I N I T I A T I V E E N T W I C K L U N G S R I C H T U N G A N T H R O P O S O P H I E Ein Nachrichtenblatt für Mitglieder und Freunde

E i n N a c h r i c h t e n b l a t t Nachrichten für Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft und Freunde der Anthroposophie

7. Jahrgang, Nr. 22 29. Oktober 2017 Administration / Herausgabe Roland Tüscher, Kirsten Juel. Die Verantwortung für die Beiträge liegt bei den Autoren. © Alle Rechte vorbehalten.

Diese Ausgabe ist einer Initiative für die Rehabilitierung von und Elisabeth Vreede gewidmet

I N H A L T : Text einer Broschüre der Initiative – Eva Lohmann-Heck und Thomas Heck. | Brief an die Vorstände der Weltgesellschaft und einiger Landesgesellschaften – Marijcke van Hasselt | Hintergründe, [email protected], Plädoyer für eine andere Haltung – Marijcke1 van Hasselt | Dokumentation zum Nr. Antrag22, 29. Oktober 6 an 2017 der GV der AAG 2017 – Thomas Heck.

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1 4 Ita Wegman (1876-1943) Elisabeth Vreede (1879-1943)

„Lange Zeit trug sich Ita Wegman mit der Absicht, ihre „Frl. Vreede ist eine von denjenigen, die am besten Erinnerungen an aus der letzten Zeit meine Vorträge verstehen» seines Lebens – der Kulmination der Anthroposophie – – sagte Rudolf Steiner über jene Frau, die er aufgrund niederzuschreiben. 2 Viele Vorgänge und Situationen um ihrer besonderen Fähigkeiten in den esoterischen den geistigen Lehrer, insbesondere aber Rudolf Steiners Vorstand am berief und der er die mathe- eigene Situation in den Jahren 1923 bis 1925 hatte matisch-astronomische Hochschulabteilung übergab Dr. Wegman, als vertraute Mitarbeiterin und Ärztin, aus J. Emanuel Zeylmans van Emmichoven bezeichnete nächster Nähe miterlebt; vieles hatte ihr Rudolf Steiner Elisabeth Vreede (1879 - 1943) als die «okkult gebil- im persönlichen Gespräch, unter vier Augen, mitgeteilt detste» Persönlichkeit in Steiners Führungsgremium, und anvertraut. Die letzten sechs Monate seines Lebens und viele Menschen hatten an ihr wegweisende Erleb- hatten sie gemeinsam verbracht, in der Zeit von nisse der Bewusstseinsseele. Dennoch wurde sie 1935 Rudolf Steiners Krankenlager in seinem Dornacher von all ihren Ämtern in enthoben und nie re- Atelier; aber auch in den Monaten zuvor, ja in der habilitiert.“ ganzen Zeit seit dem Brand des ersten Goetheanum, war Ita Wegman Rudolf Steiner nahe gestanden und in «Frl. Dr. phil. Elisabeth Vreede war ein Mitglied des vieles einbezogen gewesen. Mit der Weihnachtstagung Vorstandes, auf dessen Meinung man sehr wenig, fast der Anthroposophischen Gesellschaft und der könnte man sagen, gar keinen Wert legte», schrieb Lilly

Begründung der «Ersten Klasse», als einer «esoterischen Kolisko. Von der Größe ihrer Individualität, auch im Schule des Goetheanum», einer «Michael-Schule», war Umgang mit tragischen Verkennungen, legt die im sie verbunden wie wenig andere Menschen. 3 Sie selbst Ita Wegman Institut im 66. Todesjahr Elisabeth Vreedes hatte «die Parzivalfrage nach der neuen Esoterik» erarbeitete Monographie Zeugnis ab, mit vielen bisher (Rudolf Steiner) gestellt und war dem Lehrer bedin- unveröffentlichten Dokumenten.“ gungslos zur Seite gestanden – im Aufbau der Freien Rudolf Steiner 5 sagte über Elisabeth Vreede: Hochschule, der Medizinischen Sektion und der „Frl. Dr. E. Vreede ist unermüdlich tätig, die Anthroposophischen Gesellschaft, in schwierigen Anthroposophie in das Gebiet der mathematischen Entscheidungsjahren“. Wissenschaften einzuführen ... sie verbindet gründliche anthroposophische Einsicht mit einer ausgezeichneten Klarheit darüber, wie Anthroposophie in die Einzelwis-

senschaften eingeführt werden soll.“

Am 14. April 1935 wurden die von Rudolf Steiner eingesetzten Vorstandsmitglieder Ita Wegman und

Elisabeth Vreede aufgrund eines Generalversamm- lungsbeschlusses als Vorstände der Allgemeinen 6 Anthroposophischen Gesellschaft abgesetzt .

1 Aus dem Vorwort zu: Wegman-Selg (Hg.): Erinnerungen an 5 Rudolf Steiner, 2011. van Deventer/Knottenbelt (Hg.): Elisabeth Vreede – Ein Lebens- 2 Vgl. Notizbuch Nr. 23, Mai/Juni 1925 (Ita Wegman Archiv, bild , 1976. 6 ). Ausserdem wurden an dieser Generalversammlung weitere nam- 3 Vgl. Selg: Rudolf Steiner und die Freie Hochschule für Geisteswis- hafte Persönlichkeiten sowie der niederländische und der englische Landesverband aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Diese Be- senschaft. Die Begründung der „Ersten Klasse“ , Arlesheim 2008. schlüsse wurden bereits 1948 durch erneuten Generalversamm- 4 Der folgende Text ist der Innenklappe des Buches Elisabeth lungsbeschluss aufgehoben, nicht jedoch die Ausschlüsse aus dem

Vreede 1879-1943 von , Arlesheim 2009, entnommen. Vorstand von Ita Wegman und Elisabeth Vreede. [email protected] 2 Nr. 22, 29. Oktober 2017

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Hintergrund der Beschlüsse von 1935 7 Damit ergibt sich die Situation, dass zentrale Organe der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft, die Generalversammlung und der restliche Vorstand, auf- Ita Wegman und Elisabeth Vreede sowie ihren angebli- grund von Missverständnissen und Unwahrheiten die chen „Anhängern“ wurden nach Rudolf Steiners Tod von Rudolf Steiner selber bei der Weihnachtstagung schwere Vergehen und zerstörerisches Verhalten eingesetzten und hochgeschätzten Vorstandspersönlich- gegenüber der Allgemeinen Anthroposophischen Ge- keiten von ihrer weiteren Wirkensmöglichkeit innerhalb sellschaft 8, dem Geist der Weihnachtstagung und den der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft aus- Impulsen der Anthroposophie vorgeworfen. Diese Be- geschlossen haben. hauptungen, die unter aktiver Beteiligung der anderen Vorstandsmitglieder mit erheblichem Aufwand (mit Zu einer Rehabilitierung der beiden Persönlichkeiten Hilfe der sogenannten „ Denkschrift “) 9 im Nachrichten- würde gehören, dass ihr Wesen und Wirken im Dienste blatt der Gesellschaft in der Mitgliedschaft verbreitet der Anthroposophie und als Mitarbeiter Rudolf Steiners wurden, bildeten die Grundlage für die an der General- erkannt und gewürdigt werden, dass die Umstände versammlung 1935 gefassten Beschlüsse. Dabei waren und Ereignisse, die zu den Ausschlüssen führten, Ita Wegman und Elisabeth Vreede bereits lange zuvor im Sinne einer Selbsterkenntnis der Allgemeinen faktisch von der Leitungstätigkeit im Vorstand ausge- Anthroposophischen Gesellschaft ins Bewusstsein schlossen worden, mit dem formalen Ausschluss aus gehoben und ver- arbeitet werden und dass das gesche- dem Vorstand wurde dies endgültig besiegelt. hene Unrecht als solches anerkannt sowie der Beschluss aus dem Jahr 1935 aufgehoben wird. Nur so können wir Bei den damals angegebenen Begründungen handelte es innerhalb der Allgemeinen Anthroposophischen Gesell- sich um Missverständnisse, Unterstellungen und schaft auf einem Boden stehen, der im Sinne einer Verleumdungen, dies war für einige Mitglieder schon Bewusstseinsseelenverfassung wach und wahrhaftig ist, damals deutlich erkennbar. Allerdings konnten sie mit und von dem aus eine fruchtbare Wirksamkeit der ihren Zuschriften, Anträgen und Redebeiträgen nicht verantwortlich Tätigen für die Anthroposophie über- durchdringen. haupt nur möglich sein kann. Über die Tatsache, dass die damaligen Ausschlüsse zu „Aber darauf möchte ich aufmerksam machen, dass Unrecht erfolgten, besteht inzwischen weitgehend unsere jetzige Versammlung nur fruchtbar werden Einigkeit. Aus heutiger Sicht war es nicht das Handeln kann, wenn auf Grundlage der Erkenntnis der Mangel- Ita Wegmans und Elisabeth Vreedes, welches den haftigkeiten – die ja wohl zugegeben werden – also der Intentionen Rudolf Steiners und dem Impuls der konkreteren Erkenntnis desjenigen, was mangelhaft ist, Weihnachtstagung entgegen stand, sondern das 10 zu einer Gestaltung des Positiven geschritten wird.“ Handeln derjenigen, welche für die Ausschlüsse verantwortlich waren. Diese Worte Rudolf Steiners stammen aus dem Schick- sals- und Krisenjahr nach dem Brand des Goetheanum

1923, in dem er unermüdlich und mit höchstem Einsatz 7 Diesbezügliche Quellenangaben und Hinweise zur Geschichte der dafür tätig war, das Bewusstsein der Mitglieder für die Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft finden sich über den dringend erforderliche Selbsterkenntnis und Konsoli- Internet-Link: www.wegman-vreede.com. dierung der Gesellschaft zu wecken. 8 In Bezug auf das Verhältnis zwischen unserer Allgemeinen An- Welche Bedeutung haben die Ausschlüsse von 1935 zum throposophischen Gesellschaft und der von Rudolf Steiner an Weih- nachten 1923/24 gegründeten Anthroposophischen Gesellschaft gibt einen für die übersinnliche anthroposophische Bewegung es bis heute unterschiedliche Auffassungen, worauf an dieser Stelle und zum anderen für die Allgemeine Anthroposophische nicht näher eingegangen werden kann. Es liegen hier allerdings For- Gesellschaft auf Erden? schungsfragen von grosser Tragweite vor. 9 In den Karmavorträgen von 1924 schildert Rudolf Bei der „ Denkschrift über Angelegenheiten der Anthroposophi- schen Gesellschaft in den Jahren 1925-1935 “ handelt es sich in Steiner, wie sich in der geistigen Welt jene Seelen aus Wirklichkeit um eine Kampfschrift mit einem Umfang von 154 allen alten Mysterienströmungen um Michael versam- Seiten, mit welcher der Ausschluss von Ita Wegman und Elisabeth melten, welche den Christus-Impuls suchten. Zur Ret- Vreede aus dem Vorstand sowie der Ausschluss namhafter Mitglie- der und der Landesverbände von Holland und England begründet wurden. Diese „Denkschrift“ wurde offiziell von der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft bis 1949 vertrieben und inhaltlich 10 nie widerrufen. GA 259, 1991, S. 377. [email protected] 3 Nr. 22, 29. Oktober 2017

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Tung der gesamten Erdenzivilisation wollten sich diese Vom einstigen Urvorstand und der durch ihn repräsen- Seelen der verschiedensten karmischen und geistigen tierten relativen Vielfalt geistiger Strömungen waren Strömungen am Ende des 20. Jahrhunderts vereinen, nur noch und Guenther Wachsmuth ge- um gemeinsam die Anthroposophie in ihrer Kulturwirk- blieben, die in einer unvermeidbaren Einseitigkeit nun samkeit zu einer Kulmination zu führen. über Jahrzehnte bestimmend blieben für die weitere Entwicklungsrichtung der Allgemeinen Anthroposophi- Wir können davon ausgehen, dass im Urvorstand der schen Gesellschaft. Diese versank langsam in den Zu- Weihnachtstagung 1923/24 von Rudolf Steiner wesent- stand der Lähmung und Wirkungslosigkeit, für Jahr- liche Repräsentanten dieser Strömungen vereint worden zehnte, auf den Rudolf Steiner als drohende Gefahr waren. Durch die Ausschlüsse von 1935 wurden nicht hingewiesen hatte, wenn der Impuls der Weihnachtsta- nur bedeutende geistige Schüler Rudolf Steiners aus gung nicht aufgenommen würde. „Anthroposophie wird dem Vorstand „ausgesondert“, sondern auch besonders sicher nicht aus der Welt geschafft. Aber sie könnte für herausragende Mitarbeiter auf wissenschaftlichem und Jahrzehnte und länger, ich möchte sagen, in einen la- medizinisch-therapeutischem Felde von ihren Sektions- tenten Zustand zurücksinken. Es wäre aber Ungeheures feldern und Aufgabengebieten innerhalb der Allgemei- verloren für die Entwicklung der Menschheit.“ 13 nen Anthroposophischen Gesellschaft abgeschnitten. Vor allem jedoch werden mit ihnen – und etwa zwei- An dieser Stelle sei angemerkt, dass in keinster Weise tausend weiteren Mitgliedern, die 1935 aus der Gesell- eine absolute Verurteilung der Persönlichkeiten Albert schaft ausgeschlossen wurden – ganze Teile der über- Steffen und Guenther Wachsmuth intendiert ist oder er- sinnlichen anthroposophischen Bewegung abgespalten. folgen darf. Auch ihr Einsatz für die Anthroposophie ist Von welcher Tragweite dies wirklich gewesen sein mag hoch zu schätzen. Wir verdanken z.B. Guenther und welche Entwicklungen damit verhindert wurden bis Wachsmuth, dass der Bau des zweiten Goetheanum heute, lässt sich kaum ermessen. überhaupt möglich wurde und Albert Steffen seine grossartigen Dichtungen, Dramen und heilenden Bilder. Im Laufe der nächsten Jahre wurde auch Marie Steiner, Es darf jedoch auch nicht darüber hinweggesehen wer- die an den Ausschlüssen ihrer Vorstands-Kolleginnen den, wie durch diese beiden Vorstände die Gesell- beteiligt war, von der Mitwirkung im Vorstand und der schaftsentwicklung geprägt wurde. Einen Fortschritt in Gestaltung der Gesellschaft ausgeschlossen. Damit war Richtung einer Bewusstseinsseelenhaltung könnte es auch das weibliche Element des Urvorstandes vollstän- bedeuten, wenn wir in den Taten eines Menschen das dig beseitigt. Die Bedeutung eines Gleichgewichtes in Wirken der Gegenmächte erkennen können 14 , ohne da- männlich-weiblicher Wirksamkeit für die erneuerte durch die Liebe zu ihm als Mensch zu verlieren oder Esoterik wurde von Rudolf Steiner jedoch schon in den sein wahres Streben zu verkennen. Wir könnten den ge- frühen esoterischen Stunden besonders betont. samten Werdegang der Allgemeinen Anthroposophi- Vor dem Hintergrund der Abendvorträge, die Rudolf schen Gesellschaft im Lichte des permanenten Schei- Steiner bei der Neugründung der Anthroposophischen terns und Versagens der Mitglieder sehen, uns einge- Gesellschaft im Dezember 1923 hielt, und aus denen schlossen, weil wir es mit „starken gegnerischen Mäch- sein über Jahrtausende währendes Zusammenwirken ten, dämonischen Mächten“ 15 zu tun haben, welche - mit Ita Wegman im Dienste Michaels sichtbar wird, er- „gegen die anthroposophische Bewegung anstürmen“ 15 scheint der Ausschluss vor allem Ita Wegmans aus dem und „die sich ja doch der Menschen auf Erden be- Vorstand von besonderer Tragik und Folgenschwere. 11 dinen“ 15 . Jegliche „innere Opposition“ 16 , von der Als nach der Generalversammlung 1935 13 Elisabeth Vreede aufsuchte und sie von den Ausschlüs- GA 258, 1981, S. 171. Zum Beispiel fanden während des zweiten sen erfuhr, sagte sie, was in Dornach geschehe, habe Weltkrieges vier Jahre lang keine Vorstandssitzungen statt, von Auswirkungen auf das ganze Weltgeschehen. „Der 1943 bis 1949 wurden am Goetheanum keine Klassenstunden gehal- Damm gegen den Nationalsozialismus sei nun gebro- ten – während die Hochschularbeit anderenorts durchaus weiterging. 12 14 chen.“ „Der Mensch kann in dem Glauben leben, ein bestimmter Beweg- grund führe ihn zu einer Handlung; in Wahrheit ist dieser Beweggrund nur die bewusste Maske für einen unbewusst bleibenden….“ Rudolf 11 GA 233, „Die Weltgeschichte in anthroposophischer Beleuch- Steiner, GA 35, S. 349f: „Die Chymische Hochzeit des Christian tung“, sowie u.a.: Zeylmans: Wer war Ita Wegman, Bd. I, 1992. Rosenkreutz“ 12 15 16 Heinz Eckhoff: Schicksal der Menschheit an der Schwelle. Stutt- GA 260a, 1987, S. 235. | Mehrfach in GA 258, besonders gart 1998, S. 96. häufig in GA 259 angesprochen u.a. [email protected] 4 Nr. 22, 29. Oktober 2017

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Rudolf Steiner so häufig sprach – „bis in meine aller- Zur Vorgeschichte dieser Initiative nächste Umgebung hinein“ 17 – entstammte dem Ein- fluss der Gegenmächte. Aufgrund einer Mitgliederinitiative sollte an der Gene- Im Rahmen einer Zweigleitertagung 1988 stellte der ralversammlung 2017 der Allgemeinen Anthroposophi- damalige erste Vorsitzende Manfred Schmid-Brabant schen Gesellschaft der im Jahr 1935 gefasste Beschluss, eindringlich die Frage, wie es möglich sei und wo die der zur Abberufung von Ita Wegman und Elisabeth Ursachen liegen könnten, dass unsere Gesellschaft nur Vreede aus dem Vorstand geführt hatte, aufgehoben rund 60.000 Mitglieder zähle, während mit der weltwei- werden. Durch erst während bzw. unmittelbar vor der ten anthroposophischen Bewegung Hunderttausende Verhandlung des Antrages an der Generalversammlung verbunden seien. Rudolf Steiner habe ja doch von vie- 2017 geäusserte rechtliche und sonstige Bedenken aus len Millionen Seelen gesprochen, welche vorgeburtlich Funktionärs-Kreisen, die im Rahmen der Versammlung den Entschluss gefasst haben, auf Erden die Anthropo- jedoch nicht geklärt werden konnten, verzichteten die sophie zu suchen! Warum finden sie den Weg nicht zu Antragsteller auf die Abstimmung und zogen den An- uns, in unsere Gesellschaft? trag zurück. Damit hat der Beschluss von 1935 weiterhin Vielleicht liegt ja eine der Antworten auf diese Frage in Gültigkeit. Die an der Generalversammlung geäusserten der oben beschriebenen tragischen Entwicklung? Denn Bedenken haben sich inzwischen jedoch als nicht rele- 20 gerade die beiden bzw. drei aus dem Urvorstand ausge- vant erwiesen . schalteten Persönlichkeiten besassen in besonderem Als Mitglieder der Allgemeinen Anthroposophischen Masse die Fähigkeit, aus dem Quell der Anthroposo- Gesellschaft befinden wir uns rechtlich und geistig in phie heraus kulturerneuernd und bis in die Öffentlich- genau der Gesellschaft, deren Organe damals diese Ur- keit herein zu wirken. Indem Ita Wegman und Elisabeth teile gefällt und die entsprechenden Beschlüsse gefasst Vreede als reale Bezugspersonen und Mitgestalter der haben. Wenn wir aber heute vorbehaltlos anerkennen anthroposophischen Gesellschaft fehlten, und die Geste können, dass damals Unrecht geschehen ist und damit der Ausgrenzung seitens der Leitung fortgesetzt wurde, gegen die mit der anthroposophischen Bewegung ver- haben womöglich zahlreiche Seelen über Jahre oder bundenen Intentionen gehandelt wurde, haben wir zum Jahrzehnte den Weg zur Anthroposophie und zur All- Beispiel folgende Möglichkeiten: gemeinen Anthroposophischen Gesellschaft nicht fin- den können. 18 Von Rudolf Steiner stammen die Worte: • Wir distanzieren uns von dem damaligen Gesche- „… dass, wenn uns gelingen würde, all das, was seit hen und bringen so zum Ausdruck, dass wir damit Weihnachten wirkt, wirklich auswirken zu lassen, die nichts zu tun haben wollen bzw. uns dafür nicht Zahl der Mitglieder in verhältnismässig kurzer Zeit verantwortlich fühlen. Gewiss, wir heutigen Mit- verdrei- bis vervierfacht werden könnte.“ 19 glieder waren nicht die damals Handelnden. Da das Geschehene aber untrennbar mit der Allge- meinen Anthroposophischen Gesellschaft ver- bunden ist, müssten wir uns auch von dieser di- stanzieren – und konsequenter Weise austreten. Eine Distanzierung von einem untrennbar zur Ge- sellschaft gehörenden Geschehen bei gleichzeiti- ger Mitgliedschaft oder gar einer Zugehörigkeit zur Leitung der Gesellschaft wäre ein Wider- 17 Zeylmans: Wer war Ita Wegman, Bd. III, 2013, S. 435. spruch in sich. 18 Damit ist nicht gesagt, dass nicht in jedem Einzelnen und in Gruppen Impulse der Weihnachtstagung lebendig sein und gepflegt • Wir erkennen das Unrecht vorbehaltlos an, werden können. Gemeint ist hier die Ebene der Entfaltung der Allge- durchdringen das Geschehene mit Bewusstsein meinen Anthroposophischen Gesellschaft, deren Mitgliederzahlen wei- terhin sinken. Auch wenn die Allgemeine Anthroposophische Gesell- und unserem Verantwortungsgefühl im Sinne der schaft nicht mit der an Weihnachten 1923/24 von Rudolf Steiner neu oben beschriebenen Selbsterkenntnis einer Gesel- gegründeten Anthroposophischen Gesellschaft identisch wäre, könnten wir ja dennoch darauf hinarbeiten, soviel wie möglich von den Im- pulsen der Weihnachtstagung in ihr zu verwirklichen! 20 In dieser Ausgabe, Beiträge von Marijcke van Hasselt und 19 GA 260a, 1987, S. 445 Thomas Heck. [email protected] 5 Nr. 22, 29. Oktober 2017

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lschaft, welche dem „Geist der Wahrheit“ dienen Elisabeth Vreede (Mathematisch-Astronomische Sekti- will, heben den Beschluss 21 auf und tragen die sich on) geleitet wurden –, zusätzlich zu den bereits für 2018 möglicherweise daraus ergebenden Konsequen- geplanten Tagungen, Veranstaltungen und Veröffentli- zen. 22, 23 chungen zur Würdigung dieser Persönlichkeiten und ih- rer Leistungen auch durch die Generalversammlung Nur letzteres Vorgehen kann aus Sicht der Unterzeich- 2018 ein wesentlicher Beitrag zu ihrer Rehabilitierung ner dieser Initiative ein angemessener und fruchtbarer geleistet werden kann, indem das damals geschehene Weg sein, wenn wir den ursprünglichen Impulsen Ru- Unrecht anerkannt und der Beschluss von 1935 aufge- dolf Steiners treu bleiben – oder wieder treu werden hoben wird. wollen. Es würde dies zugleich einen grossen Schritt zur Heilung karmischer Brüche bedeuten und zur Selbstheilung, indem die abgespaltenen karmischen Zum Selbstverständnis der Initiative Strömungen wieder aufgenommen und ein gemeinsa- 24 mes, kräftiges Zukunftswirken ermöglicht würde. Die „Initiative zur Rehabilitierung von Ita Wegman und Nachdem eine Aufarbeitung dieser Vergangenheit über Elisabeth Vreede“ soll ein freier Zusammenhang von Jahrzehnte als ein Tabu erlebt werden konnte, sollte es Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern der Allgemeinen heute, insbesondere angesichts der sich nähernden Anthroposophischen Gesellschaft sein, denen es ein 100jährigen Wiederkehr der Weihnachtstagung 1923/24 Bedürfnis ist, dass mit der Aufhebung des Beschlusses möglich sein, zunächst einmal diesen Teil der tragi- von 1935 ein wesentlicher Beitrag zur Rehabilitierung schen Geschichte der Allgemeinen Anthroposophischen an der Generalversammlung 2018 erfolgt. Auch ohne Gesellschaft aufzuhellen und zu integrieren. Dies könn- mit allen Einzelheiten dieser Schrift inhaltlich überein- te ein Anfang sein für einen Heilungsprozess der gan- zustimmen, kann jeder, der in dieser Initiative etwas zen Anthroposophischen Gesellschaft und zu einer Be- Berechtigtes sieht, sich ihr durch Unterschrift anschlies- freiung auch derjenigen Persönlichkeiten, die damals sen. Es entstehen daraus weder Rechte noch Pflichten. für die Ausschlüsse verantwortlich waren. Es kann die- Jegliche Aktivität ist selbst zu verantworten. Für die ser Schritt als ein Beitrag gesehen werden, um die Vor- Kommunikation untereinander kann sich ein Zentrum aussetzungen zu schaffen, dass zur 100jährigen Wie- bilden. Vorläufige Kommunikationsadresse ist die auf derkehr der Weihnachtstagung 2023/24 die Impulse Seite 7 genannte Kontaktanschrift. Rudolf Steiners auch innerhalb der Allgemeinen An- throposophischen Gesellschaft wirklich erneut ergriffen werden können. Unterzeichner der Initiative Es ist der Wunsch der Unterzeichner, dass – nach (Stand 22.10.2017) Möglichkeit in einem Zusammenwirken mit den Sek- tionen, die von Ita Wegman (Medizinische Sektion) und Péter Barna Eva Lohmann-Heck Liesbeth Bisterbosch Kirsten Juel 21 Selbstverständlich können Ita Wegman und Elisabeth Vreede Pieter van Blom Aart Klein nicht in das Vorstandsamt rückwirkend zurückversetzt werden, sehr wohl kann aber der Beschluss aufgehoben werden, der einem Fehl- Marc Desa ules Gerd-Mari Savin urteil vergleichbar ist. 22 Tatiana Garcia Cuerva Es wird hier nicht übersehen, dass noch weiteres geschehenes Angelika Schuster Unrecht in der Geschichte der Allgemeinen Anthroposophischen Marion Fischbach Leonhard Schuster Gesellschaft einer Aufarbeitung bedarf. 23 Dies bezieht sich auf die an der Generalversammlung 2017 ge- Johannes Greiner Ingrid Schleyer äusserten Bedenken, die sich inzwischen als nicht relevant erwiesen Lucius Hanhart Peter Selg haben. Hierzu auch Fussnote 20. 24 Sicher werden auch Menschen, die zu den ausgeschlossenen Marijcke van Hasselt Clara Steinemann Strömungen gehören, den Weg zur Anthroposophie und in die All- Thomas Heck Roland Tüscher gemeine Anthroposophische Gesellschaft dennoch gefunden haben, insbesondere ab den 1970er Jahren begann auch das Leben inner- halb der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft wieder stär- ker aufzublühen, jedoch steht die Wiedereingliederung dieser Strö- mungen als bewusste Gesellschaftstat noch aus. [email protected] 6 Nr. 22, 29. Oktober 2017

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Verantwortlich für diesen Text Brief

Eva Lohmann-Heck und Thomas Heck. mr Marijcke van Hasselt-de Vries Bas Backerlaan 8 Kontakt : NL 7316 DW Apeldoorn Thomas Heck, 0031 (0) 55415466 / [email protected] Dorneckstr. 60, CH 4143 Dornach

Internet: www.wegman-vreede.com

E-Mail: [email protected] Apeldoorn, 5. September 2017

An den Vorstand So können Sie sich mit der der Anthroposophischen Vereinigung in den Niederlanden (der Initiative verbinden: AViN) und Jaap Sijmons Durch Ihre Unterschrift bringen Sie zum Aus- An den Vorstand druck, dass Sie eine Rehabilitierung der beiden der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft in Dornach, und Persönlichkeiten im Sinne dieser Schrift an der die übrige Goetheanum-Leitung Generalversammlung 2018 der Allgemeinen An die Vorstände Anthroposophischen Gesellschaft befürworten. der Anthroposophischen Gesellschaft in der Schweiz und Unterschrift bitte an die Kontaktadresse senden Deutschland oder schicken Sie ein E-Mail an: [email protected]. und an jeden , der an dem Schicksal Ita Wegmans und Elisabeth Vreedes und an Sie können sich auch unter www.wegman- der Bearbeitung des Antrages 6 vom 8. April 2017 interessiert ist. 1) vreede.com online eintragen (voraussichtlich ab CC ::: Liesbeth Bisterbosch, Aart Klein 1. November 2017). Betrifft : Generalversammlung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft, 8. April 2017, Literaturhinweise – Antrag 6, hier: Eine juristische Bewertung der Bedenken, die Jaap Sijmons während der Generalversammlung eingebracht hatte und Eine systematische Darstellung sowohl der dieser die von ihm in einem Bericht im Juni 2017 in der niederländischen Initiative zugrunde liegenden historischen Ereignis- anthroposophischen Zeitschrift‚ ‘Motief’ Nr. 6/17 geäußert wurden. se sowie der Geschichte der Allgemeinen Anthro- posophischen Gesellschaft insgesamt existiert nicht. Insofern ist man auf verschiedenen Quellen ange- Sehr geehrte Damen und Herrn, wiesen, die hier nicht alle aufgelistet werden kön- liebe Freunde, nen. Als Einstieg kann insbesondere der 3. Band an der Generalversammlung 2017 wurde von einigen der Dokumentation von J. Emanuel Zeylmans van Mitgliedern beantragt, den Beschluss von 1935, der Emmichoven empfohlen werden, der auch wichtige zum Ausschluss von Ita Wegman und Elisabeth Vreede historische Schriften enthält, so auch die erwähnte aus dem Vorstand geführt hatte, aufzuheben. Von dem „Denkschrift “ von 1935. Lorenzo Ravagli hat im Vorsitzenden der niederländischen Anthroposophischen Internet begonnen, eine sehr umfangreiche Über- Vereinigung, Jaap Sijmons, wurden erhebliche juristi- schau über die Geschichte der Allgemeinen An- sche Bedenken gegen dieses Vorgehen an der General- throposophischen Gesellschaft zu erstellen, die je- versammlung vorgebracht: die Aufhebung der Be- doch leider nicht als Druckversion erhältlich ist, schlüsse wäre sehr wahrscheinlich juristisch nicht mög- aber zum Studium sehr empfohlen werden kann. lich und mit Rechtsfolgen in Form von Schadenersatz www.anthroblog.anthroweb.info würde gerechnet werden müssen. Zudem könnte es sein, dass die von dem damaligen Vorstand in der Zeit von 1935 bis 1942 gefassten Entscheidungen durch die Link zur Literaturliste: nachträgliche Aufhebung des Beschlusses ungültig http://www.wegman-vreede.com werden könnten. [email protected] 7 Nr. 22, 29. Oktober 2017

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Zu dieser Argumentation kamen mir Fragen. Nach ein- Damit hat Jaap Sijmons die schweizerischen oder nie- gehender Überprüfung stellte sich heraus, dass die von derländischen Rechtsnormen nicht wahrheitsgetreu zi- Jaap Sijmons vorgebrachten Argumente nicht nieder- tiert, und beruhen seine Behauptungen auf irrelevanten ländischem Recht entsprechen. 2) Dasselbe gilt laut Aus- Begründungen. Sein Vorgehen hat jedoch bei Mitglie- kunft eines schweizerischen Rechtsanwaltes auch für dern, die ihn am 8.April gehört bzw. seinen Bericht ge- die Schweiz. lesen haben, den Eindruck entstehen lassen, es sei etwas juristisch nicht in Ordnung mit dem von den Mitglie- - Ein früher bereits gefasster Entschluss kann sehr wohl dern gestellten Antrag 6. Und das wird so bleiben, so- später durch einen neuen Beschluss ersetzt oder aufge- lange die vorgebrachten unwahren Argumentationen hoben werden. Dass sich daraus Rechtsfolgen (z.B. nicht berichtigt werden. Forderungen Dritter) ergeben können, ist selbstver- ständlich, allerdings in diesem Fall sehr unwahrschein- Aus dem Dargestellten ergeben sich folgende Notwen- lich. Darauf kommt es hier aber auch nicht an. Wenn digkeiten: eine wirkliche Rehabilitierung erfolgen soll, so muss - Es muss eine öffentliche Richtigstellung erfolgen: der damals zu Unrecht gefasste Beschluss aufgehoben Dasjenige, was an der Generalversammlung und in den werden. Dieses Vorgehen entspricht der üblichen Reha- Veröffentlichungen an unwahren Argumenten und Be- bilitierungs-Praxis, wie sie z.B. auch in Deutschland in gründungen den Mitgliedern mitgeteilt und publiziert der Folge des Dritten Reiches und der Auflösung der wurde, muss auch ebenso öffentlich richtiggestellt wer- DDR praktiziert wurde. den, damit dies alle Mitglieder erreichen kann. - Es können Rechtsfolgen eintreten, z.B. könnten Erben - Es soll dargestellt werden, wie es zu den Ausschlüssen Schadenersatzforderungen stellen. Wenn diese zu Recht gekommen ist und welche Bedeutung Elisabeth Vreede bestünden, müssten diese Forderungen selbstverständ- und Ita Wegman für die Allgemeine Anthroposophische lich erfüllt werden, ansonsten würde neues Unrecht ent- Gesellschaft und die anthroposophische Bewegung hat- stehen. Allerdings sind keine Erben bekannt und zudem ten, damit eine breit getragene Aufhebung des Be- wären mögliche Forderungen längst verjährt (in Hol- schlusses von 1935 möglich wird. land gilt dafür maximal 20 Jahre). - Damit wird dann eine wirkliche juristische und mora- - Die Behauptung Sijmons, dass aufgrund der Aufhe- lische Rehabilitierung dieser beiden Persönlichkeiten bung der Beschlüsse möglicherweise spätere Vor- möglich. standsbeschlüsse ungültig sein könnten, ist nicht zutref- fend. Dies wäre nur dann der Fall, wenn entweder in Mit herzlichen Grüßen, den Statuten oder in einer Geschäftsordnung bestimmte Marijcke van Hasselt Quoten für einen gültigen Vorstandsbeschluss vorge- schrieben gewesen wären. Das war nicht der Fall. Zu- Anmerkungen dem: 1935 waren bereits seit Jahren E. Vreede und I. 1) Dieser Brief wurde gleichzeitig in niederländischer Sprache an die nieder- Wegman an Vorstandsentscheidungen nicht mehr betei- ländischen Beteiligten verschickt ligt worden und bereits an der Generalversammlung 2) Den Inhalt dieses Briefes habe ich mit einem Notar besprochen: mr L.C. 1934 war beschlossen worden, dass nur noch Albert Kok, Apeldoorn (‚Notarissen van Naam‘), der gut über diese Angelegenhei- ten Bescheid weiss und mit mr. dr. prof. D.W.F. Verkade, Leiden, der 30 Steffen, Marie Steiner und Guenther Wachsmuth die Jahre Rechtsanwalt, auch lange Zeit Professor an der Universität von Nijme- Gesellschaft führen sollten. Zudem wurde 1935 die gen und Leiden, und 2002-2009 Generalstaatsanwalt in dem höchsten nieder- ländischen Rechtskollegium, „de Hoge Raad“, war. Sie haben meine Befun- Stellung des ersten Vorsitzenden derartig gestärkt, dass de bestätigt. er alle Entscheidungen rechtsgültig allein treffen konn- 3) Es folgt ein Teil des Berichtes Jaap Sijmons‘: te. „Des Weiteren habe ich unterschieden: a) die juristisch-reale Wirkung dieser Entscheidung, b) die rechtlichen Folgen mit rückwirkender Kraft und c) Auch in dem Bericht von Jaap Sijmons in der nieder- Sich-Distanzieren (von den Beschlüssen von 1935) und die Rehabilitierung ländischen anthroposophischen Zeitschrift ‚Motief‘ Nr. der Arbeit der beiden Persönlichkeiten. - Hingegen meine ich, anders als die 6/17 sind diese Tatsachen größtenteils nicht wahrheits- Antragsteller, dass die rechtliche Wirkung der Entlassung (Ausschluss) mit dem Tod von Ita Wegman und Elisabeth Vreede im Jahr 1943 rechtlich reali- gemäß wiedergegeben. Und auch die Wiedergabe des ter nicht rückgängig gemacht werden - und beide dennoch mit rückwirkender von Peter Selg Gesagten entspricht nicht den Tatsachen Kraft wieder ins Geschäftsführer-Amt gehoben werden können (sinnge- mäss). Der Beschluss (von 1935) wirkt in diesem Sinne nicht weiter. Sehr (siehe die Korrekturen in Anthroposophie weltweit 7- wohl kann man rückwirkend Rechtsfolgen mit einem nachträglich zu Un- 3) 8/2017) recht erklärten Beschluss verbinden, beispielsweise nachträgliche Gehalts- forderungen oder man kann eine Anzweiflung der Rechtsgültigkeit von Vor- standsentscheidungen zwischen 1935 und 1943 traktandieren.“ [email protected] 8 Nr. 22, 29. Oktober 2017

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1 Zusatz - Zum Brief vom 5. September 2017 an den Vorstand wenden , keine Realität entspricht: Das Problem wurde gänzlich totgeschwiegen und brachte Nun möchte ich noch den Grund benennen, warum mir mir lediglich eine längere Wartezeit. eine Bekanntmachung davon wichtig erscheint, dass die Auf meine Einladung an Jaap Sijmons für ein Gespräch ‘juristischen’ Argumente vom 8. April 2017 (an der in einem Email vom 26. September und 11. Oktober Generalversammlung in Dornach, ins Feld geführt von 2017 hat er eine Begegnung für den zweiten Teil des Jaap Sijmons, um einer Behandlung des Antrags 6 vor- Novembers zugesagt. Obschon ich natürlich diese Ant- zubeugen) nicht rechtswirksam sein konnten: Ich habe wort positiv begrüsse, ist es mir aufgrund des bisher bei Freunden, die auf der Versammlung anwesend wa- Vorgefallenen leider noch fraglich, ob diese Begegnung ren oder später darüber gelesen haben, die Überzeugung hinsichtlich des Kerns meiner Bitte in dem Brief vom 5. wahrgenommen, dass der Antrag 6 juristisch nicht kor- September ein befriedigendes Resultat bringen wird: rekt gewesen sei. - eine öffentliche Richtigstellung seiner Argumente Bei mir, als Juristin, entstanden sofort als ich darüber vom 8. April, hörte und las, Zweifel über den Wahrheitsgehalt dieser - Aufhebung der Beschlüsse von 1935 zur Entlassung Argumente. Daraufhin habe ich mich einige Zeit in die Ita Wegmans und Elisabeth Vreedes und entsprechende juristischen Situation und die Hinter- - eine wirkliche juristische Rehabilitierung Ita gründe vertieft, um herauszufinden, warum mit den hi- Wegmans und Elisabeth Vreedes. storischen Ereignissen, worauf Antrag 6 Bezug hatte, Für mich erscheint es daher nun an der Zeit, dass der derart verkrampft umgegangen werden soll. Inhalt dieses Briefes weiter bekannt gemacht wird, als Dies resultierte dann in dem oben wiedergegebenen nur an Personen mit Verwaltungsaufgaben innerhalb Brief über die fehlende juristische Gültigkeit, den ich der AAG. am 5. September 2017 an alle erwähnten Personen mit Verwaltungsaufgaben innerhalb der AAG in Dornach 22. Oktober 2017, und den Vorständen in den Ländergesellschaften der Marijcke van Hasselt Niederlande, der Schweiz und Deutschland (jeweils * persönlich) geschickt habe. Es ist meiner Meinung nach notwendig, dass dasjenige, Hintergründe, Verantwortung, was während der Generalversammlung gesagt und an- Plädoyer für eine andere Haltung schliessend in Publikationen bekanntgemacht worden ist, so kurzfristig wie möglich, offiziell und öffentlich, Einleitung in denselben Organen rektifiziert werde. So kurzfristig wie möglich, weil in unserem Verein, der auf Wahrheit An der Generalversammlung 2017 wurde von Mitglie- dern ein Antrag zur Aufhebung des Generalversamm- ohne Kompromisse gegründet sein muss, alle Mitglie- lungs-Beschlusses vom 14. April 1935 – der zum Aus- der und alle Interessenten sich darauf verlassen können schluss von Ita Wegman und Elisabeth Vreede aus dem müssen, dass dasjenige, was durch ein Vorstandsmit- Vorstand führte – gestellt. glied geäussert und veröffentlicht wird, wahr ist; und wenn dem nicht so ist, dass das dann rasch rektifiziert Anfang September dieses Jahres habe ich diese Ergeb- wird. nisse in einem Brief an die Mitglieder der Goetheanum- leitung der AAG in Dornach und auch an alle Mitglie- Es ist nun 7 Wochen her, seitdem ich jenen Brief ver- der der Vorstände der Anthroposophischen Gesellschaf- schickt habe. Bis heute wurde durch keinen Adressaten ten in den Niederlanden, der Schweiz und Deutschland reagiert; von Jaap Sijmons nur immer sehr kurz, nicht zugeschickt. (Hier wiedergegeben auf Seite 7 f. ). offiziell, sehr allgemein und unpräzise. Kein Wort zu Wahrheitskriterien des Sachverhalts, zu eventuellen Missverständnissen und entsprechendem Bedauern, zur grundsätzlichen Wichtigkeit der Aufhebung des Be- 1 Justus Wittich, »Eine irritierende Auseinandersetzung« in ‹Anthroposophie schlusses von 1935, usw. So weiss nun bis heute kein weltweit› Nr. 12, 2. Dezember 2016, S. 14,15. – Dokumentiert in ‹Ein Nachrichtenblatt›, Nr. 26, 19. Dezember 2016, S. 11, 12: veröffentlicht als Mitglied, dass alle von Jaap Sijmons vertretenen Argu- Reaktion auf den Brief von Stephen E. Usher, »Das Goetheanum ist ein mente nicht sachgemäss waren. Haus, das mit sich selbst uneins geworden ist« in ‹Ein Nachrichtenblatt›, Nr. 21, 9. Oktober 2016. – Thomas Heck hat jene Erwartung an die Mit- So kann man sehen, dass der von Justus Wittich geäus- glieder in einem weiteren Beitrag untersucht, vgl. »Erwartungen«, in ‹Ein serten Erwartung, man solle sich bei Differenzen zuerst Nachrichtenblatt›, Nr. 19, 24. September 2017 [email protected] 9 Nr. 22, 29. Oktober 2017

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Welche Bedeutung hat diese Angelegenheit für die rer Zukunft gehören. Rudolf Steiner stellte seinen Zu- Anthroposophie und die AAG? hörern ganz unterschiedliche und gar scheinbar entge- gengesetzte Aspekte dar und ermöglichte so zu lernen, Anthroposophie ist ein Erkenntnisweg. Aus dem Rück- in Freiheit mit Menschen verschiedener Meinungen zu- blick und durch die Verarbeitung dessen, was in den sammenzuarbeiten. Durch das, was 1935 als Kulmina- Jahren 1925 - 1935 geschehen ist, können wir lernen. tion aller Verständnislosigkeit nach dem Tod Rudolf Die Bedeutung des Antrags 6 betrifft Ita Wegman und Steiners geschehen war, wurden unglaublich viele Dä- Elisabeth Vreede, sowie ihre Schicksale. Beide Frauen monen hervorgerufen, die in Beharrungskräften und der sind niederländischer Herkunft, beide haben ihre besten Neigung zu Emotionalisierung wahrzunehmen sind. Sie Kräfte für die Anthroposophie eingesetzt und mit Ru- sind noch immer leicht zu erwecken, als Widerstands- dolf Steiner eng zusammengearbeitet. Er hat sie sehr kräfte, die verhindernd wirken wollen, wenn etwas Gu- geschätzt und in den Vorstand der an der Weihnachts- tes entstehen will. tagung 1923 neu gegründeten Anthroposophischen Ge- sellschaft berufen. Ihre Leistungen und die Ergebnisse Die Schädlichkeit des Voraussetzens von Harmonie ihrer Arbeit werden auch heute noch von vielen in der Warum wurden die Gründe, die zum Ausschluss Ita Anthroposophie stehenden Menschen geschätzt und Wegmans und Elisabeth Vreedes aus dem Vorstand gewürdigt. Die nach Rudolf Steiners Tod entstandenen führten, nicht viel früher in der Geschichte richtigge- Konflikte und Kämpfe gipfelten 1935 durch einen Be- stellt? Was stand dem im Wege? Lag der Grund darin, schluss der Generalversammlung in dem Ausschluss dass man die Scheinharmonie innerhalb der Gesell- von Ita Wegman und Elisabeth Vreede aus dem Vor- schaft nicht stören wollte? Sollte eine Harmonie erstre- stand. Dies wurde durch die Verbreitung von Verleum- benswerter sein als die Wahrheit, zum Beispiel um neue dungen und Unwahrheiten erreicht, insbesondere durch Mitglieder nicht abzuschrecken? Wäre für den geistsu- die sogenannte „Denkschrift“, die in Wirklichkeit eine chenden Menschen der Gegenwart nicht eine solche Kampfschrift war. So stimmte eine große Mehrheit Gesellschaft viel „attraktiver“, in der Wahrheit herrscht falsch informierter Mitglieder an der GV 1935 für diese und in der man gelernt hat, offen und positiv mit Kon- Ausschlüsse. Eine Rehabilitierung durch die Gesell- flikten umzugehen, in der jeder sich selbst sein kann schaft ist bis heute nicht erfolgt. Und noch immer ist es und in der Konflikte nicht verschwiegen werden? Kon- nicht genügend bekannt, wie bedeutend Ita Wegman flikte zu erkennen und zu bearbeiten mag schmerzhaft und Elisabeth Vreede waren. So sind z.B. sehr viele in- sein, würde jedoch reinigend wirken. Nur das kann ver- teressante Vorträge von Elisabeth Vreede noch nicht hindern, dass derartig untergrabende Beschuldigungen publiziert und liegen verstreut in verschiedenen Archi- bis ans Ende der Zeiten immer wieder wiederholt wer- ven. Wäre es nicht angesichts dieser Tatsachen gerade- den und unerkannt wie Spaltpilze sich negativ auswir- zu eine Pflicht gewesen, diese Initiative aus ganzem ken auf vieles was entstehen will, auch zwischen Men- Herzen zu unterstützen und am 8. April 2017 dem An- schen. Mitglieder, die nur friedlich und harmonisch trag zuzustimmen? Diese Frage ist auch heute noch ak- miteinander umgehen sollen, können sich nicht frei füh- tuell und wir können das immer noch nachholen. Was len . Es kann doch keine Freiheit geben in einer Gesell- hält uns zurück? schaft, in der auf alle Kosten Harmonie herrschen muss. Dieses scheint die gewünschte Umgangskultur gewor- Kennenlernen, was geschah: 1925 - 1935 den zu sein, die allerdings im Widerspruch zum Wesen Heute sind wir gefordert auch dasjenige, was wir an der der Anthroposophie steht, dem die Freiheit zentral ist. Geschichte der AAG bedauern, mutvoll und klar anzu- Nur wenn solche Hemmnisse überwunden werden, schauen. Das wirkt bewusstseinserweckend, so dass wir kann vielleicht ein neuer Wind in der Gesellschaft we- aus unseren Fehlern lernen können, was auch den For- hen . Dann kann das Streben nach allem äusserlichen derungen der Anthroposophie als Schulungsweg ent- sogenannten Erfolg endlich aufhören und wir können spricht. Ja sagen zur Anthroposophie ist auch Ja sagen anfangen, uns in das zu vertiefen, was Rudolf Steiner zu ihrem Schicksal. Was aus der Vergangenheit unver- uns gegeben und intendiert hat. Dann kann die Esoterik arbeitet bleibt, wird vergleichbare Ereignisse in der Zu- hereinkommen und es entsteht Ruhe und Respekt für kunft verursachen. Konflikte sind die Prüfungen unserer jeden. Dafür brauchen wir jetzt eine völlig neue Vorge- Zeit, wodurch wir uns vorbereiten auf die Teilnahme an hensweise und eine Leitung, die von diesen Ausgangs- den neuen christlichen Mysterien können, die zu unse- punkten überzeugt ist.

[email protected] 10 Nr. 22, 29. Oktober 2017

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Warum ist es von Bedeutung, die Beschlüsse aufzu- welchem ‘der Geist abgeschafft wurde‘. 3 – Damals heben, wenn die Betroffenen bereits verstorben sind? wurde zum Dogma erklärt, dass der Einzelne nicht nach höherer Erkenntnis streben oder gar selber in Verbin- Es ist verständlich, dass diese Frage aufkommen kann. dung mit höheren Welten treten kann. Die Kirche wur- Wenn man sich in das vertieft, was Rudolf Steiner über de zum einzigen Vermittler zwischen dem Höheren und die Verstorbenen und das Leben nach dem Tode be- dem Menschen erklärt. Dasselbe Ziel verfolgten die schreibt, dann erfährt man, dass alles, was aus Liebe Kämpfe und der Streit in den Jahren 1925-1935 und und Respekt für die Verstorbenen getan wird, unglaub- namentlich die Beschlüsse, welche am 14. April 1935 lich wichtig ist. Obwohl wir uns sicher sein können, gefasst wurden. Der Vorstand befand sich in der Rolle dass viele Verstorbene – trotz der Konflikte die sie auf der Kirche. Erden hatten – unbeschwert in der geistigen Welt ihren ehemaligen Konfliktpartnern frei gegenüber stehen Wir können die Weihnachtstagung 1923 als eine Ant- können, so wird doch von den Lebenden gefordert, das- wort auf das sehen, was 869 geschah. Sie hätte zur jenige, was auf der Erde unrechtmässig geschehen ist, Richtigstellung und zur lebendigen Korrektur der Lüge auch auf der Erde richtig zu stellen. Diese Bereinigung von 869 führen sollen. Aber es bestand innerhalb der ist eine Hilfe, ein Beitrag, um das Karma in Ordnung zu Gesellschaft bereits vor der Weihnachtstagung eine in- bringen und um in der Entwicklung weiter zu kommen. nere Opposition (von der Rudolf Steiner gesprochen Das ist auch wichtig für diejenigen, die dieses schwere hat), die sich nach der Weihnachtstagung intensivierte. Karma mitverursacht haben. Die Anerkennung und Sie ging sowohl von nahen Mitarbeitern Rudolf Stei- Aufarbeitung des geschehenen Unrechts wird heilend ners, als auch von anderen Mitgliedern aus, die den Im- wirken, nicht nur für diese Betroffenen, sondern auch puls der Weihnachtstagung nicht verstanden hatten. Die für die ganze Welt. Das ist ebenfalls ein Grund von un- Angriffe gegen Ita Wegman und Elisabeth Vreede kann beschreiblich großer Bedeutung, den Beschluss von man in diesem Licht sehen; tatsächlich waren diese An- 1935 aufzuheben. griffe jedoch gegen Rudolf Steiner selber gerichtet (auch wenn das den Protagonisten nicht bewusst war!). Die wirklichen Hintergründe des Geschehens Die Hetze gegen Ita Wegman war ein Teil davon. Man 1925 - 1935 wollte eine zentral organisierte und kontrollierbare Ge- Es wurde bisher kaum darauf eingegangen, welches die sellschaft, in der die Macht bei nur einigen Wenigen tatsächlichen geistigen Hintergründe des damaligen Ge- ruhen sollte. schehens gewesen sind. Es waren eben nicht Kräfte, die Dieses war die Ursache, warum für die notwendige von außen, sondern von innerhalb der Gesellschaft und Weiterentwicklung des Geschenkes der Weihnachtsta- aus der unmittelbaren Nähe Rudolf Steiners wirkten. gung 1923 nicht einmal mehr das erforderliche Fluss- Diesbezüglich berichtet aus einem bett vorhanden war, aus dem heraus dieses Geschenk Gespräch mit Rudolf Steiner Folgendes: "Einen ganz hätte weiterströmen und sich zur Blüte entwickeln kön- besonderen Dank aber schulde ich Dr. Steiner für das nen. In der gleichen Richtung hindernd wirkte der Be- Vertrauen, das er mir durch all dies erwies, was er mir schluss, der ebenfalls an der Generalversammlung vom in dieser so langen Unterredung sagte. Wichtig .... war 14. April 1935 gefasst wurde, 600 (andere Quellen nen- das Wort, das er mir ziemlich am Ende der Unterre- nen 2000) meist unabhängige, mutige, freie und wert- dung gesagt hatte, als er über die Gegnerschaft gegen- volle Mitglieder – sie gehörten zu den besten Mitarbei- über Frau Dr. Wegman sprach. ... “Wenn die Hetze ge- tern Rudolf Steiners – aus der Gesellschaft auszu- gen Frau Dr. Wegman so weiter geht, so wird sie zur schliessen. Zersprengung der Gesellschaft führen.” Und er fügte die Worte hinzu, die mich zutiefst erschütterten: “Und Durch das grosse Wagnis Rudolf Steiners, als geistiger diese Tendenz macht sich auch in meiner nächsten Um- Lehrer den Vorsitz der Anthroposophischen Gesell- gebung bemerkbar. Aber ich werde ihr auch da auf das schaft auf sich zu nehmen, hätte eine dauernde, tiefe, Energischste entgegentreten.” 2 esoterische Zusammenarbeit von Menschen auf Erden Was nach Rudolf Steiners Tod in den Jahren 1925-1935 3 geschehen ist, ist meiner Meinung nach von derselben „Ein Konzilsbeschluss und seine kulturgeschichtlichen Folgen“ Dieser Auf- satz wurde 1922 auf persönliche Veranlassung Rudolf Steiners verfasst. Er Natur wie das Konzil von Konstantinopel um 869, auf wurde aufgenommen in H.H. Schöffler, „Der Kampf um das Menschenbild - Das achte ökumenische Konzil von 869/70 und seine Folgen“, Verlag am Goetheanum, 1986. Der Europäer Jg. 21/ Nr. 09/10/ Juli/August 2017. 2 Emanuel Zeylmans “Wer war Ita Wegman” III , Kämpfe und Konflikte, N.B. Rudolf Steiner gab auch noch eine weitere Warnung, nämlich dass es Dornach 1992. Anhang. Dokument Nr. 11. Schmiedel. S. 435, linke Spal- nicht lange dauern sollte, bis auch ‘die Seele abgeschafft wird und letztend- te. lich auch der Leib‘. (GA 174a). [email protected] 11 Nr. 22, 29. Oktober 2017

I N I T I A T I V E E N T W I C K L U N G S R I C H T U N G A N T H R O P O S O P H I E Ein Nachrichtenblatt für Mitglieder und Freunde und der geistigen Welt entstehen können. Mit Zustim- Dokumentation zum Geschehen um den mung der geistigen Welt – wie Rudolf Steiner während der Weihnachtstagung bemerkte – wurde dieses Wagnis Antrag 6 der GV der AAG 2017 entgegengenommen. Es handelte sich darum, dass der geistige Kern der Anthroposophie, vertreten durch die Vorbemerkung übersinnliche anthroposophische Bewegung, deren Re- Die Tatsache, dass die Beschlüsse, welche 1935 zum Aus- präsentant auf Erden Rudolf Steiner war, sich mit der schluss von Elisabeth Vreede und Ita Wegmann aus dem Organisation der Gesellschaft zu einer Einheit ver- Vorstand der Allgemeinen Anthroposophischen Gesell- schmelzen sollte. Dies war der letzte Versuch Rudolf schaft führten, bis heute nicht aufgehoben wurden, wird Steiners, den neuen michaelischen Impuls – ein erster für die meisten Mitglieder eine Überraschung gewesen Anstoss zur Begründung neuer Mysterien – auf der Er- sein. Allgemein bestand die Ansicht, dass diese Beschlüs- de Wirklichkeit werden zu lassen, um der Menschheit se bereits 1948 aufgehoben worden waren. So wurde es einen Weg zu öffnen, esoterische Seelenkräfte zu ent- auch von Uwe Werner im Nachrichtblatt 51-52/2002 im wickeln und eine Zusammenarbeit mit der geistigen Rahmen einer allgemeinen Mitteilung über Mitgliederaus- Welt zu ermöglichen, das heisst, ein Anfang in der schlüsse dargestellt. Verwirklichung der neuen christlichen Mysterien zu Insofern wäre mit einer Aufhebung des Beschlusses an der setzen. Generalversammlung 2017 lediglich die Situation herge- Anhand des Betrachteten könnte man das Geschehen stellt worden, von der allgemein angenommen wurde, dass um den Antrag 6 am 8. April 2017 in einem neuen sie längst bestünde. Licht anschauen und vielleicht entdecken, welche Kräf- Aufgrund von „massiven Widerständen“ 4 in Funktionärs- te aus welchen Gründen die Aufhebung der Beschlüsse kreisen, die erst unmittelbar vor bzw. in der Generalver- von 1935 verhindern wollten und warum die Folgen sammlung zu Tage traten, und wodurch eine angemessene dieser Verhinderung so ernst sind. Es ist die Frage, ob inhaltliche Auseinandersetzung über die Gründe dieser wir unsere Kräfte bündeln und uns für die Aufhebung „Widerstände“ nicht möglich war, haben die Antragsteller der Beschlüsse von 1935 einsetzen wollen, so dass wir wegen der überraschend entstandenen, auch für die Mit- mit erneuerter Kraft und mit wahrem, michaelischen glieder unklaren, Lage den Antrag während der General- Mut einen Anfang machen können in der Verwirkli- versammlung zurückgezogen. chung der Anthroposophie, so wie Rudolf Steiner an der Weihnachtstagung es veranlagte. Mit dieser Darstellung soll nun eine inhaltliche Auseinan- dersetzung mit den Begründungen, die den „massiven Wi- Noch heute können wir uns bemühen, um uns hierfür zu derständen“ zugrunde lagen, ermöglicht werden. Dazu öffnen (siehe Rudolf Steiner, Spruch fünfte Juli-Woche werden, neben weiteren ergänzenden Hinweisen, die ge- 4.-10. August): nannten Argumente dargestellt und ein Versuch der Be- * wertung unternommen. Kann ich die Seele weiten, Dass sie sich selbst verbindet Zur Vorgeschichte Empfangenem Welten-Keimesworte? Ich ahne, dass ich Kraft muss finden Der betreffende Antrag wurde am 24.2.2017, 6 Wochen Die Seele würdig zu gestalten, vor der Generalversammlung 2017 in Anthroposophie Zum Geisteskleide sich zu bilden. weltweit veröffentlicht und damit der Mitgliedschaft be- kannt gegeben. Am Mittwoch, den 5.4.2017, also 3 Tage * vor der Generalversammlung, teilte Justus Wittich den Marijcke van Hasselt Antragstellern folgendes mit (Auszug aus dem E-Mail): „Bei Antrag 6 nehmen wir die – in diesem Falle von uns beauftragte – Recherche von Uwe Werner in die Ver- Quellenangaben: sammlungsunterlagen auf (siehe Anhang – mit letzer mir 5 Bücher Peter Selgs in Bezug auf Ita Wegman: „Ich bleibe bei Ihnen: vorliegender Fassung) . Paul Mackay wird sich a u f- Rudolf Steiner und Ita Wegman“ Stuttgart 2007; „Geistiger Widerstand und grund dieser Darstellung 6 als Person für den An- Überwindung“ Stuttgart 2005; Bücher Peter Selgs in Bezug auf Elisabeth Vreede: „Elisabeth Vreede, 1879-1943“, Stuttgart 2009; Ita Wegman „Erin- trag aussprechen. Es gibt viel Zustimmung aus nerung an Rudolf Steiner“, Arlesheim 2009. Ed Taylor: “Elisabeth Vreede: H o l l an d. Im nächsten Jahr soll das 75. (nicht 70.) To- stille Strijder voor de nieuwe geest“, Amsterdam 2006. Bücher von Emanuel Zeylmans van Emmichoven: “Wer war Ita Wegman“ Band I,II und III (spe- 4 ziell der Band III, „Kämpfe und Konflikte“, Stuttgart 2005). Das Sonderheft Siehe weiter unten im Text. Nr. 17 der Schriftenreihe Flensburger Hefte, “Ita Wegman und die Anthro- 5 Veröffentlicht im offiziellen Blauen Heft zur GV 2017 posophie“, Flensburg 1992. Rudolf Grosse: “Die Weihnachtstagung“ als Zei- 6 Gemeint ist die erwähnte Archiv-Recherche von Uwe Werner. Alle Her- tenwende in der Menschheitsentwicklung“, Dornach 1976 . vorhebungen in den Zitaten vom Verfasser. [email protected] 12 Nr. 22, 29. Oktober 2017

I N I T I A T I V E E N T W I C K L U N G S R I C H T U N G A N T H R O P O S O P H I E Ein Nachrichtenblatt für Mitglieder und Freunde desjahr 7 zum Anlass einer Veranstaltung über die beiden EV und IW bereits verstorben waren] 10 , die schon 1948 werden.“ dazu führten, dass Emil Leinhas die Aufhebung der Ge- sellschaftsausschlüsse, nicht aber in gleicher Weise die Paul Mackay will sich also aufgrund der Archivrecherche der Vorstands-Amtsenthebungen, beantragte, wurden wei- f ü r den Antrag aussprechen. Bis zu diesem Zeitpunkt war tere vorgebracht. Insbesondere: Der Vorschlag sei eine kein einziges kritisches Votum, keine ablehnende Haltung rechtliche Unmöglichkeit. Was beim Ausschluss aus der oder Bedenken gegen den Antrag bekannt geworden. Im Gesellschaft (in die man aus eigener freier Entscheidung Gegenteil gab es sehr viele ausschliesslich positive und ohne rechtliche Verpflichtung und zeitliche oder sonstige zustimmende Voten, aus Holland und auch aus der Lei- Begrenzung eintritt) für möglich und sogar geboten gehal- tung der Gesellschaft, wie aus dem zitierten E-Mail von ten wurde, wurde hier (bei einem Amt, in das man von an- Justus Wittich deutlich wird. deren berufen wird und in dem man die Gesellschaft u.a. Erst am Vorabend der Generalversammlung, gegen 19 auch, mit erheblichen Folgen, rechtlich repräsentiert) für Uhr, schrieb Justus Wittich: gänzlich unmöglich gehalten. Ein Ausschluss kann rück- gängig gemacht werden, eine Amtsenthebung aus einem „Lieber Herr Heck, nachfolgend für begrenzte Zeit amtierenden Organ, nicht. wir hatten gestern bei den Generalsekretären ein frucht- In dieser Form zwinge der Antrag Men- bares, aber in den Anschauungen auch gegensätzliches s c he n, die sich für eine umfassende Rehabilitierung I. Gespräch zu den Vorgängen von 1935 - und es scheint Wegmanns und E. Vreedes aussprechen, da ge ge n zu sich daraus durch Gerald Häfner noch ein Gegenantrag s t i m m en . bzw. ein Vorschlag, Ihren Antrag zu verändern, abzu- Man muss diese Argumente nicht teilen. Aber zur Kenntnis zeichnen. Sobald er mir vorliegt, setze ich mich mit Ihnen nehmen muss man sie. Die deutlichste Stimme kam, wie in Verbindung. auch Th. Heck schreibt, aus den Niederlanden, von dem Es geht im Kern darum, dass man als Generalversamm- dortigen Generalsekretär (und Professor für Rechtswis- lung eine heutige Auffassung zu dem damaligen Gesche- senschaften) Jaap Simons. Doch er war bei weitem hen in Ihrem Sinne durch einen Antrag kundtut, nicht aber nicht der einzige. Es gab weitere, ähnlich klar ab- einen historischen Beschluss aufheben kann, weil dieser lehnende Äußerungen. So wurde zu diesem späten Zeit- Geschichte ist. Es dürfte - soweit ich die Intention ver- punkt erst deutlich, dass anstelle einer klaren Entschei- standen habe - nicht die Illusion erweckt werden, durch dung zugunsten von E.Vreede und I. Wegmann auf der eine solche Aufhebung würden wir juristisch den damali- Versammlung heftiger Streit zu erwarten wäre. gen Vorgang ungeschehen machen. Gerald Häfner wollte Trotz mehrerer Gespräche, die ich im Vorfeld der GV dafür einen angemessenen Formulierungsvorschlag fin- noch bis Freitagabend mit prononcierten Gegnern führte, den. Von der Intention her besteht sonst Einigkeit, obwohl wurde deutlich: der angekündigte erhebliche zu dieser Frage sicherlich eine ganze Reihe von Mitglie- Widerstand lässt sich nicht ausräumen. Eine dern das Wort ergreifen will. Mit herzlichem Gruß, Justus erneute Spaltung in zwei Lager anhand der Fragen von Wittich“ 1935 mit einer siegreichen und einer unterlegenen Gruppe Gerald Häfner beschreibt den Hergang des Generalsekre- hätte uns aber gerade bei der Heilung der Gesellschafts- tärs-Treffen wie folgt: 8 wunden nicht weitergebracht. Es wäre der denkbar schlechteste Ausgang gewesen. Daher versuchte ich noch „Als dort Antrag 6 in größerer Runde verhandelt wurde, in der Nacht einen Änderungsantrag zu formulieren, den wurde sehr schnell erkennbar, da s s e s d ag eg en ich der Versammlungsleitung, den Antragstellern sowie massive Widerstände gab. Sie richteten sich nicht den unterschiedlichen Protagonisten (Befürwortern wie so sehr gegen das inhaltliche Anliegen, sondern vor allem Gegnern) mit der Frage zustellte, ob sie darin eine Brük- gegen die juristische Form. Neben den in den Protokollen 9 ke sehen könnten. Ziel dieses Antrages war, eine Form des vermerkten Gründen [weil zu diesem Zeitpunkt, 1948, Beschlusses zu finden, die keine neuerlichen Gräben auf- riss und der Gesellschaft gleichzeitig ermöglichte, so weit 7 Gemeint ist 1943, das Todesjahr von Ita Wegman und Elisabeth Vreede als nur irgend möglich in der Richtung des Antrages vor- 8 Der Text stammt aus einer Reaktion von Gerald Häfner zu einer unveröf- anzuschreiten. Gleichzeitig sollte der Antrag deutlich ma- fentlichten Dokumentation mit dem Verfasser. 9 Das betreffende Zitat aus dem Protokollauszug [Anthroposophie weltweit chen, dass die Befassung mit dem Thema noch nicht zu 5/2017] lautet: „Es soll über die Toten nicht beschlossen oder diskutiert Ende sei, sondern weiter gehen werde.“ werden … und es nicht üblich ist, einen Streit über den Tod hinweg zu tra- gen …“. Aus der Formulierung geht, wenn man sich die Situation von 1948 vergegenwärtigt, deutlich hervor, dass es Emil Leinhas wohl vor al- mals den noch nicht Verstorbenen der Weg zurück in die Gesellschaft er- lem darum ging, dass über die Ausschlüsse von 1935 kein neuer Streit ent- möglicht werden. Eine Rehabilitierung hätte ein Eigeständnis erfordert, steht. Denn es wäre damals Albert Steffen in keinem Fall zuzumuten gewe- dass 1935 Unrecht geschehen war und hätte selbstverständlich auch die sen, direkt oder indirekt durch die Aufhebung dieser Beschlüsse ein Einge- Verstorbenen berücksichtigen müssen. Das aber war damals undenkbar. ständnis abzuverlangen, dass 1935 Unrecht geschehen sei. So konnte da- 10 Kommentare in eckigen Klammern stammen vom Verfasser. [email protected] 13 Nr. 22, 29. Oktober 2017

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Zusammengefasst lag also folgendes vor: Bewußtsein heraufgehoben haben, sondern noch unsere unterbewußten Triebe, Instinkte und Leidenschaften her- 1. Auffällig ist die benutzte Terminologie, so ist von einspielen lassen.“ 11 „Widerstand“, „Streit“, „Spaltungen“ und „Gegnern“ Um den – nach Auffassung von Gerald Häfner - zu erwar- [damit sind die Funktionäre gemeint] die Rede. tenden, heftigen Streit zu vermeiden, formuliert er in der 2. Der Widerstand gegen den Antrag ging ausschliesslich Nacht den Änderungsantrag mit der Absicht, damit einen von einem Teil der Funktionäre aus. Namentlich be- Kompromiss zu ermöglichen, wobei sowohl die Antrag- kannt ist nur Jaap Sijmons. Gerald Häfner spricht da- steller als auch die Mitglieder bis unmittelbar vor bzw. an von, dass dieser „bei weitem nicht der Einzige“ gewe- der Generalversammlung keine Ahnung davon hatten, sen sei. Die anderen haben sich aber nicht zu erkennen dass ein Kompromiss überhaupt notwendig sein könnte. gegeben. Zu den vorgebrachten Argumenten gegen die Aufhebung 3. Es gelingt Gerald Häfner, der, wie dargestellt, nach ei- der Beschlüsse genen Angaben zu den „Befürwortern“ gehörte, bis zum Vorabend der Generalversammlung nicht, diesen Gerald Häfner berichtet vom Treffen der Generalsekretäre: Widerstand auszuräumen, sodass dieser in die – völlig „Der Vorschlag sei eine rechtliche Unmöglichkeit.“ und unvorbereitete – Generalversammlung getragen wor- würde „… für gänzlich unmöglich gehalten.“ und weiter: den wäre und dort Streit entfacht hätte. Auf die Idee, „So kommt z.B. gerade aus den Niederlanden, trotz völli- im Vorfeld eine Klärung oder eine Verständigung zu ger Zustimmung zu der Zielrichtung des Anliegens, höchst ermöglichen, ist niemand gekommen? massive Ablehnung gegenüber dem Vorschlag einer recht- 4. Um einen Streit zu vermeiden formuliert Gerald Häf- lichen Aufhebung der vor 82 Jahren gefassten Entschei- ner in der Nacht den Änderungsantrag. dung. Ein solches Vorgehen wird als juristische Unmög- lichkeit und daher geradezu als eine Lüge empfunden. Exkurs zum Thema Streit (Email vom 08.04.2017 0:36 Uhr)“ Sofern ein gegenseitiger Verständigungswille vorhanden Wenn dem so wäre, hätte dies objektiv feststellbar und be- ist, entsteht Streit in der Regel erst dann, wenn eine sachli- gründbar sein müssen. In diesem Falle wäre der Antrag 6 che Auseinandersetzung nicht zu einer Einigung geführt ohne jeden Streit sofort obsolet gewesen. Dieser Nachweis hat und die unterschiedlichen Willensrichtungen weiterhin wurde jedoch nicht erbracht und ist auch nicht erbringbar. bestehen. Ein sachlicher Verständigungswille scheint bei Es gibt von mehreren Juristen die Auskunft, dass Be- den Bedenkenträgern nicht vorhanden gewesen zu sein, schlüsse von Generalversammlungen selbstverständlich zu stattdessen ist sofort von „massiven Widerständen“ die einem späteren Zeitpunkt aufgehoben werden können. 12 Rede und dass „heftiger Streit“ zu erwarten wäre. Gerald Häfner vertritt die Argumente der unbekannten Bedenkenträger, er selber hatte offensichtlich keine Be- Es hätte niemals Streit entstehen können, wenn klare denken gegenüber der Aufhebung des Beschlusses.13 Hin- Gründe – juristisch oder auch anderer Art – rechtzeitig ge- zu stellt sich die Frage, warum diese angebliche Unmög- nannt worden wären und eine Auseinandersetzung rein lichkeit erst 2 Tage vor der Generalversammlung bei dem sachlicher Art hätte stattfinden können. Wäre in unserer Treffen der Generalsekretäre zu Tage tritt? auf Erkenntnis ausgerichteten Gesellschaft nicht ein sol- ches Vorgehen zu erwarten gewesen? Insbesondere, da es Die Zielrichtung des Antrags war die Aufhebung der Be- sich bei den Bedenkenträgern ausschliesslich um Teil- schlüsse. Wie ist es möglich, mit der Zielrichtung überein- nehmer des Generalsekretärs-Treffens handelte, also um zustimmen und gleichzeitig die Aufhebung abzulehnen? Repräsentanten der Gesellschaft mit einer gewissen Vor- Und welches Rechtsempfinden muss man haben, wenn bildfunktion? man die Aufhebung der Beschlüsse als eine Lüge empfin- Rudolf Steiner zu Erkenntnis und Streit: 11 GA 131, Von Jesus zu Christus, 5.10.1911, S. 46f „Gewiß, es wird über das Gebiet des Erkennens in der 12 Auch aus den Äusserungen Jaap Sijmons kann eindeutig geschlossen wer- mannigfaltigsten Weise diskutiert, aber man muß doch sa- den, dass er die Aufhebung der Beschlüsse für möglich hält. Er sprach da- gen, daß, wenn sich die Menschen nur verständigen über von, dass man die beiden Persönlichkeiten nicht posthum ins Vorstandsamt die Begriffe und Ideen, die sie sich auf dem Gebiet der Er- versetzen könne. Das hatte selbstverständlich niemand gefordert, 13 Aus einer unveröffentlichten Korrespondenz mit Gerald Häfner: „Dass es kenntnis formulieren, der Streit in Bezug auf Erkenntnis- besser gewesen wäre, wenn der Änderungsantrag schon eine Woche früher fragen immer mehr und mehr aufhören wird. Es ist schon vorgelegen hätte, ist richtig und wird von mir uneingeschränkt geteilt. öfter von mir betont worden, daß wir über die Dinge der Doch gab es zu diesem Zeitpunkt gar keinen Grund für einen solchen An- Mathematik nicht mehr streiten, weil wir sie ganz ins Be- trag. Die Notwendigkeit zeigte sich erst in den Tagen unmittelbar vor der GV.“ Das heisst, die angebliche Unmöglichkeit, den Beschluss aufzuhe- wußtsein heraufgehoben haben, und daß wir bei denjeni- ben, war Gerald Häfner eine Woche vor der Generalversammlung noch gen Dingen, über die wir uns streiten, diese noch nicht ins nicht bewusst. [email protected] 14 Nr. 22, 29. Oktober 2017

I N I T I A T I V E E N T W I C K L U N G S R I C H T U N G A N T H R O P O S O P H I E Ein Nachrichtenblatt für Mitglieder und Freunde det? Was bedeutet es, dies als „Lüge zu empfinden“? Ent- „Durch eine Rundfrage bei allen überlebenden Unter- weder ist es eine Lüge, oder es ist keine. zeichnern und Mitherausgebern der im Jahre 1935 er- schienenen ‹Denkschrift 1925-1935›, die in englischer Gerald Häfner weiter: 14 Übersetzung als ‹Memorandum 1925-1935› erschien, ha- „In dieser Form zw in ge der Antrag Menschen, die be ich festgestellt, dass alle damit einverstanden sind, dass sich für eine umfassende Rehabilitierung I. Wegmanns und diese Denkschrift aus dem Verkehr zurück- E. Vreedes aussprechen, dagegen zu stimmen.“ gezogen und nicht mehr als Unterlage zur Diese Aussage ist völlig unhaltbar, denn das Gegenteil ist Urteilsbildung in den gegenwärtigen Ge- wahr: Die Verleumdungen und Lügen, mit denen 1935 die sellschaftsdiskussionen verwendet wird. Zwei Mitgliedschaft zur Annahme des Ausschluss-Antrags ge- der Unterzeichner hatten schon zuvor ihre Unterschrift bracht wurde, waren mit grösstem Aufwand verbreitet unter dem Dokument gelöscht, bzw. erklärt, dass sie bei worden. Man denke nur an die „Denkschrift 15 “, die in einem etwaigen Wiederabdruck wegbleiben solle. Die Wirklichkeit eine Kampfschrift in Buchform war mit ei- Stellungnahme der andern Unterzeichner ist individuell nem Umfang von 154 Seiten, die von der Allgemeinen verschieden; aber alle sind einig in der Zustimmung zur Anthroposophischen Gesellschaft (!) verbreitet wurde und Zurückziehung der Denkschrift aus dem somit offizielle Gesellschafts-Ansicht war. Durch die Be- V er ke h r. schlüsse, die auf diesen Ansichten gründen, sind diese be- Dornach, den 16. April 1949. kräftigt worden und die betroffenen Persönlichkeiten sind Dr. “ dadurch in ihrer Ehre, Würde und moralischen Integrität, in ihrem Einstehen und Einsatz für Rudolf Steiner und für Tatsächlich sollte die Denkschrift nicht mehr „zur Urteils- die Anthroposophie in erheblichsten Masse in Frage ge- bildung in den gegenwärtigen Gesellschaftsdiskussionen“ stellt, diffamiert und verletzt worden. Diese Beschlüsse herangezogen werden: Damit war der Streit um die Rechte aufrecht erhalten zu wollen bei Anerkenntnis des gesche- an dem Nachlass Rudolf Steiners gemeint, in dem die henen Unrechts wäre ein Widerspruch in sich. Wer sich Denkschrift ein wichtiges Beweisstück war. Darin war auch nur ansatzweise mit der Rehabilitierungspraxis, be- eine andere Haltung Albert Steffens dokumentiert, als er sonders in deutschen Zusammenhängen mit dem 3. Reich sie in dem 1949 aktuellen Streit eingenommen hatte 17 . Die und der DDR – aber auch kürzlich mit der Rehabilitierung Denkschrift spielte daher eine wesentliche Rolle bei dem verurteilter homosexueller Männer in der Zeit bis 1964, Prozess um den Nachlass Rudolf Steiners. Von einer beschäftig, wird finden, dass die Aufhebung der ergange- Rücknahme des Inhaltes der Denkschrift nen Urteile immer Bestandteil einer Rehabilitierung sind, oder einer Anerkennung des geschehenen auch dann, wenn die Betroffenen inzwischen verstorben Unrechts konnte keine Rede sein seitens der sind. Allgemeinen Anthroposophischen Gesell- schaft, bis heute nicht. Weiter wurde von Gerald Häfner auch Bezug genommen auf den „Rückzug“ der „Denkschrift“ im Jahr 1949: Zudem haben nach Darstellung von Emanuel Zeylmans van Emmichoven, „Wer war Ita Wegman“, Band 3, Seite „Er [der Beschluss von 1935] ist schon durch den nach- 160, Günther Schubert (der Hauptverantwortliche für die träglichen Rückzug der zu seiner Begründung herangezo- Denkschrift) und auch nach 1950 an genen „Denkschrift 1925-1935“ – fragwürdig geworden. dem Inhalt der Darstellungen der Denkschrift festgehalten. Die Rücknahme der zugrunde gelegten Denkschrift (durch 18 19 Erklärung sämtlicher Autoren im Jahr 1949) entzieht ihm nachträglich vollends seine rechtliche wie morali- Kann man wirklich mit Recht behaupten, mit dem „Rück- sche Grundlage.“ zug der Denkschrift“ sei den Beschlüssen von 1935 die Um eine sachgemässe Beurteilung dieses „Rückzuges der 17 Denkschrift“ zu ermöglichen, sei hier die vollständige Es ging um die Rechte an dem Nachlass Rudolf Steiners. Albert Steffen 16 hatte die Rechte Marie Steiners ursprünglich anerkannt, dies war in der Mitteilung von 1949 wiedergegeben: Denkschrift dokumentiert. Jetzt 1949 beanspruchter er die Rechte an dem Nachlass für die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft. Tatsächlich wurde die Denkschrift in dem folgenden Rechtsstreit als Beweismittel 14 Hervorhebung stammt vom Verfasser. verwendet. 15 Die „Denkschrift über Angelegenheiten der Anthroposophischen Gesell- 18 „David Clement erzählte dem Herausgeber [Thomas Meyer] dass E. Pfeif- schaft in den Jahren 1025 – 1935“ ist kurz vor der Generalversammlung fer es nach einem Besuch in England als einen Fehler bezeichnet habe, die 1935 erschienen und enthielt die wesentlichen Begründungen für die Aus- Denkschrift unterzeichnet zu haben.“, aus „Ein Leben für den Geist. Ehren- schlüsse, die 1935 erfolgten. Herausgegeben von insg. 12 Mitgliedern. Die fried Pfeiffer (1899-1961)“, Hrsg. Thomas Meyer, Perseus Verlag, 1999, S. Verteilung erfolgte über die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft 218. bis 1949. Vollständig wiedergegeben ist der Inhalt der Denkschrift in dem 19 Die Rolle des „Restvorstandes“, der die Verbreitung der Denkschrift durch 3 Bd. der Dokumentation über Ita Wegman von Emanuel Zeylmans van die Gesellschaft über 14 Jahre ermöglicht hat, ist zu komplex, um hier dar- Emmichoven. gestellt zu werden. Näheres dazu findet sich in Band 3 der Dokumentation 16 Nachrichtenblatt Nr. 39 vom 25.09.1949. von E. Zeylmans. [email protected] 15 Nr. 22, 29. Oktober 2017

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„moralische und rechtliche Grundlage“ entzogen worden, gehoben werden und damit die Würde und die moralische wie Gerald Häfner vermutet? Uwe Werner meint in der Integrität des zu Unrecht verurteilten wiederhergestellt oben erwähnten Bewertung der Archiv-Recherche sogar, werden. In unserem Fall kann die Abberufung aus dem dass die Erklärung: Vorstand nicht rückgängig gemacht werden, das zu glau- „wie eine Versöhnungsgeste der Unterzeichner gegenüber ben wäre selbstverständlich illusionär. Sehr wohl kann Ita Wegman und Elisabeth Vreede gewertet werden kann, aber der Beschluss, der zur Abberufung geführt hatte, auf- ohne dass dies explizit zum Ausdruck gebracht wurde.“ gehoben werden. Damit würde zum Ausdruck gebracht, dass die Abberufung zu Unrecht erfolgte, was auch den Diese Interpretationen haben offensichtlich nichts mit der Tatsachen entspricht. Wirklichkeit zu tun. Nehmen wir zur Kenntnis, was Her- mann Poppelbaum, Verfasser einer Vorgängerversion der Weiter in dem Änderungsantrag : Denkschrift und Mitherausgeber derselben und im Jahr „Wir erachten den Beschluss aus heutiger Sicht für un- 1965 als 1. Vorsitzender des Vorstandes dazu sagte: haltbar.“ „Der andere [Punkt] ist der der sogenannten Rehabilitie- Damit werden die damaligen Handlungen relativiert, denn rung. Wir sind der Ansicht, dass es sich bei den Vor- auch aus damaliger Sicht war der Beschluss unhaltbar. standspersönlichkeiten, die wir alle verehren, beginnend mit Dr. Steiner selbst und bis zu Guenther Wachsmuth, Die Argumente Jaap Sijmons dass es sich da um Persönlichkeiten von solchem Format Aus dem Protokoll der Generalversammlung 2017 23 : handelte, dass wir mit unseren Rechtfertigungs- bedürfnissen doch ein wenig zu kurz kommen, ja dass ei- „ … Selbstverständlich könne die Generalversammlung gentlich die Gesellschaft selbst gar nicht aufgerufen ist, sich zum Beschluss vom 14. April 1935 äußern. Genauso hier zu viel zu sprechen von richtig und falsch. Es soll selbstverständlich sei es jedoch auch, dass durch die vor- niemand sein Urteil revidieren müssen. Es geschlagene Aufhebung des Beschlusses von 1935 Ita soll aber jeder daran denken, dass diese Persönlichkeiten Wegman und Elisabeth Vreede nicht mehr ihre Aufgaben doch aller Rehabilitierung entrückt sind und dass es mög- als Vorstand aufnehmen könnten. Auf rechtlicher Ebene lich ist, mit ihnen bei richtigem Handeln hier von der Erde würden sich durch die vorgeschlagene Aufhebung Folge- aus in diejenige zusammenhaltende Verbindung zu kom- fragen ergeben, wie zum Beispiel diejenige, ob alle Be- men, die wir alle suchen“ 20 . schlüsse des Vorstandes nach dem 14. April 1935 nach- Niemand soll sein Urteil revidieren müssen? Wenn das träglich als ungültig anzusehen wären, da sie ohne die Urteil wahr ist, gibt es nichts zu revidieren, wenn es als Mitwirkung von Ita Wegman und Elisabeth Vreede zu- unwahr erkannt wird, muss es revidiert werden. stande gekommen seien. Oder auch die Frage, ob von den Erben Schadensersatz gefordert werden könne. Jaap Ganz entgegen der Erklärung von Hermann Poppelbaum Sijmons vertritt die Haltung, dass die Aufhebung des Be- wurde die Denkschrift im Auftrag des Vorstandes sehr schlusses vom 14. April 1935 keinen Sinn mache, man je- wohl auch weiterhin zur Urteilsbildung herangezogen: In doch beschreiben könne, wie wir uns heute zu diesem Be- einem vom Vorstand in Auftrag gegebenem Rechtsgutach- schluss stellen würden.“ ten 21 wird aus der Denkschrift mehrfach zitiert. Jaap Sijmons hält, anders als von Gerald Häfner darge- Es wurde eben nichts revidiert, bis heute nicht. Damit stellt, die Aufhebung der Beschlüsse sehr wohl für mög- dürfte deutlich sein, dass die Bewertungen Gerald Häfners lich, meint aber – so auch in einem Pausengespräch mit und Uwe Werners unverzichtbarer Grundlagen entbehren. Antragstellern – man solle das nicht tun, weil Rechtsfol- gen 24 eintreten könnten. Aus dem Änderungsantrag Gerald Häfners: Weiter aus einem Bericht von Jaap Sijmons über die Ge- „Wir können die 1935 beschlossene Abberufung von E. 25 Vreede und I. Wegman 82 Jahre später nicht rückgängig neralversammlung (in Motief 6/2017) : 22 machen. Ein derartiger Beschluss wäre illusionär“ Ich selbst habe während der Versammlung gesprochen Es gehört zur Rehabilitierungspraxis, dass z.B. auch To- und herzlich begrüßt, dass für die beiden Persönlichkeiten desurteile aufgehoben werden, die bereits vollstreckt wur- Beachtung da ist, und habe den Willen begrüßt, der bei den. Damit wird die Hinrichtung selbstverständlich nicht den Mitgliedern für sie lebt, und den Willen dafür, dass rückgängig gemacht, sehr wohl aber kann das Urteil auf- die Gesellschaft sich distanziert von der Entscheidung von

20 Nachrichtenblatt Nr. 18, 02.05.1965. 21 „Die Wege der richterlichen Rechtsfindung“ von Dr. A. Egger, Philoso- 23 Aus: „Anthroposophie weltweit“ 5/17. phisch-Anthroposophischer Verlag am Goetheanum, 1952. 24 Auf die genannten Rechtsfolgen wird weiter unten im Text eingegangen. 22 Ein Hinweis zur Methodik: Es wird unterstellt, mit der Aufhebung der Be- 25 Mitteilungsorgan der Anthroposophischen Gesellschaft in den Niederlan- schlüsse solle die Abberufung rückgängig gemacht werden. den. [email protected] 16 Nr. 22, 29. Oktober 2017

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1935 und dass der Willen da ist, noch zusätzlich einen po- Zu 1: Zu unterscheiden sind die arbeitsrechtlichen sitiven Schritt zu tun. von den vereinsrechtlichen Aspekten, die nur dann in ei- nem Zusammenhang stehen, wenn dieser durch entspre- Des Weiteren habe ich folgendermaßen differenziert: chende Vereinbarungen zwischen dem Vorstand und der a) den juristisch-realistischen Effekt dieser Entscheidung, Gesellschaft hergestellt wurden. Es ist kaum anzunehmen, b) die rechtlichen Konsequenzen mit rückwirkende Kraft dass derartige Regelungen unter den damaligen Verhält- und c) das sich Distanzieren von dem Ausschluss, und die nissen entstanden sein könnten. Zudem ist überhaupt frag- Rehabilitierung der Arbeit der beiden Persönlichkeiten. lich, ob Ita Wegman und Elisabeth Vreede für ihre Vor- standstätigkeit ein Gehalt bezogen haben. Sehr viel wahr- Entgegen der Meinung der Antragssteller, meine ich, dass scheinlicher ist es, dass umgekehrt beide mit erheblichen die rechtliche Wirkung des Ausschlusses mit dem Tod von Mitteln das Goetheanum unterstützt haben. Selbst wenn Ita Wegman und Elisabeth Vreede im Jahr 1943, rechtlich durch eine Aufhebung der Beschlüsse irgendwelche For- realiter nicht rückgängig gemacht werden kann - und bei- derungen gegenüber der Gesellschaft entstehen würden, so de dennoch mit rückwirkender Kraft wieder ins Geschäfts- wären diese eben zu akzeptieren. Alles andere könnte be- führer-Amt gehoben werden können. Der Beschluss [von deuten, dass neues Unrecht entsteht. Im Übrigen dürfte 1935] arbeitet in diesem Sinne nicht weiter (a). Wohl kön- dieses Argument vollkommen gegenstandslos sein, da in- nen Rechtsfolgen entstehen, wenn man rückwirkend einen zwischen alle möglichen Ansprüche seit langem verjährt zu Unrecht gefassten Beschluss aufhebt (b), zum Beispiel sind. wenn hinterher Gehalt ausgezahlt wird, oder wenn die Gültigkeit der Vorstandsbeschlüsse zwischen 1935 un d Zu 2: Wenn man die Geschichte der Allgemeinen 1943 hinterfragt wird. Anthroposophischen Gesellschaft etwas kennt, kann man wissen, dass Elisabeth Vreede und Ita Wegman lange vor Über diese Punkte war nicht nachgedacht und diese waren 1935 an den Beschlussfassungen des Vorstandes faktisch mit dem Antrag anscheinend auch nicht beabsichtigt wor- ausgeschlossen waren. Und bereits 1934 wurde durch die den. Generalversammlung beschlossen, dass die Leitung der Die Versammlung kann sich jetzt [an der GV] von dem Gesellschaft ausschliesslich in den Händen von Albert Beschluss von 1935 distanzieren - sofern man nicht der Steffen, Guenther Wachsmuth und Marie Steiner liegen Meinung sei, dass dies schon längst geschehen sei - und sollte. Die Annahme, es könnten Vorstandsbeschlüsse positive Schritte machen für die Rehabilitierung, soweit zwischen 1935 und 1942 durch die Aufhebung des Be- das noch relevant ist (c). Letzteres war mehr oder weni- schlusses zum Ausschluss aus dem Vorstand ungültig ger der Inhalt einer Alternativ-Idee von Gerald Häfner, werden, ist rein theoretisch und hat mit der Wirklichkeit in welche als „Anliegen“ formuliert wurde. In diesem Sinne diesem Fall nichts zu tun. lautete auch die Ansprache von Peter Selg in der GV. Die dargestellten Aspekte müssten Jaap Sijmons als Gene- Schließlich sprach sich die Versammlung fast ohne Ge- ralsekretär und insbesondere in seiner Kompetenz als Pro- genstimmen für das „Anliegen“ aus und gegen eine Ab- fessor für Jura doch eigentlich klar gewesen sein, stattdes- stimmung des Antrages. Daraufhin zogen die Antragsteller sen hat er bei den Mitgliedern an der Generalversammlung ihren Antrag zurück. Soviel zur allgemeinen Mitglieder- und auch danach mit gegenstandslosen Argumenten für versammlung. Verwirrung gesorgt. Jaap Sijmons differenziert hier nicht zwischen der „Auf- Dass im Gegenteil die Allgemeine Anthroposophische Ge- hebung des Beschlusses“ von einem „rückwirkend wieder sellschaft eine Schuld gegenüber den Ausgeschlossenen ins Vorstands-Amt heben“. Um letzteres ging es in dem haben könnte, hatte Jaap Sijmons nicht bedacht. Folgender Antrag nicht, das wurde bereits erläutert. Die Ansprache 26 Antrag war an der Generalversammlung 1935 von Ernst Peter Selgs lautete keineswegs in diesem Sinne und eine 27 Suhrkamp gestellt worden: Abstimmung über das Anliegen fand gar nicht statt . "Sollte doch, was eine vollkommene Loslösung von Rudolf Grundsätzlich hält Jaap Sijmons die Aufhebung der Be- Steiner bedeuten würde, ein Ausschluß zustande kommen, schlüsse durchaus für möglich und weist zu Recht auf so ist als selbstverständlich anzunehmen, daß den Ausge- mögliche Rechtsfolgen hin. Als solche nennt er 1. mögli- schlossenen und allen, die hinter ihnen stehen, alle Bei- che Gehaltsforderungen und 2. die Möglichkeit, dass Vor- träge zum Bau des Goetheanums zurückerstattet werden. standsbeschlüsse in dem Zeitraum 1935 – 1943 aufgrund Es ist eine seltsame Sache, daß ohne die z.T. ungemein der aufgehobenen Beschlüsse ungültig werden könnten. hohen Beihilfen von Persönlichkeiten, die jetzt ausge- schlossen werden sollen, das Goetheanum überhaupt nicht hätte erbaut werden können." 26 Richtigstellungen in „Anthroposophie weltweit“ 6/17 und „Das Goethea- num“, Nr. 22/2017. Zumindest damals hatte dieses Mitglied das im Bewusst- 27 Protokoll der Generalversammlung in „Anthroposophie weltweit“ 5/17. sein. [email protected] 17 Nr. 22, 29. Oktober 2017

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Distanzieren oder rehabilitieren? I MI M P R E S S U M Man könnte meinen, dass es ausreichen würde, sich von Redaktion: Roland Tüscher, Kirsten Juel den damals gefassten Beschlüssen zu distanzieren. Die Freier Mitarbeiter: Béla Szóradi Beschlüsse als aus heutiger Sicht unhaltbar zu betrachten, Versand Schweiz: Redaktion kommt dem in etwa gleich. Die Geste ist in beiden Fällen Versand andere Länder: Christoph Möllmann dieselbe: Man macht deutlich, dass man mit den damali- Anschrift: Tüscher/Juel, Apfelseestr. 21, CH4147 Aesch gen Beschlüssen nichts zu tun hat, man distanziert sich T. +41 (0)61 701 42 08; E. [email protected] eben, nimmt Abstand davon. Das mag als Einzelperson denkbar sein, für die Gesellschaft ist das unmöglich. Denn AAA BBB OOO NNN NNN EEE MMM EEE NNN TTT diese war es, die damals gehandelt hat. Als Gesellschaft per Email Jahresbeitrag: sich davon distanzieren zu wollen würde bedeuten, dass A Förder-Abo ab 250.- CHF/EUR die Gesellschaft sich von sich selbst distanziert. B Abo Extra 95.- CHF/EUR + Spende Wenn eine Einzelperson Unrecht begangen hat, kann sie C Email - S t a n d a r d - Abo 95.- CHF/EUR sich auch nicht davon distanzieren. Ein heilsamer Prozess D Sonder-Abo frei wählbar ab 2.- CHF/EUR/Monat kann nur in einer Anerkennung und in einer Aufarbeitung E Probe-Abo 3 x frei bestehen. Sich davon distanzieren zu wollen wäre illusio- F Frei-Abo für valuta-schwache Länder när, käme wohl einer Lüge gleich. Entsprechendes gilt oder bei finanziellen Schwierigkeiten. auch für die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft. GedruGedruckteckte Ausgabe per Post Jahresbeitrag:: Das Gesellschaftsorgan „Generalversammlung“ hat da- Post-Standard 120.- CHF/EUR mals den Beschluss gefasst. Dasselbe Organ, auch wenn es Post-Extra CHF/EUR 120.-/Jahr + extra Spende heute von anderen Mitgliedern repräsentiert wird, muss Probe-Abo: 3 Ausgaben: CHF/EUR 15.-. auch den Beschluss aufheben. BBB AAA NNN KKK VVV EEE RRR BBB III NNN DDD UUU NNN GGG EEE NNN Eine Rehabilitierung würde bedeuten, dass das damals ge- schehene Unrecht anerkannt wird. Weiterhin wäre anzuer- CH: IBAN: CH 2808 3920 0000 4010 728 | Freie Gemeinschaftsbank | Postkonto: 40-963-0 | Clearing: 8392 | Zahlungszweck: Kto: kennen, dass es sich bei den Begründungen der damaligen 401.072.8 | Kontoinhaber: R.Tüscher, K.Juel | Beschlüsse um Missverständnisse, Verleumdungen und Unwahrheiten gehandelt hatte, mit denen die betroffenen EU / DE: IBAN: DE 3043 06096 7701 4890 801 | GLS Gemeinschafts- Personen in ihrer Ehre und ihrer moralischen Integrität bank eG | BIC: GENODEM1GLS | sowie in ihrem anthroposophischen Wirken zu Unrecht Kontoinhaber: Philipp Fürdens, für: Initiative Entw. Anthroposophie derartig massiv und umfänglich verurteilt wurden, dass ein S P E N D E N ––– SteuerSteuerfreiffrei r e ifr i in der Schweiz: Verbleiben im Vorstand der Gesellschaft als unmöglich IBAN: CH25 0839 2000 0040 0244 0. - Freie Gemeinschaftsbank Ba- angesehen wurde. Davon kann sich die Gesellschaft nicht sel, Postkonto: 40-963-0. Dotationsverein in Baselland; c/o Buschor distanzieren ohne sich selbst zu verleugnen. Treuhand, Gartenstadt 51, Postfach 455, 4142 Münchenstein. Zahlungszweck unbedingt angeben: «ENB 2017» Insofern muss eine Rehabilitierung diese Anerkennung und die Aufhebung der Beschlüsse beinhalten und das be- EU / DE: IBAN: gangene Unrecht muss benannt werden. Zudem sind DE 3043 06096 7701 4890 801 | GLS Gemeinschaftsbank eG | selbstverständlich auch die Leistungen von Ita Wegman BIC: GENODEM1GLS | Kontoinhaber: Philipp Fürdens und Elisabeth Vreede zu würdigen, vor allem das uner- schütterliche Einstehen und Wirken für die Anthroposo- AAA NNN ZZZ EEE III GGG EEE NNN phie, für Rudolf Steiner, für den Weihnachtstagungsim- 1 Seite CHF 800.-; ½ Seite CHF 400.- puls und für den Hochschulimpuls. Und es ist anzu- ¼ Seite CHF 200.-; ⅛ Seite CHF 100.-; (EUR zum Tageskurs) erkennen, dass die damaligen Beschlüsse Kleinere Anzeigen: pro 50 Zeichen CHF/EUR 5.-; Die Anzeigen ent- und Ausschlüsse genau diesen Idealen in sprechen in ihrem Inhalt nicht notwendigerweise der Ansicht der eminentester Weise widersprochen haben. Redaktion. Thomas Heck, Dornach, 24.10.2017 Unabhängige MitgliederMitglieder----NacNacNacNachhhhrichtenrichten in englischer Sprache: «Deepening AnthroAnthroposophy»posophy» --- Verantwortlich: Thomas O’Keefe, [email protected] in spanischer Sprache: «Realizando Antroposofía»Antroposofía»---- Verantwortlich: Tatiana Garcia-Cuerva, [email protected] in russischer Sprache: «Anthroposophie in der Welt» --- Verantwort- lich: José Garcia Morales, [email protected], und: [email protected]

[email protected] 18 Nr. 22, 29. Oktober 2017