Unterwasserprospektion Im Sempachersee, Kanton Luzern (Schweiz)
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Unterwasserprospektion im Sempachersee, Kanton Luzern (Schweiz) EBBE NIELSEN Zusammenfassung 2004 konnte die Zürcher Tauchequipe im Auftrag der Kantonsarchäologie Luzern eine Prospektionskampagne im Sem- pachersee durchführen. Während die Fundstellen am Westufer des 1806 um etwa 2 m abgesenkten Sees heute vollständig im verlandeten Bereich liegen, konnten am Ostufer zahlreiche Pfahlfelder und Kulturschichten festgestellt werden. Leider muss der Zustand der meisten erfassten Ufersiedlungen als desolat bezeichnet werden. Teilweise sind nur noch die Spitzen der Pfähle vorhanden. Die Bestandesaufnahme der Luzerner Ufersiedlungen sollte dringend weitergeführt wer- den. Die für die Prospektion und allfälligen Schutzmassnahmen nötigen Mittel sind jedoch nicht vorhanden. Abstract In 2004 the archaeological diving crew of Zürich, Switzerland, carried out a survey campaign at Lake Sempach, at the request of the Canton Archaeological Office of Lucerne. While find sites on the western banks of the lake which was lowered some 2 meters in 1806, are nowadays totally on dry land, numerous piles and cultural layers could be located on the eastern bank. Unfortunately the condition of most of the pile dwellings recorded can only be described as desperate. In parts only the points of the piles are existent. The inventory of the Lucerne pile dwellings urgently needs to be continued however the necessary funds for prospection and protective measures are not available. Translation Jamie McIntosh Einführung 3 Die Anfänge der Erforschung der Feuchtbo- 1 4 densiedlungen im Kanton Luzernn (LU) reicht 2 17 bis in die zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts 16 zurück. In den späten 1980er Jahren fanden die 5 Nachforschungen ihr vorläufiges (?) Ende. Die 6 ersten Fundmeldungen gehen sogar auf das Jahr 1806 zurück, als der Sempachersee abge- Sem pachersee 7 senkt wurde und zahlreiche archäologische Ob- 15 8 jekte aufgelesen werden konnten. 14 9–12 Nach einer durch Laienforschern geprägten 13 Frühphase übernahmen vermehrt professionel- le Archäologen die Grabungstätigkeit. In den 1930er und frühen 1940er Jahren haben sich insbesondere der deutsche Archäologe Hans Reinerth um das Wauwilermoos und der Aar- gauer Lehrer Reinhold Bosch um die Siedlun- gen am Baldegger- und Sempachersee bemüht und zwischen 1950 und 1988 erforschte das 1 km Schweizerische Landesmuseum in Zürich meh- rere Fundstellen bei Egolzwil im Wauwiler- Abb. 1: Sempachersee. Karte mit den heute bekannten Ufersiedlungen. 1 Sursee, moos. Untersuchungen der Kantonsarchäolo- Mariazell. 2 Sursee, Gamma-Inseli, 3 Schenkon, Trichtermoos, 4 Schenkon, Römer- hüsli, 5 Eich, Dorf, 6 Eich, Spiessmösli, 7 Eich, Wiesen, 8 Sempach, Gruebmatt, gie im Bereich der Seen blieben dagegen nach 9–12 Sempach, Uferzone, 13 Nottwil, Eishütte, 14 Nottwil, Eibach, 15 Oberkirch, dem Krieg auf wenige Fundstellen beschränkt, St. Margrethen, 16–17 Oberkirch, Seehäusern (Grafik C. Jaeggi). 25 NAU 11/12 2005 Material in den höher gelegenen Schichtab- schnitten bereits stark zersetzt sind. Mehrere Pfahlbauten sind bis in die jüngere Vergangenheit ausserdem durch Baumassnah- men annähernd komplett oder in Teilen zer- stört worden. Es sind dies die Stationen Sursee Mariazell (1941), Schenkon Trichtermoos (1967) und Sempach Festhütte (1984). Auch beim Bau der Autobahn am Ostufer des Sem- pachersees in den 1970er Jahren dürften einige Ufersiedlungen tangiert worden sein, wobei hier, im Gegensatz zu anderen Kantonen, im Vorfeld der Baumassnahmen kaum systemati- sche Prospektionen durchgeführt wurden. Die Sicherung der Funde wie auch der Funddo- kumentation war überdies im Kanton Luzern Abb. 2: Sursee, Mariazell. besonderes problematisch. Auch noch nach den Neuzeitlicher Einbaum (Foto frühen Jahren der Pfahlbauforschung, als es Tauchequipe Zürich). auf die man bei Leitungsbauten gestossen war. gang und gäbe war Funde zu verkaufen oder zu Die Unterwasserprospektion aber lag haupt- tauschen, gelangten Funde und Grabungsdo- sächlich in den Händen des im Jahre 2003 ver- kumente ausser Landes. Im Falle der Grabun- storbenen ehrenamtlichen Mitarbeiters Arnold gen von H. Reinerth konnten die meisten Fun- Singeisen, der sich über Jahre hinweg hier enga- de in Luzern aufbewahrt werden, während die giert und wertvolle Arbeit geleistet hat. Seinen Dokumentation an verschiedene Orte in Nachforschungen vorausgegangen waren etli- Deutschland gelangte. Im Falle der Grabungen che Tauchgänge einer kleinen Tauchequipe um des Landesmuseums ist teilweise das Fundma- den Zürcher Amateurarchäologen Peter Kelter- terial und die Funddokumentation nach Zü- born. Soweit sich dies durch einzelne Tauch- rich gelangt. Dies steht im Widerspruch zur gänge feststellen ließ, war die Mehrzahl der kantonalen Gesetzgebung und erschwert die durch Singeisen betauchten Ufersiedlungen in Arbeit der Kantonsarchäologie bisweilen unge- den Luzerner Seen meist in desolatem Zustand mein. und massiver Erosion ausgesetzt, wobei die sys- tematische Dokumentation der Befunde unter Eines der dringlichsten Desiderate der Kan- Wasser nur selten möglich war. Durch den be- tonsarchäologie ist und war die systematische grenzten Zeitrahmen und eine bescheidene In- Inventarisierung der Luzerner Ufer- und Moor- frastruktur bedingt konnte Singeisen nur einen siedlungen. Ein erster Schritt gelang im Jahre kleinen Teil der Seeufer absuchen. Er konzen- 2004, als die Tauchequipe der Stadtarchäologie trierte seine Nachforschungen deshalb auf die Zürich für eine vierwöchige Prospektionsphase Uferplatte bei Hitzkirch, Seematt, wo ein um- zur Bestandesaufnahme der Siedlungsreste im fangreiches Fundmaterial aufgelesen und die Sempachersee engagiert werden konnte. Neben schnell fortschreitende Erosion durch Messun- dem Leiter der Tauchequipe, Beat Ebersch- gen dokumentiert werden konnte (vgl. JbHGL weiler nahmen folgende Mitarbeiter an der 18, 2000, 122 ff.). Prospektion Teil: Robert Auf der Mauer, Tho- mas Oertle, Thomas Reitmaier, Peter Rieth- Aus den Luzerner Seen und Mooren kennen mann und Christian Wymann. Seitens der wir heute etwa 40 Feuchtbodensiedlungen, die Kantonsarchäologie Luzern wurde das Projekt in die Zeit zwischen ca. 4300 und 900 v. Chr. von Ebbe Nielsen begleitet. datieren. Welche Bedeutung die Prospektion der Ufer- In den Mooren und den verlandeten Bereichen siedlungsareale für die Kantonsarchäologie be- der Seen werden die prähistorischen Siedlungs- sitzt, ist u. a. daraus ersichtlich, dass die Kan- schichten durch den Ackerbau aber auch durch tonsarchäologie kurz zuvor im selben Jahr noch Drainagen und Überbauungen bedroht. René ohne ausreichend dokumentiertes Inventar Wyss (Schweizerisches Landesmuseum Zürich) kaum in der Lage dazu war, umfassend Stellung hat dies eindrücklich für die Siedlung Egolzwil zur geplanten Kursschifffahrt im Sempachersee 3 nachgewiesen, wo die Funde aus organischem zu beziehen. 26 Unterwasserprospektion im Sempachersee, Kanton Luzern (Schweiz) Sempachersee – eine vorläufige und mehreren Grabungen seit 1941 ist die Aus- Bestandesaufnahme dehnung der Siedlungsreste gegen Süden und Westen unbekannt. Etliche in Maulwurfhaufen Durch die 1806 erfolgte Absenkung des Was- aufgelesene Funde deuten auf ein grossflächig serspiegels um etwa 1,5 bis 2 m wurden die prä- ausgedehntes Siedlungsareal hin. historischen Ufersiedlungen im Sempacher- Die taucharchäologische Prospektion zeigte am see exponiert. Sie sind seither der Erosion aus- südlichen Ufer eine schmale, teilweise unter- gesetzt und wurden z. T. von Überbauungen, spülte Uferplatte mit den letzten Resten einer Kanalisation und Ackerbau in Mitleidenschaft Kulturschicht und einige stark erodierte Tan- gezogen. nenpfähle. Die braune Kulturschicht besteht aus einem lockeren organischen Material mit Im Zuge der Unterwasserprospektion sollte ur- vielen Blättern, Holzkohlen und wenigen Stei- sprünglich nur das Westufer des Sees unter- nen. Wahrscheinlich handelt es sich hier um sucht werden. Es stellte sich jedoch alsbald her- Ausläufer der bereits erwähnten landseitig vor- aus, dass hier die Ufersiedlungen, mit Ausnah- handenen Kulturschichten. Es konnten einige me der Fundstelle Sursee, Gamma-Inseli, heute wenige spätbronzezeitliche Scherben, wie auch nicht mehr unter Wasser liegen sondern im seit verkohlte Getreidereste aufgelesen werden. der Seefällung trocken gefallenen Abschnitt der Eine Holzprobe war dendrochronologisch Flachwasserzone. Im Bereich des bemerkens- nicht zu datieren. Am Fusse der Abbruchkante wert schmalen Flachwasserbereichs waren des- lagen zahlreiche Steine, die wohl aus weg- halb abgesehen von Ausnahmen kaum Funde erodierten Kulturschichten stammen. oder Pfähle zu verzeichnen. Somit konnte die Frühere Grabungen haben interessante Sied- Prospektion hier rascher als vorgesehen abge- lungsbefunde aus dem Neolithikum und der schlossen und in der verbliebenen Zeit Teilbe- Spätbronzezeit geliefert (Wey 2001, 67 ff.; RI- reiche des Ostufers untersucht werden, was ab- GERT 1997). Insbesondere in den spätbronze- schnittsweise vom Boot aus geschah. Im Ge- zeitlichen Schichten gibt es umfassende Baube- gensatz zum Westufer, wurde hier eine eher funde, die neolithischen Schichten wurden bei breite Uferplatte mit einigen im Wasser gelege- den neueren Untersuchungen dagegen kaum nen Fundstellen angetroffen. Die Bestandesauf- berührt. nahme am Ostufers konnte nicht abgeschlossen Die Siedlungsschicht wird anscheinend nur in werden und sollte durch weitere Untersuchun- einem kleinen Bereich vom Wellenschlag er- gen unter Wasser und im heute verlandeten Be- fasst. Die bereits erfolgten Untersuchungen,