Picoides Tridactylus) Im Bannwaldgebiet Hoher Ochsenkopf (Nordschwarzwald) Nach Der Wiederansiedlung Der Art1)
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Aktionsraumgröße, Habitatnutzung sowie Gefährdung und Schutz des Dreizehenspechtes (Picoides tridactylus) im Bannwaldgebiet Hoher Ochsenkopf (Nordschwarzwald) nach der Wiederansiedlung der Art1) Ulrich Dorka2) Summary: DORKA, U. (1996): Home range size, habitat use and threats and protection of the Three-toed Woodpecker (Picoides tridactylus) in the forest reserve ‘Hoher Ochsenkopf’ (northern Black Forest) after the return of the species.- Naturschutz südl. Oberrhein 1: 159-168. Between summer 1993 and 1995 observations on the Three-toed Woodpecker were conducted intensively in the northern Black Forest (forest reserve ‘Hoher Ochsenkopf’), an area not known before to have the species occuring. 140 days of observations within this period resulted in 56 positive sightings. Altogether the Three-toed Woodpeckers could only be followed by sight and listening to vocalizations with an efficiency of 5% of the total time spent in the area. In 1995 the first proof of breeding of the species for the northern Black Forest was obtained since its return to this particular range. The complete size of the home range used by the woodpeckers between March and October amounted to 59 ha, out of which 11 ha were open country, where timber had been removed by the forestry commission either after storms or destruction by bark beetles. Within the home range the female mainly used a part (about 17 ha) different to that of the male (about 19 ha). The habitat of the Three-toed Woodpecker is highly endan- gered due to forestry activities. To achieve a permanent protection of the community in this mountainous area, the demands of conservationists to create a much larger forest reserve (about 600 ha) are once more pointed out and underlined. Keywords: Picoides tridactylus, home range, habitat, threats, forestry, Black Forest. 1. Einleitung Der Dreizehenspecht galt im 20. Jahrhundert im gezielte Beobachtungen im Gebiet des Hohen Schwarzwald als ausgestorben (vgl. HÖLZINGER Ochsenkopfes zu beginnen. Ziel der Beobachtungen 1987). L. STEINWAND, H.-P. RUHL, F. WICHMANN und war es von Anfang an, erste Erfahrungen zur Ökolo- anderen gelang 1982 die erstmalige Beobachtung gie und Ethologie des Dreizehenspechtes auch für eines Dreizehenspechtes im Schwarzwald in neuerer den Bereich des Nordschwarzwaldes zu gewinnen. Zeit bei Freudenstadt-Wittlensweiler (L. STEINWAND Erfolgversprechend schien es, zunächst ein bekann- briefl. Mitt. und in HÖLZINGER 1987). Als SPÄTH tes Vorkommensgebiet der Art genauer zu unter- (1993) am 19. Juni 1993 im Bannwaldgebiet Hoher suchen und mit den dabei gewonnenen Erfahrungen Ochsenkopf die Beobachtung der Art für dieses Ge- gleichzeitig eine erste flächige Kartierung des Drei- biet gelang, stellte dies seinerzeit erst den fünften zehenspechtes im Gesamtraum des Nordschwarz- Nachweis eines Dreizehenspechtes für den Nord- waldes zu versuchen. Der anfänglich sehr hohe schwarzwald dar (U. DORKA, B. & E. SEITZ briefl. Zeitaufwand mit vielen Begehungen ohne Sicht- und Mitt. und in HÖLZINGER et al. 1990, G. DÖLKER briefl. Hörkontakte zu den Spechten wurde schließlich mit Mitt. und in HÖLZINGER 1987). Eine Zusammen- dem Fund einer ersten Brut für den Nordschwarz- stellung aller bisher bekannt gewordenen Dreizehen- wald im Jahr 1995 belohnt (DORKA 1996). Im specht-Beobachtungen im Nordschwarzwald ist in Südschwarzwald sind im Bereich des weiteren Feld- Bearbeitung und soll an anderem Ort vorgestellt berggebietes zwischen 1990 und 1995 insgesamt werden (U. DORKA in Vorb.). Auf Grund der SPÄTH’ neun erfolgreiche Bruten aus fünf Revieren bekannt schen Beobachtung erschien es zum damaligen Zeit- geworden (ANDRIS & KAISER 1995). punkt günstig, in der Folge eingehendere und _______________________________________________________________________________________ 1) Die Staatliche Vogelschutzwarte Baden-Württembergs (Leitung: Dr. P. HAVELKA, vormals Dr. K. RUGE) beteiligte sich mit einem geringen Anteil an den finanziellen Aufwendungen zu dieser Studie. 2) Die Arbeit ist meinen Eltern Ida und Ulrich DORKA in Dankbarkeit gewidmet. Naturschutz südl. Oberrhein 1 (1996): 159-168 159 2. Material und Methodik derheit im engeren Ochsenkopf-Gebiet sind zwei gut 2.1 Beobachtungsgebiet ausgebildete Kare (Teufelskaminkar und Seebergkar) vorhanden. Solche Karbildungen sind gerade für den Das Beobachtungsgebiet Hoher Ochsenkopf-Näge- Buntsandstein-Nordschwarzwald landschaftsprägen- liskopf befindet sich sechs Kilometer nordöstlich der de Strukturen (vgl. Geologische Karte, FEZER 1957). 1164 m üNN hohen Hornisgrinde, dem höchsten Die wichtigsten Bodenformen im Gebiet reichen Gipfel des Nordschwarzwaldes. Die flache Gipfel- vom Braunerde-Podsol über den Podsol bis zum, für kuppe des Hohen Ochsenkopfes ist 1055 m üNN das perhumide Gebiet, typischen sogenannten Bänd- hoch gelegen, während der Nägeliskopf etwas weiter chen-Staupodsol. Die Gipfelkuppe des Hohen Och- im Nordosten 994 m üNN erreicht. Die Lage und der senkopfes wird durchweg von rohhumusreichen Umfang (ungefähr 600 ha) dieses Untersuchungs- Moor- und Anmoorböden eingenommen (Geolo- gebietes ergaben sich vor allem auf Grund eigener gische Karte, Forstliche Standortskarte 1989). planmäßiger Kartierungen gefährdeter Vogelarten in Als potentielle natürliche Waldvegetation in den den Vorjahren ab 1980 (DORKA 1994). Zudem er- Hochlagen des Gebietes sind Fichtenwaldgesell- schien es angebracht, nach der Erstbeobachtung ei- schaften anzunehmen, die pflanzensoziologisch als nes weiblichen Dreizehenspechtes das Kontrollge- Bazzanio-Piceeten (Peitschenmoos-Fichtenwälder) biet zur Eingrenzung eines potentiellen Specht(e)- ausgewiesen werden (vgl. MÜLLER & OBERDORFER Aktionsraumes anfänglich nicht zu klein zu wählen. 1974). Die heutige Vegetation des Gebietes wird Nach mehreren zwischenzeitlich erfolgten positiven neben, im zentralen Teil kleinflächig ausgebildeten, Spechtfeststellungen im engeren Ochsenkopfgebiet Resten eines Bergkiefern-Moores, durch waldkie- wurden die Beobachtungsgänge dann hauptsächlich fernreiche Fichten-(Tannen-)Bestände charakteri- in einem rund 100 ha großen Gebiet rings um den siert. Diese Bestände sind stark forstlich überprägt Gipfel des Hohen Ochsenkopfes durchgeführt und immissionsgeschädigt. Der Hohe Ochsenkopf ist (48°39’/ 8°15’-16’, 900 bis 1055 m üNN). Die zen- ein Beispiel für die allmähliche Wiederbewaldung trale Gipfelkuppe des Berges ist seit 1970 auf einer der für den Nordschwarzwald bezeichnenden Fläche von 41 ha als Bannwald ausgewiesen. Ab Grinden. Diese Flächen unterlagen früher einer 1975 wurde das Gebiet auch gleichzeitig zum Natur- regelmäßigen Beweidung und Streunutzung. Pflan- schutzgebiet erklärt (BÜCKING 1988, 1990, 1992, zensoziologische Untersuchungen für das Gebiet BÜCKING et al. 1994, LfU 1991). liegen von OBERDORFER (1938) und MUR- MANN-KRISTEN (1986) vor. 2.2 Klima, Geologie und Vegetation 2.3 Methodik Das atlantisch getönte Klima des Untersuchungs- gebietes ist insgesamt als kühl und feucht zu bezeich- Bei jeweils mehrstündigen Beobachtungsgängen an nen. Die Niederschlagssummen des Beobachtungs- einem Tag, im Mittel ungefähr fünf Stunden, wurde gebietes mit über 2000 mm/Jahr gehören mit zu den versucht, einen Specht ausfindig zu machen und höchsten des gesamten Schwarzwaldes. Die durch- danach ihm so lange wie möglich zu folgen (focal- schnittliche Temperatur im Jahr beträgt 5°C bis animal-sampling, vgl. ALTMANN 1974). Für das Auf- 5,4°C. Die Durchschnittswerte der Temperaturen für spüren der Spechte erwiesen sich das Trommeln im den Januar betragen -3°C bis -2°C und für den Juli Fernbereich und das Hacken im Nahbereich als die 13°C bis 14°C. Die Winter können recht lang und verläßlichsten Möglichkeiten, die Vögel aufzufin- schneereich sein, sie sind jedoch relativ mild. Die den. Dagegen spielten Rufe als Ortungshinweise kei- mittlere Zahl der Tage mit einer Schneedecke von ne Rolle. Die geringe Ruffreudigkeit der Art ist in der mehr als 0 cm beträgt 120 bis 150 Tage. Der phäno- Literatur schon vielfach erwähnt worden. Von allen logische Frühlingsbeginn fällt auf den 21. Mai Beobachtungsgängen wurden Tagesprotokolle auf (OBERDORFER 1938, TRENKLE & VON RUDLOFF 1980, Kartenkopien der Topographischen Karte 1 : 25 000 HÖLZINGER 1981). (Blatt 7315 Bühlertal) angefertigt. Die Gipfelkuppe des Hohen Ochsenkopfes wird vom Bei der Nahrungssuche der Dreizehenspechte ent- Hauptkonglomerat des Mittleren Bundsandsteins als stehen durch das Wegmeißeln von Borkenschuppen, dessen oberster Schicht eingenommen (smc2). Hang- das Entrinden und das Aushacken von Larvengängen abwärts rings um die Gipfellagen steht der Bau- Arbeitsspuren, die jedoch nicht immer von denen sandstein (sm) als weitere Schicht des Mittleren anderer Spechte, vor allem denen des Schwarzspech- Bundsandsteins an. Als geomorphologische Beson- tes, unterscheidbar sind (vgl. SCHERZINGER 1982, 160 U. DORKA: Aktionsraum des Dreizehenspechtes im Nordschwarzwald SPITZNAGEL 1994). Derartige Arbeitsspuren wurden te zunimmt. Diese Effizienzsteigerung hat aber mitkartiert, aber nur bei entsprechenden Zusatzinfor- Grenzen. mationen als Hinweise für die räumliche Nutzung Hierzu im folgenden noch einige Anmerkungen. An von Teilgebieten verwendet. 33 Tagen von insgesamt 140 Beobachtungstagen Die hier verwerteten Beobachtungen stammen aus konnten positive Spechtfeststellungen gemacht wer- den Jahren 1993 bis 1995. Sie überstreichen jahres- den (reine Schlafhöhlenbaum- und Bruthöhlenbaum- zeitlich eine Spanne vom 6. März bis 9. Oktober. Beobachtungen wurden nicht berücksichtigt, vgl. Spätherbst- und Winterdaten liegen keine