 Über Auskehrer und „Ausgekehrte“ Ein „ Dokumentarfilm“ reflektiert und hin- terfragt Lebenswege und -perspektiven Seite 3 99  Die Stadt, ein Altenheim? 2008 Statistik und Prognosen bis ins Jahr 2027 Seite 4 1,30  Hungerrevolten nehmen zu Euro Biokraftstoff raubt Millionen ihr Brot Seiten 8/9 16. Jahrgang  Was bleibt von Marx? 2. Mai Plädoyer für den am 5. Mai1818 geborenen, radika- www. len Gesellschaftskritiker Seiten 11/12 leipzigs-neue.de Nur 1 Euro L INKE Z WEIWOCHENZEITUNG  Wer nach Peking fährt im Abo für Politik, Kultur und Geschichte Die Sportwelt steht Kopf Seite 13

Jungbrunnen: Lernen und Arbeit

Steht hier Für mich gehören Lernen und Arbeit zum Leben, vom ersten bis zum letzten Atemzug. Auch wenn der Begriff Arbeit vom ursprünglichen Wortsinn her mit „Mühsal und Beschwerde“ gedeutet wird, eine künftige gaben Arbeit in meinen früheren sogenannten Erwerbsjahren und nun, im höheren Alter, nützli- ches Tun, meinem Leben stets Sinn und auch Schwung. Wenn man, wie ich, auf ein über LeipzigerLeipziger 80jähriges Leben zurückblickt, wird einem vieles klarer und deutlicher. Denn langjährige Erfahrun- gen schaffen reiche Vergleichsmöglichkeiten. Schon im Kindesalter ist es durchaus Arbeit, die OberbürOberbürgergermeisterin?meisterin? notwendigen ersten Schritte ins Leben zu finden, um dabei mit Hilfe der Eltern zu überleben, und Leben in der Gesellschaft zu erlernen und zu begreifen. In meiner Jugend spielten Schule und Ausbildung eine wichtige Rolle. Ich bedaure sehr, dass da vieles heute gar nicht mehr so selbstverständlich ist. Menschen ganz gleich welchen Alters brauchen sinnerfüllte Aufgaben, die ihrem Wesen und ihrer Begabung entspre- chen. Wo führen denn Lebenswege mit schlech- ter Schulbildung und geringen Arbeitschancen hin? Keinesfalls in ein sinnerfülltes Leben. Da darf sich eine Gesellschaft nicht ausklinken. Wenn sie es tut, wird sich das bitter rächen. Früher hieß es, Arbeit dient zum Broterwerb, ich setze hinzu, auch zur Erhaltung des Lebens- sinns. Das geht ohne ständiges Lernen nicht. Und ich weiß sehr wohl, dass Lernen durchaus nicht nur Spaß ist, nein, da gilt es Widerstände zu überwinden, innere und äußere, aber daran kann man wachsen. Wer das nicht übt, oder wer dazu keine Chance oder auch keine Lust hat, wird verkümmern. Da mache ich mir zunehmend Sorge um die jüngst Geborenen. „Rentner haben niemals Zeit“, dieser vielzitierte Satz, trifft auf mich ohne „wenn und aber“ zu. Bei mir gibt es keine nutzlos vertane Zeit. So etwas war mir stets ein Graus. Mein Wochen- und Monatskalender sieht noch immer Besuche in der Universität als „Studentin“ vor und auch das „Tanzen im Club“ hält mich in Schwung. Im Hör- saal sitzen und Tanzen gehen, das könnten auch ganz junge Frauen über sich erzählen. Hier zeigt sich, dass es für Sinnerfüllung, oft der gleichen Art, keine Altersgrenzen gibt. Ich verschweige aber auch nicht, dass nicht jeder Tag so ganz problemlos beginnt. Da gibt es auch mal trübe Foto :Fiebelkorn Minuten. Aber: solange die Kräfte reichen, tue ich etwas für mich ... auch für Andere, schon Schwächere. Lebenspflicht und Lebensfreude LN: Die Antwort auf obige Frage mera. Nein, sie interessierten nen auch einmal auf dem Stuhl gehören für mich seit jeher zusammen. ist Spekulation, aber so ganz von sich sehr konkret für die Arbeit Platz, der während der Ratsver- der Hand zu weisen ist die Mög- der Abgeordneten und Stadträte. sammlungen für den Oberbürger- EDITH UHLIG lichkeit vielleicht doch nicht. Beim Carola Lange (dritte von rechts) meister reserviert ist ....einige 84 JAHRE „Girl`s Day“ ,Ende April, standen vom Stadtverband der LInkspar- sind auch ab und an Gäste auf HÜTERIN DES LN-ARCHIVS. Leipziger Schülerinnen nicht nur tei gab Auskunft über fast alles, der Zuschauertribüne. auf dem Roten Teppich im Rat- was im Rathaus so vor sich geht. Fazit: Von Politikmüdigkeit offen- Siehe auch Seiten haus und lächelten in unsere Ka- Natürlich nahmen die Schülerin- bar keine Spur.oto:Fiebelkorn 4 und 7 2 • MEINUNGEN LEIPZIGS NEUE • 9 ‘08 • 2. MAI 2008

it einem großformatigen bunten MWerbeprospekt für alle Haus- Öffentliche Diskussion vermieden halte über die Reform die „die Ver- Argus waltung ein Stück näher an die Bürger Steuerverschwenderische Verwaltungsreform-Werbung soll es richten heranrückt“ will die Staatsregierung Regierung fast sämtliche Bedenken in den „ihrer verfassungsmäßigen Verpflich- Wind geschlagen hat. Statt wie bisher 22 tung zur Unterrichtung der Öffentlich- Kreise soll es nur noch zehn geben, und das keit“ nachkommen, wie im Im- ist bürgernah? Aber auch die 8500 Behör- Girardets pressum behauptet. Herausgekommen denmitarbeiter trifft es hart, die künftig ist, so der Fraktionschef der Linken im lange, längere und sehr lange Arbeitswege Abschiedsgeschenk Landtag, eine „parteipolitisch gefärbte in Kauf nehmen müssen. Dass Kulturbürgermeister Girardet Regierungs-Werbung“, eine Ver- Verfassungsklage gegen immer mal wieder für eine Überra- schwendung von Steuergeldern zur schung gut ist, wissen wir ja späte- Verhöhnung der Steuerzahler. Eine Kreisreform stens seit dem Rauswurf des ziemlich teure dazu. Wenn wenigstens Klaus Bartl und Dr. Michael Friedrich Opernintendanten Maier. Diesmal gesagt worden wäre, wie künftig bei- (Landtagsfraktion DIE LINKE) entschie- nun will er Leipzig mit einer Bastel- spielsweise ein Bürger aus Hohburg den, die Gesetze zur Verwaltungs-, Funk- arbeit beglücken, dass eine fidele ohne eigenen PKW und ohne einen tional- und Kreisgebietsreform einer ver- Lady aus den USA der Stadt schen- extra Urlaubstag in die Kreisstadt fassungsgerichtlichen Kontrolle zu unter- ken möchte. Acht Meter breit und Borna kommt. Wobei, von Wurzen ziehen. zweieinhalb Meter hoch soll das aus ist es auch nicht viel einfacher, Die Fraktion, die geschlossen hinter die- bronzene Wende-Denkmal werden, oder? Angesichts dessen, was sich ser Klage steht, wird vor dem das sich eine Miley Tucker-Frost gerade mit und um die Eisenbahn Verfassungsgerichtshof von Rechtsanwalt ausgedacht hat. Dass in der interna- abspielt, ist es sehr bemerkeswert, Prof. Dr. Matthias Dombert (Potsdam) tionalen Kunstwelt niemand diese dass in der großen und bunten Dar- vertreten. Er wurde insbesondere im ver- Dame kennt – was spielt das schon stellung der Kreise zwar Autobahnen gangenen Jahr bekannt durch die erfolg- für die Hollitzers, Schilds und Weiß- und Bundestraßen eingezeichnet sind, reich geführten Verfahren vor dem Verfas- gerbers plus Kompagnons eine auch „bedeutende sächsische Fließ- sungsgerichtshof zur Verwaltungsreform Rolle, wenn sie endlich, endlich das gewässer“, jedoch keine einzige Ei- in Mecklenburg-Vorpommern. seit langen ersehnte Denkmal erhal- senbahnline. Aus vorauseilender Ein- Bei der Antragstellung ließen sie sich ten. Dass außer einem Stück Pappe sicht in die Dinge, die da kommen? davon leiten, dass das Gesetzespaket der bisher niemand ein Modell von dem Oder aus Scham, weil auch die Eisen- Staatsregierung eine Vielzahl von Fragen Monstrum gesehen hat, auch das bahn nicht unbedingt hilfreich ist, die aufgeworfen hat, die im „parlamentarischen stört außer dem einen oder anderen neuen Kreisstädte der Großkreise zu Durchmarsch“ der CDU/SPD-Landtags- im städtischen Kulturausschuss, nie- erreichen? mehrheit und damit auch in der öffentlichen mand. Warum auch? Einem ge- Naja, aber lustig ist das Ganze schon Diskussion zu kurz gekommen sind. ... schenkten Gaul, schaut man auch. Dürfen doch unter dem Titel Wie bekannt ist, hat der (Noch-) Minister- bekanntlich nicht ins Maul. So wird „Meine Meinung“, vier CDU-Po- präsident des Freistaates nach einer wohl auch der Ältestenrat gedacht litiker und ein SPD-Mann die wahr- Pressemeldung vom 15. Januar 2008 dar- haben, der dem Projekt zugestimmt lich bürgerfeindliche „Verwaltungs- auf hingewiesen, dass jedenfalls ein Teil habe, wie Girardet verlauten ließ. reform“ kabarettreif schönreden (drei der Gesetzesentscheidungen nicht vorur- Damit Argus nicht falsch verstanden davon im Faksimile). teilsfreier Sachverhaltslösung, sondern wird – Argus ist dafür, dass Mileys Das Ministerium, so wird in dem politischer Koalitionsabsprache geschul- Bastelei, so sie denn zustande Druckwerk verkündet, habe 600 Stel- det war. Angesprochen ist hier die Kreis- kommt, in der Heldenstadt aufge- lungnahmen bekommen und ausge- sitzfrage Borna/Grimma. stellt wird. Denn jeder blamiert sich wertet. Verschwiegen wird, dass die • MW so, wie es ihm zukommt.

Aus den Reihen der Naziorga- nisation „Freie Kräfte Leip- Keinen Fußbreit zig“ ist für den Dienstag Die Alternative ... (29.4.) – nach Redaktions- schluss – eine Demonstration der Nazidemo Auf Einladung der Europaabge- zwölf Referentinnen und Refe- durch Leipzig-Grünau ange- ordneten Sahra Wagenknecht, renten befassten sich mit dem meldet worden. Zum wieder- in Leipzig-Grünau des Stadtverbandes der Partei gesamten Spektrum des The- holten Male in diesem Jahr DIE LINKE. Leipzig, der Stadt- mas, darunter dem Recht auf wollen Nazis damit in Leipzig ihnen nur zu gern ausgeschlach- Der Anmelder der Nazi-Demon- ratsfraktion der LINKEN sowie Wohnen, der Mobilität für alle aufmarschieren und – diesmal tet, wie beispielsweise im Fall stration am 29. April, Istvan des Kommunalpolitischen Fo- und Aspekten der sozialen unter dem Motto „Eine des getöteten Mitjas aus Repacki, ist vor einem Jahr am rums Sachsen e.V., besuchten Daseinsvorsorge. sichere Zukunft für unsere Schkeuditz. Immer wieder Rande einer antifaschistischen am 19. April weit mehr als 100 In ihrem Eingangsreferat beton- Kinder“ – ihre heuchlerischen mischten sich Akteure des Nazi- Demonstration, ebenfalls in Teilnehmer – darunter auch aus te Sahra Wagenknecht, dass die Ideologien zur Schau stellen. Netzwerkes „Freie Kräfte“ ge- Grünau, schwer bewaffnet in Polen und Norwegen – die ganz- Stärkung der Daseinsvorsorge zielt in Trauerveranstaltungen polizeilichen Gewahrsam ge- tägige, Konferenz „(Re)Kom- zugleich auch stets die Verteidi- „Die „Sicherheit“, für die die von Schkeuditzer Bürgern ein. nommen worden. Im Frühjahr munalisierung statt Privatisie- gung des öffentlichen Eigen- „Freien Kräfte Leipzig“ am 29. In Leipzig Grünau fanden in den diesen Jahres war er an der rung“. tums und damit den Erhalt eines April aufmarschieren wollen, ist letzten zwei Wochen zwei Ver- Beschädigung von Wimpelket- Im Mittelpunkt der im Neuen notwendigen Grades der Verge- eine, die auf rassistischer Aus- anstaltungen gegen Rechtsextre- ten „Reudnitz ist bunt“ beteiligt. Rathaus zu Leipzig veranstalte- sellschaftung beinhaltet. Auf grenzung, autoritärer Macht- mismus statt: die Demonstration In Leipzig zieht derweil keine ten Tagung stand der Austausch besondere Resonanz stieß der ausübung und Gewalt basiert. „Grünau bleibt bunt“ des Ver- Ruhe ein: Erst am vergangenen von Erfahrungen aus unter- Beitrag von Asbjørn Wahl, der Dies werden wir – gemeinsam eins „Bunte Platte“ sowie eine Wochenende war eine antifa- schiedlichen Städten und Län- in seiner Eigenschaft als Natio- mit den Grünauern – nicht Kundgebung gegen den Verkauf schistische Kundgebung am dern, wie europaweit der Protest naler Koordinator der norwegi- zulassen. der Bekleidungsmarke Thor Tönsberg, der Thor Steinar- und Widerstand gegen die Pri- schen Kampagne für den Wohl- Neben einer durch das KOMM- Steinar im Allee Center. Filiale, von rechten Hooligans vatisierungspolitik gestärkt und fahrtsstaat, über seine umfang- Haus angemeldeten bunten Es ist nicht auszuschließen, dass gestört worden. In der Nacht Rekommunalisierungen künftig reichen bündnispolitischen Er- Party auf der Stuttgarter Allee, die Leipziger Nazis ihre ver- zum 20. April wurde der Fanla- befördert werden können. Die fahrungen im Kampf gegen den wird es in der Offenburger meintliche Stärke auch darum in den des Roten Stern Leipzig Rednerinnen und Redner aus Neoliberalismus berichtete. In Straße am Abend eine antifa- Grünau demonstrieren wollen. Ziel eines sehr wahrscheinlich dem In- und Ausland machten der anschließenden Diskussion schistische Kundgebung unter Der Stadtteil ist des Öfteren ihr politisch motivierten Angriffes deutlich, dass sie die öffentliche wurde immer wieder auch auf dem Motto „Keinen Fußbreit Aktionsfeld: eine Spontande- und am selben Tag mit fragwür- Daseinsvorsorge als ein unver- die Erfahrungen des siegreichen der Nazidemo in Grünau“ monstration am 22. Juli 2007, diger Symbolik gründete sich in zichtbares Menschenrecht anse- Bürgerbegehrens vom 27. Janu- geben.“ Flugblattaktionen im Allee-Cen- Leipzig eine Gruppe der Jungen hen und das der derzeitige neoli- ar 2008 Bezug genommen und Die „Freien Kräfte Leipzig“ ter, volksverhetzende Schmiere- Nationaldemokraten, der Ju- berale Privatisierungswahn in deutlich gemacht, dass dieser wollen mit ihrem Aufmarsch reien und Gewalt gegen das ehe- gendorganisation der NPD, die der Praxis fast immer zu höhe- Erfolg durchaus bundespoliti- gegen einen aktuellen Fall von malige Domizil der „Bunten mit den „Freien Kräften Leip- ren Preisen, zum Abbau von sche Ausstrahlung besitzt. Kindesmisshandlung protestie- Platte“ am Kulkwitzer See sind zig“ kooperieren. Arbeitsplätzen und sozialen Lei- ren. Die Thematik wird von zu benennen. • JULIANE NAGEL stungen führt. Die insgesamt • VOLKER KÜLOW LEIPZIGS NEUE • 9 ‘08 • 2. MAI 2008 THEMA • 3

Meinung und Straßenkehrer und „Ausgekehrte“ Wirkung Ein „Leipzig-Dokumentarfilm“ reflektiert und hinterfragt Lebensaussichten Der Film öffnet eine Tür in Der Kinobesuch am Start- Jahre sind seit dem letzten Film eine Welt, von der wir alle Wochenende im April in der vergangen, Stefan und Marlen wissen, dass sie existiert, die „Schaubühne Lindenfels“ sind schon nicht mehr am aber trotzdem kaum jemand war mit über 100 Besuchern Leben. Gabi schlägt sich durch wahrnehmen will, der (noch) sehr gut. Und das bei einem und ihre nun erwachsenen Kin- nicht in ihr gefangen ist. Eine Film, der wirklich alles der stehen vor den Realitäten Welt, in der die Zeit dahin andere als „Spaß“ macht. ihrer eigenen Kindheit. Henry schleicht und der Gang zum „KEHRAUS-wieder“ so der und Marion haben sich einge- Sozialamt der Höhepunkt des Titel des dritten Teils, bildet richtet. Die Enkelgeneration ist Tages ist. den filmischen Abschluß bereits in Pflegefamilien unter- Magazin „Player“ aus Leipzig dieser Leipzig-Trilogie. gekommen. „Man lebt so dahin...“ Ein äußerst eindringlicher Der Film ist eine unbeabsichtig- und ergreifender Film! Wie begann es ? te – nie tatsächlich vorgehabte – Weitab von Schein - und Im Jahr 1990 „KEHRAUS“ Langzeitbeobachtung gewor- Spaßgesellschaft – ehrlich! nachts auf den Straßen von den, da sich der Dokumentarist Zuschauer aus Leipzig Leipzig: Straßenkehrer räumen Gerd Kroske mit jedem abge- weg, was keiner mehr brauchte. drehten Filmmeter einen glück- Es sollte viel mehr solcher Neben vielem anderen Müll, lichen Ausgang wünschte. Die Dokus geben, die das Leben auch abgenutzte Wahlplakate. Wirklichkeit hat in 16 Jahren widerspiegeln. Hier ist ein- Endzeitstimmung machte sich diesen Stoff produziert und fach tolle Arbeit geleistet breit. Das was nach der DDR nicht immer hieß es: Und wenn Abends nach 7, da war 1990 für die Leipziger Straßenkehrer worden ... Hut ab! kommen sollte, klang vielver- sie nicht gestorben sind, leben die Arbeitswelt noch in Ordnung. Fotos:GMfilms Zuschauer aus Dortmund sprechend, war aber noch nicht sie noch heute. M. Z. faßbar. Ein stiller ehrlicher nach- Die drei Straßenkehrer Gabi, denklicher Film, weit ab von Henry und Stefan schwankten in Einschaltquoten. Danke! ihren Lebensläufen schon Habt Mut für ähnliche Pro- immer zwischen den Polen: jekte! Kinderheim, Knast, Gelegen- Zuschauer aus Schwedt heitsarbeiten bei der Stadtrei- nigung. Man merkt dem Film an, dass Kroske seine Figuren schon lange kennt – sie nehmen Wie ging es weiter? seine Aufmerksamkeit an, was Im Jahr 1996 mit „KEHREIN, keine Selbstverständlichkeit KEHRAUS“ fegte schon nie- ist... mand mehr von den Dreien die Der Standard (Wien) Straßen Leipzigs. Sie pendeln zerbrechlich zwischen Sozial- Kroske zeigt schnörkellose amt, Kneipe und Behausung. Bilder ohne dabei die Würde Immer bleibt ein Rest, etwas der Beteiligten zu verletzen. was nicht aufgeht... Mitteldeutsche Zeitung

Der Film zeigt eine zwischen Was folgte danach? Profit und Sozialstaatsbüro- Im Jahr 2006 entstand „KEHR- Die letzte Liege ist kalt. Nach Tagen wird 2006 Man lebt so dahin...ohne Arbeit. Immer bleibt kratie erfrorene Gesellschaft. AUS, wieder.“ Weitere zehn ein „Ausgekehrter“ in der Wohnung entdeckt. da ein Rest, etwas was nicht aufgeht. EPD- Film.

gab es meist nicht das übliche Nordrhein-Westfalen und wußte gelaufen, und es kommt nur „Ich arbeite nicht mit Schau- Tschüss! gar nicht, dass ihre Mutter noch wenig dabei raus. Sich darum zu bei der Stadtreinigung beschäf- sorgen, was einem alles zusteht, spielern, sondern lasse mich  Wie lange hat es gedauert, tigt war. Sie sah dann ganz dass ist schon manchmal ein bis die Fünf so von sich zufällig eine Videokopie meines Tagesjob. Ich meine das wahr- auf Schicksale ein“ erzählen, wie sie erzählen? Films, und die gab den Anstoß lich nicht zynisch. Es zeigt sich Da ich alle schon seit dem ersten sich zu treffen. Im Grunde bin auch, dass die ARGE-Mitarbei- MICHAEL ZOCK Film, also seit 1990 kannte, war ich Schuld daran, dass Mutter ter in die Strukturen der Ämter sprach den Regisseur es jetzt beim abschließenden und Tochter sich wieder sehen so eingebunden sind, dass sie in der dritten Teil gar nicht mehr so und miteinder reden. oftmals die Situation ihrer „Schaubühne Lindenfels“ schwer. Man ist tatsächlich mit- „Kunden“ vor dem Schreibtisch einder so verbandelt, dass man  Wenn jemand in 50 Jahren kaum noch begreifen können. Was geht in einem vor, wenn über fast alles reden kann. diese Dokumentarfilme sieht, man sich über so lange Zeit auf was könnte derjenige über die Die Leipziger Agentur woll- andere, teils extreme Lebens-  Was sagen sie den Zu- heutige Zeit erfahren? te in ihren Film eingreifen ... wege einlässt? schauern, die meinen, Ihre Der Wind für das Leben im All- Während der Dreharbeiten woll- Das geht über die reine Regie- „Leinwandhelden“ trinken zu gemeinen wird rauher und die te man mir für einen meiner und Filmarbeit natürlich hinaus. viel und sind schließlich an al- Luft zum Überleben dünner. Protagonisten eine andere Be- Wenn ich über einen so langen lem selbst schuld? Nicht nur für die „Ausgekehr- treuerin vorsetzen... Gerd Kroske, Jahrgang 1958, Zeitraum Leute mit der Kamera Es ist klar, dass es in manchem ten“, das gilt durchaus auch für Regisseur und Produzent beobachte, und sie sich auch Leben frühzeitige Weichenstel- mich. Warum? vom mir beobachten lassen, lungen mit fatalen Folgen gibt. Weil sich das Amt davon eine Geboren in Dessau. Lehre als dann entsteht so etwas wie eine Aber interessant ist, und das Wie würde es diesen Leuten bessere Außenwirkung ver- Betonwerker, Telegrammbote, Vertrauensbasis zwischen den zeigt diese Langzeitstudie, dass gehen, wenn es die DDR heute sprach. Man stelle sich vor, da Jugendkulturarbeit, Studium der Akteuren und mir. Und ich darf sich so etwas nicht in der Fami- noch gäbe? setzt uns der Pressesprecher Kulturwissenschaften an der dabei nicht vergessen: Hier lie fortsetzen muss. Sie hätten wahrscheinlich noch eine Beraterin vor die Nase, die Humboldt Universität zu arbeite ich nicht mit Schauspie- Arbeit oder eine Beschäftigung. offenbar die Fitteste in den und Regie an der HFF „Konrad lern, sondern lasse mich auf  Sie haben in einem Fall ganzen Hartz-IV-Schulungen Wolf“, Potsdam-Babelsberg. Schicksale ein, treffe Leute, die Mutter und Tochter wieder zu- Also keine Hoffung mehr auf war und begründete das damit, Arbeit als Autor und Dramaturg in ihrem Leben wahrlich mehr sammengebracht ... Vermittlung? dass die eigentliche Betreuerin im DEFA-Dokumentarfilm- als nur ein Problem haben. Sie Sie hatten sich aus den Augen Sie sind aus dem Prozess lange nicht wollte. Es stimmte einfach studio. Eigene Regiearbeiten suchten mitunter auch Rat bei verloren, die Tochter arbeitete raus. Da werden in einem wah- nicht, denn ich traf die andere ab Herbst 1989. mir. Nach einem Drehtermin inzwischen als Lehrerin in ren Ausdauerlauf die Ämter ab- Mitarbeiterin später. Die wollte! 4 • LEIPZIGER REFLEXIONEN LEIPZIGS NEUE • 9 ‘08 • 2. MAI 2008 Die Stadt, ein Altenheim? Statistik, Prognosen und Begrifflichkeiten ie möchten Sie denn der Seniorenarbeit und aktuali- stoßes bedarf.“ Wirgendwann in Ihrem sierter Maßnahmeplan von 2007 Die jetzigen Geburtsjahrgänge Leben einmal bezeichnet wer- bis 2009. 1925 bis 1945 wären gut bera- den? Als Rentner, Pensionär, Das klingt grauslich, und ich bin ten, sich nicht darauf zu verlas- Senior? Man kann sich das nicht froh, dass es meinen Jahrgang sen. Denn nach den vorgelegten aussuchen, und es liegt immer noch nicht betrifft, aber – egal Zahlen werden 2017 fast 20 000 Christa Franze (81), Ursula Cain (81), Horst Ditt- auch im Auge desjenigen, der wie so etwas betitelt wird – pflegebedürftige Menschen in mann(65),Siegfried Prölß(74) mit Choreografin einen betrachtet. Ja, es ist auch Inhalte und Folgen müssen jetzt Leipzig leben. Hinzu kommt Heike Hennig nach den Dreharbeiten.(v l n r.) eine sehr emotionale Sache, und später bedacht werden. In eine schwer in Statistiken fest- etwa in der Art: Keine Kunst welcher Form, das wird sich zei- zuschreibende Gruppe von ist`s, alt zu werden, es ist Kunst, gen. Wenn die freie Szene mehr Hilfsbdürftigen, denen die Kraft T an z mit der Zeit... es zu ertragen. Goethe ist immer Fördermittel braucht (auch LN fehlt am Leben teilzuhaben, für ein Zitat gut, gerade in berichtete), dann gibt es Demos oder ihren Haushalt zu führen. Alles war ein wenig anders an jenem Sonntagvormittag im Klein-Paris, aber Zahlen, wenn und Proteste in der Oberen Wan- Der jetzt vorgelegte Bericht April, kein Popcorn, kein Handy-Klingeln, die Schlangen an sie stimmen, sprechen eine delhalle des Rathauses, brau- belegt auch, dass ein dramati- den Kassen der Leipziger Passage-Kinos weit länger, aber andere und meist auch direktere chen Jugendeinrichtungen mehr scher Anstieg der Altersarmut auch bedeutend älter, als üblich. Sie waren fast identisch Sprache. Geld, dann gibt es ebenfalls um Leipzig kaum einen Bogen mit den Zahlen der auf dieser Seite abgedruckten Tabelle, Als die „Alten“, auch so ein Demos in der Oberen Wandel- machen wird. Das bedeutet für also zwischen 60 und 90 Jahren. nicht von jedem geliebter Be- halle. All das führt zu entspre- eine Kommune, nicht nur schö- Was lockte an jenem Tag? Ein Film des Regisseurs Trevor griff, derzeit im Radio- und chenden Echos im Ratsplenar- ne Ruheplätze in Parks zu schaf- Peters (Tanz mit der Zeit), der den Zuschauer mit der Kör- Fernsehen in einer Themenwo- saal und in den Zeitungen. fen, sondern direkt oder indirekt perlichkeit älterer Menschen konfrontiert, die hierzulande che „behandelt“ wurden, gab es „Eine Demonstration der Alten finanzielle Hilfe zum Leben zu völlig ungewohnt und demzufolge überraschend ist. Es geht kürzlich im Rathaus zu den habe ich noch nicht erlebt“, dar- gewähren. dabei nicht um Gesundheit und Krankheit, um Diäten oder „Hochbetagten“, wieder so ein auf machte kürzlich im Stadtrat Glaube keiner, dass das von Fitnesswahn und auch nicht darum, wie Ältere sich sportlich Wort, kein Film oder Feature Jürgen Wesser (SPD) aufmerk- selbst und automatisch passiert, betätigen, sondern um Erinnerungen, die im Körper gespei- sondern Zahlen. sam und er schlussfolgerte: „ Sie die Alten werden da von der chert sind. Und in den eineinhalb Filmstunden wurden sie Die nun entsprechende Vorlage wird es sicher auch nicht geben. Jugend-Szene noch einiges zu wieder geweckt und neu entdeckt. Vier ehemalige Tänzer und heißt im Rathausdeutsch: Um- Denn wir müssen reagieren, oh- lernen haben. Tänzerinnen der Leipziger Oper, inzwischen längst nicht setzungsbericht zum Konzept ne, dass es eines äußeren An- • JOACHIM MICHAEL mehr die „Alten“, gebrechlich, da nun auch zwischen 60 und 80 Jahren, trauen sich wieder aufzutreten. Nichts an Ursula Cain, Heike Hennig und den beiden Leipzigern Bevölkerungsvorausschätzung für Leipzig Horst Dittmann und Siegfried Prölß ist alt, außer ihrem Quelle: Amt für Statistik und Wahlen Leipzig Alter. Sie tanzen und bewegen sich mit einer Anmut auf der Lein- Einwohner 2006 Einwohner 2017 Einwohner 2027 wand und erzählen über durchlebte Zeiten und Umbrüche, sowie soziale Veränderungen im letzten Jahrhundert hierzu- Altersgruppe Altersgruppe Altersgruppe lande. Ein erstaunlich junger Film, den das Publikum begei- stert aufnahm.Unbedingt ansehen, auch wenn oder gerade 60 bis unter 70 60 bis unter 70 60 bis unter 70 weil man bedeutend jünger ist. 67 700 58 600 63 200 Anteil an der Bev. in %: 13,4 Anteil an der Bev. in %: 11,1 Anteil an der Bev. in %: 11,8 Das meint ... 70 bis unter 80 70 bis unter 80 70 bis unter 80 E u e r 48 000 54 800 50 300 Anteil an der Bev. in %: 9,5 Anteil an der Bev. in %: 10,4 Anteil an der Bev. in %: 9,4 L i p s i u s 80 bis unter 90 80 bis unter 90 80 bis unter 90 21400 30 800 33 400 Anteil an der Bev. in %: 4,2 Anteil an der Bev. in %: 5,8 Anteil an der Bev. in %: 6,3 Übrigens: 90 und älter 90 und älter 90 und älter Nach sächsischer Gemeindeordnung darf 4 200 6 200 9 100 ein 65-Jähriger nicht mehr zum Bürgermeister Anteil an der Bev. in %: 0,8 Anteil an der Bev. in %: 1,2 Anteil an der Bev. in %: 1,7 gewählt werden. In der Vorausschätzung für die Stadt wird von einer wachsenden Bevölkerung ausgegangen. Dabei wird Konrad Adenauer ist 1949 sich in den nächsten 20 Jahren der Anteil der insgesamt über 80-Jährigen von fünf Prozent auf acht Pro- zent erhöhen. Ein Rückgang wird für die Altersgruppe der 20-30-Jährigen prognostiziert. Der Anteil im Alter von 72 Jahren wird um etwa 3,2 Prozent sinken. Ursachen sind die schwachen Geburtenjahrgänge nach 1989 sowie die zum Kanzler der BRD gewählt worden. Abwanderungen in den 90er Jahren. Nettoeinkommen in Euro pro Monat 2002 / 2005 Leipziger Bevölkerung gesamt 1000 969 alle 18 bis 85-Jährigen

55 bis 64-Jährige männlich 1211 1045 weiblich 869 786

65 bis 74-Jährige männlich 1190 1100 weiblich 834 750 Alt wie ein Baum 75 bis 85-Jährige männlich 1221 1277 möchte ich weiblich 877 847 werden, Das persönliche Nettoeinkommen ist in fast allen Gruppen gegenü- so oft ber 2002 deutlich gesunken. Insgesamt zeigt sich, dass besonders die wie der Kluft zwischen Männern und Frauen der gleichen Altersgruppe Dichter es beschreibt. anhaltend hoch ist. Die Experten prognostizieren zukünftig einen Foto: wachsenden Anteil älterer Frauen mit geringem Einkommen. Auch LN Archiv die Erwartungen der Befragten waren eher pessimistisch. LEIPZIGS NEUE • 9 ‘08 • 2. MAI 2008 LEIPZIGER REFLEXIONEN / ANZEIGE • 5

Stadtratssplitter Unverdrossen ... aber in Nöten Spiele-Messe prüfmaschinen am Connewitzer eit dem als Beurlaubung Henri Maier im Stadtrat eine bergs Melodram "Pierrot lunai- Kreuz beschloss der Stadtrat die Sdeklarierten Rauswurf des Mehrheit. Nachdem aber so- re", der Christoph Meyer zum Einstimmig beschloss der Stadt- Aufstellung eines neuen Bebau- Intendanten Henri Maier aus der wohl das Gewandhaus als auch Abschied seine anderweit gefei- rat den interfraktionellen An- ungsplanes, der den Erhalt und Oper Leipzig vor zehn Monaten der Mitteldeutsche Rundfunk erte Inszenierung „Die mensch- trag, dass der OBM alles unter- die Arbeit des Kulturprojektes gab es um das Haus immer wie- längst ihre Konzertpläne für die liche Stimme“ von Francis Pou- nimmt, damit die in Leipzig „Werk II“ sichern und in dem der Schlagzeilen. Vor wenigen Spielzeit 2008/09 vorgestellt lenc voranstellt. Ansonsten wer- kreierte und etablierte Messe geregelt werden soll, wo und Wochen schien trotz zweier hatten, war es überfällig, dass den zum Aufbau des unbedingt „Games Convention“ über 2008 unter welchen Bedingungen Unbekannter eine Klärung auch die Oper ihre Vorhaben zu erweiternden Repertoires hinaus in der Stadt verbleibt. Wohnungsneubau in der Nach- erreicht. Der kommissarische benennt. Meisterwerke des 19. Jahrhun- barschaft möglich ist. Intendant und geschäftsführende Für die dazu einberufene Presse- derts teils mit jungen Regisseu- Bürgerinitiative Direktor Alexander von Maravic konferenz war neben Intendant ren neu inszeniert: Wagners Auf Anfrage der Linksfraktion Kombi-Lohn sollte als Nachfolger Maiers Alexander von Maravic, dem „Fliegender Holländer“ mit informierte Finanzbürgermei- Der Stadtrat beschloss für 667 berufen werden, und zwar unter Operndirektor Christoph Meyer Chaillys Stellvertreter Axel sterin Bettina Kudla über ein auf 3 Jahre befristete Stellen für der Voraussetzung, dass der wie der Nachfolgerin Franziska Kober als Dirigenten, Janáceks erstes Gespräch am 14. April Langzeitarbeitslose den monat- Stadtrat der Ablösung Henri Severin und dem Ballettdirektor „Jenufa“, Mozarts „Don Gio- mit der Bürgerinitiative "Stoppt lichen Eigenanteil von ca. 200 Maiers gegen eine Abfindung Paul Chalmer auch der General- vanni“, Rossinis „Barbier von den Ausverkauf der Stadt", die Euro/Monat für ein Beschäfti- bescheidener 496 000 Euro musikdirektor Riccardo Chailly Sevilla“, Bizets „Carmen“ mit das Bürgerbegehren und den gungsprogramm beizusteuern. zustimmt. Der „Neue“ gewann als Gesprächspartner angekün- Chailly am Pult, Puccinis selte- erfolgreichen Bürgerentscheid Durch den Eigenbetrieb Engels- inzwischen Peter Konwitschny digt. Der aber ließ sich wegen ne „Schwalbe“ („Rondine“). am 27. Januar zum Verbleib dorf sollen Projekte initiiert als Chefregisseur, allerdings einer dringenden Probe (die er Wie unschwer schon aus den Ti- wichtiger Betriebe der Daseins- werden, die nicht in Konkurrenz ohne dass mit dem abwesenden als Chef wohl auch auf einen teln zu erkennen ist, stehen tra- vorsorge in kommunalem zum 1. Arbeitsmarkt stehen. Riccardo Chailly als General- anderen Termin hätte legen kön- gische Frauen im Blickpunkt. Eigentum organisiert hatte. Die Jetzt soll über die Finanzierung musikdirektor der Oper gespro- nen) entschuldigen. Einer Dis- as Ballett hat sich außer Initiative will eigene Vorschlä- von weiteren 600 Stellen bei chen wurde. Inzwischen hat kussion wurde ausgewichen. Sie DAdams „Giselle“ einen ge zur Konsolidierung des Städ- Vereinen beraten und beschlos- aber Peter Konwitschny mit hätte in Abwesenheit Chaillys zweiten Strawinsky-Abend vor- tischen Haushaltes erarbeiten sen werden. Riccardo Chailly telefonisch und Konwitschnys auch nicht genommen und wird zum 50. und in einem weiteren Gespräch Kontakt aufgenommen. Für den sgebracht. Geburtstag seines einstigen im Juni vortragen. Abfindung als Intendant an die Deutsche o blieb dem Amtierenden auf Chefs Uwe Scholz dessen In geschlossener Sitzung stopp- Oper am Rhein wechselnden Sder zahlreich besuchten „Schöpfung“ neu einstudieren. Seniorenarbeit te der Stadtrat, eine Vorlage des Operndirektor Christoph Meyer Konferenz nur die Flucht nach In der Musikalischen Komödie Ohne Gegenstimmen hat der Kulturbürgermeisters Dr. Girar- wurde Franziska Severin ver- vorn. Was er und seine Mitstrei- werden Strauß' „Nacht in Vene- Stadtrat den Umsetzungsbericht det für eine Abfindung des beur- pflichtet. Es sollte wieder Ruhe ter an Vorhaben ankündigen dig“, Loewes „My fair Lady“ zur Seniorenarbeit zur Kenntnis laubten Opernintendanten Mai- einkehren. Einigermaßen Si- konnten, kann sich sehen und und andere Klassiker mit dem genommen. Das Konzept soll er. Aus den öffentlichen Äuße- cherheit verkündete die Stadt- hören lassen. Es zeigt, dass trotz bisherigen Chefdirigenten Ro- bei finanzieller Absicherung rungen zahlreicher Stadtratsmit- verwaltung für die finanzielle aller Unwägbarkeiten ernsthaft land Seiffarth und seinem Nach- 2009 für die Folgejahre fortge- glieder ist zu entnehmen, dass Planung. gearbeitet worden ist und weiter folger Stefan Diederich neu ein- schrieben werden. Dr. Dietmar sie es Leid sind, durch Dr. Gir- Doch da schlug es wie eine gearbeitet wird. Erstmals sind studiert. Das sind mit Ausnahme Pellmann (DIE LINKE) warnte ardet laufend vor vollendete Tat- Bombe ein, dass der Leipziger statt der bisherigen fünf oder gar des seltenen Puccini-Stückes vor übergroßen Kosten durch sachen gestellt zu werden, sich Stadtrat der Abfindung des nur vier Opernpremieren sieben keine mutigen Vorhaben. Doch die Übermächtigen im privaten genötigt fühlen, Beschlussvorla- Geschassten nicht zustimmte. geplant, dazu drei Ballett- und angesichts der bestehenden Pro- Pflegebereich. gen „durchzuwinken“ und eine Der Kulturbürgermeister zeigte vier Operetten- bzw. Musical- bleme kommt es für die jetzige demokratische Entscheidungs- sich vorerst mit dem Zusam- premieren. Peter Konwitschny Leitung darauf an, sicher zu Werk II und Umfeld findung nicht stattfindet. menkehren des Scherbenhau- beginnt sein Wirken als Chefre- agieren und neue Besucher zu Für das Areal des ehemaligen (siehe auch nebenstehenden fens beschäftigt und sucht für gisseur mit einer szenischen gewinnen. Werkes II des VEB Werkstoff- Beitrag) die Zahlung der Abfindung an Gestaltung von Arnold Schön- • WERNER WOLF 6 • SACHSEN LEIPZIGS NEUE • 9 ‘08 • 2. MAI 2008

as Fußballtrainer Trappatoni vor Hochschulgesetz- zehn Jahren von einem Spieler WBayern Münchens sagte, trifft nun Entwurf ganz ganz sicher auch für Georg Milbradt zu. Flasche leer …! zurückziehen! Allerdings hat er wohl zuvor einen mächti- Nicht ganz legal – illegal – Milbradt gen Schluck aus der Pulle Landesbank LN. Zu den Forderungen der genommen. Seine Idee, Geld bei einer Bank Abschluss verbunden war. Die währte eine schlau waren wie Georg Milbradt erst sehr CDU nach Änderungen an die- zu leihen, um damit bei der gleichen Bank Stunde. Jeder Teilnehmer bekam am Beginn viel später: Wir entdeckten den Ort, wo in sem Gesetzentwurf erklärt Heike zusätzlichen Gewinn abzuzocken, scheint eine volle Flasche und konnte diese, war sie der Brauerei die leeren Flaschen gestapelt Werner, die hochschulpolitische richtig originell zu sein, ist sie aber in Wirk- leer getrunken, innerhalb der Stunde gegen wurden, fanden Helfer und einen Weg, sie Sprecherin der Fraktion DIE lichkeit nicht. Was bisher geheim blieb, weil eine neue volle austauschen. Der schlimmste uns zeitweilig anzueignen, danach gegen LINKE im Sächsischen Land- für Unrecht gehalten, kann nun an die Durst war gelöscht, vielleicht war sogar ein volle zu tauschen, die wieder aus der Braue- tag, dass die noch im Amt Öffentlichkeit, denn SPD-Landeschef und klein wenig darüber getrunken. Gerade des- rei geschmuggelt wurden. Das geliehene befindliche Staatsregierung die Wirtschaftsminister Jurk und selbst Kolle- halb aber wurde kritisch angemerkt, dass es Leergut wurde zurück gebracht, sobald die Chance für eine zeitgemäße und gen aus der Linksfraktion haben mir versi- nicht gut sei, zumal bei galizischer Sommer- Flaschen geleert waren. Natürlich gab es demokratische Hochschulre- chert, dass Milbradts Geschäfte im Grunde hitze, in einer Stunde so viel wie möglich dabei ein paar volle Flaschen dazu. Die Hel- form verpasst habe. Den Rück- legal sind. Bier in die Leute hineinzuschütten, aber fer in der Brauerei – sozusagen die Bankhal- tritt Georg Milbradts, der als Die Sache war längst erfunden und erfolg- nichts für später mitnehmen zu können. Was ter – wollten ja auch belohnt sein. einer der schärfsten Befürworter reich praktiziert – freilich nicht mit Geld und tun? Was damals für uns galt, gilt auch für Milb- neoliberaler Hochschulpolitik einer Bank, sondern mit Bier und einer Wir brachten im folgenden Jahr heimlich radt: Damit sein Geschäft ein Geschäft gilt, sollte das neu zu bildende Brauerei: Vor langer, langer Zeit, als es noch leere Flaschen mit, tauschten sie während wurde, musste der Immobilienfonds die Kabinett nutzen, den vorliegen- eine Karl-Marx-Universität in Leipzig und der Verkostung gegen volle und schmuggel- geliehenen Pullen erst füllen, damit er dar- den Hochschulgesetzentwurf ad auch ein polnisches Konsulat und ein polni- ten diese wieder aus der Brauerei. Dem Chef aus den Schluck nehmen konnte, der den acta zu legen. Er sei ohnehin nur sches Kulturzentrum gab, machten sich am Tauschschalter war das egal, ihn interes- Gewinn darstellt. Die leeren Pullen gibt man ein von allen Seiten heftig kriti- jedes Jahr im Sommer Germanisten aus Lei- sierte nur, dass er am Ende so viele leere zurück und ein paar volle dazu als Zinsen, sierter Koalitionskompromiss pzig auf, um in Polen, tief in Galizien, für Flaschen hatte, wie er zugleich volle heraus- freilich sehr viel weniger als man insgesamt gewesen. polnische Germanistikstudenten einen Som- gegeben, und ein paar volle dazu, sozusagen abgestaubt hat. Sollte der Trick mit Bier- Die Aussichten dafür stehen merkurs abzuhalten. Das gab viel Arbeit, als Zinsgewinn für die Dienstleistung. flaschen ausgeführt im Gegensatz zu seiner jedoch schlecht, denn schon legt viel Spaß und auch viel Liebe, vor allem Beschwerlich war es allerdings, die leeren Umsetzung mit Geld dennoch nicht ganz die CDU mit einem 14-Punkte- aber unter der galizischen Sonne viel Durst. Flaschen zur und vor allem in die Brauerei legal gewesen sein, so ist er doch längst ver- Plan nach, der u. a. auch wieder Bier war aber knapp. Deshalb kam die jähr- zu bekommen und während der gesamten jährt. Milbradt aber ist brandaktuell, auch Studiengebühren fordert. So liche Besichtigung einer nahe gelegenen Führung mitzuschleppen. Irgendwie war das wenn sein Verfallsdatum deutlich über- stehe ein neuer Kompromiss ins Brauerei sehr gelegen, zumal sie mit einer wie zwei Schritte vor, einer zurück. Weshalb schritten ist. Haus, mit dem niemanden „Degustation“, sprich Bierverkostung als wir im wiederum nächsten Jahr schon so • PETER PORSCH gedient sei.

DGB Bezirk Sachsen damit eine wesentliche Vor- LN. Zu den Verhandlungen aussetzung für ein neues NPD- über die Vollzeitperspektive Vollzeitbeschäftigung reicht nicht – V-Leute abziehen, Verbotsverfahren geschaffen für die Lehrkräfte an den nötig sind bessere Rahmenbedingungen für wird“, sagte Lucassen. sächsischen Grundschulen er- Grundschullehrkräfte NPD verbieten Den Menschen, die die NPD klärt die bildungspolitische LN. Nach Bekanntwerden des und ihre rechtsradikalen Schlä- Sprecherin der Fraktion DIE bedeutet das endlich das Ende noch nicht automatisch die Einsatzes eines V-Manns beim gertrupps ablehnen, sei es nicht LINKE im Landtag, Cornelia einer 19 bzw. 20 Jahre langen Rahmenbedingungen für die Ar- rechtsradikalen „Sturm 34" for- zu erklären, warum mit öffentli- Falken: Teilzeit. Dafür, dass sie trotz beit an den Grundschulen. derte der sächsische DGB-Vor- chen Geldern V-Leute finanziert Grundsätzlich begrüßen wir die Teilzeit engagiert ihren Beruf Ebenso wichtig ist es, wozu wir sitzende Hanjo Lucassen den werden, die sich dann an Strafta- Einigung zwischen den Tarif- ausgeübt haben, gebührt ihnen den Kultusminister auffordern, sächsischen Innenminister But- ten beteiligen und rechtsradikale partnern, eröffnet sie doch den unser aller Dank. die Pflichtstundenzahl von 28 tolo auf, alle V-Männer aus den Gruppen mit gründen. Die Lehrerinnen und Lehrern an den DIE LINKE fordert den Kultus- auf 26 Stunden zu senken und rechtsradikalen Gruppierungen Glaubwürdigkeit der Demokratie sächsischen Grundschulen die minister auf, so wie er es mehr- endlich eine Klassenleiterstunde abzuziehen. „Es ist ein Skandal, stehe auf dem Spiel, wenn einer- Aussicht auf eine Vollzeitbe- fach angekündigt hatte, den einzuführen. Dies fordern wir dass der Einsatz von V-Männern seits Rechtsradikale durch den schäftigung. Für die Kollegin- Lehrkräften, die das wollen, auch mit Blick auf die Zukunft nicht zur Verhinderung von Verfassungsschutz kofinaziert nen und Kollegen in den Regio- schon im kommenden Schuljahr und die wieder steigenden Schü- Straftaten führt, sondern statt werden und andererseits ein mög- nalstellen Zwickau, Chemnitz, die Vollzeitbeschäftigung zu lerzahlen. Denn die Vollzeit- dessen verhindert, dass rechtsra- liches NPD-Verbotsverfahren Leipzig und Dresden könnte ermöglichen. tätigkeit allein wird Nachwuchs- dikale Straftäter zur Rechen- genau wegen dieser Kofinanzie- 2011, für die in der Regional- Allerdings muss auch deutlich lehrkräfte nicht motivieren, in schaft gezogen werden. Der rung nicht möglich sei, so der stelle Bautzen 2012 die Voll- gesagt werden, allein mit der Sachsen zu arbeiten. Dafür DGB Sachsen fordert, dass die sächsische DGB-Chef. zeitbeschäftigung beginnen. Für dringend notwendigen Vollzeit- braucht es, wie gesagt, auch ver- V-Leute abgezogen werden und die betreffenden Lehrkräfte beschäftigung verbessern sich besserte Rahmenbedingungen.

17. April courage. Auf einer einschlägigen Inter- Mittweida: Die verbotene rechtsextreme netseite werden Fotos von den rund 100 Gruppe "Sturm 34" wurde von einem Besuchern gezeigt. Zu Beginn werde ein NPD-Funktionär aus Erlau gesteuert. Er SSACHSENACHSEN-C-CHRONIKHRONIK blutverschmiertes Satansgesicht einge- hat den Chef von "Sturm 34" aufgefor- blendet. dert, in der Stadt Unruhe zu stiften und (17. April bis 26. April) 25. April Ausländer zu überfallen. Mitglieder der Dresden: 2007 mussten in Sachsen 700 rechtsextremen Kameradschaft wurden Schülerinnen und Schüler wegen Schul- von ihm für die Bewachung von Partei- schwänzen Arreststrafen antreten. Nach veranstaltungen der NPD angefordert. route steht im Mittelpunkt der dritten Säch- weil sie den Landtag nicht ausreichend Angaben des Kultusministeriums blieb Dresden: Nach der Rücktrittsankündigung sischen Landesausstellung, die 2011 in darüber informiert hat, wie Fördermittel damit die Gesamtzahl der "Schulverwei- von Regierungschef Milbradt fordert die Görlitz stattfindet. Die "Via Regia" führte der EU verwendet werden. Damit hatte gerer" mit 5 200 im Vergleich zu den Vor- Linksfraktion erneut Neuwahlen. Während vom spanischen Santiago de Compostela eine Klage der Grünenfraktion teilweise jahren fast unverändert. Am schwierig- der Debatte kam es zu teils hitzigen Wort- über Görlitz nach Kiew. Erfolg. Künftig muss das Land die sten sei die Situation in Leipzig. gefechten. Landtagspräsident Iltgen rief 21. April geplante Verteilung der Gelder dem 26. April die Abgeordneten mehrfach zur Ordnung. Leipzig: Die Deutsche Bahn hat mit dem Landtag vorlegen, bevor sie nach Brüssel Dresden: Die Polizei hat im vergangenen Ministerpräsident Milbradt war nicht Bau eines neuen ICE-Wartungswerks in gemeldet wird. Jahr 7 536 gefälschte Euro-Geldscheine anwesend. Leipzig begonnen. Wie das Unternehmen 23. April im Gesamtwert von 127 365 Euro aus Leipzig: Der Stadtrat hat die Abfindung mitteilte, entsteht auf dem Gelände des Leipzig: Polen schließt sein Generalkon- dem Verkehr gezogen. Damit war mehr für den seit vergangenen Juni beurlaubten früheren Berliner Bahnhofs eine 225 Meter sulat in der Stadt. Als Grund nannte Gene- Falschgeld im Umlauf als im Jahr 2006. Opernintendanten Henri Maier abgelehnt. lange Werkshalle. In dem Betrieb sollen ab ralkonsul Zareba eine völlig neue Struktur Damals waren nach der Zerschlagung 22 Stadträte stimmten gegen und 19 für die 2009 vor allem Triebwagen der ICE-Bau- diplomatischer Einrichtungen, die gerade mehrerer Werkstätten in Süd- und Osteu- Zahlung von rund 500.000 Euro. (Siehe reihe 411 und 415 geprüft und repariert- aufgebaut werde. ropa 1147 falsche Scheine im Wert von auch Seite 5) werden. Insgesamt fließen 27,5 Millionen 24. April über 66 000 Euro aufgetaucht. Den 18. April Euro in den Neubau. Colditz: Die Kirchgemeinde Colditz- Rekord hält das Jahr 2004. Zwei Jahre Görlitz: Die Stadt hat die ersten von elf 22. April Lastau bei Grimma ist ins Visier von nach Einführung des Euro wurden Hinweisschildern entlang der mittelalterli- Dresden: Der sächsische Verfassungsge- Rechtsextremen geraten. Anlass war ein damals fast 165 000 gefälschte Euro- chen "Via Regia" aufgestellt. Die Handels- richtshof hat die Landesregierung gerügt, Friedensgebet für Demokratie und Zivil- Noten sichergestellt. LEIPZIGS NEUE • 9 ‘08 • 2. MAI 2008 POLITIK • 7

enn Politiker Gesetze gegen Im Schafsfell der Wissenschaft gen geschädigter Kunden, Aktionäre und große Bevölkerungsgruppen (ehemaliger) Mitarbeiter. Es gab einige Wdurchknüppeln und die Betrof- Verurteilungen, insgesamt aber wurde fenen bei Wahlen aufbegehren, heißt es: das Verfahren teils aus Mangel an Bewei- Wir haben es den Wählern ungenügend Dann schon lieber sen oder gegen Geldzahlung eingestellt. erklärt. Soll heißen, wir müssen sie noch Nicht zu vergessen auch der erzkonserva- mehr verdummen. tive und bekennende Mindestlohngegner So auch bei der letzten Rentenreform und Hanns-Werner Sinn. Sein Posten als Auf- der Riester-Rente geschehen. sichtsratsmitglied der Hypovereinsbank Um das eigene Rufbild zu schützen und (die nach Bilanzsumme drittgrößte, nach bei Bedarf die Verantwortung auf andere Mitarbeiterzahl noch zweitgrößte Bank in abwälzen zu können, wurde gleich der Rentnerdemokratie Deutschland) wird ebenso gern in den Hartz-Kommission eine Rürup-Kom- Medien verschwiegen wie seine Tätigkeit mission ins Leben gerufen – und damit als Präsident des Weltverbandes der der Bevölkerung vorgegaukelt, daß dort Finanzwissenschaftler 2006-2009 (Inter- kompetente und neutrale Wissenschaftler, national Institute of Public Finance). bestehende Probleme prüfen und Lö- Auch seine Tätigkeit für die Heidelberger sungswege erarbeiten. Was herauskam, MLP AG ist den Journalisten kaum der hat jüngst ein herausragendes Mitglied Rede wert. Er wird lediglich als Professor dieser Kommission vor ausgewählten und als ein Ökonom Deutschlands ge- „Zugpferden“ der Versicherungswirt- führt. schaft so zusammenfassend erklärt: Wer hat sich das wohl ausgedacht, dass „Die Rente ist sicher – sag ich Ihnen derzeit über alle Medien hinweg die ganz unverblümt. (Gewieher unter den Bevölkerung betrommelt wird, wie hab- Versicherungsvertretern.) Die Rente ist gierig die Rentner sind, die die Zukunft sicher, nur hat kein Mensch mitgekriegt, der Jugend verkonsumieren wollen. dass wir aus der Rente schon längst Nach dem Motto „Teile und herrsche!“ eine Basisrente gemacht haben. Das ist werden die Leichtgläubigen der Genera- alles schon passiert. Wir sind runter tionen gegeneinander in Stellung ge- gegangen durch den Nachhaltigkeits- bracht – und die vorgenannten „Ex- faktor und durch die modifizierte Brut- perten“ ins Feld geführt, die doch samt tolohnanpassung. Diese beiden Dinge und sonders Vertreter der Kreise und sind schon längst gelaufen, ja, waren im Schichten sind, die aus Gier ihre Steuern Grunde genommen nichts anderes als z. B. über Liechtenstein hinterziehen, die größte Rentenkürzung, die es in Milliarden verzocken – oft durch misera- Deutschland jemals gegeben hat. (…) bles Management – und dann vom Steu- Aus dem Nachhaltigkeitsproblem der erzahler zynisch verlangen, für die Verlu- Rentenversicherung ist quasi ein Alters- ste und ihre Gewinne aufzukommen. vorsorgeproblem der Bevölkerung ge- Diese „Experten“ liefern ihnen die Vor- worden. So, das müssen wir denen er- AG) tätige Bernd Raffelhüschen. In den Forschungsinstituts Ökonomie und de- lagen, diverse Versicherungsprodukte zählen! Also, ich lieber nicht, ich hab Medien wird er diskret nur als Professor mographischer Wandel, das vom Gesamt- namens „Zusatzrente“ im Verkauf zu genug Drohbriefe gekriegt! Kein Bock für Finanzwissenschaft an der Albert- verband der Deutschen Versicherungs- puschen. Hier ist auch die Riester-Rente, mehr, irgendwie. Aber Sie müssen das, Ludwigs-Universität Freiburg im Breis- wirtschaft finanziert wird. Aber das wird die vom „Staat“ subventioniert wird, ein- das ist Ihr Job!" gau vorgestellt. wissentlich verschwiegen. Es wird in den zuordnen. (Quelle: ARD Sendung „Rentenangst“, Auch die weiteren Herren, nach dem Pri- Medien nur als der Herr Professor für In diesem Reigen gibt sich die Wis- einem Film von Ingo Blank und Dietrich mat ihrer Einkünfte und Abhängigkeiten Volkswirtschaftslehre an der Technischen senschaft zur Tarnung für die Lobbyisten Krauß – ausgestrahlt am 10.3.2008 im aufgeführt reisen unter gleichem Deck- Universität Darmstadt und als ein so der Finanzwirtschaft her – fern ihrer Ver- Vormittagsprogramm der ARD Wieder- mantel. genannter „Wirtschaftsweiser“ ausgewie- pflichtung zur Distanz, zur Objektivität, holung: PHOENIX, 5. Mai 2008, 21:00 So zum Beispiel Bert Rürup, nach dem sen. zur Neutralität. Sie wird von der Politik Uhr). die Kommission benannt wurde. Er tritt Ein solcher weiterer Protagonist ist Mein- über die Medien bewusst eingesetzt. Und häufig als Referent und bei Podiumsdis- hard Miegel. Er sitzt langjährig im Auf- sie lässt dies mit sich machen. Diese Aussage traf der im Aufsichtsrat kussionen von Versicherungs- und Fi- sichtsrat der schon mehrfach genannten Versuche, ihr diesen Schleier zu ent- der ERGO Versicherungsgruppe sowie nanzdienstleistern, z. B. für die Credit MLP AG. Zu ihrer Charakteristik muss reißen, werden zum Beispiel vom ehema- als wissenschaftlicher Berater für die Suisse oder die MLP AG, auf. Ein solcher erwähnt werden, dass sie beispielsweise ligen Bundespräsidenten Roman Herzog Victoria Versicherung AG in Düsseldorf, zwanzigminütiger Auftritt wird fürstlich, 2002 mit einem Bilanzskandal unter (selbst Rentner - aber was für einer?) als Vorstandsmitglied der Stiftung Markt- im schechtestem Fall mit einem Honorar Druck geriet, der einen starken Einbruch „Rentner-Demokratie“ gegeißelt. Sie wirtschaft, Botschafter der Initiative belohnt, von dem mehrere Rentner bzw. des Aktienkurses zur Folge hatte. Das stören vermutlich die Machtdurchsetzung Neue Soziale Marktwirtschaft und für die zwanzig oder dreißig ALG II- Empfänger wiederum führte zu staatsanwaltlichen der herrschenden KAPITAL-DIKTA- Heidelberger MLP AG (früher Mar- ein ganzes Jahr leben könnten. Rürup ist Ermittlungen wegen Bilanzfälschung und TUR. schollek, Lautenschläger und Partner Vorstandsvorsitzender des Mannheimer Scheingeschäften und zahlreichen Kla- • MICHAEL K. DOBISCH

n der Woche vom 14. bis 19. IApril war auf Einladung der Fraktionsvorsitzendenkonferenz Es geht mit Kommunisten auch ganz normal von DIE LINKE eine Delegation Ein paar kleine Meldungen am Rande der Aufregungen der Fraktion der KPÖ im steiri- schen Landtag zu Besuch in bestellt werden. Wiederwahl ist auf 600 Millionen gestiegen ist. sonders stark in der Landes- des Proporzsystems müssen Sachsen, Berlin und Mecklen- möglich. „Für die Schulen • Mit den Stimmen der KPÖ und hauptstadt Graz. Dort stellt die aber auch andere Parteien mit burg-Vorpommern. Es war der brächte das die Chance, entwe- der ÖVP wurden normale und KPÖ auch nach den jüngsten Stadträten an der Regierung Gegenbesuch zur Reise einer der Bewährtes fortzusetzen oder dennoch sichere Verhältnisse Wahlen die Stadträtin für Woh- beteiligt werden. Elke Kahr hat Delegation mit Gregor Gysi an eben für frischen Wind zu sor- beim Brandschutz in Wohnhoch- nungswesen, Elke Kahr. Bemer- wichtige Forderungen der KPÖ der Spitze vor zwei Jahren nach gen“ – liest man im Grazer häusern hergestellt und überteu- kenswertes wurde da in den letz- zur künftigen Wohnungspolitik Graz. Die Steiermark ist das Stadtblatt der KPÖ. erter Luxus, der einigen Firmen ten Jahren auf KPÖ-Initiative durchgesetzt (z.B. Weiter- einzige österreichische Bun- • Der Antrag der KPÖ im Land- mehr Profit, den Bewohnern aber durchgesetzt: Jeglicher Verkauf führung der Sanierungen und desland mit einer KPÖ-Fraktion tag auf Rückkauf des privatisier- kaum mehr Sicherheit gebracht von kommunalen Wohnungen Erweiterung des kommunalen im Landtag. Diese kommunisti- ten Anteils an der ansonsten in hätte, abgeschafft. wurde unterbunden. Hunderte Wohnungsbestandes durch Neu- sche Fraktion ist rührig und Landesbesitz befindlichen Elek- Anzumerken bleibt, dass hin kommunale Wohnungen wurden bau) und deshalb den schwarz- erfolgreich, dafür drei Beispiele trizitätsgesellschaft „Estag“ hat und wieder Anträge der KPÖ saniert und auf modernen Stan- grünen Koalitionsvertrag im aus jüngerer Zeit: mit den Stimmen von ÖVP und auch mit den Stimmen der SPÖ dard gebracht. Die Miete in wohnungspolitischen Teil mit Grünen eine Mehrheit gefunden. angenommen werden und die kommunalen Wohnungen darf unterschrieben. Wer für eine • Auf Anregung der KPÖ sollen Ziel ist, wieder die Hoheit über KPÖ natürlich vernünftigen ein Drittel des Einkommens des Sache brennt, soll dort auch Ver- in Zukunft laut Beschluss von die Preisgestaltung zu erlangen. Anträgen der anderen Frakt- Mieters nicht überschreiten. Seit antwortung tragen, meinte der ÖVP (christlich-konservativ), Ein Problem ist, dass der Wert ionen zustimmt. In mehreren den letzten Wahlen im Januar ÖVP-OBM Nagel dazu. KPÖ und Grünen die Schul- dieses Anteils seit seinem Ver- steirischen Kommunen gibt es regiert die Stadt eine Koalition direktoren alle sechs Jahre neu kauf um ca. 200 Millionen Euro ebenfalls KPÖ-Mandate, be- aus ÖVP und Grünen. Aufgrund • PETER PORSCH 8 • HIER UND HEUTE LEIPZIGS NEUE • 9 ‘08 • 2. MAI 2008

er weltweite Anstieg der Lebens- Klimawandel-Expertengruppe die Her- Diese Ziele sind mit Hilfe der landwirt- Hinter den Kulissen – und unter den mittelpreise führte im Frühjahr stellung von Kraftstoffen aus Agrarpro- schaftlichen Kapazitäten des Nordens Augen der nationalen Kartellbehörden – D2008 zu ersten Hungerrevolten in dukten als nächsten Schritt eines allmäh- unerreichbar. Europa müsste 70 Prozent schmieden riesige Öl-, Getreide-, Auto- Haiti, Ägypten, Pakistan, Usbekistan, lichen Paradigmenwechsels darstellen: seines Ackerlandes für die Produktion und Gentechnologiekonzerne machtvolle Kamerun, Burkina Faso. Die Grundnah- von einer die Ölquellen maximal aus- von Biokraftstoffen verwenden, und die Allianzen: ADM und Monsanto, Chevron rungsmittel Weizen, Milch, Reis, Mais schöpfenden Strategie zu einer noch USA müssten ihre gesamte Mais- und und VW, BP, Du Pont und Toyota. Diese werden immer teurer und für die breiten näher zu definierenden, auf nachwach- Sojaproduktion zu Ethanol und Biodiesel Firmen vereinigen unter einem Riesen- Massen unerschwinglicher. Laut Welt- senden Kraftstoffen beruhenden Ökono- verarbeiten. dach die Erforschung, die Produktion, die mie. Einen Großteil des landwirtschaftlich Verarbeitung und die Vertriebsketten Der Mythos eines unerschöpflichen Füll- nutzbaren Landes zur Herstellung von unserer Nahrungsmittel und Kraftstoff- Von SARKIS LATCHINIAN horns namens Biokraftstoff lenkt von den Biokraftstoffen zu verwenden, hätte zu- systeme. mächtigen ökonomischen Interessen ab, dem verheerende Folgen für die Nah- die von diesem Übergang profitieren. rungsmittelsysteme des Nordens. Des- Die Verlogenheit der Mythen ernährungsprogramm der Vereinten Na- Und er verdunkelt die politisch ökonomi- halb richten die OECD-Länder ihren um die Biokraftstoffe tionen (WFP) sind die Nahrungsmittel- Doch die enorme Marktmacht der Agrar- preise 2008 bis einschließlich Februar konzerne – in Kombination mit mangeln- global um 55 Prozent gegenüber dem dem Regulierungswillen seitens der Vorjahr gestiegen. In den ersten drei Regierungen – weckt erhebliche Zweifel Wochen des März 2008 noch einmal um Hungerrevolten an den idyllischen Szenarien, die die weitere 20 Prozent. Reis, das Grundnah- Befürworter der Biokraftstoffe unterbrei- rungsmittel für die Hälfte der nun über ten, wonach die Energiepflanzen sauber 6,6 Milliarden Menschen, kostete Anfang und umweltfreundlich seien, weil sie den April 2008 19,79 US Dollar pro Zentner. Verbrauch fossiler Energieträger redu- Vor knapp einem Jahr waren es noch etwa nehmen zu zieren und weil die Photosynthese der 11,5 US Dollar und Anfang 2008 knapp Kraftstoffpflanzen der Atmosphäre Treib- 14 US Dollar. stoffgase entziehe. Betrachtet man jedoch Nach Angaben der Weltbank kletterten den gesamten „Lebenszyklus“ der Bio- die Nahrungsmittelpreise in den vergan- kraftstoffe von der Rodung bis zum Auto- genen drei Jahren weltweit um 83 Pro- tank, werden die moderaten Emis-sions- zent, für Weizen sogar um 181 Prozent. Biokraftstoff raubt Millionen ihr täglich Brot verringerungen mehr als aufgewogen. Sollte Nahrung so teuer bleiben wie bis- Die Abholzung, Trockenlegung, Kulti- her, mahnte Anfang April 2008 während vierung und der Kohlendioxidverlust des der Frühjahrstagung des Internationalen Bodens verursachen weit größere Emis- Währungsfonds (IWF) und der Weltbank sionen. Die Herstellung jeder Tonne Pal- in Washington der Direktor des IWF möl geht mit 33 Tonnen Kohlendio- Dominique Strauss-Kahn, „könnte die xidemission einher, das ist zehnmal mehr Bevölkerung einer großen Zahl von Län- als bei einer Tonne Rohöl. Die Rodung dern mit furchterregenden Konse-quen- des tropischen Regenwaldes zum Anbau zen konfrontiert werden … Hun- von Zuckerrohr für die Produktion von derttausende werden hungern müssen. Neue Ölpalmsetzlinge für künftigen Biosprit, auch „Kahlschlagdiesel” genannt ... Ethanol setzt 50 Prozent mehr Treib- Kinder werden an Mangelernährung lei- hausgase frei als die Produktion und der den.“ Die Wirtschaft von Staaten könne Verbrauch derselben Menge Benzins. zerstört werden und auch die politische schen Zusammenhänge zwischen verfüg- Blick gen Süden, und viele Regierungen Der intensive Anbau von Kraftstoff- Stabilität und die Demokratie seien barem Land und den Menschen wie zwi- der südlichen Länder scheinen zu allem kulturen, insbesondere Soja, führt zu bedroht. schen Rohstoffen und Nahrungsmitteln. bereit. So sind in Indonesien und Malay- einer massiven Bodenerosion: In den Als wichtigste Auslöser dieser Nöte gel- Der Ausdruck Biokraftstoff zeigt nur eine sia die Ölpalmplantagen um ein Viel- USA gehen bereits jährlich 0,5 Tonnen ten neben der verstärkten Produktion von Seite der Medaille und behindert damit faches angewachsen. In Brasilien, wo der Erde pro Hektar verloren, in Brasilien Biokraftstoffen als Ersatz für Benzin die ein besseres Verständnis der tiefgreifen- Anbau von Kraftstoffpflanzen bereits und Argentinien sogar bis zu 12 Tonnen wachsende Nachfrage auf dem Welt- den Folgen, die sich aus der industriellen eine Fläche von der Größe der Nie- pro Hektar. Aber die Befürworter von markt. Dementsprechend verknappt sich Transformation unserer Nahrungsmittel derlande, Belgiens, Großbritanniens und Biokraftstoffen behaupten, dass die Kulti- das Angebot an Nahrungsmitteln. Hinzu und Kraftstoffsysteme ergeben. Durch Luxemburgs beansprucht, plant die Re- vierung von Kraftstoffpflanzen auf min- kommen als Ergebnis des Klimawandels ehrgeizige Zielvorgaben für den Anteil gierung eine Verfünffachung der Zucker- derwertigem, erodiertem Boden der Um- ausgedehnte Dürren (etwa wie in Austra- nachwachsender Kraftstoffe am Energie- rohrflächen. 2025 will man 10 Prozent welt nicht schadet, sondern nützt. lien) und der hohe Erdölpreis. verbrauch haben die Industrieländer des Weltbenzinverbrauchs decken. Soja liefert 40 Prozent des brasiliani- Die deutsche Entwicklungshilfeministe- einen regelrechten Boom auf das aus- Der Prozess der Kapitalisierung und der schen Biokraftstoffs. Wissenschaftliche rin Heidemarie Wieczorek-Zeul erklärte gelöst, was angemessener Agrokraftstof- Machtkonzentration in der Agrarstoff- Institutionen haben festgestellt, dass zwi- auf der oben genannten Tagung in Wa- fe heißen sollte. 2010 sollen sie in Euro- industrie ist atemberaubend: In den letz- schen der Zerstörung des Amazonas shington, der rasante Anstieg der Preise pa 5,75 Prozent des Bedarfs an Transport- ten Jahren haben sich die so genannten Regenwaldes von derzeit rund 325 000 für Lebensmittel sei zu 30 bis 70 Prozent kraftstoffen decken, 2020 sollen es Venture Capital Investitionen im Bereich Hektar pro Jahr und dem Weltmarktpreis auf die zunehmende Produktion von bereits 10 Prozent sein. Die USA streben der Biokraftstoffe verachtfacht. Die öf- für Soja eine direkte Beziehung besteht. Agrarsprit zurückzuführen. Allein 2007 einen Absatz von 35 Milliarden Gallonen fentlichen Forschungsinstitutionen wer- Das zur Gewinnung von Biodiesel herge- sind etwa 100 Millionen Tonnen Getreide (1 Gallone = 4,546 Liter) an. den von Privatinvestitionen überschüttet. stellte Palmöl, das man treffend auch für die Energieerzeugung eingesetzt wor- „Kahlschlagdiesel“ (Deforestation Die- den – von einer Gesamtjahresproduktion sel) nennt, ist heute die Hauptursache der von etwa 1650 Millionen Tonnen. Allein Walderosion in Indonesien, einem der die USA verwenden 2008 138 Millionen Länder mit der höchsten Abholzungsrate Tonnen Mais für die Produktion von Bio- der Welt. Bis 2030 werden sich die kraftstoff, die für die Lebensmittel- Ölpalmplantagen in Indonesien auf 16,5 produktion fehlen, was den Maispreis Millionen Hektar, das entspricht der stark mit in die Höhe treibt. Größe von England und Wales, und damit auf die dreifache Fläche erweitert haben - Der Übergang vom Lebens- um den Preis des Verlustes von 98 Pro- mittel zum Biokraftstoff zent des Waldbestandes. In Malaysia, dem größten Palmölproduzenten der Angesichts der zu erwartenden drohen- Welt, sind bereits 87 Prozent der tropi- den Erschöpfung der Erdölreserven in der schen Regenwälder verschwunden, und absehbaren Zeit von 30 bis 40 Jahren be- beim Rest geht die Abholzung mit einer schwört nunmehr der Ausdruck „Bio- Geschwindigkeit von 7 Prozent pro Jahr kraftstoff“ immer lauter das lebenspen- weiter. dende Bild von unerschöpflicher erneuer- barer Energie – gewissermaßen als eine Biokraftstoffe ruinieren die saubere, grüne, nachhaltige Bestätigung ländliche Entwicklung des frommen Glaubens an die Techno- In den Tropen tragen 100 Hektar Land, logie und die Macht des Fortschritts. Da- das von Bauernfamilien bewirtschaftet mit können die Industrie und die Politi- wird, etwa 35 Arbeitsplätze. Plantagen ker, die Weltbank und die Internationale Fortsetzung auf Seite 9 LEIPZIGS NEUE • 9 ‘08 • 2. MAI 2008 HIER UND HEUTE • 9

onnenschein und blühende Bäume, dazu Folkloreklänge und Frauen Smit Brot und Salz begrüßten uns im Flughafengebäude und dann auch im Zur Kur in Bulgarien Hotel Dobrudscha im Schwarzmeer- Leva (1Euro: 1,85 Leva) Rente können badeort Albena. Ein Charterflug hatte uns die älteren Leute nur leben, wenn sie im Monat März nach Bulgarien beför- wie allerdings viel Bulgaren über Wohn- dert, das seit Jahresbeginn 2007 neues eigentum verfügen, für den eigenen Be- Mitglied der Europäischen Union ist, darf etwas anbauen können und von ihren worauf viele Bulgaren stolz sind. Und so Kindern finanziell unterstützt werden. sieht man allenthalben neben der bulgari- Früher wurde ausländischen Besuchern schen Fahne die der Europäischen Union aus der Geschichte hauptsächlich von der wehen. Waffenbrüderschaft mit den Russen beim Das nach der Dobrudscha, einem Kampf um die Befreiung von der osma- Schwarzerdegebiet und deshalb auch der nischen Fremdherrschaft und von den Kornkammer Bulgariens benannte und revolutionären Traditionen der Arbeiter- 1983 im Badeort Albena errichtete Hotel bewegung berichtet. Jetzt erfährt man lässt erkennen, dass doch schon einige vieles aus der weiteren Geschichte, von Zeit vergangen ist. Es ist also nicht mehr der Besiedelung durch die Thraker über neu. Dennoch, sehr modern eingerichtet die griechisch und römisch geprägten und ein umfangreiches Behandlungs- Zeiten und das erste altbulgarische Reich programm anbietend, ist die Kurabtei- bis hin zur 500-jährigen osmanischen lung als sehr gut und effektiv zu bewer- Fremdherrschaft und deren Überwin- ten. Hohes Niveau weist das Speisen- dung. Dazu gehört auch das Wirken der angebot auf. Ausflüge und Tagesfahrten orthodoxen christlichen Kirche, die sich mit modernen Bussen und qualifizierten in vielem von der römisch-katholischen s Reiseleitern werden angeboten. Lohnendes Ausflug ziel: Alt-Nessebar Foto: wart Kirche und dem westeuropäischen Pro- Die besondere Begrüßung nach traditio- testantentum unterscheidet. Namen aus neller Landessitte war dem Umstand gleiche gegenüber dem heutigen Bulga- che Flächen auch im Schwarzerdegebiet sozialistischer Zeit sind nicht selten geschuldet, dass mit unserer Reisegruppe rien, das am 10. November 1989 einen Dobrudscha liegen jetzt brach. Die land- durch solche aus der ferneren Vergan- die Vorsaison des Jahres eingeleitet Tag nach der Öffnung der Berliner Mauer wirtschaftliche Produktion wird zuneh- genheit ersetzt worden: Ortsnamen wie wurde. In den weiteren Hotels und um die mit dem Rücktritt Shiwkows seine Wen- mend belastet durch EU-Vorschriften. Bad der Heiligen Konstantin und Elena Hotelanlagen herum waren die Vorbe- de erlebte. Freimütig sprachen die Reise- Die Luft in Bulgarien ist nach der Wende anstelle von Drushba, Straßennamen en reitungen auf die eigentliche Saison, die leiter über diese Ereignisse und ihre Fol- besser geworden, da die im traditionellen masse. Ende April / Anfang Mai beginnt und bis gen. Die Kluft zwischen Reich und Arm Agrarland Bulgarien zu sozialistischen Nicht verändert haben sich die bulgari- Mitte Oktober andauert, in vollem Gan- ist größer geworden. Viele Reiche haben Zeiten geschaffenen Industriebetriebe sche Gastfreundschaft und die Offenheit ge. am Schwarzen Meer schöne Villen bezo- zum großen Teil stillgelegt wurden. Erste der Bulgarinnen und Bulgaren im Um- Meine Frau und ich hatten in den sechzi- gen oder lassen dort bauen. Die ländli- Teilstrecken der Autobahn Varna-Sofia gang mit Ausländern. Den Einwohnern ger und siebziger Jahren die Gelegenheit, chen Flächen wurden zunächst in eu- sind gebaut worden. Die bulgarische Ein- ist zu wünschen, dass die EU-Vor- im Rahmen des Schüleraustauschs in den phorischer Stimmung privatisiert. Bald wohnerzahl, insbesondere auf dem schriften sinnvoll umgesetzt werden, Sommerferien zwischen der damaligen zeigten sich angesichts hoher Kosten für Lande, ist zurückgegangen. Hochquali- damit gemäß den traditionellen Gepflo- Zeitzer Oberschule „Georgi Dimitroff“ landwirtschaftliche Maschinen, Dünger fizierte junge Leute drängt es ins Aus- genheiten auch künftig jede Bauernfami- und dem deutschsprachigen Gymnasium und Pflanzenschutz existenzielle Pro- land. Bescheiden sind die Einkünfte der lie ihren Wein anbauen kann und ihren „Ernst Thälmann“ in Lowetsch mehrmals bleme. Mittlerweile haben sich Bauern Arbeiter und Angestellten., beispielswei- eigenen Pflaumenschnaps brennen darf. das gastfreundliche Bulgarien zu besu- aus benachbarten Orten wieder genossen- se der Lehrer und der in der Gastronomie chen. Da ergaben sich interessante Ver- schaftlich zusammengeschlossen. Man- Tätigen. Mit durchschnittlich sechzig • WINFRIED STEFFEN

Fortsetzung von Seite 8 der Summe jene „landwirtschaftliche Reichtum schaffen und andererseits die fünf, sechs Weltkonzernen in die Sack- Revolution“ aus, die der öffentlich weni- Armut, das Elend um das Zigfache multi- gasse des Biokraftstoffs treiben lässt. ger bekannte Zwillingsbruder der indu- plizieren. Damit man nicht in diese Falle geht, muss von Ölpalmen und Zuckerrohr schaffen striellen Revolution ist. Diese doppelte Die Hungerrevolten in Haiti, die zu man sich von jenen Überflussmythen auf derselben Fläche zehn – schlecht Revolution hat das Brennstoff- und das erwartenden sozialen Erhebungen in befreien, die noch aus Zeiten vermeint- bezahlte – Arbeitsplätze, von Eukalyp- Nahrungsmittelsystem der Welt radikal über dreißig Ländern sind die Vorboten lich unerschöpflicher Ölreserven und bil- tus zwei und von Sojabohnen gerade verändert und das nicht erneuerbare eines neuen Prozesses der Verelendung ligen Öls stammen. Erforderlich ist es, noch einen halben. Bis vor kurzem wur- Erdöl zum Instrument und zugleich auch vor allem von Bauernmassen, der aber den Mut zu einem ökologischen Paradig- den Biokraftstoffe vorwiegend für lokale zur Rechtfertigung des heutigen agrar- keinesfalls die städtische Bevölkerung menwechsel in der Landwirtschaft zu fin- und subregionale Märkte angebaut. industriellen Komplexes gemacht. ausschließen dürfte. Denn der Wechsel den, zu einer Bodenreform, die der Land- Selbst in den USA waren bislang die mei- Doch trotz der Tatsache, dass von fünf zum Biokraftstoff hat einen Geburts- flucht entgegenwirkt und die zerfallenden sten Ethanolfabriken relativ klein und Dollar, die für Nahrungsmittel ausgege- fehler. Sein Zwillingsbruder, nämlich ländlichen Gemeinschaften stabilisiert. von Familien betrieben. Doch seitdem ben werden, ein Dollar bei diesem Kom- die industrielle Revolution, wird aus- Die Agrokraftindustrie braucht keine die großen Öl-, Getreide- und Gentech- plex landet, leiden neuerdings die Produ- bleiben. Es gibt heute keinen expandie- Anreize von Weltbank und Währungs- nikkonzerne sich zügig daran machten, zenten innerhalb dieses Komplexes unter renden Industriesektor, der nur darauf fonds, keine Subventionen vom Staat, die gesamte Wertschöpfungskette für einer Krankheit: Trotz wachsender Inve- aus wäre, entwurzelte Ureinwohner, sondern Schranken. Dem globalen Süden Biokraftstoffe unter ihre Kontrolle zu stitionen – in Agrochemie, Gentechnik Kleinbauern und Landarbeiter aufzuneh- die Lasten des weltweiten exzessiven bringen, gerieten die biokraftstoffprodu- und Maschinen – können diese die land- men. Es gibt keine produktivitätsstei- Kraftstoffverbrauchs aufzubürden, nur zierenden Familienwirtschaften – was wirtschaftliche Produktivität nicht mehr gernden Erfindungen, die uns demnächst weil in den Tropen die Sonne länger den Bezug von Saatgut, Einkauf, Service, steigern. Was heißt: Der agroindustrielle mit billigen Nahrungsmitteln über- scheint, mehr Regen fällt und fruchtbare Verarbeitung und Verkauf anbelangt – in Komplex gibt immer mehr aus, um weni- schwemmen würden, keinen neu ent- Landstriche existieren, ist amoralisch, immer stärkere Abhängigkeit von einem ger zu verdienen. Die Biokraftstoffe sind deckten Kraftstoff, der billige Energie undemokratisch und schlechterdings straff organisierten Firmenoligopol. An- die perfekte Antwort auf diese Krankheit. für die Landwirtschaft liefern könnte. skandalös. Wenn die Produktion von Bio- gesichts dessen blieben keine großen Pro- Sie werden subventioniert, das Produkti- Im Gegenteil: Brennstoff wird mit Nah- kraftstoffen nicht zu Lasten der Wälder fite für die Kleinproduzenten übrig. onsvolumen nimmt zu, während die rungsmitteln um Land und andere Res- und der Ernährung hunderter Millionen Kleinbauern wurden und werden weiter- Erdölförderung abnimmt, und diese Sub- sourcen konkurrieren. Menschen gehen soll, müssen Getreide-, hin über kurz oder lang aus dem Markt ventionen begünstigen die Konzentration Zuckerrohr- und Palmölindustrie auf und vom Land verdrängt. In der „Soja- der Marktmacht im Nahrungsmittel- und Ausblick koordinierte Weise reguliert werden. republik“, einem 50 Millionen Hektar Biokraftstoffgeschäft. Dieser Prozess Es gibt heute schon zahlreiche erfolgrei- Sparsamkeit mit Energie müsste zu einer großen Gebiet, das sich von Südbrasilien wird höchstwahrscheinlich, wie die che, lokale, energieeffiziente und auf die allgemeinen und ernsthaften Priorität über Nordargentinien und Paraguay bis Agrarrevolution zweihundert Jahre Bedürfnisse der Menschen abgestimmte erhoben werden. Denn wenn der Ostbolivien erstreckt, wurden bereits zuvor, zur Privatisierung der verbliebe- alternative Formen der Nahrungsmittel Energieverbrauch weiter unkontrolliert hunderttausende Bauernfamilien durch nen Wälder und Savannen dieser Welt und Kraftstoffproduktion, die weder die ansteigt, wird keine Energieerzeugung, den Sojaanbau vertrieben. führen. Er wird kleine Grundbesitzer, Nahrungsmittelversorgung noch die ob regenerativ oder nicht, wirkungsvoll Die sich dadurch vollziehende Verla- Bauernfamilien und Ureinwohner in die Umwelt, noch die Lebensgrundlage der und schnell genug die Veränderung her- gerung der Einkommen der Land- Städte treiben. Er wird die landwirt- Menschen zerstören. Die Frage lautet beiführen, die der Weltgemeinschaft den wirtschaft in die Industrie – die schaftlichen Ressourcen in Form von nicht, ob Ethanol und Biodiesel in Zu- Treibhauseffekt und damit die Klimaka- Industrialisierung der Landwirtschaft – „Biomasse“ in die Städte pumpen und kunft überhaupt einen Platz haben, son- tastrophe erspart. und die weltweite Landflucht machen in damit einerseits enormen industriellen dern ob sich die Weltgemeinschaft von 10 • FEUILLETON LEIPZIGS NEUE • 9 ‘08 • 2. MAI 2008

„Die schöne Helena“ Der Konzertrückblick: Klangvielfalt und Außergewöhnliches in der Muko ls jüngstes Werk erklang in fonie Ereignis, deren Solopart die vorzügliche italienische Pia- Der prägte dann die zwölf Prélu- Das Plus der Aufführung ist die AKonzerten der zweiten im Finalsatz Simone Sold mit nistin Sabrina Lanzi als So-listin des des ersten Buches von Clau- instrumentale Gestaltung der April-Hälfte das in seiner end- allzu zarter, sozusagen engelhaf- von Mozarts Klavierkon-zert A- de Debussy in allen Fein-heiten Wiener Fassung für großes gültigen fünfsätzigen Form erst- ter Stimme sang. Ein zweites Dur KV 488. und Verästelungen. Orchester unter der überlegenen mals 1992 aufgeführte Violin- Mal war dieses Werk vom Sin- Nach „Die schöne Müllerin“ Leitung Roland Seiffarths. konzert von György Ligeti. Es fonieorchester der Mendels- ass das MDR-Sinfonie- und „Winterreise“ wartete der Regisseur Dominik Wilden- überrascht Neuem gegenüber sohn-Hochschule für Musik und Dorchester im 6. Konzert einstige Thomaner Christoph busch, zeigt sich darauf be- skeptische Zuhörer mit fast ver- Theater unter Ulrich Wildführ „Zauber der Musik“ mit den Genz nun mit den unter „Schwa- dacht, Offenbachs aktuelle Be- mit Yeree Suh als beachtlicher Norwegischen Tänzen und dem nengesang“ zusammengefassten züge ins Heutige zu übersetzen. Sopranistin zu hören. Es war vom amerikanischen Pianisten letzten Liedern Schuberts auf. Die Dialoge haben aber nicht Von WERNER WOLF beeindruckend, wie gründlich Benjamin Kim virtuos gespiel- Dabei stellte er den letzten die- den rechten Schliff, die Pointen Wildführ diese anspruchsvolle ten Klavierkonzert von Edvard ser Gesänge, die frischfröhliche sitzen nicht. Manches mag sich Sinfonie mit dem Studenten- Grieg wie auch mit der ersten „Taubenpost“, mit drei anderen in den folgenden Aufführungen orchester erarbeitet hat. Sinfonie von Jean Sibelius „aus- späten Liedern nach Gedichten glätten, doch bleibt noch daran traut klingendem Melos und bie- Für das 5. Akademische Kon- verkauft“ war, darf fast als von Gabriel Seidl wohl bedacht zu arbeiten, auch an der gesang- tet den auf bislang Unerhörtes zert hatte Horst Förster nicht nur selbstverständlich verzeichnet an den Anfang und ließ die bei- lichen Gestaltung. Turbulenzen bedachten eine Vielfalt an au- mit der „Ersten“ von Johannes werden. Dazu gab es Kammer- den Gruppen nach Ludwig Rell- im Spiel, große Gesten der So- ßergewöhnlichen Klängen. Brahms, sondern mehr noch mit musik und Solistenkonzerte von stab und Heinrich Heine in einer listen, der Chorsänger (Einstu- Wenn es so überzeugend ge- der Tanzsuite von Béla Bartók Rang. Der rumänische Meister- Anordnung nach inhaltlichen dierung Matthias Drechsler) und spielt wird, wie von Christian Werke von hohen spieltechni- pianist Radu Lupu tat sich im Erwägungen folgen. Den tief des Balletts (Choreographie Tetzlaff und dem Gewandhaus- schen und musikalischen An- großen Gewandhaussaal mit der bewegenden Höhepunkt und Mirko Mahr) verfehlen aber orchester unter Jonathan Nott, sprüchen ausgewählt. Wie der im ersten Programmteil gespiel- Abschluss bildete „Der Atlas“. ihre Wirkung nicht. Hauptak- erweckt es Beifall von allen Sei- Dirigent das mit seinem einsatz- ten großen Klaviersonate D-Dur Der musikalischen Steigerung teure sind Joan Ribalta als Paris, ten. freudigen Amateurorchester be- von Franz Schubert im ersten dieser Abfolge entsprach die Ruth Ingeborg Ohlmann, An- Wie vertraut Scheinendes ganz wältigte, forderte allen Respekt Satz zunächst schwer, bevor er Steigerung der Ausdruckskraft dreas Rainer als Menelaos. Zu eigengeprägt klingt, wurde mit heraus und fand entsprechend im folgenden Teil allmählich und die wachsende Geschmei- guter Letzt und auch dazwi- Gustav Mahlers vierter Sin- großen Beifall. Dazu erfreute seinen Klangzauber entfachte. digkeit in der Stimmführung. schen viel Beifall. • W. W.

oethe wußte, was er seinem ernannt wird. Er malt das Goh- Großteil noch nie gezeigt wur- GZeichenlehrer zu verdanken Hommage an Oeser liser Schlößchen, das Gewand- den. Hervorzuheben ist „Die hatte: „Den Geschmack, den ich haus, die Nikolaikirche und Geburt Christi“ (Sepia, weiß am Schönen habe, meine Kennt- Bürgerhäuser aus. Oeser stirbt gehöht über Graphit), denn seit nisse, meine Einsichten, habe 1799 in Leipzig und wird auf der Antike ist das Problem ich die nicht alle durch Sie.“ dem Johannisfriedhof bestattet. bekannt, wenn nur eine künstli- Adam Friedrich Oeser wurde Während seine Ideen eines um- che Lichtquelle vorhanden ist, 1717 im heutigen Bratislava fassenden Kunstbegriffes, der dass Oeser hier optimal gelöst geboren und ging 1730 an die Handwerk und Gewerbe mit hat. Leicht, heiter, frühlingshaft Wiener Kunstakadamie, wo er einbezog, lebendig blieben, war kommen Oesers Vorzeichnun- von Jakob van Schuppen, Mar- es um sein eigenes zeichneri- gen zum Titelkupfer für Wie- tin von Meytens, Daniel Gran sches Werk still geworden. Nun lands „Die Grazien“ daher. Die- Paul Troger und Guiseppe Galli hat das Museum der bildenden se Ausstellung ist eine würdige Bibiena unterrichtet wurde. Künste tief ins Depot gegriffen, Hommage. 1739 verlässt er Wien in Rich- von über 350 Zeichnungen, die • D. M. tung Dresden und dekorierte die die Graphische Sammlung auch Oper und die Katholische Hof- dank des Vermächtnisses des Das Evangelium des Schönen – kirche. 1759 zieht es Oeser nach Verlegers und Oeserforschers bis 24. August 2008, Museum Leipzig, wo er fünf Jahre später Adam Friedrich Oesers „Schäferszene“ (Aquarell, Graphit) Dr. Alphons Dürr besitzt, hat es der bildenden Künste zum Direktor der Zeichenschule (Foto: MdbK) 55 Werke ausgewählt, die zum

egen verbotener West- na, die nun Besucher durch das arbeitslos, zerstören Existenzen spekt, weil sie sich den schmerz- bekannteste und berüchtigste Wkontakte wurde Bettina zu einer Gedenkstätte umge- oder zertreten jeden Widerstand lichen Fragen nach der Ver- Frauengefängnis in der DDR. (Claudia Michelsen) 1985 ver- wandelte ehemalige Frauen- mit dem Stiefel der asozialen gangenheit stellten. Beide gaben Hier waren KZ-Aufseherinnen haftet und zur Vernehmung dem gefängnis führte, ihren Verneh- Marktwirtschaft. sich hierbei nicht nur stark, aber inhaftiert, Kriminelle und Mör- jungen Stasi-Offizier Jan (Devid mer von damals auf. Jan – ver- Wer wollte hier Moral predigen? wollten sie eigentlich dasselbe? derinnen – und die `Politischen´. Striesow) vorgeführt. Acht Mo- heiratet und Vater einer Tochter Oder den Guido Knopp´ schen Die Heldin selbst war dort von nate lang sahen sie sich in den – arbeitete inzwischen als Buch- Zeigefinger heben? Beide Seiten enschlichkeit, Achtung Ende 1981 bis Mitte 1984. Verhören nahezu täglich, und es halter eines Logistikunter-neh- schenkten sich im Kalten Krieg Mund Anstand vor der Le- Sie ahnte wohl: Wer nicht lieben geschah in dieser Zeit das bensleistung eines anderen – kann ist schlimm dran, wer aber Unfassbare: Sie verliebten sich bei allen Irrtümern – würden der Liebe widersteht, der ist ineinander. Mit wenigen Worten FF dabei kurzerhand auf den Müllhaufen grausam. und Gesten verständigten sie der Geschichte geworfen? Wer Es darf gefragt werden: Wer die sich. Während der Vernehmun- DER FILM- UND FERNSEH-LINK wollte das glauben! Niemand Früchte unseres Zornes und die gen schrieb Bettina in einen No- kann sich von seiner Biografie unserer Irrtümer ernten wollte? tizblock immer wieder die Zah- lösen. Er begehrt auf, er trauert Und wem gehört die „Deutungs- len 11 und 12 – „Du bist schön“ um Verluste, er erleidet wechsel- hoheit“ Ost-West und wie anver- hat elf Buchstaben, 12 heißt: Erwarten wir nichts mehr voneinander? seitig Schmerzen und sieht sich wandt sind beide einander? Dass „Ich liebe dich“. Missverständnissen ausgeliefert. das Mitteldeutsche Fernsehen Zur mdr-Produktion „12 heißt: Ich liebe Dich!“ Wie kann aus diesem Gegen- und die UFA sich vor Begeis- einander ein Miteinander wer- terung, Hingabe und Lauterkeit Von JÖRN SCHINKEL mens. Als sich die beiden wieder bekanntlich nichts! den? Ein Bürgerkrieg steht des- gegenseitig ergriffen die Schen- sahen, war ihre Liebe wieder In den Augen vieler Gefangener halb ja wohl nicht gerade auf der kel rühren, spricht nicht nur da... der DDR war es völlig unerheb- Tagesordnung! Brauchen wir´ s gegen sie, denn wir sind´ s ja Dann wurden sie getrennt: Betti- Zwei (einstige) Sozialisten sa- lich, ob dieser oder irgend ein großkotzig oder nehmen wir´ s nicht anders gewohnt! Aber na wurde verurteilt und kam für ßen sich also gegenüber. Beide anderer Vernehmer vor ihnen auch eine Nummer kleiner? erwarten wir deshalb nichts drei Jahre in die Haftanstalt waren einmal der Überzeugung, saß. Eine Maschinerie war in Niemand mehr will heutzutage mehr voneinander, als dass sich Hoheneck. Als sie in den Westen dass der Sozialismus Leute wie Gang gesetzt worden, bei der sein Leben in schwarz und weiß der bunte Zirkus der Selbst- abgeschoben wurde, sah sie sich sie dringend brauchte. beide Seite befürchten mussten, geschieden sehen. Keiner mag genügsamkeit immer schneller degradiert zur Fein-din der Die späteren Umbruchzeiten über kurz oder lang zum „Mahl- zum hundertsten Male „aufgear- dreht? DDR. Jan wurde noch kurz vor fragten nicht nach dem Partei- gut“ Mensch zu werden. beitet werden“ um sich umge- dem Ende der DDR zum Major buch ihrer Opfer. Sie verschlin- Film und Realität zeigten, die hend der Politik zugeführt zu PS. befördert. gen stattdessen Millionen Men- Helden der Geschichte empfan- sehen. Der Film beruht auf einer wah- Zwölf Jahre später spürte Betti- schen aller Couleur, machen sie den für ihr „Gegenüber“ Re- Die Burg Hoheneck war das ren Begebenheit. LEIPZIGS NEUE • 9 ‘08 • 2. MAI 2008 BÜCHER • 11 Bertolt Brechts Anekdoten über Karl Marx, „kleine Lehrerin“ der am 5. Mai Geburtstag hat enn sich eine Biographie lächelt und sagt mit tiefer Stim- nekdoten geben Einblicke in Kapital ständig überarbeitete, schnell auf einem Fitzel Papier, Wwie ein Roman liest, muss me: Das ist gut.“ Die drei Worte Amenschliche Seiten einer war es seit 18 Monaten überfäl- das ihm gerade in die Hände kam. das nicht unbedingt lobenswert zeugen von einer Selbstlosig- Persönlichkeit, so auch das vor- lig. Sein Verleger, Otto Karl So auch einen Kernsatz, der für sein – Erfundenes könnte sich keit, inneren Kraft und Güte, liegende Büchlein mit derartigen Meißner, drohte erzürnt: „Falls den Band 2 des Kapitals vorgese- eingeschlichen haben, allzu frei wie sie sich in der gesamten allerlei Kostbarkeiten über Karl wir das Manuskript nicht inner- hen war. Als er ihn vergeblich Gestaltetes. Grüß den Brecht, Biographie offenbaren. Und Marx. halb der nächsten sechs Monate suchte, zitierte Jenny diesen Text. packend wie ein Roman, vermit- mehr: Hartmut Reiber hat uns Insgesamt hatte Marx zwei Jahr- erhalten, sehen wir uns leider ge- „Das ist genau mein Satz“, rief telt von Anfang bis Ende den die prägenden Lebensjahre einer zehnte am Kapital gearbeitet. Als nötigt, einen anderen Autor mit Marx erstaunt. „Wie kommt er in Eindruck sorgfältigster Recher- jungen Frau beschrieben, Toch- Freunde empört vermerkten, dass der Arbeit zu beauftragen.“ Deinen Kopf? Hast Du den Zettel che. Man bleibt an Margarete ter eines Kommunisten, die ih- er in diesem Zeitraum weniger Um jedoch sein Manuskript per- gefunden?“ – „Ja“, erwiderte Steffins Seite, lebt mit ihr und in ren sehr eigenen Weg zum Lohn dafür als der schlechtbe- sönlich bei seinem Hamburger Jenny lachend, „zwischen Brot ihrer Zeit, und empfindet ihren Kommunismus fand, einen zahlteste Tagelöhner Deutsch- Verleger abzugeben, musste und Zwiebeln im Haushalts- allzu frühen Tod wie den einer Weg, den sie, bittersten Enttäu- lands erhalten habe, fand Marx, Marx erst einmal seine Uhr und buch.“ Nahestehenden. Dass Bertolt schungen zum Trotz, bis zu das sähen sie falsch. „Die Frage seine Kleidung aus dem Pfand- Als er Ende der 1870er Jahre Brecht sich nach ihrem Ableben ihrem Ende nicht verließ. ist doch“, sagte er lächelnd, „ob haus auslösen. Recht hatte er erfuhr, dass in Frankreich eine wie ein Entlassener „im Un- „Seit du gestorben bist, kleine man es der bürgerlichen Welt offensichtlich mit seiner Annah- neue Partei behauptete, marxi- glück“ fühlte, wird durch dieses Lehrerin, gehe ich ruhelos in zumuten kann, dass sie für die me: „Das Kapital wird mir nicht stisch zu sein, wollte er auf kei- Buch durchaus nachvollziehbar einer grauen Welt staunend ohne Ausfertigung ihres Todesurteils einmal so viel einbringen, als nen Fall mit ihr in Verbindung – Margarete Steffin war seine Beschäftigung ...“ Dies sind einen vernünftigen Preis be- mich die Zigarren gekostet ha- gebracht werden. Er erklärte: „kleine Lehrerin“, Mitarbeiterin einem Sonett entnommene Zei- zahlt.“ ben, die ich beim Schreiben „Alles, was ich weiß, ist, dass ich an seinen wesentlichsten Wer- len, die Brecht einer Frau wid- Marx, mit seiner Familie ständig geraucht habe.“ kein Marxist bin.“ ken, und Geliebte auch. Und mete, die so außergewöhnlich in größter Geldnot lebend, sah Marx und Wilhelm Weidling Dass Marx 1946 an der Grün- wollte das sein, empfand sich war, dass ihr Biograf über eine sich in London genötigt, das kost- stritten derartig kräftig, bis Marx dung des Kommunistischen Kor- durch ihn als Frau bestätigt, be- Spanne von dreißig Jahren nicht bare Familien-Silberbesteck ge- heftig mit der Faust auf den respondenzkomitees in Brüssel rührt im eigentlichen Sinn des müde wurde, diesem Leben gen Geld zu tauschen. Der Pfand- Wohnzimmertisch schlug. Auf- beteiligt gewesen sei, ist, ebenso Wortes – und (unnötig zu beto- nachzugehen – die Auskünfte, leiher begutachtete das eingra- springend rief er: „Niemals noch wie einige andere um 100 Jahre nen) geistig höchst angeregt. Es die Hartmut Reiber einholte, vierte Familienwappen der schot- hat die Unwissenheit jemanden aufgestockte Daten, keine Anek- war eine für beide reiche Ver- machen das Buch, über die tischen Adelsdynastie, aus der genützt.“ dote, sondern schlichtweg ein bindung, die den Schrecken der gekonnte Beschreibung des Jenny stammte, und rief un- Zu seinen Schwächen gehörte, übersehener Fehler. Zeit standhielt, dem Emigran- Lebens der Margarete Steffin verzüglich die Polizei. Erst nach nach einer verlorenen Partie • KURT SCHNEIDER tendasein über zahllose Grenzen hinaus, zu einem „lebendigen einer in der Gefängniszelle ver- Schach seinen Ärger an der Fa- hinweg, den Fährnissen jegli- Stück Zeitgeschichte“. brachten Nacht, kam Marx wie- milie auszulassen. Helene De- Befreien wir sie von Hirn- cher Art bis hin zum bitteren, • WALTER KAUFMANN der frei. Der Fall war aufgeklärt muth bat deshalb Wilhelm Lieb- gespinsten. Anekdoten über durch Margarete Steffins Krank- Hartmut Reiber: Grüß den worden. Als seine Mutter verstor- knecht händeringend, auf weitere Karl Marx. Hrg. Margarete heit bedingten Abschied im vom Brecht. Das Leben der Mar- ben war, sandte Engels ihm zehn Schachduelle mit Marx zu ver- Drachenberg. Eulenspiegel Krieg bedrohten Moskau. „Ich garete Steffin. Eulenspiegel Pfund für die Reise zu ihrer Bei- zichten. Verlag, Berlin 2008. 128 Sei- habe ihr gesagt, dass ich fahren Verlag, Berlin 2008. 383 S., setzung in Trier. Wenn Marx eine Überlegung ten, 11 x 18 cm, 9,90 Euro. werde“, schreibt Brecht. „Sie 24,90 Euro. Da Marx sein Manuskript Das kam, notierte er sie mitunter

ls ein Beitrag zur Strate- giediskussion will sich Adie Publikation verstan- Standorte und Perspektiven den wissen, in der Verant- wortungsträger der Linkspartei und Wissenschaftler ihre Über- Mehrheiten finden: eine neue Mehrere Beiträge werten jüng- gentums sozialen Maßstäben legungen unterbreiten, wie die Politik sozialdemokratischer ste Kampferfahrungen der Partei unterzuordnen, wobei auch bei Partei zu einer der treibenden Dritter Wege, eine neokonser- aus und analysieren taktische formal gleichbleibenden Ei- Kräfte eines grundlegenden vative Politik oder eine Politik Fragen, so die Proteste gegen gentumstiteln die Eigentums- politischen Richtungswechsels für einen sozialökologischen den G8-Gipfel in Heiligendamm verhältnisse selbst verändert wer- in Deutschland werden kann. In und demokratischen Richtungs- im Sommer 2007 (Katja Kip- den könnten. Er formuliert Krite- elf Aufsätzen analysieren sie die wechsel. Jähe Veränderungen ping), die Mindestlohnkam- rien für die Auseinandersetzung Ausgangssituation sowie die seien zu erwarten. Erstmals seit pagne (Werner Dreibus, Matt- um unterschiedliche Ei-gentums- Voraussetzungen und Möglich- den späten 60er Jahren habe die hias Hinze, Axel Troost), die formen, wobei er der öffentlichen keiten dafür, wobei an sich mehr Linke in Deutschland wieder die Parteibildung und den Wahl- Daseinsvorsorge eine entschei- das Wie als das im Untertitel Chance, die Initiative zu ergrei- kampf in Bremen (Christoph dende Rolle zumisst, und lotet enthaltene Wohin im Mittel- fen. Dazu bedürfe es aber größ- Spehr), das Verhältnis zur SPD schließich die Chancen für einen punkt steht. ter Anstrengungen. und die Chancen eines Mitte- demokratischen Wandel der „Der Kampf um gesellschaftli- Nach diesen grundlegenden Links-Bündnisses (Dietmar Eigentumsverhältnisse aus. Anfang des 21. Jahrhunderts, che Mehrheiten“ überschreibt Überlegungen erläutert Mein- Bartsch) und Probleme linker Es folgen eine detaillierte Ana- die gestärkte Stellung von Ge- Michael Brie seinen einleiten- hard Meuche-Mäker ausführlich Regierungsbeteiligung am Bei- lyse des Wählerpotentials der werkschaften und sozialen Be- den Beitrag, in dem er gestützt die Ergebnisse einer Studie zur spiel von Berlin (Cornelia Hil- Linken und seiner Entwicklung wegungen und die veränderte auf detaillierte empirische Stu- Parteineubildung aus der Sicht debrandt). namentlich nach der Fusion von Parteienkonstellation infolge dien analysiert, welche gesell- von Beobachtern sowie Akteu- Dieter Klein thematisiert das PDS und WASG (Dietmar Wit- des Aufstiegs der Linkspartei, schaftliche Basis die verschiede- ren der PDS und der WASG. Sie Verhältnis der Linken zum tich) sowie die Auswertung begründet dann ausführlich die nen möglichen politischen Rich- schließt u. a. mit der Feststel- Eigentum und berührt damit einer Mitgliederbefragung in Vereinbarkeit von sozialer Poli- tungsentscheidungen in lung, dass zum einen sich die zentrale Fragen sozialistischer einem Berliner Stadtbezirk zu tik und wirtschaftlichem Wachs- Deutschland haben, in welchem Richtigkeit des eingeschlagenen Programmatik. Er kennzeichnet Potentialen und Wirksamkeit tum und umreißt die Konturen Maße die sozialen Schichten Weges bestätigt habe und zum die Privatisierung öffentlichen der Partei, zur Bewertung ihrer für ein neues historisches Pro- und Gruppen Anhänger der ein- anderen eine Reihe Konflikte in Eigentums als neoliberales Politik, zum innerparteilichen jekt. zelnen Parteien sind, um dann programmatischen und strategi- Kernprojekt und verlangt von Leben und zur sozialen Lage der • GÜNTER LIPPOLD der Frage nachzugehen, welche schen Fragen sichtbar geworden den Linken, sich für die Ge- Mitglieder (Rainer Ferchland). Chancen es gibt, Mehrheiten für sind – u. a. unterschiedliche staltung öffentlichen, darunter Im abschließenden Beitrag Michael Brie, Cornelia Hil- eine sozial orientierte gegenüber Auffassungen zur Regierungs- kommunalen Eigentums im nimmt noch einmal Michael debrandt, Meinhard Meuche- einer marktliberalen Politik zu beteiligung –, die nach der Mei- Sinne größter Transparenz, der Brie das Wort zu den Bedin- Mäker (Hrsg.): DIE LINKE. gewinnen, nachdem mit der nung der Mehrzahl der Akteure Mitbestimmung der Beschäf- gungen eines politischen Rich- Wohin verändert sie die Repu- Agenda 2010 und Hartz IV der aber beherrschbar sind. Es tigten und der Effizienz einzu- tungswechsels in Deutschland. blik? Karl Dietz Verlag, Ber- von Bismarck durchgesetzte Ge- komme darauf an, die verschie- setzen. Er begründet die For- Er analysiert zunächst die Krise lin 2007. 319 Seiten, 41 Gra- sellschaftsvertrag sein Ende denen Ambitionen, Strömungen derung der „Programmatischen des Neoliberalismus, seine Dif- fiken, 24 Tabellen. 19,90 Euro fand. Künftig könnten drei und Tendenzen zu integrieren, Eckpunkte“, die Verfügungsge- ferenzierungen und die gesell- (Reihe: Texte / Rosa-Luxem- unterschiedliche Strategien um handlungsfähig zu sein. walt über alle Formen des Ei- schaftlichen Alternativen am burg-Stiftung, Bd. 40) 12 • GESCHICHTE LEIPZIGS NEUE • 9 ‘08 • 2. MAI 2008

Vor 190 Jahren, am 5. Mai 1818, wurde Karl Marx geboren

Engels den zweiten Band des „Kapitals“ zusammengestellt hatte, als er ihn 1885 Karl Marx / Friedrich Engels Gesamt- Über den Reproduktionseifer herausgab, und sich darüber ein eigenes ausgabe (MEGA). Abteilung 2: „Das Urteil bilden. Dabei wird er feststellen, Kapital“ und Vorarbeiten. Bd. 11: Karl dass Engels zugunsten der kategorialen Marx: Manuskripte zum zweiten Buch der „Mehlwürmin“ Entwicklung auf so manche unterhaltsa- des „Kapitals“ 1868 bis 1881. Bear- me Passage verzichtete, so auf die über beitet von Teinosuke Otani, Ljudmila Marx hat sein ökonomisches Hauptwerk MEGA-Bandes dokumentieren, zwi- den Reproduktionseifer der „Mehlwür- Vasina und Carl-Erich Vollgraf. Unter bekanntlich nicht vollenden können, son- schen 1868 und 1881 alle Anstrengun- min“. Der Band entstand in deutsch-japa- Mitwirkung von Kenji Mori und Regi- dern lediglich den ersten Band des „Kapi- gen, seinen inzwischen ungeduldigen panisch-russischer Forschungskooperati- na Roth. Akademie Verlag Berlin 2008. tals“ publiziert. Die Bände 2 und 3 wur- Lesern endlich das zweite Buch über die on an der Berlin-Brandenburgischen XIII und 1850 Seiten, 23 schwarz- den von Engels aus dem umfangreichen Realisierungsbedingungen aller produ- Akademie der Wissenschaften. weiße, 8 farbige Abbildungen, 198 Manuskriptmaterial des Nachlasses her- zierten Werte, den Kapitalumschlag und • DANIEL SIEBEN Euro. ausgegeben. Aus diesem Grunde ist die die Reproduktion des gesellschaftlichen Authentizität des „Kapitals“ bis heute strit- Gesamtkapitals zu präsentieren. Man tig. In der II. Abteilung der akademischen wird anhand dieser erstmals veröffent- Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA) lichten Texte mit dem zweiten, um- werden erstmals alle Text- und Manu- fangreichen Gesamtentwurf zum zweiten skriptfassungen historisch-kritisch rekon- Buch von 1868-1870 bekannt gemacht, struiert. Der soeben erschienene Band kann verfolgen, wie Marx nach sieben- II/11 ist ein Meilenstein auf diesem jähriger Pause 1877 seine früheren Ent- Wege. Gilt der erste Band als der bekann- würfe von 1865-1870 erst wieder ken- teste, der dritte als der umstrittenste, so nenlernte und wie er sich wiederholt ver- ist der zweite Band des „Kapitals“ gele- geblich um die finale Ausgestaltung des gentlich der ,vergessene‘ genannt wor- ersten Kapitels mühte. Insbesondere aber den. Marx selbst, diesen Eindruck lässt sich verfolgen, wie Marx nach und erweckt ein erster Blick auf seinen Nach- nach wesentliche Elemente einer konsis- lass, scheint sich lieber mit der Herkunft tenten Theorie des Wirtschaftszyklus des Mehrwerts oder dem Fall der Pro- zusammenträgt und auf welchem Wege er fitrate als mit den Unwägbarkeiten des sich als Vorläufer moderner Aggregati- Marktes beschäftigt zu haben. Gleich- onstechniken profiliert. Wer möchte, wohl unternahm er, wie die zehn bisher kann zudem nun endlich selbst verglei- unveröffentlichten Entwürfe des neuen chen, aus welchen Manuskriptteilen „Zweifel an den Massen und den Leitern dieser Massen“

Unlängst wurde im Berliner Auktions- sicht dargestellt werden. Es sei im Inter- haus J. A. Stargardt ein weitgehend unbe- esse der Partei, die Privatcharaktere der kannter Brief von Karl Marx an Sophie Führer vor Verleumdungen zu schützen, von Hatzfeldt versteigert. Für stattliche aber dies dürfe nicht wie ein Partei- 52 000 Euro erhielt ein deutscher Privat- manöver aussehen. Nach seiner Ansicht sammler den Zuschlag. Das besondere wäre es ein großer Fehler, die Darstellung Interesse des Feuilletons fand das viersei- Lassalles als Parteiführer mit der Darstel- tige Schreiben nicht zuletzt deshalb, weil lung von dessen persönlicher Katastrophe Harald Kretzschmar. Ohne Titel. DDR 1990, Neues Deutschland. Wie- Marx darin der Gräfin Hatzfeldt zum un- zusammenzuwerfen. Zunächst handele derentdeckt in „Grüß Gott! Da bin ich wieder!“, Karl Marx in der Kari- erwarteten Tod ihres Freundes Ferdinand es sich um „die Vertheidigung L's des katur, Eulenspiegel Verlag, Berlin 2008. Lassalle kondoliert. Der charismatische Menschen, nicht des Parteiführers“, also Anwalt und Privatgelehrte hatte andert- „um die Darstellung der verhängnißvol- halb Jahre zuvor im Leipziger „Colosse- len persönlichen Wirren, die seinen Tod Jetzt, „wo namentlich die commercielle Einsamkeit und deren Schmerz denke um“, dem späteren Konzert- und Ball- herbeiführten“. Nicht er, wie die Gräfin u. industrielle Crise a rough shaking to „mitten unter den rohen Ausbrüchen des haus Pantheum, mit der Gründung des offenbar wünschte, sondern sie selbst old Europe“ verursachen werde, und die Bürgerpöbels, der immer bereit ist, todte Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins müsse diese Aufgabe übernehmen. Im Arbeiterbewegung im Ausland nach lan- Löwen zu insultieren. Indeß ist dieser den Grundstein für die Sozialdemokratie übrigen teile er nicht ganz ihre sanguini- gem Schlummer wieder ihr Haupt erhe- Pöbel zu früh guter Dinge [...] Die Scor- gelegt und war am 31. August 1864 nach sche Auffassung über „die ,Partei' in be, müsse alles geschehen, um in pione warten auf ihn“. einer Liebesaffäre mit der bayerischen Deutschland“. Nach den vielen Illusio- Deutschland die Organisation aufrecht zu Nicht zu Unrecht spricht der Auktionska- Diplomatentocher Helene von Dönniges nen, die er in dieser Sache erlebt habe, halten. Er, Marx, werde jedoch schwer- talog, dem die vorliegenden Textfrag- an den Folgen eines Duells verstorben. müsse sie ihm etwas Skeptizismus zugute lich nach dem Kontinent kommen kön- mente entnommen sind, von dem bedeu- Für die Öffentlichkeit, so empfahl Marx halten; „Scepticismus nicht an der Sache, nen, bevor er sein „Manuscript über Na- tendsten Brief von Marx, der bisher unter nun der Gräfin, müsse in einer Partei- auch nicht am schließlichen Sieg unserer tionalökonomie“ fertiggestellt habe. Sein den Hammer kam. schrift die Vorgeschichte des Duells ein- Ansichten, wohl aber Zweifel an den Herz blute, wenn er an die Gräfin, deren • DANIEL SIEBEN fach, wahrheitsgemäß und ohne Rück- Massen u. den Leitern dieser Massen“.

Es bleibt vor allem das, was während der rakterlose Unwesen der Unfreiheit. Sie langen tristen Periode des Marxismus- ist ein zivilisiertes Ungeheuer, eine parfü- Leninismus kaum beachtet, nicht selten Was bleibt von Marx? mierte Mißgeburt.“ Es bleibt der Denker sogar verheimlicht wurde. Es bleibt seine Karl Marx, der nicht eine ideologische Ablehnung jeglichen Autoritäts-Aber- delns: „Einheit des Gedanken und des nung des Handelnden zu ihren Hauptkri- Doktrin verkünden wollte, sondern in der glaubens. Er sei, so Marx, „nur unter der Handelns heißt weiter nichts als Orthodo- terien machen, sind nichts als positive Erforschung der Widersprüche seine Bedingung“ dem Bund der Kommunisten xie und blinder Gehorsam“. [...] Es bleibt Sanktionen der Gesetzlosigkeit“ und Lebensaufgabe sah. beigetreten, „daß alles aus den Statuten sein Eintreten für rechtsstaatliche Ver- daher „Gesetze des Terrorismus“. Es entfernt würde, was dem Autoritätsaber- hältnisse – „Ein Gesetzbuch ist die Frei- bleibt sein Bekenntnis zur Pressefreiheit. (Das bemerkenswerte Plädoyer für den glauben förderlich ist“. heitsbibel eines Volkes“ – und seine kon- „Das Wesen der freien Presse ist das cha- radikalen Kritiker Marx verdanken wir Es bleibt seine Ablehnung der späteren sequente Ablehnung jeglicher Gesin- raktervolle, vernünftige, sittliche Wesen Wolfgang Leonhard; es entstammt des- marxistisch-leninistischen Maxime von nungs-Justiz: „Gesetze, die nicht die der Freiheit“, schrieb Marx. „Der Cha- sen Essay im Berliner „Tagesspiegel“ der Einheit des Denkens und des Han- Handlung als solche, sondern die Gesin- rakter der zensierten Presse ist das cha- vom 24. September 1994.) LEIPZIGS NEUE • 9 ‘08 • 2. MAI 2008 SPORT / POLITIK• 13

Von Arbeit. Das Gespräch mit Bach hat nach dessen nern, als solche Nebeneinkünfte beim IOC noch Angaben mit der Affäre aber nichts zu tun. Bach teil- anders als suspekt galten. Dessen Gründer, der fran- KLAUS te der Süddeutschen Zeitung mit, er sei von Siemens zösische Humanist Baron Pierre de Coubertin war am HUHN darüber unterrichtet worden, dass der Konzern den Ende seines Lebens derart verarmt, dass man in Lau- Beratervertrag ,unternehmensintern und aus formel- sanne unaufdringlich für ihn sammelte. Aber: Die Zei- len Gründen‘ noch einmal überprüfen wolle. ... Der ten haben sich geändert. Beratervertrag mit dem Wirtschaftsanwalt, einem der Fest stehen dürfte also, dass Thomas Bach nach Pe- mächtigsten Funktionäre im deutschen und globalen king reist und dort in der Ehrenloge Platz nehmen Sport, soll seit Anfang des Jahrzehnts bestehen und wird, zumal Siemens im Rahmen der Spiele so um anfangs mit 400 000 Mark im Jahr dotiert gewesen eine Milliarde Euro kassieren wird. Würde Bach also sein. Dieser Betrag soll sich im Laufe der Jahre deut- Unfreundliches über die Chinesen sagen, würde Sie- lich erhöht haben. Bach bittet um Verständnis, dass er mens Schaden nehmen und demzufolge auch der Sie- sich nicht zur Höhe der Vergütung äußern will. .... mens-Angestellte Thomas Bach. Damit dürfte klar Nach Beginn der Affäre um schwarze Kassen und sein, wo sich Herr Bach während der Spiele aufhalten ie so oft: Die Welt steht ein wenig Kopf! wird. Die einen kämpfen bis zur letzten Stunde Ein Mann, der früher an Bachs Seite stand, hat indes- Wdarum, sich für Olympia zu qualifizieren, Sportkolumne sen mitgeteilt, dass sein Stuhl in Peking – so ihm die die anderen versichern dreimal am Tag, dass sie Chinesen einen reserviert haben – leer bleiben wird. garantiert nicht zu den Spielen reisen werden. Um es Der Mann heißt Manfred von Richthofen und gibt knapp zu formulieren: Den einen geht es um Olympia allen Medien deutliche Auskünfte. So auch der Welt und die stille Hoffnung, dort eine Medaille zu gewin- Wer nach (24.4.2008): „Peking? Pah! Rottach! Ja! Für ihn sind nen, den anderen geht es um eine politische Demon- die Spiele am Tegernsee. Sollen mal alle schön nach stration. Und dazwischen wuseln die noch umher, die China fahren. Manfred von Richthofen (74) bleibt absagen würden, aber nicht können, weil sie sonst Peking hier. Er pfeift auf Olympia, was erstaunlich ist, denn Ärger mit Geldgebern bekommen. bis vor kurzem gehörte er doch noch zu den Anführern Mit einem Wort: Die Welt – zumindest die olympische des deutschen Sports. – steht ein wenig Kopf! Er war oben, ganz oben, zwölf Jahre Vorsitzender des Nehmen wir Thomas Bach, Vizepräsident des Interna- fährt Deutschen Sportbundes (DSB). ... er hält es lieber mit tionalen Olympischen Komitees, der davon träumt, der Konsequenz. ... er sagt: ,Ich habe nicht das dort vielleicht sogar mal Präsident zu werden. Solche Bedürfnis, bei dieser Supershow dabei zu sein‘. Sie Träume hatte unter Deutschen vor ihm nur Willi hat den falschen Veranstalter. Aber die deutsche Daume. Der aber musste sie begraben, weil er 1980 Schmiergeldzahlungen im November 2006 verfügte Sportführung ist eben erst nach Peking gereist, um ohne Mannschaft zur IOC-Session nach Moskau reis- der Aufsichtsrat einen Monat später, im Dezember, dort ergeben die Klappe zu halten. Der einzige aus te und damit aus dem Rennen war. Bach hat davon dass alle Beraterverträge zu überprüfen seien. Das der Clique, der den Mund aufmacht, bleibt zu Hause sicher schon mal gehört und weiß, wie groß seine galt ausnahmlos, also auch für das jetzt bekannt ... ,Was sich da abspielt, schadet dem Sport. Die Hal- Chance wären, würde die BRD die Spiele in Peking gewordene Abkommen mit Bach. Und noch etwas tung des Herrn Bach enttäuscht mich. Ich hätte mir boykottieren. Daume war Besitzer einer unbedeuten- sagte der Siemens Sprecher: ,Die heutige Unterneh- mehr Zivilcourage gewünscht.‘ ... Also Schluss damit. den Eisenhütte, die im internationalen Wirtschaftsge- mensführung hat erst in den vergangenen Tagen von Peking ist falsch. ... Von Richthofen hatte nicht mehr füge keine Rolle spielte. Über Bach schrieb die Süd- diesem Beratervertrag Kenntnis erhalten‘. Aus Kon- getan, als sich gegen diesen grotesken Fackellauf deutsche Zeitung (24.4.2008): „Als Wirtschaftsanwalt zernkreisen verlautet, der seit Mitte 2007 amtierende nach Peking zu äußern. Schon hatte er Schäuble an nimmt er die Interessen seiner Mandanten wahr, bei- Vorstandschef Peter Löscher habe erst kürzlich erfah- der Strippe, der ihn aufforderte, diese Ungeheuerlich- spielsweise die von Siemens. Hier hat er einen hoch ren, dass einer der ranghöchsten Funktionäre des keit vor dem Sportausschuss des Bundestages nicht zu dotierten Beratervertrag. Für den Technologie-Kon- Weltsports in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsan- wiederholen. ... von Richthofen ließ Schäuble auflau- zern ist er nach eigenen Angaben vor allem im arabi- walt bei Siemens unter Vertrag steht. Nur durch einen fen.“ schen Raum tätig, dort stellt er Kontakte zu hochran- Zufall soll Löscher das hoch dotierte Abkommen Das wissen wir nun, weil wir hin und wieder in der gigen Vertretern von Regierungen und Parlamenten bekannt geworden sein.“ Welt blättern. Wir wissen, dass Thomas Bach für die her. Demnächst hat Bach einen Termin bei Siemens, Irgendwann wird man also bei Siemens darüber nach- Spiele und für den Fackellauf ist und wissen auch der bislang nicht geplant war. Der Wirtschaftsanwalt denken, ob Bach das stattliche Gehalt wert ist. Uns warum. Und wir wissen, dass von Richthofen dagegen und der Konzern haben ein Gespräch mit der Abtei- schert es nicht und wir wollen uns auch nicht mora- ist. Warum: Weil er zwar Aufsichtsrats-Mandate und lung Compliance vereinbart. Das ist jene Abteilung, lisch darüber ereifern, über welche „Nebeneinnah- Beraterverträge mit der Spielbank hat, mit der Dresd- die dafür sorgen soll, dass im Unternehmen alles mit men“ ein IOC-Mitglied verfügen kann, wiewohl ein ner Bank, der Deutschen Bank und dem ZDF, aber rechten Dingen zugeht. Wegen der Korruptionsaffäre monatliches Neben-Einkommen von um die 60 000 eben nicht mit Siemens. Und damit wissen wir fast und deren vielen Ausläufern haben Compliance-Chef Euro schon zu denken geben kann. alles... Andreas Pohlmann und seine Leute besonders viel Immerhin: Ich kann mich noch gut der Zeiten erin- Es lebe der olympische Gedanke!

istorisch gesehen wurde das Geld , als sichtig und nicht kontrollierbar ist, verlief Die Geld- und Suchtgier nicht nur deut- ein öffentliches Verkehrsmittel unbezahlt Heine Art Gegenwert zu einem be- die Pleite öffentlich unsichtbar im Sande. scher Bankenmanager, sich Gewinne in die benutzt hat und die Strafe nicht zahlen stimmten Arbeitsaufwand eingeführt, als Nur die Versicherungsnehmer bemerken Taschen zu stecken, haben ein Desaster der kann, landet im Knast. Bankenmanager die Arbeitsteilung nicht mehr zu umgehen den Schaden, weil sie permanent um ihre Banken ausgelöst, dessen Erdbeben bereits und Politiker gehen in den gutbezahlten war. Der Bäcker wollte auch die Wurst des Versicherungsleistung betrogen werden. die ganze Welt erschüttert. Öffentliche Ruhestand, wenn sie Milliarden Euros ver- Fleischers haben und beide ließen sich ihre Nun ist es wieder soweit. Ausgerechnet im Banken müssen notverkauft (verscherbelt) brannt haben. Die Justiz, die sich stets Schuhe vom Schuhmacher herstellen. Was Land der Leitwährung werden derzeit eini- werden, um sie vor der Pleite zu retten, erlaubt „ im Namen des Volkes“ zu spre- ist da einfacher als ein universelles Zah- ge Hundert Milliarden Dollars und Euros weitere Banken brauchen immer neue chen und zu richten, angeblich unabhän- lungsmittel zu haben, das für alle drei das gig, hat ein noch größeres Problem, näm- Austauschgeschäft praktikabler gestalten lich dass die Gerechtigkeit sowohl in lässt. War das Zahlungsmittel anfangs vom ihrem Sprachschatz als auch in ihrem Tun Wert des Edelmetalls der Münze abhängig, Skandal ums Geld und Handeln nicht vorkommt. wurde mit der Einführung des Papiergeldes So könnte die Bankenkrise nicht nur eine die Wertbindung weitestgehend aufgeho- finanzielle werden, sondern auch eine der ben. Damit wurde das Geld zum Spekula- verbrannt, weil Kredite für Immobilien zu „Zuschüsse“, um nicht zahlungsunfähig zu sogenannten westlichen Demokratie, die ja tionsobjekt. Die besondere Gefahr des teuer und ohne Wertbindung (Sicherheiten) werden. Banken werden, obwohl ihr offensichtlich eine Diktatur des Geldes ist. Papiergeldes besteht darin, dass die Wert- verkauft wurden. Dabei müssten doch Finanzbedarf ein Fass ohne Boden ist, mit Die nächste Finanzkrise lauert schon in bindung verloren geht und sowohl die schon fast alle Banker mitbekommen öffentlichen Milliarden von der Pleite ver- den Startlöchern. Sie kommt, wenn man in Arbeit, als auch Waren und Dienstleistun- haben, dass der amerikanische Präsident schont, um nicht eine Kettenreaktion der Deutschland eine „Wertberichtigung“ der gen nicht mehr zu ihrem tatsächlichem noch nie ein erfolgreiches Geschäft auf die Bankenpleiten auszulösen. Na ja, so sehen Immobilien vornehmen muss, weil immer Wert gehandelt werden. Reihe gebracht hat. halt die „Selbstheilungskräfte“ des Mark- weniger die überteuerten Mieten bezahlen Die letzte Geldverbrennung durch Fehlspe- Die Finanzkatastrophe ist sogar so groß, tes aus. Verluste kompensieren durch können oder wollen. Weitere unangeneh- kulation auf dem Aktienmarkt liegt nur dass selbst der Deutsche-Bank-Chef öffentliches Eigentum. me Randerscheinungen, wie Energiekurse, wenige Jahre zurück, als zahlreiche Inter- Ackermann (also jener der sich selbst mit Die Bankenkrise lässt den die Globalisie- Wechsel der Lebensmittelproduktion zu netfirmen, hoffnungslos überbewertet, Millionen beim Verkauf von Mannesmann rung begleitenden Sozialabbau in eine den Treibstoffen und das immer krasser pleite gingen. Damals waren größtenteils bediente) eine Moraländerung anmahnte. neue Dimension wachsen, denn die Geld- werdende Sozialproblem sind weitere die Versicherungen die Verlierer. Aber da Der heimliche Wettbewerb der Bänker um besitzer und ihre Manager wollen nicht Schlingen jenes Henkerseils, das die kapi- die Versicherungsunternehmen durchweg die größte Rendite hat ihnen selbst das selbst die Zeche ihrer Unfähigkeit und Ver- talistische Wirtschaft sich selbst umgelegt in privatem Aktienbesitz sind, die soge- unter dem Hintern weggezogen mit dem antwortungslosigkeit zahlen. hat. nannte Überschussbeteiligung undurch- sie handeln, mit dem Geld ihrer Kunden. Ein Schwarzfahrer, der so an die 16 Mal • JOCHEN SINGER 14 • POST LEIPZIGS NEUE • 9 ‘08 • 2. MAI 2008

Menschenrechte für Man merkt die Absicht Sächsisches oder BEI ANDEREN Italienisches? GELESEN alle und überall und ist verstimmt Den Beitrag des Marxistischen Seit mehr als 50 Jahren ist die Lage China-Tibet der Forums in LN 8'08 habe ich auf- Unser Leser Frank Freitag schlägt LN Weltöffentlichkeit bekannt. Aber seit in den letzten merksam gelesen, bin mir aber Selten so diesen Boykott-Aufruf vor – weltweit! Jahren der immer freundlich grinsende Dalai Lama unsicher, ob ich der Argumentati- Beteiligt Euch! schallend gelacht durch die westliche Welt tourt, musste jeder politisch on folgen kann. Schuld daran ist • Keine Fußball-WM 2010 in Südafrika LN: Es wird gegen etwas polemi- ... wie über diesen Armin-Görtz- interessierte Bürger merken, dass etwas im wegen der höchsten Mordrate der Welt! siert, was die meisten Leser gar Schmarrn vom 21.4.08 in einem „Busche“ist. Die Olympischen Spiele in Peking pas- • Keine Olympischen Winterspiele 2010 in nicht zur Kenntnis bekamen. LVZ-Leitartikel (!): sen also wunderbar ins Bild, um plötzlich feststellen Vancouver wegen kanadischem Genmais! Im übrigen bin ich für die außer- „Ein Buchverlag hätte diesen • Keine Olympischen Sommerspiele 2012 zu können, was für ein „Schurkenstaat“ China ist. Krimi wohl abgelehnt. Bis ges- Das Geschrei um die Menschenrechtsverletzungen parlamentarische Kooperation in London, wegen jahrhundertelanger bri- zwischen DKP und LINKE, plä- tern. Begründung: zu konstru- tischer Menschenrechtsverletzungen von ist riesengroß, weil dadurch von den Menschen- iert. ... Die Story von kanadi- rechtsverletzungen der USA, der Türkei und Israels diere aber ausdrücklich dafür, Nordamerika bis Indien! dass auf Bundes- und Landesli- schen Fahndern, die im Internet • Keine Olympischen Winterspiele 2014 in abgelenkt werden kann. Demonstrationen gegen die auf Kinderpornos stoßen, auf sten der LINKEN nur Mitglie- Sotschi wegen des Tschetschenienkriegs! olympische Flamme und Forderungen nach einem denen sich eine Limoflasche der dieser Partei und Parteilose • Keine Fußball-WM 2014 in Brasilien we- Boykott der Spiele sind m.E. ein von langer Hand vor- und ein Schulbuch im Hinter- kandidieren. Insofern war m. E. gen Gefangenenmisshandlung in der Haft! bereitetes Szenario. Außerdem frage ich mich, welcher grund als Spur erweisen. Als die Geheimdienst wohl so flink die vielen Tibet-Fahnen schon die Kandidatur der DKP- nach Mitteldeutschland führt, • Aberkennung aller jemals bei Olympia in den USA errungenen Medaillen wegen nähen ließ. Genossin Wegner auf der Lan- bekommen tausende Grund- desliste der LINKEN ein Fehler. schullehrer eines der Fotos vor- der weitgehenden Ausrottung der India- Die großen Konzerne der westlichen Welt, die in ner, wegen der Atombombenabwürfe von China Milliarden verdienen, scheint das Vorgehen Es wäre hilfreich, wenn die Mit- gelegt – und tatsächlich werden glieder des Marxistischen Fo- Täter und Opfer in Sachsen-An- 1945, wegen des Korea-, Vietnam- und der chinesischen Regierung auf jeden Fall nicht zu rums die Gründe für den Nieder- halt identifiziert. ... Die Suche Irakkriegs! stören. Mit einem Boykott würden nicht nur die erinnert an den spektakulären • Keine internationalen Sportveranstaltun- Sportler, die sich seit langem auf die Spiele vorberei- gang der Kommunisten in Itali- Mord von 1981, als an der Bahn- gen in allen NATO-Staaten wegen des ten, bestraft, sondern auch die vielen begeisterten en gründlicher analysieren und strecke Leipzig-Halle eine Jun- Kosovo-Kriegs und der Anerkennung der Chinesen, die der Jugend der Welt eindrucksvolle sich dazu äußern könnten. genleiche gefunden wurde – in Mafia-Regierung der Organhändler! Spiele bieten möchten. B. JANSEN, LEIPZIG JOACHIM TESCH, LEIPZIG einem Koffer, in dem zugleich Zeitungen mit ausgefüllten Kreuzworträtseln steckten. ie Finanzmärkte haben in exakten Zahlen darf man ge- Die Handschrift führte die Polizei Dden letzten Jahren die Sparzwang in Leipzig spannt sein. letztlich zum Täter. Auch der war Steuer- und Wirtschaftspolitik Wenn man ernsthaft erklärt, mit pädophil. auf allen Ebenen maßgeblich dieser SPD im Sinne des Allge- Aufschlussreich ist es, die Un- mitgestalten dürfen. Hinter der meinwohls Politik machen zu terschiede der beiden Fahndun- Lüge vom Sparzwang verbirgt und anderswo können – auch auf kommunaler gen zu betrachten. Die DDR er- sich brutale Interessenpolitik die Personengesellschaften und bezahlt. Beispiele: Ebene –, dann hat man ein zielte den Erfolg auch, weil es in zum Vorteil von Milliardären, die Selbstständigen hinzu, die • Nord Bank-Mitarbeiter Glaubwürdigkeitsproblem. Es der Diktatur möglich war, die Ka- Spitzenverdienern und Konzer- ihrerseits 26 Milliarden Euro schrieben am Kreditwesen- wird schon gar keine linke Poli- pazitäten von Polizei und Stasi nen, zu Lasten von abhängigen tik sein, die dabei heraus- mühelos zu vernetzen. Es waren weniger zahlten, ergibt sich ein Gesetz mit Beschäftigten, Arbeitslosen, Steuergeschenk in der unglaub- • zur Hedgefonds-Legalisie- kommt. Vor einer Kompromiss- keine rechtlichen Hürden zu Familien mit Kindern, sozial politik der Mandatsträger/Frak- überwinden, um sich Zugang zu lichen Höhe von 102,9 Milliar- rung: Bundesverband der In- Schwachen. Als Beispiel soll tionäre der Linkspartei mit zehntausenden handschriftlich den Euro.“ (zitiert aus: Hans vestmentgesellschaften schrieb von Bürgern ausgefüllten For- hier nur die Auswirkung der Thie in: Freitag 25.6. 2004 – zu das Gesetz im Finanzministeri- dem Ziel, Deals mit der SPD mularen zu verschaffen. Der da- SPD-Unternehmenssteuerre- den Ergebnissen aus dem Gut- um und sorgten für die Steuer- auszuhandeln sollten wir uns malige, enorme behördliche form (ab 2001) genannt wer- achten von Jar-rass/Obermeier). freiheit der Gewinne hüten. Eine gewandelte koaliti- Aufwand erklärt sich nicht allein den: „Wären die Unterneh- Mittlerweile wurde deutlich, • Daimler und Telekom waren onsfähige SPD muss sich mit aus der Schrecklichkeit des mensgewinne der Jahre 2001- dass die von der Schröder-SPD an der Mautgesetzgebung betei- den von ihr verursachten Kata- Verbrechens. Das Überleben 2003 steuerlich in gleicher ermöglichte Zusammenarbeit ligt usw. usf. strophen auseinandergesetzt, eines autoritären Staates hängt Weise herangezogen worden zwischen der Wirtschaft und Das Resultat ist: Weit über 100 sich davon distanziert und aus davon ab, dass die Menschen wie im Jahr 2000 hätten sie in den Bundesministerien un- Unternehmens-Mitarbeiter ar- ihren Fehlern gelernt haben. an seine Allmacht glauben. der Summe dieser drei Jahre glaubliche Ausmaße angenom- beiten direkt in den Ministerien Das versteht jeder politische Deren Ehrfurcht würde brö- 180,9 Milliarden Euro zahlen men hatte. Konzern-Mitarbeiter Gesetze aus. Das ist jedoch nur Laie, aber unsere Abgeordne- ckeln, wenn ein Aufsehen erre- müssen“. Gezahlt haben sie nur erarbeiten Gesetze direkt in den die Spitze des Eisberges. Auf ten? gendes Verbrechen unaufge- 104 Mrd., eine Ersparnis von RENE NITSCHKE klärt bliebe. ...“ Ministerien und werden weiter- den entsprechenden Bericht des 76,9 Mrd. „Nimmt man noch hin von den Unternehmen Bundesrechnungshofes mit AG ASG Die Linke.Leipzig

m Kaisersaal des Hamburger Rat- gab man auch hier klein bei und einig- Ihauses haben CDU und GAL ihren Die schwarz-grüne Koalition – te sich darauf, dass Hamburger Studie- Koalitionsvertrag werbewirksam im rende erst nach ihrem Abschluss zur Scheinwerferlicht der Fernsehanstal- mehr als schnöder CDU-Machterhalt Kasse gebeten werden. Pro Semester ten und Blitzlichtgewitter von Foto- kommen, egal was am Unterlauf des Seine Klage für das Moorburger sind 375 Euro zur Rückzahlung fällig, grafen unterzeichnet. Flusses ökologisch passiert. Kohlekraftwerk begründet Vattenfall sofern der spätere Verdienst mehr als Vom Norden bis zum Süden der Repu- Der Zank um das Kohlekraftwerk damit, dass bereits Aufträge in Höhe 30.000 Euro im Jahr beträgt. Der blik wird das Hamburger Ergebnis in Moorburg wird mit einem seichten, von 1,3 Milliarden Euro erteilt sind. Gebührenausfall der Universität wird den Gazetten als eines von großer letztlich unverbindlichen Kompromiss Im Bereich der schulischen Bildung aus Steuermitteln kompensiert. historischer Bedeutung gefeiert. Dabei beigelegt. Hamburgs GAL forderte wird es zu Veränderung kommen. Ab Vielleicht wird Hamburg „GALischer“ ist es für eine Bewertung wahrlich viel zwar ein eindeutiges Bekenntnis für dem Schuljahr 2010 erfolgt die Ein- mit der kommenden sieben Kilometer zu früh. Noch sind die Unterschriften eine Komplett-Alternative, für ein Gas- führung der sogenannten Primarschu- langen Straßenbahnlinie, die den Öko- des Regierungsvertrages nicht trocken. kraftwerk. Ob und welche Zusagen der le. Das ist gemeinsames Lernen in der Kapitalistinnen der Wohnquartiere von Dennoch: Obwohl die GAL-Wahlforde- 1. Bürgermeister Öle von Beust bereits Grundschule bis zur sechsten Klasse. Winterhude Erleichterung bietet. Die rungen kaum erfüllt wurden, gab es auf vor den Wahlen an den Betreiber Vat- Erst danach erfolgt der Übergang ent- Ghettos wie der Osdorfer Born werden der Mitgliederversammlung der GAL tenfall gab, steht nicht im Koa- weder zum Gymnasium oder zur dagegen verkehrstechnisch bleiben, eine hohe Zustimmung. Für die Öffent- litionsvertrag. Jetzt werden wohl die Stadtteilschule. Das ist eine rational wo sie sind. lichkeit ist die Koalition von schwarz Gerichte entscheiden, wie es weitergeht. kaum begründbare Lösung, eher eine Erste Reaktionen auf den Vertrag der und grün ohnehin allenfalls eine „span- Den „Schwarzen Peter“ hat jedenfalls provinzielle Mauschelei. An der Ent- kommenden Regierung sind mehr als nende Alternative“. die neue Umweltsenatorin und Lan- scheidung, ob Gymnasium oder neue gemischt. Die Handelskammer hält Ein Blick auf den 60 Seiten des Koali- desvorsitzende Anja Hajduk. Auf diese Stadtteilschule haben Eltern kein den Vertrag als noch für einen akzepta- tionsvertrages zeigt, wer Gewinner ist: Frau wird es ankommen, ob eine Recht der Mitsprache. blen Kompromiss (also muss er Die Wirtschaft. Mit der von der CDU „Grüne Energiepolitik“ in Hamburg Eine Niederlage mit schwachem Kom- schlecht fürs Volk sein!). Anders die gewünschten Elbvertiefung bedient Wirklichkeit wird. Aber wir sind jetzt promisscharakter gab es für die GAL Umweltorganisationen: Sie zeigen sich Korrespondenz aus Hamburg der Vertrag klar die Interessen von schon sicher: Die Wirtschaft wird es bei den Studiengebühren. Die Grünen enttäuscht. Reedereien und Hafenwirtschaft. Ohne verhindern, sie ist schon mit ganz wollten sie noch vor der Bürger- Abstriche wird somit die Vertiefung anderen Politikern fertig geworden. schaftswahl völlig abschaffen. Nun • KARL-H. WALLOCH LEIPZIGS NEUE • 9 ‘08 • 2. MAI 2008 SERVICE / ANZEIGEN • 15

SZM Bund der Antifaschisten, Leipzig Stadtteilzentrum Messemagistrale Leipzig, Straße des 18. Oktober 10a Zum 75. Jahrestag der Bücherverbrennung 7. 5., 14.30 Uhr: Singen mit erfolgt am 7. Mai 2008 Senioren. die Wiedereröffnung der Bibliothek des Antifaschismus : 0341-9608531 Fax: 0341-2125877 8. 5., 15 Uhr: Gedächtnistrai- im Erich-Zeigner-Haus, ning für pfiffige Senioren. Zschochersche Straße 21, 04229 Leipzig VERANSTALTUNGEN 8. 5., 19 Uhr: Kabarett der Akti- Freitag, 2. Mai, 19 Uhr, Görlitz ven Senioren: „Schöner war die Zeitzeugengespräch zum „Zug der Erinnerung“: Unvergessen in Zeit ...“. Eintritt: 5 Euro, erm. Ab 18 Uhr wird zu einem Leseabend eingeladen 2,50 Euro die Zukunft. Mit Stanislaw Hantz. Moderation: Dr. Hans-Wil- unter anderem mit dem Buch helm Pietz, Regionalbischof. In Zusammenarbeit mit Hausund- 15. 5., 15 Uhr: Café zum Thema „Buchenwald, ich kann dich nicht vergessen“ Hof e. V. Görlitz u. a. „Haustürgeschäfte u. ä. Proble- me“ – Wie falle ich rein? Wie Gast:Herausgeber Gerhard Hoffmann. KulTourPunkt im Bahnhof Görlitz, Bahnhofstr. 75. komme ich wieder raus? Sonnabend, 3. Mai, 16.00 Uhr, Görlitz Buchvorstellung: Irmtraud Gutschke: Hermann Kant. Die Cineding Sache und die Sachen. Mit Dr. Irmtraud Gutschke und Her- Leipzig, Karl-Heine-Str. 83 Leipziger Erwerbslosenzentrum (LEZ) mann Kant. Eintritt: 6 Euro, erm. 1 Euro. *** Das LEZ, Zschochersche Str. 48A (Elsterpassage) steht allen Ratsu- KulTourPunkt im Bahnhof Görlitz, Bahnhofstraße 75. I'm not there OmU, 3. und 4. 5., 20 Uhr, 5. und6. 5., 22.30 Uhr; chenden zum Arbeits- und Sozialrecht hilfreich zur Seite. Bürgerbera- Sonnabend, 3. Mai, 10 Uhr, Zittau 7. und 9. bis 14. 5., 20 und 22.30 ter des sächsischen Arbeitslosenverbandes informieren hier täglich ab Buchvorstellung: Irmtraud Gutschke: Hermann Kant. Die Sache Uhr, 8. 5., 22 Uhr 9 Uhr über die Neuregelungen auf diesem Gebiet, insbesondere über und die Sachen. Mit Dr. Irmtraud Gutschke und Hermann Kant. There will be blood, 3., 4., 7. und die mit dem ALG II auftretenden Fragen zur Bedürftigkeit, Höhe der Eintritt: 6 Euro, Hartz-IV-Empfänger, Studenten und Jugend- 12.–14. 5., 20 Uhr; 5., 6., und Leistung, Anrechnung von Einkommen u. ä. Jeden letzten Donnerstag liche 1 Euro. *** 8.–11. 5., 22 Uhr im Monat spricht Bürgerberater Frank Schaefer von 14.30 bis 16 Uhr Barocksaal des Heffterbaus, Klosterplatz Drachenläufer, 3., 4. und 7. 5., über das neue ALG II und beantwortet Fragen. Sonnabend, 3. Mai, 15 Uhr, Chemnitz 23 Uhr; 5. und 6. 5., 20 Uhr Die Informationen und Auskünfte zum Arbeits- und Sozialrecht sowie Open-Air-Festival zum 190. Marx-Geburtstag. Vorträge von Persepolis OmU, 3. und 4. 5., die Unterstützung beim Ausfüllen von Anträgen sind kostenlos. Ingo Elbe, RoteRuhrUni Bochum, und Robert Kurz, Nürnberg. 22.30 Uhr; 5. und 6. 5., 20 Uhr Öffnungszeiten des LEZ: Mo–Do, 9–17 Uhr; Fr. 9–14 Uhr Konzert mit Holger Burner Lichtbildvortrag: Eindrücke aus Telefon: 0341-9614121 Karl Marx Monument, Brückenstr. Afghanistan 2007/08, 8. 5. 20.15 Montag, 5. Mai, Chemnitz Uhr; Am „Nischl“ – „Marx lesen“ von früh bis abends – : „Marx Football under Cover, 8.–11. 5. 4., lesen“. Prominente und Nicht-Prominente lesen Texte von Marx 20.Uhr; 12.–14. 5., 23 Uhr Mit Cuba si nach Kuba und über ihn. Rahmenprogramm: Sabine Kühnrich und Ludwig Streng mit Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sach- sen. Theatrium Anlass der 18-tägigen Rundreise ist der Karl Marx Monument, Brückenstr. Leipzig, Miltitzer Allee 52 50. Jahrestag der Revolution. Montag, 5. Mai, 15.30 Uhr, Dresden 2. und 3. 5., 20 Uhr: Willkom- Podiumsdiskussion: Karl Marx aktuell. men auf Schloss Fördom, Reisebeginn 30. Dezember 2008 „Zeitgeist“, Großenhainer Str. 93 Jugendtheaterprojekt, P13. Montag, 5. Mai, 18 Uhr, Leipzig 16. und 17. 5., 20 Uhr: Macbeth Rückkehr 16. Januar 2009 Totgesagte leben länger. Eine Soiree zu Werk und Wirken von Jugendtheaterprojekt, P15. Karl Marx. Mit Prof. Dr. Manfred Neuhaus, Prof. Dr. Klaus Es können auch vier Nächte Schuhmann, Dr. Ilona Henker und Peter Gosse. Badeverlängerung in Varadero Rosa-Luxemburg-Stiftung, Harkortstr. 10. Naturkundemuseum Montag, 5. Mai, 19 Uhr, Dresden Leipzig, Lortzingstr. 3 dazu gebucht werden. Ausstellung mit Eröffnungsveranstaltung: Bolivien – indigenes Kulturprojekt will eine Schule bauen. Sonderausstellungen: Höhepunkte auf der Tour durch die Internationales Begegnungszentrum, H.-Zille-Str. 6 Bis 1. 6.: Mit der Unterwasserka- mera in heimischen Gewässern. Karibikinsel sind nicht nur die Silvesterfeier Montag, 5. Mai, 19 Uhr, Leipzig mit kubanischen Freunden und die Vortrag und Diskussion: Marie Stritt – Eine „kampffrohe Streite- Bis 1. 6.: Ein Waldspaziergang - Wie ein Bilderbuch entsteht. rin“ in der Frauenbewegung. Mit Dr. Elke Schüller, Frank- Teilnahme an der Festveranstaltung furt / Main. Veranstalter: Fachschaftsrat Geschichte, StudentInnen- Veranstaltungen: zum Revolutionstag, sondern auch rat Universität Leipzig, Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen 4. 5., 10.30 Uhr - Führung: Mit die vielen Rundreise-Stationen. Universität Leipzig, GWZ, H dem Jubiläumsbuch durch das Naturkundemuseum. Dienstag, 6. Mai, 18 Uhr, Chemnitz Mensch MARX – Ausstellung von Karikaturen und Bildern 15. 5., 14.00 Uhr - Führung im Die von Tropicana Touristik GmbH sowie Lesung von Briefen und Anekdoten aus dem Leben von Rahmen der sachsenweiten Akti- veranstaltete Reise mit Halbpension kostet Karl Marx. Eröffnung mit Hans Hübner, Mitherausgeber des on "Frühlingsspaziergänge 2008" - "Vögel und ihre Nester" 1998 Euro (117 Euro Einzelzimmerzuschlag). Buches „Grüß Gott! Da bin ich wieder! – Karl Marx in der Kari- Der Preis Badeverlängerung kostet 256 Euro katur“, em.Prof. für Biblische Theologie, Uni Göttingen. Es lesen 16. bis 18. 5.:Kakteenausstellung Ursel Schmitz und Egmont Elschner. Musikalische Begleitung: im Botanischen Garten der Uni- (Einzelzimmer plus 56 Euro). Freie Kulturkapelle versität Leipzig Soziokulturelles Zentrum QUER BEET Rosenplatz 4 18.05., 10.30 Uhr, Vortrag zum Interessenten wenden sich bitte wegen Mittwoch, 7. Mai, 19 Uhr, Dresden Internationalen Museumstag: konkreter Informationen und Vortrag und Diskussion: Finanzmarktkapitalismus, Finanzkrise Vom naturkundlichen Heimat- und „Heuschrecken“ Mit Dr. Ulrich Busch, TU Berlin. *** museum zum Naturkundemuse- Reiseunterlagen an: WIR AG, Martin-Luther-Str. 21 um der Zukunft - Sind die Ideen des Gründungsvaters Emil Adolf Freitag, 9. Mai, 19 Uhr, Chemnitz Roßmäßler noch aktuell?" Cuba si, Liebknecht-Haus Berlin, Der politische Film: Voces inocentes, Drama – Mexiko 2004 Tel.: 030-24 009 456 (Orig. m. Untertiteln). In Zusammenarbeit mit Rothaus e. V. Rothaus e. V., Lohstr. 2 Stadtgeschichtliches Donnerstag, 15. Mai, 17.30 Uhr, Leipzig Museum Projektvorstellung: Archäologie des Erinnerns. Der Bedeutungs- Leipzig, Markt 1 Der WAC lädt ein wandel des sozialistischen Erbes am Beispiel des „Casa Poporul- 4. 5., 11 Uhr: Begegnung mit Zu seinen regelmäßigen Mittwochs-Veranstaltungen lädt der ni“ in Bukarest. Mit Anna Lisa Kaiser und Jennifer Stange. Mode- Wirtschafts-Akademische Club Leipzig e.V. (WAC) künftig ration: Prof. Dr. Ernstgert Kalbe. Clara Schumann. Sopranistin Ul- Rosa-Luxemburg-Stiftung, Harkortstr. 10 rike Richter führt singend durch in loser Folge „Leipziger Persönlichkeiten“ ein. das Alte Rathaus. Eintritt: 6 Die Reihe startet am Sonnabend, 17. Mai, 10 Uhr, Leipzig 11. 5., 15 Uhr: Begegnung mit Mitgliederversammlung Mittwoch, dem 21. Mai, 18.30 Uhr, Sternwartenstraße 4-6 Ratskeller, Lotterstr. 1 Johann Sebastian Bach Vergnüg- (bitte Eingang durch Einfahrt benutzen). licher Museumsrundgang mit Ihr Gesprächspartner an diesem Abend ist *** Die Veranstaltung wird gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg- dem Thomaskantor. Eintritt: 6 Chemiker Prof. Dr. Cornelius Weiss Stiftung, Gesellschaftsanalyse und politische Bildung e. V. durch- 15. 5., 17 Uhr: Das Urteil ist Alt-Rektor der Universität Leipzig, geführt. gesprochen ... Führung durch das Ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissen- Die Veranstaltungen sind öffentlich. unterirdische Gewölbe mit Folter- schaften und Mitglied des Sächsischen Landtags. und Richtinstrumenten sowie Telefonische Anmeldung erbeten über: 0341/2577 371 historischen Gefängniszellen. 16 • ALLERHAND 9 ‘08 • 2. MAI 2008

kleingedrucktes von ronald m. schernikau der späte kapitalismus funktioniert durch weg- ich habe an reaktionären immer bewundert, kucken, ich habe gesehen, wie schlampig daß sie aufhören zu reden, wenn ihnen etwas bücher mit hundertausend auflage geschrieben nicht paßt. das bestehende braucht keine mün- 64001 DP AG Postvertriebsstück Gebühr bezahlt wurden, wie nachlässig auch gegen sich der. reden ist argumentieren, überzeugen wol- Projekt Linke Zeitung e. V., Braustraße 15, 04107 Leipzig selbst, den autor; eine schleichende verach- len, nerven. tung des publikums, die ansteckt. * * soll man das leid der menschen teilen? soll FUNDSACHEN die bundesrepublik deutschland hat einen ein- man, weil im fernsehen immer blöde filme zigen satz hervorgebracht. der satz ist in kommen, immer blöde filme kucken? man soll „Alte sollten sich nicht zu unge- Ein Fernsehgerät im Kinderzim- einem maße genial, daß aller protest zum das leid nicht teilen. man soll es lindern. fragt bei jedem Thema zu Wort mer bedeutet im Schnitt:eine gemeckere wird, alle beschimpfung zum lob. melden. Der ehemalige Bundes- Note schlechter in der Schule. es ist der satz eines faschisten, der dann nicht Ronald. M. Schernikau, geboren 1960 in Mag- präsident Herzog tut das derzeit Sendung „Lebenszeit“, DLF 25. 4. mehr als faschist arbeitete, und der dazu deburg(DDR), aufgewachsen in in unerträglicher Weise.“ gebracht werden sollte, sich zum faschismus Hannover (BRD), studierte 1986 am Leipziger Ex- ARD- Intendant Nowottny Früher haben im Kraftwerk Box- zu äußern. dieser mann sprach einen einzigen Literaturinstitut. 1989 Erwerb der Staatsbür- wurde gefragt in der ARD am 21. 4. berg 3000 Menschen gearbeitet. satz, und als er diesen satz gesprochen hatte, gerschaft der DDR,. danach Dramaturg im Heute sind es ca. 400. Die Stadt war klar, daß es niemals eine erwiderung Hörfunk und Fernsehen. Schernikau starb In Indien verteuerten sich die Le- hat keine Arbeit mehr. geben würde, keine antwort, keine selbe welt, 1991 an AIDS. bensmittel zwischen 20% und Feature, mdr 26. 4. der satz lautete:ich erinner mich nicht. ( Zitate aus: „Die Tage in L.“) 40%. 20 Mio. Inder leiden an Un- terernährung. Eine Grüne-Wiese-Planung der LN Tagesschau, ARD 21. 4. Ausrichtung auf maximale Auto- erreichbarkeit am Brühl ist un- Börsentipp Weltbank-Präsident Robert Zoel- nötig und verfehlt.(...) Der nördli- lick hat die Nahrungsmittel- chen Innenstadt droht die KFZ- knappheit mit den alttestatmen- Verstopfung. tarischen „sieben Plagen“ vergli- „Ratschlag“-Informationsschrift der chen, vergaß aber zu erwähnen: Grünen im Stadtrat Leipzig, 4 / 2008 eine achte ist die Weltbank selbst. Weil ein Mädchen aus ihrer WZ Freitag, Nr. 17/08 Gruppe vergewaltigt wurde, üb- ten die Freunde Selbstjustiz: Sie „In den zweieinhalb Jahren, seit setzten Haus und Hof des ver- der Geburt meines Sohnes, in meintlichen Täters in Brand. Und denen ich zwangsweise auf Leis- dann nahm sich einer von ihnen tungen der ARGE angewiesen das Leben. bin, habe ich nicht einen einzigen Geschehen im Land Brandenburg Bescheid erhalten, der korrekt ge- Gerichtsbericht „Magazin“ 5 / 08 wesen wäre.“ Leserbrief, LVZ 21. 4. In Japan glaubt man, dass das Geschrei von Babys böse Gei- „Wäre die Zahl meiner Tage ster vertreibt und für gesundes unbegrenzt, es gäbe kein Glück.“ Wachstum sorgt. Friedrich Schorlemmer ND 28. 4. in FIGARO, mdr 22. 4. • ENTDECKT VON S. KAHL

„Schwarz-Grün“, verwirrte Wespen und ich ... AUS ALT an hüte sich bei vorschnellen Verglei- blen Hintergrund und flogen zunächst unver- Mchen zwischen Mensch und Wespe, aber drossen auf „Schwarz-Grün“. Nach zwei MACH NEU beide schwirren zunehmend aus, dank früh- Minuten merkten die, dass mit dieser Kombi- lingshafter Temperaturen, und suchen Orien- nation etwas nicht stimmte. Der Inhalt erwies Die dümmsten tierung im Land. Wespen bewiesen mir, dass sich für sie zunehmend als Mogelpackung, Krieger haben die sie dabei mehr als einen Stich haben. Das und sie erflogen sich die Erkenntnis, dass ihre dicksten Waffen. geschah auf folgende Art: Ständig flogen sie Wahl sich nicht lohnte. Nach fünf Minuten eine sonnenhelle Tischdecke an und steuerten wechselten sie und landeten zufrieden auf ei- Herausgeber: Projekt Linke Zeitung e.V., dabei zielbewußt auf die schwarzen oder grü- ner Blüte, die hielt, was sie versprach. Ich – Doppelt hält besser, V.i. S. P.: Rahel Springer nen Farbtupfer zu. Selbige waren kleine der Mensch – amüssierte mich über diese Redaktion: Braustraße 15, 04107 Leipzig, Reißzwecken mit eingefärbten Plasteköpfen. blitzgescheite Reaktion und fragte mich doch: sagte der Politiker Tel./Fax: 0341 / 21 32 345 Die geben der Decke Halt in stürmischen Zei- Wie lange brauche ich, um zu erkennen, wann und schickte eine E-Mail: [email protected] ten. Die unermüdlichen Summer vermuteten eine Sache nicht hält, was sie verspricht? Internet: www.leipzigs-neue.de offenbar einen blumigen, also für sie akzepta- • MIC Lüge hinterher. Einzelpreis: 1,30 Euro, im Abonnement halb- jährlich (für 13 Ausgaben): 13 Euro Vertrieb, Abonnement, Abrechnung, Die Satten Anzeigen, Werbung: Wussten Sie schon? Ralf Fiebelkorn, Büro- und Verlagsservice, verprassen Gärtnerstraße 113, 04209 Leipzig. ei der exakten Bevölkerungserhebung von lich 4000 nach dem Krieg. 1975 wurde erst- das sinkende Schiff. Tel./Fax Redaktion: 0341 / 21 32 345 1699 für Leipzig schrieben die Zählmei- mals die 4000-er Marke nach unten gerissen. B Druck: Rollenoffset-Kiel GmbH ster nur die Zahl von 15 653 Leuten in ihre Der Trend setzte sich nach der Einheit Protokolle, keine Stadtfläche und keine Bevöl- beschleunigt fort. Den Tiefpunkt maßen die Was da schiebt, Einzelne Beiträge müssen nicht mit der Mei- kerungsdichte. Knapp 100 Jahre später war Statistiker 1998 mit nur noch reichlichen nung der Redaktion übereinstimmen. Für das deckt sich... unverlangt eingesandte Manuskripte und man exakter: Fast 32 000 Menschen lebten 437 000 Leipzigern. Dann wurde wieder heftig Fotos wird nicht gehaftet. 1797 auf 17,7 km², beinahe 1800 auf jedem eingemeindet. Schließlich hat die Fläche der Redaktionsschluss dieser Ausgabe: Quadratkilometer. Die Fläche blieb bis 1889 Stadt fast das 17-Fache von 1797 erreicht: Wer es „A“ 28. April 2008 konstant, aber die Attraktivität der Stadt zog so nahezu 300 km². Pro Quadratmeter leben aber Die nächste Ausgabe erscheint am viele Menschen an, dass selbst nach ersten weniger Menschen als vor reichlich 300 Jah- sagt, 16. Mai 2008 Eingemeindungen auf jedem Quadratkilome- ren. 1702. Damals waren es 97 mehr. muss es auch „B“ Spendenkonto ter über 10 000 Einwohner lebten. Danach Es bleibt also viel zu tun – sowohl Neubürger für Projekt Linke Zeitung e. V. bei der stieg die Einwohnerzahl bis 1933 zwar weiter anzulocken als auch in Leipziger Betten … sagen. Sparkasse Leipzig, an. Aber Eingemeindungen waren schneller. Meint unser Statistiker BLZ: 860 555 92, R. LOCHNER Konto: 11 50 11 48 40 Der Durchschnitt an Menschen sank auf reich- PETER POLIS