 nach dem „“  iD-Weihnachtsfeier im Hof- Österreichs nach England fliehen mannsthal-Schlössl, 9. Dezember musste. 2016 (s. Denkma[i]l 22/2016, S. 56)

Abb. 81 (u.li.): Der Salon des Hofmannsthal-Schlössls aus dem 18. Jh. im 1. Stock. An der Wand rechts die zwei Wandtische mit den schwarzen Steinplatten; Abb 82 (u.re.): Das barocke Stiegenhaus des Hofmannsthal-Schlössls; Abb 83 (re.): Der Salon des Hofmannsthal-Schlössls, Wandmalerei aus dem 18. Jh. in einer Aufnahme aus 1929.

Nr. 23 / 2016 Seite 37 [] enkma i l unvergessen Die Weilburg in Baden bei Wien

Zu Weihnachten 1820 überrascht Erz- gruppe, einen imponierenden Akzent. Christbaums in Wien populär macht, herzog Karl, der legendäre Sieger von Daran schließen sich beidseitig Flü- stirbt 1829 mit 32 Jahren an einer In- Aspern, seine Frau Henriette mit gelbauten an mit vier turmartigen fektionskrankheit, sie lässt einen ver- einem besonderen Geschenk. Es ist Eckbauten als Abschluss. Von der zweifelten Witwer und sechs Kinder der Kaufvertrag für ein Grundstück im großen Terrasse aus bietet sich die zurück. Die Weilburg geht später in Helenental unterhalb der Burgruine Tallandschaft dem Auge des Betrach- das Eigentum des ältesten Sohnes, Rauheneck. Er hätte seiner „Jette“, ters dar. Feldmarschall Erzherzog Albrecht 27 Jahre jünger als er, keine größere über. In seinem Auftrag entsteht an Freude bereiten können. Die Land- Die Innenräume sind geprägt von der der Nordwestseite des Gartens eine schaft erinnert die geborene Prinzes- Formschönheit und bürgerlichen Kapelle in neugotischem Stil. Als auch sin von Nassau Weilburg an das hei- Schlichtheit des Biedermeier. Musik- er früh zum Witwer wird, verliert er matliche Lahntal. Trotz der schwieri- salon, ein Billardzimmer sowie zahl- das Interesse an der Weilburg, er gen Arbeiten auf dem schwer zu- reiche Gäste-, Wohn- und Schlafzim- baut sich ein Schloss in Arco am Gar- gänglichen Gelände ist das neue Do- mer sorgen für vollkommenes Beha- dasee. Familiäres Leben prägt die mizil bereits im Juni 1823 bezugsfer- gen. Eine besondere Idee hat sich Weilburg erst wieder, als 1895 der tig. Der Anblick ist wahrhaft überwäl- Karl für die Räume seiner Henriette kinderreiche Erzherzog Friedrich, Al- tigend. Denn Architekt Josef Korn- ausgedacht. Von den Möbeln bis zum brechts ältester Neffe, hier einzieht. häusel hat hier nicht bloß eine Land- Stickrahmen hat er alles aus den Nach dem Fall der Monarchie bleibt villa geschaffen, sondern ein weitläu- Mädchenzimmern in ihrem Stamm- ihm die Weilburg zwar als anerkann- figes Schloss nach barocker Konzep- schloss an der Lahn hier aufstellen tes Privateigentum, sein Leben ver- tion, aber in klassizistischem Stil. Al- lassen. Dass das Schloss nun auch bringt er aber in Ungarn, wo er riesige lein die Länge beträgt 184 Meter! An Weilburg heißt wie der Ort ihrer Kind- Ländereien besitzt. Mit seiner Erlaub- der Nordseite, dem Tal der Schwechat heit, ist ein Zeichen seiner Liebe zu nis kann die Stadt Baden hier 1930 zugewandt, setzt der Mittelrisalit mit ihr, dem „Urbild häuslichen Glücks“. ihre Jubiläumsausstellung anlässlich acht ionischen Säulen, einer glatten Das Glück der beiden endet allzu 450 Jahre Stadterhebung veranstal- Attika, gekrönt von einer Figuren- früh. Henriette, die den Brauch des ten. Dann versinkt das Schloss wieder in einen Dornröschenschlaf, an des- sen Ende nicht Wiedererweckung, sondern Vernichtung steht. Im April 1945 nähern sich Sowjettruppen Baden, höchste Zeit für die in der Weilburg einquartierte - einheit, vor dem Rückzug Akten zu verbrennen. Das Feuer gerät außer Kontrolle und erfasst das gesamte Schloss. Rettung ist unmöglich, denn die Russen verbieten jegliche Lösch- arbeiten. So dauert es drei Wochen, bis das Feuer von selbst erlischt. Zu- rück bleibt eine vom Rauch ge- schwärzte Ruine, die auf immer noch imponierende Weise das Helenental prägt. Auch sie muss schließlich wei- chen, denn eine Baugesellschaft er- wirbt das Grundstück, um hier mo- derne Villen zu errichten. Auf den Er- halt der Schlosskapelle wird kein Wert gelegt, sie wird 1961 abgebrochen. Das Altarbild ist heute im Rollett-Mu- seum in Baden zu besichtigen. Am 19. August 1964 sorgt eine Ladung Dynamit dafür, dass die letzten Über- reste eines einzigartigen Kulturdenk- mals in Staub versinken. Übrig blei- ben an dem denkwürdigen Ort ledig- lich die in Stein gehauenen Wappen Nassaus und Habsburgs.

Abb. 84 (o.): Die klassizistische Weilburg im Jahr 1888, rechts im Bild die neugotische Dr. Edgard Haider Schlosskapelle; Abb. 85 (u.): Die Ruine der Weilburg vor der Sprengung 1964. Historiker und Buchautor

Seite 38 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016 Die Große Kaskade von Schloss Hof

Abb. 86 (li.): Baustelle Große Kaskade. Für dieses technische Meisterwerk wurde das Wasser von den Groißenbrunner Teichen über ein eigens hierfür konstruiertes Schöpfwerk in die „Wassermaschine“ des Schlosses, ein Wasserreservoir mit über 13.000 m3 Inhalt einge- speist; Abb. 87 (re.): Ein Teil des 650 Steine umfassenden „Puzzles“. Die bei der Abtragung der Stützmauer geborgenen Steinelemente wurden gescannt, um am Computer ihre Position für die Rekonstruktion der Großen Kaskade zu bestimmen.

In einem für Europa einzigartigen Pro- Große Kaskade wenn auch nur als De- Stützmauer abgeschlagen. Während jekt wird auf Schloss Hof im nieder- tail sehr genau ausgeführt. Canaletto die Bauarbeiten für die Rekonstruktion österreichischen Marchfeld eine Brun- bediente sich allerdings eines Tricks, der Großen Kaskade bereits im Herbst nenanlage aus der Zeit Prinz Eugens um seine Details unterzubringen: Er dieses Jahres begonnen haben, läuft rekonstruiert. Die Entschlüsselung der überhöhte die Höhen im Bild. Anhand die Zusammenstellung dieses überdi- archäologischen Funde und Bildquellen der zwei noch vorhandenen Brunnen- mensionalen Puzzles weiter. 3,5 Millio- bleibt bis zum Schluss spannend. pfeiler wurde so ein eigener Maßstab nen € werden in das Projekt fließen, Die Große Kaskade war mit 650 m2 entwickelt, um die Informationen aus bis der Brunnen voraussichtlich im Wasseroberfläche und 4,5 Metern Fall- Canalettos Darstellung zu entschlüs- Herbst 2017 wieder plätschern kann. höhe über zwei Becken und vier Stu- seln. Weil nicht nur die große Kaskade fen das Herzstück der siebenterrassi- Als Fundgrube im wahrsten Sinne des selbst, sondern auch die Rekonstruk- gen, barocken Gartenanlage und Wortes entpuppte sich jene Stütz- tion derselben einzigartig ist, wird das musste den Vergleich mit den Brunnen mauer, die nach Abbau des Brunnens Projekt von regelmäßigen Baustellen- von Versailles nicht scheuen. Schnell im Jahr 1843 errichtet wurde. Bei der führungen begleitet. war daher der Entschluss gefasst, die Abtragung des Bauwerks in Abstim- Die Generalplaner Töpfer und Beseler Brunnenanlage nicht nur in Teilen, mung mit dem Bundesdenkmalamt haben recherchiert, dass die histori- sondern vollständig zu rekonstruieren, kamen 650 Werksteine der Großen schen Wasserquellen in Groißenbrunn um ein authentisches Erlebnis der Kaskade zum Vorschein. Diese teil- in etwa 15 m3 Wasser pro Stunde Gartenanlage zu ermöglichen (Abb. weise erstaunlich gut erhaltenen Frag- boten. Für einen Betrieb, wie er in Ca- 86). Wie so oft bei solchen Vorhaben mente wurden mithilfe der 3D-Laser- nalettos Gemälde zu sehen ist, stellt uns die Quellenlage vor große technik gescannt, um passende Teile bräuchte man aber in etwa 200 m3 Herausforderungen. am Computer zusammenzustellen Wasser pro Stunde. Das bestätigt die (Abb. 87). Zur Durchführung dieser Annahme, dass der Brunnen nur fall- Der Canaletto-Maßstab Rekonstruktion eines Brunnens aus weise während der Anwesenheit des Zwar haben sich einige Grundrisspläne dem 18. Jht. mit Originalteilen wurden Schlossbesitzers in Betrieb war. Mit- des Gartens mit den eingezeichneten der Architekt DI Georg Töpfer und die hilfe einer modernen Wasseraufberei- Brunnen sowie deren Wasserleitungen Steinrestauratorin Dipl. Rest. Susanne tung und eines Kreislaufsystems wird erhalten, aber eine detaillierte Ansicht Beseler von der Schloß Schönbrunn diese imposante Brunnenanlage nach dieses zweifellos imposanten Wasser- Kultur- und Betriebsges.m.b.H. als Fertigstellung zu den Öffnungszeiten spiels gibt es nicht. So sind neben die- Generalplaner beauftragt. von Schloss Hof durchgehend in Be- sen Plänen die Ergebnisse von archäo- trieb sein. Bilderrätsel logischen Untersuchungen besonders wichtig. Die einzige aussagekräftige 165 der 650 Werksteine enthalten Mag. phil. Florian Müller Abbildung dieses Brunnens ist dem Teile der vier kunstvoll gestalteten Re- Pressesprecher Schloß Schönbrunn italienischen Maler Bernardo Bellotto, lief-Platten. Somit ist etwa die Hälfte Kultur- und Betriebsges.m.b.H. genannt Canaletto, zu verdanken. Auf der ursprünglichen Relieffläche erhal- seiner berühmten Ostwestansicht von ten. Leider wurden vor allem expo-  iD-Veranstaltung in Planung Schloss und Garten um 1760 ist die nierte Reliefteile beim Verbauen in die  www.schlosshof.at

Nr. 23 / 2016 Seite 39 enkma[] i l Schloss Reinhardsbrunn in Deutschland – Der Weg zur Enteignung

Die Meldung sorgte für Aufsehen Problemfällen besonders heraus, Ein Spielball windiger Geschäfte über die Landesgrenzen Thüringens schon aufgrund seiner großen histo- und Deutschlands hinaus: Die Eigen- rischen und architektonischen Bedeu- Nach der Wende kam eine Rückfüh- tümer des Schlosses Reinhardsbrunn tung: Errichtet auf den Grundmauern rung an die ursprünglichen Besitzer im gleichnamigen Stadtteil von Fried- des 1085 gegründeten Hausklosters nicht zustande, das Schloss kam in richroda sollen enteignet werden der Landgrafen Thüringens, ist es gar das Portfolio der Treuhand, die das (Abb. 88 u. 89), nachdem sie ihren nicht so weit hergeholt, von Rein- Schloss an eine westdeutsche Hotel- denkmalschutzrechtlichen Verpflich- hardsbrunn als der Wiege Thüringens kette verkaufte. Während im ehema- tungen nicht nachgekommen sind. zu sprechen. War das Kloster doch ligen Kavalierhaus noch bis 2001 ein Dies hat das Thüringer Kabinett am der erste kulturelle Mittelpunkt des Hotel betrieben wurde, wurden die 16. August 2016 beschlossen. Landes und als Grablege der Thürin- Umbauarbeiten am Schloss selbst ger Herrscher ein regelrechter Wall- nach begonnener Entkernung bald Adelssitz und Hotel fahrtsort – hier wurde auch Ludwig eingestellt. Was nun einsetzte, ist IV. begraben, dessen Gemahlin, die eine unselige Geschichte als Speku- Die Vorgeschichte ist lang und verwi- Hl. Elisabeth von Thüringen bis heute lationsobjekt, begleitet vom fort- ckelt, und hängt mit den spezifischen als Landespatronin verehrt wird. Im schreitenden Verfall. Verhältnissen im Osten Deutschlands Spätmittelalter verlor Reinhards- 2004 wird das Schloss an das Bauin- zusammen. Die historischen Brüche, brunn an Bedeutung und das Kloster genieurbüro BOB Consult verkauft, die mit der sowjetischen Besetzung verfiel. Das an seiner Stelle stehende welches in den Folgejahren immer nach dem Krieg, mit der DDR und heutige Schlossgebäude entstand wieder weiterverkauft wird, zumeist deren Ende verbunden sind, haben 1827 im romantisierenden Stil der an russische Geschäftsleute. Seit hier nach 1989 eine Zeit des Nieder- Zeit und war im Besitz der Herzöge 2011 ist das Unternehmen insolvent, gangs für viele Schlösser und Herren- von Sachsen-Coburg und Gotha. gegen den Geschäftsführer der BOB häuser eingeläutet. Unklare Besitz- Unmittelbar nach dem Krieg erfolgte Consult wurde 2014 eine Strafe verhältnisse, Spekulantentum und die entschädigungslose Enteignung wegen Insolvenzverschleppung ver- die abgehängte wirtschaftliche Lage der Familie durch die sowjetischen hängt. Über die Jahre gab es noch gerade der ländlichen Regionen Machthaber – wie dies bei Schloss- weitere Verfahren im Zusammen- haben nicht wenige Objekte an den herren in der gesamten Sowjetischen hang mit dem Schloss – meistens sprichwörtlichen Rand des Ruins ge- Besatzungszone (SBZ) üblich war. wegen Geldwäsche. bracht. Im Freistaat Sachsen etwa Das Schloss ging ins Eigentum des Das Schloss blieb zwischenzeitlich sind so seit 2000 rund 5.000 Kultur- Landes Thüringen über. 1953 wurde sich selbst überlassen. Ein 2011 ge- denkmale abgerissen worden1, da- im Schloss ein Hotel eingerichtet, das gründeter Förderverein nahm in en- runter auch Schlösser und Herren- gehobenen Standard vornehmlich für gagierter Weise die notwendigsten häuser. In Thüringen spricht das Devisen bringende Gäste aus dem Reparaturen am Gebäude vor, drin- Denkmalamt aktuell von 64 Burgen, Nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet gende Sicherungsmaßnahmen wur- Schlössern und Gutshäusern „mit er- (NSW) bot. Das Schloss selbst wurde den per behördlicher Anordnung höhtem Sanierungsbedarf“2. Schloss 1980 als „Denkmal von nationaler durchgeführt. Auf den Kosten blieb Reinhardsbrunn ragt unter diesen Bedeutung“ eingestuft. man nur allzu oft sitzen, weil An-

Abb. 88 (li.): Schloss Reinhardsbrunn im Landkreis Gotha ist eine neogotische Schlossanlage, deren Wurzeln bis weit ins Mittelalter zurückreichen. Nach Jahren der Vernachlässigung soll das nun eingeleitete Enteignungsverfahren die Rettung bringen; Abb. 89 (re.): Der Ahnensaal des Schlosses Reinhardsbrunn zeigt die Spuren des Verfalls.

Seite 40 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016

Abb. 90 (li.): Bad Gastein (Salzburg/Pongau): Im historischen Ortszentrum stehen fünf der wichtigsten Gebäude (im Bild rot mar- kiert) – davon 4 unter Denkmalschutz - leer, nach wie vor setzt ihr Eigentümer keinerlei Maßnahmen zu ihrer Renovierung; Abb 91 (re.): Neues Schloss Hummelshain, eine der bedeutendsten Schlossanlagen des Historismus in Deutschland, ist ein weiterer prominenter Schlossbau in Thüringen, dem ungenutzt der Verfall droht. schreiben und Mahnbescheide nicht Millioneninvestitionen ein Schulungs- sen Denkmal-Besitzern und soge- zugestellt werden konnten. Mittler- zentrum einrichten wollte. Doch pas- nannten Investoren, deren Desinte- weile reichen solche Notmaßnahmen siert ist seitdem nichts, der Eigentü- resse am Denkmalerhalt offensicht- nicht mehr aus, um den Verfall zu mer ist zwischenzeitlich wegen Insol- lich ist. Und die eine Öffentlichkeit stoppen. venzverschleppung verurteilt wor- über Jahre hinweg hinhalten können. 2013 kam der Ruf nach Enteignung den. Auch Hummelshain hat das Die historischen Hotelgebäude im auf – eine Möglichkeit, die das Thü- „Glück im Unglück“, einen Förderver- Zentrum Bad Gasteins sind ein spre- ringer Denkmalschutzgesetz als letz- ein von engagierten Bürgern zu be- chendes Beispiel dafür (Abb. 90). tes Mittel klar vorsieht (ThürDSchg § sitzen, die zumindest Notsicherungen Was in einer neokapitalistischen Ge- 27). Zuvor fanden aber noch Ver- am Gebäude veranlassen. sellschaft einem Tabubruch gleich- kaufsverhandlungen des Landes mit kommt – die Enteignung – , stellt von der BOB Consult statt, die hauptsäch- Tu felix Austria? einer höheren Warte aus gesehen lich an der Frage der Grundschuld aber nur ein notwendiges letztes Mit- von fast 10 Millionen Euro, die mitt- Deutschland spielt nun einen Präze- tel dar, nicht ersetzbare Kulturgüter lerweile angehäuft worden war, denzfall durch, der in Österreich so für die Allgemeinheit vor einem end- scheiterten. Vor der Enteignung war gar nicht möglich wäre. Österreichs gültigen Verfall zu retten. ein Rechtsguthaben in Auftrag gege- Denkmalschutzgesetz (DMSG) kennt ben worden, das zu dem Ergebnis die Möglichkeit der Enteignung eben- Mag. Wolfgang Burghart kam, dass im Falle einer Enteignung sowenig wie es eine aktive Erhal- Chefredakteur Denkma[i]l diese Schuld nicht vom Land über- tungspflicht bei Denkmälern kennt. nommen werden muss. Der Weg war Lediglich ein „Verbot der Zerstörung“ frei zur Entscheidung im August. ist im Gesetz verankert. Dazu zählt auch die Unterlassung von erhalten- Anmerkungen (K)ein Einzelfall den Maßnahmen, die wiederum nur 1 zumutbar sind, wenn sie keine oder Pressemitteilung Bündnis 90/Die Grünen im sächsischen Landtag vom 8.9.2016: Thüringens Kulturminister beeilte nur geringe Geldmittel erfordern https://www.gruene-fraktion-sachsen. sich hinzuzufügen, dass Reinhards- (DMSG § 4 Abs. 2). Die hier sichtbare de/presse/pressemitteilungen/2016/ tag- brunn ein Einzelfall ist, und dass Zahnlosigkeit wird durch Österreichs des-offenen-denkmals-gruene-kritisie keine weiteren Enteignungen geplant Weigerung, die „Konvention von Gra- ren-geplante-dramatische-kuerzungen- sind. Allein, ähnlich gelagerte Pro- nada“ zu ratifizieren, noch vermehrt. der-denkmalfoerdermittel-im-haushalts blemfälle gibt es in den neuen Bun- In dieser Konvention werden genau entwurf-201718/ desländern genug, fast genauso jene Maßnahmen gefordert, die einen 2 Thüringer Allgemeine, 6.9.2015 haarsträubend wie Reinhardsbrunn Denkmalschutz erst glaubhaft und 3 Die „Konvention von Granada“ aus 1985 ist etwa der Fall des Neuen Schlosses wirksam auftreten lassen: unbe- gilt als eines der wichtigsten Abkommen Hummelshain in der gleichnamigen dingte Erhaltungspflicht und – als Ul- des Europarates im Bereich der Erhaltung Gemeinde im Saale-Holzland-Kreis tima Ratio– die Enteignung.3 von Kulturgütern. Diese haben von den (Abb. 91). Das prachtvolle neogoti- Österreich hat dank seiner größeren 47 Europaratsmitgliedern nur Albanien, sche Jagdschloss der Herzöge von geschichtlichen Kontinuität kein Island, Monaco, San Marino und Öster- reich nicht ratifiziert (Quelle: http:// Sachsen-Altenburg ist ebenfalls „Schlösserproblem“ wie Ostdeutsch- www.coe.int/de/web/conventions/full- hochgradig gefährdet. Es wurde vor land, was sich aber auch hierzulande list/-/conventions/treaty/121). Zur „Kon- 15 Jahren an einen Leipziger Ge- beobachten lässt, ist eine zuneh- vention von Granada“ vgl. auch schäftsmann verkauft, der hier mit mende Ohnmacht gegenüber gewis- Denkma[i]l Nr. 8/2011, S.4.

Nr. 23 / 2016 Seite 41 enkma[] i l Lainz in Wien – Vom Bauerndorf zum Großstadtbezirksteil

Abb. 92: „Probations- und Exerzitienhaus“ der Gesellschaft Jesu (Jesuiten), heute Kardinal König Haus, Kardinal König-Platz 3 (Lainzer Straße, Ecke Jagdschloßgasse) Lainz, heute ein Teil des 13. Wiener übergeben wurden. Lainz war wahr- Familie der Grafen von Tige, die es Gemeindebezirks Hietzing, ist ein sehr scheinlich Teil dieser Königsschen- 1884 gegen eine Leibrente an die alter Kulturboden. Archäologische kung. Die erste Nennung des neu ge- „Gesellschaft Jesu“ (Jesuiten) ver- Funde am Lainzer Sattel gibt es aus gründeten Ortes erfolgte allerdings kaufte. Sie errichteten ein „Probati- der Alt- und Mittelsteinzeit. Aus der erst 1313. ons- und Exerzitienhaus“, das bis Jungsteinzeit wurde 1958 am Flohberg Dass der Ursprung bis ins 11. Jh. zu- heute als Kardinal-König-Haus weiter an der Gobergasse ein Hornsteinberg- rückreicht, lässt sich auch an der Sied- besteht (Abb. 92). bau entdeckt. An der Veitingergasse lungsform des Grabenangerdorfes er- In der Ortsmitte erhebt sich die ehe- bestand eine römische Siedlung und kennen. Dies ist teilweise heute noch malige Lainzer Pfarrkirche. Nach der am Abhang des Küniglberges verlief an den schmalen Grundparzellen, Pest von 1349 errichteten gläubige die römische Wasserleitung nach sowie an der Gebäudeform der ein- bis Menschen am Ort der Bestattung der Vindobona. zweigeschoßigen Haken- bzw. Pestopfer eine hölzerne Säule mit dem Das wichtigste Ereignis nach der Zei- Zwerchhöfe ablesbar. geschnitzten Bild der Hl. Dreifaltigkeit, tenwende zum Mittelalter ist die Kö- die bald Zielpunkt von Wallfahrern Schloss und Kirche nigsschenkung Heinrichs II. vom 5. wurde. 1421 wurde an der Stelle eine Juli 1014, mit der dem Domkapitel von Das Schloss Lainz an der Stelle des kleine Kirche gebaut und 1736 die Bamberg 30 Königshufen (ca. 15, viel- heutigen Kardinal-König-Hauses heute noch bestehende Kirche errich- leicht sogar 25 km²) in „Godtinesfeld wurde wahrscheinlich um 1700 er- tet. Von den Jesuiten wurde 1884 die im Lande Ostarrichi“ zur Kolonisation richtet. 1832 erwarb den Besitz die Herz-Jesu-Kirche gebaut, sie musste

Abb. 93 (li.): Die Herz-Jesu-Kirche (13., Lainzer Straße 138), auch Jesuitenkirche, in einer Aufnahme um 1900. Sie wurde 1885/1886 nach Plänen von J. Mick in neuromanischem Stil erbaut. 1965 wurde sie abgerissen und 1968 durch die nach Plänen von Architekt Lackner errichtete Konzilgedächt- niskirche „Zum heiligen Ignatius" ersetzt; Abb. 94 (u.): Das letzte vor die Baulinie gerückte Haus in der Lainzer Straße 132 soll demnächst abgerissen werden.

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Abb 95 (li.): Gartenpalais de Pauli von Enzenbühl in seiner ursprünglichen Form Mitte 18.Jh. Christoph Lorentz de Pauli von Enzenbühl wird 1756 als Besitzer genannt (er besaß auch die heute noch bestehende Apotheke „Zum Roten Krebs“ am Hohen Markt); Abb. 96 (re.): Villa Dollarprinzessin, Lainzer Straße 127, erbaut 1910 für den Operettenkomponisten Leo Fall (1873-1925).

1965 dem Neubau der Konzilsge- det sich bis heute in Privatbesitz Am ehemaligen Ortsende von Lainz dächtniskirche als neue Pfarrkirche (Abb. 96). gegen Speising hin wurde ca. 1750 vor weichen (Abb. 93). Das Haus Nr. 131 war ab 1832 Ge- der heutigen Versorgungsheimstraße Die Glocken auf dem Turm der alten meindegasthaus mit Gemeindestube das Gartenpalais de Pauli von Enzen- Pfarrkirche werden weiter für die und Gemeindekotter. 1985 konnte das bühl erbaut (Abb. 95). Das gegenüber Pfarre verwendet, die Kirche selbst inzwischen baufällige Gebäude vor liegende Gebäude Lainzer Straße wurde der Syrisch-Orthodoxen Kirche dem Abbruch gerettet und zum „Ein- 155/Chrudnergasse 2 ist ebenfalls ein zur Verfügung gestellt. kaufsgarten“ umgestaltet werden. bedeutendes Bauwerk. Um 1840 Erst ab Nr. 143 bis Nr. 147 (Julienhof) wurde ein zweigeschoßiges Gebäude Das alte Lainz besteht noch die alte Gebäudefront. mit Seitenflügel errichtet, in dem bis Das alte Ortsbild von Lainz wurde Der Julienhof stammt aus dem 19. Jh. 1876 eine Anstalt für Geisteskranke stark durch den Lainzerbach geprägt, und fällt durch seine historistische Fas- untergebracht war. 1894 erwarb der der von Speising durch die Fasangar- sade mit Balkon über dem Eingangstor Verein „Pension für Offiziers-Witwen tengasse zur Lainzer Straße, an der auf. Er stand viele Jahre wegen eines und -Waisen Österreich-Ungarns in Kirche vorbei und weiter in Richtung langen Rechtsstreits leer. Nunmehr ist Wien“ das Gebäude und ließ es 1898 Wiental floss, bis er beim Gasthaus ein Neubau im Gange, wobei die Fas- adaptieren. Derzeit wird das Gebäude Wambacher und der Dreifaltigkeits- sade des Julienhofes erhalten bleiben als Wohnhaus für Bundesangehörige säule das Ortsgebiet verließ. soll.1 genutzt. Eigentümer sind jetzt die Von den alten Häusern des Ortes gibt In diesem Zusammenhang wurde „Vereinigten Altösterreichischen Mili- es nicht mehr sehr viele. Das letzte 2006 ein Gutachten der MA 19 (Ar- tärstiftungen“. Haus an der alten Baulinie auf der chitektur und Stadtgestaltung) er- Soweit ein kurzer Bericht über das alte westlichen Seite der Lainzer Straße stellt, das zum Julienhof ausführt Lainz, das auch nach den Veränderun- (Nr. 132), wird demnächst dem Ab- „Gegenständliches Gebäude ist ein gen der letzten Jahrzehnte ein lebens- bruch zum Opfer fallen (Abb. 94). wesentlicher Teil der Schutzzone wertes Wohngebiet geblieben ist. Auf der östlichen Seite bestehen noch Lainz. Der Straßentrakt bildet ge- mehrere alte Häuser. Der ehemalige meinsam mit den Nachbarhäusern in DI Heinz Gerstbach große Wirtschaftshof der Familie der Lainzer Straße Nr. 143 und 145 Alt-Bezirksvorsteher Hietzing Wambacher (Nr. 121-123) bestand sowie Fasangartengasse 1 eine für wahrscheinlich schon seit 1589. Die das örtliche Stadtbild charakteristi- ursprüngliche Milchmeierei ist seit lan- sche Straßenzeile.“  iD-Führung: Rundgang durch gem ein beliebter gastronomischer Be- Von den noch bestehenden alten Häu- Lainz, 1.4.2017 (siehe S. 55) trieb. sern im Zentrum von Lainz ist der Im hinteren Teil des Grundstückes Pfarrhof auf Nr. 154 zu erwähnen. Er Nr. 127 errichtete der Operettenkom- wurde 1756 an Stelle eines alten Hau- ponist Leo Fall 1910 seine „Villa Dol- ses erbaut. Nach der Verlegung der Anmerkung larprinzessin“, so benannt nach Pfarrverwaltung ins Kardinal-König- 1 Siehe Josef Holzapfel: Der Julienhof in einem seiner größten Erfolgsstücke. Haus wird er als Jugendzentrum der Wien-Lainz. In: Denkma[i]l Nr. 22/2016, Die stattliche Villa in Hanglage befin- Pfarre genutzt. S. 46 f.

Nr. 23 / 2016 Seite 43 enkma[] i l Die Zerstörung des Hofkammerarchivs in Wien

„Halt da! Wozu? Für wen?“ möchte 1843-1846 (Abb. 122), hat die breite archiv sogar in seiner Gesamtheit, das man mit Franz Grillparzer ausrufen Öffentlichkeit nie sonderlich interes- heißt Gebäude und Inhalt (Archiva- (König Ottokars Glück und Ende, 2. siert. Auch Franz Grillparzer, der hier lien) als untrennbare Einheit, unter Aufzug), wenn man sich das traurige als Direktor des Hofkammerarchivs Denkmalschutz gestellt. Nicht nur die Schicksal des ehemaligen k. k. Hof- seine letzten acht Dienstjahre bis zur Holzregale, wie in jüngster Zeit immer kammerarchivs (jetzt „Grillparzer- Pensionierung 1856 verbrachte, galt wieder behauptet wurde! haus“) in der Johannesgasse 6 verge- und gilt den meisten doch wohl eher Im Frühling 2005 tauchten gleichwohl genwärtigt. Hier betreibt die Österrei- als langweiliger Beamtendichter. Sein in den Medien Gerüchte auf, auch das chische Nationalbibliothek seit April im Originalzustand erhaltenes Arbeits- Hofkammerarchiv solle nun endlich 2015 ein „Literaturmuseum“. zimmer, seit vielen Jahrzehnten zu be- nach Erdberg abgesiedelt werden. Die Dass diese „Umwidmung“ erst durch sichtigen, wurde von Schaulustigen Räume, hieß es schon damals, wür- die Zerstörung eines einzigartigen noch nie „gestürmt“. den für Ausstellungszwecke genützt denkmalgeschützten Ensembles mög- Breitenwirksamkeit ist aber zu Recht werden. Manfred Matzka, der „kultur- lich wurde, scheint leider weitgehend kein Maßstab für Kulturgüterschutz. begeisterte“ Präsidialchef des Bundes- in Vergessenheit geraten. Mittlerweile Wegen seiner herausragenden Bedeu- kanzleramts, der vorgesetzten Dienst- ist es aber auch um das medial hoch- tung als „kulturhistorisches Ensemble“ behörde des Österreichischen Staats- gejubelte „Literaturmuseum“ erstaun- blieb das „Hofkammerarchiv“, seit archivs, schwärmte von einem „Grill- lich still geworden, dessen Besucher- 1945 eine Abteilung des Österrei- parzer-Package für Schüler“. Die zahlen wohl nicht ganz den Erwartun- chischen Staatsarchivs, in den späten Denkmalschützer schlugen Alarm. Die gen entsprechen dürften. Sogar mit 1980er Jahren zunächst von der Ab- damalige Wiener Landeskonservatorin freiem Eintritt und Gratiskatalog siedlung in das wenig attraktive und Barbara Neubauer, heute Präsidentin wurde in großen Inseraten schon ge- abseits gelegene Zentralgebäude des des Bundesdenkmalamtes, erklärte worben. Österreichischen Staatsarchivs in im April 2005 resolut: „Nach dem vom Der älteste Archivzweckbau Öster- Wien-Erdberg verschont. Mit Bescheid Bundesdenkmalamt ergangenen Be- reichs (und einer der ältesten Mittel- des Bundesdenkmalamts vom 28. scheid ist eine Veränderung undenk- europas), errichtet in den Jahren Jänner 2004 wurde das Hofkammer- bar. Die vom Bundesdenkmalamt be-

Abb. 97: Das ehemalige k. k. Hofkammerarchiv im September 2011: Die Zeit scheint hier seit Jahrhunderten stehengeblieben. Am Tag des Denkmals wurde dieser Schatz, kurz vor seiner Zerstörung, der Öffentlichkeit gezeigt. Seite 44 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016

Abb. 98 (li.): Ein Blick in die Regale und Archivalien, die mit Bescheid des Bundesdenkmalamts vom 28. Jänner 2004 in der Gesamtheit mit dem Gebäude des Hofkammerarchivs als untrennbare Einheit unter Denkmalschutz gestellt worden waren; Abb 99 (m.): Histori- scher Aktendeckel; Abb. 100 (re.): Das neue „Literaturmuseum“ in der Johannesgasse 6. Das Flair historischer Authentizität ist ver- schwunden, die Absiedelung stellt die Zerstörung eines Denkmals dar, wie der Denkmalschutzjurist Manfred Hocke dargelegt hat. scheidmäßig festgestellte Unter- turministerin Claudia Schmied vom parzers und ein vermietbarer Teil des schutzstellung umfasst das Objekt mit Juli 2013: „Das Hofkammerarchiv hat Eingangsfoyers überlassen bleiben. seinem Inhalt.“ seine Bestände geheim gehalten, das Hier sollten eigentlich Lesungen, Denkmalamt und Medienrummel Literaturmuseum wird sich öffnen und Buchpräsentation usw. stattfinden, konnten die Delogierung aber nur ver- den Menschen zugänglich sein.“ der Zuspruch hält sich allerdings trotz zögern, nicht verhindern. Im April Spätestens im Jahre 2008 begann das eines eigenen Eventmanagers in sehr 2006 wurde mit der Leerung der Re- Literaturarchiv der Österreichischen engen Grenzen. Der Werbeprospekt gale begonnen. Ein vernichtender Nationalbibliothek ein Auge auf das zeigt – welch‘ böse Ironie – alte An- Fachaufsatz des Denkmalschutzexper- Gebäude des Hofkammerarchivs zu sichten der Faszikelreihen, die es nicht ten Manfred Hocke(†) in der Zeit- werfen, um es nicht etwa archivisch, mehr gibt. schrift „Steine Sprechen“ Nr. 133 sondern museal zu nutzen. Nach lan- Alles in allem droht weiterhin die Ge- (Hrsg. Österreichische Gesellschaft für gen Verzögerungen konnte das Litera- fahr, dass – bei sehr geringem Nutzen Denkmal- und Ortsbildpflege; Februar turmuseum im April 2015 eröffnet – der ungebrochene Museumsgrün- 2007) wurde systematisch totge- werden. Die ebenso massive wie fast dungsboom und die selbst bei fach- schwiegen. Hocke konnte darin nach- einhellig positive Medienberichterstat- fremden Unberufenen grassierende weisen, dass die Absiedlung der Ar- tung überrascht. Sicher hätte man mit Ausstellungsmanie im brutalen Ver- chivbestände den Tatbestand einer der funktionslos gewordenen Archiv- drängungswettbewerb um Ausstel- rechtswidrigen Zerstörung des Denk- Karkasse unsensibler verfahren kön- lungsfläche baulich und institutionell mals erfüllt, und referierte lustvoll die nen, als es „BWM & planet architects“ immer neue Opfer fordern wird. So Strafbestimmungen des Denkmal- getan haben, die als Museums- und gefährden die Planungen für ein „Haus schutzgesetzes. Doch niemand dachte Ausstellungsgestalter eine Art Markt- der Geschichte“ in der Wiener mehr daran, sie anzuwenden. führerschaft behaupten. Aber vom bekanntlich nicht weniger als drei dort Ausgerechnet nach der Zerstörung einstigen Zauber des Gebäudes ist seit langem ansässige Museen. Auch des Hofkammerarchiv-Ensembles mangels adäquaten Inhalts am Ende mit Heldendenkmal und Burgtor wurde immer wieder – werbewirksam doch fast nichts geblieben. Ernste haben die Proponenten eines „Hauses – die „unglaubliche Aura“ des Gebäu- Zweifel, ob man mit einem „Hör- und der Geschichte Österreich“ Großes des und seiner mittlerweile leerge- Schaumuseum“, mit der Maultrommel vor. Bleibt die schüchterne Hoffnung, räumten „denkmalgeschützten“ Ar- Peter Handkes, dem Schlafrock Heim- dass der staatliche Denkmalschutz chivregale beschworen, während all ito von Doderers und anderen Kurio- auch unter politischem Druck (das jene, die das Hofkammerarchiv noch sitäten ausgerechnet der Literatur, Denkmalamt ressortiert ebenso wie in Funktion und mit aktengefüllten dem Literaturunterricht oder gar dem Staatsarchiv, Bundesmuseen und Na- Stellagenreihen erlebt hatten (Archi- Lesen wirklich einen Gefallen erweist, tionalbibliothek zum Bundeskanzler- vare, Historiker, Studenten, aber auch ob also das 5,4 Millionen Euro teure amt!) Neue Burg und Heldenplatz der Schriftsteller Gerhard Roth, der Ergebnis die mutwillige Zerstörung besser zu schützen weiß als das dem Archiv in seinen Wiener Stadt- eines europaweit einzigartigen Funk- leichtfertig aufgegebene Hofkammer- spaziergängen eine Miniatur gewid- tionsbaus rechtfertigt, konnten letzt- archiv. met hat, oder der Fotograf Franz Hub- lich nicht ausgeräumt werden. mann, der die unvergleichliche Atmo- Merkwürdigerweise trägt das zwangs- Dr. Julia Hörmann-Thurn und Taxis sphäre der Regale und Faszikelreihen ausgesiedelte Österreichische Staats- Historikerin meisterhaft einzufangen verstand) archiv weiterhin einen Teil der Be- wohl nur deprimierenden Verlust- triebskosten, wofür ihm das allerdings schmerz empfinden konnten. Fas- von der Ausstellung des Literaturmu-  iD-Führung: Hofkammerarchiv, sungslos macht die Aussage von Kul- seums usurpierte Arbeitszimmer Grill- 17.3.2017 (siehe S. 55)

Nr. 23 / 2016 Seite 45 enkma[] i l Der Wiener Karlsplatz – historisch und aktuell betrachtet

Abb. 101: Aus der Studie von Otto Wagner für das neue Stadtmuseum, das „Kaiser-Franz-Joseph-Stadtmuseum“, die perspekti- vische Ansicht Karlsplatzecke in einer Heliogravure aus ca. 1900 Kirche und Platz rung dieses Stadtraumes bedeuten. tiert. Rechts der Karlskirche wurde der Die Abfolge von bürgerlichen Palais, Platz mit der Erweiterung der Techni- Die Initialzündung zur Entstehung des dem städtebaulich eigenständigen schen Hochschule durch einen Bau Karlsplatzes erfolgte durch ein persön- Platzensemble aus Musikverein und von Karl König 1909 in neobarocken liches Gelübde Kaiser Karls VI., nach Künstlerhaus, sowie der Handelsaka- Formen geschlossen (Abb. 102). Per- Abwendung der Pest 1713 eine Kirche demie folgte dem Repräsentationsbe- spektivisch zurück gerückt, wurde an zu stiften – die Karlskirche. Diese in dürfnis einer bürgerlichen Gesell- der Ecke zur Argentinierstraße ein ihrer symbolbehafteten Konzeption in schaft, die sich sozusagen in der zwei- neobarocker Bau errichtet. Europa einzigartige barocke Kirchen- ten Reihe, am Kai des Wienflusses, Situation heute anlage wurde in einer Achse, die sich hinter der kaiserlichen Ringstraße prä- auf das Zimmer des Kaisers in der sentierte. Somit stehen sich nun gerade ob der Hofburg bezieht, am damaligen Glacis Die Südfront des Platzes mit der Karls- anstehenden heftigen Diskussion um am Ufer des Wienflusses durch Johann kirche und der langen gestreckten die Aufstockung des Winterthur Ge- Bernhard Fischer von Erlach errichtet. Technischen Hochschule blieb bis um bäudes und der Erweiterung des jetzi- Links und rechts erstreckten sich die 1900 relativ unverändert, bis Otto gen Wien Museums zwei städtebauli- bei weitem kleineren Häuser der Vor- Wagner seinen Entwurf für den Neu- che Konzepte links und rechts der stadt Wieden, unter denen das so ge- bau eines Stadtmuseums („Kaiser- Karlskirche gegenüber. Auf der linken nannte Frühwirthsche Haus direkt Franz-Joseph-Stadtmuseum“) lan- Seite soll nun eine austauschbare zeit- links neben der Karlskirche bis 1966 cierte (Abb. 101). Eine Neuordnung genössische Architektur, die ihre Äs- Bestand hatte. Die Karlskirche war bis des Platzes, bedingt durch die Einbet- thetik durch Raum und Flächenmaxi- zum Ende des 19. Jhs. Teil des von tung des Wienflusses, führte in der mierung gewinnt, die missliche städte- den Promenaden der Stadtmauer de- Folge auch zu einer neuen Situierung bauliche Situation lösen. korativ erscheinenden Bandes der Vor- der Karlskirche. Kontroversen, die aus Wien Museum und Winterthur-Ge- stadtfront. Diese „Perlenkette“ an Re- ideologisch-stilistischen Gründen und bäude, zwei Bauten von durchschnitt- präsentationsbauten bestand unter vermischt mit persönlichen Anfeindun- licher Qualität, werden durch die vor- anderem aus der Technischen Hoch- gen stattfanden, verhinderten dieses geschlagenen Aufbauten nicht besser, schule (heute Technische Universität), Projekt nach mehreren Anläufen. Der ganz im Gegenteil: das Aufsetzen dem Freihaus, der Getreidemarkt-Ka- Konflikt ging um Neobarock oder Mo- einer Kiste auf das Wien Museum, die serne, den Hofstallungen, den Palais‘ derne im Stile Otto Wagners, aber den darunter liegenden Bau erdrückt, Trautson und Auersperg, dem Landes- auch um Secession gegen Künstler- und die Erhöhung des Winterthur Hau- gericht und schließlich der Schwarz- haus, von dem die Secessionisten sich ses um 10 Meter würde die Wirkung spanierkirche. Links der Karlskirche abspalteten, um am anderen Ende des der Karlskirche empfindlich stören. erstreckte sich die Front über das Pa- Karlsplatzes schließlich ein eigenes Abstandslos würde sich die durch mo- lais Schwarzenberg, das Belvedere, Ausstellungshaus zu bauen. Erst 1959 notone Raster gegliederte Fassade des die Heumarktkaserne bis zum Wasser- wurde an der vorgesehenen Stelle Winterthur Gebäudes an die monu- glacis mit seinen biedermeierlichen durch Oswald Haerdtl mit dem Histo- mentale Gliederung und diffizile Pro- Mietspalais‘ und der Elisabethkirche an rischen Museum der Stadt Wien ein portionierung der Karlskirche andrü- der Landstraße. solider, dennoch karger Bau im Stil der cken und deren hervorragende Stel- Der unmittelbare Raum vor der Karls- Nachkriegs-Architektur errichtet. Un- lung stark beeinträchtigen. Eine Ent- kirche gestaltete sich bis zur Jahrhun- mittelbar anschließend an das Mu- scheidung wie etwa ein Abriss des Mu- dertwende als wildromantisches Tal seum wurde die Front erst in den sieb- seums und des Winterthur Gebäudes, des ungebändigten Wienflusses mit ziger Jahren nach Abbruch des Früh- um Platz für einen solitären neuen Mu- einem bis ca. 1900 bestehenden Au- wirthschen Hauses zur Karlskirche hin seumsbau zu schaffen, ist wohl nicht wald. Erst die Verbauung des Glacis ab geschlossen: durch Georg Lipperts nur aus wirtschaftlichen Gründen, son- 1860 und die Errichtung einer neuen Winterthur-Gebäude, das sich bewusst dern auch ob einer entscheidungs- Front an der Stadtseite des Wienflus- niedriger und in gleicher Traufenhöhe schwachen Kulturpolitik kaum zu be- ses sollte eine entscheidende Ände- wie das benachbarte Museum präsen- werkstelligen und zu erwarten. Seite 46 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016

Problem einer Gesamtlösung vor dem Abbruch gerettet worden wurden nach ihrer Entfernung in den waren, blieben allerdings auf einem 1960er Jahren vor circa 20 Jahren Ein kaum umkehrbarer Kardinalfehler schwer zugänglichen Plateau in der wieder vor Kino und Theater aufge- bei der Errichtung des unterirdischen Mitte des Platzes isoliert positioniert. stellt. Zu bemerken ist, dass sich auch U-Bahn-Bauwerks war die Erhöhung Ihrer ehemaligen Funktion beraubt, auf der ehemaligen Elisabethbrücke, des Platzniveaus um circa 2 Meter, was dienen sie heute als kleines Otto-Wag- die die Kärntner Straße mit der Wied- sich bis heute hinderlich für eine ganz- ner-Museum und Gastronomiebetrieb, ner Vorstadt verband, Statuen histori- heitliche Gestaltungslösung des Karls- sowie als Abgang zur U-Bahn, der sich scher Persönlichkeiten befanden, die platzes auswirkt. Otto Wagner war es allerdings paradoxerweise an der heute auf dem Rathausplatz aufge- noch gelungen, durch eine gezielte Rückseite des Pavillons befindet. stellt sind. Ebenso präsentiert die Han- Lenkung und Vermittlung die Achsen Eine besonders interessante Entwick- delsakademie ihre historisch wichtigen dieses Platz zu ordnen, den Wienfluss lung hat der Platzraum rund um das Persönlichkeiten vor dem Hauptein- mit den umgebenden Gebäuden in Be- Künstlerhaus in den vergangenen 150 gang, wie auch die Technische Univer- ziehung zu setzen. Diese Ordnung Jahren genommen. Ursprünglich war sität (ehemals Hochschule) hervorra- wurde durch den Bau der U-Bahn, das Künstlerhaus freistehend ohne die gende Lehrer der Institution mit Büs- durch die strikte Trennung von Ver- beiden Anbauten für Theater und Kino ten vor der Hauptfront ehrt. Eine in- kehrsflächen, der Bundesstraße 1 und (Abb. 104) und die rückseitig an der frage zu stellende Ergänzung der Eh- die Trennung der Grünräume nach Ge- Bösendorferstraße gelegenen Trakte rung vor dem „leeren“ Musikverein staltung durch den schwedischen waren von einer Parkanlage umgeben. wurde durch in den Boden eingelas- Landschaftsarchitekten Sven-Ingvar Die heute noch rudimentär vorhan- sene Sterne à la Hollywood, der Mu- Andersson zerstört. Die Erschließung dene ursprüngliche Hauptfront des sikmeile für verehrte Musikerpersön- der verschiedenen Teile des Platzes für Künstlerhauses befand sich an der lichkeiten, verwirklicht. den urbanen Fußgänger erfolgte un- Seite, gegen die Stadt gewandt. Vor Mag. Peter Bogner terirdisch, diese Planung wurde erst dem Künstlerhaus waren acht Statuen Kunsthistoriker und Kurator 2004 durch die Anlegung oberirdischer von historischen Künstlerpersönlich- Übergänge revidiert, um den Platz er- keiten aufgestellt. Vier befinden sich  iD-Führung Karlsplatz, lebbarer zu machen. Die früher an heute noch vor der Front, vier weitere 23.6.2017 (siehe S. 56) zentraler Stelle gelegenen Pavillons der ehemaligen Stadtbahn von Otto Wagner, die durch eine Bürgerinitiative

Abb 102 (re.o.): In neobarockem Stil wurde rechts der Karlskirche ein Gebäude etwas zu- rückgesetzt errichtet, daneben 1909 die Er- weiterung der Technischen Hochschule durch einen Bau von Karl König; Abb. 103 (li.u.): 3D-Modell der aktuellen Bebauungssituation am Karlsplatz. Gut erkennbar die unter- schiedliche Situierung und Gestaltung der Gebäude links und rechts der Karlskirche. Rot markiert das Wien Museum, rechts daneben das „Winterthur-Gebäude“. Über den Wien- fluss führt heute die sechsspurige Bundes- straße 1; Abb. 104 (re.u.): Das Künstlerhaus, in dieser undatierten Ansicht bereits mit den beiden Anbauten für Theater und Kino, die ursprünglich vorhandene Parkanlage ist nur mehr in kleinen Resten zu sehen.

Nr. 23 / 2016 Seite 47 enkma[] i l 25 Jahre Österreichische Gesellschaft für historische Gärten

Abb. 105: Der denkmalgeschützte Volksgarten in Wien, an der Ringstraße, mit dem um 1820 erbauten Theseustempel. Im September 1991 wurde die Öster- mehr: Die Kunsthistorikerin und erste Symposien in Wien und in Eisenstadt reichische Gesellschaft für historische Gartenhistorikerin in Österreich, Erika statt, deren Themen die Vielfalt der Gärten (ÖGHG) gegründet, ein schö- Neubauer, verstarb am 17.12.1990. Gartenkunst zeigen: referiert und dis- ner Anlass, um Rückschau zu halten Als einziger wissenschaftlicher Verein kutiert wurden wichtige Epochen der und zu berichten, was in den Jahren in Österreich widmet sich unsere Ge- Gartenkunst wie die Zeit des Barock seither gewachsen ist! sellschaft gemäß ihren Statuten der und der Aufklärung, die Zeit um und Entstanden ist unsere Gesellschaft aus Verankerung der historischen Gärten nach 1900 und auch die Zeit nach dem 1979 gegründeten Komitee für im öffentlichen Bewusstsein durch ei- 1945. Zusammenhänge zwischen his- historische Gärten des Vereines „Pro gene Forschung und Lehre. Diese Be- torischen Gärten und ihrer Darstellung Austria Nostra“. Im Jahr 1980 waren wusstseinsbildung soll einer fachlichen in der Kunst waren ebenso Tagungs- 12 Fachleute Mitglieder dieses Komi- Unterstützung der Gartendenkmal- thema wie Fragestellungen nach dem tees, 1989 zählte das Komitee 31 Per- pflege und der Ausbildung von in his- Umgang mit den Gartenkunstwerken sonen. Géza Hajós, ebenfalls Mitglied torischen Gärten tätigen Fachkräften in Zusammenhang mit der Ökologie und Leiter des 1986 im Bundesdenk- dienen. Erreicht werden soll dies durch und mit dem Klimawandel oder die Be- malamt neu eingerichteten (und mitt- Fachveröffentlichungen sowie durch ziehung zwischen historischen und lerweile leider aufgelösten bzw. in den die Veranstaltung von Vorträgen, Ta- ihrer touristischen Nutzung (Abb. Fachbereich „Spezialmaterien“ über- gungen, Diskussionen, Studienreisen, 105). Speziell gartendenkmalpflege- führten) Referates für historische Gar- Ausstellungen und audiovisuelle Pro- risch ausgerichtet waren Tagungen wie tenanlagen, fasste sich ein Herz und duktionen. die zu Wegen, Alleen und Hecken machte sich an die Gründung eines ei- Mittlerweile etwa 450 Personen umfas- (Abb. 106) oder zum Umgang mit jü- genständigen Vereins, der nun we- send, bietet die ÖGHG um den Mit- dischen Friedhöfen. Jede dieser Veran- sentlich mehr Mitglieder umfassen gliedsbeitrag von 40 Euro (Anschluss- staltungen wurde mit Fachexkursionen sollte: Mit Hilfe der Mitgliedsbeiträge mitglieder und Studenten 10 Euro) pro abgeschlossen. Für das Jahr 2017 wird und der Möglichkeit, als eingetragener Jahr zwei Abendveranstaltungen mit soeben die Tagung zur Gartenkultur in Verein Subventionen für Veranstaltun- Fachvorträgen und der Möglichkeit für Klöstern und Stiften anlässlich der in gen und Veröffentlichungen beantra- Diskussionen und Informationsaus- Stift Kremsmünster stattfindenden gen zu können, sollten breitere Aktivi- tausch in der Ottakringer Brauerei – Landesgartenschau geplant. In der im täten als bisher ermöglicht werden. die Eigentümer-Familie Wenckheim ist Werner Verlag in Worms zweimal im Leider erlebte die treibende Kraft des uns als Dauersponsor seit langen Jah- Jahr erscheinenden Fachzeitschrift von ihr ins Leben gerufenen Komitees ren hilfreich! Jedes zweite Jahr orga- „Die Gartenkunst“ konnten zahlreiche für historische Gärten den Gründungs- nisiert die ÖGHG eine internationale der gehaltenen Vorträge veröffentlicht tag der ÖGHG am 6.9.1991 nicht Tagung, seit 1991 fanden bereits elf werden.

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In kleinerem Rahmen finden für gela- Géza Hajós (Hg.): Der malerische die Fahrten reichten von Österreich bis dene Fachleute oder für alle Mitglieder Landschaftspark in Laxenburg bei in den Iran, von Portugal bis Polen! Arbeitsgespräche zu speziellen The- Wien, Wien-Köln-Weimar (Böhlau Ver- Im Jahr 2006 initiierte Christian Hlavac men statt: solche Veranstaltungen be- lag) 2006 das Förderungsstipendium „Forschung handelten etwa das Thema des denk- Géza Hajós (Hg.): Stadtparks in der zu historischen Gärten in Österreich“, malpflegerischen Umganges mit den österreichischen Monarchie 1765- das alle zwei bis drei Jahre ausge- Heckenwänden des Großen Parterres 1918. Studien zur bürgerlichen Ent- schrieben wird und seit 2008 von der in Schönbrunn, die Frage der steuerli- wicklung des urbanen Grüns in Öster- ÖGHG finanziert wird. Damit soll eine chen Situation von Besitzern privater reich, Ungarn, Kroatien, Slowenien materielle Unterstützung der For- Gärten und Parks oder zuletzt im Ok- und Krakau aus europäischer Perspek- schungen von Absolventen und Absol- tober 2015 die dringliche Problematik tive, Wien-Köln-Weimar (Böhlau Ver- ventinnen der österreichischen Hoch- des Umganges mit der durch Schäd- lag) 2007 schulen und der Höheren Bundeslehr- linge und Pilze bedrohten, in histori- und Versuchsanstalt Wien-Schönbrunn ÖGHG (Hg.): The schen Gärten eine wichtige Stellung zur österreichischen Gartengeschichte and Garden Art. Das Haus Habsburg einnehmenden Gehölzart Buchsbaum. angeboten werden. und die Gartenkunst, ICOMOS-IFLA Zu den Veröffentlichungen: Bereits Seit etlichen Jahren stellt sich die Internationaler Kongress in Wien, April seit 1992 gab der langjährige General- Österreichische Gesellschaft für histo- 2007 (Beiband zur Zeitschrift Die Gar- sekretär der ÖGHG, Géza Hajós, ein rische Gärten ausführlich im Internet tenkunst, Worms, 20. Jg., 2008) vervielfältigtes kleines Mitteilungsblatt unter www.oeghg.at dar. Neben Infor- heraus, um mit den Mitgliedern Kon- 2012 wurde die Schriftenreihe „Öster- mationen zur Gesellschaft gibt es ei- takt zu halten und sie über Veranstal- reichische Gartengeschichte“ von der nige spezielle Angebote: Derzeit im tungen u.a. zu informieren. Ab 1995 ÖGHG gegründet: Im ersten Band, Aufbau sind die Seiten „Historische erschien dann die bis heute beste- „Historische Gärten und Parks in Gärten unter Schutz“, in denen die hende Zeitschrift „Historische Gärten“ Österreich“, herausgegeben von bisher unter Denkmalschutz gestellten in zwei Ausgaben pro Jahr. Ab 2002 Christian Hlavac, Astrid Göttche und Gärten und Parks kurz in Wort und Bild konnte diese Zeitschrift in Farbe er- Eva Berger, haben zahlreiche Autorin- enthalten sind. Auf unserer Homepage scheinen und enthält auf mittlerweile nen und Autoren, die besonders ver- wird weiters auf die wichtigsten Veröf- meist 44 bis 48 Seiten verschiedenste traut mit einzelnen bekannten oder fentlichungen zur österreichischen Fachbeiträge von Mitgliedern oder von bisher kaum bekannten Gartenanla- Gartengeschichte hingewiesen und die zu Artikeln aufgeforderten Personen, gen sind, teils als Mitglieder der Zeitschrift „Historische Gärten“ mit Rezensionen und Vereinsinformatio- ÖGHG, teils von uns zur Mitarbeit ge- einer Auswahl von Titeln bisher darin nen. wonnen, in Wort und Bild den Reich- veröffentlichter Beiträge vorgestellt. Von Mitgliedern der ÖGHG verfasst, tum dieses Kulturerbes vorgestellt. Für Mitglied in der ÖGHG kann jede Person werden die Druckkosten von Buchpu- dieses Buch erhielt die ÖGHG den werden, sei sie nun fachlich oder aus blikationen gefördert, so konnten auch Deutschen Gartenbuchpreis 2013 in „privatem Interesse“, etwa als Besitzer mit Hilfe der ÖGHG mehrere garten- der Kategorie „Best European Garden eines historischen Gartens, dieser historische Standardwerke finanziert Book“! Kunstform zugeneigt! werden: Die Vermittlung gartenhistorischen Wissens ist wohl am schönsten mög- ÖGHG (Hg.), Géza Hajós (Red.): His- lich, wenn historische Gärten besucht Univ. Prof. Dr. Eva Berger Generalsekretärin der ÖGHG torische Gärten in Österreich. Verges- und fachkundig geführt werden. So sene Gesamtkunstwerke, Wien-Köln- fanden bisher seit 1992 44 mehrtägige Weimar (Böhlau Verlag) 1993 Fachreisen ins In- und Ausland statt –  www.oeghg.at

Abb. 106 (li.): Der denkmalgeschützte Garten von Schloss Schönbrunn in Wien, der Fächer; Abb. 107 (re.): Die denkmalgeschützte Gar- tenanlage von Schloss Pottendorf im südlichen Niederösterreich, wieder hergestellte Sohlschwelle am Teich.

Nr. 23 / 2016 Seite 49 enkma[] i l Eine wertvolle Quelle für die lokalhistorische Forschung – Die Fotosammlung von Werner H. Neuwirth

Die Basis für die heute mehr als 2,3 Per Mausklick in die Vom Hobby zur Berufung Millionen Aufnahmen umfassende Fo- Vergangenheit Archivbestände aus privater Prove- tosammlung von Werner H. Neuwirth nienz ergänzen kommunale sowie bildete die Übernahme des eigenen Bestandsunterbringung und Erschlie- staatliche Bestände und stellen Familienarchivs mit historischen Fotos ßung stellten eine enorme Herausfor- manchmal den einzigen Quellenzu- von Kraftfahrzeugen (Oldtimer, Motor- derung dar. Platz für fachgerechte gang zu bestimmten Themen dar. So räder, Nutzfahrzeuge), aber auch Langzeitlagerung musste geschaffen wurden neben lokalen Medien auch Lichtbilder zu den Rennsportaktivitä- werden, Ordnungskriterien entwickelt Museen und öffentliche Sammlungen ten des Vaters aus den Jahren 1947- und die Archivierung und Digitalisie- auf das Archiv von Werner Neuwirth 1958 von den Pressefotografen Artur rung der Bestände vorangetrieben aufmerksam. Er hilft z.B. dem Techni- Fenzlau, Emil Jelinek und Franz Fink. werden. Aus dem Hobby der An- schen Museum bei der Identifizierung Aus dem Nachlass des Großvaters fangsjahre wurde schließlich Beru- von unbekannten Kraftfahrzeugen auf stammten Einblicke in die Schuh-Fa- fung. historischen Fotografien. Für die Zu- brikation Ende der 1930er Jahre aus Werner Neuwirth ist sich der Verant- kunft plant Werner Neuwirth neben dem ehemaligen familieneigenen Be- wortung bewusst, die ein derartiges seiner Facebook-Präsenz weitere trieb. Die Leidenschaft für das Sam- Archiv mit sich bringt: „Es ist mir Lichtbildvorträge und Fotoausstellun- meln war geweckt. Durch das Aufar- wichtig, mein Wissen zum histori- gen. Einen Einblick in diese bemer- beiten des Familienarchivs kam Wer- schen Kontext der Aufnahmen für die kenswerte Fotosammlung gibt Werner ner Neuwirth vermehrt mit histori- nächsten Generationen zu bewahren Neuwirth in seinem Lichtbildervortrag schen Fotografien aus zahlreichen an- und zu dokumentieren. Und ich will am 13.2.2017 für die Initiative Denk- deren Nachlässen und Sammlungen in auch die lokale Bevölkerung für ihr malschutz und Gäste. Berührung. eigenes „Grätzl“ interessieren und sensibilisieren“. Lukas Merstallinger Das Archiv wächst So entstand im Februar 2015 die Fa- Ottakringer Heimatkreis Etwas später konnte Werner Neuwirth cebook-Gruppe „Das alte Ottakring,  den Nachlass des Fotografen Fritz Grif- der verschwundene Ort, Gewerbe iD-Vortrag: Unbekanntes kovski übernehmen, der Aufnahmen und Industrie“. Aus einem anfängli- Wien, 13.2.2017 (siehe S. 55) von Wien aus dem Ende der 1920er chen Experiment entwickelte sich  www.vintage-fotos.at Jahre umfasst. Es folgte der Nachlass diese Gruppe in kurzer Zeit zum Janes mit Fotos ebenfalls von Wien Selbstläufer. Immer mehr Menschen, aus 1930 bis 1945, sowie ein Ottakrin- die sich für die Geschichte ihres Hei- ger Nachlass mit Privataufnahmen aus matbezirks interessieren, traten bei. Ottakring 1955-1985. Historische Auf- Heute zählt die Gruppe annähernd nahmen aus den Bundesländern aus 2.300 Mitglieder, Tendenz steigend. den Jahren 1920-1940, sowie ver- Mittlerweile wurde dieses Konzept auf schiedene historische Aufnahmen aus alle Wiener Bezirke sowie auf alle an- europäischen und außereuropäischen deren Bundesländer ausgeweitet. Ländern von 1880 bis 1980, ergänzten Heute erfreuen sich diese Facebook- mit der Zeit das umfangreiche Archiv. Gruppen enormer Beliebtheit.

Abb. 108 (li.): Inspektion der Produktionsfirma und Rüstungsbetrieb für den ersten Weltkrieg, Warchalowski, Eissler & Co., durch die Erz- herzöge Joseph Ferdinand und Franz Salvator, 1915; Abb. 109 (re.o.): Die Praterstraße, Höhe Nr. 51, in einer Aufnahme aus 1930, rechts im Hintergrund das Tegetthoff-Denkmal am Praterstern (enthüllt am 21. September 1886); Abb. 110 (re.u.): Die „10er Marie“ im 16. Wiener Gemeindebezirk, Ottakringer Straße 222-224 gilt als der älteste Heurige Wiens und wurde bereits 1740 urkundlich erwähnt.

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Stilgerechte Ausstattung der Fenster und Türen im Schloss Thalheim bei Wels (OÖ) durch

kurzmeldungen Über die Ursachen der Hangrutschung wird gestritten: Während Schlossbesitzer Sigurd Hochfellner der Meinung ist, Sprengungen im nahe gelegenen Dolomit-Steinbruch seien der Grund für die Hangrutschung, hat ein von der Be- hörde dazu beigezogener Sachverständiger eben dies aus- geschlossen. Tatsache ist, dass die Behebung der entstan- denen Schäden nicht billig wird, Schlossherr Hochfellner spricht von einer Schadenshöhe von über einer Million Euro (vgl. kärnten.orf.at., 9.9.2016) Kärnten – Spittal an der Drau: Historische Tischlerei Umfahrer bedroht

Abb. 111: Kärnten, Schloss Eberstein. Mauersturz

Kärnten – Eberstein: Stützmauer von Schloss Eberstein abgerutscht Das in prächtiger Lage hoch über der Görtschitz thronende Schloss Eberstein in der gleichnamigen Gemeinde ist im August beschädigt worden, nachdem nach massiven Re- genfällen eine Hangrutschung die Stützmauer der Schloss- kapelle in die Tiefe riss. Das Erdreich blockierte sogar die Bahntrasse der hier vorbeiführenden Görtschitztalbahn. Abb. 112: Kärnten - Spittal/Drau, ehem. Tischlerei

Nr. 23 / 2016 Seite 51 enkma[] i l kurzmeldungen

Die Gebäude der ehem. Tischlerei Emmerich Umfahrer in bleme, weil sich Mauersteine lösten und ins Tal rollten. der Spittaler Altstadt (Bernhardtgasse 3-3a) sind ein be- Statt die denkmalgeschützte Ruine zu sanieren, begann die merkenswertes Bauensemble mit detailreicher Bauplastik Esterházy-Betriebe GmbH jedoch im Oktober damit, einen vom Anfang des 20. Jh.s. Laut „Kleiner Zeitung“ (28.7. baufälligen Torbogen zu schleifen – und zwar mit Geneh- 2016) ist ein Verkauf bzw. Grundtausch mit der Fa. Regger migung des Denkmalamtes. Proteste dagegen kamen aus Immobilien geplant. Anrainer befürchten den Abriss der für der Gemeinde und von Bürgermeister Johann Giefing, für das Stadtbild wertvollen Häuser zugunsten eines Einkaufs- den die Ruine Teil der lokalen Identität und wichtig für den zentrums. In einer mitten in der sommerlichen Ferienzeit Tourismus ist. Bemängelt wird auch, dass das abgetragene anberaumten Gemeinderatssitzung (9.8.) sollte ein ent- historische Mauerwerk nicht gesichert und eingelagert, sprechender Teilbebauungsplan beschlossen werden. Die sondern als Bauschutt entsorgt wurde. Zudem steht die Initiative Denkmalschutz hat – alarmiert durch auf- Befürchtung im Raum, dass es mit diesem Teilabriss allein merksame Bürger vor Ort – eine Stellungnahme zum nicht getan ist. vorliegenden Entwurf abgegeben und in einer Presseaus- sendung den Erhalt des Ensembles gefordert. Mittlerweile Oberösterreich - Schloss Altpernstein: prüft das Bundesdenkmalamt eine Unterschutzstellung. Jugendherberge schließt Die 1160 erstmals urkundlich erwähnte Burg Altpernstein im Kremstal bei Micheldorf (Bez. Kirchdorf) ist seit dem 17. Jh. im Besitz des Stiftes Kremsmünster. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg bezog die Katholische Jugend Ober- österreich die Burg und nutzt sie seither als Jugendher- berge und Begegnungszentrum. Mittlerweile besteht ein er- höhter Renovierungs- und Modernisierungsbedarf, der durch behördlich auferlegte Maßnahmen etwa im Bereich Brandschutz noch verschärft wird. Der Diözese Linz hat an- gesichts der Kosten von 3 Millionen Euro beschlossen, von einer Renovierung Abstand zu nehmen und einen neuen Ort für ein diözesanes Jugendhaus zu suchen. Als Argu- ment wurden auch erhöhte Kosten genannt, die aus dem Denkmalschutz resultieren, unter dem die Burg steht. Das weitere Schicksal der altehrwürdigen Burg ist damit offen.

Abb. 113: NÖ - St. Pölten. Kapelle Vinzenz von Paula Oberösterreich – Wels: Sorge um historische Bausubstanz Niederösterreich – St. Pölten: Ehem. Landespflegeheim weicht Wohnbau Die Stadt Wels hat in den letzten Jahren einige traurige Verluste an Baudenkmälern hinnehmen müssen, aktuell Nach 15 Jahren Leerstand wurde das ehem. NÖ. Landes- sorgt sich die Welser Zweigstelle der Initiative Denk- pflegeheim in St. Pölten (Trautsonstraße 1) nun abgerissen malschutz besonders um das Haus Fischergasse 3, das und wird einer neuen Wohnhausanlage Platz machen. Die 1577 erstmals urkundlich erwähnt ist. Es ist angeblich bau- Anlage war 1902-04 im Jugendstil errichtet worden, da- fällig und soll einem vierstöckigen Neubau weichen. Da das nach jedoch mehrfach verändert und umgebaut, sodass das ursprüngliche Erscheinungsbild weitestgehend verloren war. Erhaltenswert aber war die Kapelle, die auch bis zu- letzt unter Denkmalschutz stand. Dann aber wurde einem Antrag auf Aufhebung des Schutzes seitens der Wohnbau- genossenschaft Alpenland stattgegeben. Obwohl das Bau- werk nicht baufällig war, sei doch infolge von Vandalismus eine „ausreichende Denkmalbedeutung“ nicht mehr gege- ben – so das Bundesdenkmalamt in seinem Entscheid (Be- zirksblatt St. Pölten, 27.9.2016). Enttäuschend ist diese Nachricht auch angesichts der zuvor kolportierten Behaup- tung, die Kapelle werde in das Projekt integriert. Letztlich triumphierte leider doch der Ungeist im Sinne der Alpen- land, die unverhohlen davon sprach, die Kapelle gern „mit einem Gesamtabbruch beseitigen zu können.“ (ebenda)

Niederösterreich - Schwarzenbach: Teilabriss der Burgruine Abb. 114: Oberösterreich - Stadt Wels: Fischergasse 3 Die Ruine Schwarzenbach in der gleichnamigen Gemeinde Gebäude nicht denkmalgeschützt ist, erging kürzlich der am Eingang des Schwarzenbachtals (Bez. Wiener Neustadt Abrissbescheid. Baureferent Lehner spielt die Bedeutung Land) stammt in ihren ältesten Teilen aus dem 12. Jh. und des Hauses herunter und wischt Bedenken hinsichtlich gelangte im 17. Jh. in den Besitz der Familie Esterházy. Die Stadtbild und Ensemblewirkung vom Tisch, Proteste sind Ruine bereitete in den letzten Jahren schon öfters Pro- für ihn nur „ein Sturm im Wasserglas“ (OÖN, 11.11.2016)

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Formgebung auf. Für den Park der benachbarten Villa Neu- mann (Palais Jandl) ist bereits eine Umwidmung zum Wohngebiet im Gange – positiv kann in diesem Zusam- menhang immerhin vermerkt werden, dass die Villa selbst in das Unterschutzstellungsprogramm des Denkmalamtes aufgenommen wurde (www.grazerbe.at). Für die Villa Kassecker (Pistotnikgasse 11) im Stadtteil Waltendorf, einen Jugendstilbau, der als Wohnsitz und Atelier der Künstlerfamilie Kassecker kulturgeschichtliche Bedeutung hat, wird es diese Lösung wohl nicht geben, hier stehen die Zeichen auf Abbruch (Abb. 116). Eine Schutzzonenerwei- terung für das betreffende Gebiet hat die Grazer Altstadt- Kommission bereits abgelehnt. Das ganze Dilemma der Grazer Baupolitik wird in der soeben erschienenen Bro- schüre „Erinnern sie sich? 100 Grazer Häuser zerstört“, he- rausgegeben von der Initiative „Unverwechselbares Graz“ Abb. 115: Salzburg - Seekirchen, Gasthaus „Hofwirt“ (www.unverwechselbaresgraz.at) in Zusammenarbeit mit Salzburg – Seekirchen: „SOKO Altstadt“, dokumentiert. Darin finden sich 100 Ab- Bürger stimmen für Gasthof-Erhalt risse seit dem Jahr 2000 (in dem Graz Weltkulturerbe wurde) beschrieben. Die Frage nach Abriss oder Erhalt des historischen Gast- hauses „Hofwirt“ war die letzten Monate über das zentrale –Bregenz: Abrissgefahr für Villa Freudeck Thema in der Gemeinde Seekirchen (Bez. Salzburg Umge- bung). Bei einer Bürgerbefragung am 25.9.2016 sprachen Die Villa Freudeck (auch Villa Höll) in Bregenz , erbaut um sich 67 % der Seekirchner für den Erhalt des Traditions- 1895 von Architekt Georg Baumeister, soll abgerissen wer- gasthofs im Stadtzentrum aus (Hauptstraße 23). Die Ge- den und einem geplanten Wohnblock Platz machen. Dabei meinde hatte den „Hofwirt“ 2015 erworben. Während Bür- ist das Gebäude in der Blumenstraße 3 als Teil des Ville- germeisterin Monika Schwaiger (ÖVP) das Gebäude sanie- nensembles am sog. Ölrain eindeutig erhaltenswert. Dies ren und als Veranstaltungsort erhalten will, sammelten die geht auch aus dem Räumlichen Entwicklungskonzept (REK) Grünen / Liste Lebenswertes Seekirchen (LESE) Unter- der Stadt Bregenz aus dem Jahr 2008 hervor, in dem aus- schriften für einen Abriss des Hauses, um an seiner Stelle drücklich vom Schutz der Villen und der Wichtigkeit ent- einen „Platz der Begegnung“ zu errichten. Ein Plan, der sich sprechender Bebauungspläne die Rede ist. Die Initiative zum Glück nicht durchsetzen konnte, der Hof, der in seiner Denkmalschutz hat in einer Presseaussendung (27.9. Grundsubstanz wohl aus dem 16. Jh. stammt und der bis- 2016) die Stadtpolitik aufgefordert, die bestehenden Mög- lang nicht unter Denkmalschutz steht, bleibt erhalten. lichkeiten zum Erhalt der Villa auszuschöpfen. Auch das Denkmalamt wurde aufgerufen, aktiv zu werden und die Steiermark – Graz: Abrisse und Gefährdungen Möglichkeit eines Ensembleschutzes zu prüfen – zumal die In Graz setzt sich der Reigen an vollzogenen und geplanten benachbarte Villa Wolfegg bereits als Einzeldenkmal unter Abrissen weiter fort. Besonders gefährdet erscheinen dabei Schutz steht. Leider ist nichts davon geschehen. Auf einer Villen und ihre umgebenden Parks, die nur allzu oft begehr- Stadtvertretersitzung Anfang November wurde die Villa tes Bauland für Wohnbauprojekte darstellen. Das jüngste zum Abriss freigegeben. Bürgermeister Linhart folgte einer Opfer ist die bemerkenswerte Villa Götz in der Heinrich- Stellungnahme des Bregenzer Gestaltungsbeirats, in der in straße 105, die im November der Spitzhacke zum Opfer geradezu hanebüchener Weise u.a. davon die Rede ist, dass fiel. Der Bau war 1930/31 vom Otto-Wagner-Schüler Jo- eine Ensemblewirkung durch die Dominanz der Bäume hann Laurentschitsch zusammen mit Hans Jauschnig er- nicht gegeben sei (Vorarlberger Nachrichten, 10.11.2016). richtet worden und fiel durch seine sachlich-expressive Wien – Landstraße: Weißgerberviertel weiter unzureichend geschützt Am 29. September hat der Wiener Gemeinderat den neuen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan für das Weißger- berviertel beschlossen (Plandokument 7975). Während das Gründerzeithaus Hetzgasse 8 endlich in die Schutzzone aufgenommen wurde (vgl. Denkma[i]l Nr. 20/2015, S. 57), bleiben viele erhaltenswerte Häuser im gegenständlichen Viertel weiter ungeschützt. In unserer Stellungnahme zum aufgelegten Plan haben wir detaillierte Vorschläge zur Schutzzonenerweiterung unterbreitet, diese wurden auch weitgehend von der Bezirksvertretung Landstraße über- nommen. Doch der Wiener Gemeinderat hat letztlich leider anders entschieden und die Stellungnahmen des Bezirks und der Initiative Denkmalschutz ignoriert. Als kleiner Erfolg wurde das Haus Weißgerberlände 10 in die Schutz- Abb. 116: Steiermark - Graz, Villa Kassecker zone neu aufgenommen (obwohl unter den von uns für die

Nr. 23 / 2016 Seite 53 enkma[] i l kurzmeldungen

Wien – Döbling: Abbruch Döblinger Hauptstraße 40 Im Juli wurde das Haus Döblinger Hauptstraße 40, das Wohn- und Sterbehaus des Maler Franz Kopallik (1860- 1931) abgerissen. Das einstöckige Gründerzeitgebäude mit gut erhaltener strenghistoristischer Fassadengliederung (ca. 1860-80) war bereits 1996 Teil des Vorschlages der MA 19 für eine großzügige Schutzzonenausweitung im Bezirk, fand jedoch 2002 beim Beschluss des jetzt gültigen Flächenwid-

Abb. 117: Wien-Landstraße, Matthäusgasse 8

Schutzzone vorgeschlagenen Gebäuden weitaus würdigere Vertreter waren, etwa das Wohnhaus Matthäusgasse 8, Abb. 117).

Wien – Hietzing: Haus Beer durch Umbau bedroht Gefährdet ist ein zentraler Bau der frühen Moderne in Österreich: die Villa Beer in Wien-Hietzing (Wenzgasse 12). Abb. 118: Wien-Döbling, Döblinger Hauptstraße 40 Errichtet 1929-30 nach Plänen von Josef Frank und Oskar Wlach, ist die Bedeutung des Bauwerks unbestritten, längst mungs- und Bebauungsplanes keine Berücksichtigung. Die steht es auch unter Denkmalschutz (vgl. Denkma[i]l Nr. Initiative Denkmalschutz hat in einer Presseaussen- 16/2014, S. 12f.). Doch nun wurden Pläne bekannt, die gra- dung aus diesem Anlass an alle Bezirksvertreter appelliert, vierende Umbauten vorsehen, um in dem Haus drei Wohn- bei anstehenden Umwidmungen die Interessen des Bezirks einheiten unterzubringen. Zahlreiche Details der Original- an einem intakten Stadtbild wahrzunehmen und entspre- ausstattung sowie die Raumfolge des Obergeschoßes chende Stellungnahmen abzugeben. wären damit dauerhaft zerstört. Das Denkmalamt prüft die Pläne. Fach-Organisationen wie u.a. Docomomo, Architek- Wien - Liesing, Bogen über Breitenfurter Straße tenkammer, ÖGFA und die Initiative Denkmalschutz schlagen vorsorglich Alarm und kritisieren den mangelhaf- In Kalksburg überbrückt ein zweifacher Schwibbogen die ten Umgang mit moderner Baukultur in Österreich: Ein so Breitenfurter Straße (bei Nr. 531), der zum denkmalge- wichtiges Denkmal wie das Haus Beer verdient, unversehrt schützten Gebäude des Hildegardis-Hauses der Caritas so- erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu wer- cialis (ehem. Mackscher Besitz) gehört. Schon lange stellen den – die Villa Tugendhat von Mies van der Rohe in Brünn die beiden Bögen ein Nadelöhr für den Verkehr dar, am kann in diesem Zusammenhang als Vorbild gelten. 19.9.2016 hat nun ein LKW den Bogen gerammt und dabei zum teilweisen Einsturz gebracht. Die Feuerwehr kam zum Wien – Hietzing: Abbruch Hietzinger Hauptstr. 100-102 Einsatz, die Straße musste gesperrt werden. Zu beobachten bleibt, ob das Bogen-Bauwerk nun denkmalgerecht wie- Nachdem das seit vielen Jahren gefährdete Doppel-Grün- derhergestellt wird oder der Vorfall nicht etwa zum Anlass derzeithaus Hietzinger Hauptstraße 100-102 bereits vor genommen wird, hier eine vom ursprünglichen Zustand ab- fünf Jahren knapp dem Abriss entkommen war (vgl. weichende „verkehrsgerechte“ Lösung zu errichten. Denkma[i]l Nr. 7/2011, S. 33 f.), ist es am 31.8.2016 über- raschend doch noch, und zwar auf besonders rasante Art und Weise dem Erdboden gleich gemacht worden. Die Ini- tiative Denkmalschutz hat aus diesem Anlass in einer Presseaussendung erneut auf den unzureichenden Schutz innerhalb der Wiener Schutzzonen hingewiesen und die Untätigkeit der Stadt Wien in diesem Bereich kritisiert. Was den Fall Hietzinger Hauptstraße besonders auszeich- net, ist dabei, dass entgegen der durch ein Gutachten be- gründeten Fachmeinung der MA 19, das die Erhaltungswür- digkeit bestätigt, das Verwaltungsgericht Wien in letzter In- stanz den Abbruch schließlich erlaubt hat. Er folgte dabei dem Gutachten des Eigentümers, das in fragwürdiger, kleinkarierter Argumentation dem Haus abspricht, in das örtliche Stadtbild zu passen und dabei die Schutzzonen- Widmung auf geradezu absurde Weise untergräbt. Abb. 119: Wien-Kalksburg, Schwibbögen beim Hildegardis-Haus Seite 54 Nr. 23 / 2016 Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016 Veranstaltungen / Termine Freitag, 27. Jänner 2017 Führung durch das Hotel Imperial (Wiederholung) Das 1863-65 für den Herzog von Württemberg errichtete Palais wurde 1873 als Hotel für die Wiener Weltausstellung eröffnet und 1928 um zwei Etagen aufgestockt (vgl. Denkma[i]l Nr. 20/2015, S.18). Es war nicht nur das Gästehaus des Kaisers, sondern auch danach das "erste Haus am Platz" und als solches für die Erfüllung der ausgefallensten Wünsche sei- ner Gäste bekannt, wie uns Michael Moser, langjähriger Chefconcierge bei dieser Führung berichten wird. Zeit: 15:30 Uhr, Ort: Kärntner Ring 16, 1010 Wien Abb. 120: Hotel Imperial – Führung (Wh.), 27.01. Anmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 10 / € 8 Montag, 13. Februar 2017 „Unbekanntes Wien“ in den Breitenseer Lichtspielen Die Sammlung von Werner Neuwirth umfasst mehr als 2,3 Mio. Bilder mit dem Schwerpunkt Wien zwischen 1920-1970. Das Archiv birgt ein- zigartige Fotoschätze aus zahlreichen Nachlässen sowie aus dem Kaiser- haus der Habsburger (z.B. Inspektion Rüstungsbetriebe Warchalowski in Ottakring durch die Erzherzöge Salvator, 1915). Erleben Sie mit uns in der besonderen Atmosphäre des ältesten Kinos der Welt eine erstaunliche Zeitreise durch ein mittlerweile unbekanntes Wien (vgl. S. 50). Zeit: 18:30 Uhr, Ort: Breitenseer Lichtspiele, Breitenseer Straße 21, 1140 Wien, auch Gäste (Nichtmitglieder) sind herzlich willkommen!

Anmeldung erforderlich, Veranstaltungsbeitrag (Spende) € 10 / € 8 Abb. 121: „Unbekanntes Wien“ – Vortrag, 13.02. Freitag, 17. März 2017 Führung durch das ehemalige Hofkammerarchiv Das 1843-46 errichtete Hofkammerarchiv ist der älteste Archivzweckbau Österreichs und galt bis zu seinem Umbau zum Literaturmuseum als ein- zigartiges Ensemble, bestehend aus Gebäude und Archivalien. Was neben dem im Originalzustand vorhandenen Arbeitszimmer seines einstigen Di- rektors Franz Grillparzer noch alles erhalten werden konnte, wird uns Herr Mag. Michael Rainer vom Bundesdenkmalamt bei einer Führung durch das Haus zeigen (vgl. S. 44 f.). Zeit: 15:00 Uhr, Ort: Johannesgasse 6, 1010 Wien Anmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (inkl. Eintritt) € 16 / € 14 Samstag, 1. April 2017 Abb. 122: Hofkammerarchiv – Führung, 17.03. Kulturhistorischer Rundgang durch Lainz mit DI Heinz Gerstbach Die Ortsgemeinde Lainz war vor der Eingemeindung nach Wien 1892 ein Bauern- und Weinhauerdorf, hatte aber darüber hinaus interessante kul- turelle Bauwerke. Mit Altbezirksvorsteher DI Heinz Gerstbach halten wir Nachschau, was trotz der Einbindung des Ortes in die Großstadt Wien von alten, wertvollen Bauwerken erhalten geblieben ist (vgl. S. 42 f.). Zeit: 10:00 Uhr, Ort: Vorplatz Kardinal-König-Haus, Kardinal-König- Platz 3, 1130 Wien, Anmeldung erforderlich, Beitrag (Spende) € 10/ € 8 Samstag, 22. April 2017: Jubiläumsführung durch die Badner Bahn-Remisen Wolfganggasse & Baden Am 1.5.1907 wurde der durchgehende elektrische Verkehr zwischen der Reichshauptstadt Wien und der Kurstadt Baden aufgenommen. Bevor 110 Jahre später die alte Remise bei der Eichenstraße durch den neuen Abb. 123: Rundgang Lainz – Führung, 01.04. Betriebsbahnhof in Inzersdorf ersetzt wird, können wir uns noch ein Bild vom alten Bahnhof machen und fahren bei ausreichender Teilnehmerzahl mit einem historischen Triebwagen zur alten Remise in Baden. Treffpunkt: 10 Uhr, Badner Bahn-Remise, Wolfganggasse 59, 1120 Wien, Anmeldung bis 13.02.2017 erforderlich Führungsbeitrag inkl. Sonderfahrt € 30 / € 28

Hinweise: Die Teilnahme an Veranstaltungen ist (falls nicht anders angegeben) nur Mit- gliedern möglich, für Neumitglieder ist die erste Veranstaltung gratis bzw. um € 10 (€ 8) er- mäßigt. In der Regel werden zwei unterschiedlich hohe Unkostenbeiträge bei jeder Veranstal- tung angegeben. Der günstigere von beiden beinhaltet den Frühbucherbonus (ab € 2 Ermä- ßigung). Bei Anmeldung spätestens 4 Wochen vor der entsprechenden Führung/Veranstaltung gilt der günstigere Betrag. Maßgebend ist das Einlangen der Anmeldung und die innerhalb von 5 Werktagen erfolgte Überweisung auf das Vereinskonto. Allfällige Änderungen und nähere In- formationen werden rechtzeitig per Newsletter (eMail) und auf www.idms.at bekannt gegeben. Anmeldung per eMail an: [email protected], tel.: 01/310 22 94 oder mobil: 0650 /571 88 44. Abb. 124: Badner-Bahn-Remisen – Führung, 22.04. Nr. 23 / 2016 Seite 55 [] enkma i l Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 23 / Mai-August 2016 Veranstaltungen / Termine Samstag, 06. Mai 2017 Liechtensteinische Landschaftsgestaltung bei Mödling In den Gemeinden Maria Enzersdorf, Mödling und Hinterbrühl kam es unter Fürst Johann I. von Liechtenstein (1760–1836) ab 1808 zu einer umfassenden Landschaftsgestaltung, die mit einer Modernisierung der Landwirtschaft einherging. Zahlreiche Staffagebauten (wie z. B. das Am- phitheater oder der Schwarze Turm) sind Reste dieser Phase, auf deren Spuren wir uns gemeinsam mit dem Landschafts- und Gartenhistoriker Dr. Christian Hlavac machen. Festes Schuhwerk empfohlen (vgl. S. 12 f.). Treffpunkt: 14:30 Uhr, vor der Tourismusinformation, Kaiserin Elisa- bethstraße 2 (Fußgängerzone), 2340 Mödling Abb. 125: Liechtensteinische Landschaftsgest., 06.05. Anmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 15/€12 Samstag, 20. Mai 2017 Burgenländische Privatresidenzen-Tour mit Dr. Edgard Haider Ziel dieser Bus-Tagesfahrt sind die Schlösser Deutschkreutz und Roten- turm sowie der Edelhof Forchtenau, die allesamt durch Privatinitiative vor dem Verfall gerettet wurden. Die privaten Eigentümer werden bei den Führungen erzählen, was sie bzw. deren Familien bewogen hat, die zum Teil jahrzehntelangen Mühen aufwändiger Sicherungs-, Rückführungs- und Restaurierungsarbeiten auf sich zu nehmen (vgl. S. 25 ff.). Treffpunkt: 7:45 Uhr, Busparkplatz Schwedenplatz, 1010 Wien, Abfahrt pünktlich um 8 Uhr, Anmeldung bis 13.05.2017 erforderlich Führungen inkl. Bus und Eintritte € 70/€63 Abb. 126: Burgenländische Residenzen – Tour, 20.05. Samstag, 10. Juni 2017 Der Werdegang des Arenbergviertels Im Wiener Stadtviertel rund um den Arenbergpark lässt sich der Werde- gang Österreichs nachvollziehen: Anstelle eines Privatparks der Aristo- kratie und einer Kaserne entstand nach 1900 ein großbürgerliches Viertel im Stil des Späthistorismus rund um einen öffentlichen Park. Das abrupte Ende dieser Epoche nach 1918 hinterließ Baulücken, die das „Rote Wien“ und die 1950er-Jahre mit für sie typischen Gemeindebauten füllten. Dr. Edgard Haider wird uns auf einem Stadtspaziergang mit den weithin un- bekannten Architekten und prägenden Ereignissen bekannt machen. Treffpunkt: 10 Uhr, Gartenpavillon ggü. Neulinggasse 14, 1030 Wien Anmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 13/€10

Freitag, 23. Juni 2017: Führung Brennpunkt Karlsplatz Abb. 127: Werdegang Arenbergviertel – Führung, 10.06. Der Karlsplatz in Wien ist eine der wenigen innerstädtischen Flächen, die sich noch immer in stetigem Wandel, in Ergänzung und Erneuerung be- finden. Seit sich um 1900 Otto Wagner mit diesem Stadtraum auseinan- dersetzte und mit seinem Neubauprojekt für das heutige Wien Museum scheiterte, ist er einer der interessantesten Zonen. Mag. Peter Bogner wird auf die alten und neuen, sowie aktuellen Planungen eingehen und diese in einen geschichtlichen Zusammenhang stellen (vgl. S. 46 f.). Treffpunkt: 17 Uhr, vor dem Künstlerhaus, Karlsplatz 5, 1010 Wien Anmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 13/€10 Samstag, 8. Juli 2017 Vollversammlung der Initiative Denkmalschutz Die zunehmende Gefährdung des historischen Zentrums Wien und (in ihrer äußeren Wirkung) auch der Karlskirche durch rücksichtslose Spe- Abb. 128: Brennpunkt Karlsplatz - Führung, 23.06. kulation veranlassen unseren Verein, diesmal die Mitgliederversammlung in nächster Nähe, in der Pfarre St. Karl Borromäus abzuhalten. Freund- licherweise erhalten wir zu diesem Anlass vom Verein der Freunde der Karlskirche die Möglichkeit zur Besichtigung dieses barocken Juwels. Zeit: 10:00 Uhr, Ort: Pfarre, Kreuzherrengasse 1, 1040 Wien Eintritt frei - keine Anmeldung erforderlich

MITGLIEDERTREFFEN – WIEN 23. Jänner, 6. März, 24. April und 19. Juni 2017 – im Vereinslokal, Fuchsthallergasse 11, 1090 Wien – Zeit: ab 18:30 Uhr (jeweils Mon- tag) – Auch Nichtmitglieder sind herzlich willkommen! Hinweis: Betreffend Anmelde- und Teilnahmebedingungen siehe S. 55 (unten)

Abb. 129: Pfarre Borromäus – iD-Vollversammlung, 08.07.

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