"Unsere Zeit Beherbergt Nebeneinander
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Die Konstituierung moderner Männlichkeit in hegemonialen Printmedien. - Eine diskursanalytische Untersuchung - Von der Fakultät für Geisteswissenschaften der Universität Duisburg – Essen zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie genehmigte Dissertation von Frank Wichert M.A. aus Duisburg Referent: Prof. Dr. phil. Siegfried Jäger Korreferent: Prof. Dr. phil. Jürgen Biehl Tag der mündlichen Prüfung: 03. Mai 2004 "Unsere Zeit beherbergt nebeneinander und völlig unausgeglichen die Gegensätze von Individualismus und Gemeinschaftssinn, von Aristokratismus und Sozialismus, von Pazifismus und Martialismus, von Kulturschwärmerei und Zivilisationsbetrieb, von Nationalismus und Internationalismus, von Religion und Naturwissenschaft, von Intuition und Rationalismus und ungezählt viele mehr. Man verzeihe das Gleichnis, aber der Zeitmagen ist verdorben und stößt in tausend Mischungen immer wieder Brocken der gleichen Speise auf, ohne sie zu verdauen." (Robert Musil, Das hilflose Europa, 1922) Danksagung Ich möchte mich an dieser Stelle bei denjenigen bedanken, die mir über die Jahre der Fertigstellung dieser Arbeit in unterschiedlichster Weise geholfen haben. Für eine Promotion bedarf es nicht nur einer wissenschaftlichen Unterstützung, sondern auch des Zuspruchs und der steten Ermunterung, nicht an einer Klippe zu scheitern. Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Siegfried Jäger und Dr. Margarete Jäger, die mich stets unterstützten und mir mit Rat und Tat zur Seite standen. Mein besonderer Dank gilt auch Prof. Dr. Xavier Giró. Er verstand es in unnachahmlicher Weise, durch Ideen und Temperament meine Arbeit zu beschleunigen. Mein besonderer Dank gilt auch Ina Ruth und ihren Eltern, die leider die Fertigstellung dieser Arbeit nicht mehr erleben konnten. Für ihre intensive Betreuung danke ich auch Gabriele Cleve und Ernst Schulte-Holtey und Dirk Schulze, Dr. Rüdiger Buß sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung und der Diskurswerkstatt im DISS. Falls das Wort ‚Danke’ reicht, so möchte ich dies gerne an meine Eltern richten. Unentschuldbar ist sicherlich ihr Verlust von ‚Nerven’ und Schlaf in manchen Nächten, die die Fertigstellung dieser Arbeit begleiteten. Inhaltsverzeichnis 1.0 EINLEITUNG 5 1.1 Diskursiver Hintergrund 7 2.0 FORSCHUNGSSTAND: GESCHLECHT ALS GEGENSTAND DES WISSENS 21 2.1 Historische Analysen: Thomas Laqueur: Auf den Leib geschrieben 21 2.2 Kategorisierungen contra Zerstreuung. Der Begriff des Geschlechts in der Forschung 30 2.3 ‚Mann’ als Untersuchungsgegenstand 40 3.0 THEORETISCHER TEIL 45 3.1 Diskurs und Sagbarkeitsfelder 45 3.2 Spezial- und Interdiskurs 47 3.3 Zur Funktion der Kollektivsymbolik und ihrer diskursiven Bedeutung 49 3.4 Die Verschaltung der Diskurse: Dispositive 54 3.5 Der machttheoretische Aspekt bei Michel Foucault: Biomacht 60 3.6 Anschlüsse an Foucault: Jürgen Links Normalismuskonzept: Normalismus: Ein Dispositiv moderner Gesellschaften - Regulation durch Normalität 66 3.7 Zu Geständnis und Geständnisliteratur 72 3.8 ‚Ganz privat’: Das Interview 75 3.9 Über die Schwierigkeit des Begriffs des ‚Bildes’ 76 3.10 Medien: Kein Spiegel der Gesellschaft 80 3.11 Medien aus diskursanalytischer Perspektive 84 4.0 METHODE 89 4.1 Das Verfahren der Kritischen Diskursanalyse 89 5.0 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNGEN 97 5.1. Empirischer Teil 1: Der Mann im hegemonialen Printmediendiskurs: Darstellung des Corpus 98 5.1.1 Das Material 100 5.1.2 Charakterisierung der analysierten Zeitungen/Zeitschriften 103 5.1.3 Der Zeitraum 109 5.1.4 Der Mann in der ‚Diskursmaschine Medien’ 112 5.1.5 Konzeption des Korpus: 113 5.1.6 Überblick und Auffälligkeiten 117 5.1.7 Das Korpus: Gewinner, Sieger und ein paar Verlierer 119 5.1.8 Vom Korpus zum Dossier 122 5.2 Gemeinsamkeiten und Differenzen: Ein synoptischer Vergleich der Subjektkategorie Mann in Diskurssträngen hegemonialer Printmedien 122 5.2.1. Männer und Macht: Überblick Politik 123 5.2.2 Womit Mann sein Geld verdient: Überblick Beruf 1997 142 5.2.3 Menschliche Maschinen und Raubtiere: Überblick Sport 172 5.2.4 VIPs und solche, die es gern sein würden: Übersicht Prominenz 1997 199 5.2.5 Mann – Gatte – Vater? Überblick Familie 1997 218 5.2.6 Gesund und fit: Überblick Gesundheit und Krankheit 236 5.2.7 Gegen das Gesetz: Überblick Kriminalität 246 5.2.8 Medien über Männer: Wann ist Mann ein Mann? Gesamtüberblick - Strukturanalyse 256 5.3 EMPIRISCHER TEIL 2: SUBJEKTPOSITIONEN UND PROBLEMLAGEN IN INTERVIEWS - DARSTELLUNG DES KORPUS 260 5.3.1 FOCUS-Interviews: Applikationsvorgaben-Maschine für Männer 260 5.3.2 Indizierung der Datenbank zu FOCUS Interviews: 261 5.4 Auswertung des Analyseleitfadens zu den Focus-Interviews 262 5.4.1 Analyseergebnisse des Parameters: ‚Problemkategorie’ 263 5.4.2. Beschreibung sozialer Beziehungen in Interviews - allgemein - 266 5.4.3. Soziale Beziehungsprobleme und deren dominante Lösungsstrategien 268 5.4.4 Beschreibung einzelner Personen 272 5.4.5 Soziale Beziehung - Frauen, Familie und Partnerschaft 275 5.4.6 Aussagen zur eigenen Person 291 5.4.7 Aussagenfeld: Beruf 306 5.4.8 Die Thematisierung von Politik 312 5.4.9 Das Innere, seine Bedrohungen und seine Visionen 318 5.4.10 Kollektivsymbolik und Subjektivität 332 5.4.11 Gesamtfazit der Interviewanalyse 339 6.0 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 343 6.1 Diskursive Techniken zur Konstituierung der Applikationsvorgabe moderne Männlichkeit 343 6.2 Konstituierungsmerkmale: Moderne Männlichkeit 348 6.3 Ausblick 351 7.0 QUELLENNACHWEIS 353 7.1 Primärquellen 1 353 7.2 Primärquellen 2 353 8.0 LITERATUR 357 5 1.0 Einleitung In dieser Arbeit wird analysiert, welche Formen moderner Männlichkeit durch hegemoniale Printmedien (re-)produziert werden. Aus verschiedensten Gründen ist eine derartige Untersuchung ungewöhnlich. Zwar entwickelt sich in Deutschland seit einigen Jahren ein zunehmendes Interesse an geschlechtsspezifischer Forschung, doch liegt hier häufig der Schwerpunkt bei der Erforschung von Frauenbildern. Aus unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen wird hier ergründet, welche Subjektivitätsformen Frauen in historischen und aktuellen Diskursen einnahmen und einnehmen. Die Autorinnen des Bandes nur „Models und Machos?“ konstatieren: „Männer existieren, wenn überhaupt, nur als eine Art Nullpunkt, an dem man das ‚andere’ Geschlecht misst – sie haben sich zu einem menschlichen Abstraktum aufgelöst.“ (Hackl, Prommer, Scherer [Hg.] 1996, S. 7) Ein wissenschaftliches Interesse an Männlichkeit artikuliert sich zumeist nur dann, wenn ‚extreme’ oder ‚nicht hegemoniale’ Männertypen in die öffentliche oder auch wissenschaftliche Diskussion geraten. So wird etwa beim Aufkommen rechtsextremistisch motivierter Gewalt ergründet, welchem ideologischen Weltbild diese männlichen Täter anhängen. Der Skinhead wird zum Gegenstand des öffentlichen Interesses. Ebenso werden Männer zum Thema gemacht, wenn es um ihre sexuellen und/oder partnerschaftlichen Präferenzen geht. Hier erscheinen Männer wahlweise als Machos, Softies oder als Homosexuelle. Welches Männerbild allerdings täglich bzw. wöchentlich durch Zeitschriften oder Nachrichtenmagazine reproduziert wird, die keine ‚special interests’ einer Leserschaft bedienen, ist forschungs- wissenschaftlich weitgehend unbekannt. 6 Auf die Folgen eines mehrheitlich geteilten Männerbildes, das sich an menschenfeindlichen Idealen orientiert, wies bereits Theodor W. Adorno hin. In dem Bemühen zu erklären, wie es zur Shoa und den Gräueln des Nationalsozialismus kommen konnte, sieht Adorno einen Grund auch darin, dass gerade die daran Beteiligten einem Männlichkeitsideal folgten, das die unbeschreibliche Brutalität gegen Menschen zuließ: „Die Vorstellung, Männlichkeit bestehe in einem Höchstmaß an Ertragenkönnen, wurde längst zu einem Deckbild eines Masochismus, der wie die Psychologie dartat – mit dem Sadismus nur allzu leicht zusammenfindet.“ (Adorno 1971, S. 96) Adorno verweist hier darauf, dass sich bestimmte Männlichkeitsideale auch gegen die sie reproduzierenden Männer wenden können. Ein solches Ideal hat allerdings auch weitreichende negative Konsequenzen für andere Menschen: „Wer hart ist gegen sich, der erkauft sich das Recht, hart auch gegen andere zu sein, und rächt sich für den Schmerz, dessen Regungen er nicht zeigen durfte, die er verdrängen mußte.“ (Adorno 1971, S. 96) Die hier thematisierten psychologischen Ausführungen werfen die Frage auf, ob und inwiefern moderne Männlichkeit durch die beschriebenen Ideale gekennzeichnet ist. Hierzu bedarf es allerdings eines erweiterten theoretischen und methodischen Konzeptes. Ein solches Verfahren stellt das der ‚Kritischen Diskursanalyse’ dar, welches von Siegfried Jäger im Anschluss an die Arbeiten von Michel Foucault und Jürgen Link entwickelt wurde. Gerade für die Untersuchung von Medien, die einen entscheidenden Einfluss auf die Konstituierung von Subjekten haben, liefert dieses Verfahren wissenschaftlich fundierte Kriterien zur Analyse. 7 Das Verfahren der Kritischen Diskursanalyse stellt einen modernen Zweig der linguistischen Textanalyse dar. Hierbei dienen diskurs- und normalismustheoretische Überlegungen als Basis, den in der traditionellen Linguistik1 enggefassten ‚Textbegriff’ zu erweitern und sie ermöglichen es, die Bedeutung von Texten innerhalb eines gesamtgesellschaftlichen Kontextes zu betonen. Damit stellt die Diskurstheorie eine Basis dar, um den traditionellen Textbegriff zu erweitern und so Diskurs- und Textanalyse zu einem grundlegenden kulturwissenschaftlichen Verfahren werden zu lassen. Ferner kann durch diese Perspektive auch die