Für Nebst Berichten Zur Kirchlichen Denkmalpflege
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ARCHIV FÜR MITTELRHEINISCHE KIRCHENGESCHICHTE NEBST BERICHTEN ZUR KIRCHLICHEN DENKMALPFLEGE IM AUFTRAG DER GESELLSCHAFT FÜR MITTELRHEINISCHE KIRCHENGESCHICHTE IN VERBINDUNG MIT H. AM ERICH " M. -L. CRONE " J. MÖTSCH " W. SEIBRICH R. E. SCHWERDTFEGER . W. WEBER HERAUSGEGEBEN VON FRIEDHELM JÜRGENSMEIER 55. JAHRGANG 2003 SELBSTVERLAG DER GESELLSCHAFT FÜR MITTELRHEINISCHE KIRCHENGESCHICHTE E. V. f-t cýý ýý " ... V'vý1ý4a: ýý ýý 1(I ty Iý f{ ýý ýý ýr i ll iý i ýýýf+iiiý }tU . 0i Zur Gründung der Klöster Weißenburg und Echternach und ihrem Wirken in Mainfranken Von Heinrich WAGNER Bis zur Ausbildung einer eigenen Kirchenorganisation in Bistümern sowie des Rheins jenseits der den einer Klosterlandschaft" rechts - vor allem mittleren Rhein flankierenden Mittelgebirge - versuchten die dort ur- sprünglich wohl im Auftrag der fränkischen Zentralgewalt tätigen An- gehörigen moselländisch-mittelrheinischer Adelsfamilien offenbar, durch Schenkungen an etablierte geistliche Institute ihrer einstigen Heimat diese für eine stärkere christliche Durchdringung ihrer rechtsrheinisch gelege- nen Besitzungen und deren Anbindung an die römisch-merovingische Kultur zu interessieren. Anders ist der Besitz linksrheinischer Bistümer und Klöster in Thüringen, Mainfranken, Alemannen etc. kaum zu er- klären. Über den Zeitpunkt solcher Versuche herrscht aber auf Grund der unbefriedigenden Quellenlage weitgehende Unklarheit, die wenigstens teilweise auszuräumen die vorliegende Untersuchung sich zum Ziel ge- setzt hat. Eine sachgerechte Beurteilung der nur in sehr schwachen Umris- sen erkennbaren Wirksamkeit der Klöster Weißenburg und Echternach in hängt den Gebieten rechts des Rheins - konkret in Mainfranken - aber na- turgemäß auch und vor allem vom Datum ihrer Gründung ab. Daher sol- len zunächst die umstrittenen Gründungstraditionen beider Klöster einer erneuten Prüfung unterzogen werden. I. WEISSENBURG Eines der ältesten Institute, das zu unbekannter Zeit östlich des Rheins aktiv wurde, ist das Kloster Weißenburg im Unterelsass. Das Jahr seiner Gründung ist nicht überliefert und in der Forschung ebenso umstritten wie die Person seines Gründers. Da für Weißenburg zwei Gründer in der Diskussion sind, deren Lebens- bzw. Todesdaten immerhin rund ein halbes Jahrhundert auseinanderliegen, sollte sich, unabhängig von einer konkre- ten Tätigkeit des Klosters im Einzelfall, durch die Ermittlung des - not- wendigerweise von der Person des Gründers abhängigen - Gründungs- zeitraums zumindest die Frage nach dem frühest denkbaren Zeitpunkt von rechtsrheinischen Weißenburger Aktivitäten beantworten lassen. Von den beiden unterschiedlichen, jeweils urkundlich gestützten klösterli- chen Gründungstraditionen tritt die eine für König Dagobert I. (623-639), für die andere Bischof Dragebodo von Speyer - als solcher expressis verbis 104 HEINRICH WAGNER übrigens nur in undatierter Urkunde von 662/75 bezeugt' - als Gründer ein. Während Franz Haffner noch 1965 an eine Gründung Weißenburgs durch Dagobert I. glaubtet, hat sich in der Forschung heute weitgehend die Ansicht Anton Dolls durchgesetzt, der 1979 unter Benutzung von Vor- arbeiten Karl Glöckners die älteren Urkunden des Klosters Weißenburg er- neut herausgab, und der im Anschluss an Francois Himly für eine Grün- dung vor 661 plädierte, da das angeblich älteste erhaltene Diplom des Klosters aus diesem Jahr stamme3. Welche der beiden Gründungstraditio- nen größere Glaubwürdigkeit für sich beanspruchen kann, soll im Folgen- den untersucht werden. a) Das Weißenburger Diplom von 700 Feb 24 (Glöckner/Doll n. 203 [zu 661]) Der Weißenburger Traditionsstrang, der Bischof Dragebodo von Speyer als Gründer ansieht, stützt sich auf eine Urkunde in Briefform, die an Bischof Dragebodo adressiert ist. Darin schenkte ein Bonefacius (ohne Titel) Güter in der villa Gairoaldo4, die zum Erbe seines verstorbenen Sohnes Gunde- bald gehörten, dem Kloster des hl. Petrus zu Weißenburg, das Bischof Dra- gebodo erbaut hatte (que ipse pontifex construxsit [! ])5. Dessen Bistum wird bedeuten in der Urkunde freilich nicht genannt, was könnte - nicht muss! dass Dragebodo sein Amt als Bischof von Speyer resigniert hatte. Davon ist in der Literatur zwar mehrfach die Rede, doch ist auf Grund der Quel- lenlage in dieser Frage über Vermutungen nicht hinauszukommen. Eine bloße Nennung des Bischofs ohne seinen Sitz reicht dafür jedenfalls nicht aus. 1 Undatiert [662 Okt 18-675 März 4]: Die Urkunden der Merowinger (= Monu- menta Germaniae Historica: Diplomata regum Francorum e stirpe Merovin- gica). Nach Vorarbeiten von Carlrichard BRÜHL(t) hg. von Theo KÖLZERunter Mitwirkung von Martina HARTMANNund Andrea STIELDORF,2 Teile. Hannover 2001; künftig zitiert DMerov + Urkundennummer) hier DMerov 99. 2 Franz HAFFNER,Die Bischöfe von Speyer bis zum Jahre 913 (918). In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 113 (1965) S. 297-359, hier S. 311-315. 3 Karl GLÖCKNER,Traditiones Wizenburgenses. Die Urkunden des Klosters Weißenburg 661-864 aus dem Nachlass hg. von Anton DOLL (= Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt) Darmstadt 1979. 4 Zur Identifizierung mit (n. Saarburg, Lothr. )" vgl. GLÖCKNER/DOLL (wie Görlingen Übrigens der Namensform Anm. 3), Vorbemerkung zu n. 203. - ist von villa Gairoaldo her m. E. eher mit Gerolsheim (nw. Frankenthal/Pfalz) zu identi- fizieren, da die Urkunde zum einen keine Gauangabe enthält, zum anderen in der folgenden Urkunde (n. 204) neben Gütern im Elsass- und im Saargau auch ein Westhofen genannt wird, bei dem es sich um das 17 km n. Gerolsheim lie- gende Westhofen handeln könnte. 5 700 Feb 24: GLÖCKNER/DOLL(wie Anm. 3), S. 415-417 n. 203 [zu 661]. ZUR GRÜNDUNG DER KLÖSTER WEISSENBURG UND ECHTERNACH 105 Die Datierung des fraglichen Stücks auf 661 durch Francois Himly6 berei- tet wegen der Nennung eines Königs Hildibertus erhebliche Probleme. Bis dahin war die Forschung nämlich meist der Ansicht gewesen, es handele sich um Childebert III., der von Ende 694 bis 711 regierte, weshalb die an einem 24. Februar im sechsten Regierungsjahr eines Königs Hildibertus ausgestellte Urkunde in das Jahr 700 datiert wurde. Himly, dem sich Doll anschloss, hielt diesen Hildibertus jedoch für den angeblich von König Sigi- bert III. (633-656) vor der Geburt seines Sohnes Dagobert II. adoptierten Childebert (III. ), ebenso angeblich Sohn des arnulfingischen Hausmeiers Grimoald 1.7.der erst im Zuge der Adoption einen typischen Merovinger- habe. Regierungsjahr (III. ) namen erhalten Das sechste Childeberts führte - Tod des Sigibert 656 das Jahr vom Adoptivvaters" aus gerechnet - auf 661. Communis opinio ist gegenwärtig, dass Grimoald unmittelbar nach Sigiberts III. Tod 1. /2. Februar 656 in diskutierten am einem viel Staats- streich" seinen angeblichen Sohn Childebert (III. ) zum König erheben und den rechtmäßigen Erben Dagobert II. nach Irland in ein Kloster verbringen ließ. Matthias Becher hat aber 1994 eine m. E. wesentlich schlüssigere Inter- pretation der Quellen zu diesem Thema vorgelegt. Danach war Childebert (III. ) sehr wohl ein leiblicher Sohn König Sigiberts III., also ein Merovinger, und wurde von Grimoald adoptiert (! ), womit dieser sich die Regierungs- gewalt in Austrasien gegen Dagobert II., einen Sohn Sigiberts III. aus des- sen Ehe mit Chimnechild sichern wollte8. Es handelt sich also gar nicht um einen wie immer gearteten Staatsstreich, sondern um eine Auseinanderset- zung zwischen zwei rivalisierenden Gruppen am austrasischen Hof, die je- weils einen erbberechtigten, jedoch minderjährigen Kronprätendenten vor- zuweisen hatten. Dabei scheint sich zunächst Chimnechild mit ihrem doch wohl jüngeren Sohn Dagobert II. durchgesetzt zu haben, jedoch ist über die Gründe hierfür nichts bekannt. Möglicherweise stammte Childebert (III. ) aus einer unehelichen Verbindung Sigiberts III. und hatte deshalb das Erbrecht. Erst Kampf Grimoald schlechtere" nach vierjährigem obsiegten und seine Partei; Dagobert II. wurde geschoren und nach Irland ins Exil geschickt. Mit der Zuweisung der weiter unten zu erörternden so genannten Grün- dungsurkunde" bzw. von deren echter Vorlage an König Dagobert II. und 6 Francois HIMLY, Les plus anciennes chartes et les origines de l'abbaye de Wis- sembourg (VIII sii cle). In: Bibliotheque de l'Ecole des Chartes 100 (1939) S. 281-294. 7 Vgl. Heinz THOMAS,Grimoald 2. In: Lexikon des Mittelalters 4 (1989) Sp. 1717. Dass Grimoald der Dynastie der Exilierung - von neustrischen wegen Dagoberts" hingerichtet wurde (ebd. ), ist freilich eine eher naive These. 8 Matthias BECHER,Der sog. Staatsstreich Grimoalds. Versuch einer Neubewer- tung. In: Karl Martell in seiner Zeit, hg. von Jörg Jarnut u. a. (= Francia, Beihefte 37). Sigmaringen 1994, S. 119-147; die einschlägige Literatur ebd., S. 119 Anm. 2. 106 HEINRICH WAGNER ihrer Datierung auf das Jahr 678 muss die Einordnung der angeblich ältes- ten Urkunde für Weißenburg zum Jahr 661 durch Doll erneut zur Diskus- sion gestellt werden. Sie ist nach dem Vorgang von Johann Caspar Zeuß, Franz Xaver Remling u. a.9 trotz der Nennung Bischof Dragebodos wohl doch auf 700 Feb 24 zu datieren, denn sonst müsste man eine Lücke von mehr als zwei Jahrzehnten zwischen der angeblich ältesten Urkunde von 661 und der zweitältesten von 682/8310 voraussetzen (und erklären! ). Demgegenüber wäre die Annahme, dass der 662/675 erstmals urkundlich und als Bischof von Speyer genannte Dragebodo kurz vor 678, das unten als Ausstellungsjahr der Dagoberturkunde wahrscheinlich gemacht wer- den soll, mit der Errichtung der Abtei Weißenburg begann und im Jahr 700 noch lebte, sicher das sprichwörtlich