Felicitas Kukuck (Geb
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Kukuck, Felicitas Jugend, Wolfenbüttel: 1980, S. 13). Profil Nach ihrem Kompositionsstudium bei Paul Hindemith hatte sie während der NS-Zeit Unterrichtsverbot und konzentrierte sich auf das Komponieren. Sie schuf neben Instrumentalwerken ein umfangreiches Œuvre geistli- cher und weltlicher Vokalmusik, von einfachen Sätzen bis zu mehrstimmigen Motetten und abendfüllenden Ora- torien. Dem Diktum ihres Kompositionslehrers folgend, berücksichtigte sie dabei stets Ort und Zweck der Auffüh- rung und das Können der Interpreten. Für Laien gute Musik zu schreiben betrachtete sie als Herausforderung, komplexe Klänge waren kein Selbstzweck, sondern Ausd- ruck in Töne gefasster Bedeutung. Musik war für sie Kommunikation, und es waren, wie sie selbst einmal sag- te, „die Worte“, die sie „entzünden.“ Orte und Länder In Hamburg geboren studierte und wirkte Felicitas Kuku- ck zunächst in Berlin, kehrte 1945 nach Kriegsende nach Hamburg zurück und arbeitete dort bis zu ihrem Tod 2001. Biografie Die am 2. November 1914 in Hamburg geborene Felicitas Kukuck (geb. Cohnheim, umbenannt in Kestner) studier- te vor dem Zweiten Weltkrieg an der Berliner Musikhoch- Felicitas Kukuck, Foto ca. 1950 schule Klavier bei Carl-Adolf Martienssen und Rudolf Schmidt, Flöte bei Gustav Scheck und Komposition bei Felicitas Kukuck Paul Hindemith. Mit Bestehen der Staatlichen Privatmu- Geburtsname: Felicitas Anna Maria Dora Felicitas siklehrerprüfung erhielt sie 1937 die Lehrbefähigung für Cohnheim Klavier und legte 1939 die künstlerische Reifeprüfung Varianten: Felicitas Cohnheim, Felicitas Kestner, für Klavier ab. Obgleich sie als „Nicht-Arierin“ keine Un- Felicitas Anna Maria Dora Felicitas Kukuck, Felicitas terrichtserlaubnis erhielt, gab sie Klavierstunden und Anna Maria Dora Felicitas Kestner Blockflötenkurse. 1939 heiratete sie Dietrich Kukuck, und 1940 wurde ihr erster Sohn geboren. 1941 wurde ih- * 2. November 1914 in Hamburg, Deutschland re Sonate für Querflöte und Klavier in Berlin uraufge- † 4. Juni 2001 in Hamburg, Deutschland führt, 1942 erschienen erstmals drei kleine Instrumental- werke im Schott-Verlag. Während des Krieges bot sie ei- Komponistin, Flötistin, Texterin, Chorleiterin, ner untergetauchten Jüdin Zuflucht und Hilfe bei der Le- Klavierlehrerin, Musiklehrerin, Kompositionslehrerin, bensmittelbeschaffung. 1945 kehrte sie mit einem Flücht- Herausgeberin lingstreck nach Hamburg zurück, wo sie bis zu ihrem Tod lebte und arbeitete. 1946 kamen ihre Zwillingstöch- „Ich selber blieb in Deutschland. Die Musik – die deut- ter zu Welt, 1948 ihr jüngster Sohn. sche Musik, das Land Johann Sebastian Bachs hielt mich fest. Hier war ich verwurzelt. Hier wollte ich leben. Ich Unter dem Einfluss von Gottfried Wolters wandte sie si- wäre nie fortgegangen.“ (Eike Funck im Gespräch mit Fe- ch verstärkt der Vokalmusik zu. Sie engagierte sich in licitas Kukuck. In: Intervalle I, Arbeitskreis Musik in der der Laienmusik und Musikerziehung; hierbei entstand – 1 – Kukuck, Felicitas ihr bekanntestes Lied „Es führt über den Main“. Die Zu- wurde als „Vierteljüdin“ eingestuft, weil ihr Vater auf Bet- sammenarbeit mit Musikern und Musikerinnen – Chor- reiben von Theodor Lewald, als Organisator der Olympi- leitern, Sängern, Instrumentalisten, Kantoren und Schul- schen Spiele 1936 nicht ohne Einfluss, offiziell als „Halb- musikern – erwies sich als starke Quelle der Inspiration jude“ galt, obwohl er mit Benjamin und Dorothea Cohn- für ihr Schaffen. Für die Liedblattreihe „Das Singende heim, geb. Salomon sowie Otto Lewald drei jüdische Gro- Jahr“ schrieb sie zahlreiche Lieder und Liedsätze. 1967 ßeltern hatte. Dass es möglicherweise von lebenswichti- gründete sie einen Chor, mit dem sie viele ihrer Werke ger Bedeutung sein könne, über diesen „vergessenen“ jü- uraufführte. Von 1971 bis 1981 unterrichtete sie Musik dischen Vorfahren Stillschweigen zu bewahren, war ihr an einer Schule für Tanz und tänzerische Gymnastik und wie allen anderen Familienmitgliedern bewusst. schrieb ihren Schülerinnen für deren Abschlussprüfun- gen Kompositionen auf den Leib. Im Auftrag von Kir- Ihr Vorhaben, Schulmusikerin zu werden, musste sie we- chenmusikern entstanden in vier Jahrzehnten Werke gen ihrer „nicht-arischen“ Herkunft aufgeben. Stattdes- vom Kanon für den Gottesdienstgebrauch bis hin zu sen nahm sie nach dem Abitur an der Odenwaldschule abendfüllenden Oratorien und Kirchenopern. das Musikstudium an der Staatlichen Akademischen Hochschule für Musik in Berlin auf. Von Oktober 1935 Ihr Werkverzeichnis umfasst über tausend Werke, unter bis März 1937 studierte sie Klavier bei Carl-Adolf Marti- anderem zwei Oratorien, zwei Kirchenopern, zwei Mes- enssen. Im März 1937 bestand sie die Staatliche Privat- sen, zahlreiche Kantaten und Motetten, Kammermusik, musiklehrerprüfung mit der Lehrbefähigung für Klavier, Chorlieder und solistische Lieder. 1994 verlieh ihr die erhielt aber als „Nicht-Arierin“ keine Unterrichtserlaub- Stadt Hamburg die Johannes-Brahms-Medaille. Sie st- nis. Sie setzte ihr Musikstudium fort, studierte bis Juli arb am 4. Juni 2001. 1939 Flöte bei Gustav Scheck und Klavier bei Rudolf Sch- midt. Bei Paul Hindemith, der im Nebenfachunterricht Mehr zu Biografie Musiktheorie lehrte, studierte sie Komposition. Den Un- Felicitas Kukuck (Mädchenname Cohnheim) wurde am terricht in der Kompositionsklasse Hindemiths besch- 2. November 2014 in Hamburg geboren. Aufgrund einer reibt sie als intensiv und prägend; er wurde für sie die elterlichen Namensänderung erhielt sie 1917 den Nachna- entscheidende Wende ihres Lebens als zukünftige Kom- men Kestner. Ihre Eltern, der Physiologe Otto Kestner ponistin. Felicitas Kukuck erinnert sich: „…das interess- und die Sängerin Eva, geb. Barth, förderten ihre künstle- anteste und anregendste, was wir bei ihm lernten, war rische Entwicklung von Kindheit an und ermöglichten die einstimmige Melodie! Es durfte kein Lied sein, kein ihr den Besuch von Schulen, in denen Musik einen ho- Sonatenthema, kein Fugenthema, sondern Die Melodie hen Stellenwert besaß, insbesondere der reformpädagogi- „an sich“. Diese Melodien wurden gemeinsam analysiert schen Lichtwark-Schule und nach deren „Gleichschal- und auf ihre melodische, harmonische, formal-rhythmi- tung“ 1934 der „Schule am Meer“ auf Juist unter Leitung sche Gestalt abgehorcht und beurteilt. Diese Untersu- von Martin Luserke. Zu ihren Lehrern gehörten Eduard chungen waren das interessanteste und anregendste, Zuckmayer (Musik), Edith Weiss-Mann (Klavier) und Ro- was ich in meinem Studium erlebt habe.“ (Autobiogra- bert Müller-Hartmann (Harmonielehre). Als Schülerin phie: http://www.felicitaskukuck.de/Autobiogra- der Lichtwark-Schule in Hamburg wirkte sie an der Auf- phie_FKukuck.pdf, S. 10). Neben dem Studium spielte führung der Oper „Der Jasager“ von Bertold Brecht, Eli- sie im Hochschulorchester Flöte und sang im Hochschul- sabeth Hauptmann und Kurt Weill mit und schrieb 1932 chor sowie im a cappella-Chor von Kurt Thomas. Am 30. zum 100. Todesjahr von Johann W. von Goethe eine Re- Juni 1939 bestand sie an der Musikhochschule die Ab- vue mit dem Titel „Mond von?“. Das engagierte Eintre- schlussprüfung in Klavier bei Rudolf Schmidt und erhielt ten des Vaters für die Weimarer Republik prägte sie auch das Reifezeugnis. In ihrer Abschlussprüfung spielte sie in weltanschaulicher Hinsicht. Ihr Abitur absolvierte sie die 2. Klaviersonate Paul Hindemiths, obgleich ihr Kla- nach der Schließung der „Schule am Meer“ an der Oden- vierlehrer ihr davon abgeraten hatte, weil er wegen der waldschule nationalsozialistischen Einstufung der Musik Paul Hinde- miths als „kulturbolschewistisch“ Nachteile für seine Stu- Die nationalsozialistische Machtübernahme bedeutete ei- dentin befürchtete. Als Motiv nannte sie ihre „Vereh- nen tiefen Einschnitt in ihrem Leben. Erst jetzt erfuhr rung“ für ihren Lehrer, dem sie „unendlich viel verdan- die Neunzehnjährige von ihrer jüdischen Herkunft. Sie ke“ (Autobiographie: http://www.felicitaskukuck.de/Au- – 2 – Kukuck, Felicitas tobiographie_FKukuck.pdf, S. 12). reihe „Das Singende Jahr“ komponierte sie seit 1951 zahl- reiche Lieder und Liedsätze. Mit seinem Norddeutschen Am 3. Juli 1939 heiratete sie ihren Freund Dietrich Kuku- Singkreis führte Wolters eine Reihe ihrer Werke auf, dar- ck, den sie aus der Lichtwark-Schule kannte und mit unter die Motette „Mariae Verkündigung“ und zusam- dem sie in Berlin seit 1936 zusammenlebte. Sie trat im men mit dem Niedersächsischen Singkreis unter Leitung Herbst 1939 mit einer Sondergenehmigung als Kompo- von Willi Träder das Oratorium „Der Gottesknecht“. Wei- nistin in die Reichsmusikkammer ein, nachdem das tere Werke im Bereich der Kirchenmusik entstanden im mehrfach befragte Gau-Personalamt der NSDAP keine Auftrag von Musikerkollegen und wurden ebenfalls in politischen Bedenken erhoben hatte, „sofern sie bei Ver- Hamburg uraufgeführt, so das Oratorium „Das kommen- anstaltungen der NSDAP sowie deren Organisationen de Reich. Die Seligpreisungen“ (1953) beim 5. Deutschen nicht auftritt und auch nicht im schöpferischen Sinne tä- Evangelischen Kirchentag in St. Petri, die „Missa de Sanc- tig wird.“ (Bundesarchiv, Berlin, http://www.bundesar- ti Gabrielis Archangeli“ (1968) zur Einweihung von St. chiv.de/: enthält: Reichskulturkammerakte (Sign.: ehem. Gabriel in Volksdorf, die geistliche Oper „Der Mann Mo- BDC, RK R 16, Bild.-Nr. 798 ff.). 1940 kam ihr erster se“ (1986) und das szenisch aufgeführte Oratorium „Ecce Sohn während eines Luftangriffs zur Welt. Im Winter Homo“ (1991). 1940/1941 gab sie einen Kompositionsabend, der sehr po- sitive Kritiken