| Historie

Die Rennmaschinen von AJS & AMC

| AJS E90/95 „Porcupine“ ein Rennklassiker Teil 1 Text: Jürgen Kießlich | Fotos: Jürgen Kießlich / Archiv

Bereits 1897 baute die Firma das erste „Stevens-Motorrad“ in einem kleinen Betrieb der Stevens Screw Co. Ltd. in Wolverhampton. Begründer waren die fünf Brüder Albert John, Harry, George, Jack und Joe Stevens. Es wurden weitere Modelle entwickelt, Jack Stevens erzielte damit auch Erfolge bei Wettbewerben. Somit kam es zur Vergrö- ßerung des Unternehmens unter der Bezeichnung A. J. S. (die Initialen von Albert John Stevens) und es wurde ab 1909 in der Retreat Street neu firmiert. Damit begann die interessante Geschichte einer aufblühenden Motorradmarke mit vielen hochkarätigen Erfolgen und tollen Maschinen für den Normalverbraucher und auch für den Motorrad- sport in breiter Facette.

wurde sie von Beginn an umgangs- sprachlich als „Kettel“ betitelt, das war im Prinzip der Urahn der „Boy Racer“. Bereits hier begann sich der geschäftliche Untergang der Firma abzuzeichnen. Stevens war der star- ken Konkurrenz mit seiner eigenen Modellpalette nicht mehr gewach- sen. Somit wurde die Firma, an die Brüder Harry und Charles Collier veräußert. 1931 übernahm „Match- less“ die Firma bis schließlich der Firmenverbund 1937 von AMC (As- sociated Motor Cycles) und Norton- Villiers vereint wurde. Hier führten die Collier-Brüder ihre Marken Match- George, Jack, Harry und Joe jun. Stevens 1921 less, Sunbeam und AJS zusammen. Trotz des Zusammenschlusses von und AJS wurden aus Tra- ditionsgründen noch unter der alten Firmenbezeichnung weitere Modelle Albert John Stevens 1911 mit dem 350-cm³-Modell für den Straßenverkehr und auch für den Sport entwickelt und verkauft. Deshalb gibt es sehr viele Parallelen Anlässlich der Tourist Trophy 1914 unter den einzelnen Maschinen bei- auf der siegte Eric Wil- der Firmen und deren Namen. Wenn liams im Junior-Rennen mit einer wir es so wollen kann man ganze 350er A.J.S. Damit etablierte sich Modellreihen als „zweieiige Zwillin- die Firma im Rennsport und wur- ge“ bezeichnen. So z. B. die AJS de eine bekannte Marke. Der da- CSR 31 und die Matchless G 12 mit gesteigerte Absatz erforderte CSR, ähnlich die 500er-Twins bei- die Firmenvergrößerung und dräng- der Firmen sowie die Singles der Se- te zu einem weiteren Umzug in eine rie ebenso wie für den Sport. Auch neue Fabrik in der Penn Road in als 1964 bei Norton erheblich ratio- Wolverhampton. nalisiert wurde, staunten die Käufer Nach dem Ersten Weltkrieg konn- nicht schlecht als mit dem Erschei- te Williams 1921 den Sieg bei der nen der „Atlas“ der Motor im Fahr- Junior-TT wiederholen und auch die werk der CSR von AMC-Modellen Senior-TT gewinnen. Die stark über- hing. Um die Reihe der Beispiele zu arbeitete Maschine erreichte eine beenden sei auf TS 03/2014 verwie- Spitzengeschwindigkeit von 120 sen, hier wurden die Modelle von Tri- km/h. umph T 160 und BSA 65A Rocket Bereits 1927 entstand die „R7“, eine vorgestellt, die gleiche alte Praxis, 350-cm³-Einzylinder-Rennmaschine wenn es am Ende zu eng wurde. mit obenliegender Nockenwelle, Aber zurück in das Jahr 1935, an- welche über eine Kette angetrie- lässlich der Show in ben wurde. Wegen diesem Antrieb Bob Foster (2) 1938 mit der AJS V4, links St. Woods auf „Roarer“ London präsentierte der Konstruk-

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Porcupine E90 unter Les Graham im Swiss-GP Bremgarten 1949 Porcupine E95 1953 – Detailansicht teur Bert Collier für AJS die legen- lungschef Ike Hatch erhielt 1952 für den Neuseeländer. Hier war die seum in den Besitz des New Yor- däre Four, um diese wenig später die Aufgabe, die komplette Kons- Maschine bereits mit den tief ge- ker Anwalts Rob Iannucci, den Chef als Rennmaschine mit dem quer in- truktion zu überarbeiten. Wesentli- zogenen Tankhälften ausgestattet, des Teams Obsolete, gekommen. stallierten 500-cm³-V4-Motor und ches äußeres Kennzeichen war die wie auch dann der „Triple Knocker“, Diese hatte zum Glück den verhee- Hinterradfederung vorzustellen. Vie- Neigung der Zylinderbank von 25° nicht nur wegen der Aerodynamik, renden Brand des Museums über- le thermische Probleme animierten horizontal auf 45° nach vorn. Somit sondern eher wegen des dadurch standen und wurde bei Iannucci zum Umbau auf Wasserkühlung. Um war die Nachfolgerin E95 gebo- erreichten günstigeren Schwer- aufwendig restauriert. Eventuell ist die Leistung weiter zu steigern, wur- ren worden, von welcher ebenfalls punktes. Mit dem Tod des Firmen- es das Exemplar welches bei Bon- de der Vierzylinder mit einem Kom- nur vier Stück auf die Räder ge- mitbegründers Charlie Colliers hams 2011 bei einem Gebot von pressor ausgerüstet. Für Aufsehen stellt wurden. Nach der Sensation 1954 und dem damit verbundenen 750.000 Dollar unter den Hammer sorgte Walter Rusk, der „Blonde beim ersten GP des Jahres in der Rückzug vom Grand-Prix-Sport war gekommen ist und jetzt wieder im Bomber“, 1939 beim Ulster GP, als Schweiz 1952 mit dem Sieg von es das Ende einer kurzen Ära für die britischen Nationalmuseum steht. erstem Fahrer gelang ihm ein Run- Jack Brett vor W. Doran folgte eine Porcupine. Außer einer E95, welche Zwei weitere Exemplare befinden dendurchschnitt von 100 m/h. Lei- durchwachsene Saison, lediglich vom Privatfahrer Tom Arter erwor- sich ebenfalls in Museen. der verunglückte dieser begabte Rod Coleman konnte im Schluss- ben wurde, pilotierten nur Werks- Zur gleichen Zeit, als die E90 kon- Rennfahrer 1940; als Pilot der Roy- klassement der WM auf dem vier- fahrer die seltenen Stücke. Die struiert wurde, kam ein 350er-Sin- al Air Force stürzte er bei einem Trai- ten Platz landen. Das Jahr 1953 en- Arter-Porcupine wurde grundüber- gle-Motor zur Entwicklung. Der ste- ningsflug ab. dete betrüblich mit Platz zehn des holt, dabei mit einer neu entwickel- hende Einzylinder-Motor wurde Während des Zweiten Weltkriegs Neuseeländers Rod Coleman in ten Kurbelwelle von Jack Williams ohc-gesteuert und war später mit wurde 1942 die später berühmte der WM. Der neue Entwicklungs- ausgestattet, sie wurde für 228.000 Haarnadel-Ventilfedern bestückt. AJS E90 „Porcupine“ (Stachel- chef Jack Williams von AMC über- $ versteigert. Von den immer noch Seine Bezeichnung lautete R7, die schwein) entwickelt, ihren Namen arbeitete die Maschine noch einmal vier existierenden E95 ist ein Exem- weitere Entwicklung war dann nach verdankte sie ihrer typischen Zy- für 1954 mit dem geringen Erfolg plar von Roy Richardson aus dem dem II. Weltkrieg die 7R. Fortsetzung linderverrippung. Ursprünglich als des Platz zwölf in der WM-Wertung Britischen Nationalmu- und Schluss folgt im Heft 01/17. wassergekühlter Zweizylinder-Kom- pressor-Motor konzipiert, wurde der Motor, nach dem Verbot der Kom- pressortechnik 1946 durch die FIM, von den Konstrukteuren Webb und Irving auf Luftkühlung sowie ohne Lader umgerüstet. Der 498-cm³- DOHC-Parallel-Twin leistete 55 PS bei 7.600/min. Nur vier Stück wur- den von der E90 gebaut, drei Ex- emplare sollen die Jahre überlebt haben. Der Brite Leslie Graham ge- wann 1949 die erste 500er Welt- meisterschaft mit dem AJS-Zwei- zylinder, das sollte auch der größte Erfolg der Exotin bleiben. 1950 ran- gierte Graham auf dem dritten Platz in der WM, 1951 landeten W. Do- ran und R. Armstrong auf den Rän- gen vier und sechs. Leslie Graham wechselte 1951 von AMC zu MV , leider verunglückte er auf dieser Nobelmarke während des Rennens in der Senior TT auf der In- sel Man im Streckenabschnitt Bray Hill am 13.06.1953 tödlich. Die WM-Ergebnisse überzeugten den Vorstand von AMC und Entwick- Rod Coleman mit der Porcupine 1954

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