H. Gürtler H. Seidel N. Rossow W. Ehrentraut G. Furcht

Internationale Tagung

Zukunft gestalten

40 Jahre Präventivmedizin

Herausgeber Manfred Fürll

Leipzig, 19. und 20. Juni 2015

Medizinische Tierklinik mit Funktionseinheit Klauentiere der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig

Zukunft gestalten – 40 Jahre Metabolic

Monitoring – 40 Jahre Präventivmedizin

Copyright © 2015 The Authors Published by Merkur Druck und Kupier – Zentrum GmbH All right reserved. No part of this publication may be reproduced, stored in a retrieval system or Salomonstr. 20 04103 Leipzig transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photographical, photocopying, recording or otherwise without prior written permission from the copyright The publisher is not responsible for damages, holders. which could be a result of content derived from this publication. Conference Venue

Veterinary Faculty University of Leipzig The individual contributions in this publication An den Tierkliniken 9 and any liabilities arising from them remain the 04103 Leipzig responsibility of the authors. Germany

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Sponsoren

der Internationalen Konferenz

„Zukunft gestalten – 40 Jahre Metabolic Monitoring – 40 Jahre Präventivmedizin“,

Leipzig, 19. und 20. Juni 2015

Die Veranstalter sind nachfolgend genannten Firmen für die Unterstützung der Konferenz zu großem und herzlichem Dank verpflichtet:

‹ Data Service Paretz GmbH, Ketzin

‹ SELECTAVET Dr. Otto Fischer GmbH, Weyarn/Holzolling

‹ Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH Ingelheim am Rhein

‹ Bayer Animal Health GmbH, Leverkusen

‹ Lohmann Animal Nutrition GmbH, Cuxhaven

‹ Merial GmbH Hallbergmoos

‹ H. Wilhelm Schaumann GmbH, Pinneberg

‹ VETSMARTTUBES GmbH, Graz

‹ BioCheck – Labor für Veterinärdiagnostik und Umwelthygiene GmbH, Leipzig

‹ Albrecht GmbH, Aulendorf

‹ RECIPE Chemicals+Instruments GmbH Labortechnik, München

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Inhalt

Vorwort ...... 9 Grundlagen und Entwicklung des „Metabolic Monitoring“ bei Kühen ...... 10 M. Fürll Metabolisches Monitoring beim Schwein ...... 20 Carola Wolf 15 Jahre Herdenbetreuung bei Schaf und Ziege -Stoffwechselüberwachung in Theorie und Praxis...... 23 U. Moog Occurrence rate of subclinical metabolic disorders in Hungarian dairy herds during the last two decades ...... 25 E. Brydl, V. Jurkovich, A. Tirián, P. Kovács, L. Könyves Metabolic disorders of dairy cows in the peripartum period with respect tochanges in body condition ...... 29 J. Illek INDICATORS OF DAIRY COW TRANSITION RISKS: METABOLIC PROFILING REVISITED ...... 30 R. J. Van Saun Stoffwechselüberwachung als Methode der Bestandsbetreuung von Milchkuhherden ...... 39 R. Staufenbiel Risikoanalyse und Beeinflussung des Stoffwechsels durch Managementmaßnahmen ...... 45 R. Mansfeld ...... 45 Aus der Praxis der Stoffwechselüberwachung in Thüringer Milchviehherden- Entwicklung der Stoffwechselparameter in den letzten 20 Jahren ...... 47 W. Siebert, E. Menzer, K. Donat Peripartale Blutserumkonzentrationen an anorganischem Phosphat bei Milchkühen und ihre Beziehungen zur Milchleistung, Fruchtbarkeit und zu Erkrankungen in der Folgelaktation .. 49 K. Hansen, L. Pieper, A. Roder, R. Staufenbiel Die Euterlymphe als diagnostisches Medium – Gewinnung und Nachweis von Mycobacterium avium subsp. paratuberculosis beim Rind ...... 51 J. L. Khol, P. Pinedo, C. D. Buergelt, L. M. Neumann, D. O. Rae Dynamik der subkutanen und abdominalen Fettdepots beim Milchrind im peripartalen Zeitraum und Beziehungen zu Markern der Fettmobilisation...... 53 Lena Ruda, C. Raschka, K. Huber, S. Dänicke, P.Wenning, J. Rehage Diagnostik des Kaliumstoffwechsels beim Milchrind ...... 55

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Th. Wittek, Anja Müller, Stephanie Egger Fallstricke bei der Labordiagnostik von Störungen des Kaliumhaushaltes ...... 57 K. E. Müller, H. El-Zahar Diagnostisches Potential von Aldosteron beim Rind ...... 59 G. Köller, D. Görigk, M. Fürll Hintergründe und Bekämpfung der Hypokalämie als klinisches Problem ...... 61 M. Fürll Altersabhängige Entwicklung von Biomarkern in Blut, Ausatemluft und Kot bei gesunden Ziegen ...... 64 S. Fischer, P. Trefz, A. Bergmann, M. Steffens, M. Ziller, W. Miekisch, J. K. Schubert, H. Köhler, P. Reinhold Neues portables Photometer-Set für die Stoffwechselüberwachung von Milchkühen ...... 66 F. Bootz, H. Hilmert; M. Hostens; B. Van Ranst Verifizierende Laborparameter in der Diagnose: Atypische Weidemyopathie beim Pferd ..... 68 M. Bochnia, J. Ziegler, J. Sander, S. Schaefer , A. Uhlig, S. Abel , M. Glatter, S. Recknagel, F.G. Schusser, M. Wensch-Dorendorf, A. Zeyner Thrombozytopenie bei Pferden mit Infektionskrankheiten ...... 70 K. Ehlers, C. Arnold, G. F. Schusser Schwerpunkte für längere Nutzungsdauer bei Kühen ...... 72 Anke Römer Kostenoptimierung in der Milchproduktion, die richtigen Prioritäten setzen ...... 75 B. Heidemann Stoffwechselmonitoring in kleinen und mittelgroßen Milchrindbetrieben im Emsland ...... 76 J. Bothmann,. W. Hasseler, Th. Kossen, F. Magnus, M. Fürll Klinische Bedeutung der Leberverfettung bei Kühen ...... 78 J. Saffaf, G. Köller, M. Fürll Spermaqualität und Metabolite im Serum von Besamungsbullen zu Beginn der Sperma- produktion ...... 80 H. Scholz, A. Ahrens Quantitative und qualitative Veränderung von Eisen bei der Grassilierung und Carry over in ausgewählte Körpergewebe von Ziegen ...... 82 O. Steinhöfel, M. Spolders, A. Simon, H. Schafft, B. Fröhlich, J. Zentek Hepcidin – Regulator der Eisenhomöostase und seine Bedeutung in der Entzündungsreaktion ...... 84 Esther Humann-Ziehank 5

Selenstatus bei Rindern in Europa und der Trend der letzten Jahre mit Blick voraus ...... 86 Anja Müller, B. Freude Beurteilung der Schwefelversorgung von Milchkühen ...... 88 K. Wall, A. E. Müller, A. Roder, R. Staufenbiel Beurteilung der Molybdänversorgung von Milchkühen ...... 90 F. Wiese, F. Ebert, A. Roder, A. E. Müller, R. Staufenbiel Vitamin-D-Versorgung bei Neuweltkameliden–Verlaufsstudie einer gezielten Substitution . 92 H. Wagner, M. Medenwaldt, M. Schepers, A. Wehrend Stellungsanomalien an den Gliedmaßen bei Neuweltkameliden – Fälle für die Labor- diagnostik? ...... 95 M. Kaiser et al. Cortisolkonzentrationen bei Deutsch Holstein Kühen vor, während und nach der Klauen- behandlung im Durchtreibestand – Eignung verschiedener Substrate ...... 96 M. Reckardt et al. Saure Belastungen – wie (weit?) kann der Pansen kompensieren?...... 97 G. Gäbel Telemetrische pH-Wert- und Temperatur-Messungen im Vormagen von Rindern – Einsatz- möglichkeiten in der Bestandsbetreuung und Präventivmedizin ...... 102 J. Gasteiner, T. Guggenberger, A. Steinwidder Ergebnisse permanenter pH-Messungen im Pansen ...... 110 N. N. Jonsson, J. L. Kleen, M. Denwood „Frisst die Kuh oder nicht“ – klinische Auswirkungen auf den Pansenstoffwechsel ...... 113 M. Höltershinken Peripartaler Säure-Basen-Status bei niedersächsischen Holstein Friesian – Milchkühen ..... 115 J. Krikcziokat, Th. Wittek, M. Fürll ER-Stress – Bedeutung und Beeinflussung ...... 117 D. K. Geßner, K. Eder Metabolic Monitoring bei Milchkühen in den ersten 24 Stunden nach der Geburt und im frühen Puerperium ...... 119 S. Slosarkova, P. Fleischer, M. Skrivanek ...... 119 ER-Stress, Entzündungen, oxidativer Stress: Differenzierungen und Berücksichtigung im Stoffwechselmonitoring und in der Fütterung ...... 122 F. Menn Zusammenhang zwischen erhöhten Konzentrationen an freien Fettsäuren (NEFA) vor der Kalbung und peripartalen Erkrankungen in einem Milchviehbetrieb ...... 126 6

L. Pieper, R. Staufenbiel Auswirkungen einer postpartalen CLA-Supplementation auf Insulin-Response und Glukos- estoffwechsel bei Primapara der Rasse Deutsche Holstein C. Binici, E. Weber, U. Meyer, S. Dänicke, J. Rehage ...... 128 Diagnostik und Bekämpfung von Mykotoxikosen beim Rind ...... 130 S. Dänicke, Janine Winkler Möglichkeiten und Grenzen der Analyse von Mykotoxinen in biologischen Substraten beim Schwein ...... 137 R. Wein, J. Winkler, U. Brezina, W. Richardt, S. Dänicke Retro- und prospektive Auswertung labordiagnostischer Daten von Kälbern mit neonataler Diarrhoe im Zeitraum von 1998-2005 ...... 139 M. Sickinger, M. Blume, A. Wehrend Gesunde Kälber durch den Einsatz innovativer Schlauchbelüftungssysteme - vetsmarttube J. Neumayer, U. Reinicke ...... 141 Peripartaler Stoffwechsel und Nutzungsdauer bei Milchkühen ...... 146 St. Ackermann, L. Jäkel, G. Hädrich, J. Gottschalk, A. Einspanier, M. Fürll Bietet die Homöopathie eine Alternative in der Behandlung von Bestandserkrankungen? - Untersuchungsergebnisse am Beispiel der Mastitis bei Milchkühen ...... 148 F. Ebert, L. Pieper, R. Staufenbiel Einfluss einer ein- oder dreimaligen Erythromycinapplikation auf Milchleistung, Pansen- kontraktionen und Betahydroxybutyrat-Serumkonzentration nach laparoskopischer Reposi- tion des linksseitig verlagerten Labmagens ...... 150 M. Freick, S. Kevork, O. Passarge Orale L-Carnitin-Substitution bei Hochleistungskühen ...... 154 M. Glatz, M. Fürll Verhalten antioxidativer und ausgewählter Stoffwechselparameter bei gesunden Kälbern und Jungrindern ...... 156 D. Haser, M. Fürll Beurteilung der Anfälligkeit von Minischweinen zu diätinduziertem Diabetes mellitus Typ 2 und zu metabolischem Syndrom ...... 158 M. Rozkot, P. Klein, Gabriela Kubíčková, Iva Podhorná, Jana Matonohová, P. Daněk, J. Seifert Untersuchungen zum Einfluss von Arsen auf die Pansenfermentation (in vitro) und Carry over in tierisches Gewebe ...... 160 O. Steinhöfel, Jeannette Boguhn, M. Rodehutscord Selenium deficiency in beef and dairy calves ...... 163

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J. Illek Vitamin B12 im Blut bei Kühen mit gestörtem Energiestoffwechsel ...... 165 M. Fürll, K. Arndt, D. Goerigk Peripartaler Stoffwechsel- und Gesundheitsstatus sowie Fruchtbarkeit bei differenzierten Milchleistungen von SB-Kühen ...... 167 F. Heckel, G. Hädrich, L. Jäkel, M. Fürll Bedeutung der „Akute-Phasen-Reaktion“ (Haptoglobin) für fruchtbarkeitsrelevante Funktionen ...... 169 B. Fürll, G. Hädrich, F. Heckel, M. Fürll Antioxidative capacity, haptoglobin and TNFα in the mammary gland lymph and the blood from cows with acute mastitis ...... 171 J. Hagen, M. Fürll

Retinol-Bindungs-Protein4 (RBP4) und Dislocatio abomasi (DA) ...... 173 M. Fürll, J. Raila, L. Locher, B. Fürll Vergleichende Aspekte der mRNA-Expression im bovinen Fettgewebe unterschiedlicher Lokalisationen ...... 175 L. Zapfe, L. Locher, N. Klöting, M. Kern, M. Blüher, M. Fürll Wirkung eines tanninhaltigen Silierzusatzes auf die Nährstoffverdaulichkeit und den Energiegehalt von Weidelgras- und Luzernesilagen ...... 177 H. Kluth, H., Simone Roscher, O. Steinhöfel, Annette. Zeyner Untersuchungen zur korrelativen Beziehung der γ-Aminobuttersäure in Grassilagen zu ausgewählten N-haltigen Fraktionen ...... 178 Annette Zeyner, C. Kuhnitzsch, W. Richardt, O. Steinhöfel TGL 34313 Stoffwechselüberwachung in der Rinderproduktion ...... 180 TGL 35423 Stoffwechselüberwachung in Schweinezucht- und Mastanlagen ...... 189 Resümee zur Entwicklung der Stoffwechselüberwachung anlässlich der ...... 198 25. „Stoffwechseltagung“ im Jahr 2000 ...... 198 G. Furcht In memoriam ...... 202 In memoriam Heinrich Seidel (1935 bis 1982) ...... 203 Nachruf für Prof. Dr. med. vet. habil. Dr. h.c. Dr. h.c. Herbert Gürtler ...... 204 In memoriam Dr. sc. Günther Furcht (1937 – 2007) ...... 205 Nachruf für Prof. Dr. habil. Eberhard Grün ...... 206 Nachruf für Prof. Dr. habil. Norbert Rossow ...... 207

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Vorwort Nachdem die klassischen Infektionskrankheiten bei Nutztieren weitgehend getilgt sind, dominieren heute die sogenannten Produktionskrankheiten als Krankheits- und Merzungs- ursachen, besonders Fruchtbarkeitsstörungen und Mastitiden.

„Zu den Produktionskrankheiten zählen solche Störungen, die mit dem Management und der Zucht von Tieren in der intensiven Landwirtschaft zusammenhängen. Sie beinhalten nicht nur die metabolischen und fütterungsbedingten Erkrankungen, sondern auch die infektiösen und genetischen Störungen, für die die Tiere aufgrund der modernen landwirtschaftlichen Produk- tion prädisponiert sind. Das Auftreten von Produktionskrankheiten ist nicht nur aus ökonomi- scher Sicht bedeutend, sondern auch aus Sicht des Tierschutzes“ (N. Joshi, Th. H. Herd, Proc. 12th Int. Congr. Prod. Diseases, Michigan 2004).

Ein wichtiger Schlüssel für deren Bekämpfung ist die frühzeitige Erkennung von Belastungen und Störungen durch systematische Kontrolle des Gesundheitsstatus (Screening), damit beginnende Abweichungen „subklinisch“ noch vor dem Auftreten sichtbarer Leistungs- und Gesundheitsstörungen erkannt und so besser bekämpft werden können. So werden wirksamere Prophylaxe und damit die bessere Verhütung von Krankheiten, die Reduzierung des Arzneimitteleinsatzes, insbesondere von Antibiotika, die Verlängerung der Nutzungs- dauer bei Milchkühen, die Gewährleistung von Tierschutz und Tierwohl in den Ställen sowie die Sicherung qualitativ hochwertiger Lebensmittel zu Verbraucher- und Umweltschutz bes- ser gelingen.

Vergleichbar der Humanmedizin verfügen Tierärzte über die modernsten Methoden zur Gesundheitskontrolle bei überschaubaren Kosten. Grundkenntnisse über die Ursachen von Krankheiten, ihrer frühzeitige Erkennung sowie Möglichkeiten zur wirksamen Bekämpfung gestatten es, die Tiergesundheit sicherer zu machen. Bei vertrauensvoller, interdisziplinärer, naturwissenschaftlich fundierter Zusammenarbeit, insbesondere zwischen Landwirten und Tierärzten, sind spürbare Fortschritte möglich, - das fordert heraus zu „Zukunft gestalten“!

Damit werden wir den Gedanken von Albert Schweizer nach der ‚Ehrfurcht vor dem Leben’ besser gerecht: „Ich rufe die Menschheit auf zur Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben. Diese Ethik macht keinen Unterschied zwischen wertvollerem und weniger wertvollem, höherem und niederem Leben. Sie lehnt eine solche Unterscheidung ab.“ Als gut gilt ihm: „Leben erhalten, Leben fördern, entwickelbares Leben auf seinen höchsten Wert bringen“; als böse: „Leben vernichten, Leben schädigen, entwickelbares Leben niederhalten.“ (Vortrag in der Französischen Akademie der Wissenschaften, 20. Oktober 1952, Union Verlag, Berlin 1967).

Verbinden wir tagtäglich diese Gedanken der ‚Ehrfurcht vor dem Leben’ mit der Sorge auch und gerade für die uns anvertrauten Herdentiere.

Leipzig, im Juni 2015 Manfred Fürll 9

Grundlagen und Entwicklung des „Metabolic Monitoring“ bei Kühen

M. Fürll

Medizinische Tierklink Leipzig; [email protected]

1. Von den Anfängen Es ist schwierig, sicher auch müßig, nach der Inauguration der Stoffwechselkontrolle bzw. -überwachung zu fragen: schon ca. 100 Jahre zurück findet man Hinweise auf die ‚Nützlichkeit labordiagnostischer Untersuchungen zur Diagnostik und Frühdiagnostik‘ (Schmidt und Scheunert 1919). Eine neue Qualität entwickelte sich in den 1960ger Jahren durch zwar immer noch manuelle, aber erheblich verbesserte labordiagnostische Möglichkeiten mit höherem Probendurchsatz, durch bessere pathophysiologische Kenntnisse über Stoffwechselursachen von Herdenkrank- heiten sowie durch die Haltung von Nutztieren in größeren Herden und die damit verbunden Notwendigkeit der Früherkennung von Störungen. Die Aufklärung der Weidetetanie ermög- lichte z. B. gleichzeitig präventive Kontrollen zur Versorgungs- sowie Gefährdungslage (Stephan et al. 1966). Sommer und Marx (1969) zeigten, dass GOT-, LDH-, Bilirubin-, Cholesterol- und Glucose-Veränderungen während der Trockenstehphase auf Fruchtbarkeits- störungen post partum (p.p.) hinweisen, desgleichen Rook (1969). Mit Untersuchungen zur Ätiologie der Eisenmangelanämie verbanden Richter und Gürtler (1969) sowie Gürtler und Schützler (1971) die Entwicklung eines einfachen „On farm diagnostic“ Testes. Rossow et al. (1966 a,b, 1967, 1968) publizierten einen klinisch-chemischen und histologischen Leberdia- gnostikstandard einschließlich der subklinischen Ketose, der noch heute Bestand hat. Die systematische „Überwachung der Gesundheit des Rindes mit Hilfe klinisch-chemischer Untersuchungsmethoden“ empfahl Sommer (1969). Payne et al. (1970) beschrieben „The use of a metabolic profile test in dairy herds”, allerdings ohne Ketonkörper, den sie als „modern preventive medicin“ einordneten. Rowlands und Pocock (1971) sowie Beseda und Vál'ka (1977) sprachen sich für die Nutzung von Computern zur Diagnose von Stoffwechselproble- men aus. Rossow (1970) sowie Rossow et al. (1970 a,b) publizierten die „Grundlagen der Tierproduktionskontrolle“, nötige „Management, Informations- und Steuerungssystem für moderne Tierproduktion“ sowie die Notwendigkeit einer systematischen „Prävention“. In der- selben Zeit wurden weitere Gedanken und Erfahrungen zur systematischen Stoffwechselkon- trolle publiziert (Scherabin 1965, Bokori und Karsai 1969, Lebeda und Bouda 1971, Lott- hammer et al. 1971, Wujanz und Lachmann 1972, Cakala und Bieniek 1975, Baumgartner 1977, Brydl und Holló 1977, Jagos et al. 1978, Furtmayr et al. 1978, Lee et al. 1978, Rakalsa et al. 1978, Slanina und Beseda 1979, Haraszti et al. 1980). 2. Entwicklung und Kernpunkte der Stoffwechselkontrolle bis zur TGL 34313 Furcht (2000) charakterisierte die Entwicklung zu Beginn der 70er Jahre wie folgt: „Die Stoffwechselüberwachung großer Herden war aus aktuellem Geschehen Mitte der siebziger

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Jahre zur Sicherung und Kontrolle der intensiven Produktion notwendig geworden. Sie war immer sehr komplex gesehen worden: Aus Produktionsdaten, veterinärmedizinischen anam- nestischen Erhebungen, Fütterungsdaten und Stoffwechseluntersuchungen mit klinisch- chemischen Methoden sollten schnell und praxisrelevant Schlussfolgerungen für die weitere Optimierung der Produktion oder zur Behebung bzw./und Erkennung von Störfaktoren gezogen werden. Die Grundgedanken für eine machbare, komplexe Bestandsuntersuchung wurde insbesondere von unserem unvergessenen Toni Seidel und der Berliner und Leipziger Schule Mitte der siebziger Jahre entwickelt.“ Dies spiegelt sich in Publikationen wider, die in den Monatsheften für Veterinärmedizin (Mh. Vet. Med.) in dieser Zeit erschienen (Tab. 1).

Tab. 1: Artikel in den Mh. Vet. Med. zur Stoffwechselüberwachung Anfang der 70er Jahre

Autoren Titel Jahr Seiten Rossow N, Schäfer M, Stoffwechselüberwachung in Anlagen der industriemäßi- 1973 Le Minh Chi, Bethe W gen Milchproduktion 28 89-94 Schäfer M Zur Problematik der „subklinischen Erkrankungen“ am Beispiel 1976 262- der Ketose bei Milchkühen 31 265 Gürtler H Zur Absicherung industriemäßiger Milchproduktionsanlagen 481- gegen-über Stoffwechselkrankheiten durch klinisch-chemische 486 Untersuchungsmethoden Rossow N, Beier D, Betke W, Dudzus M, Ge- Ergebnisse von Stoffwechselun- risch V, Le minh Chi, Kirchner K, Kreuzberg tersuchungen in Anlagen der in- 486- HJ, Launer P, Mehnert E, Sachse K, Schäfer M, dustriemäßigen Milchproduktion 491 Willer H, Wujanz G Seidel H, Zu Problematik der Stoffwechselüberwachung von Milchkühen in 491- 1976 493 Ehrentraut W industriemäßig produzierenden Anlagen aus der Sicht eines Bezirksinstituts für Veterinärwesen 31 Furcht G Zur Rationalisierung klinisch-chemischer Untersuchungs- 494- methoden in veterinärmedizinischen Eichrichtungen 496 Willer H, Rossow Stichprobenplanung in der Stoffwechselüberwachung von Milch- 497- N, Dudzus M viehherden 502 Sachse K, Zur Organisation der Stoffwechselüberwachung in einer 2000er 503- Wujanz G Milchviehanlage 505 Schäfer M, Zum Vorkommen der Ketose in unsren Milchviehbeständen 505- Bethge W 508 Stephan V, Untersuchungen zum Vorkommen, zur Pathogenese und zur Pro- 508- Gürtler H phylaxe der Weidetetanie des Rindes 512 Völker H, Furcht Vorstellungen zur kontinuierlichen Stoffwechselüberwachung im 161- G, Pohlann R Rahmen der Gesundheits- und Leistungskontrolle beim Schwein 164 Furcht G, Moderne Methoden der Stoffwechseldiagnostik 1978 784- Grätsch U 33 787 Hacker U, Möglichkeiten der Frühdiagnose von Stoffwechselstörungen bei 361- Siering W Milchkühen während der Trächtigkeit und nach dem Abkalben 1979 364 Launer P, Untersuchungen zur Diagnostik des Natrium mangels bei Kühen 34 364- Storm R 372 Unter Leitung von W. Ehrentraut und H. Seidel (Leit-BIV Rostock) sowie G. Furcht (IaT Eberswalde) arbeiteten die Stoffwechselabteilungen der einzelnen BIV’s der Bezirke gemein- sam an der systematischen Erforschung und Erprobung der sinnvollsten Methoden. In einer Stoffwechselabteilung waren 10 bis 15 Fachkräfte tätig, darunter ein leitender Tierarzt, ein Diplomchemiker sowie ein Diplomlandwirt (Tab. 2). Bei ein- bis zweimaligen Beratungen/ Jahr wurden Forschungsvorhaben (Auszug - Tab. 2) begründet, finanzielle Mittel vergeben sowie Zwischen- und Abschlussberichte verteidigt. Zur Routine gehörten jeweils die Berichte über die Anzahl der Untersuchungen und die dabei ermittelte Stoffwechselmorbidität.

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Tab. 2: Mitarbeiter in den Abteilungen Stoffwechselüberwachung/Toxikologie an den Bezirksinstituten für Veterinärwesen (BIV§; alphabetisch) im Zeitraum 1970 bis 1990 sowie ausgewählte Forschungsprojekte (*Habilarbeiten) BIV/Bezirk Mitarbeiter Forschungsprojekte# Berlin: Prof. Dr. habil. N. Rossow, Leberpathophysiologie*; Energie-Fett-Stoffwechsel bei Sektion Tier- Prof. Dr. habil. R. Staufenbiel Rind + Schwein; Stoffwechselscreening bei Rindern; Fett- produktion/ Prof. Dr. habil. E. Uecker gewebsanalytik bei Kühen*; Nutzung von Milchleistungs- Veterinäme- Dr. U. Jacobi; Dr. R. Fichtner daten in der Herdenüberwachung; Pansenazidose/Ben- dizin Dr. D. Dargel tonit; Osteopathien bei Mastbullen und Mastlämmern Cottbus Dr. G. Thiemann Methodenerarbeitung: Ketonkörper im Serum, Lactat im Pansensaft, ß-Carotin photometrisch; Ketose- Pathophysiologie Dresden Dr. habil. P. Launer Na-K-Pathophysiologie beim Rind; Biostatistik und Referenzwertermittlung bei Rindern + Schafen + Schweinen; Spurenelement-Schwermetall-Belastungen*, Azidosebedingte Osteopathien bei Zuchtbullen; Eberswalde: Dr. habil. G. Furcht, Dr. U. Referenzwerte bei Rind + Schwein; Institut für Grätsch, Dr. habil. U. Bünger, Dr. Stallschnellteste Rind + Schwein (Stoffwechselkoffer); angewandte habil. M. Steinhardt, Dr. habil. G. Fe-Versorgung/Anämie beim Kalb*; Stressreaktionen*, Tierhygiene Schlenker Schweineernährung Erfurt Dr. V. Gerisch, Dr. D. Müller, Osteopathien bei Rindern Jena Dr. U. Lober, Dipl.Ing. E. Kolarow Stoffwechselscreening Frankfurt/ O Dr. Simon, DC Schmoranzer Referenzwerte beim Geflügel Gera Dr. habil. H.-D. Heidrich Leberpathophysiologie/FMS Dr. D. Geinitz Stoffwechselscreening bei Rindern* Halle Dr. D. Lange; Dr. St. Krippner, Dr. Referenzwerte bei Rind + Schwein F. Pfeiffer Karl-Marx- Dr. W. Deckert Leberpathophysiologie/FMS Stadt Stoffwechselscreening bei Rindern Leipzig: Prof. Dr. habil. H. Gürtler; Prof. Dr. Fe-Mangelanämie-Ferkel*; Gebärparese-Pathophysiologie; Sektion Tier- habil. E. Grün; Prof. Dr. habil. M. Energie-Fettstoffwechsel bei Schwein* + Rind; produktion/ Schäfer; Prof. Dr. habil. G. Lach- Enzymdiagnostik bei Tieren*; Pansenazidose- Veterinärme mann; Prof. Dr. habil. M. Fürll, Dr. Pathophysiologie*; Leberpathophysiologie*; dizin R. Lippmann, DC H. Kirbach Stoffwechselscreening bei Rind + Schaf + Pferd Magdeburg/ Dr. Klaus Jonas Spurenelementmangel-Diagnostik Stendal Neubranden Dr. Sander; Dr. Kirchner Referenzwerte bei Rind + Schwein burg Dr. O. Schulz Potsdam; Dr. Baumgartner, Dr. Zorn Vitamin-A-Stoffwechsel* Wuster- hausen Dr. D. Baier Osteopathien bei Rindern Rostock Dr. habil. W. Ehrentraut; Dr. habil. Referenzwerte bei Rind + Schwein; Gebärparesediagno- (Leit-BIV) H. Seidel; Dr. E. Mehnert, Dr. stik/Differentialdiagnostik; Leberpathophysiologie/FMS; Enke, Dr. Blauärmel, Dr. C. Wolf Spurenelementmangel-Diagnostik; Eiweiß-Analytik Schwerin Dr. A. Kron, DC Haselein Referenzwerte bei Rind + Schwein Suhl Dr. habil. Körber, DC Majohr Jod-Stoffwechsel bei Rindern*

§Die BIV gingen 1968/69 aus den Veterinäruntersuchungs- und Tiergesundheitsämtern sowie Bezirkstierkliniken hervor; sie wurden Ende 1991 aufgelöst; Nachfolger sind seit 1992 mehrheitlich die Landesuntersuchungsanstalten für das Gesundheits- und Veterinärwesen (LUA). #An der Erarbeitung der Stoffwechsel-TGL Rind, - Schaf, - Schwein und Pferd und deren praktischer Erprobung waren alle BIV-Abteilungen in den Bezirken beteiligt. 12

Bei jeder „Stoffwechseltagung“ fanden gleichzeitig Trainingskurse zur Vereinheitlichung und Einarbeitung in Laboranalysen statt. Außerdem wurden regelmäßig Labor-Enquetes durchgeführt und offen ausgewertet. Der systematische Kenntniszuwachs wurde in der „Stoffwechsel-TGL 34313“ (Anhang) dokumentiert. Diese gliederte sich in: 1) Termini und Definitionen, 2) Symbole und Abkürzungen, 3) allgemeine Forderungen sowie 4) Durchführung von Stoffwechselüberwachungen - weiter untersetzt mit Bestandsanalyse, klinisch-chemische Untersuchungen: Tierauswahl, Entnahme, Aufbereitung, Aufbewahrung und Transport, Untersuchungsspektrum/Indikationen, Richtwerte/Referenzwerte für klinisch-chemische Kenngrößen, Bewertung klinisch-chemischer Analysen) und Morbiditätsstatistik (Anhang).

Sie basierte konsequent auf dem SI-System für Maßeinheiten und Fachtermini. Die Stoffwechselscreenings konzentrierten sich auf die 2000er Milchviehanlagen, später auch auf die 1000er, mit vierteljährlichen Kontrollen. Den Probenumfang im Jenaer Stoff- wechsellabor zeigt Abb. 1 (Lober 2005) mit z.B. 1987 ca. 11000 Harn- und Blutproben aus 40

Beständen und 700 Leistungsgruppen.

Anzahl Bestände u. Leistungsgruppen Anzahl Proben 1600 18000

1400 16000

14000 1200

12000 1000 Bestände 10000 800 8000 Leistungs- gruppen 600 6000 Blut- und 400 Harnproben 4000 200 2000

0 0 1982 1990 1991 1995 1996 1997 2001 2002 2003 2004

Abb. 1: Probenumfang im Jenaer Stoffwechsellabor 1982 bis 2004 (Lober 2005)

Die besonders von Gürtler (1976) postulierten theoretischen Grundsätze und von den BIVs landesweit in den ersten Jahren gesammelten praktischen Erfahrungen (Rossow et al. 1976) bestätigten den hohen Informationsgewinn durch das Screeningsystem zur Optimierung der Milchrindhaltung. Kernpunkte, die sich in der praktischen Arbeit heraus kristallisierten, sind in Tab. 3 zusammengefasst. Informativster Kontrollzeitraum ist die erste Woche p.p. resp. 2-4 d p.p. Die Resultate reflektieren einen „praktischen Stresstest“ zu Management der Trockenstehperiode, 13

Geburtsstress und Morbiditätsrisiken (Infertilität!) in der Frühlaktation! Sie ermöglichen Tierarzt und Tierhalter ein ad hoc Eingreifen, um subklinischen Störungen und deren weitere Ausprägung in der Frühlaktation im Sinne wirksamer Präventive entgegenzuwirken. Voraussetzung ist, dass man keine kranken als Kontrollkühe nimmt. Kranke Kühe zeigen die Erscheinungen der jeweiligen Krankheit, aber nicht bestandsdiagnostisch Belastungen durch Fütterung oder andere Managementfehler an. Anhand der in den TGL 34313 von 1977 (Fürll 1982) sowie von 1988 (Anhang) ausgewiesenen Labor-Parameter und Problemkreise werden die erhebliche Verfeinerung der diagnostischen Möglichkeiten sowie das gewachsene Wissen zu den Produktionskrankheiten deutlich. Wurden 1977 neun Problemkreise (Gebärparese bis Intoxikationen) ohne verschie- dene Altersgruppen mit 25 Parametern aufgeführt, so waren es 1988 14 Problemkreise mit ca. 35 Parametern mit definierten Referenzwerten zu verschiedenen Altersgruppen. Eine grundlegende Erfahrung lehrt: ohne gewissenhafte Auswertung und entsprechende sachgerechte Umsetzung in den Betrieben sind alle Screening-Untersuchungen wertlos. In den TGL sind die Notwendigkeit und Details der gewissenhaften Betriebsanamnese zu „Produktionsorganisation und –ergebnissen“, zu „Fütterung und Rationskenndaten“, zu „Veterinärmedizinischen Kennwerten“ sowie die Produktionsoptimierung durch entsprechende Prophylaxe betont. Was innerhalb von drei Tagen nicht erfolgt, passiert nie (Krömker 2011).

Tab. 3: Kernpunkte der Stoffwechselüberwachung (Fürll 2013) Varianten der a) periodisch systematischer Screening zur Früherkennung von Störungen Stoffwechsel- b) Phasen besonderer Gefährdung (z.B. Futterumstellungen) kontrollen c) Abklärung von Bestandsproblemen Kontroll- Phasen höchster metabolischer Belastung: zeiträume - 1-2 Wochen a.p.: Lipolyse schon a.p.? Zwillingsträchtigkeit? - 2-4 Tage p.p.: Management der Trockenstehperiode, Geburtsstress, Morbiditätsrisiken (Infertilität!) in der Frühlaktation? - 2-8 Wochen p.p.: hpts. Energiedefizit p.p.? gleichzeitig Schwerpunktzeiten für Pro- und Metaphylaxe-Maßnahmen Kontrollkühe randomisiert, maximal 10 gesunde Kühe (keine kranken!) einer Leistungsgruppe (= Indikatortiere) z. Z. besonderer Belastungen Parameter- differenziert, problemorientiert hpts.: FFS, Bilirubin, BHB, Harnstoff, Cholesterol, auswahl CK, Se, Cu, ß-Carotin, Glucose, GGT,GLDH, (fraktionierte) NSBA-, Na-K/Harn Referenzwerte dominat sind Laktationsphasen, - Rasse-Betriebs-Leistungsdifferenzen sind gering Auswertung/ streng nach echten Referenzwerten (Kontroll-, Toleranzgrenzen) Rückkoppe- lung Einzeltier-, Gruppen-, Bestandsbewertung/-diagnosen-Managementmaßnahmen

Das bis Mitte der 70er Jahre erarbeitete Wissen ist in den Sonderheften „Tierhygiene-Infor- mation, IaT Eberswalde, 1976 und 1978 sowie, in erweiterter Form 1987, umfassend doku- mentiert (Abb. 2) und besitzt auch heute eine uneingeschränkte Aktualität. Dazu zählt auch das Sonderheft „10 Jahre Bezirksinstitut für Veterinärwesen Rostock, IaT Eberswalde, 1978.

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Eine leichter zugängliche, ausführliche Übersicht ist im Kapitel „Stoffwechselüberwachung“ von Rossow, Jacobi, Slanina, Furcht und Schäfer zu Rindern, Schafe, Schweinen, Pferden und Kleintieren im Lehrbuch „Innere Krankheiten der Haustiere“, Rossow N und Horvath Z (Hrsg.), G. Fischer Verlag Jena, 1988, beschrieben.

Abb. 2: Übersichten zur „Stoffwechselkontrolle und-prophylaxe bei Rind und Schwein“ in den Sonderheften „Tierhygiene-Information, IaT Eberswalde, 1976, 1978, 1987 sowie Berich- te der Humboldt-Universität, Berlin 1987, zum Energie- und Fettstoffwechsel des Rindes

Die Tätigkeit der Arbeitsgruppe „Stoffwechselüberwachung/Toxikologie“ an den BIV endete 1990 mit der 20. Tagung in Leipzig. In den folgenden Jahren fanden in modifizierter Form „Labortagungen“ als „Labordiagnostik in der Bestandsbetreuung“ in Leipzig statt. Sie sind unter http://www.vetmed.uni-leipzig.de/ik/wmedizin/labor/laborfortbildung.htm dokumentiert. Der von Rossow, Gürtler & Co. begründete Grundgedanke der Stoffwechsel- überwachung als Grundlage und erster notwendiger Schritt für systematische Präventive wurde dabei inhaltlich weitergeführt und ist in aktueller Form im Kapitel „Spezielle Untersuchungen beim Wiederkäuer“, von M. Fürll, in: Moritz, A. (Hrsg.) Klinische Labordia- gnostik in der Tiermedizin, Schattauer Verlag, 2013, 7. Aufl., 726-777, nachzulesen. 3. Entwicklung nach 1990 – Potential zur Gesundheitsstabilisierung Am Ende der 70er und in den 80er Jahre nahmen die Publikationen zu Stoffwechselkon- trollen und -überwachung im Rahmen der Bestandsbetreuung weltweit stark zu. Besonders beeindruckend ist die qualitative Vertiefung pathophysiologischer Kenntnisse zum Energie- Fett-Leber- sowie zum Pansen-Säure-Basen-Stoffwechsel. Herdendiagnostisch besonders bedeutend waren die Etablierung der Körperkonditionsbeur- teilung anhand der Rückenfettdicken- (RFD) Messung (Staufenbiel et al. 1989, 1993 a,b, Klawuhn und Staufenbiel 1997,1998) sowie der Milchanalytik (Farries 1983, Meyer et al. 1984, Lemke et al. 1985, Staufenbiel et al. 1989, Steen et al. 1996) zur Bewertung des Energiestoffwechsels. 15

Labormethodisch ermöglichten die automatisierte Serienanalytik der Ketonkörper (ß-Hy- droxy-Butyrat), der Freien Fettsäuren (FFS) sowie weiterer Parameter deren breite Nutzung zur Stoffwechselkontrolle in der Rinderpraxis. Durch gepoolte Serum- und Harn-Proben wurde bei guter herdendiagnostischer Aussage eine Reduzierung des Kostenaufwandes möglich (Van Saun 1997, 2005, 2008, Lehwenich 1999, Borchardt und Staufenbiel 2012). Zu den wesentlichen Fortschritten ist auch die Einführung der elektronischen „Herdenma- nager“ zu rechnen, die wesentlich zur Managementoptimierung beitragen (Feuker 2004).

3.1 Was ist „gesund“ Laut WHO wird „gesund“ definiert als Zustand körperlichen und geistigen Wohlbefindens und somit Nichtbeeinträchtigung durch eine Krankheit; bei Nutztieren ist die optimale Leistungsfähigkeit hinzuzurechnen. Die mathematische Beschreibung einzelner Parameter erfolgt mit dem 95%-Konfidenzbereich einer gesunden Population. Bei den von Willer et al. (1976) eingeführten Kontroll- und Toleranzgrenzen wird für gesunde Tiere ein Bereich von annähernd x̅ ± 0,5 s bzw. x̅ ± s zugrunde gelegt und damit eine strengere Bewertung Gesunder vorgenommen. Das mathematische Vorgehen ist eine Seite, die andere wichtige sind die Anforderungen an die Tiere hinsichtlich Gesundheitsstatus. Tab. 3 beinhaltet drei Varianten a) klinisch gesund, b) keine Krankheiten in der Frühlaktation und erfolgreiche Erstbesamung sowie c) keine Krankheiten in der Frühlaktation und immer Leukozytenzahlen < 10 G/l. Tab. 3: Grenzwerte für FFS-Konzentrationen gesunder Kühe bei verschiedenen Konditionen n Status Milch kg/a a.p. 1 Wo p.p. > 1 Wo p.p.

Fürll 23 „gesund“ in Früh- 1989 laktation 4500 < 108 < 336 1-2 Wo p.p. Teufel gesund in Frühlakta- 1998 14 tion; Konzeption bei 8121 < 260 2 Wo p.p. < 510 4 Wo p.p. < 100 1. Besamung Wilken 40 gesund in Frühlak- 2003 tation; Leukozyten > 8750 < 150 < 620 < 340 ≤ 10 G/l Hädrich 50 streng „gesund“ in 8950 < 150 < 700 < 350 2007 Frühlaktation Der FFS-Konzentrationen variieren hpts. a.p. und eine Woche p.p.; der Unterschied bei verschiedenem Leistungsniveau ist unerheblich. Durch Limitierung auf Kühe mit < 10 G/l Leukozyten werden offensichtlich Stress- und Entzündungs- (Zytokin) Belastungen begrenzt. Abb. 2 macht deutlich, dass die Kühe mit den höchsten Milchleistungen die niedrigsten FFS- und BHB-Konzentrationen im Laktationsverlauf haben; BHB ist ohne Auslenkungen p.p. Mit strengerer, biologisch begründeter Grenzwertbemessung werden subklinische Abweichungen und Gefahren früher erkannt und damit bessere Möglichkeiten zum prophylaktischen Einwirken von Tierarzt und Tierhalter gegeben.

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F F A (µmol/l Serum) (A/B) ß-0H-Butyrat (mmol/l Serum (A/B) 500 1,20 450 400 1,00 350 0,80 300 250 0,60 200 0,40 150 100 0,20 -2 1 2 3 4 8 12 16 W -2 1 2 3 4 8 12 16 W p.p. p.p. 5,5-7.0 T/a 7.1-8.5T/a 8.0-8,75T/a >8.75T/a 5,5-7.0 T/a 7.1-8.5T/a 8.0-8,75T/a >8.75T/a

Abb. 3: FFS- und ß-0H-Butyrat-Konzentrationen (Mediane) gesunder Kühe mit < 10 G/l Leu- kozyten aus zwei Betrieben A (5,5 bis 8,5 T kg/Jahr) und B (8,0 bis >8,75 T kg/Jahr) mit unterschiedlicher Milchleistung (Wilken 2003)

3.2 Frühdiagnostische Fortschritte zur Gesundheitskontrolle bei Kühen Die Tierärzte verfügen, vergleichbar der Humanmedizin, grundsätzlich über die modernsten Methoden zur Gesundheitskontrolle an Tieren bei überschaubaren Kosten. Gezielt eingesetzt ermöglichen sie schon bei Trockenstehern, Krankheitsrisiken p.p. zu erkennen (Tab. 4).

Tab. 4: Parameter zur besseren Frühdiagnostik von Herdenkrankheiten

Parameter Bedeutung Herdendiagnose Literatur CK gesamt akute Endometritiden nutzbar Sattler und Fürll 2004 AP gesamt Gebärparese-Frühdiagnose nutzbar Eckermann NSBA/Harn Gebärparese-Frühdiagnose nutzbar Hörrügel 1998 Cholesterol Laktationsdynamik nutzbar Fürll 2013 Haptoglobin Entzündungs-,Stresseinflüsse nutzbar Hagen et al. 2010/11 Ser-Amyloid A Entzündungs-,Stresseinflüsse nutzbar Teufel 1998 TNFα sensibler Indikator a.p. für nutzbar Fürll et al. 2008, 2015 Produktionskrankheiten p.p. Heilig et al. 2013, 2014 IGF1 Energie-Fertilität-Status nutzbar Goerigk et al. 2010/11 RQUICKI Insulinresistenz nutzbar Goerigk et al. 2010/11 TEAC Antioxidativer Status nutzbar Wilken 2003, Haser et al. 2014, 2015 SOD Antioxidativer Status nutzbar Fürll et al. 2004 ADH hämorrh. Enteritiden nutzbar Fürll et al. 2014 D-Dimere Thrombosen nutzbar Wittek et al. 2010 CK Isoenzyme Organlokalisation method. Optim. Nauruschat und Fürll (Labmagen, Uterus, 2004 Muskulatur) AP-Isoenzyme Darm, Leber, Knochen, method. Optim. Timm 2008 Carnitin- sensibler Energie-Indikator method. Optim. Teufel 1998 fraktionen Citil et al. RBP4 Indikator viszerales für Fett method. Optim. Fürll et al. 2010 Lipoprotein- ↓/↑ Fettstoffwechsel- method. Optim. Setz 2000 fraktionen störungen Kastner 2002 ACL, ACW Antioxidativer Status method. Optim. Gieseler 2011 Endotoxine Endotoxämien method. Optim Kastner 2002, Wittek Phagozytose Immunstatus et al. 2004, Pevec 2007

An der MTK Leipzig wurden bei Kühen verschiedene „neue“ Parameter auf ihren früh- diagnostischen Wert getestet (Tab. 4): so weist niedrige AP a.p. mit hoher Sicherheit auf ein

17 hohes Gebärpareserisiko hin; a.p. erhöhte TNFα-Konzentrationen lassen entzündliche Produktionskrankheiten p.p. erwarten; a.p. erhöhtes RBP4 korreliert mit dem viszeralen Bauchfett und der Inzidenz von Labmagenverlagerungen p.p.; dieK C informiert in den ersten 3 Wochen p.p. über Vorkommen und Schweregrad von Endometritiden. Diese Methoden sind entweder ad hoc nutzbar oder bedürfen methodischer Optimierung für die Einzel- bzw. Serienanalytik. Der über odds ratio geprüfte sicherste Kontrollzeitraum ist der 2. - 4. Tag p.p. (Schwartau 2011). Sinnvolle Parameterkombinationen können den Aussagewert erhöhen (Tab. 5). Dies entsprich der unbedingt notwendigen “ganzheitliche Analyse".

Tab. 5: Möglichkeiten zur Frühdiagnostik von Produktionskrankheiten (Hädrich 2007, Schwartau 2011, Fürll 2013)

Ovarzysten Endometritis Mastitis Laminitis LMV GP FFS + + + + +++ - BHB + ++ + + ++ - Glucose + + - + + - IGF1 +++ - - +++ - - Insulin/RQUCKI + - - - - - CK - +++ - - ++ - TEAC - +++ +++ - - - Haptoglobin - - - + - - Bilirubin - - - - + - AP - - + - - +++ NSBA - - - - - + Bei Problemanalysen sind die Vielfalt und zeitliche Variation potentieller Störfaktoren zu beachten; zum Fruchtbarkeitscheck gehört z.B. die Prüfung des Energie- und Protein-Stoff- wechsels, des Säure-Basen-Haushaltes, der Mineralstoffe und Spurenelemente, von Vitami- nen sowie Antioxidantien; ggfls. sind weitere Störmöglichkeiten zu berücksichtigen (Tab. 6).

Tab. 6: Parameter und optimale Zeiten für den jährlichen Fruchtbarkeitscheck

Kontrollwochen Parameter in Blut [Serum] (B), Harn (H) Problemkreis 1 a.p. 1 p.p. 2-8 p.p. oder Haaren (Ha) Energie x x x FFS, BHB, Cholesterol, Bilirubin (B) Protein x x Harnstoff, Protein (Albumin) (B) Leberstoffwechsel x x x GLDH, GGT, AST (B) Uterus x x x CK (B) S B H x x K, NSBA, pH-Wert, Pi, Ca: (H) Mineralstoffe x x x Ca , Pi (B, H) x x Na, K (H) Spurenelemente x Se (B), GPX (Voll-B), Cu (B, Ha), Zn (Ha), Mn (Voll-B, Ha), AP (B), J (B, Ha) ß-Carotin x ß-Carotin (B, L) Vitamin E, -C, -A x Vitamin E, -C, -A Vit. A (B, L) Antioxidantien x TEAC, (ACW, ACL) (B) Phytoöstrogene, Pilzinfektionen, strumigene Substanzen, Mutterkornalkaloide, Giftpflanzen

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4. Möglichkeiten zu besserer Gesundheit, Nutzungsdauer und stabiler Leistung Hier tut sich ein großer Fragenkatalog auf, wo nur ehrliche Antworten weiter helfen. - Können wir eine spürbare Verbesserung der Nutzungsdauer verzeichnen? - Haben wir mit dem aktuellen „Instrumenten“ in den letzten Jahren Fortschritte erzielt? - Was sagen die praktizierten Milch- und Konditionskontrollen als Gesundheitscheck aus? - Wie gut funktioniert die fachspezifische Verflechtung im Produktionsprozess? - Haben wir auf erkannte Probleme ausreichende bzw. befriedigende Antworten? Die Antworten können bei stagnierender Nutzungsdauer nicht sonderlich positiv ausfallen. Rossow et al. (1973) begründeten die Notwendigkeit von Stoffwechselkontrollen mit den Worten: „Berechnungen des Bedarfs aufgrund von Tabellen sind infolge der (…) Qualitätsschwankungen der eingesetzten Futtermittel (…) nur annähernd in der Lage, Stoffwechsel- und Mangelkrankheiten zu verhüten. (…) Auch spiegeln Futtermittelanalysen die tatsächlichen Verhältnisse (…) nur annähernd wider.“ Auch gegenwärtig ist die Kontrolle an Tieren die geeignete Methode zur Optimierung der Milchproduktion durch Ursachenanalyse und abgeleitete Prävention. Blutanalysen erscheinen zwar aufwendiger, haben aber gegenüber der Milchanalytik eine Reihe wichtiger Vorteile (Tab. 7). Die dazu oft gestellte Kostenfrage erübrigt sich, wenn man ihr die Reduzierung direkter Tierverluste und den Erhalt von Laktationen gegenüber stellt.

Tab. 7: Informationsdefizite bei Milch-, Informationsgewinn bei Blut-Harn-Untersuchungen Was die Milch n i c h t kann „Blut“ und Harn können m e h r Aussagen inTrockenstehperiode ∆ Energie a.p. Aussagen in Kolostralperiode stark begrenzt Geburtsbelastungen (APR) Aussagen zu Entzündungsdiagnostik begrenzt ∆ Energie 1. Woche p. p. Aussagen zu Säure-Basen-Haushalt (SHZ ?) Zustand des Uterus - CK Aussagen zu Vitaminen, Spurenelemente u. a. differenziert Darmfunktion (Cholesterol) stark begrenzt NSBA – S B H - Pansenstoffwechsel

Auch heute gilt: „Die Sicherung der Herdengesundheit durch frühdiagnostische und dia- gnostische Objektivierung der Stoffwechselstörungen im Rahmen der Systemprophylaxe aller Krankheitsgruppen ist das wesentlichste Anliegen der Stoffwechselüberwachung“ (Seidel und Völker 1978). Diese Zielfunktion wird besser erreicht, wenn benachbarte Berufsgruppen, Tierärzte, Landwirte, Biochemiker, Biologen u.a., in der Grundlagen- und angewandten For- schung sowie in der praktischen Arbeit in den Betrieben eng zusammen arbeiten und natur- wissenschaftlich begründete Erkenntnisse verbindlich umgesetzt werden. Gürtler (1976) äus- serte optimistisch die Auffassung, dass „die systematische Untersuchung der Tiere auf Verän- derungen im Stoffwechsel eine derzeit notwendige, jedoch zeitlich begrenzte Maßnahme zur Ausschaltung des Risikofaktors Stoffwechselstörungen ist. Mit neuen Ernährungsregimen haben wir die Möglichkeit einer systematischen Prophylaxe, die Untersuchungen von Proben produzierender Tiere immer mehr zurücktreten lässt“. Wieweit dieser Zustand erreicht ist, be- antworten die Morbiditätsstatistiken und die Nutzungsdauer; es bleibt: Bessere Einsichten durch Screening ermöglichen bessere Prophylaxe, bessere Gesundheit, bessere Produkte. Literatur beim Verfasser

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Metabolisches Monitoring beim Schwein Carola Wolf Synlab.vet GmbH E-Mail: [email protected]

Einleitung: „In langjährigen Flächenuntersuchungen … konnte gezeigt werden, dass Stoffwechselstörungen oftmals die Ursache von ungenügenden Masseentwicklungen oder Reproduktionsleistungen der Schweine sind“. Dieses Zitat von Furcht (1988) ist auch nach über 25 Jahren noch gültig. Geändert hat sich seitdem u.a., dass in der Schweinefütterung weder Tiermehl noch Eiweißmischsilage eingesetzt werden, was hohe Anforderungen an die

Qualität der Protein- und auch der Vit. B12-Versorgung insbesondere der Sauen stellt. Zudem führt der Einsatz von Säuren zur Prophylaxe von Harnwegserkrankungen bei Sauen zu Verschiebungen im Säure-Basen-Haushalt und bei der Ausscheidung von Mineralien über die Nieren, was Harnuntersuchungen zur Überwachung empfehlenswert macht. Es wurde außerdem der obere Grenzwert für z.B. Cu im Futter mit Folgen für die Cu-Serumwerte herabgesetzt, weiterhin wurde durch züchterische Beeinflussung der genetische Typ von Schweinen verändert, was zu Verschiebungen von Referenzwerten führte. Auch hat sich die Anzahl aufgezogener Ferkel pro Sau und Jahr in diesem Zeitraum von 20-22 auf bis zu 32 Ferkel erhöht. Nicht zuletzt wurden im Labor neue Testmethoden etabliert bzw. Standardmethoden optimiert. Die Summe dieser Veränderungen führte dazu, dass in der Literatur verankerte Referenzwerte für die Stoffwechseldiagnostik beim Schwein teils nicht mehr zutreffend sind. Metabolisches Screening in der Bestandsbetreuung: Stoffwechseluntersuchung in der Bestandsbetreuung ist stets Diagnostik anhand einer repräsentativen Stichprobe. Dabei gibt es einerseits den Ansatz der Bestandskontrolle bzw. prophylaktischen Untersuchung mit Auswahl von 5-10 gesunden Tieren (Sauen vor der Besamung und in der 14. Trächtigkeitswoche) und andererseits den Ansatz der Ursachenermittlung bei klinischen Erkrankungen. Auch im letzteren Fall wird eine repräsentative Stichprobe jedoch suspekter Tiere in der entsprechenden Leistungsetappe ausgewählt. In Abhängigkeit von der Fragestellung wird nur Blut untersucht, bei Verdacht auf Störung im Säure-Basen- /Mengenelement-Haushalt bzw. Harnwegs-Erkrankung ist die zusätzliche Untersuchung von Harnproben sinnvoll. Eine detaillierte Befundinterpretation ist jedoch nur unter Kenntnis entsprechender vorberichtlicher Angaben möglich. Wenn ungeeignetes Probenmaterial entnommen wird, präanalytische Probleme auftreten und ungeeignete Referenzwerte angesetzt werden, geraten solche Untersuchungen leicht in den Verdacht der Unsinnigkeit. Beispiele: Da von den eingangs genannten Veränderungen in der Zucht und Fütterung insbesondere Sauen betroffen sind, wird Anhand einzelner Beispiele - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - der sinnvolle Einsatz klinisch-chemischer bzw. hämatologischer 20

Untersuchungen bei Sauen vorgestellt. 1. Überwachung bzw. prophylaktische Untersuchung: Als Instrument der Bestandsbetreuung kann in größeren Beständen eine Untersuchung von Sauen vor der Besamung und in der 14. Trächtigkeitswoche von Nutzen sein. Hierbei wäre im Sinne eines kleinen Screenings Serum und ungeronnenes Vollblut zweier repräsentativer Stichproben folgendermaßen zu untersuchen:

- Serum: anorganisches Phosphat (Pa), Alkalische Phosphatase (AP), Coeruloplasmin (CP), Eiweiß, Albumin, Y-Globulin, Harnstoff - ungeronnenes Vollblut: Hämoglobin (Hgb), Hämatokrit (Hkt) Um ernährungsbedingte Störungen im Bestand rechtzeitig erkennen zu können, würde sich im Betrieb eine statistische Auswertung der Daten und Erfassung von sich evtl. abzeichnenden Veränderungen als frühzeitiger Indikator noch vor Einsetzen klinischer Erkrankungen anbieten. 2. Fundamentprobleme: Wenn Sauen Lahmheit zeigen, Schmerzen in den proximalen und/oder distalen Extremitäten haben und im Extremfall Knochenbrüche auftreten, ist die labordiagnostische Abklärung ernährungsbedingter Ursachen von Skelett- und Muskelerkrankungen sinnvoll. Folgende Ursachenkomplexe wären zu analysieren: - Störung in der Ca/P-Versorgung (Knochen-Mineralisierung): Serum-Untersuchung auf Ca,

Pa AP - Störung in der Spurenelement-Versorgung (insbes. Cu, Zn, Fe, Se): Serum-Untersuchung auf Cu, CP, Zn, AP, Fe, Fe-Bindungskapazität (FeBK), Se (Pool-Serum), Muskelenzyme (AST und CK) - Störung im Proteinhaushalt (Knochen-Matrix): Vollblut-Untersuchung auf Hgb, Hkt sowie Serum-Untersuchung auf Eiweiß, Harnstoff, CP, FeBK

- Störung im Säure-Basen-/Mineralstoff-Haushalt: Serum-Untersuchung auf Ca, Pa, AP sowie

Harn-Untersuchung auf NSBA, pH, Na, K, Ca, Pa An dieser Stelle sei auf ein wichtiges präanalytisches Kriterium hingewiesen: Probenalterung führt insbesondere beim Schwein sehr schnell zu Zellintegritätsstörung, so dass bei

Versendung von Serum auf dem Blutkuchen u.a. mit nach oben verfälschten Pa-Werten im Serum zu rechnen ist. Insofern ist die Trennung des Serums oder Plasmas von den

Erythrozyten vor dem Probenversand dringend anzuraten, insbesondere wenn darin Pa gemessen werden soll. 3. Fruchtbarkeitsstörung/Leistungsminderung: Fruchtbarkeitsstörungen haben bei Sauen potentiell sowohl erregerbedingte als auch ernährungsbedingte Ursachen, hier wird nur Bezug auf ernährungsbedingte Ursachen genommen. Minderleistungen von Sauen werden in erster Linie anhand von zu wenig aufgezogenen Ferkeln wahrgenommen. Ursachen hierfür können sowohl in der Trächtigkeit als auch in der Laktation liegen. Die Leistung der Aufzucht von 21

Ferkeln wird wesentlich von der Milchmenge und den Milchinhaltsstoffen beeinflusst. Folgende Ursachenkomplexe wären daher diagnostisch sinnvoll zu erfassen; je nach Fragestellung würde man eine Sauen-Stichprobe vor der Besamung und/oder in der 14. Trächtigkeitswoche bzw. in der Laktation wählen: - Störung der qualitativen/quantitativen Proteinversorgung: Serum-Untersuchung auf Eiweiß, Albumin, Y-Globulin, Harnstoff, FeBK, CP sowie Vollblut-Untersuchung auf Hgb, Hkt - Störung der Spurenelementversorgung (speziell Fe und J, zusätzlich Cu, Zn): Serum-

Untersuchung auf Fe/FeBK, Thyroxin (T4), zusätzlich Cu/CP, Zn/AP sowie Vollblut- Untersuchung auf Hgb, Hkt und Erythrozytenzahl inklusive erythrozytärer Rechenwerte

- Störung der Vitaminversorgung (speziell Vit.A/E und Vit.B12): (Pool-)Serum-Untersuchung

auf Vit.A/E, Vit.B12 - Störung der Protein-/Energieversorgung: Serum-Untersuchung auf Eiweiß, Harnstoff, Bilirubin, Freie Fettsäuren (FFS) - Zellschädigung (Leber, Niere) durch toxische Futterkomponenten (z.B. Mycotoxine, Peroxide): Serum-Untersuchung auf Leberenzyme (AST, GLDH, GGT), Bilirubin, Vit.A/E und Se (Pool-Serum) sowie Harn-Untersuchung auf Eiweiß, Dichte, GGT Da es insbesondere bei den Spurenelementen Fe, Cu und Zn im Serum Verschiebungen in der Akutphase-Reaktion gibt, ist die zusätzliche Untersuchung der jeweiligen Funktionsparameter (FeBK, CP, AP) ratsam. Zusammenfassung: Metabolisches Screening bei Sauen ist sinnvoll in großen Beständen mit hohen Leistungen, bei denen schon kleine Änderungen in der Ration große Auswirkungen auf die Tiergesundheit und Leistungsfähigkeit haben können. Wichtig sind dabei die Auswahl einer repräsentativen Stichprobe, die korrekte Entnahme geeigneter Proben, die Auswahl sinnvoller Parameter, die Berücksichtigung präanalytischer Besonderheiten und die Zusammenarbeit mit einem Labor, welches klinisch-chemische/hämatologische Labordiagnostik in der Bestandsbetreuung auch beim Schwein in der Routine beherrscht. Im Fall von Untersuchungen aufgrund klinischer Erkrankungen sind vorberichtliche Angaben insbesondere für die Zusammenschau und Interpretation der Befunde von besonderer Bedeutung. Eine statistisch gesicherte Anpassung von Referenzwerten an die weiter entwickelte Genetik unter Berücksichtigung labormethodischer Veränderungen wäre insbesondere bei Parametern wie CK, Kreatinin und AP notwendig. Literatur beim Autor

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15 Jahre Herdenbetreuung bei Schaf und Ziege -Stoffwechselüber- wachung in Theorie und Praxis. U. Moog Thüringer Tierseuchenkasse, Schaf- und Ziegengesundheitsdienst, Jena

E-Mail: [email protected]

Problemstellung: Während in der Rinder- und Schweineproduktion im Allgemeinen tierische Leistungen (Milchleistung, aufgezogene Ferkel je Muttersau, tägliche Zunahmen usw.) im Vordergrund stehen, kommen in der Schafproduktion Mitteldeutschlands über die Hälfte der Einnahmen (außer bei Milchschafen) aus Betriebsprämien und Landschaftspflegemaßnahmen. Da die Beweidung im Rahmen der Landschaftspflegemaßnahmen wiederum meist auf ausgesprochenen Magerstandorten stattfindet, ist eine Unterversorgung mit Energie, Eiweiß, Mengen- und Spurenelementen über weite Teile des Jahres unvermeidbar. In der Lammzeit hingegen - insbesondere bei Zwillings- und Drillingsträchtigkeiten - werden von den gleichen Tieren metabolische Höchstleistungen abgefordert.

Bei Milchziegen und -schafen sind drei unterschiedliche Haltungs- bzw. Fütterungssysteme etabliert:

1. Weidehaltung im Sommer und Stallhaltung im Winter mit Fütterung von Sila- ge/Heu/Kraftfutter 2. ganzjährige Stallhaltung mit Auslauf und Silage/Heu/Kraftfutter- bzw. TMR-Fütterung 3. ganzjährige Stallhaltung mit Trockenfütterung (Pellets mit verschiedenen Energie-, Ei- weiß- und Rohfasergehalten + Heu und Stroh ad libitum) Weiterhin wenden immer mehr Ziegenhalter das Durchmelken (kein Trockenstellen bei normalen Bedeckungsintervallen) und/oder das Dauermelken (nach der 1. Ablammung keine weitere Bedeckung bzw. erst dann, wenn die tägliche Milchmenge von z. B. 2 Litern unterschritten wird) an. Während das Durchmelken eines Teils des Bestandes häufiger bei Betrieben mit eigener Käseproduktion und -vermarktung anzutreffen ist, wenden Großbetriebe, die die Milch an spezialisierte Molkereien liefern, immer häufiger das Dauermelken an.

Eine besondere Herausforderung stellt die Anwendung validierter Normwerte bei den unterschiedlichen Haltungssystemen und Rassen dar. Basis der Thüringer Normwerte sind die in der TGL 43113 für Schafe vorgeschlagenen Werte. Da Referenzwerte grundsätzlich nur für die Populationen gelten, in denen sie erstellt wurden, war es im Verlauf der letzten 15 Jahre notwendig, diese auf Grundlage der eigenen Routineuntersuchungen und Forschungsprojekte sowie durch den Erfahrungsaustausch mit anderen Laboren anzupassen.

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Mögliche Indikationen für labordiagnostische Untersuchungen

Einzeltieruntersuchungen Herdenuntersuchungen

• Diagnose • Auftreten von Erkrankungen im Herdenmaß- • Prognose stab und Beurteilung des Risikos für das Auf- • Beurteilung des Krankheitsverlaufes treten von bestimmten Erkrankungen • Beurteilung des Therapieeffektes • Beurteilung der aktuellen Herdengesundheit

Praktische Durchführung der Stoffwechselüberwachung

1. Milchziegen und -schafe, Leistungsprüfstationen, wissenschaftliche Untersuchungen • 7-10 Einzelproben je Leistungsgruppe 2. andere Schafbestände ‰ Einzelproben oder eine Poolprobe je Leistungsgruppe • bei begründetem Verdacht auf klinische Stoffwechselkrankheiten • bei akutem Auftreten von Mangelsituationen, Vergiftungen und bei chronischer Leistungsdepression • bei ungenügender Lebendmassezunahme bzw. Lebendmasseverlusten • bei ungeklärten Fertilitätsstörungen • bei erhöhten Lämmerverlusten, die nicht direkt auf Erregereinflüsse zurückgeführt werden können

Untersuchungsspektrum (Parameter, die bei speziellen Verdachtsfällen untersucht werden, sind in Klammern gesetzt)

Blutserum:

• Ca, P, Mg, Se, Cu, Zn, Harnstoff, ASAT, GLDH, Gesamteiweiß, ß-Hydroxybutyrat, Cholesterol, (Albumin, Globulin, CK, AP, Freie Fettsäuren, Kreatinin, Fe, J, Vit. B12,) Vollblut:

• rotes und weißes Blutbild (Mn, Vitamin B1)

Entsprechend des Alters und der Leistungsgruppe und/oder des Vorbericht werden die relevanten Parameter ausgewählt.

Der größte Teil der untersuchten Proben wird durch den Schaf- und Ziegengesundheitsdienst bei Bestandsbesuchen selbst genommen wird. Dabei liegen diesem die für eine fundierte Befundung notwendigen Daten der Bestands-, Fütterungs- und Tiergesundheitsanalyse vor bzw. werden vor Ort erhoben. Bei akuten Krankheitsgeschehen werden parallel zur Stoffwechseluntersuchung Sektion(en) im TLV sowie spezifische Untersuchungen in Fremdlaboren (z.B. Futtermittel, Organe) durchgeführt.

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Occurrence rate of subclinical metabolic disorders in Hungarian dairy herds during the last two decades

E. Brydl, V. Jurkovich, A. Tirián, P. Kovács, L. Könyves

Szent István University Faculty of Veterinary Science Department of Animal Hygiene, Herd Health and Veterinary Ethology Budapest 1400 PO Box 2, Hungary, e-mail: [email protected]

Introduction: In the early years of the 1970’s more than 30 thousand Holstein Friesian heifers and in calf cows were imported from USA and Canada and simultaneously the local Hungarian populations were subjected to crossbreeding with Holstein Friesians. These two major actions in the Hungarian dairy industry have increased the milk yield of herds substantially. The considerably genetic progress has increased the nutritional requirements and made the cow populations more sensitive to even minor feeding, housing and management failures. For early detection of subclinical cases metabolic profile tests (MPT) have been developed and applied all over the world since the late sixties (Payne et al, 1970, Payne et al, 1972, Payne et al, 1973). The method has been adapted and modified since then and is now widely used in many countries (Andrews et al, 2004, Brydl et al, 1987, Gaál, 1983, Haraszti et al, 1984, Sommer 1975, Sommer 1995).

The aim of the study: The aim of the study was to survey the occurrence and tendency of the subclinical metabolic disorders occurring some weeks prior to expected parturition till the peak of lactation in large-scale dairy herds, to contribute to the better understanding of the pathogenesis of the most frequent metabolic diseases of high yielding dairy cows and to elaborate an expert advice for eliminating and preventing the metabolic disorders.

Own examination: At the Faculty of Veterinary Science Budapest a comprehensive and complex metabolic profile test (MPT) was developed and has been used since 1985 (Brydl et al, 1987, Brydl, 1990). The results of the metabolic profile test has been done during the last years were summarised annually (Brydl et al, 1987, Brydl E.-Kovács F., 1988, Brydl et al, 1989, Brydl, 1990, Brydl, 1995, Brydl, 1997, Brydl et al, 1997, Brydl, 1998, Brydl et al, 1998, Brydl, 1999, Brydl et al, 1999, Brydl et al, 2000, Brydl et al, 2001, Brydl et al, 2003, Brydl, 2004, Brydl et al, 2005, Brydl et al, 2006, Brydl et al, 2008, Brydl et al, 2010, Brydl et al, 2011) and attempts were made to draw conclusions and detect trends of changes the incidence of subclinical metabolic disorders. The results of the last two decades survey are summarised in this paper. 25

Materials and methods: Metabolic profile test (MPT) has been performed for the last two decades at more than 100 large scale dairy farms that housed approximately 50.000 head of Holstein-Friesian cows, aged 5-6 years on average. The MPT is based not only on laboratory examinations of blood, urine, rumen fluid, pigmented hair and feed samples, but on field examinations (farm visits) as well. Biological samples were taken from clinically healthy cows, randomly assigned from various groups of cows, 3-5 hours after the morning feeding. The groups differed from each other in respect of daily milk yield, stage of lactation and gestation as well. During the last two decades 34189 cows were sampled. In the present study the following groups were tested in a number of herds: Group I.: dry cows in the close-up period (n=6469); Group II.: fresh cows <1 week after calving (n=5417); Group III.: early lactation cows <30 DIM (n=7777); Group IV.: cows at the peak of lactation (n=7903).

Results and discussion: Percentile distributions of the most important subclinical metabolic disorders diagnosed in the period of the study are summarised in Figure 1-3. The occurrence of management related production diseases, such as fat mobilisation syndrome, ketosis, disturbances of acid-base balance were the highest in group II., due to energy imbalance and no gradually increased ration of concentrates at the beginning of lactation. The energy imbalance were caused on the one hand by the too fatty body condition in the last part of lactation and in the dry period, neglecting the body scores of cows at grouping of the animals and on the other hand by the decreased appetite of cows at calving and during a few days after parturition. Over condition in the last part of lactation and in the dry period increase the risk of enhanced fat mobilisation because of the higher body weight loss of fat cows in comparison with that of cows of normal body condition. Provision of concentrated feed beyond requirement and/or disproportional incorporation of grain concentrates in the daily ration before the expected parturition can equally lead to decreased appetite.

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This is explained by the fact that the concentrate contains great quantity of easily degradable carbohydrates, which in turn helps the formation of propionate, butyrate and lactate in the rumen resulting rumen acidosis.

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Due to rumen acidosis the rumen motility and the appetite of the cow will decrease and this may result in energy deficiency. It means that 60-85% of the energy requirement of the cow will be met by fat mobilisation, which in turn increases the risk of manifestation of subclinical or clinical fat mobilisation syndrome (Figure 1.) and hyperketonaemia (Figure 2).

Conclusions: The evaluation of the results of the study may permit to draw the conclusions as following: • Metabolic profile test is a reliable tool for the early detection of metabolic disorders caused by error committed in the feeding of dairy cows. • The evaluation of the results of metabolic profile test gives opportunity to detect of the prevalence, tendency and severity of subclinical metabolic disorders. • Complex and comprehensive analysis of the results may reveal the causes of the sub- clinical cases. • The revealed causes give opportunity for the elaboration of the prevention method of metabolic disorders.

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Metabolic disorders of dairy cows in the peripartum period with respect tochanges in body condition J. Illek, Brno, e-Mail: [email protected]

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INDICATORS OF DAIRY COW TRANSITION RISKS:

METABOLIC PROFILING REVISITED

R.J. Van Saun

Department of Veterinary & Biomedical Sciences, Pennsylvania State University E-Mail: [email protected]

INTRODUCTION Success of the transition cow has been recognized as the critical threshold in achieving a productively efficient lactation with good reproductive performance. Unfortunately the physiologic transformation from a non-lactating pregnant state to a lactating state too often results in unwanted outcome due to the cow experiencing one or more periparturient diseases (Goff and Horst 1997). Periparturient diseases are the scourge of the dairy industry. Tremendous variation in prevalence rates exist between farms relative to specific peripartum diseases. More recently attention has been focused on subclinical disease, primarily relative to mastitis, ketosis and hypocalcemia. Our preventive medicine focus should be directed to increasing the number of cows that complete the transition period without disease events to any degree. In clinical situations there is tremendous need to assess risk of any disease versus no disease problems, as opposed to defining specific disease risks as is typical of research activities. This presentation will review risk factors and blood analytes associated with periparturient disease and discuss strategies to use metabolic profiling as a diagnostic tool for periparturient disease investigations.

ETIOLOGY OF PERIPARTURIENT DISEASE

Periparturient diseases culminate from a complex interrelationship between the cow’s ability to manage metabolic adaptations during transition, management practices facilitating feeding and cow comfort, and environmental influences. For a cow to transition from late pregnancy into lactation successfully, she needs to exquisitely coordinate metabolism in multiple tissues to ultimately provide sufficient glucose to support productive needs (Bauman and Currie 1980). These metabolic adaptations may become uncoordinated or exaggerated when maternal supplies of glucose precursors, protein, calcium or any combination thereof are inadequate, thus leading to metabolic and infectious disease problems.

Management through its influence on diet preparation and availability can influence periparturient disease somewhat independent of dietary nutrient quality. Cows that experienced periparturient disease have been shown to have a greater decline in DMI prepartum than unaffected cows (Zamet et al 1979a,b). It has been suggested that non- nutritional factors may be more important relative to the risk of periparturient disease than nutrition (Cook and Nordlund 2004). Insufficient bunk space, either limited by overcrowding or physical size, and multiple pen moves inducing social upheaval are recognized factors that limit the cow’s ability to consume sufficient quantities of feed. Transition cow groups seem

30 more sensitive to behavioral competition and intimidation that result in altered feeding behaviors (Huzzey et al 2005, 2006; Proudfoot et al 2009). Patterns of prepartum feed intake have been characterized sufficiently to be used in predicting risk of postpartum disease (Urton et al 2005; Huzzey et al 2007; Gonzalez et al 2008; Goldhawk et al 2009).

Overcrowding, exposure to pathogens, changing social organization, among other situations can induce stress-mediated physiologic and metabolic changes, suggesting a role of environment in transition health. Animals alter how they utilize and partition available nutrients in response to these stress situations, which may compromise availability of nutrients to support productive functions. Other metabolic responses to stress can result in increased fat mobilization leading to greater potential for fatty liver disease, wasting of muscle tissue and immune suppression. A number of physiologic and metabolic responses to stress can result in a decline in DMI, further compromising nutrient availability to support production. It is believed the effects of stress are additive, thereby as stress situations accumulate, greater physiologic and metabolic changes occur ultimately resulting in abnormality seen as metabolic dysfunction or infectious disease.

RECOGNIZED RISK FACTORS FOR DISEASE

Over the past 20 years our understanding of transition cow metabolism and its relationship to pathogenesis of periparturient diseases has expanded greatly. In concert with this improved understanding of integrated transition metabolism there has been an increase in technical methods to assess metabolic status. Together, these advancements have reinvigorated interest in metabolic profiling. Another driving force for renewed metabolic profiling has been increased awareness of the critical role periparturient disease plays in dairy farm profitability. Periparturient disease-associated culling and reproductive infertility, coupled with the obvious health and production concerns, are driving interest in predicting potential risk for disease.

Nonesterified fatty acids (NEFA): Concentration of NEFA directly reflects the amount of adipose tissue breakdown taking place. Excessively high NEFA concentrations due to negative energy balance result in fatty infiltration of the liver, which is associated with higher incidence of periparturient metabolic diseases. Associations between high prepartum and postpartum NEFA concentrations with specific (Cameron et al 1988; Geishauser et al 1998; Oetzel 2004; LeBlanc et al 2005; Carson et al 2007; Ospina et al 2010) or collective (Van Saun 2006; Ospina et al 2010) disease risks have been well documented.

β-Hydroxybutyrate (BHB)

Similar to what has been documented with NEFA, elevated BHB concentrations postpartum places cows at greater risk for postpartum disease, though the time frame and cut point criteria vary across studies depending upon specific disease or collective disease conditions. Historically ketone body production was assessed using the nitroprusside reaction with acetoacetate in urine. Measurement of β-hydroxybutyrate (BHB) concentration in blood is the “gold standard” for diagnosing ketosis and more recent advances have allowed measurement

31 in blood and milk as cow-side diagnostic tests. Concentrations of BHB have been used to clinically define a state of subclinical (>1.4 mmol/L) and < 2.6 mmol/L) and clinical (≥2.6 mmol/L) disease conditions (Duffield, 2000; Geishauser et al 2001). Prior to calving, BHB concentrations generally do not exceed 0.575-0.750 mmol/L, unless the animal is in negative energy balance or consuming ketogenic silage. Recent research has suggested BHB concentrations as low as 1.0 mmol/L (Van Saun, 2004b; Ospina et al 2010) or 1.2 mmol/L (McArt et al 2012; Vanholder et al 2015) are associated with adverse cow health and performance suggesting lower threshold for subclinical ketosis.

Other Analytes

Metabolic adaptations occurring during transition are complex and go beyond measures of energy balance. Analytes reflecting protein status such as albumin or total protein have been used to predict disease risk in close-up and fresh periods (Van Saun 2004a,b). Macrominerals calcium (Ca), phosphorus (P), potassium (K), magnesium (Mg), sodium (Na), chloride (Cl) and sulfur (S) are of extreme interest as to their status relative to their role in milk fever, alert downer cows and weak cow syndrome. Although macrominerals are highly regulated, cows with pre- or postpartum Ca concentrations below 2.0 mmol/L (Van Saun et al 2006a,b) or 2.1 mmol/L (Chapinal et al 2012) were at greater risk for postpartum disease problems.

Liver function can be assessed through a variety of enzymes: gamma-glutamyltransferase (GGT), aspartate aminotransferase (AST), and sorbitol dehydrogenase (SDH) and total bilirubin concentrations in the blood. Unfortunately, an elevation in any of these parameters does not suggest anything more than some insult has occurred to the liver. Since these parameters are not specific to liver function, other liver function indices have been advocated. A liver activity index parameter that accounts for changes in albumin, cholesterol and total bilirubin over the first 28 days following calving has been described (Bertoni et al 2006). Although a robust diagnostic tool, it use requires multiple samples from the same cow over a period of time. Calculating the NEFA to cholesterol ratio (molar basis) to assess the liver’s ability to export incoming NEFA has been advocated (Holtenius and Hjort 1990).

Research into the role of inflammatory mediators as a contributing factor to periparturient disease pathogenesis has led to interest in measuring markers of an activated inflammatory response as part of metabolic profiling (Bertoni et al 2006). Specific acute phase proteins ceruloplasmin and haptoglobin have been evaluated by some investigators (Bertoni et al 2008; Huzzey et al 2009). Measures of negative acute phase proteins (i.e., albumin, retinol binding protein, apoprotein B-100) were shown to be reduced in cows experiencing hepatic mediated inflammatory response resulting in lower production and reproductive performance (Bertoni et al 2008). Other acute measures of inflammatory mediator activation (i.e., heat shock proteins) and oxidative stress markers may provide further insight, but are not routinely available for use in metabolic profiling.

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NEW APPLICATIONS FOR METABOLIC PROFILING

Relationships between nutritional status, metabolic state of the animal, and blood analyte concentrations have been well documented in experimental research under controlled conditions. Properly applied metabolic profile testing, as defined by appropriate animal selection and sample collection, can potentially provide direct confirmatory evaluation of metabolic health and disease risk or evaluate nutritive status on a herd basis. In contrast to methods of the past, metabolic profiling should be considered just one tool in the nutritional diagnostic toolbox. In the broadest sense of the terminology, a metabolic profile should also include evaluation of herd records, animals, facilities and rations, and integrate the information into a final diagnostic assessment (Van Saun and Wustenberg 1997; Herdt et al 2001). Results of a metabolic profile should be used to direct or focus attention of a diagnostic process (screening tool) or to help confirm presence of a herd disease process (diagnostic tool), though these are not mutually exclusive approaches.

Methodologies

Application of metabolic profiling has undergone a number of transformations as more information about underpinning issues related to periparturient disease risks has been elucidated. Some authors describe application on an individual cow or herd basis. For this discussion only herd-based applications will be considered. Two perspectives on the application of metabolic profiles have been promoted.

Risk assessment

The targeted diagnostic approach utilizes well defined diagnostic analytes, namely NEFA and BHB, to determine herd risk for specific “gateway” periparturient diseases. In this approach, specific analyte concentration is determined and compared to defined threshold criteria. Percent of individuals above or below the threshold value are used to interpret herd disease risk. Other specific analyte values might be interpreted as a mean value for the individuals within a defined group. This approach has been well described relative to herd-based identification of subclinical ketosis and negative energy balance (Duffield 2004, 2007; Oetzel 2004; LeBlanc 2006). Individual testing, moderate testing costs, and ease of interpretation are strengths of this approach.

A limitation to this approach is the singular perspective the results provide (presence or absence of negative energy balance). Additionally, there are no studies that have described implementation actions to correct the negative energy balance. Essentially with the testing results, one would need to engage in a diagnostic process to determine the potential issue or issues that are contributing to the underlying problem. Another limitation is related to the re- quired timing of the samples. To assess disease risk, sampling strategies should be focused on time periods prior to disease diagnosis. This places the greatest burden on prepartum samples or those immediately postpartum (within 14 days). Smaller farms will have limited numbers of animals and one cannot always predict the time of calving for prepartum sampling.

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Diagnostic screening

The screening tool approach is consistent with traditional metabolic profiling methods where multiple analytes are determined within selected group or groups of cows. Determination of multiple analytes is predicated on the concept that periparturient metabolic disease is a result of the cow’s inability to maintain coordinated interrelationships between lipid, glucose and amino acid metabolism. A screening tool approach to metabolic profiling can be used as a broad-based diagnostic evaluation of herd nutritive status, assessment of disease risk factors, or indicator of potential factors responsible for disease conditions. Using a diagnostic screening approach allows more flexibility for sampling time periods (up to 21 days prior to and following calving). Additionally diagnostic approaches allow for comparative sampling procedures, thus directing the investigation to potential underlying issues resulting in the defined problem. Testing for analytes beyond measures of energy balance may provide more insight into underlying issues of the disease problems being experienced.

Limitations to the screening tool approach are high testing costs (individual sampling) and interpretation issues (pooled sampling). A pooled-sample approach was an attempt to address both cost concerns and increased scope of testing in assessment of herd nutritional or disease risk status (Van Saun 1997). The approach to this application is to evaluate various aspects of integrated metabolism as well as changes that occur over the transition period. Testing is broad based and includes analytes reflecting energy balance (NEFA, BHB), protein status (blood urea nitrogen [BUN], albumin, and total protein), liver function (various enzymes, cholesterol, and triglycerides) and macromineral homeostasis. This can also be expanded to include microminerals and vitamins, if deemed appropriate for the diagnostic investigation. To measure this range of analytes, one must reduce costs. One approach that has been described is to measure analytes in pooled samples of individuals and evaluate pooled samples over a series of predefined cow groupings.

Pooled sampling procedures

Few would argue the strength of individual analysis in metabolic profile analysis. Statistical modeling would suggest at least 8 individuals from a population is representative (mean analysis), though 12 or 13 samples are best for threshold analysis using the targeted diagnostic approach (Payne et al 1970, 1973; Oetzel 2004; LeBlanc 2006). Though statistics may show a minimum number of samples needed to represent a population, the best way to truly characterize a population is to obtain more samples. Indeed the gold standard for analytical analysis would be to measure a large percent of the population of interest as individuals. In the original Compton Metabolic Profile (CMP) protocol mean analyte values within physiologic groupings were used for interpretation. These mean values were arithmetically determined from individual samples. Use of individual sampling resulted in the high associated costs of this procedure. In place of individual analysis, can pooled samples be used to reduce the cost and provide some valid method of herd assessment? In a number of preliminary studies using individual samples, pooled samples from these individuals were

34 found to accurately represent arithmetic means from pool sizes ranging from 5 to 20 (Lehwenich 1999; Van Saun 2005, 2006; Borchardt and Staufenbiel, 2012).

Metabolic profiling should not be a completely random sample collection process. One should have a plan in mind in approaching a problem. Define a given herd situation by asking a specific question. Are the heifers experiencing subclinical ketosis? Why are mature cows experiencing more retained placenta? Why is the herd experiencing more periparturient disease? Consider pertinent comparisons of interest relative to the defined problem and identify which cow populations are of concern to be sampled.

Once the herd problem has been defined a grouping strategy for sample collection can be constructed. In addressing transition cow problems, blood analyte concentrations from cows just prior and immediately following calving are the most diagnostic (Herdt, 2000; Oetzel, 2004; LeBlanc et al 2005). As a result of tremendous individual variation, cows should not be sampled within 3 days prior to or following calving. Although blood analyte concentrations from far off dry cows (> 30 days prior to calving) are not predictive for postpartum disease risk, results can be used as a reference point for comparison to other groups, or values may be diagnostic within themselves for some disease entity. The group or groups of cows selected for analysis will depend upon the problem definition and desired sampling approach.

Cows to be selected within the defined groups for a metabolic profile should be free of obvious clinical disease. By selecting cows defined as “clinically normal”, outlier analyte concentrations associated with disease are removed, thus better highlighting potential differences resulting from nutritional or subclinical disease problems. One may elect to sample cows affected with specific diseases for comparison to cows of similar days in milk that are not affected. Differences in blood analyte concentrations between clinically affected and unaffected cows may provide some direction as to underlying problems associated with disease pathogenesis.

Interpretation of pooled samples

The real challenge for metabolic profiling is defining appropriate and sensitive reference values. This is even more of a concern in interpreting mean samples, especially pooled values. This has been the stumbling block for adoption of this pooled sample procedure. One must recognize that this process, however well refined, will never be as sensitive as individual animal analysis.

Following the original concept promoted in interpreting CMP samples, pooled samples can be compared to an expected healthy population mean (or median) and associated population variance. Population statistics were determined for various blood analytes in dairy cows having no evidence of periparturient disease at different defined periods relative to calving (far off dry, close-up dry and fresh) (Van Saun 2005). The number of standard deviations away from the healthy population mean was determined for a number of pooled samples, using both arithmetic means and pooled values. The percent of abnormal values within a pool

35 was determined using individual samples, compared to standard reference values for respective analytes. A linear relationship, though specific for each analyte, was found between percent abnormal values within a pool and number of standard deviations different from the mean resulting. In general, if a pooled sample value was less than 0.25 (range 0.1-0.5) standard deviations from the healthy population mean, then < 10% of the individuals had abnormal values. Analyte-specific criteria can then be developed to estimate number of abnormal values with a pooled sample (Van Saun 2008). This analysis is consistent with previous work on defining criteria for mean values and what many laboratories are using for metabolic profile evaluation criteria. A more recent study used receiver operator characteristic (ROC) curves to identify critical thresholds for pooled NEFA and BHB samples and found the pooled samples to be of diagnostic use in herds (Borchardt and Staufenbiel, 2012). Further work to establish specific pooled sample criteria is ongoing.

A second method to use and interpret pooled samples is by a modification of statistical process control. In larger herds, where sampling can be done more repetitively, one could collect samples on a monthly or bimonthly basis and plot the pooled sample results over time. Standard deviations from a healthy population as described above could be used to initially generate various sigma levels for evaluation. One can then graphically monitor metabolic status using one or more key analytes over time to assess potential risk for periparturient disease.

SUMMARY

Over the past 20 years, the dry cow and especially the transition period have been recognized as critical elements to improving dairy productive and reproductive efficiency. Numerous research studies completed over this time period have better explained dynamic metabolic and physiologic changes taking place as a cow transitions from pregnancy into lactation and their potential role in health-related problems. Cost and interpretation have been limiting factors to widespread adoption of a metabolic profiling procedure. New strategies to reduce costs and yet maintain some useful diagnostic value have evolved either herd-based diagnostic or screening approaches. Though some variation may be masked, pooled sampling may be used as an economic approach to a herd metabolic status screening tool. The real challenge to using pooled samples is interpretation. Empirically one can interpret pooled samples by determining how far they deviate from the midpoint of the reference range for healthy individuals. Use of statistical process control (SPC) may be a reasonable approach to using pooled samples for on-going herd monitoring, especially for larger herds that are more likely to complete repetitive sampling. Most importantly it must be remembered that metabolic profiles are almost useless without being coupled with animal and facility evaluations, body condition scoring and ration evaluation. REFERENCES Bauman DE, Currie WB. 1980. Partitioning of nutrients during pregnancy and lactation: A review of mechanisms involving homeostasis and homeorhesis. J Dairy Sci 63, 1514-1529. Bertoni G, Trevisi E, Han X, Bionaz M. 2006. The relationship between inflammatory condition and 36

liver activity in the puerperium and their consequences on fertility in dairy cows. J Anim Sci 84(Suppl. 2), 84. Bertoni G, Trevisi E, Han X, Bionaz M. 2008. Effects of inflammatory conditions on liver activity in puerperium period and consequences for performance in dairy cows. J Dairy Sci 91, 3300–3310. Borchardt S, Staufenbiel R. 2012. Evaluation of the use of nonesterified fatty acids and β- hydroxybutyrate concentrations in pooled serum samples for herd-based detection of subclinical ketosis in dairy cows during the first week after parturition. JAVMA 240(8):1003-1011. Cameron REB, Dyk PB, Herdt TH, Kaneene JB, Miller R, Bucholtz HF, Liesman JS, VandeHaar MJ, Emery RS. 1988. Dry cow diet, management, and energy balance as risk factors for displaced abomasum in high producing dairy herds. J Dairy Sci 81, 132-139. Carson ME, LeBlanc SJ, Godden SM, Capel MB, Overton MW, Santos JE. 2007. Concentrations of serum nonesterified fatty acid (NEFA) and beta-hydroxybutyrate (BHB) through the transition period and their associations with risk of clinical disease. Proc Am Assoc Bov Pract 40, 249-250. Chapinal N, Leblanc SJ, Carson ME, Leslie KE, Godden S, Capel M, Santos JEP, Overton MW, Duffield TF. 2012. Herd-level association of serum metabolites in the transition period with disease, milk production, and early lactation reproductive performance. J Dairy Sci 95:5676-5682. Cook NB, Nordlund KV. 2004. Behavioral needs of the transition cow and considerations for special needs facility design. Vet Clin NA: Food Anim Pract 20 (3), 495–520. Duffield T. 2000. Subclinical ketosis in lactating dairy cattle. Vet Clin NA: Food Anim Pract 16, 231- 253. Duffield TF. 2004. Monitoring strategies for metabolic disease in transition dairy cows. Proc 23rd World Buiatrics Congress, Québec, Canada, Pg 34-35. Duffield TF. 2007. Peripartum metabolic profiling. Proc Am Assoc Bov Pract 40, 213-218. Geishauser T, Leslie K, Duffield T, Sandals D, Edge V. 1998. The association between selected metabolite parameters and left abomasal displacement in dairy cows. J Vet Med, A 45, 499-511. Geishauser T, Leslie K, Kelton D, Duffield T. 2001. Monitoring for subclinical ketosis in dairy herds. Comp Cont Ed Pract Vet 23(8):S65-S70. Goff JP, Horst RL. 1997. Physiological changes at parturition and their relationship to metabolic disorders. J Dairy Sci 80, 1260-1268. Goldhawk C, Chapinal N, Veira DM, Weary DM, von Keyserlingk MAG. 2009. Prepartum feeding behavior is an early indicator of subclinical ketosis. J Dairy Sci 92, 4971–4977. Gonzalez LA, Tolkamp BJ, Coffey MP, Ferret A, Kyriazakis I. 2008. Changes in feeding behavior as possible indicators for the automatic monitoring of health disorders in dairy cows. J Dairy Sci 91, 1017–1028. Herdt TH. 2000. Variability characteristics and test selection in herd-level nutritional and metabolic profile testing. Vet Clinics NA: Food Anim Pract 16(2), 387-403. Herdt TH, Dart B, Neuder L. 2001. Will large dairy herds lead to the revival of metabolic profile testing? Proc Am Assoc Bov Pract 34, 27-34. Holtenius P, Hjort M. 1990. Studies on the pathogenesis of fatty liver in cows. Bov Pract 25, 91-94. Huzzey JM, von Keyserlingk MAG, Weary DM. 2005. Changes in feeding, drinking, and standing behavior of dairy cows during the transition period. J Dairy Sci 88, 2454–2461. Huzzey JM, DeVries TJ, Valois P, von Keyserlingk MAG. 2006. Stocking density and feed barrier design affect the feeding and social behavior of dairy cattle. J Dairy Sci 89, 126–133. Huzzey JM, Veira DM, Weary DM, von Keyserlingk MAG. 2007. Prepartum behavior and dry matter intake identify dairy cows at risk for metritis. J Dairy Sci 90, 3220–3233. Huzzey JM, Duffield TF, LeBlanc SJ, Veira DM, Weary DM, von Keyserlingk MA. 2009. Short communication: Haptoglobin as an early indicator of metritis. J Dairy Sci 92(2), 621-625. LeBlanc SJ, Leslie KE, Duffield TF. 2005. Metabolic predictors of displaced abomasum in dairy 37

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Stoffwechselüberwachung als Methode der Bestandsbetreuung von Milchkuhherden R. Staufenbiel Klinik für Klauentiere, Fachbereich Veterinärmedizin, Freie Universität Berlin E-Mail: [email protected]

Stoffwechselüberwachung als Methode in der Bestandsbetreuung: Die veterinärmedizinische Bestandsbetreuung hat die Gesunderhaltung des Einzeltieres und der Herde als gemeinsame Aufgabe aller für die Herde verantwortlichen Personen und Berufsgruppen durch abgestimmtes Handeln zur Aufgabe. Die konkrete Methodik der Bestandsbetreuung hängt von den äußeren Rahmenbedingungen ab, insbesondere von der Herdengröße, dem Leistungs- niveau, dem Qualifikationsstand der Beteiligten und den Zielen des Landwirtes als Tierhalter. Auf diesem Hintergrund kann man drei Stufen unterscheiden, die kurative Bestandsbetreuung, die problembezogene Bestandsbetreuung und die prophylaktische Bestandsbetreuung. Auf der untersten Stufe, der kurativen Bestandsbetreuung, stimmen sich Tierarzt und Landwirt ab, wie eine konkrete Aufgabe abgearbeitet werden soll. Beispiele sind die Nachbehandlung von erkrankten Tieren (Mastitis), auch die Erstbehandlung (Gebärparese) nach einem Behand- lungsprotokoll, die Organisation des zeitlichen Ablaufes von Bestandsmaßnahmen (Zuchthygieneuntersuchung, Impfungen). Auf dieser Ebene spielt die Stoffwechselüber- wachung als systematische Methode keine Rolle. Sie kann analog zur kurativen Praxis bei erkrankten Einzeltieren angewandt werden. Auf der Ebene der problembezogenen Bestandsbetreuung sollen die Ursachen eines konkreten Bestandsproblems herausgefunden und ein wirksames Prophylaxeprogramm gegen exakt dieses Bestandsproblem erarbeitet werden, z.B. plötzlicher Anstieg an toten Kälbern in der ersten Lebenswoche, gehäuftes Auftreten von Klauenreheerkrankungen bei Jungkühen in der Frühlaktation. In diesem Kontext können Stoffwechselprofile einen relevanten Beitrag zur Ursachenklärung und zur Festlegung der Bekämpfungsmaßnahmen bilden. Hervorzuheben ist, im Rahmen der problembezogenen Bestandsbetreuung werden als Probanden in einem Stichprobentest Tiere herangezogen, die das zu klärende Erkrankungsbild repräsentieren. Das ist der entscheidende Unterschied zur prophylaktischen Bestandsbetreuung. Das Ziel in der prophylaktischen Bestandsbetreuung besteht in der Aufrechterhaltung der Gesundheit in einer gesunden Herde. Da in jeder Milchkuhherde Erkrankungen auftreten, ist es besser als Ziel zu formulieren, dass das Überschreiten einer prospektiv festgelegten Erkrankungshäufigkeit vermieden werden soll. Im Fokus stehen subklinische Erkrankungen und die sogenannten Produktions- krankheiten (Hypokalzämie/Gebärparese, Ketose, Pansenfermentationsstörungen, erhöhte Milchzellzahlen/Mastitis, Fruchtbarkeitsstörungen). Als Probanden für die Stoffwechsel- untersuchung werden klinisch gesunde Tiere ausgewählt, von denen nach vorher festgelegten Auswahlkriterien in einem Stichprobentest diagnostisches Probenmaterial gewonnen wird. Da es sich um klinisch gesunde Tiere handelt, wird ein möglichst weites Parameterspektrum analysiert, um an Hand der Konstellation der als ausgelenkt gefundenen Parameter eine Risikoanalyse und Risikobewertung für die Herdengesundheit insbesondere mit Blick auf die Bedeutung von subklinischen Störungen vornehmen zu können. Es wird versucht, vor dem Auftreten manifester Erkrankungen die Herdengesundheit durch geeignete Prophylaxe- maßnahmen zu stabilisieren. Ein zweites Ziel kann das Einhalten einer vorher festgelegten oberen Inzidenzschwelle für bestimmte Krankheiten (Labmagenverlagerung) sein. Da die

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Labordiagnostik nur einen spezifischen Teil der Herdensituation abbildet, sollte die Interpretation der Ergebnisse der Stoffwechseluntersuchung unter Berücksichtigung weiterer Informationsquellen erfolgen, insbesondere der Ergebnisse der klinischen Bewertung der Kühe vor Ort im Stall (Kuhsignale), der Futtermittel und der Futterration (TMR-Analyse), der Ergebnisse von angewandten Stalltests, der Körperkonditionsbeurteilung sowie der Auswer- tung der Daten aus dem Herdenverwaltungsprogramm zu den Milchleistungsdaten, Fruchtbarkeitsdaten und den Daten zu den Erkrankungen und Abgängen. Diese komplexe Auswertung der Laborergebnisse verbessert die Aussagekraft wesentlich und reduziert Fehlinterpretationen. Nachfolgendes Vorgehen kann empfohlen werden. Organisation der Stoffwechselüberwachung als Methode der Bestandsbetreuung: A. Problemschwerpunkte: - Kontrolle der Herdengesundheit, Aufklären der Bedeutung subklinischer Erkrankungen - Kontrolle der Fütterung und der Effekte von rationsintegrierten Prophylaxemaßnahmen - Probleme mit der Milchleistung, Fruchtbarkeit, Milchzellzahl, Klauengesundheit, vermehrt Abgänge durch Merzung und Verendung, - erhöhtes Auftreten von Bestandserkrankungen wie Ketosen, Gebärparesen/Festliegen, Nachgeburtsverhaltungen, Tot- und Schwergeburten, Puerperalstörungen, Endometritiden, Eierstockszysten, Stillbrunst, schlechten Besamungsergebnissen, Azidosen, Alkalosen, Pansenfermentationsstörungen, Verdauungsstörungen, Labmagenverlagerungen, Klauenerkrankungen B. Organisation und Ablauf: Die Bestandsuntersuchung erfolgt an zwei getrennten Einzelterminen: Probenentnahme und Datenerfassung Auswertung B1. Probenentnahme und Datenerfassung Nach der Terminvereinbarung erhält der Herdenverantwortliche per Fax eine Übersicht zu den notwendigen Vorbereitungen. Das betrifft insbesondere die Auswahl der zu beprobenden Tiere. Die Probenentnahmen dauern ca. 4 Stunden und werden in der Regel vormittags (9 bis 13 Uhr) durchgeführt. Seitens des Betriebes muss mindestens eine kundige Person die Probenentnahme begleiten. Die Probenentnahmen erfolgen durch einen Tierarzt entsprechend dem aufgeführten Untersuchungsplan (Blut-, Harn-, Haarproben, Datensicherung, Ultraschallmessung der Rückenfettdicke, TMR-Untersuchungsprotokoll). Das Untersuchungsprogramm ist sehr umfangreich und erfordert eine gute Kooperation zwischen den Beteiligten. Das wird erfahrungsgemäß durch die Vorabsprachen erreicht. 40

B2 Auswertung: Ziel ist es, die Auswertung im Zeitfenster von 3 bis 4 Wochen nach der Untersuchung durchzuführen. In Vorbereitung der Auswertung erhält der Betrieb ein ausführliches, schriftliches Befundprotokoll zu den Untersuchungsergebnissen. Die Auswertung beinhaltet in der nachfolgenden Reihenfolge: (1) Bestandsrundgang durch die Fütterungsgruppen (2) Besichtigung der Futtermittel (3) Auswertung der Herdendaten (4) Auswertung der Körperkonditionsdaten (5) Auswertung der Laborbefunde (6) Schlussfolgerungen für den Bestand. An der Auswertung sollten der Herdenmanager bzw. der Betriebsleiter, der Bestandstierarzt und der Fütterungsberater teilnehmen. Das Hinzuziehen weiterer Interessenten (Fütterer, Besamer, Betriebsberater) liegt im Ermessen des Betriebsleiters.

Die Auswertung dauert ca. 3 Stunden. C. Methodik und Untersuchungsumfang: Die Bestandsuntersuchung umfasst: (1) Labordiagnostik von Blut-, Harn- und Haarproben (2) Körperkonditionsbeurteilung mit Ultraschall (3) TMR-Analyse der Vorbereiterration (4) Auswertung der Herdendaten C1. Untersuchung von Blut-, Harn-, Haarproben C1.1. Stichprobentestverfahren Kühe in der Transitperiode spiegeln am aussagekräftigsten fütterungsabhängige Herdenprobleme wider. Folgerichtig konzentrieren sich die Untersuchungen auf die Zeitspanne vom Beginn der Trockenstehperiode bis zum Ende der Frühlaktation. Problemorientiert können weitere Gruppen untersucht werden. Der Stichprobentest beinhaltet eine spezifische Auswahl der zu untersuchenden Probanden. C1.1.1. Probanden: Klinisch gesunde Kühe ab der 2. Laktation (wichtig !!! Färsen und Jungkühe werden ausgeschlossen und im Bedarfsfall als eigene Gruppe untersucht; wichtig !!! zur Wahrung der Repräsentanz Auswahl klinisch unauffälliger Kühe, Tiere mit einer manifesten Erkrankung sind ungeeignet). 41

C1.1.2. Stichprobengröße: n = 10 pro Untersuchungsgruppe (in Ausnahmefällen sind auch n = 7 und minimal n = 5 akzeptabel)

C1.2. Untersuchungszeitpunkte: C1.2.1. Herden mit über 200 Milchkühen (5 Gruppen) Gruppe 1: – 8 bis – 3 Wochen p.p = Trockenstehperiode 1 (frühe Trockenstehperiode): Harnproben Gruppe 2 -3 bis 0 Wochen p.p. = Trockenstehperiode 2 (Vorbereitungsperiode): Blutserumproben, Vollblutproben, Harnproben, Haarproben Gruppe 3 0 bis 1 Woche p.p. = Frischabkalber: Blutserumproben, Vollblutproben, Harnproben Gruppe 4 3 bis 5 Wochen p.p. = Startkühe: Blutserumproben, Vollblutproben, Harnproben, Haarproben Gruppe 5 15 bis 18 Wochen p.p. = Hochleistungskühe: Blutserumproben, Vollblutproben, Harnproben

C1.2.2. Herden unter 200 Milchkühe (4 Gruppen) Gruppe 1 – 8 bis – 3 Wochen p.p = Trockenstehperiode 1 (frühe Trockenstehperiode): Harnproben Gruppe 2 -3 bis 0 Wochen p.p. = Trockenstehperiode 2 (Vorbereitungsperiode): Blutserumproben, Vollblutproben, Harnproben, Haarproben Gruppe 3 0 bis 5 Woche p.p. = Startkühe: Blutserumproben, Vollblutproben, Harnproben Gruppe 4

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6 bis 20 Wochen p.p. = Hochleistungskühe: Blutserumproben, Vollblutproben, Harnproben, Haarproben

C.1.3. Untersuchungsgrößen Blutserum: Enzyme: ASAT, CK, AP, GLDH, GGT, CHE, Metaboliten: Protein, Gallensäuren, Glukose, ß-Hydroxybutyrat, Cholesterol, Freie Fettsäuren, Kreatinin, Harnstoff, Fruktosamin, Laktat Mengenelemente: Ca, P, Mg, Na, K Spurenelemente: Se, Fe, Cu, Zn, Thyroxin Vitamine:

Vitamin A, E, B12, Folsäure, Biotin, ß-Karotin Vollblut:

Vitamin B1, Mn, pH, Basenüberschuß, Standardbikarbonat Hämoglobin, Hämatokrit, Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten Haare: Zink, Mangan Harn: Mg, Na, K, Cl, Ca, P, Kreatinin, pH, NSBA, Basen, Säuren, BSQ, Ammonium

C.2. Konditionsbeurteilung: Ziel: Bewertung der Konditionsentwicklung in der Laktation und Bewertung der Qualität der Färsenaufzucht Methodik: Ultraschallmessung der Rückenfettdicke Probanden: Kühe unabhängig von der Laktationszahl und vom Laktationstag hochtragende Färsen Anzahl:

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möglichst große Zahl an Einzeltieren mit zufälliger Auswahl aus der Herde

C.3. Rationsanalyse: Ziel: Feststellen der Mischgenauigkeit, der Übereinstimmung der kalkulierten Rationskennwerte mit den untersuchten Messwerten und mit den allgemein gültigen Zielwerten, Einschätzung der Wirksamkeit von Prophylaxemaßnahmen gegen Gebärparese/Festliegen, Ketose und Azidose Methodik: TMR-Analyse Auswahl: TMR- Probe der Vorbereitungsration (in Abhängigkeit von der Fragestellung zusätzlich weitere TMR-Proben mit einem modifizierten Untersuchungsspektrum) Vorgehen: Der Herdenmanager entnimmt und versendet eine repräsentative Futterprobe. In der Regel erfolgt die Untersuchung der Probe in einem ausgewählten Untersuchungslabor nach einem vorgegebenen Untersuchungsprofil.

C.4. Auswertung der Herdendaten: Ziel: Systematische Auswertung der Milchleistungs- Fruchtbarkeits-, Milchzellzahl, Erkrankungs- und Abgangsdaten Methodik: Anwendung des Auswertungsprogrammes ITB 32 (Data Service GmbH Paretz) Vorgehen: Datenbasis bildet das Herdenverwaltungsprogramm Herde (Data Service GmbH Paretz). Wird dieses Programm im Betrieb genutzt, wird am Tag der Probenentnahme eine aktuelle Datensicherung auf einem mobilen Datenträger mitgenommen. Es kann auch eine Datensicherung per mail versandt werden. Wird das Programm Herde nicht genutzt, dann erlaubt der Betriebsleiter durch Ausfüllen eines Formulars den Rückgriff auf die Herdendatensicherung über den VIT.

D. Weiterführende Untersuchungen: In Auswertung der Untersuchungsergebnisse können weiterführende Untersuchungen (z.B. Spurenelementanalytik in Leberbiopsieproben) nach Absprache angeschlossen werden.

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Risikoanalyse und Beeinflussung des Stoffwechsels durch

Managementmaßnahmen

Rolf Mansfeld

Klinik für Wiederkäuer mit Ambulanz und Bestandsbetreuung,

LMU München, Oberschleißheim

E-Mail: [email protected]

Die Integrierte Tierärztliche Bestandsbetreuung (ITB) folgt in ihrem Streben nach kontrollierter Präventivmedizin und Minimierung krankheitsbedingter Verluste einem ganzheitlichen Ansatz. Das bedeutet, es werden sowohl die Gesundheit und die Leistung der Tiere als auch die diese beeinflussenden Faktoren berücksichtigt. Die ITB besteht daher zum einen aus Präventivmaßnahmen gegen Krankheiten und einem umfassenden Tiergesundheits- Monitoring mit regelmäßigen Auswertungen und den daraus folgenden Behandlungsmaßnahmen auf Einzeltier-, Tiergruppen und Bestandsebene, zum anderen aus Maßnahmen, die die Hauptfaktoren für die Gesundheit, die Fruchtbarkeit und die Leistungsfähigkeit von Tieren beeinflussen. Dazu gehören v.a. die Faktoren Haltung, Fütterung, Management und Abstammung. Für die in der ITB regelmäßig durchzuführenden Soll-Ist-Vergleiche werden geeignete Prüfkriterien (sog. „Indikatoren“) herangezogen. Im besten Fall handelt es sich um Indikatoren, die nicht bereits Erkrankungen anzeigen, wie zum Beispiel erhöhte Zellgehalte in der Milch, sondern die Bewertung bestehender Erkrankungsrisiken ermöglichen. Die Risikoanalyse ist ein systematisches Verfahren zur umfassenden Bewertung von Risiken. Dazu werden bestehende Risiken zunächst identifiziert. Eine Liste der Gefährdungen wird erstellt und die Ursachen werden analysiert. Eine Risikobewertung erfolgt im besten Fall durch Multiplikation des zu erwartenden Schadens mit der Eintrittswahrscheinlichkeit. Auf Basis der Bewertung werden Präventionsmaßnahmen zur Reduktion oder Vermeidung möglicher negativer Ereignisse, wie subklinische oder klinische Erkrankungen, vor allem solcher mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit und hohem zu erwartenden Schaden, eingeführt. Bei der Arbeit mit biologischen Systemen, wie z. B. in einem Milcherzeugerbetrieb, sind wir in der Regel mit multifaktoriellen Problemen konfrontiert. Viele der für die Erkrankungsrisiken der Tiere relevanten Faktoren sind zudem nicht konstant. Es kommt hier das sog. „Flaschenhalsphänomen“ zum Tragen. Das bedeutet, dass im Rahmen eines Faktoren-Monitorings, immer wieder von Neuem, die limitierenden Faktoren und damit die möglichen aktuellen Ursachen für ein erhöhtes Erkrankungsrisiko erkannt und durch geeignete Maßnahmen abgestellt werden müssen. Es ist bekannt, dass mit zunehmender Milchleistung der Kühe, die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Reihe wichtiger Gesundheitsstörungen zunimmt. Andererseits gibt es

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Hochleistungsmilchviehherden, die gesund und fruchtbar sind. Das legt die Überlegung nahe, dass nicht in erster Linie die Leistung an sich, sondern das Herdenmanagement den limitierenden Faktor und damit die Ursache für erhöhte Erkrankungsrisiken darstellt. Die Prävalenzen subklinischer Ketosen in europäischen Milchviehherden sind hoch. In 85% der Herden haben ≥ 25% der Kühe im peripartalen Zeitraum eine Ketose. Diese Stoffwechselstörungen gehen nicht nur mit einer verminderten Milchleistung, sondern auch mit einer Erhöhung weiterer Erkrankungsrisiken, z.B. mit erhöhtem Mastitis- und Metritis- /Endometritis-Risiko, einher und sind in der Lage, erhebliche wirtschaftliche Schäden zu verursachen. Ein wichtiges Ziel ist es daher, den Ausprägungsgrad und die Dauer der Phase negativer Energiebilanz (NEB) nach der Kalbung möglichst gering zu halten. Durch Optimierung der Transitfütterung und Monitoring geeigneter stoffwechselrelevanter Parameter ist die Erkennung erhöhter, stoffwechselbedingter Erkrankungsrisiken und durch Korrekturmaßnahmen eine weit reichende Optimierung der Verhältnisse in dieser kritischen Phase möglich. Vor dem Hintergrund der hohen Ketose-Prävalenzen und in Abhängigkeit von der jeweiligen betrieblichen Situation (z.B. aktuelle Grundfutterqualität) sollten weitere Möglichkeiten zur Optimierung der Stoffwechselgesundheit als Managementmaßnahmen in Erwägung gezogen werden. Als eine wirksame Maßnahme hierfür wird die Flexibilisierung der Dauer der Trockenstehzeit angesehen. Die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen sprechen dafür, dass sich eine Verkürzung der Trockenstehzeit oder ein vollständiger Verzicht auf das Trockenstellen auf die Stoffwechselbalance der Kühe positiv auswirkt. So ergaben sich z.B. in einer Studie mit 64 HF-Kühen und dem Vergleich von 3 Gruppen (56, 28 Tage sowie keine geplante Trockenstehzeit) postpartal höhere Serum-Glukose- sowie niedrigere Leber-Triglyzerid- Konzentrationen und niedrigere Konzentrationen der Freien Fettsäuren im Blut bei den Tieren ohne geplante Trockenstehzeit. Die Ausprägung der NEB war bei 56 Tagen Trockenstehzeit im Vergleich zu 28 Tagen oder zum Durchmelken am stärksten. In weiteren Untersuchungen zeigte sich, dass Vorteile einer verkürzten Trockenstehzeit vor allem für multipare Tiere darstellbar sind, und dass bei Verkürzung der Trockenstehzeit ab der zweiten Laktation auf nicht weniger als 4 Wochen / 30 Tage keine wesentlichen Nachteile, aber Stoffwechselentlastungen mit Auswirkungen u.a. auf den Zyklus und den Zeitpunkt der ersten Ovulation zu erwarten sind. Damit kann die Länge der Trockenstehzeit vor allem für multipare Tiere als Stoffwechsel beeinflussendes Managementwerkzeug genutzt werden. Literatur Mansfeld R., C. Sauter-Louis u. R. Martin (2012): Auswirkungen der Länge der Trockenstehzeit bei Milchkühen auf Leistung, Gesundheit, Fruchtbarkeit und Kolostrumqualität. Tierärztl. Prax. 2012; 40 (G): 239-250

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Aus der Praxis der Stoffwechselüberwachung in Thüringer Milchviehher- den- Entwicklung der Stoffwechselparameter in den letzten 20 Jahren

W. Siebert, E. Menzer, K. Donat Thüringer Tierseuchenkasse, Rindergesundheitsdienst, Jena

E-Mail: [email protected]

Vorbetrachtung: Die Praxis der Stoffwechselüberwachung in Thüringer Milchviehbetrieben etablierte sich bereits in den 80er Jahren und wurde in DDR durch gesetzliche Vorschriften geregelt (TGL 34313). Die guten Erfahrungen der systematischen Blut- und Harnuntersuchungen festigten und erweiterten die metabolischen Profile zur Überwachung der Stoffwechselsituation. Die Mehrzahl der Thüringer Milchviehbetriebe arbeitet heute über eine Vereinbarung zur Stoffwechselüberwachung mit dem Rindergesundheitsdienst zusammen. Seit Mitte der 90er Jahre bis zum heutigen Zeitpunkt erfolgten die Probenahme und klinisch chemische Analyse mit grundsätzlich gleicher Methodik.

Methoden: Die überwiegende Anzahl der Proben wurde durch die Mitarbeiter des RGD entnommen und in den meisten Fällen noch am gleichen Tag im Labor des Tiergesundheitsdienstes bearbeitet. Darüber hinaus sendeten Tierärzte aus der Praxis Proben mit einem gut organisierten, landesweiten Kuriersystem ein, welches täglich unser Labor anfährt. Die Blutentnahme erfolgte überwiegend aus den Coccygealgefäßen, aber auch aus der Vena jugularis, der Harn wurde mit einem Katheter oder als Spontanharn gewonnen.

Die Indikatortiere repräsentieren Leistungsgruppen in besonders belasteten Laktationsabschnitten:

-1. Gruppe: 3 Wochen a.p. bis zur Geburt (Vorbereiter),

-2. Gruppe: 2 bis 10 Tage p.p. (Frischkalber),

-3. Gruppe: frühe Laktation 2. und 3. Laktationsmonat (Laktierer)

Jeder Leistungsgruppe ist ein Stoffwechselprofil zugeordnet, welches als Standardprogramm im Labor bearbeitet wird. Bei Bedarf wird das Profil erweitert und durch zusätzliche Untersuchungen, zum Teil auch durch Probenversendung in externe Labore, ergänzt.

Auf der Basis einer Stichprobe von durchschnittlich 7 Tieren werden sowohl die Ergebnisse der Einzeltiere als auch die der Leistungsgruppe (arithmetischer Mittelwert der gemessenen

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Parameter) beurteilt.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Entwicklung ausgewählter Stoffwechselparameter über zwei Jahrzehnte zu betrachten.

Die Ergebnisse der untersuchten Parameter lassen deutliche Störungen im Energiestoffwechsel erkennen. Beanstandungen (BHB 22-50%, Bilirubin 23-66%) bei Frischkalbern liegen immer deutlich über dem Niveau der Frischmelker. Freie Fettsäuren gehören seit 2007 mit zum Standardprofil und sind bei Trockenstehern (30-58%) nur geringfügig weniger als bei Frischkalbern (45-86%) beanstandet worden.

Erhöhte Harnstoffkonzentrationen infolge gestörter Pansensynchronisation können erhebliche Leberbelastungen auslösen. In den meisten Jahren liegen mehr als die Hälfte der Frischmelker aber auch ein Viertel der Trockensteher und Frischkalber über den physiologischen Blutharnstoffgrenzwerten.

GLDH-Aktivitäten sind bis zu 80% beanstandet worden bei den laktierenden Kuhgruppen und liegen fast immer doppelt so hoch wie die gemessenen Konzentrationen der Frischmelker.

Defizite bei Natrium und gleichzeitiger Kaliumüberschuss bewirken alkalotische Belastungen, die wir gehäuft bei Trockenstehern finden. Azidotische Belastungen sind nahezu gleich bei Frischkalbern und Frischmelkern bis zum Jahre 2008 zu finden. Danach fallen diese bis 2014 bei Frischkalbern auf 11%, während Frischmelker noch mit über 34% beanstandet werden.

Im Blutserum widerspiegelt die Selenkonzentration die Versorgung mit diesem Spurenelement. Im Beobachtungszeitraum verbessert sich die Situation bei Frischkalbern und Frischmelkern deutlich und liegt unter 10%, dagegen sind wieder steigende Beanstandungen bei Trockenstehern bis zu 40% zu verzeichnen.

Zusammenfassung: Die Kontinuität des Systems Stoffwechselüberwachung der Milchviehherden ermöglicht die Erkennung langfristiger Trends. Die Überwachung der Transitphase zeigt metabolische Störungen früher und deutlicher an als MLP-Daten. Die Stoffwechseluntersuchung anhand von Blut- und Harnproben erlaubt Aussagen zum Einzeltier und zur Variation. Es werden Mineralstoff-und Spurenelementversorgung erfasst. Die Stoffwechselkontrolle ist ein entscheidender Baustein im Komplex der Gesundheits- und Fütterungsüberwachung und wird sinnvoll ergänzt durch klinische Untersuchungen sowie MLP-Daten, BCS-Beurteilung, Rations-und Futtermittelanalysen.

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Peripartale Blutserumkonzentrationen an anorganischem Phosphat bei Milchkühen und ihre Beziehungen zur Milchleistung, Fruchtbarkeit

und zu Erkrankungen in der Folgelaktation

K. Hansen, L. Pieper, A. Roder, R. Staufenbiel

Freie Universität Berlin, Klinik für Klauentiere, Königsweg 65, 14163 Berlin E-Mail: [email protected] Problemstellung: Peripartale Milchrinder neigen zu verminderten Ca und P-Blutwerten, wo- bei diese Tendenz bei pluriparen Tieren im Vergleich zu primiparen deutlich höher ist. In ver- schiedenen Studien konnte einen Zusammenhang zwischen Hypophosphatämie und verschie- denen peripartalen Erkrankungen wie Labmagenverlagerung, Milchfieber oder Leberverfet- tung gezeigt werden. Es scheint sich bei der Hypophosphatämie um einen häufigen Befund bei kranken Tieren zu handeln, jedoch ist eine Laktationsdynamik, mit Tiefpunkt der Phos- phatwerte rund um die Geburt, ebenfalls zu beobachten. Ziel der vorliegenden Studie war die Überprüfung der Zusammenhänge zwischen niedrigen Blutserumkonzentrationen an anorganischem Phosphat und peripartalen Erkrankungen, Fruchtbarkeit und Milchleistung. Versuchsanordnung: In einem norddeutschen Milchviehbetrieb wurden zwischen April 2011 und März 2012 von 1794 primi- und pluriparen Tieren Blutproben an den Tagen 0, 1, 3, und 5 nach der Kalbung entnommen. Postpartale Erkrankungen (klinische und subklinische Gebärparese, Nachgeburtsverhaltung, Labmagenverlagerung, klinische und subklinische Ketose, Metritis, Mastitis und Klauenerkrankung) sowie Fruchtbarkeitskennzahlen (Rastzeit und Zwischentragezeit) und die 100d-Milchleistung wurden erfasst. Ein allgemeines lineares Modell mit Messwertwiederholung wurde zur Darstellung des Verlaufs der Phosphatkonzentrationen genutzt. Die Phosphatkonzentrationen wurden dann kategorisiert (≤1,6 mmol/l; >1,6 mmol/l) und mittels logistischer Regressionen mit den Erkrankungen in Beziehung gesetzt. Die Datenauswertung fand mit dem Statistikprogramm SPSS statt und p- Werte <0,05 wurden als signifikant angesehen. Ergebnisse: Die postpartalen Phosphatkonzentrationen waren zum Teil sehr niedrig und Werte unterhalb des Referenzwertes von 1,6 mmol/l wurden bei 94% der Tiere an Tag 0, bei 45% an Tag 1, bei 55% an Tag 4 und bei 44% an Tag 5 beobachtet. Der postpartale Verlauf der Phosphatkonzentration war abhängig von der Laktationszahl, wobei die geringsten Werte bei hohen Laktationszahlen gefunden wurden (Abbildung 1). Nach Berücksichtigung der Laktationszahl erkrankten hypophosphatämische Tiere (≤1,6 mmol/l) an Tag 0 seltener an 49 klinischer Ketose, klinischer Gebärparese und linksseitiger Labmagenverlagerung. Tiere mit Hypophosphatämie an Tag 1 erkrankten dagegen häufiger an klinischer und subklinischer Gebärparese und hatten häufiger Endometritiden. Tiere mit Gebärparese hatten dabei einen flacheren Anstieg der Phosphatkonzentration von Tag 0 bis Tag 1 p.p. als Tiere ohne Gebärparese (Abbildung 2). Bei Betrachtung aller Tiere hatten hypophosphatämische Tiere an Tag 0, 1 und 3 eine geringere Rastzeit als normophosphatämische Tiere. Die Zwischenkalbezeit war dagegen nicht unterschiedlich zwischen hypo- und normophosphatämischen Tieren. Bei der ausschließlichen Betrachtung von Tieren der 2. und höheren Laktation waren keine Unterschiede in den Reproduktionsparametern zwischen Tieren mit Hypophosphatämie und Normophosphatämie erkennbar. Die 100d-Milchleistung war höher bei Tieren, die am Tag der Kalbung und an Tag 3 p.p. eine Hypophosphatämie hatten. Diskussion: Eine Hypophosphatämie tritt bei fast allen Tieren am Tag der Kalbung und bei etwa der Hälfte aller Tiere an allen anderen Zeitpunkten in der ersten Laktationswoche auf. Nur ein geringer positiver Zusammenhang wurde zwischen Hypophosphatämie an Tag 1 und klinischer und subklinischer Hypokalzämie gefunden, wobei die Kausalität fraglich ist. Des Weiteren ist der Zusammenhang nicht einheitlich über alle Untersuchungstage feststellbar. Es lässt sich vermuten, dass die Hypophosphatämie als Folge einer Hypokalzämie, aufgrund verminderter Futteraufnahme und Vormagenmotorik, zu beobachten ist. Hypophosphatämische Tiere haben keine unterschiedlichen Fruchtbarkeitsparameter und zum Teil bessere Milchleistung und als normophosphatämische Tiere. Die klinische Relevanz dieser Feststellung muss allerdings noch untersucht werden. Schlussfolgerung: Die postpartale Hypophosphatämie ist eine regelmäßige Erscheinung bei Holstein Friesian Kühen und ihre klinische Relevanz ist fraglich.

Abbildung 1 Abbildung 2

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Die Euterlymphe als diagnostisches Medium – Gewinnung und Nachweis von Mycobacterium avium subsp. paratuberculosis beim Rind

J. L. Khol1, P. Pinedo2, C. D. Buergelt3, L. M. Neumann3, D. O. Rae3

1Universitätsklinik für Wiederkäuer, Veterinärmedizinische Universität Wien; 2Texas A&M Agrilife Research and Extension Center at Amarillo; 3Food Animal Reproduction & Medicine Service, University of Florida E-Mail: [email protected]

Einleitung Die Paratuberkulose, oder Johne´sche Krankheit, wird durch das Mycobacterium avium subsp. paratuberculosis (MAP) hervorgerufen und kann in betroffenen Rinderbetrieben zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen führen. Die Diagnosestellung ist vor allem in frühen Infektionsstadien schwierig, da die heute zur Verfügung stehenden Labortests zum Nachweis einer MAP-Infektion bei subklinisch infizierten Tieren keine ausreichende Sensitivität aufweisen. Das Lymphsystem nimmt eine zentrale Rolle in der Infektionsabwehr ein und ist ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems von Säugetieren. Die oberflächlichen Lymphgefäße am Euter des Rindes sind der Punktion und damit der Gewinnung von Lymphflüssigkeit zugänglich. Das erste Ziel dieser Studie war es, die Punktion von Lymphgefäßen am Rindereuter unter Feldbedingungen zu evaluieren. Das zweite Ziel war die Überprüfung der Hypothese, dass MAP in der Lymphflüssigkeit von mit Paratuberkulose infizierten Kühen nachgewiesen werden kann und damit als mögliches Medium zur Frühdiagnostik einer MAP-Infektion genutzt werden könnte.

Material und Methode Insgesamt wurden bei 58 Kühen aus MAP-positiven Herden eine oder mehrere Lymphpunktionen, im Abstand von 8 bis 12 Monaten am Betrieb durchgeführt. Bei 56 dieser Tiere wurden die Reaktion der Kühe, sowie der Schwierigkeitsgrad der Durchführung auf die Punktion festgehalten. Die daraus resultierenden 122 Lymphproben wurden mittels nested PCR auf MAP (IS900) untersucht, wobei in der ersten Reaktion die Primer P90 und P91 und in der zweiten die Primer J1 und J2 zum Einsatz kamen. Die Ergebnisse der Lymphuntersuchung wurden mit jenen der Blut- und Milchuntersuchung auf MAP mittels ELISA sowie der Kotkultur verglichen. 51

Ergebnisse Die Punktion der oberflächlichen Euterlymphgefäße führte bei 94,6 % der Kühe zu keinen, oder geringen Reaktionen. Bei 51,8 % der Tiere konnte beim ersten Versuch Lymphflüssigkeit gewonnen werden, bei 12,1 % blieb die Punktion trotz mehrerer Versuche ohne Erfolg. Insgesamt konnte in 27,1 % der Lymphproben MAP mittels PCR nachgewiesen werden, wobei die Übereinstimmung mit den übrigen eingesetzten Tests schlecht war. Von den Lymph-positiven Kühen waren 6,9 % in allen anderen Testverfahren ebenfalls positiv, wohingegen 69,0 % der in der Lymphe MAP-positiven Tiere in allen anderen Tests ein negatives Ergebnis aufwiesen. Die Wiederholungsuntersuchungen nach 8 bis 12 Monaten ergaben 20,0 % Lymph-positive Kühe bei der ersten, 5,5 % positive bei der zweiten und 27,8 % positive Tiere bei der dritten Wiederholungsuntersuchung. Dabei wies lediglich eine Kuh bei mehr als einer Untersuchung ein positives Ergebnis der Lymph-PCR auf. Die retrospektive Auswertung der in den Betrieben geführten Aufzeichnungen zeigte, dass Kühe bei denen MAP in der Lymphe nachgewiesen werden konnte, eine um das 7,2 fache erhöhte Wahrscheinlichkeit (Odds Ratio) als Lymph-negative Tiere aufwiesen, 8 bis 12 Monate nach der Untersuchung nicht mehr in der Herde zu sein . Schlussfolgerungen Die Punktion der oberflächlichen Lymphgefäße und die Gewinnung von Lymphflüssigkeit sind beim Rind auch unter Praxisbedingungen durchführbar und werden von den Tieren gut toleriert. Der Nachweis von MAP in der Lymphflüssigkeit mittels PCR zeigte sich in der vorliegenden Untersuchung gegenüber anderen Verfahren zum Nachweis einer Paratuberkuloseinfektion in frühen Infektionsstadien möglicherweise überlegen. Weitere Untersuchungen zur Abklärung der Sensitivität und Spezifität sowie der Reproduzierbarkeit dieses neuen Ansatzes in der Paratuberkulosediagnostik sind jedoch notwendig.

Literatur beim Autor

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Dynamik der subkutanen und abdominalen Fettdepots beim Milchrind im peripartalen Zeitraum und Beziehungen zu Markern der Fettmobilisation

Lena Ruda1, C. Raschka2, K.Huber3, S. Dänicke4, P.Wenning2, J. Rehage2

1 Klinik für Wiederkäuer mit Ambulanz und Bestandbetreuung Ludwig-Maximilians- Universität München Oberschleißheim, e-Mail: [email protected] 2 Klinik für Rinder Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover 3 Physiologisches Institut Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover 4 Institut für Tierernährung, Friedrich Löffler Institut, Braunschweig

Problemstellung: In der humanmedizinischen Forschung hat sich in den letzten Jahren die Sichtweise auf das Fettgewebe grundlegend geändert. Es ist bekannt, dass Fettgewebe in Abhängigkeit von seiner Lokalisation am und im Körper unterschiedliche metabolische Aktivität aufweisen kann. Dies bezieht sich zum einen auf das Sekretionsmuster der Adipokine zum anderen auf die Ansprechbarkeit gegenüber lipolytischen (z.B. Katecholamine) und antilipolytischen Effektoren (z.B. Insulin) (Klöting et al., 2007). Dementsprechend haben die unterschiedlichen Fettdepots für die Entstehung von metabolischen Erkrankungen eine unterschiedlich große pathogenetische Bedeutung. Auf Grund der pathogenetischen und klinischen Parallelen zwischen dem Lipomobilisationssyndrom des Rindes und dem metabolischen Syndroms des Menschen (reduzierte Insulinwirkung, Hyperlipidämie, Ketonämie) stellt sich auch für die Rindermedizin die Frage, inwieweit die individuelle Verteilung des Fettgewebes, das Risiko des Einzeltieres für die Entwicklung eines LMS und der assoziierten Erkrankungen maßgeblich beeinflusst.

Ziel dieser Arbeit war es die Verteilung des Körperfettes des Milchrindes auf einzelne Fettdepots zu erfassen und die Dynamik ihres Auf- und Abbaus von der Trockenstehzeit bis zum 100. Laktationstag zu beschreiben. Weiterhin sollten mögliche Zusammenhänge mit den Markern der Fettmobilisation während der Frühlaktation überprüft werden.

Versuchsaufbau I: Um die Dynamik der einzelnen Fettdepots im entscheidenden peripartalen Zeitraum darstellen zu können, bedarf es zunächst einer nicht invasiven Methode, mit der sich die Fettmenge der jeweils einzelnen Depots zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit hinreichender Genauigkeit schätzen lassen. Bei 30 HF/SB Kühen wurden die subkutane und retroperitoneale Fettgewebsschicht an insgesamt 16 verschiedenen Körperpunkten mittels 53 transkutaner Ultrasonographie vermessen. Die Tiere wurden anschließend geschlachtet und die tatsächlichen Fettmengen der einzelnen Depots durch Wägung erfasst.

Ergebnisse I: Die Menge des gesamten abdominalen Fettes (AAT) war unabhängig vom Produktionszyklus immer ungefähr doppelt so groß wie die des subkutanen. Das retroperitoneale (RPAT), das mesenteriale (MAT) und das Netzfett (OMAT) machten jeweils ca.1/3 des AAT aus. Eine multiple Regressionsanalyse unter Verwendung der mittels Ultraschall erhobenen Fettdicken ergab Schätzgleichungen mit einem Bestimmheitsmaß von R2 = 0.89 (SCAT) bis R2 = 0.96 (RPAT) und einem RMSE von 5.48 kg AAT bis 1.73 kg für RPAT (Raschka und Locher et al., zur Veröffentlichung eingereicht)

Versuchsaufbau II: 47 HF/SB Kühe (n = 29) und Färsen (n = 18) wurden zum Trockenstellen (≈ 42 d ap) sowie am 3., 21., und 100 d pp mittels Ultraschall untersucht und die absoluten Mengen sowie die Veränderungen über die Zeit berechnet. Weiterhin wurden wöchentlich Blutproben zur Bestimmung der Konzentration der freien Fettsäuren (NEFA) und des β-Hydroxybutyrates (BHB) entnommen.

Ergebnisse II: In der Trockenstehzeit wurde absolut mehr AAT als SCAT akkumuliert und in den ersten 21 d pp wiederum mobilisiert, relativ bestand jedoch kein signifikanter Unterschied. Weiterhin war die tägliche Mobilisationsrate (kg/d) in allen Depots zwischen dem 3. und 21. d pp größer als zwischen dem 21. und dem 100. d pp. Bei der getrennten Betrachtung der Färsen zeigte sich ein konsistenter, signifikant positiver Zusammenhang zwischen der absoluten Menge an OMAT und MAT zum Zeitpunkt des Trockenstellens mit der Höhe der NEFA Konzentration vom 14. – 35. d pp.

Schlussfolgerungen: Die vergleichende Darstellung der Akkumulation und Mobilisation abdominaler und subkutaner Fettdepots beim Milchrind verdeutlich zwar die quantitative Bedeutung der abdominalen Depots, spricht aber gleichzeitig gegen eine höhere intrinsische lipolytische Aktivität der abdominalen Fettgewebe. Dennoch scheinen insbesondere bei Färsen die Mengen an MAT und OMAT zum Trockenstellen für die Höhe der NEFA- Konzentrationen in der Frühlaktation eine größere Rolle zu spielen, als die entsprechende Menge an SCAT.

Literatur: bei den Autoren

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Diagnostik des Kaliumstoffwechsels beim Milchrind

Th. Wittek1, Anja Müller2, Stephanie Egger1

1Universitätsklinik für Wiederkäuer, Veterinärmedizinische Universität Wien 2IDEXX Laboratories, Ludwigsburg, Deutschland E-mail: [email protected]

Problemstellung: Die Routinemethode den Kaliumhaushalt von Rindern einzuschätzen ist die Messung der Kaliumkonzentration im Blutplasma. Diese Methode misst die extrazelluläre Konzentration jedoch nicht die intrazelluläre Kaliumkonzentration. Gesunde Kühe nehmen über die Nahrung große Mengen an Kalium auf und müssen das überschüssige Kalium hauptsächlich über die Nieren ausscheiden. Jedoch kann es durch eine deutlich verminderte Futteraufnahme z.B. peripartal oder durch vollständige bzw. partielle Ileuszustände des Gastrointestinaltraktes zur Hypokalämie kommen. Ziel/Hypothese: Die wesentliche Hypothese der hier vorliegenden Untersuchung besagte, dass Kühe mit einer verringerten Futteraufnahme eine Kaliumdepletion entwickeln, d.h. die Kaliumkonzentration nicht nur im extrazellulären sondern auch im intrazellulären Raum vermindert ist. Material, Tiere und Methoden: Es wurden insgesamt 40 Kühe in die Untersuchung einbezogen, die eine potentiell defizitäre Kaliumversorgung aufwiesen. Das waren 20 Kühe vom 1. bis 3. d post partum (Gruppe 1) und 20 Kühe mit intestinalem Ileus (Gruppe 2). Heparinisierte Blutproben wurden für die Blutgasanalyse und die Bestimmung der extrazellulären Kaliumkonzentration im Plasma gewonnen. Zur Einschätzung der intrazellulären Konzentration wurde Kalium in Erythrozyten und im Muskelgewebe aus Proben aus dem Glutealmuskel bestimmt (ICP –MS). Ergebnisse: In der Studie zeigten die Kühe nach dem Abkalben (Gruppe 1) keine ausgeprägte Hypokalämie, auch die Konzentrationen in Erythrozyten und Muskelzellen dieser Kühe waren nicht vermindert. Im Gegensatz dazu wiesen viele Kühe mit Ileus deutlich verminderte Kaliumkonzentrationen im Blutplasma auf (2.9 ± 0,78 mmol/l), die Konzentrationen an Kalium in den Erythrozyten und Muskelzellen waren im Vergleich zu den Kühen der Gruppe 1 nicht vermindert. Die intrazellulären Kaliumkonzentrationen in den Erythrozyten wiesen beträchtliche Variationen auf. Sie reichten in der Gruppe 1 von 3497 mg/kg zu 10735 mg/kg und in Gruppe 2 von 4139 zu 21678 mg/kg ohne dass signifikante Unterschiede bestanden. Die

55 intrazellulären Kaliumkonzentrationen in den Muskelzellen unterschieden sich ebenso nicht zwischen den Gruppen. In Gruppe 1 schwankte die Kaliumkonzentration in der Muskulatur zwischen 1333 und 4641 mg/kg, in Gruppe 2 zwischen 2164 und 7408 mg/kg. Es bestanden keine signifikanten Assoziationen zwischen den Kaliumkonzentrationen im Blutplasma, in den Erythrozyten und in der Muskulatur. Diskussion: Generell hat diese Studie bestätigt, dass die Messung der extrazellulären Kaliumkonzentration im Blutplasma keine Aussagen über den Versorgungstatus des Organismus mit Kalium zulässt. Die initale Hypothese der Studie konnte nicht bestätigt werden, im Gegensatz zu einer aus der Literatur abgeleiteten Subhypothese wiesen die Kühe der Gruppe 1 keine Hypokalämie im postpartalen Zeitraum auf. Offensichtlich ist es möglich die Tiere so zu füttern, dass dieser Zustand vermieden werden kann. Kühe mit intestinalem Ileus waren überwiegend hypokalämisch, jedoch, wahrscheinlich durch die kurze Krankheitsdauer bedingt, trat in den meisten Fällen keine Kaliumdepletion im intrazellulären Raum auf. Erythrozyten sind, obwohl leicht zu gewinnen, wenig geeignet den intrazellulären Kaliumhaushalt zu beurteilen, da sehr starke individuelle Schwankungen auftreten. Muskelbiopsien lassen sich unkompliziert gewinnen, eine Messung der Kaliumkonzentration ist ebenfalls zuverlässig möglich.

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Fallstricke bei der Labordiagnostik von Störungen des Kaliumhaushaltes

K. E. Müller, H. El-Zahar

Klinik für Klauentiere, Fachbereich Veterinärmedizin, Freie Universität Berlin E-Mail: kerstin-elisabeth. [email protected]

Problemstellung: Störungen der Kaliumhomöostase treten beim Rind im Zusammenhang mit Anorexie, Nierenerkrankungen, Durchfall, Behinderungen der Passage von Darminhalt am Pylorus, Ileus sowie mit dem Lipomobilisationssyndrom auf. Die klinischen Erscheinungen bei Hypokaliämie sind durch zunehmende Muskelschwäche bis hin zum Festliegen gekennzeichnet sowie durch Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern). Vor allem für den im Feld tätigen Rinderpraktiker ist die diagnostische Abklärung mittels weiterführender Untersuchungen durch Einsendung und Untersuchung von Blutproben oder mittels Anwendung so genannter "cowside" Testverfahren, die sich methodisch ionensensitive Elektroden (ISE) zunutze machen, nicht ganz unproblematisch. Faktoren, die die Güte des Probenmaterials beeinflussen sowie die Methodik der Analyse können das Untersuchungsergebnis derart beeinflussen, dass falsche Schlüsse in Hinblick auf die Therapie möglich sind.

Ziel der Studie war: 1. den Einfluss präanalytischer Faktoren (Lagerungsdauer und - temperatur, mechanische Einflüsse) zu untersuchen. 2. das Maß der Übereinstimmung zweier Analysemethoden (Flammenatomemissionsspektroskopie FAES und ionen-selektive Elektrode) zu bestimmen und 3. den Einfluss erhöhter und erniedrigter Gesamteiweiß und Cholesterolwerte sowie von Störungen des Säure-Basenhaushaltes zu untersuchen sowie 4. die Beziehung zwischen Plasma- und Muskelkaliumgehalt.

Versuchsanordnung: Das Probenmaterial stammte aus routinemäßigen Blutprobenentnahmen der Klinik. 1. Präanalytik: Blutproben wurden entweder bei Raumtemperatur (22°C) oder gekühlt (4°C) gelagert und in Intervallen bis zu 72 Stunden nach der Blutentnahme untersucht. Nach mechanisch induzierter Hämolyse wurden Hämoglobin und Kaliumbestimmungen im Probenmaterial durchgeführt und der Einfluss der Hämolyse bestimmt. Die Präzision zweier Messmethoden (ISE und FAES) wurde anhand von Referenzmaterial bestimmt sowie das Maß der Übereinstimmung der Ergebnisse von ISE und FAES anhand von Patientenblutproben. Probenmaterial mit Cholesterolspiegeln und Gesamteiweißspiegeln außerhalb Referenzbereichs wurde gesondert betrachtet. Muskelbiopsien wurden unmittelbar nach der Euthanasie von Klinikpatienten mit aussichtsloser Prognose gewonnen und die Kaliumgehalte in Blut und Gewebeproben

57 miteinander verglichen.

Ergebnisse: Präanalytik: Die Kaliumionenkonzentration stieg während eines Zeitraumes von 24 bzw. 72 Stunden in den Proben signifikant gegenüber dem anfänglichen Messergebnis (3.84±0.11 mmol/l) an, wenn die Proben bei (22°C) (4.88±0.11 mmol/l) bzw. bei 4oC (5.82±0.23 mmol/l) gelagert wurden. Die Mittelwerte der Kaliumkonzentration in nicht hämolytischen und hämolytischen Proben betrugen 4,99±1,14 mmol/l und 5,24±1,18 mmol/l. Die beobachteten Unterschiede der Kaliumkonzentration zwischen hämolytischen (Gruppe II und IV) und nicht hämolytischen Proben (Gruppe I und III) betrugen 0,24±0,21 mmol/l; FAES und ISE: Die statistische Analyse mittels der Bland-Altman Methode zeigte ein Maß an Übereinstimmung zwischen den beiden Methoden, das den Vorgaben des National Council for Laboratory Analysis entspricht. Die mittlere Differenz zwischen den beiden Verfahren betrug für Kalium -0.04±0.11 mmol/l. Innerhalb der oberen und der unteren Grenze der Ergebnisse bestand für die Analysen mittels der beiden Verfahren eine 95 %-ige Übereinstimmung. Ein Gesamtproteingehalt unterhalb des Referenzbereiches führte zu einem pseudohyper Effekt, also einer Überschätzung des tatsächlichen Kaliumspiegels, während hohe Gesamtproteingehalte einen pseudohypo-Effekt zur Folge hatten. Eine Korrelation zwischen Kaliumspiegeln in Blut und Muskulatur wurde nicht nachgewiesen.

Diskussion: Temperaturabhängige Änderungen der Kaliumkonzentration in der Plasmafraktion von Vollblutproben nach Lagerung lassen sich durch die Beeinflussung der Natriumkaliumpumpe erklären. Bei Raumtemperatur (22°C) ist die Pumpenfunktion zunächst erhöht. Später sinkt deren Aktivität durch die abnehmende Glukosekonzentration. Natrium dringt in die Zelle ein und Kalium verlässt diese. Darüber hinaus hat die Säure- Basenregulation einen erheblichen Einfluss auf die intrazelluläre Kaliumkonzentration. Bei 4°C Lagerungstemperatur wurden nur minimale Änderungen beobachtet, welche auf den verringerten Zellstoffwechsel bei der niedrigen Temperatur zurückzuführen sind.

Schlussfolgerungen: Die weiterführende Analytik bei Verdacht auf Störungen der Kaliumhomöostase sollte eine schonende Probengewinnung und den schonenden Transport der Blutproben einschließen um hämolyse- und lagerungsbedingte Einflüsse zu unterbinden. Im Labor müssen die Unterschiede bei der Bestimmung von Kalium mittels direkter ISE und FAES in einem Korrekturfaktor berücksichtigt werden. Obwohl die direkte ISE dasjenige Verfahren ist, das den Kaliumgehalt in Blutproben realistischer widerspiegelt, werden laut Vereinbarung der Labormediziner Ergebnisse auf das Verfahren der FAES bezogen.

Literatur beim Verfasser erhältlich

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Diagnostisches Potential von Aldosteron beim Rind

G. Köller, D. Görigk, M. Fürll

Medizinische Tierklinik, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig

E-Mail: [email protected]

Problemstellung: Kühen mit Exitus letalis haben häufig eine ausgeprägte Hypokalämie sowie stärkere entzündliche Organkrankheiten. Der Elektrolythaushalt inkl. Kalium wird durch das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System reguliert, besonders bei Schockzuständen. Hypotonie bei Schock führt zu einer verstärkten Aldosteron-Produktion. Aldosteron induziert eine verstärkte Rückresorption von Na+-, und Cl--Ionen. Dabei werden, aufgrund der verschiedenen Ionenaustauschprozesse im distalen Tubulus der Niere, K+-Ionen vermehrt ausgeschieden. Die Rückresorption der Na+-, und Cl--Ionen führt zu einer Rückresorption von Wasser, so dass durch die Volumenvergrößerung der Blutdruck wieder ansteigt.

Ziel dieser Arbeit war es, die Beziehungen zwischen Kalium und Aldosteron bei Kühen mit Labmagenverlagerung (LMV) sowie mit entzündlichen Krankheiten bei der Aufnahme in die Klinik zu analysieren. Versuchsanordnung: Es wurden 48 Kühe (Rasse Holstein Friesian) mit LMV und verschiedenen entzündlichen Erkrankungen (Endometritiden, Mastitis, Septikämie) untersucht. Bei Klinikaufnahme wurden Blutproben entnommen und verschiedene labordiagnostische Parameter, wie Na, K, Cl, pH, Base excess (BE) (ABL 555, Radiometer), Blutbild (ADVIA 120, Siemens), Enzyme und Metabolite (Hitachi 912, Roche Diagnostics) bestimmt. Die Proben blieben bis zu den Analysen bei -20°C eingefroren. Die Bestimmung des Aldosterons erfolgte mit einem ELISA (Aldosteron Elisa Kit, IBL international). Die statistische Analyse erfolgte mit dem Statistikprogramm R.

Ergebnisse: Die Patienten wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Zu Gruppe 1 wurden alle Kühe mit einer metabolischen Azidose (n=30) und in Gruppe 2 alle Tiere mit einer metabolischen Alkalose (n=18) zusammengefasst. In beiden Gruppen ergab ein Vergleich der Aldoste- ronkonzentrationen zwischen den geheilten und den gestorbenen Kühen keine signifikanten Unterschiede (Gruppe 1 geheilt/gestorben p=0,1363; Gruppe 2 geheilt/gestorben p=0,1509). Im Gegensatz dazu unterschied sich die Kaliumkonzentration bei metabolischer Azidose signifikanter zwischen geheilten und gestorbenen Kühen (p=0.0044). Gesicherte Unterschiede der K+-Konzentration zwischen geheilten und gestorbenen Kühen bestanden auch in der Gruppe 2 mit metabolischer Alkalose. In beiden Gruppen korrelierten die Aldosteron und der K+-Konzentration gesichert negativ (r: Gruppe 1 r = -0,440; r: Gruppe 2 r = -0.701). 59

Na+-Konzentrationen unterschieden sich zwischen gestorbenen und geheilten Kühen in beiden Gruppen nicht gesichert. Bei Kühen mit metabolischer Alkalose (Gruppe 2) korrelierte die Aldosteronkonzentration stark positiv mit den Kreatinin- und der Harnstoffkonzentrationen (r: Aldosteron vs Kreatinin r = 0,630; r: Aldosteron vs Harnstoff r = 0,710).

Ein weiterer Vergleich wurde zwischen Kühen ohne LMV (Gruppe 3; n = 10) sowie mit linker LMV (Gruppe 4); n = 34) und rechter LMV (Gruppe 5; n = 4) vorgenommen.

Die K+-Konzentrationen unterschieden sich zwischen Kühen mit LMV rechts (Median: 2,8 mmol/l) und LMV links (Median: 3,6 mmol/l) gesichert (p=0,030). Bei Kühen mit LMV rechts (Median: 366,0 ng/l) war die Aldosteronkonzentration höher als bei LMV links (Median: 74,5 ng/l) (p=0,092).

Diskussion: Bei metabolischen Alkalosen wird die K+-Konzentration stark von Aldosteron beeinflusst. Im Gegensatz dazu, wird die K+-Konzentration im Serum nicht nur vom Aldosteron, sondern auch von anderen zellulären Na+/K+-Austauschprozessen beeinflusst. Die glomeruläre Filtrationsrate beeinflusst die Aldosteron-Konzentration im Serum positiv. Ein Ansteigen der harnpflichtigen Stoffe Harnstoff und Kreatinin geht mit einem Anstieg der Aldosteronkonzentration einher.

Die Sekretion von Aldosteron erfolgt über die Renin-Angiotensin-Aldosteron-Achse. Allerdings konnten in-vitro Versuche zeigen, dass auch Ca2+ für die Aldosteronsynthese benötigt werden (Rossier 1996). Somit kann die Minimierung der Ca2+-Konzentration bei einer Azidose oder einer Hypokalzämie auch die Aldosteronsynthese beeinflussen. In den untersuchten Proben bestanden keine Ca2+-Unterschiede.

Bei rechtsseitigen LMV im Gegensatz zur linksseitigen LMV und anderen Erkrankungen wurde eine erniedrigte K+-Konzentration beobachtet. Diese Hypokalämie stimmt gut mit der höheren Aldosteronkonzentration überein. Eine Ursache für die erhöhte Aldosteronkonzentration bei der LMV rechts kann die Hypochlorämie sein, die zu einer verstärkten Cl—und Na+-Rückresorption in den Nieren führt. Bei dieser Aldosteron- vermittelten Rückresorption werden vermehrt K+-Ionen ausgeschieden.

Schlussfolgerungen: Aldosteron ist ein wichtiger Faktor zur Regulation der Elektrolytkon- zentrationen, der auch die Hypokalämie beeinflusst und therapeutisch zu berücksichtigen ist.

Literatur: Rossier, M. F.; Burnay, M. M.; Brandenburger, Y.; Cherradi, N.; Vallotton, M. B.; Capponi, A. M. (1996): Sources and sites of action of calcium in the regulation of aldosterone biosynthesis. In: Endocrine research 22 (4), S. 579-588.

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Hintergründe und Bekämpfung der Hypokalämie als klinisches Problem

M. Fürll

Medizinische Tierklinik, Leipzig, E-Mail: [email protected]

1. Bedeutung von Kalium: K ist das Hauptkation des Intrazellulärraumes und erfüllt wichti- ge Funktionen, wie a) Einfluss auf den Säure-Basen-Haushalt, b) Beteiligung an Membranpo- tentialen und neuromuskulärer Erregungsleitung c) Stoffwechseleffekte: d) Einfluss auf os- motischen Druck und Wasserhaushalt. Der K-Bedarf bei Kühen beträgt 5-7 g/kg TS. K- Mangel kommt bei vorhandener Futteraufnahme nicht vor, da in den Futtermitteln ausrei- chend K enthalten ist. Die K-Homöostase wird vor allem durch das Mineralokortikoid Al- dosteron reguliert, das die K- und H+-Ausscheidung sowie die Na-Retention fördert. Störungen der K-Homöostase werden hpts. durch reduzierte oder fehlende Futteraufnahme sowie die Diarrhoen verursacht. (Bei (per-) akuten Störungen können sowohl Hypokalämie (mangelnde Aufnahme, renale Verluste, gastrointestinale Verluste [Diarrhoe, Erbrechen], zweite Stressphase) sowie Hyperkalämien (starke Hypoxie und Azidose, gesteigerte Glyko- genolyse, Aldosteronmangel, erste Stressphase, intravasale Hämolysen) auftreten. Hypokalä- mie kann ein nicht therapeutisch beherrschbares Ausmaß erreichen und zum Exitus letalis führen. K-Überversorgung hat subklinisch wichtige Auswirkungen, wie die Begünstigung von Mastitiden, Fruchtbarkeitsstörungen, Gebärparese (GP) und Hypomagnesämie. 2. Kalium im Blutserum bei gesunden Kühen: An der MTK Leipzig wurden verschiedene Studien mit der Analyse von K bei insgesamt 1501 gesunden SB/HF- sowie FV und BV-Kü- hen durchgeführt. Die K-Konzentrationen liegen peripartal bei 4,40 ± 0,36 mmol/l Serum. Ein signifikanter Fütterungseinfluss von Gebirgslagen mit hohem Grasanteil sowie der Rassen SB-FV-BV ließ sich nicht feststellen. Die K-Gehalte im Futter differierten jahreszeitlich mit Maxima im Sommer und Minima im Winter, im Blutserum aber nur gering und im Harn re- ziprok zum Futtergehalt. Untersuchungen an 252 Tiroler BV–Kühen ergaben, dass unabhän- gig vom K-Gehalt im Futter die K-Konzentration im Blutserum weitgehend konstant bleibt. Insgesamt werden die Referenzwerte von 3,9 bis 5,2 mmol/l, unabhängig von Rasse- (SB/HF/ FV/BV), Jahreszeit-, Fütterungs- und Laktationseinflüssen, bestätigt. Die K-Konzentrationen in Blut und Harn erlauben keine Rückschlüsse auf die K-Versorgung mit dem Futter. 3. Kalium und Säure-Basen-Haushalt: K beeinflusst als starkes Kation wesentlich das Fut- ter und den Stoffwechsel alkalisierend. Für die Kationen-Anionen-Bilanz (DCAD) im Futter ist K ebenso dominant wie für die Netto-Säure-Basen-Ausscheidung (NSBA) im Harn:

DCAD/Futter = [K+Na]–[Cl+S]; NSBA/Harn = [Na+K+Ca+Mg+HC03]-[Cl+S+Pi+org. Säu- ren+ NH4]. Im Harn werden der pH-Wert und die NSBA stark durch das K beeinflusst. Bei durch Krankheiten fehlender K-Aufnahme werden die K-Ausscheidung durch die Nieren ge- drosselt und der Harn sauer (Azidurie). Bei Hypo- und Hyperkalurie sind idR. die Ketonkör- per und der Harnstoff im Blut erhöht.

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4. Kalium im Blutserum bei Krankheiten: In mehreren Verlaufsuntersuchungen wurden die Morbidität und die K-Konzentration analysiert (Jünger 2000, Schriever 2004, Hädrich 2007, Hoops 2007,Thebille 2008, Stertenbrink 2009, Bäuml 2014, Meyer-Müller 2014). Diese ha- ben gezeigt, dass hohe Futter-K-Gehalte gesichert mit der Häufigkeit von Gebärparesen und Klauenkrankheiten korrelieren und die Harn-K-Konzentrationen zu diesen Krankheiten in umgekehrter Beziehung stehen. Die peripartalen K-Konzentrationen bei verschiedenen Krankheiten sind bei keiner Krankheit, weder a.p. vor Krankheitsausbruch, noch p.p. <3,9 mmol/l. Diese Befunde werden verständlich, da die K-Blutkonzentrationen keine Auskunft über den K-Gehalt im Futter und die K-Versorgungslage liefern. Plausiblere Informationen liefern die Harn-K-Konzentration: erniedrigt ist die NSBA bei Kühen mit Retentio sec., GP und Mastitiden. Diese Krankheiten werden durch Störungen des K-Stoffwechsels ebenso be- günstigt, wie GP, Laminitis, Mastitis sowie Fruchtbarkeitsstörungen (ZTZ, BI). Bei den häu- figen Produktionskrankheiten Endometritis, Mastitis, GP, Laminitis und Infertilität besteht in praxi idR. Normokalämie im Blut. 3 d p.p. ist der Hypokalämie-Anteil bei Produktionskrank- heiten am höchsten und beträgt 1,4%. 5. Kalium bei Festliegern: K hat zweifach Verbindungen zum Festliegen: a) als Ursache für die Futter-Alkalisierung und so Begünstigung der GP b) als potentiell „eigene Ursache“ für das Festliegen. Die Bedeutung des K-Überschusses im Futter mit Steigerung der Kationen- Anionen-Bilanz (DCAD) für die GP ist gut bekannt. Bei Harn-K-Konzentration >300 mmol/l besteht ein hohes Risiko für GP. Die Frage nach Hypokalämie als eigene Festliegerursache ist schwieriger zu beantworten. Die K-Medianwerte von 325 peripartal untersuchten GP-Kühen befanden sich im Normbereich, signifikante Differenzen zu gesunden Kühen gab es nicht. Bei GP treten fördernde Hypokalämien <3 mmol/l 3 d p.p. zu 2,6% auf. 6. Kalium bei Kühen mit Hypophosphatämie: Hypophosphatämische Festlieger haben gegenüber GP-Kühen eine andere Ätiologie und Klinik. Sie kommen hpts. von der Kalbung bis 30 Tage p.p. vor, haben freies Sensorium, normale Futteraufnahme und können in der Hinterhand nicht aufstehen. Im Blut bestehen Hypokalzämie (p>0,05), starke Hypophosphatämie (p<0,01) sowie häufig eine Hypokalämie. Hauptursachen sind starke Entzündungen, wie Endometritiden, Enteritiden. In der Humanmedizin werden die Folgen der Hypokalämie elektrophysiologisch mit Hyperpolarisation und der verminderter neuromuskulärer Erregbarkeit beschrieben. Unter 110 hypophosphatämischen LMV-Kühen der MTK Leipzig hatten die Ex. letalis-Kühe auch ausgeprägte Hypophosphatämie (x̃ = 0,7 mmol/l), Hypokalzämie (x̃ = 0,91 mmol/l) und Hypokalämie (x̃ = 1,95 mmol/l), d.h., neben den ohnehin ungünstigen Pi- sowie Ca-Werten zusätzlich prognostisch infauste K-Konzentrationen. In einer zweiten Klinikstudie zur Hypophosphatämie waren die Ca-Konzentrationen zwar normal, die K-Konzentrationen aber trotz Therapie mit intravenöser KCl-Zufuhr (100 mmol/Tag) sowie oraler KCl-Gabe (50 bis 100 g/d) mit x̃ = 1,6 mmol/l ebenfalls stark erniedrigt. In beiden Studien hatten die Kühe mit den starken Hypophosphatämien neben der LMV auch Begleitkrankheiten mit 62

Entzündungsherden, wie Endometritis/Lochiometra sowie Enteritis. In der Humanmedizin sind Hypophosphatämien Charakteristika für Septikämien. Sie können über die Hemmung der Pi-Resorption im Darm sowie in den Nieren durch TNFα –bedingte Hemmung des Na-Pi-II-Co-Transportes erklärt werden. Die Hypokalämie wird a) durch die reduzierte bzw. fehlende Futteraufnahme und b) Entzündungen (Zytokine) verursacht. Diese führen zu erhöhter Aldosteronbildung und so zu mehr K-Ausscheidung. Dembek et al. (2013) beschreiben bei septischen Fohlen positive Korrelationen zwischen Aldosteron, Angiotensin II, ACTH und Cortisol. Zusätzlich hemmt oxidativer Stress die Aktivität der Na-K-ATPase (Dobrota et al. 1999). 7. Kalium bei Kühen mit Labmagenverlagerungen (LMV): Jüngere Literatur zur Hypokalämie bei Kühen konzentriert sich auf Kühe mit LMV. Dort wird hpts. reduzierte Futteraufnahme und gestörte Nierenfunktion für die Hypokalämie verantwortlich gemacht. Peripartale Verlaufsuntersuchungen an 64 Kühen mit späteren LMV in verschiedenen Betrieben zeigten aber, dass die K-Konzentrationen vor und bei Erkrankung alle physiologisch bei >3,9 mmol/l waren (Kastner 2002, Hädrich 2007, Thebille 2008, Stertenbrink 2009). Dasselbe gilt für die K-Konzentrationen bei geheilten LMV-Kühen der MTK Leipzig. Bei Ex. letalis-Kühen sank die K-Konzentration jedoch bis auf infauste < 2,00 mmol/l (Meyer-Müller 2014). 8. Therapie von Hypokalämien. Bei symptomatischer Therapie ist besonders auf Entzündungen (Endometritis; Mastitis, Enteritis) zu achten. Ätiologische Hpokalämie- Therapie bedeutet orale (oder i.v.)K-Substitution: 1. Entzündungs- (Sepsis-) Bekämpfung (nichtsteroidale/steroidale Antiphlogistica/Analgetica) 2. Hypokalämie-Substitution: KCL-Substitution: 0,4 g KCl /kg KM/Tag oral (i.v. 100 bis 200 mmol KCl/Tag per DT), Kaliumphosphat B. Braun (0,2 – 0,5 mmol/kg KM/Tag [Mensch]); Kaliumphosphat “Fresenius” 1molar Infusionszusatz-Ampullen (Mensch) 0,4 mmol Phosphat/kg KG/Tag)

3. Therapie der „Hypophosphatämie“ (i.v. 90 g Na2HP04/NaH2P04, Phosphat oral) Constable et al. (2014) ermittelten die stärksten Effekte bei 3stündlichen Gabe von 0,05 g KCL/kg KM, die 2x-Gabe von 0,20 g KCl/kg KM war ähnlich gut. 9. Fazit: Die K-Konzentrationen in Blut und Harn geben keine Rückschlüsse auf die K-Ver- sorgung mit dem Futter, aber Anorexie fördert Hypokalämie. Hypokalämien kommen hpts. bei Festliegern, Kühen mit LMVlinks und Entzündungen vor. Ursache von Hypokalämien sind (Organ-) Entzündungen (Retentio sec., Endometritis, Enteritis, Peritonitis); Zytokine (TNFα) aus dem viszeralen Fettgewebe schädigen ebenfalls. Die Therapie besteht in der rigorosen Be- kämpfung der Grundkrankheiten und in der oralen Gabe von 0,4 g KCl/kg KM/Tag. 100 mmol i.v. KCL im Dauertropf ist auch möglich. Hypokalämien sind idR. mit Hypophosphat- ämie gekoppelt. Deshalb ist ratsam, bei erfolgloser Erst-/Zweit-Behandlung von Festliegern

0,4 g KCl/kg KM/Tag oral sowie i.v. 90 g Na2HP04/NaH2P04 zu geben. K-Konzentrationen < 2 mmol/l sind nahezu infaust. Literatur: liegt beim Verfasser vor 63

Altersabhängige Entwicklung von Biomarkern in Blut, Ausatemluft und Kot bei gesunden Ziegen

S. Fischer1, P. Trefz2, A. Bergmann2, M. Steffens2, M. Ziller3, W. Miekisch2, J. K. Schubert2, H. Köhler1, P. Reinhold1

1Friedrich-Loeffler-Institut, Institut für molekulare Pathogenese, Jena 2Universität Rostock, Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Rostock 3Friedrich-Loeffler-Institut, Arbeitsgruppe Biomathematik, Greifswald-Insel Riems E-Mail: [email protected]; [email protected] Problemstellung: Ziegen entwickeln sich vom Milchlamm zum rein pflanzlich ernährten funktionalen Wiederkäuer. Neben der Umstellung der Verdauungsphysiologie und einer sichtbaren körperlichen Entwicklung sind auch diagnostische Marker im Blut vom physiologischen Einfluss des Alters betroffen. Die Nutzung von flüchtigen organischen Substanzen (volatile organic compounds, VOCs) als Biomarker zu diagnostischen Zwecken ist vielversprechend. VOCs entstehen während biochemischer Prozesse im Körper, werden über den Blutkreislauf verteilt und können so in verschiedene biologische Substrate (Atemgas, Kot, Urin) gelangen. Die Konzentration und Zusammensetzung identifizierter VOCs kann – ähnlich wie die Marker im Blut – einem altersabhängigen, physiologischen Einfluss unterliegen. Dieser Einfluss muss nicht nur bei der Evaluierung potentieller Biomarker, sondern auch bei der Findung von Referenzwerten berücksichtigt werden. Ziel dieser Arbeit war es, für Ziegen die altersabhängige Variabilität von Blutparametern – z.B. weißes Blutbild, Serum-Proteine und Glucose-Konzentration – sowie von potentiellen volatilen Biomarkern innerhalb des ersten Lebensjahres zu evaluieren. Versuchsanordnung: In einem standardisierten Großtiermodell wurden 15 klinisch gesunde Ziegen von der 3. Lebenswoche bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres wie folgt beprobt: (i) Im Abstand von 4 Wochen wurde peripheres Blut (via Punktion der Vena jugularis) für die Bestimmung der weißen Blutzellen, der Glucose-Konzentration und für die Serum-Elektrophorese gewonnen. (ii) Zu sieben Zeitpunkten (4., 8., 21., 32., 36., 44., 51. Lebenswoche) wurden Atemgas- und Kotproben zur VOC-Analyse gesammelt. Eine Identifizierung und Quantifizierung der VOCs erfolgte mittels Gaschromatografie und Massenspektrometrie. Ergebnisse: Während der ersten drei Lebensmonate bzw. mit der Umstellung vom Milchlamm zum Pflanzenfresser wurden sowohl im Blut als auch in den VOC-Profilen von Atemgas und Kot signifikante Veränderungen beobachtet. Im peripheren Blut nahmen die Konzentrationen des Gesamtproteins, des Albumins und der Gamma-Globuline signifikant zu, während die Glucose-Konzentration signifikant abnahm. Im weißen Blutbild zeigten die

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Gesamtleukozyten, insbesondere die Lymphozyten, einen altersabhängigen Verlauf mit charakteristischen Peaks um den 4. Lebensmonat, wohingegen die Anzahl segmentkerniger neutrophiler Granulozyten innerhalb der ersten Lebensmonate kontinuierlich abnahm. Bezüglich Zusammensetzung und Konzentration der VOCs traten die größten Veränderungen ebenfalls mit der Umstellung vom Milchlamm zum rein pflanzlich ernährten Wiederkäuer auf. Der stärkste Zusammenhang wurde zwischen Nonanal im Atemgas und den Konzentrationen von Glucose und Albumin im Blut ermittelt [1]. Diskussion: Die alters- und ernährungsbedingten metabolischen Umstellungen beeinflussten nicht nur alle untersuchten Blutparameter, sondern spiegelten sich auch in den VOC-Profilen von Atemgas oder Kot wider. Im Blut beobachtete Altersabhängigkeiten stimmen tendenziell mit Ergebnissen anderer Studien für weiße Blutzellen [2-6], Serum-Proteine [7] und Glucose [3] bei Ziegen überein. Die Daten der verschiedenen Studien sind jedoch kaum vergleichbar (rassebedingte Besonderheiten, Unterschiede im Studiendesign, differierende Haltungs- und Fütterungsbedingungen) und basieren meist auf nur kleinen Tiergruppen. Referenzwerte, welche neugeborene, juvenile und adulte Ziegen differenziert betrachten, fehlen bislang in der Literatur. Die Interpretation der VOC-Daten und die Nutzung von VOCs als potentielle Biomarker bedürfen der weiteren Bearbeitung. Schlussfolgerungen: Während der physiologischen Entwicklung der Tiere unterliegen viele biologische Marker signifikanten Veränderungen, so dass Referenzwerte nicht nur tierartspezifisch, sondern auch altersabhängig erstellt werden sollten. Eine Unterschätzung der physiologischen Variabilität von Biomarkern kann zu Fehlinterpretationen führen. Referenzen [1] Fischer S et al. 2015. Physiological variability in volatile organic compounds (VOCs) in exhaled breath and released from faeces due to nutrition and somatic growth in a standardized caprine animal model Journal of Breath Research (in press) [2] Somvanshi R et al. 1987. Haematological studies on Indian pashmina goats Res Vet Sci 42 124-6 [3] Steffen F et al. 1996. Referenzbereiche von elektrodiagnostischen und Laboruntersuchungen bei jungen Walliser Schwarzhalsziegen Tierärztliche Praxis 24 22-8 [4] Boss P H und Wanner M 1977. Das Blutbild der Saanenziege Schweiz. Arch. Tierheilk. 119 111-9 [5] Edjtehadi M 1978. Age-associated changes in the blood picture of the goat Zentralbl Veterinarmed A 25 198-206 [6] Holman H H and Dew S M 1965. The blood picture of the goat. IV. Changes in coagulation times, platelet counts and leucocyte numbers, associated with age Res Vet Sci 6 510-21 [7] Piccione G et al. 2011. Changes in serum total proteins,protein fractions and albumin-globulin ratio during neonatal period in goat kids and their mothers after parturition Annals of Animal Science 11 251-60

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Neues portables Photometer-Set für die Stoffwechselüberwachung

von Milchkühen

F. Bootz3, H. Hilmert2; M. Hostens1; B. Van Ranst1

1-Universität Ghent, Belgien, 2-Universität Berlin, 3-Tierarztpraxis, Ostrach,

Zielsetzung: Kühe im Abkalbezeitraum sind äußerst krankheitsanfällig gegenüber Stoff- wechselentgleisungen. Um Kühe noch frühzeitiger als Risikokühe sicher vor Ort identifizie- ren zu können, wurde kürzlich ein neues mobiles Photometer entwickelt. Das Gerät, das für die Diagnostik von NEFA, L-Lactate, Calcium und Magnesium im Blut geeignet ist, sollte für diese Zwecke evaluiert werden. Angelehnt an das originäre Vorgängermodell (DVM Nefa test) ist das Vetphotometer (Fa. Quidee) in der Lage wichtige Stoffwechselentgleisungen wie Fettmobilisation, Hypocalcämie oder Weidetetanie aufzudecken. Genauso gut kann es als prognostisches Entscheidungskriterium (L-Laktatbestimmung) vor operativen Eingriffen (z.B. vor Labmagen-Reposition) oder Behandlungen (Bronchopneumonie) herangezogen werden. Methoden: Eine Reihe von Studien zur praktischen Evaluierung wurde an den Universitäten von Berlin und Ghent durchgeführt. In einer ersten Studie der Uni Ghent wurden 20 Blut-Heparinplasmaproben laktierender Kühe unterschiedlichen Alters zwei verschiedenen Photometer-Protokollen unterzogen. Die Ver- suchsgruppe wurde mit dem Vetphotometer bei einer Wellenlänge von 520 nm mit einem modifizierten Detergenz (Diaglobal) gemessen und mit den Ergebnissen verglichen, die mit Hilfe eines Spektralphotometers (LS500, 578 nm) ermittelt wurden und als „Goldstan- dard“ angesehen wurden. In einer weiteren Studie an der Uni Berlin wurden Evaluierungen zu allen vier diagnostischen Möglichkeiten durchgeführt. Hier erfolgte der Vergleich anhand von 15 Li-Herparinat- Plasmablutproben von laktierenden Kühen mit Atomabsorptionsspektrometrie (Solar ASS für Calcium bzw. Magnesiumbestimmung), und mit nasschemischer enzymatischer Bestimmung (Cobas Mira 29-5273 für NEFA bzw. L-Laktat). Ergebnisse: In der Photometervergleichsstudie ergab sich bei den Gesamtcalciumbestim- mungen eine sehr hohe lineare Korrelation von 0,9717x + 0,0152 mmol/L des Vetphoto- meters zum Spektralphotometer. In der zweiten Studie der Uni Berlin ergaben sich bei den Vergleichsuntersuchungen sehr hohe lineare Korrelationen von r=0,9476 (Calcium), r=0,9576 (Magnesium), r= 0,9960 (NEFA) und r= 0,9982 (L-Laktat) (Abbildungen 1, 2).

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Abbildung 1: Ca- (r=0,958) und Mg- (r=0,957)Vergleichsbestimmungen

Abbildung 2: NEFA- (r=0,996) und Laktat-Vergleichsbestimmung (r=0,998)

Fazit: Das neue mobile Photometer-Set erzielte bei zwei Evaluierungsstudien sehr hohe Genauigkeitswerte im Vergleich zu etablierten Standard-Labormethoden. Damit steht Praktikern vor Ort in der Schnelldiagnostik ein innovatives und praktikables Tool zur Verfügung. Entscheidungen können somit zeitnah getroffen werden, Landwirte schätzen diese Vorteile außerordentlich. Speziell das regelmäßige Monitoring von NEFA und Calcium bereichert die nun lückenlose Stoffwechseluntersuchung im Rahmen der integrierten Bestandsbetreuung.

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Verifizierende Laborparameter in der Diagnose: Atypische Weidemyopathie beim Pferd M. Bochnia1, J. Ziegler2, J. Sander³, S. Schaefer4 , A. Uhlig5, S. Abel2 , M. Glatter1,

S. Recknagel5, F.G. Schusser5, M. Wensch-Dorendorf6, A. Zeyner1

1 Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Professur für Tierernährung, 2Leibniz Institut für Pflanzenbiochemie, Halle, ³Screening Labor Hannover, 4Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Professur für Tierhaltung und Nutztierökologie, 5Medizinische Tierklinik, Universität Leipzig, 6Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Arbeitsgruppe Biometrie und Agrarinformatik [email protected]

Einleitung: Die Aufnahme der toxischen, nicht-proteinogenen Aminosäure Hypoglycin A (L- α-Amino-Methylencyclopropyl-Propionsäure, HGA) aus Bergahornsamen wird derzeit am häufigsten kausal mit der meist tödlich endenden Krankheit namens Atypische Weidemyopathie (AM) bei Pferden in Zusammenhang gebracht1,2. Aus HGA kann intermediär MCPA-Carnitin (MCPAc) entstehen, welches die Acyl-CoA-Dehydrogenase und damit die Energiebereitstellung in der Muskelzelle hemmt. In früheren Studien wurde durch den Nachweis von HGA im Samen diverser Ahornspezies auf der Weide und des toxischen Metaboliten im Blut bzw. Urin betroffener Pferde die Ingestion von Ahornsamen und damit die Intoxikation bestätigt1,2. Die Kausalkette konnte aber unseres Wissens bisher nicht geschlossen werden, da die Bestimmung von HGA in Körperflüssigkeiten fehlte. Neben dem Nachweis von HGA in Ahornsamen war das Ziel der vorliegenden Studie eine Absicherung der Diagnose und Beweis der Kausalkette anhand aktueller, lokaler Erkrankungsfälle durch die Detektion von HGA und MCPAc in Blut und Harn betroffener Pferde während eines Erkrankungshochs. Material und Methoden: Von 14 Pferden (5 Warmblüter, 4 Haflinger, 5 Reitponys; 5 Wallache, 2 Hengste, 7 Stuten; Alter 1,5 - 16 Jahre; BCS 5,0-5,5/9) mit klinisch abgesicherter Diagnose AM starben 13 innerhalb von 1 - 2 Tagen nach Auftreten der ersten Symptome oder wurden euthanasiert. 7 von 9 Weiden wurden botanisch bonitiert und Ahornsamen beprobt. Der Gehalt an HGA in Samen, Blutserum und Harn wurde über LC-ESI-MS/MS³ bestimmt, der an MCPAc in Blutserum und Harn mittels UPLC-MS/MS4. Serum- und Urinproben wurden mit Kontrollpferden verglichen, welche keinen Kontakt zu Ahornsamen hatten (Serum: n = 6, Urin: n = 4). Für die statistische Auswertung wurde SAS® verwendet4.

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Ergebnisse: Auf allen Weiden wurden Bergahornsamen gefunden. Die Muskelenzym- aktivitäten der betroffenen Tiere waren sehr deutlich erhöht (CK 17.228 – 1.251.987 U/l, normal < 260 U/l; LDH 10.967 – 43.802 U/l, normal < 400 U/l). Im Samen wurden HGA- Konzentrationen von 2 – 319 µg/g Samen gemessen5, was sich mit Ergebnissen früherer Studien deckt2,6. Die erkrankten Pferde wiesen Konzentrationen an HGA im Bereich von 388 – 8.494 µg/l Blutserum und im Harn von 144 - 926 µg/l auf. Die HGA-Konzentrationen in Blutserum und Harn der Kontrollpferde lagen unterhalb der Nachweisgrenze von 10 µg/l und unterschieden sich signifikant von den gemessenen Konzentrationen erkrankter Tiere (p < 0,001). Für MCPAc in Blutserum und Harn der erkrankten Pferde wurden 0,17 – 0,65 mmol/l und 0,34 – 2,05 µmol/mmol Kreatinin ermittelt, wobei auch hier die MCPAc-Konzentrationen bei den Kontrolltieren unterhalb der analytisch zu begründenden Grenze von 0,01 mmol/l und 0,001 µmol/mmol Kreatinin lagen. Zusammenfassung: Die Kausalkette einer Intoxikation mit HGA aus Ahornsamen wurde hier durch Nachweis von HGA in Samen, Blut und Harn sowie von MCPAc in Blut und Harn vollständig geschlossen und die Abgrenzung zu klinisch unauffälligen Pferden, ohne Kontakt zu Ahornsamen, eindeutig belegt. Mit HGA im Blutserum steht nunmehr ein die Aufnahme des toxischen Agens beweisender Diagnoseparameter zur Verfügung, der auch in künftigen Studien zur Klärung der Frage, warum nur einige Pferde nach Kontakt mit Ahornsamen erkranken, beitragen kann. References: 1Aboling, S. (2015): Nachweis von Berg-Ahorn im Magen-Darminhalt eines Pferdes mit Verdacht auf Atypische Myopathie. Pferdeheilkunde 31:135-139, 2Valberg, S. et al. (2012): Seasonal pasture myopathy/atypical myopathy in North America associated with ingestion of hypoglycin A within seeds of the box elder tree. Equine Vet. J. 45(4): 419-426, 3Ziegler, J. et al. (2014): Analysis of amino acids by HPLC/electrospray negative ion tandem mass spectrometry using 9-fluorenylmethoxycarbonyl chloride (Fmoc-Cl) derivatization. Amino Acids 46: 2799,4 Elliott AC and Hynan LS(2010) Macro implementation of a multiple comparison post hoc test for a Kruskal–Wallis analysis: computer methods and programs in biomedicine. 102:75–80; 5Bochnia, M. et al. (2014): Cases of atypical myopathy in middle Germany in 2013 caused by Hypoglycin A? Proc. of ESVCN 18: 32, 6Unger, L. et al. (2014): Hypoglycin A concentrations in seeds of Acer pseudoplatanus trees growing on atypical myopathy-affected and control pastures. J Vet Intern Med 28(4): 1289-1293

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Thrombozytopenie bei Pferden mit Infektionskrankheiten

K. Ehlers, C. Arnold, G F. Schusser

Medizinische Tierklinik, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig Die Thrombozyten entstehen aus Megakaryozyten des Knochenmarkes, wobei der Wachstumsfaktor Thrombopoetin (TPO) entscheidend auf diese einwirkt. Der Tissue-Growth- Factor-ß stimuliert die TPO-Bildung in den Zellen des Knochenmarkstroma und reguliert auch die Megakaryopoese. Interleukin-6 wiederum ist bei der Differenzierung der Mega- karyozyten verantwortlich. TPO wird auch in der Leber und Niere gebildet.

Der Referenzbereich der Thrombozyten bewegt sich zwischen 98 und 344 G/l, wobei die Islandpferde die höchsten Zahlen aufweisen. Liegt eine Thrombozytopenie (< 98 G/l) vor, muss darauf geachtet werden, dass nicht eine Pseudothrombopenie besteht, ausgelöst durch den Gerinnungshemmer EDTA. Die muss durch eine wiederholte Testung eines Zitratblutes überprüft werden. Eine Thrombozytopenie kann folglich durch einen erhöhten Verlust (z. B. Blutung in Körperhöhlen oder Wunden nach außen), eine Sequestration in der Milz (bei chronischen Entzündungen), erhöhten Verbrauch (DIC infolge Septikämie, Endotoxämie) oder durch verkürzte Lebensdauer (normal 8 bis 12 Tagen) (Infektionskrankheiten, immunbedingte Thrombozytopenie) hervorgerufen werden.

Das Virus der Infektiösen Anämie der Pferde verursacht Immunkomplexe (z. B. im Glomerulum). Diese binden auch an den Plättchen-Fc-Rezeptor und werden so destruiert und von Makrophagen eliminiert. Da die Plättchen-Fc-Rezeptoren auch an den Megakaryozyten im Zuge der Thrombopoese vorhanden sind, kann somit auch der Megakaryozyt durch das Virus der infektiösen Anämie infiziert und bei der Thrombopoese nachhaltig gestört werden. Auch die originäre, multipotente Knochenmarksstammzelle kann ebenso infiziert werden. Dies wurde beim Studium der HIV-Pathogenese nachgewiesen. Das Virus der infektiösen Anämie der Pferde und HIV gehören beide in die Familie der Retroviren, so dass hier eine Übereinstimmung erzielt werden kann.

Anaplasma phagocytophilum beim Pferd ist ein intrazelluläres Bakterium, das die Neutrophilen Granulozyten und dessen Vorläuferzellen infiziert. Die Infektionsabwehr erfolgt über spezifische T-Zellraktionen (CD4/Th1 und CD8/Th1), wobei die infizierten Zellen zytotoxisch eliminiert werden. Im Zuge dieser Infektabwehr können die Thrombozyten in der Milz sequestriert oder die Thrombopoese im Knochenmark gestört werden. Dieser pathogenetische Mechanismus ist bei der Immunität/Infektabwehr bei den intrazellulären

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Bakterien bekannt, so dass auch so die Thrombozytopenie entsteht.

In der Tabelle sind Beispiele der Thrombozytopenie von Pferden mit den beschriebenen Infektionskrankheiten.

Erythrozyten T/l Leukozyten G/L Thrombozyten G/l wbl. Pferd mit EIA 5,3 (6,6 – 10,2) 5,8 (4,4 – 12,0) 68 (113-236) wbl. Pferd mit Anaplasmose 6,89 5,9 55

Schlussfolgerungen: Bei jedem Pferd mit einer Thrombozytopenie ist tierseuchenhygienisch in erster Linie an die Infektiöse Anämie zu denken, wobei diese Pferde kaum anämisch sind und so nicht den historischen Namen und die Klinik repräsentieren. Bei einer Thrombozyto- penie ohne klinische Septikämie ist der Coggins-Test zum Ausschluss der anzeigepflichtigen Infektionskrankheit Equine Infektiöse Anämie den labormedizinischen Untersuchungen anzuschließen!

Literatur: Ehlers K. et al. (2015): Ausbruch der Equinen Infektiösen Anämie in Sachsen – Fallbericht, Epidemiologie und mögliche neue Bekämpfungsstrategien. Pferdeheilkunde, 31 (Juli/August). Schusser GF. et al (2007) Klinik und labormedizinische Befunde bei Pferden mit equiner gra- nulozytärer Ehrlichiose. Pferdeheilkunde 23, 351-356.

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Schwerpunkte für längere Nutzungsdauer bei Kühen

Anke Römer

Lebenswissenschaftliche Fakultät, Humboldt-Universität zu Berlin E-Mail: [email protected]

Problemstellung: Lebensleistung und Nutzungsdauer von Milchkühen gewinnen insbesonde- re im Sinne der Nachhaltigkeit der Milchproduktion zunehmend an Bedeutung. Dazu ist es wichtig, dass aus Kosten und Erlösen ein Gewinn verbleibt (Ökonomie), dass dabei landwirt- schaftliche Ressourcen geschont werden (Ökologie) und auf Dauer genügend Menschen be- reit sind, landwirtschaftlich zu arbeiten (Soziales). Milchkühe werden in Deutschland durch- schnittlich 5,4 Jahre alt. Davon entfallen 2,3 Jahre auf die Aufzucht der Tiere und lediglich 3 Jahre auf deren Nutzung als Milchkuh, obwohl die natürliche Altersgrenze bei Kühen etwa 20-25 Jahre beträgt. Nun ist eine so lange Nutzungsdauer im ökonomischen Sinne sicherlich nicht unbedingt nachhaltig. Positiv anzusehen ist, dass sich die Nutzungsdauer der Kühe in Deutschland seit 15 Jahren kontinuierlich erhöht. Trotzdem gehen noch zu viele Kühe zu früh ab. Jährlich werden 33 % der Kühe in Deutschland gemerzt. Untersuchungen: Welche Kühe hauptsächlich gemerzt werden, warum und wann, war Ziel von Untersuchungen des Instituts für Tierproduktion der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei in Mecklenburg-Vorpommern. An den Testherdendaten der RinderAllianz, die in einem seit 2005 etablierten Programm in 30 Milchviehbetrieben Mecklenburg-Vorpommers erhoben werden, kamen Merzungen, Behandlungen und Leistungen zur Auswertung. Insgesamt wurden knapp 200.000 Laktationen und 1,8 Millionen Behandlungsdaten analysiert. Ergebnisse: Um das Abgangsalter der Kühe aufzuzeigen, wurde der Anteil gemerzter Kühe innerhalb der Laktationen berechnet. Auffällig ist, dass der überwiegende Teil der Kühe bereits in der 1. Laktation gemerzt wird. 29 % aller Merzungen entfielen auf Kühe der 1. Laktation. Das ist dramatisch, denn einerseits hat eine Jungkuh die hohen Kosten ihrer Aufzucht (ca. 1.500 €) noch nicht amortisiert und andererseits sind diese Kühe noch nicht ausgewachsen und stellen ihr volles Leistungspotenzial erst später unter Beweis. Im Vergleich zur 1. Laktation geben Kühe in der 4. Laktation im Mittel 18 % mehr Milch. Von allen gemerzten Jungkühen gingen 31 % aufgrund von Eutererkrankungen ab und 26 % aufgrund zu geringer Leistung. Hinzu kommt, dass diese Tiere durchschnittlich 14 Tage früher gemerzt wurden als Kühe in der 2. bis 10. Laktation (216. d vs. 230. d), aufgrund zu geringer Leistung sogar 40 Tage eher (227. vs. 267. d). Aber was sagt der Durchschnitt des Abgangszeitpunktes 72 innerhalb der Laktation schon aus, wenn diese deutlich mehr als 365 Tage lang sein kann. Unterteilt man die Laktation nach Abschnitten, so fällt auf, dass der Anteil gemerzter Jungkühe zu Laktationsbeginn am höchsten ist. Die Untersuchungen ergaben, dass 24 % der gemerzten Jungkühe bereits innerhalb ihrer ersten 30 Laktationstage den Bestand verließen. Das ist ein entscheidender Aspekt, wenn nicht sogar derzeit der wichtigste, für die Rentabilität der Milchproduktion. Als Abgangsgrund wurde gerade bei Jungkühen in der Frühlaktation am häufigsten Eutererkrankung dokumentiert (33 %). Ein Grund für die hohe Merzungsrate ist nicht zuletzt die Behandlungshäufigkeit zu Laktationsbeginn. In dieser Phase ist der Immunstatus der Kuh relativ gering. Kommen mangelnde Hygiene im Abkalbebereich, gravierende Futterumstellungen oder Rangauseinandersetzungen hinzu, ist das Erkrankungsrisiko in diesem Abschnitt am höchsten. Die Auswertungen ergaben, dass tatsächlich zu Beginn der Laktation die meisten Erkrankungen auftreten. Von allen analysierten Behandlungen fanden 10 % bereits in den ersten 6 Tagen nach der Kalbung statt. Bis zum 30. Laktationstag wurden 43 % aller Behandlungen je Kuh und Laktation durchgeführt. Den größten Anteil nahmen dabei Eutererkrankungen (36 %) und Fruchtbarkeitsstörungen (25 %) ein. Der Anteil an Labmagenerkrankungen betrug nur 2 %. Von allen Fertilitätsbehandlungen im Verlauf einer Laktation entfielen 70 % auf den Zeitraum der ersten 30 Tage p.p. Im Abschnitt vom 31. bis zum 100. Laktationstag wurden die Tiere in den vorliegenden Untersuchungen nur relativ selten krank. Ein Viertel aller Behandlungen (25 %) fiel in diesen längeren Zeitraum. Anteilmäßig überwiegen hier Behandlungen aufgrund von Eutererkrankungen und der Anteil an Klauenläsionen nimmt zu. Weiterhin wurde analysiert, zu welchem Zeitpunkt der Laktation das Abgangsrisiko am höchsten ist. Die Ergebnisse belegen sehr eindeutig, dass das höchste Merzungsrisiko für Kühe besteht, die innerhalb der ersten 30 Tage der Laktation erkranken. Dies gilt sowohl für Klauen- und Gliedmaßen- als auch für Eutererkrankungen, am stärksten jedoch für Fruchtbarkeitsstörungen. Wird das Jungrind mit 15 Monaten tragend, ist es gesund und hat eine gute Kondition, dann steht einer reibungslosen ersten Kalbung kaum noch etwas im Wege. Schwierig wird es, wenn die Färsen zur Kalbung überkonditioniert sind. Dann ist ihr Erkrankungsrisiko sehr hoch und damit auch die Gefahr, frühzeitig gemerzt zu werden. Eine besondere Rolle für geringe Inzidenzen zu Laktationsbeginn spielt insbesondere die Geburtshygiene und die Sauberkeit im Abkalbestall. Viel zu häufig werden hier Missstände hingenommen. Tiefstreu in der Abkalbebox soll das Wohlbefinden der Tiere erhöhen. Die

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Reinigungsintervalle sind jedoch oft viel länger. In unseren Auswertungen haben wir die 20 % besten Betriebe in Bezug auf die Zwangsmerzungsrate (Merzungen aufgrund von Erkrankungen < 25 %) mit den anderen Betrieben verglichen. Die 20 % besten Betriebe lagen in der Lebenseffektivität über 15 kg Milch. Sie realisierten die höchsten Lebensleistungen, hohe Laktationsleistungen und eine lange Nutzungsdauer! Das wichtigste Kriterium, worin sie sich von den anderen Betrieben unterschieden, waren deutlich weniger Merzungen in der 1. Laktation, insbesondere aufgrund von Eutererkrankungen. Im Gegensatz dazu wurden mehr Altkühe gemerzt. Diese Betriebe konnten einen deutlich höheren Anteil an Leistungsselektion realisieren (28 % gegenüber 12 %). Schlussfolgerungen: Die derzeitige Nutzungsdauer der Milchkühe von 2,5 Laktationen ist aus wirtschaftlicher Sicht zu gering. Sie muss auf mindestens 3,5 Laktationen erhöht werden, wobei gleichzeitig die Milchleistung erhöht werden sollte. Den Kühen in der Frühlaktation muss mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Kühe, die hier gesund bleiben, haben die größte Chance, alt zu werden. Wichtig dafür ist eine trainierte Tierbeobachtung, insbesondere bis zum 7. Laktationstag. Fieber messen ist ein wertvolles Hilfsmittel, zum einen, um Krankheiten rechtzeitig zu erkennen, zum anderen aber auch für die Routine der Tierbeobachtung. Bei jeder Merzung sollte abgewogen werden, ob sich die Aufzuchtkosten der Kuh bereits amortisiert haben und ob sich nicht doch eine weitere Behandlung bzw. Besamung lohnen würde. Die Effizienz einer Kuh hängt nicht nur von ihrer Nutzungsdauer ab, sondern auch von ihrer Leistung. Wenn jede aufgezogene Färse im eigenen Betrieb eingesetzt wird, sind hohe Reproduktionsraten vorprogrammiert. Der Verkauf von Zuchttieren wäre daher eine überlegenswerte Alternative. Die Einbeziehung konkreter Erkrankungsdaten in die Zuchtwertschätzung kann zukünftig sowohl die Nutzungsdauer als auch die Leistungsfähigkeit deutlich verbessern.

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Kostenoptimierung in der Milchproduktion, die richtigen Prioritäten setzen

B. Heidemann

Koesling Anderson LEBG mbH, Dahlenwarsleben

e-Mail: [email protected]

In den letzten 15 Jahren betrug der mittlere Auszahlungspreis 32 ct/kg Milch. Ca. 2/3 der ostdeutschen Milchproduzenten waren mit diesem Preis nicht in der Lage, einen Gewinn zu realisieren. Andererseits erwirtschafteten die von Koesling Anderson optimierten Betriebe über den gesamten Auswertungszeitraum, Jahr für Jahr, einen mittleren Gewinn von 5 ct/kg Milch. Koesling Anderson schätzt ein, dass das mittlere Einsparungspotenzial 6 bis 8 ct/kg Milch beträgt und von einer Vielzahl von Betrieben dauerhaft nicht erschlossen wird. Ursache dafür ist das Fehlen ökonomischer Betriebszweiganalysen (Vollkostenanalyse). Analysen werden hauptsächlich durchgeführt, um biologische Faktoren zu prüfen, was natürlich auch in gewissem Rahmen seine Berechtigung haben soll. Es fehlt allerdings den Betriebsleitern oft die Courage, sich zu allererst den betriebsindividuellen ökonomischen Herausforderungen systematisch zu stellen. Dazu gehört auch der Vergleich mit ökonomisch optimierten Betrieben. Betriebsleiter verkennen oft, dass mit einer ökonomischen Analyse zu Vollkosten auch die Reserven im Produktionsprozess eindeutig aufgedeckt werden, bei denen die biologischen Faktoren nur einen Teilaspekt bilden – nicht mehr und nicht weniger. Die ökonomischen Reserven sind wie folgt rangiert: - zu hohe Personalkosten infolge eines zu hohen Stundenaufwands je Kuh und Jahr sowie eine zu geringe jährliche Milchablieferung des Betriebes, - verbreitet zu hohe Zwangsabgänge durch ein insgesamt nicht professionell genug agieren- des Herdenmanagement, - erhöhte Kraftfutterkosten, bei weitem nicht nur infolge von Qualitätsreserven beim Grund- futter. Ein hoher Anteil an Betrieben praktiziert eine Überversorgung in der Mitte und am Ende der Laktation. Häufig werden auch zu teure oder gar überflüssige Futterkomponenten eingesetzt. - zunehmend steigende Festkosten durch zu teure Investitionen, von denen ein zusätzlicher ökonomischer Nutzen erwartet wird, der oft gar nicht eintritt - zu hohe Tierarztkosten, nicht nur auf Grund vorhandener Mängel in der Tiergesundheit, sondern auch infolge unnötiger oder zu teurer veterinärmedizinischer Maßnahmen. Schlussfolgerungen: Nur eine korrekte Vollkostenanalyse sowie der unverzichtbare Vergleich mit ökonomisch optimierten Betrieben zeigen die vorhandenen Reserven klar und unmissverständlich. Wer auch bei ungünstigen Rahmenbedingungen mit Milch Gewinn erzielen will, darf die biologischen Fakten nicht getrennt von den ökonomischen Fakten betrachten. Es ist unverzichtbar, den bestmöglichen Kompromiss zwischen Biologie und Ökonomie zu suchen und herzustellen.

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Stoffwechselmonitoring in kleinen und mittelgroßen

Milchrindbetrieben im Emsland

J. Bothmann, W. Hasseler§, Th. Kossen§, F. Magnus§, M. Fürll

Medizinische Tierklinik Leipzig, §Veterinärgemeinschaft Papenburg

E-Mail: [email protected] Problemstellung: Die frühzeitige Erkennung von Störungen vor ihrer klinischen Manifestation ist das Grundanliegen der Prophylaxe. Da besonders die Krankheiten des Fettmobilisationsyndroms fütterungs- und damit stoffwechselbedingt sind, besitzt deren frühzeitige Feststellung durch Stoffwechselkontrollen im peripartalen Zeitraum herausragende Bedeutung. Ziel dieser Analyse war es, Erfahrungen für Indikationen, Durchführung und Ergebnisse mehrjähriger Stoffwechselkontrollen in kleinen und mittelgroßen Betrieben auszuwerten und zu dokumentieren. Dazu wurden die von einer tierärztliche Gemeinschaftspraxis im Emsland betreuten Betriebe anamnestisch charakterisiert, die Indikationen für Untersuchungen, die Kontrollzeiträume in Laktations- und Jahreszeitverlauf sowie in der jährlichen Abfolge erfasst, die Art und Häufigkeit der untersuchten Parameter sowie ihre klinische Bedeutung insgesamt, betriebsweise sowie z.T. für einzelne Kühe bei Mehrfachkontrollen analysiert. Erfasst wurden auch die von den Landwirten eingeleiteten Maßnahmen sowie die Ergebnisse bezüglich des Gesundheitszustands der Kühe. Versuchsanordnung: Die Anamnesen von 53 Betrieben wurden per Fragebögen erhoben. Aus 60 Betrieben flossen 840 Proben aus 122 Einsendungen mit 793 Blutserumproben und 47 Harnproben von Oktober 2006 bis März 2011 in diese Untersuchung ein. Die Kühe wurden nach Laktationsstadium in die Gruppen ante partum (a. p.), 1. Woche (Wo) post partum (p. p.), 2 - 8 Wo p. p, 9 - 14 Wo p. p, mehr als 100 Tage p. p. und Färsen eingeteilt. Die Parameterauswahl trafen die behandelnden Hoftierärzte mit den Landwirten. Untersucht wurden im Blutserum in absteigender Zahl: Freie Fettsäuren (FFS), ß-Hydroxybutyrat (BHB),

Se, Harnstoff, Cu, Ca, anorganisches Phosphat (Pi), Bilirubin, CK, Cholesterol, GLDH, GGT, ß-Carotin, Fe, AST, Total-Protein, Albumin, Na, K, Cl, Mg, Glucose, Gallensäuren, Zn, AP, Kreatinin, Mn, Coeruloplasmin sowie die Trolox Äquivalente Antioxidative Kapazität (TEAC). Harnparameter sind selten untersucht worden. Die Betriebe sind fast ausschließlich Milcherzeugerbetriebe und hatten zwischen 24 und 270 Kühe überwiegend der Rasse Deutsche Holsteins mit einer mittleren Milchleistung von 8718 kg pro Jahr. Ergebnisse: Die häufigsten Merzungsgründe waren schlechte Fruchtbarkeit, Klauen- und Gliedmaßen- sowie Eutererkrankungen. Die Gründe für die Stoffwechselkontrollen waren die Abfrage des aktuellen Stoffwechselstatus sowie das vermehrte Auftreten von Fruchtbarkeitsproblemen, Festliegern, Ketosen und Euterproblemen. Maßnahmen nach der Analysenauswertung waren überwiegend Futterumstellungen sowie die Substitution von Mineralstoffen. 76

Die Einsendungsschwerpunkte lagen jeweils im ersten Jahresquartal. Die mittlere Probenanzahl/Einsendung sank im Untersuchungszeitraum von 9,7 auf 5,1 ab. Im Durchschnitt wurden 9,9 Parameter/Einsendung untersucht. Bei annähernd 80 % der Einsendungen gaben 40 % bis 70 % der Parameter einen Hinweis auf eine Gesundheitsgefährdung des Bestandes. Im Laktationsverlauf hatten die FFS a. p. mit 56,7 % die häufigsten Abweichungen. Nach der Kalbung bis 8 Wo p. p. sanken sie auf 36 % bis 38 % und im weiteren Verlauf auf < 11 % ab. Die BHB-Abweichungen waren gegensätzlich und lagen in der gesamten Laktation über 68 %. Die FFS-, BHB- sowie Bilirubin-Medianwerte stiegen in der 1. Wo p. p auf 438 µmol/l, 0,86 mmol/l sowie 4,3 µmol/l und sanken dann kontinuierlich im Laktationsverlauf wieder ab. Die Cholesterol-Medianwerte sanken in der 1. Wo p. p. auf 2,16 mmol/l ab und stiegen im Laktationsverlauf bis auf 3,93 mmol/l an. 40 % bis 50 % der Kühe hatten in der

Mittel- und Spätlaktation einen Harnstoffüberschuss. Ca und Pi hatten in der 1. Wo p. p. den typischen Konzentrationsabfall auf 2,27 bzw. 1,88 mmol/l, gefolgt von einem kontinuierlichem Anstieg in der Laktation. Hypokalzämien traten zu 13,2 % in der 1. Wo p. p. auf, Hyperphosphatämien überwiegen a. p. mit 24,9 % und in der 1. Wo p. p. mit 22,4 %. Die CK-Mediane betrugen in der 1. Wo p. p. 175,6 U/l; a.p. sowie ab 1. Wo p. p. waren sie > 100 U/I. Ähnlich verhielten sich die CK-Abweichungen mit 60,4 % a. p. und 73,6 % bis 90,9 % ab der 2. Wo p. p. Die CK-Aktivitäten der Färsen sind zu 100 % > 100 U/I. Cu-Mangelzustände wurden bei 12,5 % a. p. und 14,8 % der Kühe in der Spätlaktation beobachtet. Färsen zeigten mit 21,3 % am häufigsten Cu-Unterversorgungen. A. p. bestand zu 20,6 % Se- Unterversorgungen, p. p. hingegen zu 30,1 bis 37% eine Se-Überversorgung. ß-Carotin- Mangelzustände betrugen a. p. 50 % und p. p. 47,1 – 77,8 %. Die TEAC zeigte bei keinen Kontrollen einen Antioxidantienmangel an. Bei den meisten Parametern waren z.T. signifikant Unterschiede zwischen den einzelnen Untersuchungsjahren festzustellen. Bei den FFS und ß-Carotin bestand ein ansteigender Trend an Abweichungen, ein sinkender Trend bei Pi-Abweichungen. In den sechs Kontrolljahren konnte bei 80 % der Betriebe eine Verbesserung der Stoffwechselsituation dokumentiert werden. Bei den Parametern Ca, Pi, Harnstoff, Cholesterol, BHB, Bilirubin, CK und Cu stieg die Zahl physiologischer Werte im Einsendungsverlauf an; nur bei FFS und Se war eine Abnahme zu verzeichnen. Schlussfolgerungen: In kleinen und mittelgroßen Betrieben lieferten systematische Stoffwechselanalysen im peripartalen Zeitraum frühzeitig kausale Hinweise für die häufigsten Krankheiten und Merzungsursachen. Als informative Parameter bewährten sich Indikatoren des Energiestoffwechsels FSS, BHB und Bilirubin, weiterhin Harnstoff, das Se sowie das ß- Carotin. Die systematischen Analysen trugen im Analysenzeitraum zu Verbesserungen in den Betrieben bei. In kleineren Betrieben haben peripartale Einzeltieranalysen besonderen Informationswert über den Herdenzustand.

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Klinische Bedeutung der Leberverfettung bei Kühen

J. Saffaf, G. Köller§, M. Fürll§

Universität Damaskus, Syrien, §Medizinische Tierklinik, Leipzig E-Mail: [email protected]

Problem: Die Leberverfettung wird als eine der wichtigsten metabolischen Störungen in der Frühlaktation bei Milchkühen und als Grund für Gesundheits- einschließlich Reproduktions- störungen angesehen. Zielstellung: Deshalb wurden in dieser Studie folgende Fragestellungen bearbeitet: a) Bedeutung der klinischen und labordiagnostischen Befunde bei der Erstuntersuchung kranker Kühe, insbesondere des Leberfettes, b) Beziehungen zwischen dem Leberfettgehalt und verschiedenen Laborparametern, c) Beziehungen zwischen dem Leberfettgehalt, den Krankheiten und dem Behandlungserfolg, d) prognostische Bedeutung des Leberfettgehaltes sowie klinisch-chemischer und hämatologischer Blutparameter. Material und Methoden: Dazu wurden chronologisch 312 in die MTK Leipzig eingelieferte Rinderpatienten entsprechend klinisch und labordiagnostisch einschließlich Leberbiopsie untersucht und die Befunde der Erstuntersuchung ausgewertet. Ergebnisse: Bei 312 Rinderpatienten wurden in 18 Krankheitsgruppen, z.T. nach Verlauf und Schweregraden untersetzt, 196 links- und 40 rechtseitige Labmagenverlagerungen (LMV), 11 Labmagen- (LM) Ulcera, 182 Ketosen, 96 Mastitiden, 178 Endometritiden, 7 Retentio. sec., 7 puerperale Septikämien und 6 Multiorganversagen, 42 Indigestion, 31 Enteritis, 46 Peritonitiden, 30 Festlieger und 18 Pneumonien diagnostiziert. Die Kühe verteilten sich auf vier Leberfettklassen wie folgt: ≤6% =14,7%; 6 bis ≤15% = 37,5%; 15 bis ≤30% = 31,1% sowie >30% = 16,7%. Die Heilungsrate betrug in den ersten drei Leberfettklassen 80,4%, 83,8% bzw. 86,6%. Ein Zusammenhang zwischen der Heilungs- rate und dem Leberfettgehalt war bis zu ≤30% nicht erkennbar. In der Leberfettklasse >30% sank die Heilungsrate auf 61,5%; bei >40% verschlechterte sie sich unter 50%. Dem entsprach das Verhalten verschiedener Laborparameter. Erst bei einem Leberfettgehalt >30%, besonders bei >45%, wurden, z.T. unabhängig vom Krankheitsaus- gang, die BHB-, Bilirubin- und Glucose-Konzentrationen sowie AST-, CK-, LDH-, GGT- und GLDH-Aktivitäten signifikant höher bzw. die anorg. Phosphat- (Pi) und Cholesterol- Konzentrationen niedriger. Mit dem Leberfettgehalt korrelierten am engsten (p<0,001) die Parameter BHB (0,620) und FFS (0,615), LDH (0,579), Bilirubin (0,367), AST (0,359), Cholesterol (-0,278), Laktat (- 78

0,253), Hämoglobin (0,214), CK (0,207), Leukozyten (-0,202) sowie innere Körpertemperatur (0,210). Die Bedeutung dieser Beziehungen ist relativ. Sowohl Sensitivität und Spezifität waren für Pi (<1,25 mmol/l) >0,7, für Cholesterol (< 1,5 mmol/l) und Albumin (<30 g/l) >0,6 sowie für BHB, Harnstoff und Gesamteiweiß >0,5. Eine hohe Spezifität >0,8 bei geringer Sensitivität hatten K (<3,0 mmol/l) und segmentkernige neu- trophile Granulozyten (< 4,6 G/l), eine hohe Sensitivität >0,8, aber geringe Spezifität Biliru- bin (>5,3 µmol/l), AST (>80 U/l) sowie CK (>200 U/l). Hinsichtlich Krankheitsausgang und damit der prognostischen Nutzbarkeit waren die Flächen (AUC) unter den ROC-Kurven nur für K (0,37), Bilirubin (0,62), AST (0,61) und für Leberfett (0,60) schwach gesichert. Die leberspezifischen Enzyme GGT und GLDH korrelierten nur schwach mit 0,126 (p<0,05) sowie 0,192 (p<0,001) mit dem Leberfett. Das stellt ihre diagnostische Bedeutung nicht in Frage, sondern verdeutlicht, dass bei den analysierten Krankheiten keine stärkeren Leber- schäden auftraten. Die bei den Korrelations-, Sensitivitäts- und Spezifitätsberechnungen sowie z.T. ROC-/AUC- Analysen informativen Parameter LDH, AST, CK, K, Pi, Bilirubin (>20 µmol/l) und Leuko- zyten weisen auf entzündliche Prozesse hin. Die in allen Leberfettklassen erhöhten Glucose- Konzentrationen, bes. bei >30% Leberfett und Ex. letalis, ordnen sich damit zumindest teil- weise als Folge einer Insulinresistenz ein. Kühe mit LMV hatten i.d.R. zusätzliche Störungen: zu 58% Ketosen, 57% Endometritiden, 6,4% Retentio sec., puerperale Septikämie und Multiorganversagen, 30,8% Mastitiden, 14,7% Peritonitiden, 9,9% Enteritiden, 9,6% Festliegen, 5,8% Pneumonien sowie 3,5% Labmagen- ulcera. Außerdem kamen zu 13,5% Indigestionen vor. Die Heilungsrate lag bei links- und rechtseitigen LMV, Mastitiden, Endometritiden und Ente- ritiden zwischen 89% bis 70% und bei Indigestionen sowie akuten Peritonitiden zwischen 70 und 60%. Bei chronischen Peritonitiden, Pneumonien, Retentio sec., puerperalen Septikä- mien, Festliegen, LM-Ulcera und Multiorganversagen sank sie von 50% bis auf 0%. Der Leberfettgehalt schwankte bei LMV, Mastitiden, Endometritiden, chronischen Peritoni- tiden und Indigestionen zwischen 6% und 19%. Er stieg mit schlechterem Therapieergebnis bei Retentio sec., Pneumonien, akuten Peritonitiden puerperalen Septikämien, LM-Ulcera und Enteritiden bis gegen 30% und betrug bei Festliegern, hochgradigen Endometritiden sowie Multiorganversagen bis gegen 40%. Schlussfolgerungen: Leberfett bis ≤30% ist klinisch unbedeutend. Der Trend zu höherem Leberfett und schlechterer Heilungsrate unterstreicht die Bedeutung stark entzündlicher Grundkrankheiten für die Krankheitsentwicklung und den Therapieerfolg. Die Leber- schwimmprobe kann für die Anwendung in der Praxis empfohlen werden. 79

Spermaqualität und Metabolite im Serum von Besamungsbullen zu Beginn

der Spermaproduktion

H. Scholz*, A. Ahrens§

*Hochschule Anhalt, Fachbereich Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschafts- entwicklung, Strenzfelder Allee 28, 06406 Bernburg, Mail: [email protected] §Tiergesundheitsdienst der Thüringer Tierseuchenkasse, Victor-Goerttler-Straße 4, 07745 Jena, Mail: [email protected]

Problemstellung: Seit 2010 ist die genomische Selektion in der Holsteinzucht eingeführt. In dieser Situation ist der Druck auf die Besamungsorganisationen gestiegen, die Bullen bereits sehr zeitig mit der Spermaproduktion beginnen zu lassen. Dadurch gelangen die Bullen noch sehr jung zur ersten Produktion von Spermaportionen. Häufige auftretende Probleme in den Besamungsstationen sind hier vor allem im Vergleich zu älteren Bullen das niedrige Ejakulatvolumen und die geringere Qualität des Spermas. Ziel: Ziel der Untersuchung war die Feststellung von Zusammenhängen zwischen der Spermaqualität zu Beginn der Spermaproduktion und einzelnen Stoffwechselparametern (Ca, P, Harnstoff, AP, TP, ASAT, BILI, GLDH, CK, CHOL, Zn, Cu, Se). Dabei sollte geprüft werden, ob zwischen der Spermaqualität und einzelnen Blutparametern signifikante Zusammenhänge bestehen. Daneben erfolgte eine Analyse von Metaboliten über die Haupt- komponentenanalyse (PCA) unter Verwendung eines Hochdurchsatz-GC-MS-Systems. Versuchsanordnung: In die Untersuchung wurde Sperma und Blutproben von 15 Jungbullen der Rasse Holstein Friesian einbezogen. Die Blutentnahme erfolgte nach Einstallung in die Besamungsstation im Abstand von 4 Wochen. Unter Verwendung der Hauptkomponentenanalyse (PCA) wurden die Metaboliten nachgewiesen und quantitativ eingeschätzt. Alle Bullen wurden zweimal in der Woche abgesamt. Die Fütterung bestand für alle Tiere aus der gleichen Grobfutterration mit einer Kraftfutterzumischung. Ergebnisse: Während der ersten 4 Monate nach Beginn der Spermaproduktion verbesserte sich die Qualität des Spermas stetig. Dies wird besonders bei der Morphologie und der Motilität der Spermien deutlich. Nach der Spermaqualität wurden die Bullen in drei Gruppen eingeteilt: [1] 100% geeignete Samen, [2] 75 bis 99% geeignete Samen und [3] unter 75% geeignete Samen. Die Motilität der Ejakulate zeigte einen Durchschnitt von 65% Vorwärtsbeweglichkeit mit signifikanten Unterschieden zwischen den Gruppen ([1] 68% [2]; 65%; [3] 63%). Die Motilität nach dem Auftauen lag im Mittel bei 55%, ebenfalls mit 80 signifikanten Unterschieden zwischen den Gruppen ([1] 60%; [2] 55%; [3] 51%). Weder das Volumen noch die Dichte der Ejakulate zeigten signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen der Bullen. In der Untersuchung hatten die Bullen im Durchschnitt 86% morphologisch normale Spermien. Dabei wiesen Bullen mit 100% geeigneten Samen einen Durchschnittsgehalt von 90% normalen Spermien auf. Dies war signifikant gegenüber den anderen beiden Gruppen (85% in [2] und 82% in [3]). Bei den aufgetauten Spermaportionen konnte eine durchschnittliche Motilität von 56% festgestellt werden. Nach einer Widerstandsprüfung über 180 Minuten zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den drei Gruppen der Bullen. Diese Unterschiede waren zu jedem Zeitpunkt der einzelnen Untersuchungsabschnitte signifikant. Die Gruppen 2 und 3 zeigten hier die größten Verluste in der Motilität. Bei der Auswertung Metabolite mittels der PCA (Hauptkomponentenanalyse) zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen allen drei Gruppen. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse zeigen, dass sich vor allem der überwiegende Teil der Stoffwechselprodukte des Fettstoffwechsels und des Eiweißstoffwechsels für eine Hauptkomponentenanalyse (PCA) eignet. Mit der PCA kann die Fruchtbarkeit von Jungbullen analysiert werden, bevor diese mit der Spermaproduktion an den Besamungsstationen beginnen. Weitere Untersuchungen dazu sind im Gange und werden im Jahr 2015 abgeschlossen werden. Im nachfolgenden Testeinsatz der Bullen konnten keine statistischen Signifikanzen zwischen der festgestellten Spermaqualität und den erreichten Besamungsergebnissen (NR90) ermittelt werden. Auch zwischen den untersuchten Blutparametern und der Spermaqualität konnte kein statistischer Zusammenhang nachgewiesen werden, lediglich Tendenzen wurden festgestellt.

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Quantitative und qualitative Veränderung von Eisen bei der Grassilierung und Carry over in ausgewählte Körpergewebe von Ziegen

O. Steinhöfel1, M. Spolders2, A. Simon3, H. Schafft2, B. Fröhlich1, J. Zentek4

1Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, 2 BfR, Abteilung Sicherheit in der Nahrungskette, 3Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät, Humboldt Universität Berlin, 4Freie Universität Berlin, Institut für Tierernährung E-Mail: [email protected]

Problemsicht: Die empfohlene Eisenkonzentration in Futterrationen für Milchrinder liegt bei 50 mg Eisen je kg Futter-T (GfE, 2001, 2003). In sächsischen TMR-Mischungen werden seit Jahren Gehalte nachgewiesen, die um mehr als das 10-fache über diesen Empfehlungen liegen. Dazu tragen wesentlich die Grassilagen (im Mittel 635 mg Eisen je kg T) bei. Mögliche Ursachen erhöhter Eisenkonzentrationen sind hohe Verluste an organischer Substanz, erhöhte Erdverunreinigungen, ein verstärkte Einsatz von „Biogasgüllen“ und der zunehmende Abrieb eisenhaltiger Technik und Bedarfsgegenstände. Die genannten Quellen lassen vermuten, dass Eisen vorrangig in unlöslicher Form (Fe3+) vorliegt. Aus In Vitro Untersuchungen (Hansen und Spears, 2009) gibt es Hinweise, dass durch das Ansäuern beim Silierprozess unlösliches Eisen (Fe3+) in lösliche Eisenverbindungen (Fe2+) überführt wird. In Untersuchungen von Zentek und Steinhöfel, 2013 konnte durch das Silieren von Grasaufwüchsen die Wasserlöslichkeit des Eisens verachtfacht werden (im Mittel: Siliergut 5 % / Silage 40 %). Hypothese Die durch Silieren verbesserte Verfügbarkeit von Eisen kann zu einer vermehrten Einlagerung von Eisen im Tier führen und die Verfügbarkeit anderer Spurenelemente für das Tier stärker nachhaltig beeinflussen. Material und Methoden: In einem Fütterungsversuch mit 24 männlichen Ziegenlämmern der Rasse Deutsche Edelziege wurde der Einfluss hoher Eisenaufnahmen auf den Übergang von Eisen in tierisches Gewebe untersucht. Dabei erhielten die Tiere entweder eine Grassilage, die bereits vor dem Silierprozess mit Erde kontaminiert wurde (Gruppe B), oder aber eine frisch vor der Verfütterung mit Erde kontaminierte Grassilage (Gruppe C). Eine weitere Gruppe (Gruppe A) diente als Kontrolle und erhielt eine Grassilage ohne Erdkontamination. Jede Gruppe bestand aus 8 Tieren. Die Aufstallung der Tiere erfolgte mit 2 Tieren pro Bucht, so dass eine Erfassung der Futteraufnahme jeweils für zwei Tiere zusammen möglich war. Die Grassilage wurde den Tieren einmal täglich zur freien Aufnahme vorgelegt. Am Ende der 84-tägigen Fütterungsphase wurden alle 24 Tiere geschlachtet. Bei der Schlachtung wurden Proben von Leber, Nieren, Muskulatur und Darmwand gewonnen. Die Bestimmung der Spurenelementgehalte (Eisen, Zink, Kupfer und Mangan) in den Futter- und Organproben erfolgte mittels AAS. Ergebnisse: In Tabelle 1 sind die Gehalte an Rohasche sowie der Spurenelemente Eisen, Kupfer, Zink und Mangan in den verfütterten Grassilagen dargestellt. Neben einem höheren Eisengehalt in den Grassilagen der Gruppen B und C war auch der Ge- halt an Mangan höher, während sich die Gehalte an Zink und Kupfer zwischen den Grassila- gen kaum unterschieden. Die Futteraufnahme der Tiere betrug 2.546 g/Tier (Gruppe A), 82

1.901 g/Tier (Gruppe B) und 2.443 g/Tier (Gruppe C). Durch die tendenziell verminderte Fut- teraufnahme der Tiere in Gruppe B war die Eisenaufnahme der Tiere in dieser Gruppe deut- lich niedriger (1 543 mg/Tier) als die Eisenaufnahme der Tiere in Gruppe C (2 396 mg/Tier). Die Eisenaufnahme der Kontrolltiere (Gruppe A) betrug 423 mg/Tier. Tab. 1: Rohasche, Eisen, Zink, Kupfer und Mangan in Futterrationen Rohasche Eisen Zink Kupfer Mangan (g/kg T) (mg/kg T) (mg/kg T) (mg/kg T) (mg/kg T) Gruppe A 114,2 332,3 26 7,3 24,4 Gruppe B 148,7 1 628,0 28,9 7,9 55,2 Gruppe C 163,9 1 961,0 39,8 8,3 65,9 Der Eisengehalt in der Leber der Tiere in Gruppe B, die eine Grassilage erhielten, die bereits vor der Silierung mit Erde kontaminiert wurde, war signifikant höher im Vergleich zu den Kontrolltieren (Gruppe A) und tendenziell höher im Vergleich zu den Tieren der Gruppe C, die eine Grassilage erhielten, die erst unmittelbar vor der Verfütterung mit Erde kontaminiert wurde (Tabelle 2). Obwohl die Eisenaufnahme der Tiere in Gruppe C am höchsten war, lagen die Eisengehalte in der Leber dieser Tiere unterhalb der Eisengehalte der Lebern der Tiere in Gruppe B. Dies deutet auf eine möglicherweise bessere Verfügbarkeit des Eisens durch den erfolgten Silierprozess in Gruppe B hin. Neben der Leber zeigten sich diese Effekte auch in den Nieren, der Darmwand und dem M. glutaeus. Lediglich im M. long. dorsi waren diese Effekte nicht zu beobachten. Tab. 2: Mittlere Eisengehalte (mg/kg T) in Muskulatur, Nieren und Darmwand bei der Schlachtung

Gruppe A Gruppe B Gruppe C a b ab Leber 297,6 ± 60,6 573,9 ± 149,5 425,5 ± 182,0 M. long. dorsi 40,2 ± 11,3 35,9 ± 12,1 39,0 ± 2,0 a b a M. glutaeus 39,4 ± 6,0 56,6 ± 10,2 43,9 ± 11,6 a b a Nieren 193,3 ± 27,5 289,8 ± 31,9 203,0 ± 43,1 a b a Darmwand 87,5 ± 20,1 183,9 ± 61,2 79,9 ± 29,0 a < b (Zeilen); p < 0,05 Die höchsten Eisengehalte wurden in den Lebern ermittelt, gefolgt von den Nieren, der Darmwand und der Muskulatur. Die Gehalte der Spurenelemente Kupfer, Zink und Mangan unterschieden sich dagegen in den verschiedenen Organen zwischen den drei Gruppen nicht. Zusammenfassung: Hohe Eisengehalte in Grassilagen, die unter anderem durch Erdkon- tamination hervorgerufen werden können, führen zu einer erhöhten Eisenaufnahme landwirtschaftlicher Nutztiere. Durch den Silierprozess scheint das Eisen in einer für das Tier besser verfügbaren Bindungsform (Fe2+) vorzuliegen, so dass eine erhöhte Eiseneinlagerung in tierisches Gewebe (Muskel, Leber, Niere) möglich ist. Die durchgeführte Fütterungsstudie mit Ziegen gibt keine Hinweise auf nachteilige Wechselwirkungen des Eisens mit anderen Spurenelementen. Landwirtschaftliche Nutztiere (insbesondere Wiederkäuer) scheinen gegen- über hohen Eisengehalten in ihrer Ration äußerst tolerant, so dass gesundheitliche Beeinträch- tigungen der Tiere durch hohe Eisenaufnahmen wahrscheinlich eher selten sind. Literatur: bei den Autoren

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Hepcidin – Regulator der Eisenhomöostase und seine Bedeutung

in der Entzündungsreaktion

Esther Humann-Ziehank

Klinik für kleine Klauentiere, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Email: [email protected]

Eisen (Fe) zählt zu den essentiellen Spurenelementen. Durch die Fähigkeit der leichten Elektronenaufnahme und -abgabe ist Eisen an vielen Schlüsselfunktionen im Organismus, wie zum Beispiel dem Sauerstofftransport mittels Hämoglobin, beteiligt. Die Fe-Bereitstellung, z. B. für die Häm-/Hämoglobinsynthese, stellt hohe Anforderungen an die Eisenhomöostase. Mit der Erstbeschreibung des Hepcidins im Jahr 2001 ist in den letzten Jahren ein wichtiges, regulativ wirkendes Protein des Fe-Stoffwechsels in den wissenschaftlichen Fokus gerückt. In der Leber gebildetes Hepcidin greift über die Regulation des Fe-Transporters Ferroportin in die Eisenhomöostase ein und führt zu einer Internalisierung von Eisen in das retikulo- endotheliale System (z. B. Knochenmark, Milz, Leber) sowie zu einer verminderten enteralen Fe-Absorption. Die hepatische Hepcidin-Synthese wird sowohl über hohe Fe-Transferrin- Konzentrationen im Plasma als auch über Entzündungsmediatoren (Zytokine) ausgelöst. Diese Beeinflussung durch Zytokine wird als Erklärung für die oft beobachtete Abnahme der Fe-Konzentration im Plasma im Rahmen akuter Entzündungen (siehe Abb. 1) sowie für die Ausbildung einer hypochromen Anämie bei chronischen Entzündungen („anemia of chronic disease“) diskutiert.

Abb. 1: Fe-Konzentrationen (Mittelwert und Standardabweichung) im Serum von Absetzferkeln vor (Tag 0) und 4 Tage nach einer experimentellen Infektion mit Actinobacillus pleuropneumoniae (Humann-Ziehank et al., 2014) 84

Die Fe-Aufnahme landwirtschaftlicher Nutztiere variiert enorm: Über Futter und ggf. Tränkwasser werden zum Teil sehr hohe Mengen an Eisen aufgenommen. Dagegen ist die Fe- Aufnahme Neugeborener über Kolostrum und Milch sehr gering. Stellt man den als sehr viel höher postulierten Bedarf des Neugeborenen den geringen Fe-Konzentrationen im Kolostrum und in der Milch gegenüber, stellt sich die Frage nach dem biologischen Hintergrund. Ein Erklärungsansatz wäre, dass eine niedrige enterale Fe-Konzentration die Fe-Verfügbarkeit für pathogene Darmbakterien gering hält und damit das noch nicht voll immunkompetente Neugeborene vor intestinalen Infektionen schützt. Neugeborene Ferkel werden routinemäßig mit Fe-Präparaten per Injektion behandelt, um einer Fe-Mangelanämie vorzubeugen. Die Auswirkungen dieser und anderer Formen der Fe-Supplementation auf Hepcidin in der Regulation des Fe-Stoffwechsels sind bisher bei Nutztieren nur in ersten Ansätzen bearbeitet worden. Grundlage für eine umfassende Charakterisierung der Fe-Regulation sind zudem valide Analysemethoden für Hepcidin bei Nutztieren. Dieses neu beschriebene ‚Hormon‘ wird den Blick auf den Fe-Stoffwechsel maßgeblich erweitern. Möglicherweise wird man zukünftig in Folge neuer Erkenntnisse zur Fe-Regulation zu einer Neubewertung der verschiedenen Maßnahmen zur Fe-Ergänzung bei land- wirtschaftlichen Nutztieren kommen.

Literatur: Humann-Ziehank, E. (2014): Zur Regulation des Eisenstoffwechsels durch Hepcidin und seiner Bedeutung für Tierernährung und Tiermedizin. Übers. Tierernährung 42, 1-25 Humann-Ziehank, E., Menzel, A., Roehrig, P., Schwert, B., Ganter, M. and Hennig-Pauka, I. (2014): Acute and subacute response of iron, zinc, copper and selenium in pigs experimentally infected with Actinobacillus pleuropneumoniae. Metallomics 6, 1869-1879

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Selenstatus bei Rindern in Europa und der Trend der letzten Jahre mit Blick voraus

Anja Müller, B. Freude

Vet Med Labor GmbH, Mörikestr. 28/3, D-71636 Ludwigsburg e-Mail: [email protected]

Um den Selenstatus bei Rindern in Europa zu erfassen, wurden alle 42706 Rinderseren aus 21 Nationen zur Auswertung herangezogen, die im Zeitraum von 1. Januar 2006 - 31. Dezember 2014 von Tierärzten zur Untersuchung u.a. auf Selen (Se) in das IDEXX Vet Med Labor, Ludwigsburg, eingeschickt wurden. Die Se-Analyse erfolgte mittels ICP-AES (Inductively Coupled Plasma Atomic Emission Spectroscopy) und ICP-MS (Inductively Coupled Plasma Mass Spectroscopy). Überregionale Auswertung: Für die überregionale Auswertung wurden die Proben in Quar- tale (Q1: Jan. - März; Q2: April - Juni; Q3: Juli - Sept.; Q4: Okt.-Dez.) zusammengefasst und der Median ausgewertet. Daraus ergaben sich saisonale Unterschiede mit niedrigen Se-Werten im Sommer und höheren Werten im Winter mit der Tendenz zu einer schlechter werdenden Versorgung. Eine mögliche Erklärung für diese Saisonalität liegt in dem Fressverhalten der Tiere. Im Sommer nehmen sie wegen der Hitze weniger Futter auf als im Winter (1; 2). Gleichzeitig ist der Pflanzen-Se-Gehalt im Frühjahr hoch und fällt dann im Sommer stark ab und steigt zum Herbst wieder an (3; 4). Der U-förmige Verlauf scheint sich in dem Se-Status der Rinder widerzuspiegeln und ist über den gesamten Zeitraum sehr deutlich erkennbar, was u.a. auf eine exakt durchgeführte Analytik hindeutet. Des Weiteren konnte eine gewisse Ähn- lichkeit des Verlaufs der Milchpreisentwickung mit dem Se-Versorgungsstatus gezeigt wer- den. Regionale Auswertung: In die Nationenauswertung kamen Länder, von denen mindestens 132 Rinder-Proben zur Se-Untersuchung eingeschickt wurden. Die Se-Werte wurden in 3 Kategorien eingeteilt: Se <50 µg/L = unterversorgt; Se 50-150 µg/L = ausreichend versorgt und > 150 µg/L = überversorgt. Den besten Se-Versorgungsstatus zeigte HUN, vor Skandina- vien (SWE, DEN, FIN), dann POL und ITA mit Proben, deren Se-Werte zu über 75 % zwi- schen 50-150 µg/L lagen. In den Ländern GER, GBR, NED und AUT lag der Anteil der aus- reichend versorgten Rinder zwischen 60 und 70 %. Den schlechtesten Se-Status mit < 62 % ausreichend versorgten Rindern zeigten die Ländern FRA, SUI und Schlusslicht LUX (40 %). Überversorgte Rinder waren sehr selten, da Europa als Se-Mangelgebiet gilt.

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Trend: Um den Trend des jeweiligen Landes zu erfassen, wurden die Länder mit > 2900 Pro- ben ausgewertet: AUT, SUI, DEN und GER. Pro Quartal wurde der Se-Versorgungsstatus in die 3 Kategorien (s.o.) eingeteilt und der Anteil prozentual ermittelt. Durch lineare Regression wurde der Trend berechnet. In der SUI zeigte die Regressionsgerade am wenigsten Gefälle (- 0,05) allerdings auch mit dem niedrigsten Ausgangswert (51,4 µg/L). Den stärksten abfallen- den Trend zeigte AUT (-0,68), gefolgt von GER (-0,41) und DEN (-0,17), deren Ausgangs- werte (AUT: 73,9 µg/L, GER: 76,1 µg/L; DEN: 80,5 µg/L) aber deutlich über dem der SUI lagen (Abb. 1). Als Grund könnte die zunehmende Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzflächen genannt werden. Die Böden verarmen mehr und mehr an Se und die Fütterung wird sehr wahrscheinlich nicht entsprechend angepasst. Tab. 1.) Übersicht über die Probenzahlen der Länder:

Abb. 1: Trend der Selenversogung von DEN, AUT, GER und SUI mit Prognose- berechnung. Literatur: beim Autor

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Beurteilung der Schwefelversorgung von Milchkühen K. Wall¹, A. E. Müller2, A. Roder1, R. Staufenbiel¹

¹Klinik für Klauentiere, Fachbereich Veterinärmedizin, Freie Universität Berlin 2IDEXX Vet Med Labor GmbH, Mörikestraße 28/3, 71636 Ludwigsburg E-Mail: [email protected] Problemstellung: Die Bedeutung der Mengenelemente Ca, P, Na, K und Mg für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Nutztiere im Allgemeinen und der Milchkühe im Besonderen gehört zum Standardwissen. Diese Elemente werden in der Futteranalyse, in der Rationskalkulation und in der Rationskontrolle routinemäßig berücksichtigt. Anders verhält es sich mit dem Mengenelement Schwefel (S). Wiederkäuer können bei einer ausreichenden S- Versorgung ihren Bedarf an essentiellen Aminosäuren über die Pansenfermentation decken. Durch die Verbesserung der Umweltstandards muss heute im Pflanzenbau S systematisch gedüngt werden. Das kann als Hinweis auf einen möglichen S-Mangel bei Rindern bewertet werden. Mit einer Spanne zwischen 1,6 bis 2 g/kg TM liegt der S-Bedarf für Rinder in einem engen Bereich, der Übergang zur toxischen Wirkung wird mit 4 g/kg TM angegeben. Bestimmte Futtermittel sind besonders schwefelreich, weshalb in den letzten Jahren international die S-Intoxikation in den Fokus des Interesses gerückt ist. Beides, ein Schwefelmangel als auch eine Schwefelüberversorgung bzw. Intoxikation, gefährden die Gesundheit und Leistungsfähigkeit unserer Milchkuhherden und sind deshalb zu vermeiden.

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Futterschwefelversorgung der Milchkühe in Deutschland zu untersuchen, zu beurteilen und eine Empfehlung zur Diagnostik der Schwefelversorgung zu erarbeiten.

Versuchsanordnung: Im Zeitraum von 2006 bis 2012 wurden in 518 Milchviehbetrieben in den neuen Bundesländern mit im Mittel 516 Kühen und einer durchschnittlichen Jahresmilchleistung von 9274 kg Blut- (Plasma, Serum, EDTA-Vollblut), Urin- und Haarproben von klinisch gesunden, multiparen Holstein-Friesian-Kühen mit unterschiedlichem Laktationsstatus entnommen. Die S-Konzentration wurde mit Hilfe der ICP-OES (Inductively coupled plasma optical emission spectrometry) bestimmt. In 396 Beständen wurde über die routinemäßige Futteranalyse durch den Milchviehbetrieb auch die S-Konzentration in der Mischration (TMR) bestimmt. Weiterhin standen andere Laborwerte aus der Bestandsbetreuung sowie die Herdendaten zur Auswertung zur Verfügung. Die Messwerte wurden mittels Varianzanalyse, Korrelation nach Pearson, Regressionsanalyse analysiert. Zur Ermittlung der Referenzwerte wurden nicht-parametrische Verfahren gewählt. 88

Ergebnisse: Zu Beginn der Untersuchungen im Jahr 2006 ist die Mehrzahl der Herden mit S unterversorgt. Bis 2012 steigt die S-Aufnahme signifikant an, bleibt aber dennoch überwiegend im unteren Versorgungsbereich. Eine Ausnahme bildet die Nutzung einer Anioneration in der Prophylaxe der Gebärparese, was mit einer Verdopplung des S-Gehaltes in der Futterration und einem hohen Versorgungsbereich einhergeht, wobei zum Teil die 4g S /kg TM auch überschritten werden. Eine S-Unterversorgung (<1,6 g S / kg TM) ist mit einem signifikant häufigeren Auftreten von Erkrankungen (Nachgeburtsverhalten, Ovarialzysten, Labmagenverlagerungen, Verdauungsstörungen, Klauenerkrankungen) bei einer geringeren Milchleistung verbunden. Dieser Zusammenhang trifft sowohl für die Gesamtstichprobe als auch für die Teilstichprobe ohne Nutzung einer Anionenration zu. Die S-Konzentrationen in den Probenmedien Vollblut, Blutserum, Blutplasma und Haar zeigen keine signifikante Beziehung zum S-Angebot über die Futterration. Im Unterschied dazu korreliert die Harn-S- Konzentration signifikant mit dem S-Gehalt in der Futterration.

Diskussion: Die sehr kleine Spanne des adäquat versorgten S-Gehaltes der Futterration bedingt ein relevantes Risiko sowohl einer Unter- als auch einer Überversorgung. Beides sollte auf Grund der negativen Effekte auf die Tiergesundheit vermieden werden. Die Verdaulichkeit und die Verfügbarkeit von S in der Futterration hängen von verschiedenen Faktoren ab (S-Verbindung, S-Quelle, N:S-Verhältnis, Konzentration von Spurenelementen). Deshalb sollte die S-Versorgungslage von Milchkuhherden regelmäßig und routinemäßig sowohl über die Analyse des Angebotes über die Futterration als auch über eine weitere, zweite, unabhängige Messgröße der S-Verfügbarkeit im Organismus überwacht werden.

Schlussfolgerung: Zur Beurteilung der S-Versorgung sollten immer eine TMR-Analyse zur Bewertung des Angebotes und eine Harnuntersuchung als Kurzzeitparameter zur Beurteilung der S-Verwertung erfolgen. Die S-Bestimmung im Blutplasma, Blutserum und Vollblut sind als mittelfristig und im Haar als langfristig auf die S-Versorgungslage reagierende Parameter einzustufen. Tab. 1 enthält vorläufige Empfehlungen für die Referenzbereiche.

Tabelle 1: Referenzbereiche für die S-Konzentrationen in verschiedenen Probenmedien

EDTA- Urin Serum Plasma Haar Vollblut mg/l mg/l mg/l g/kg mg/l empfohlener Re- 350 - 2200 750 - 1200 850 - 1400 1000 - 1800 30 - 53 ferenzbereich

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Beurteilung der Molybdänversorgung von Milchkühen

F. Wiese¹, F. Ebert¹, A. Roder1, A. E. Müller2, R. Staufenbiel¹

¹Klinik für Klauentiere, Fachbereich Veterinärmedizin, Freie Universität Berlin 2IDEXX Vet Med Labor GmbH, Mörikestraße 28/3, 71636 Ludwigsburg E-Mail: [email protected]

Problemstellung: Eine grundlegende Voraussetzung zur Erzielung hoher Leistungen in der Milchviehhaltung ist die adäquate Versorgung mit essentiellen Spurenelementen. Während eine Molybdänunterversorgung nur in seltenen Ausnahmefällen zu beobachten ist, werden Intoxikationen und chronische Überversorgung in der Literatur beschrieben. Molybdän (Mo) stellt einen Antagonisten zu Kupfer dar und führt bei einem Überangebot zum sekundären Kupfermangel mit entsprechender Klinik.

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Mo-Versorgung bei Milchkühen in den neuen Bundesländern zu untersuchen, Referenzwerte für den Mo-Gehalt in verschiedenen Probenmedien zu erarbeiten und zwei zur Mo-Bestimmung verwendete Analyseverfahren zu vergleichen.

Versuchsanordnung: Die Studie wurde in zwei Abschnitte gegliedert. Im ersten Versuchsabschnitt wurden von 2007 bis 2012 auf 489 Milchviehbetrieben Blut- (Plasma, Serum, EDTA-Vollblut), Urin- und Haarproben von klinisch gesunden, multiparen Holstein- Friesian-Kühen mit unterschiedlichem Laktationsstatus entnommen. Im zweiten Abschnitt der Studie wurden auf einem Betrieb Blut (Plasma, Serum, EDTA-Vollblut), Haare und Lebergewebe von je zehn Einzeltieren aus vier Laktationsgruppen gewonnen. In beiden Studienteilen wurde die Mo-Konzentration im Probenmaterial mithilfe ICP-OES (Inductively coupled plasma optical emission spectrometry) und ICP-MS (Inductively coupled plasma mass spectrometry) bestimmt. Die Messwerte wurden mittels Varianzanalyse, Korrelation nach Pearson, Regressionsanalyse sowie Bland-Altman-Plot analysiert. Zur Ermittlung der Referenzwerte wurden nicht-parametrische Verfahren gewählt.

Ergebnisse: Eine Über- oder Unterversorgung mit Mo liegt bei keinem der untersuchten Tiere vor. Die Mo-Konzentrationen in Serum und Plasma sind vergleichbar, während im Vollblut signifikant niedrigere Werte vorliegen. Zwischen 70% und 77% der Blutproben weisen Werte im niedrigen Konzentrationsbereich auf (< 10 µg/l). Die Mo-Konzentration im Urin liegt im Mittel bei 120 µg/l und korreliert eng mit den Konzentrationen in Serum und Plasma. Dagegen liegen die ermittelten Werte im Haar in 35% der Fälle über dem Referenzbereich. Die Mo-Konzentrationen der Haare korrelieren nur schwach mit den 90

Konzentrationen der anderen Proben. Im untersuchten Lebermaterial befinden sich 18% oberhalb des Referenzbereiches. Die Mo-Gehalte in der Leber korrelieren nicht mit den Werten im Blut und nur schwach mit denen im Urin. Im Laktationsverlauf zeigen sich keine signifikanten Unterschiede im Mo-Gehalt, während bei der Analyse der Jahreszeitdynamik signifikant niedrigere Werte in den Sommermonaten auffallen. Bei dem Vergleich der Bundesländer sind die Mo-Konzentrationen der Milchkühe aus Thüringen signifikant niedriger als die der Tiere aus den restlichen analysierten Bundesländern. Die eingesetzten analytischen Verfahren ICP-MS und ICP-OES korrelieren eng miteinander, wobei die MS- Technik höhere Werte als das OES-Verfahren ermittelt. Die im Zuge der Studie ermittelten Referenzwerte und daraus resultierende Empfehlungen sind in Tabelle 2 dargestellt.

Tabelle 2: Referenzbereiche für Mo-Konzentrationen EDTA- Plasma Serum Urin Haar Leber Quelle Vollblut µg/l µg/l µg/l µg/kg µg/kg TS µg/l Literatur 2 - 35 2 - 35 300 1000 - 4000 eigene Studie 1 - 32 1 - 31 1 - 34 23 - 323 83 - 805 661 - 6239 empfohlener 1 - 35 1 - 35 1 - 35 20 - 300 80 - 800 650 - Referenzbereich 6000

Diskussion: Laut Angaben des Untersuchungslabors lässt die Messgenauigkeit aufgrund von Untergrundrauschen unter einer Mo-Konzentration von 10 µg/l nach. Dies ist insbesondere bei der Beurteilung der Ergebnisse im Vollblut problematisch, da hier der Grenzwert in 77% der untersuchten Proben unterschritten wird. Im Hinblick auf diese Nachweisgrenzen und die zentrale Rolle der Nieren bei der Regulation des Mo-Haushaltes ist die Harnuntersuchung zur Darstellung der aktuellen Mo-Versorgung besonders geeignet. Die niedrigeren Mo- Konzentrationen in den Sommermonaten lassen sich wahrscheinlich durch eine verminderte Futteraufnahme bei erhöhten Außentemperaturen erklären. Anhand der niedrigeren Werte thüringischer Tiere sind keine Rückschlüsse auf die Bedeutung des Standortes möglich, da das Futter nicht zwangsläufig aus dem jeweiligen Bundesland des Betriebes stammen muss. Schlussfolgerung: Als Kurzzeitparameter eignen sich Blutplasma, Blutserum und Urin, wo- bei vor allem die Harnuntersuchung zu empfehlen ist. Die Konzentrationen im Lebergewebe liefern gute Hinweise auf die Mo-Versorgung der letzten Monate, allerdings gestaltet sich die Probenentnahme vergleichsweise aufwendig. Zur langfristigen Beurteilung ist prinzipiell die Haaranalyse geeignet, es besteht jedoch die Gefahr exogener Verunreinigung.

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Vitamin-D-Versorgung bei Neuweltkameliden – Verlaufsstudie einer

gezielten Substitution

H. Wagner1, M. Medenwaldt1, M. Schepers2, A. Wehrend1

1Klinikum Veterinärmedizin, Klinik für Geburtshilfe Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere mit Tierärztlicher Ambulanz der Justus-Liebig-Universität Gießen ²Synlab.vet GmbH, Augsburg E-Mail: [email protected]

Einleitung: Bei Haltern von Neuweltkameliden ist es üblich Crias und zum Teil auch adulte Tiere mit Vitamin-D-Präparaten prophylaktisch zu behandeln, um Rachitis und Osteomalazie vorzubeugen. Über die prophylaktische Dosis und Frequenz der Behandlung ist wenig bekannt. Gerade Alpakazüchter substituieren regelmäßig per injektionem ihre Tiere. In der Praxis variieren die applizierten Dosen zwischen 5.000 IE pro Tier als einmalige Injektion und 50.000 IE einmal wöchentlich (Wagner et al., 2013). In der deutschsprachigen Literatur wird eine Injektion von 2.000 IE pro kg Lebendgewicht bei gefährdeten Fohlen im Herbst sowie Winter und eine zusätzliche Injektion im Frühjahr empfohlen (Gauly et al., 2011). In einer australischen Studie wird die Behandlung bei Jungtieren mit einer Injektion im Herbst und Winter mit je 1.000 IE pro kg Lebendgewicht und bei Stuten eine einmalige Behandlung mit 1.000 IE pro kg Lebendgewicht im Winter empfohlen (Judson et al., 1999). Aufgrund der stark divergierenden Angaben führten wir zunächst eine Verlaufsstudie zur Vitamin-D- Versorgung durch, um zu schauen wie sich die Versorgung in Deutschland darstellt (Wagner et al., 2013 & 2014). Da sich über verschiedene Betriebe hinweg eine Überversorgung als Ergebnis darstellen lässt, wurde eine Folgestudie entwickelt. In der nun vorliegenden Studie soll die Wirkung einer Vitamin-D-Injektion unter definierten Bedingungen (Dosis, Geschlecht, Alter, Fellfarbe) dargestellt werden. Ziel dieser Untersuchungen ist die Erstellung einer gezielten Behandlungsempfehlung.

Material und Methode: Insgesamt stehen 8 Stuten und 6 Hengste für die Studie zur Verfügung. Von den weiblichen und männlichen Tieren hatten die Hälfte der Tiere eine helle und die Hälfte der Tiere eine dunkle Fellfarbe. Beginn der Studie war November 2014. An dem ersten Studientag wurde jedem Tier der Gruppe Blut entnommen, um den Vitamin-D- Gehalt im Serum vor der Injektion zu bestimmen. Anschließend wurden 1.000 IE / kg ® Lebendgewicht Vitamin D in Form von Ursovit AD3EC Injektionslösung der Firma

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Serumwerk Bernburg subkutan cranial der linken Schulter verabreicht. Hierfür wurde mittels einer Viehwaage das genaue Gewicht bestimmt. Es erfolgten weitere Blutentnahmen am 2. Tag und danach wöchentlich für 16 Wochen. Alle Blutproben zur Serumgewinnung wurden aus der Vena jugularis externa entnommen. Vor jeder Blutentnahme wurden die Tiere einer klinischen Allgemeinuntersuchung unterzogen. Die Untersuchungen zum Vitamin D (25-OH)-Gehalt wurden bei Synlab.vet GmbH in Augsburg mit der CLIA-Methode (Chemiluminescent Immunoassay) durchgeführt. Die untere Grenze einer ausreichenden Versorgung, welche von Synlab.vet GmbH für die CLIA- Methode für Neuweltkameliden vorgegeben wird, liegt bei 25 µg/l. Ein Höchstwert für Neuweltkameliden liegt nicht vor.

Ergebnisse: Die Auswertung zeigt bei allen behandelten Tieren einen Anstieg der Vitamin-D- Konzentration von dem ersten zum zweiten Untersuchungstermin. Innerhalb dieser Woche steigt der Serumgehalt bei den Tieren jedoch unterschiedlich stark an. Bei den Hengsten steigt die Konzentration bei allen untersuchten Individuen an, bei den weiblichen nur bei fünf von acht Tieren (62,5%). Bei einer Stute ist der Wert am zweiten Untersuchungstermin gesunken. Werden die Mittelwerte der Stuten und Hengste über den Beprobungszeitraum verglichen, so wird der Unterschied sehr deutlich. Die Hengste liegen bis zum 8. Termin, vier Monate nach der Ursovit®-Injektion, teilweise 400 µg/l höher als die Stuten. Überraschend ist im Frühjahr der Abfall der Vitamin-D-Konzentration bei den Hengsten wohingegen die Stuten ansteigende Werte zeigen, bis die beiden Geschlechter sich im Februar in den Werten angleichen. Ein Unterschied zwischen der Fellfarbe hell und dunkel lässt sich nicht nachweisen. Nach Geschlecht aufgeteilt, zeigen jedoch bei den Hengsten die dunklen Vliestypen eine längere erhöhte Persistenz der Vitamin-D-Konzentration. Bei den Stuten ist der Effekt umgekehrt, hier zeigen die helleren Vliestypen die bessere Vitamin-D Persistenz. Aufgrund der niedrigen Fallzahlen von den Hengsten (n=3 helle und n=3 dunkle) und der Stuten (n=4 helle und n=4 dunkle) ist das Ergebnis statistisch nicht abzusichern. Labordiagnostisch lässt sich in diesem Versuch der Effekt dieser einmaligen Vitamin-D- Substitution bei beiden Geschlechtern über mindestens vier Monate über dem Mindestwert von Synlab.vet nachweisen.

Diskussion: Durch die vorliegenden Untersuchungen zeigt sich, dass Alpakas sehr gut und schnell auf eine parenterale Vitamin-D-Substitution ansprechen. Entgegen den bisherigen Befragungen der Tierhalter (Wagner et al. 2013) und den Literaturempfehlungen (Gauly et al., 2011) konnten bei vorliegenden Untersuchungen mit nur einer einmaligen Applikation von

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1.000 IE / kg Lebendgewicht ein nachhaltiger Effekt über 4 Monate erreicht werden. Der diagnostizierte geschlechtsspezifische Unterschied lässt sich zunächst nicht genau erklären. Interessant ist, dass die Hengste zum Frühjahr hin sinkende Werte aufweisen obwohl in den vorhergehenden Untersuchungen (Wagner et al., 2013 & 2014) dies nicht beobachtet werden konnte. Es müssen weitere, differenzierte Untersuchungen an einer höheren Fallzahl durchgeführt werden. Abschließend sollte dennoch die Frage gestellt werden, ob über eine neue Bedarfsempfehlung für die Vitamin-D-Gabe mittels Ursovit® nachgedacht werden sollte, da bis heute keine Daten zu Folgen einer Überversorgung vorliegen.

Literaturverzeichnis:

1. GAULY, M.; VAUGHAN, J.; CEBRA, C (2011): Neuweltkameliden. 3. Auflage. Ferdinand Enke Verlag 2. JUDSON, GJ; FEAKES, A. (1999): Vitamin D doses for alpacas (Lama pacos). Aust Vet J 77, No 5: 310-315 3. WAGNER H, KAISER S, SCHEPERS M, WEHREND A (2013): Verlaufs-untersuchungen zur Vitamin-D-Versorgung bei Neuweltkameliden in Mitteldeutschland. DVG-Proceedings der Fachgruppe Krankheiten Kleiner Wiederkäuer, Berlin, 6.11.2013, 222-224 4. WAGNER H, KAISER S, SCHEPERS M, WEHREND A (2014): Verlaufs- untersuchungen zur Vitamin-D-Versorgung bei Neuweltkameliden in Mitteldeutschland. LAMAS. Heft Nr. 4, 22. Jahrgang, 20-21

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Stellungsanomalien an den Gliedmaßen bei Neuweltkameliden – Fälle für die Labordiagnostik?

M. Kaiser et al., Leipzig

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Cortisolkonzentrationen bei Deutsch Holstein Kühen vor, während und nach der Klauenbehandlung im Durchtreibestand – Eignung verschiede- ner Substrate

M. Reckardt et al., Leipzig

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Saure Belastungen – wie (weit?) kann der Pansen kompensieren?

G. Gäbel

Veterinär-Physiologisches Institut, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig

E-Mail: [email protected]

Einleitung

Die Stabilisierung des intraruminalen pH-Wertes ist entscheidend, um die Lebensfähigkeit der Mikroorganismen und die Funktionalität der Pansenwand aufrecht zu erhalten. „Bedroht“ wird die pH-Homöostase im Pansen hauptsächlich durch die ständige Freisetzung von kurzkettigen Fettsäuren (SCFA = short-chain fatty acids, im Wesentlichen Essig-, Propion- und Buttersäure). Dieser ständigen Freisetzung von Protonen setzt der Wiederkäuer verschiedene Verteidigungsstrategien entgegen. Dies ist zum einen ein fortwährender Einstrom von puffernden Substraten über den Speichel, zum anderen aber auch die konstante Eliminierung von Protonen über die Pansenwand bzw. die Addition von Puffersubstraten über die Pansenwand.

Die Bedeutung des intraruminalen pH-Wertes für die Fermentation hat zur Folge, dass er als diagnostisches Kriterium einzuschätzen ist. Bei der Erfassung des intraruminalen pH-Wertes sind allerdings verschiedene Restriktionen zu beachten. Zum einen ist der pH-Wert im Pansen nicht homogen verteilt (Duffield et al., 2004; J. Dairy Sci. 87, 59) und zum anderen hängt die Messung des pH-Wertes auch von der Probenentnahmetechnik ab. In den letzten Jahren sind allerdings entscheidende Fortschritte zu verzeichnen gewesen, in denen entsprechende Messsysteme für eine kontinuierliche Erfassung des pH-Wertes entwickelt wurden. Auf diese Messsysteme wird in den nachfolgenden Vorträgen noch eingegangen. Auch wenn diese Systeme immer weiter ausreifen und der pH-Wert sicherlich ein entscheidendes Diagnose- kriterium darstellt, muss betont werden, dass er nur ein Parameter ist, der z.T. nur unzu- reichend Auskunft über komplexe Entgleisungen der Fermentation gibt. Ausprägungs-grad und Dauer z.B. einer subakuten Pansenazidose (SARA) werden noch durch andere Faktoren wie z.B. Anflutung von SCFA, Freisetzung von biogenen Aminen und auch CLA beeinflusst. Allerdings ist der pH-Wert als Risikofaktor einzuschätzen, da unterhalb eines bestimmten pH- Wertes die bakterielle Fermentation vermindert und/oder drastisch eingeschränkt wird. So ist weitgehend etabliert, dass eine Fütterung von leicht fermentierbaren Kohlenhydraten und pH- Werte unter 6,0 das Wachstum amyolytischer Bakterien fördern (Mackie u. Gilchrist, 1979; Appl. Environ. Microbiol. 38, 422). Unter einem pH-Wert von 5,8 verschieben sich die 97

Verhältnisse von Laktatproduzenten und Laktatverwertern (Mackie u. Gilchrist, 1979), was letztendlich das Umkippen der Fermentation in eine reine Laktatfreisetzung mündet, so dass eine akute Pansenazidose mit einem Umkippen in eine vorrangige Laktatfermentation „vorbereitet“ wird. PH-Werte unter 5,6 haben nicht nur schädliche Einwirkungen auf das Fermentationsgleichgewicht sondern wirken sich auch nachteilig auf die Funktionalität des Epithels aus (sofern kurzkettige Fettsäuren als Protonenträger vorhanden sind) (Gaebel et al., 1987; Q. J. Exp. Physiol. 72, 501). Weitere Informationen zur Bedeutung des intrazellulären pH-Wertes und dessen diagnostische Einschätzung finden sich in Aschenbach et al. (2011; J. Anim. Sci. 89, 1092).

Abschätzung der intraruminalen Säurefreisetzung

Die Verlässlichkeit der Zahlen zur intraruminalen Säurefreisetzung hängt im Wesentlichen von der angewandten Technik ab. Loncke et al. (2009; J. Anim. Sci. 87, 253) berechneten in einer Metastudie aus den Appearance-Raten von SCFA im Portalblut, dass ein Gramm pro Tag und kg Köpergewicht (KGW) aufgenommene fermentierbare organische Masse die ruminale Fettsäureproduktion um 5,93 mmol/d pro kg KGW steigert. Sutton et al. (2003; J. Dairy Sci. 86, 3620), stellten mit Hilfe der Isotopenverdünnungstechnik fest, dass bei Milchkühen, die mit Konzentrat-/Heurationen von 60 % zu 40 % bzw. 90 % zu 10 % gefüttert wurden und 13 kg/d Trockenmasse aufnahmen, die Gesamtfettsäureproduktion zwischen 80 und 90 mol/d lag. Die Produktion von Fettsäuren ist wiederum verbunden mit der Freisetzung von Protonen, die entsprechend abgepuffert bzw. eliminiert werden müssen.

Pufferung intraruminal freigesetzter Protonen

Die Freisetzung von Protonen hängt im Wesentlichen von der Dissoziationskonstanten (pKs) der entsprechenden Säure ab. Der pKs-Wert von SCFA liegt bei 4,8. Entsprechend kann nach der Henderson-Hasselbalch-Gleichung abgeleitet werden, dass bei einem pH-Wert von 6,8 99 % der SCFA dissoziiert vorliegen, d.h. ihr Proton abgeben. Somit ist die Produktion von 1 mol Fettsäure (bei einen intraruminalen pH-Wert von 6,8) mit der intraruminalen Freisetzung von ~ 1 mol Protonen verbunden. Allerdings können Fettsäuren ihrerseits auch als Puffersystem fungieren. Entsprechend der Hasselbalch-Gleichung liegt der optimale

Pufferungsbereich eines Puffersystems beim pKs-Wert + 1, dementsprechend stabilisiert also die Freisetzung von kurzkettigen Fettsäuren den intraruminalen pH-Wert bei 4,8, also bei einem Wert, der sowohl die intraruminale Fermentation als auch das Epithel nachhaltig schädigt. Die Situation wird dann weiter verschlimmert, wenn die Fermentation in eine 98

Milchsäurefermentation umschlägt. Milchsäure hat einen pKs-Wert von 3,86 und stabilisiert den pH-Wert entsprechend in diesem Bereich.

Aus dieser Betrachtung wird deutlich, dass Puffersysteme mit höheren pKs-Werten vorhanden sein müssen, um den intraruminalen pH-Wert in Bereichen zu halten, die sowohl für Mikroorganismen als auch für die Pansenwand verträglich sind. Das Repertoire der physiologisch relevanten Puffersysteme im Pansen ist in Tab. 1 aufgelistet.

Eine wesentliche Pufferquelle im Pansen ist der Tabelle 1: Puffersysteme im Pansen Einstrom von Speichel, wobei im (modifiziert nach Aschenbach et al., 2011) Wiederkäuerspeichel große Konzentration an

Puffer pKs Phosphat und Bikarbonat vorhanden sind, die bei

CO2 + H2O ↔ H2CO3 ↔ 6,1 weitem die Konzentrationen im HCO - + H+ 3 Monogastrierspeichel übersteigen. So enthält der HSCFA ↔ SCFA- + H+ 4,75 gemischte Speichel bei Rindern im Mittel etwa 20 - 2- + H2PO4 ↔ HPO4 + H 7,21 bis 30 mmol/l Phosphat (Bailey u. Balch, 1961; HLaktat ↔ Laktat- + H+ 3,86 Br. J. Nutr. 15, 383), das bei dem alkalischen pH- - + NH4 ↔ NH3 + H 9,21 Wert (> 8,0) des Wiederkäuerspeichels zu mehr 2- als 80 % HPO4 , also als Base, vorliegt. Geht man von einer Speichelsekretionsrate von etwa 250 l/d aus (Cassida u. Stokes, 1986; J. Dairy Sci. 69, 1282; Maekawa et al., 2002; J. Dairy Sci. 85, 1165), ergibt sich ein Einstrom von ca. 2- 6 mol/d an HPO4 in den Pansen. Bei einem pKs-Wert des Puffersystems von 7,21 (Tab. 1) bedeutet dies, dass mehr als 80 % der Pufferkapazität des Phosphates genutzt werden können, wenn der intraruminale pH-Wert im physiologischen Bereich von 6-7 liegt. Dementsprechend würden etwa 5 mol/d Protonen durch den Phosphatpuffer des Speichels abgepuffert werden können. Die gleiche Betrachtung für die Bikarbonatsekretion mit dem Speichel (bei einer angenommenen Konzentration im Speichel von ca. 120 mmol/l) ergibt, dass ca. 30 mol/d an Bikarbonat bei der Milchkuh in die Vormägen sekretiert werden. Bei der Berechnung der Pufferkapazität des Bikarbonatpuffers ist allerdings zu bedenken, dass das Bikarbonatsystem ein offenes Puffersystem darstellt. Dadurch, dass über den Ruktus größere Mengen an CO2 abgegeben werden, wird permanent der saure Anteil des Puffersystems entfernt. Entsprechend ist davon auszugehen, dass das einströmende Bikarbonat vollständig wirksam wird, dass also ca. 30 mol/d Protonen über den Einstrom von Bikarbonat mit dem Speichel abgefangen werden können. Zusammenfassend können also bei einer angenommenen Fettsäureproduktion von 80 bis 90 mol/d (s.o.) maximal. 40 % der dabei produzierten Protonen über den 99

Puffereinstrom mit dem Speichel kompensiert werden. Diese Betrachtung allein schon macht deutlich, dass der Puffereinstrom mit dem Speichel nicht ausreicht, um den pH-Wert in den physiologischen Bereichen zu halten, sondern additive Mechanismen notwendig sind. Diese additiven Mechanismen sind hauptsächlich im Pansenepithel beheimatet.

Protonen-Pufferung und -Entfernung über die Resorption

Es kann davon ausgegangen werden, dass ca. 50 bis 85 % der intraruminalen produzierten Fettsäuren direkt über die Pansenwand absorbiert werden können und nur 15 bis max. 50 % in die distalen Abteilungen des Verdauungstraktes abfließen (Übersicht in Aschenbach et al., 2011). Das bedeutet, dass ein großer Teil der Protonenelimination zusammen mit den Fettsäuren über die Pansenwand geschieht. Geht man von einer intraruminalen Produktionsrate von 90 mol/d (s.o.) bei der Milchkuh aus, können somit 40 bis 80 mol/d an Fettsäuren resorbiert werden. Es ist allerdings zu betonen, dass die Bedeutung des Pansenepithels nicht alleine auf die Elimination der Fettsäuren beschränkt ist. So zeigen zahlreiche Untersuchungen (Übersicht in Aschenbach et al., 2011), dass die Resorption von kurzkettigen Fettsäuren mit der Sekretion von Bikarbonat assoziiert ist. Das Verhältnis zwischen Fettsäureresorption und Bikarbonatsekretion beträgt etwa 2:1 (Gäbel et al., 1991; Zentralbl. Veterinärmed. A 38, 523). Die Kopplung zwischen Fettsäureresorption und Bikarbonatsekretion liegt darin begründet, dass ein entsprechendes Austauscherprotein in der Pansenwand lokalisiert ist (Aschenbach et al., 2009; Am. J. Physiol. 296, G1098). Legt man die von Gäbel et al. (1991) festgestellte 2:1-Kopplung zwischen Fettsäureresorption und Bikarbonatsekretion zugrunde, bedeutet das, dass bei einer hochleistenden Kuh ca. 20 bis 30 mol/d an Bikarbonat über die Pansenwand in den Pansen einfließen, d.h., die Menge, die über das Pansenepithel einströmt, ist genauso groß wie die Menge, die über den Speichel in den Pansen fließt. Die Bedeutung der Pansenwand für die Bikarbonatsekretion erklärt auch, warum der Schweregrad einer SARA direkt gekoppelt ist mit der Fähigkeit des Pansenepithels zur SCFA-Resorption (Penner et al., 2009; J. Nutr. 139, 1714).

Die Prozesse im Epithel sorgen somit entscheidend dafür, dass der pH-Wert im Panseninhalt stabilisiert wird. Diese wiederum aber bedingt, dass das Epithel selber einer permanenten azidotischen Belastung ausgesetzt ist und sich gegen den H+-Einstrom verteidigen muss. Zahlreiche Studien (Übersichten in Aschenbach et al., 2011 und Gäbel et al., 2002; Anim. Health Res. Rev. 3, 15) belegen, dass hierfür mehrere Protonen-transportierenden Proteine im Pansenepithel vorhanden sind: mindestens zwei Isoformen eines Natrium-Protonen-

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Austauschers (NHE), ein Natrium-Bikarbonat-Cotransporter und auch verschiedene Isoformen eines Monocarboxylattransporters (MCT). Die Bedeutung der Isoform 1 des MCT liegt nicht nur darin, dass er Protonen aus dem Epithel ins Blut transportiert, sondern er ist gleichzeitig auch in der Lage, die Substrate wie Azetoazetat, ß-Hydroxybutyrat und Laktat aus dem Zytosol des Epithels ins Blut zu transferieren. All diese Substrate sind Endprodukte des intraepithelialen Butyrat-Katabolismus. Auf diese Weise befreit sich das Epithel nicht nur von der Säurelast sondern auch von den intraepithelial anfallenden Kataboliten.

Bedeutung des Ammoniakpuffers

Je nach Fütterung können die intraruminalen Ammoniakkonzentrationen bis zu 20 bis 30 mmol/l erreichen (Übersicht in Aschenbach et al., 2011). Vorhergegangene Studien haben gezeigt, dass Ammoniak in großen Mengen resorbiert wird, wobei Untersuchungen von Abdoun et al., (2005; Am. J. Physiol. 298, G190) darauf hinweisen, dass die Resorption von + Ammoniak in Form von NH4 über Kaliumkanäle in der Membran der Pansenepithelzellen geschieht. Auf diese Weise würden ebenfalls Protonen aus dem Panseninhalt transferiert. Untersuchungen an isolierten Pansenepithelzellen zeigen aber, dass extrazellulär einströmendes Ammoniak zu einer Alkalisierung der Zellen führt, es also als NH3 resorbiert wird (Müller et al., 2000; J. Comp. Physiol. B 170, 337). Die Bedeutung des Ammoniakpuffers kann somit zz. nicht abschließend beurteilt werden.

Abschließende Betrachtungen

Der Wiederkäuer scheint zahlreiche Verteidigungsstrategien entwickelt zu haben, um einer höheren Säureanflutung zu begegnen. Im Rahmen der erhöhten Säurefreisetzung bei energiereichen Rationen und der damit verbundenen erniedrigten Speichelsekretionsrate ist allerdings den im Pansenepithel beheimateten Pufferungs- und Eliminationsmechanismen verstärkt Bedeutung zuzurechnen. Dieses bedingt wiederum, dass nicht nur die fermentativen Prozesse im Panseninhalt selbst sondern auch die Integrität des Epithels durch eine erhöhte Säureanflutung belastet wird.

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Telemetrische pH-Wert- und Temperatur-Messungen im Vormagen von Rindern - Einsatzmöglichkeiten in der Bestandsbetreuung

und Präventivmedizin

J. Gasteiner, T. Guggenberger, A. Steinwidder

Höhere Bundeslehr-und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein, Ö E-Mail: [email protected] pH-Wert-Messung im Vormagensystem Problemstellung: Die Untersuchung des Pansensaftes ist das aussagefähigste Kriterium zur Beurteilung des Milieus im Vormagensystem von Wiederkäuern. Der pH-Wert stellt dabei die wichtigste Größe zur Beurteilung der Kohlenhydratversorgung über die Ration dar und die Pansen-pH-Wertbestimmung wird auch als die definitive Untersuchungsmethode zur Erkennung einer Pansenazidose beschrieben (Krause u. Oetzel, 2006; Steingass u. Zebeli, 2008). An der HBLFA Raumberg-Gumpenstein wurden in den letzten Jahren umfangreiche Versuche auf dem Gebiet der kontinuierlichen reticuloruminalen pH- und Temperaturmessung mit Sensoren bei Rindern durchgeführt und in Zusammenarbeit mit der Firma smaXtec® (Graz, Ö) wurden zu diesen Fragestellungen auch technische Lösungen bis zur Praxisreife entwickelt. Gasteiner et al. (2009) beschrieben erstmals dieses System zur kontinuierlichen Messung des pH-Wertes und der Temperatur im Netzmagen mit Funkübertragung. Das Mess-System, aber auch die Messstelle, der Boden des Retikulums, wurden von Schneider et.al. (2010) validiert und in einer Reihe weiterer Publikationen beschrieben (Gasteiner et al. 2009; 2012 a; b; 2014). Auch Sato et al (2012) bestätigten mit ihren Ergebnissen, dass die Messung des pH-Wertes im Retikulum im direkten Vergleich zur pH-Messung im Pansen repräsentative Ergebnisse liefert und dass mithilfe retikulär ermittelter pH-Verläufe auch SARA einwandfrei detektiert werden kann. Im folgenden Beitrag sollen die Erfahrungen mit der Technik und ausgewählte, auch für die Praxis relevante Ergebnisse und Interpretationen aus Fütterungs-Exaktversuchen der HBLFA vorgestellt werden. Die ermittelten Werte für pH-Wert und Temperatur werden in der Sonde abgespeichert und kabellos über Funk ausgelesen. Die Messintervalle (von Sekunden bis Stunden) können variabel eingestellt werden. Das Messintervall in den Untersuchungen betrug immer jeweils 600 Sekunden, was 144 Einzelmessungen/Tag für pH-Wert bzw. Temperatur entspricht. Die Sensoren können aufgrund ihrer Abmessungen (Länge 120 mm, Durchmesser 36 mm, Gewicht 208 g) und ihrer Bolusform per os eingegeben werden. Das bruchsichere Kunststoffgehäuse der Messeinheit besteht aus pansensaft-resistentem 102

Kunststoff (DLG 2010). Das Sensorsystem wird durch einen Mikroprozessor gesteuert. Diese Messergebnisse werden drahtlos an ein externes Empfangsgerät übertragen. Die Empfangseinheit ist über Internet mit einem Server verbunden, wo die Ergebnisse über ein eigens entwickeltes EDV-Programm ausgelesen, graphisch dargestellt und interpretiert werden können. Ein berechtigter Anwender kann mit seinem Zugangscode via Internet jederzeit auf die aktuellen Daten zugreifen. Die Datenübertragung aus dem Pansen ist im Umkreis von zumindest 20 Metern möglich. Antennen zum Empfang der Signale wurden im Melkstandbereich installiert, wodurch zumindest ein zweimaliges Auslesen der Daten je Tag während der Melkzeiten gewährleistet war. Die Laufzeit eines Sensors zur pH-Wertmessung beträgt > 100 Tage und die Laufzeit eines Sensors für die Temperaturmessung beträgt > 4 Jahre. Ziel dieser Untersuchungen war es, die Anwendbarkeit des Systems zur kontinuierlichen pH- Wertmessung im Sinne der Bestandsbetreuung und Präventivmedizin zu prüfen. Besonderes Augenmerk wurde auf die Zusammenhänge zwischen Rations- und Fütterungsbedingungen bzw. auch dem Fütterungsmanagement und dem pH-Wert hinsichtlich der Interpretation der Ergebnisse gelegt. Versuchsanordnung: Es wurden 20 Milchkühe bei Laufstallhaltung mit dem Sensor-System bestückt und ad lib. mit Grundfutter (Grassilage, Maissilage, Heu) versorgt, wobei die Futteraufnahmen tierindividuell durch zweimal tägliche Ein- und Rückwaage jeder Komponente erhoben wurden („Calan-Gates“). Kraftfutter wurde leistungsgerecht in Abhängigkeit von der Milchleistung über eine Kraftfutterstation zugefüttert. Die statistischen Auswertungen der Anwendungsbeispiele 1 und 2 wurden mittels General Linear Model (GLM Statgraphics Centurion) durchgeführt. Ergebnisse: Die tagesdynamischen Schwankungen des pH-Wertes korrelieren sehr eng mit den Zeitpunkten der Fütterung bzw. der Futteraufnahme (Abbildung 1). Anstiege des pH- Wertes weisen auf Phasen der Rumination bzw. der Ruhe (keine Futteraufnahme) hin, während pH-Wert-Absenkungen unmittelbar im Anschluss an die Futteraufnahme zu verzeichnen sind. Dies ist durch die einsetzende Säureproduktion aus dem neu aufgenommenen Futtermittel im Vormagenbereich begründet.

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Abbildung 1: Vergleichende Darstellung des pH-Verlaufes bei optimaler Versorgung an NDF und NFC (hohes pH-Niveau) sowie bei zu geringer Versorgung mit NDF und NFC- Überschuss ( tiefes pH-Niveau). Neben den typischen tagesdynamischen Schwankungen des pH-Wertes, die vom Fütterungsmanagement und der individuellen Futteraufnahme definiert werden, wird in Abbildung 1 der Unterschied des pH-Niveaus bei unterschiedlicher Rationszusammensetzung deutlich. Während die pH-Verlaufskurve „hohes Niveau“ von einer Kuh, stammte, die mit einer Struktur-betonteren Ration gefüttert wurde, wurde die Kuh mit der pH-Verlaufskurve „tiefes Niveau“ mit einer Ration mit höherer Energiedichte und geringerer Strukturwirksamkeit versorgt, es besteht die zunehemnde Gefahr einer Pansenübersäuerung.

Abbildung 2: Vergleichende Darstellung des pH-Verlaufes bei kontinuierlicher Anpassung an steigende Kraftfuttergaben (250 g/d KF-Steigerung) über 32 Tage („langsamer Abfall“) und

104 bei zu rascher Kraftfuttersteigerung mit1KF kg/d („rascher Abfall“). Die beiden pH-Verlaufskurven in Abbildung 2 stammen von 2 Kühen in der Startphase der Laktation (jeweils ab dem 7. Tag der Laktation). Bei kontinuierlicher täglicher Kraftfuttersteigerung um 0,25 kg (ausgehend von einer anfänglichen KF-Gabe von 1,5 kg) konnte die pH-Verlaufskurve „langsamer Abfall“ festgestellt werden-Pansen- Mikroorganismen konnten sich an die sich ändernden Rationsbedingungen anpassen. Bei rascher Steigerung der Kraftfuttergaben (Steigerung um 1 kg KF/d) kam es zu einer hoch signifikanten pH-Absenkung ab dem 6. Mess-Tag mit Tiefstwerten bis pH 5,07 sowie zu Amplitudenschwankungen von mehr als 2 pH-Einheiten. Eine Anpassung der Mikroorganismen-Flora an die neuen Rationsbedingungen war nicht möglich, diese Kuh zeigte akute Symptome einer Pansenübersäuerung.

Abbildung 3: Vergleichende Darstellung des pH-Verlaufes bei großer pH-Amplitude bei „rationierter Verfütterung der Einzelkomponenten“ und kleiner pH-Amplitude bei TMR- Fütterung mit selber Rationszusammensetzung. Die großen Schwankungen des pH-Wertes der Verlaufskurve „große Amplitude“ in Abbildung 3 stammen von einer Kuh, welche „mehrphasig“ gefüttert wurde. Im Rahmen der Morgenfütterung wurde 1 kg Heu gefüttert, danach Grassilage ad. lib. Hierauf folgte die Gabe von 4 kg Kraftfutter, gefolgt von der Gabe der Maissilage ad lib. Die Abendfütterung lief nach demselben Schema ab. Die pH-Verlaufskurve „kleine Amplitude“ stammt von einer Kuh, welche ad lib. mit einer TMR versorgt wurde, wobei die TMR in ihrer qualitativen und prozentuellen Zusammensetzung der Ration „mehrphasig“ entsprach. Je geringer die pH- Amplitude ist, desto besser kann das Futter von den Mikroorganismen im Pansen verwertet

105 werden, die Nährstoffeffizienz steigt. Temperaturmessung im Vormagensystem Problemstellung: Die Vormagentemperatur (VT) ist die im Retikulum der Wiederkäuer gemessene Temperatur. Seit einigen Jahren besteht die technische Möglichkeit, diese Temperatur mittels Sensoren kontinuierlich zu erheben und zeitgleich aus dem Tierkörper aus zu funken sowie über eine Software darzustellen bzw. zu interpretieren (Gasteiner al. 2012). Dies bietet die Chance, Veränderungen im zeitlichen Verlauf sichtbar zu machen und in weiterer Folge diese Informationen als Herdenmanagement-Tool einzusetzen. Die durchschnittliche VT reicht von 38.52°C bis 40.14°C (Aoki et al. 2005; Cooper-Prado et al. 2011; Gasteiner et al. 2012). Die VT weist eine höhere Standardabweichung auf als die rektal und vaginale gemessene innere Körpertemperatur. Dieser Umstand ist hauptsächlich auf die Futter- und Wasseraufnahme zurückzuführen. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass die Wasseraufnahme einen signifikanten Einfluss auf die VT nimmt (Boehmer et al. 2009; Gasteiner et al 2009). Das Absinken der Temperatur fällt umso stärker aus, je niedriger die Temperatur des Wassers ist und je mehr Wasser aufgenommen wird. Die Angaben zur VT müssen sich jedoch auf die “VT ohne Trinken” beziehen. Durch Trinken verursachte Temperaturveränderungen müssen deshalb vor der Interpretation ausgeschlossen werden (Messwerte unter einem bestimmten Temperaturgrenzwert werden dem Trinken zugeschrieben und eliminiert). Gasteiner et al (2009) beschrieben den Einfluss der Fütterung auf die VT. Rinder mit einer höheren Kraftfutterzuteilung wiesen dabei eine signifikant höhere VT auf als Rinder mit Weidehaltung und zusätzlicher Heufütterung. Die genannten Untersuchungen bestätigen somit eine höhere VT bei einer höheren Energiekonzentration der Ration. Darüber hinaus finden sich weitere äußere (Umgebungstemperatur, Hitzestress, Tageszeit) und innere Einflüsse (Rasse, Körpergröße, Alter, Geschlecht, Fellfarbe, Laktationszahl, Brunst, Fieber, Stoffwechselerkrankungen etc.) auf die innere Körpertemperatur (Burfeind et al. 2013) und damit auch auf die VT. Ziel dieses von Wolfthaler et al. (2014) bearbeiteten Projektes war die Beantwortung der Fragestellungen, ob und wie stark (∆) die VT bei Milchkühen durch Brunst bzw. Abkalbung beeinflusst wird. Davon abgeleitet sollte die diagnostische Sicherheit dieser Aussagen erhoben werden, d.h. wieviel Prozent der Brunstvorkommen bzw. Abkalbungen aufgrund von Veränderungen der VT bei einem bestimmten Temperaturgrenzwert tatsächlich erkannt werden (Sensitivität) und zu wieviel Prozent der Tage ohne Brunst bzw. ohne Abkalbung tatsächlich keine Temperaturveränderung auftritt (Spezifität). Aufgrund dieser Ergebnisse sollen Einschätzungen getroffen werden, ob die kontinuierliche Messung der VT als Methode

106 für die Brunsterkennung bzw. zur Vorhersage von nahenden Abkalbungen geeignet ist. Versuchsanordnung: Die verwendeten Daten wurden von Oktober 2012 bis Juli 2013 am Tierbestand der HBLFA Raumberg Gumpenstein erhoben. Es wurden 25 Abkalbungen und 43 Brunstvorkommen von Milchkühen ( und Holstein Friesian) dokumentiert. Die klinisch gesunden Tiere wurden im Aussenklimastall mit Cuccetten bzw. während des Sommers auch auf der Weide gehalten. Alle Abkalbungen erfolgten grundsätzlich unter Aufsicht, womit der Zeitpunkt der Abkalbung bekannt war. Eine Brunst wurde visuell und durch Milchprogesteronbestimmung ermittelt und nur dann berücksichtigt, wenn auch eine Trächtigkeit resultierend aus der Belegung zu eben jener Brunst bestätigt wurde. (retrospektive Bestätigung). Der Tag der erfolgreichen Belegung wurde als Tag der Brunst festgelegt. Datenerfassung: Von allen Tieren wurde während der Laktation zweimal täglich die Milchleistung elektronisch erfasst. Für die Analyse von Milchprogesteron, wurde dreimal wöchentlich eine kuhindividuelle Milchprobe gezogen. Diese Werte wurden für die Brunstbestimmung herangezogen. Die Messung der VT wurde mit Temperatur-Messsensoren (smaXtec®) durchgeführt. Der Zeitpunkt der Eingabe fand zwischen 35 Tage vor bis 30 Tage nach der Abkalbung statt. Für die Auswertungen wurden sowohl bei der VT, als auch bei der Umgebungstemperatur Tages- und vier Stunden-Mittelwerte gebildet. Statistische Auswertung: Für die VT Auswertung wurden die durch Trinkvorgänge ausgelösten Temperaturabsenkungen aus dem Temperaturdatenmaterial entfernt, wobei ein Trinkvorgang wie folgt definiert wurde: Zeitraum, ab dem eine Temperaturreduktion von über 0,75°C eintrat, bis zu jenem Zeitpunkt, bei dem der Ausgangswert abzüglich 0,75°C wieder überschritten wurde, jedoch maximal für die Dauer von 15 Temperaturmessungen = 150 Minuten. Diese Vorgangsweise wurde aus Verhaltensaufzeichnungen und entsprechenden vorangegangenen VT-Messungen abgeleitet und entspricht auch der Literatur (COOPER-

PRADO et al. 2011). Alle weiteren Angaben zur VT stellen „VT-Mittelwert ohne Trinken“ dar. Die statistische Auswertung der VT wurde an diesen bereinigten Datensätzen durchgeführt, es wurden dazu 4-Stundenmittelwerte sowie mehrere Modelle (Identifizierung signifikanter Einflussfaktoren auf die VT rund um Brunst bzw. Abkalbung während Stallhaltung bzw. während Weidehaltung) angewandt. Sämtliche statistischen Modelle wurden mit Hilfe der SAS-Prozedur „mixed“ (proc mixed) und der Option „Least Square Means“ gerechnet. Auswertung der Brunsterkennung: Da die Möglichkeit bestand, dass die Temperaturerhöhung zur Brunst auch vor oder nach dem Belegungstag stattfand, wurde eine

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Brunst mit einem Zeitraum von zwei Tagen vor bis einem Tag nach der erfolgten Belegung angenommen. Nicht-Brunst-Zeiträume wurden ebenfalls mit jeweils vier Tagen angenommen, um die Vergleichbarkeit von Brunst und Nicht-Brunst zu gewährleisten. So konnten 942 Nicht-Brunstereignisse mit jeweils vier Tagen ermittelt und in die Berechnungen mit einbezogen werden. Die Brunsterkennung erfolgte im Programm „Excel“ mit der Funktion „WENN". Der Test fiel positiv aus, wenn die VT innerhalb eines zwölf Stundenzeitraumes um einen definierten Temperaturgrenzwert höher war als im Vergleichszeitraum der letzten vier Tage (retrospektiv). Auswertung der Erkennung einer bevorstehenden Abkalbung: Bei der Auswertung wurde zwischen „Abkalbung innerhalb von 24 Stunden“ und „Abkalbung innerhalb von 48 Stunden” unterschieden. Als “Nicht-Abkalbe-Tage” wurden die 5.600 Untersuchungstage bestimmt. Ergebnisse und Diskussion: Die mittlere VT aller untersuchten Tage betrug 39,23°C (±0,33). Während der Stall- bzw. Weideperiode betrug die mittlere VT 39,20°C (±0,28) bzw. 39,13°C (±0,29). Die durchschnittliche Umgebungstemperatur im gesamten Untersuchungszeitraum betrug 4,43°C (±7,86). Während der Stall- bzw. Weideperiode lagen die mittleren Umgebungstemperaturen bei - 0,39°C (±4,28) bzw. 12,96°C (±5,69). Ergebnisse und Diskussion zu “Erkennen einer bevorstehenden Brunst”: Die Brunst beeinflusste die VT signifikant (p<0,001). Die mittlere VT am Tag der Brunst war um 0,15°C höher als am Tag davor. Der maximale VT-Vierstundenmittelwert zur Brunst (39,71°C) war ebenfalls signifikant höher als 24 Stunden zuvor (39,25°CBei einer mittleren Temperaturschwelle von 0,35°C wurde eine Sensitivität von 69-77 % und eine Spezifität von 78-81 % erreicht. Die AUC der Brunsterkennung mittels VT lag zwischen 0,79 und 0,81. Dies würde bedeuten, dass eine Erhöhung der VT in ca. 80 % der Fälle während eines Brunstzeitraumes stattfindet. Das entspricht einem mäßig genauen Test. Der Vergleich der Brunsterkennung mittels VT und alternativen Methoden der Brunsterkennung gestaltet sich schwierig und ist nur bedingt möglich. Die Begründung liegt darin, dass in der Literatur oft unterschiedliche Kennzahlen angegeben sind, die sich nicht direkt gegenüberstellen lassen (z.B.: Spezifität und Predicting-Value-negativ). Hinzu kommt, dass es, wie auch von

ROELOFS et al. (2010) beschrieben, innerhalb von bestimmten Methoden immense Unterschiede gibt. So reichen die Brunst-Erkennungsraten durch Messung der Milchtemperatur von 50 bis 84 %, durch visuelle Beobachtung von 50 bis 90 % und durch Aktivitätsmessung von 80 bis 100 %. Die Sensitivität der Brunsterkennung mittels VT liegt bei einem mittleren Temperaturgrenzwert zwischen 69-77 % bei einer Spezifität von 78-81 %.

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Die ermittelte Sensitivität liegt somit im Bereich der visuellen Brunsterkennung und der Brunsterkennung mittels Milchtemperaturmessung. Aktivitätsmessgeräte erzielen zum Teil etwas bessere Ergebnisse hinsichtlich Sensitivität, wobei dies jedoch oftmals zu Lasten der Spezifität geht. Derzeit findet die Brunsterkennung mittel VT-Messung noch keine

Verwendung in der Praxis. Ergebnisse und Diskussion zu “Erkennung einer nahenden Abkalbung”: Die VT begann drei Tage vor der Abkalbung (Tag -3) zu sinken und erreichte einen Tag nach der Abkalbung das Minimum (39,28°C). Der stärkste mittlere Temperaturrückgang (0,43°C) war zwischen Tag -2 und Tag -1 zu beobachten. Bis zu einem Temperaturrückgang größer gleich 0,40°C betrug die Sensitivität bei allen Abkalbe-Ereignissen 100 %. Die Spezifität bewegte sich gleichzeitig in einem Bereich von 85 bis 95 %. Mit zunehmendem Temperaturgrenzwert stieg auch die Spezifität in Richtung 100 %. Eine AUC von 0,99 zeigt, dass dieser Test mit sehr hoher Sicherheit eine bevorstehende Abkalbung innerhalb von 24 bzw. 48 Stunden erkennen kann. Die VT kann somit sehr gut zur Vorhersage einer Abkalbung verwendet werden. Schlussfolgerungen: Die vorliegende Arbeit beschreibt die Ergebnisse des Einsatzes von telemetrischen pH-Sensoren und Temperatursensoren bei Milchrindern. Die Einsatzmöglichkeiten der pH-Wert-Messung zielen auf die Überprüfung der Wiederkäuergerechtheit von Rationen ab und auch das Fütterungsmanagement kann durch diese Messungen sehr exakt bewertet werden. Die kontinuierliche Messung der Vormagentemperatur bietet die zuverlässige Erkennung von Temperaturveränderungen, wobei neben der Erkennung einer bevorstehenden Abkalbung bzw. Brunst auch Ereignisse wie Fieber, Hitzestress bzw. auch Temperaturabsenkungen infolge Stoffwechselerkrankungen wie Gebärparese und Ketose frühzeitig und sicher erkannt werden können. Darüber hinaus ermöglichen diese Daten Rückschlüsse auf das Wasseraufnahmeverhalten (Anzahl der Trinkakte). Der praktische Einsatz der beschriebenen Sensortechniken im Sinne der Bestandsbetreuung und Präventivmedizin auf Milchviehbetrieben ist bereits Realität und es liegt an der Wissenschaft, sich intensiver mit diesen zukunftsträchtigen Tools zum Herdenmanagement auseinanderzusetzen. Literatur bei den Verfassern

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Ergebnisse permanenter pH-Messungen im Pansen

N. N. Jonsson1, J. L. Kleen2, M. Denwood3

1School of Veterinary Medicine, University of Glasgow, Glasgow, United Kingdom 2CowConsult, Uplengen, Germany 3Faculty of Health and Medical Sciences, Copenhagen University, Frederiksberg, Denmark

E-Mail: [email protected]

Problemstellung: Systeme zur kontinuierlichen Messung des pH-Wertes in Haube und Pansen sich schon seit ein paar Jahren verfügbar. Die Herausforderung besteht nun darin, eine effiziente und vernünftige Interpretation dieser Werte zu ermöglichen. Wir wissen, dass Futtermittel mit hohen Anteilen an löslichen Kohlenhydraten und niedrigem Raufutteranteil bei Kühen Fermentationsstörungen hervorrufen und als Folge davon zu Gesundheits- und Produktionsstörungen führen können. Eine genaue Definition von „zu hohem Kohlenhydratanteil“ oder genaue Kriterien, um Individuen oder Gruppen von Tieren zu identifizieren, die übermäßig hohe Kohlenhydratmengen erhielten, sind jedoch umstritten. Boli zur pH-Wertmessung generieren große Datenmengen. Typische Boli messen pH und Temperatur im Pansen alle 10 Minuten über eine Dauer von 50 bis 90 Tagen, das heißt, es werden über 10000 Datenpunkte für jeden Parameter aufgezeichnet. Es ist das Ziel von Pansen pH-Wertmessungen die Fütterung von individuellen Kühen und Gruppen von Kühen aufgrund von Feed-back Mechanismen einzuschätzen. Um dies zu erreichen, muss ein logischer Prozess eingehalten werden: z.B.: 1. Die Charakterisierung jedes einzelnen Parameters unter verschiedenen Umwelteinflüssen; 2. Die Charakterisierung des Verhältnisses jedes Parameters im Verhältnis zu Produktionsdaten unter verschiedenen Umweltverhältnissen; 3. Die Auswahl der am besten diskriminierenden Parameter; 4. Die Auswahl der effizientesten Messmethoden für die gewählten Parameter; 5. Die Identifizierung von Grenzwerten oder Indikatoren für diese gewählten Parameter; 6. Die Etablierung eines Models und 7. Die Auswertung des Models. Ziel: Unser Ziel war es verschiedene „Datasets“ von Deutschen Milchkühen und Britischem Mastvieh zu analysieren, um: 1. Pansen pH Werte in Deutschen Milchkühen zu messen und mit Britischem Mastvieh zu vergleichen; 2. Das Verhältnis jedes gemessenen Parameters mit der Milchleistung von Milchkühen und Mastvieh zu charakterisieren und 3. Die Grenzwerte verschiedener Parameter zu bestimmen. Versuchsanordnung: Kontinuierlich den pH-Wert und die Temperatur messende Boli (Smaxtec) wurden als zusätzliche Komponente in Versuchen, welche den Effekt von

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Ernährung auf Produktionsleistung messen sollten, in 83 Milchkühe auf 13 Bauernhöfen (Hof A bis M) benutzt. Weiterhin wurden kontinuierlich die pH-Werte und Temperatur messende Boli (WellCow) in 28 Mastbullen in einem britischen Bauernhof eingesetzt (Hof N). Alle Messserien waren auf 50 Tage begrenzt (Hersteller Garantie); alle Serien mit weniger als 30 Tagen wurden ausgeschlossen und die ersten 12 Stunden sowie die letzte Stunde wurde bei allen Tieren ausgeschlossen (Kalibration). Die pH-Wertkurven wurden jeweils visuell ausgewertet, um alle Werte im Beginn und am Ende der Serie auszuschließen, die offensichtlich nicht aus dem Pansen stammten (pH > 10 und oder unveränderter pH). Tägliche Milchproduktionsdaten wurden vom Betrieb A zur Verfügung gestellt und wöchentliche Körpergewichtsdaten vom Hof N. Die Daten wurden graphisch aufgezeichnet und die statistische Analyse wurde mithilfe des R Parameters durchgeführt. Die pH-Werte wurden aus den gesammelten Rohdaten zusammengestellt (tägliches Minimum und Maximum, täglicher maximaler Bereich, Geschwindigkeit mit der der pH wechselte, und Varianz) und wurden mittels eines Models mit den Produktionsleistungen (täglich Milchleistung oder Lebendgewicht) durch Regression mit und ohne Verzögerungen ausgewertet. Eine flexible, nichtlineare, periodische Funktion wurde erstellt um die erhaltenen Sinuswellen mit zeitlichen Daten vergleichen zu können. Ein zusätzlicher Parameter wurde hinzugefügt, um Höhen und Tiefen bezüglich auf ihren Standard symmetrischer Position zu verschieben. Ergebnisse: Die Muster der pH-Werte zeigten geringe Variationen bei den deutschen Milchkühen. Das britische Mastvieh zeigte weit größere Variationen. Es gibt klare Hinweise, auf einen vorhersagbaren täglichen Zyklus bei allen Tieren, bei den meisten Tieren trat der niedrigste pH Wert kurz vor Mitternacht auf. Die allgemeine Form dieser Zyklen ist innerhalb einer Herde sehr ähnlich aber oft sehr verschieden zwischen Herden. Auch wenn die Form der Zyklen gleich ist, haben individuelle Tiere innerhalb einer Herde doch sehr verschiedene durchschnittliche pH-Werte. Die Assoziationen zwischen Milchproduktion und allen getesteten Parametern waren schwach und besonders von einigen pH-Messungen im niedrigen Bereich beeinflusst. Generell waren Werte über 6,8 und unter 5,7 mit reduzierter Milchleistung verbunden. Der stärkste Effekt in diesem Dataset trat offensichtlich 2 Tage nach einer Reduktion der Milchleistung auf und bestand in einer Erhöhung des pH-Wertes, was auf eine potentielle sekundäre Alkalose nach reduzierter Futteraufnahme wegen einer anderen Ursachen (z.B. Krankheit, die nicht durch Azidose hervorgerufen wurde, oder Östrus) hinweist. Die charakteristische Sinustransformation der pH-Werte war unterschiedlich je nach Melkfrequenz (z.B. Mastviehbullen versus zweimal täglichem versus dreimal täglichem

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Melken) ausgebildet. Unter den Mastbullen gab es dramatische Fluktuationen der Pansen pH- Wertes bei anscheinend klinisch gesunden Tieren, die weit außerhalb des bisher erwarteten Bereiches lagen. Bei 26 der 28 Bullen wurden pH-Werte unter 5 wenigstens einmal und bei 3 aus 28 sogar wenigstes einmal unter pH-Werte 4 gemessen. Diskussion: Der Pansen pH-Wert ist ein komplexer Parameter, der von einer Anzahl physiologischer Prozesse, Umwelteinflüssen (ernährungsbedingt oder nicht) beeinflusst wird. Intrinsische Faktoren, die die Regulation des Pansen pH-Wertes beeinflussen, sind zum Beispiel: Pansenvolumen und allometrische Charakteristika, Pansenmotilität, die Pufferwirkung des Speichels, der Pansenwandmetabolismus von flüchtigen Fettsäuren, Absorption und Export, sowie das komplexe und immer veränderliche Pansenmikrobiom. Extrinsische Faktoren sind zum Beispiel Umwelttemperatur und Luftfeuchtigkeit, Nahrungs- pH, und Konzentration von Stärke, Zucker und flüchtigen Fettsäuren in der Nahrung, sowie die Präsenz von bioaktiven Metaboliten wie Histamin und Putrescine. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass es Hinweise auf eine starke Prädisposition individueller Tiere gibt, den pH-Wert innerhalb eines gewissen Bereichs zu halten und gleichzeitig für jede Farm ein eigner Bereich und charakteristische zeitliche Muster von pH Variationen existieren. Schlussfolgerungen: Um kontinuierliche pH-Wertmessung für besseres Management zu nutzen, ist es notwendig, die Daten kontinuierlich messender Boli sinnvoll auszuwerten. Das größte Hindernis dafür ist im Moment noch das Fehlen großer pH-Datasets, die Tierproduktionsleistung und Tiergesundheit unter kontrollierten Bedingungen innerhalb eines weiten Bereichs von Umwelteinflüssen und Produktionssystemen mit einschließen. Dies ist wesentlich um robuste Beziehungen nachzuweisen, damit dieses System sinnvoll in der Rinderhaltung genutzt werden kann.

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„Frisst die Kuh oder nicht“ – klinische Auswirkungen

auf den Pansenstoffwechsel

M. Höltershinken

Klinik für Rinder, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

E-Mail: [email protected]

Problemstellung: Wiederkäuer reduzieren häufig die Futteraufnahme, zum einen auf Grund der Geburt, zum anderen von Futterumstellungen, wie Anbruch einer neuen Silage (Schmackhaftigkeit des Futters) oder Umstallungen (Verkauf, Klinik, Trockenstellen). Auch klimatische Veränderungen (Hitzestress) führen zu verringerter Trockenmasseaufnahme und damit zu einem veränderten Pansenstoffwechsel (Wichern et al. 2013). In neueren Arbeiten wird zusätzlich auf die Bedeutung der Frequenz, Menge und Möglichkeit der Wasseraufnahme auf die Futteraufnahme hingewiesen. Ziel dieser Arbeit war es, die Wirkung von fehlender Trockenmasseaufnahme bei ad libitum Wasserversorgung auf die Pansenfermentation zu untersuchen. Versuchsanordnung: Für das als Tierversuch angemeldete Experiment standen fünf HF-Rinder (nicht laktierend, mit Pansenfistel) in Einzelaufstallung zur Verfügung. Die Versuchsdauer betrug 9 Tage (3 Tage Kontrollperiode: Heu- u. Kraftfuttergabe; 3 Tage Hungerperiode: nur Wasseraufnahme ad libitum; 3 Tage Kontrollperiode: Fütterung wie Tag 1 - 3). Zweimal täglich wurde Pansensaft über die Fistel gewonnen und auf folgende Konzen- trationen untersucht: Ammoniak, Flüchtige Fettsäuren, Natrium, Kalium, Chlorid. Ergebnisse: Während der Hungerphase (Tag 4 - 6) stieg der pH-Wert um 14,9 %; die Ammoniakkonzentration sank um – 72,4 %; die Konzentration der flüchtigen Fettsäuren um – 65,4 %. Die Konzentration von Chlorid waren nur zu Beginn der Hungerphase reduziert (- 29,5 %), die von Kalium und Natrium verhielten sich in der Hungerperiode indifferent. Zwei Tage nach Beendigung des Fastens konnten die gesunden Rinder die Veränderungen in der Pansenfermentation wieder ausgleichen. Diskussion: Die innerhalb der ersten 24 Stunden beobachteten Reduktionen der Flüchtigen Fettsäuren konnte auch in Studien von Zelenak et al. 1972, Münchow et al. 1976, Juhasz et al. 1978, Cole u. Hutcheson 1981 beobachtet werden. Futterentzug oder Fasten führt durch den weiterhin kontinuierlich fließenden Speichel zu einer pH-Erhöhung (+ 11 % Cole u. Hutcheson 1981). Der Ammoniakgehalt sinkt in einem Großteil der Studien nach einem Futterentzug deutlich (Juhasz et al. 1978; Galyean et al. 1981; Bond et al. 1984). Die

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Normalwerte der Elektrolyte unterliegen in verschiedenen Studien einer weiten Streuung. Tendenziell sinken die Kalium- und Chloridgehalte während des Futterentzugs, während die Natriumgehalte steigen. Schlussfolgerungen: Die Veränderungen der Pansenfermentation sind innerhalb der ersten 24 Stunden nach fehlender Trockenmasseaufnahme bereits so gravierend, dass die Rinder in erste energetische Defizite kommen müssen. Literatur: BOND, J., L. L. SLYTER u. T. S. RUMSEY (1984): Influence of fasting and refeeding high forage and all-concentrate diets on beef heifers. Growth 48, 345-369 COLE, N. A., u. D. P. HUTCHESON (1981): Influence on beef steers of two sequential short periods of feed and water deprivation. J. Anim. Sci. 53, 907-915 GALYEAN, M. L., R. W. LEE u. M. E. HUBBERT (1981): Influence of fasting and transit on ruminal and blood metabolites in beef steers. J. Anim. Sci. 53, 7-18 JUHASZ, B., J, JECSAI u. B. SZEGEDI (1978): Effect of denutrition on some parameters of the rumen juice and the blood of sheeps. Arch. Tierernähr. 28, 685-699 MÜNCHOW, H., B. SCHÜLKE, D. DARGEL, H. BERGNER u. N. ROSSOW (1976): Veränderungen der flüchtigen Fettsäuren im Pansensaft sowie der freien Fettsäuren, des Azetoazetats und der Glucose im Blutplasma laktierender Kühe nach Hunger und erneuter Nahrungszufuhr. Arch. Tierernähr. 26, 533-540 WICHERN, A.; GRESNER, N.; THEERMANN, S.; HÖLTERSHINKEN, M. (2013): Auswirkungen einer verringerten oder ausbleibenden Futteraufnahme auf die Pansenfermen- tation und die Tiergesundheit. Der praktische Tierarzt 94 (1), 58-66 ZELENAK, I., J. VARADY, K. BODA u. I. HAVASSY (1972): Relationship between ammonia and volatile fatty acid levels in the rumen of fasting sheep. Physiol. bohemoslov. 21, 531-537

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Peripartaler Säure-Basen-Status bei niedersächsischen

Holstein Friesian – Milchkühen

Jana Krikcziokat, Th. Wittek§, M. Fürll

Medizinische Tierklinik Leipzig, §Universitätsklinik für Wiederkäuer, Veterinärmedizinische Universität Wien e-mail: [email protected] Azidotische Belastungen des Pansens gelten bei Milchkühen besonders in der Frühlaktation als weit verbreitet. Sie werden als subakute Pansenazidosen (SARA) für die häufigen Produktionskrankheiten verantwortlich gemacht.

Ziele: dieser Untersuchungen waren a) die Kontrolle des Säure-Basen-Haushalt (SBH) bei HF-Hochleistungskühen im peripartalen Zeitraum zum Vorkommen von SARA, b) die Prüfung bewährter sowie neuer Methoden zur Pansensaftanalyse, c) die Analyse von SBH- Harnparametern sowie d) die Prüfung möglicher Beziehungen von Stoffwechselparametern im Blut zu SBH-Parametern im Pansensaft.

Versuchsanordnung: In 10 Betrieben Niedersachsens wurden an je 10 Kühen Verlaufsuntersuchungen mit vier Proben/Tier durchgeführt: 1. Trockenstehperiode/ Färsen - 30 Tage ante partum (d a. p.) bis zur Kalbung; 2. 2 bis 7 Tage post partum (d p.p.); 3. in der Frühlaktation 8 bis 30 d p.p. und 4. in der Mittellaktation 80 bis 150 d p.p. Pansensaft wurde vormittags mit der Geishauser-Sonde gewonnen, Blut aus der V. jugularis externa sowie Harn per Blasenkatheterisierung. Analysiert wurden im Pansensaft der pH-Wert, die Pufferkapazität als Titrationsbilanz über die Titrationsazidität und –alkalität, die Methylenblauprobe sowie die Sedimentsaktivitätszeit (SAT), im Harn der pH-Wert, die Netto-Säure-Basen-Ausscheidung (NSBA) sowie der Basen-Säure-Quotient (BSQ) und im Blutserum Glukose, freie Fettsäuren (FFS), Betahydroxybutyrat (BHB), L-Laktat, Cholesterol, Protein, Albumin, Bilirubin, Harnstoff, Kreatinin, Na, K, Cl, Ca, P, Mg, ALP, ASAT, GLDH sowie die CK.

Ergebnisse: Zwischen Kühen und Färsen wurden bei den gemessenen Parametern keine gesicherten Unterschiede festgestellt. Es gab auch keine Unterschiede zwischen den Betrieben. Die Pansen-pH-Werte bewegten sich von x̃ = 6,8 (6,43/7,0; 1./3. Quartil) zu Beginn des Trockenstehens über minimal x̃ = 6,3 (5,9/6,7) 30 bis 60 d p.p. bis x̃ = 6,6 (6,2/6,8) in der Mittellaktation. Sie lagen alle im physiologischen Bereich. 20 Kühe hatten pH-Werte von < 5,8, 6 Kühe von < 5,5 und 21 Kühe von > 7,2. Damit kamen die Kühe der 115

SARA-Definition, bezogen auf das einmalige Auftreten von pH-Werten < 5,8 bei einer Kuh, nahe; bezogen auf alle gemessenen Pansen-pH-Werte betrug der Anteil < 5,8 aber nur 9,8%.

Die Titrationsbilanz war in der Trockensteherperiode ausgeglichen; bei allen drei Kontrollen p.p. bestand ein Basendefizit. Die Pufferkapazität war in der 1. Woche p.p. und in der Frühlaktation vermindert. Pansen-pH-Werte und Titrationsbilanz korrelierten sehr eng (r = 0,98, p< 0,001).

Die Methylenblauprobe war a.p. mit x̃ = 3:37 (2:22/4:59) Minuten am längsten, in der Mittellaktation mit 3:01 (2,25/4,30) Minuten am kürzesten und insgesamt physiologisch. Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Kontrollzeiträumen. Die SAT war physiologisch und schwankte zwischen zwei und fünf Minuten ohne signifikante Unterschiede zwischen den Entnahmezeiträumen.

Im Harn lagen die NSBA mit x̃ = 70 mmol/l (20/122 = 1./3. Quartil) und der BSQ mit x̃ = 2,2 (1,6/2,8) nur bei den Frischmelkern unter den unteren Grenzwerten und deuteten die Gefahr von SARA an. Der Harn-pH-Wert war mit x̃ = 7,98 (7,7/8,2) physiologisch.

Von der Gesamtheit aller NSBA-Werte waren 37% < 83 mmol/l sowie 28,9% < 25 mmol/l; beim BSQ waren es 52,6% < 2,5 sowie 27,4% < 1,5. Die für die NSBA, den BSQ und den Harn-pH-Wert berechneten Sensitivitäten und Spezifitäten für einen Pansen-pH-Wert < 5,8 liegen mit 44,8% und 64,5% (NSBA), 55,8% und 47,9% (BSQ) sowie 2,3% und 97% (Harn- pH-Wert) unter den diagnostischen Erfordernissen. Sie können somit keine sicheren Rückschlüsse auf den Pansenzustand geben.

Bei den Blutbefunden wurden Kühe mit Pansen pH-Werten <5,8 (SARA) und ≥5,8 gegenüber gestellt. Die Korrelationskoeffizienten, die Sensitivitäten und die mittels Receiver-Operating- Characteristics Analysen ermittelten Flächen unter der Kurve zwischen Pansen-pH-Wert und den Blutparametern waren niedrig (p > 0,05).

Schlussfolgerungen: Hochleistende HF-Kühe haben peripartal nicht zwangsläufig eine SARA. Die Titrationsbilanz ergänzt den Pansensaft-pH-Wert, ist routinemäßig aber nicht nötig. Im Harn liegen NSBA und BSQ häufiger unter den Grenzwerten und korrelieren nicht gesichert mit dem Pansen-pH-Wert. Auch Blutparameter erlauben keine sichere Aussage über den Pansenzustand. Die Diagnose von SARA muss mit direkter Messung des Pansen-pH- Wertes gestellt werden.

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ER-Stress – Bedeutung und Beeinflussung

D. K. Geßner, K. Eder

Institut für Tierernährung und Ernährungsphysiologie, Justus-Liebig-Universität Gießen E-Mail: [email protected]

ER Stress – Definition: Das endoplasmatische Retikulum ist der Ort der Zelle, an dem Proteine gebildet und gefaltet werden und letztendlich in ihre funktionelle Form ausreifen. Als Stress des ER bezeichnet man einen Zustand, bei dem die Faltungskapazität des ER überschritten wird und sich ungefaltete oder fehlgefaltete Proteine im ER anreichern. Die Anreicherung fehl- oder ungefalteter Proteine im ER führt dazu, dass eine spezifische Antwort [die sogenannte „Unfolded protein response“ (UPR)] aktiviert wird, die zum Ziel hat, das Gleichgewicht zwischen Proteinsynthese und Faltungskapazität wieder herzustellen und damit die Anreicherung weiterer fehlgefalteter Proteine zu verhindern. Die Antwort wird über drei Systeme (ER stress transducers) vermittelt: PKR-like ER kinase (PERK), inositol- requiring 1 (IRE1) und activating transcription factor 6 (ATF6). Im Basiszustand sind diese Systeme durch die Bindung an das Chaperon BiP gehemmt. Wenn vermehrt fehlgefaltete Proteine im ER vorliegen, löst sich das BiP von den ER stress transducers und bindet an die fehlgefalteten Proteine, wodurch die ER stress transducers aktiviert werden und die UPR gestartet wird. Die Aktivierung der UPR führt im Wesentlichen zu einer Hemmung der Proteinsynthese, einer Steigerung der Faltungskapazität und des Abbaus fehlgefalteter Proteine und einer Vergrößerung des ER. Reicht die Aktivierung der UPR nicht aus, um die Homöostase des ER wieder herzustellen, wird die Apoptose der Zelle eingeleitet, um die nicht mehr funktionelle Zelle aus dem Gewebeverband zu eliminieren. Nebeneffekte der UPR sind eine Steigerung der antioxidativen und zytoprotektiven Kapazität der Zelle durch Aktivierung des Nrf2, eine Steigerung der Lipidsynthese und eine Aktivierung der Entzündung. ER-Stress – Pathophysiologische Relevanz: Seit einigen Jahren ist bekannt, dass das Auftreten von ER-Stress und die dadurch induzierte UPR eine wichtige Rolle bei vielen Erkrankungen spielen, insbesondere bei solchen, die durch Adipositas induziert werden. Adipositas ist gekennzeichnet durch erhöhte Spiegel an freien Fettsäuren im Plasma, die der Lipolyse im Fettgewebe entstammen sowie einer systemischen Entzündung. Sowohl freie Fettsäuren als auch Entzündungsmediatoren sind wesentliche Induktoren von ER-Stress. Die durch ER-Stress vermittelte UPR spielt unter anderem eine wichtige Rolle für die Entstehung einer Fettleber oder von Diabetes Mellitus. Die Entstehung einer Fettleber wird dadurch begünstigt, dass im Rahmen der UPR die Lipogenese gesteigert ist, der Abbau von Fettsäuren durch die β-Oxidation gehemmt ist und der Abtransport von Lipiden aus der Leber in Form

117 von VLDL gestört ist. Im Pankreas führt ER-Stress durch Induktion von Apoptose zum gesteigerten Untergang von β-Zellen, der zur verminderten Sekretion von Insulin beiträgt. ER-Stress in der Leber während der Laktation bei Nutztieren: Eigene Arbeiten bei Milchkühen und Sauen zeigten, dass es während der Laktation zu einer Induktion von ER-Stress in der Leber kommt. Obwohl es dazu noch keine sicheren Hinweise gibt, ist anzunehmen, dass der ER-Stress durch die erhöhte Stoffwechselbelastung, verbunden mit einer gesteigerten Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies, den Nachwirkungen von Geburtsstress sowie dem Auftreten infektiöser und metabolischer Erkrankungen verursacht werden dürfte. Bei der Milchkuh dürfte auch das Auftreten subakuter Pansenazidose zur Entstehung von ER-Stress beitragen. Lipopolysaccharide, die im Pansen durch den Zerfall gram-negativer Bakterien entstehen, können die Epithelbarriere im Pansen durchdringen und gelangen zur Leber, wo sie einen Entzündungsprozess initiieren können. Es ist davon auszugehen, dass ER-Stress und die dadurch induzierte UPR eine wesentliche Rolle in der Entstehung Leber-assoziierter Erkrankungen spielt. Maßnahmen zur Vermeidung von ER-Stress in der Leber während der Laktation bei Nutztieren: Bei Nutztieren ist die Entstehung von ER-Stress und dessen pathophysiologischen Konsequenzen bislang wenig untersucht. Untersuchungen an Nagern zeigen aber sehr eindrucksvoll, dass ER-Stress durch eine Reduktion der Körperfettmasse, verbunden mit einer Reduktion der Konzentrationen freier Fettsäuren im Blut, sowie der Einnahme antioxidativ oder antiinflammatorischer Substanzen zu einer Verminderung von ER-Stress führt. Kürzlich durchgeführte Studien zeigen, dass die Verabreichung von Fischöl mit antiinflammatorisch wirksamen n-3-Fettsäuren bei der Sau zu einer Hemmung von ER-Stress in der Leber während der Laktation führt; bei der Hochleistungskuh führte die Verfütterung von Traubentrester mit einem hohen Gehalt an Polyphenolen zumindest zu einer tendenziellen Reduktion von ER-Stress in der Leber. Bei Kühen dürfte auch die Vermeidung subakuter Pansenazidose zu einer Verminderung des Auftretens von ER-Stress in der Leber führen. Schlussfolgerungen: Das Auftreten von ER-Stress dürfte in der Pathophysiologie verschiedener Erkrankungen bei Nutztieren eine wichtige Rolle spielen. Maßnahmen zur Verminderung von ER-Stress und der Hemmung der dadurch induzierten UPR könnten als Strategien zur Verbesserung des Gesundheitszustandes von Nutztieren zu sehen sein.

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Metabolic Monitoring bei Milchkühen in den ersten 24 Stunden

nach der Geburt und im frühen Puerperium

S. Slosarkova, P. Fleischer, M. Skrivanek

Veterinary Research Institute, Brno, Czech Republic E-Mail: [email protected]

The metabolic monitoring of dairy cows during the first 24 hours after the delivery and in the early puerperium follows in a way metabolic profile tests (MPTs) which used to be done traditionally in the Czech Republic. The standardized MPTs (with analyses of not only blood, but also urine and rumen juice) were introduced to Czech dairy herds/farms by Veterinary University Brno in the 1980s. MPTs were quite commonly used as a means of direct collaboration between the Veterinary University and farms. In the 1990s (after the change of political/economic system), after the privatization of feed companies, MPTs were done mostly by order of feed companies because they used to provide MPTs as part of their services. MPTs were free of charge for farmers. There are two basic types of MPT – diagnostic MPT (used in case of more or less evident herd health, reproduction or production problems) and preventive MPT (aimed at checking a herd´s nutritional status mainly, e.g. 2-4 times a year). In the 1990s most MPTs performed (by the Vet University) were the diagnostic ones. For MPT are commonly chosen representatives of three periods of cow´s life: dry period, puerperium and around the peak of lactation. Metabolic disorders are most frequently found in puerperium. Fresh cows should be monitored for their metabolic status more frequently to diagnose metabolic disorders as early as possible. Therefore, and based on the U.S. recommendations (e.g. Van Saun 2004), we focused the metabolic monitoring on transition cows. In spite of the recommendation to sample cows prepartum (-14 to -3 days) to analyse non-esterified fatty acids (NEFA) (Van Saun 2007), we developed a system of routine blood sampling in postpartum cows during first 24 hours after the delivery (time one - T1). During this period of time NEFA still reflect the energy status (lipomobilisation) before (and during) parturition, the timing of such sampling is much more consistent because there are no problems with an accurate prediction of due date. Such blood serum samples can also be used to analyse other important parameters such as calcium (Ca). In the past 10 years the need for classical MPT has become smaller due to improved nutrition (better silages), introduction of direct reproduction protocols (e.g. Ovsynch) and improved management which includes electronic milk production monitoring with analyses of test day production, milk fat and protein, SCC, …. MPTs were also partially replaced by our routine

119 metabolic monitoring of dairy herds - cows at T1 and in the early puerperium (started in 2004) because also these tests were initiated and paid by feed companies. Blood samples were taken from at T1 clinically healthy, preferably pluriparous cows (8-12 cows per farm and month) from v./a. coccygea, and from the same cows on 9-12 (T2) days in milk (DIM) and originally partially again on 25-30 DIM (T3). Blood samples were left for 12-24 hours at room temperature and separated serum was frozen and left on the farm for a few days. The samples were analysed at the vet university labs. The panel included: NEFA, β- hydroxybutyrate (BHB), Ca, inorg. P, Mg, total bilirubin, total protein, albumin and activity of aspartate aminotransferase, gamma glutamyl transferase and creatinkinase. For each herd farm specific combinations of parameters were analysed. T1 results were the basis for the assessment of Ca, inorg. P and Mg metabolism, T1 and T2 ones were used for energy balance evaluation (to prevent metabolic disorders). The aims of this study were 1) to study selected most important biochemical parameters (NEFA, BHB, total bilirubin, calcium) in pluriparous dairy cows in early puerperium in the Czech Republic, 2) analyze dynamics, and 3) evaluate interrelationships between the biochemical parameters in the first 2 weeks after parturition. Material and Methods: The original data pool consisted of 5037 blood samples from 34 farms with Holstein and/or Fleckvieh cows which were collected and analysed mainly within the above described routine metabolic monitoring of dairy cows in the early puerperium during the years 2007-2010. The cows were fed TMR, formulated in cooperation with different feed companies. 349 pairs of samples from pluriparous cows taken with accurate timing at T1 and T2 and complete information (e.g. parity) from 20 herds with loose housing and no anionic salt feeding were selected. Average (minimum – maximum) herd size and herd milk yield were 487 (138 – 846) cows and 8078 (5882 – 10191) kg milk, respectively. The parity distribution was as follows: 2nd parity 38%, 3rd parity 32%, 4th parity 14%, 5th parity 8%, 6th parity 5% and 7th-9th parities 3 % of cows. It was not possible to analyze all the parameters (NEFA, BHB, total bilirubin, calcium) for every sample due to low sample volume or poor quality (mostly due to haemolysis). So the numbers of values for biochemical parameters are slightly lower than the numbers of cows (paired samples). The data were tested by the statistic software IBM SPSS Statistics version 17.0 and graphical software Statsoft Statistica cz version 9.0, *p<0.05; **p<0.01; ***p<0.001. A) Comparisons between T1 and T2, B) comparisons among three groups according to the levels of NEFA in T1, and C) correlation coefficients (among all the 4 parameters at T1 and T2) and regression analysis - regressive functions for BHB, bilirubin and Ca prediction at T1 were made. Results: A) NEFA values (mean ± SD) were significantly higher at T1 than T2 (0.76 ± 0.38 120 vs. 0.64** ± 0.35 mmol/l). On the contrary, BHB values were higher at T2 (0.65 ± 0.23 vs. 0.92** ± 0.59 mmol/l). Total bilirubin was higher at T1 (7.37 ± 4.17 vs. 6.35** ± 3.10 µmol/l). Calcium at T1 was substantially lower (1.76 ± 0.45 vs. 2.17** ± 0.36 mmol/l). B) According to the levels of NEFA at T1, the results of the other biochemical parameters (BHB, total bilirubin, Ca) in T1 were divided into three groups and compared. Group 1: NEFA ≤ 0.5 mmol/l (n=87, resp. 28 %), group 2: NEFA 0.51-1.0 mmol/l (n=156, resp. 49 %) and group 3: NEFA >1.0 mmol/l (n=73, resp. 23 %). All means of the other biochemical parameters in these groups were significantly different and gradually higher resp. lower (group 1; 2; 3): BHB 0.56 ± 0.16; 0.65 ± 0.23; 0.76 ± 0.24 mmol/l, total bilirubin 4.48 ± 1.91; 6.88 ± 3.02; 11.74 ± 4.71 µmol/l, Ca 1.89 ± 0.36; 1.78 ± 0.47; 1.57 ± 0.48 mmol/l. C) The strongest correlations were found between NEFA and total bilirubin (T1; T2): 0.62***; 0.57***. The correlation between NEFA and BHB was stronger at T2 0.42*** than at T1 0.35***. Calcium was negatively correlated with NEFA (-0.30; -0.19) and bilirubin (- 0.22; -0.27) and at T2 also with BHB (-0.19). Discussion: A substantial part of the cows had metabolite concentrations which are associated with negative downstream outcomes (increased risk of disease, decreased milking and reproductive performance). This was the most evident for NEFA at T1 (median 0.68 mmol/l) and Ca (median 1.79 at T1 and 2.23 mmol/l at T2). In spite of the fact that between T1 and T2 NEFA (lipomobilisation) decreased the BHB (after exhaustion of liver metabolic capacity) increased. Total bilirubin showed the same dynamics as NEFA. The strong correlations between total bilirubin and NEFA suggest that total bilirubin in early puerperium may indicate negative energy balance rather than the hepatic damage. Total bilirubin can be measured in regular labs (unlike NEFA) and the analysis is cheaper. Higher degrees of lipomobilisation (groups of NEFA) had evident adverse effects on all the other parameters including calcium. Our results also confirmed the reports that approximately 50% of pluriparous dairy cows fed typical prefresh diets without anion supplements are affected by subclinical hypocalcaemia (Oetzel 2013). Predictions of metabolite concentrations based on this and previous studies (Slosarkova et al. 2011) have not been used in real life yet. Conclusions: Energy and mineral disturbances in pluriparous dairy cows around parturition are inter-connected. The modified timing of blood sampling – during the first 24 hours after the delivery allows to identify both the mineral and energy dysbalancies (through NEFA and calcium) at the same time. A few days later mainly BHB should be monitored. Supported by the Ministry of Agriculture of the Czech Rep., NAZV grant No. QJ 1510217. (Literatur bei den Autoren)

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ER-Stress, Entzündungen, oxidativer Stress: Differenzierungen und Be- rücksichtigung im Stoffwechselmonitoring und in der Fütterung

F. Menn

Lohmann-Animal-Nutrition GmbH, Cuxhaven E-Mail: [email protected]

Problemstellung: In der Transitphase, dem Übergang von später Trächtigkeit zu früher Laktation, unterliegt der Stoffwechsel der Kühe enormen Anpassungsvorgängen und Veränderungen. Die Bedeutung dieser Periode für Gesundheit, Produktivität und Profitabilität wurde und wird in zunehmendem Maße in der Literatur umfassend diskutiert. Eine Fülle von metabolischen und mikrobiellen Imbalanzen werden genannt: Gebärparese, Metritis, Laminitis, Azidose usw. Darüber hinaus erhöht eine reduzierte Immunkompetenz die Anfälligkeit für Mastitis und andere Infektionen (Trevisi et al., 2011). Die Folge ist, dass viele Kühe den Bestand frühzeitig verlassen müssen (van Knegsel et al., 2014). Bertoni et al. (2014) mutmaßen, dass die negative genetische Beziehung zwischen Milchleistung und Gesundheit einer der Gründe für die hohe Inzidenz gesundheitlicher Probleme in der Transitphase sein könnte. Tatsächlich weisen hochleistende Holstein-Kühe im Vergleich zu anderen Milchrassen und Fleischrindern ganz überwiegend deutlich niedrigere Lysozym- Gehalte im Serum auf. Tiere mit niedrigen Lysozym-Gehalten sind entzündungsanfälliger (Trevisi et al., 2012). Andererseits ist aber auch der metabolische Stress in die Betrachtung einzubeziehen, der aus der hohen Milchleistung resultiert, gekoppelt an eine unzureichende Futteraufnahme zum Laktationsstart. Letztlich sind die Kühe dann nicht in der Lage, die für die Milchleistung benötigte Energie aufzunehmen. Die Interaktionen zwischen Immunsystem, Entzündungen und Fütterung rücken in zunehmendem Maße in den Fokus (Bertoni et al., 2014). Aktuelle Versuchsergebnisse deuten darauf hin, dass die inflammatorischen Prozesse einen direkten Einfluss auf den Energiestoffwechsel und die Futteraufnahme haben. Andererseits ist die Futteraufnahme häufig ohne schlüssige Erklärung reduziert (Engelhard at al., 2015). ER-Stress, Entzündungen, oxidativer Stress: Im Endoplasmatischen Retikulum (ER) finden Lipidsynthese, Proteinfaltung und Proteinreifung statt. Diese Prozesse unterliegen einer permanenten Qualitätskontrolle, Überforderung führt zu einer Stressreaktion, dem ER- Stress (Rajan et al., 2007). Ein mehr oder weniger großer Teil der Proteine wird im Zuge der Synthese nicht ordnungsgemäß gefaltet. Konsequenz ist ein „unfolded protein response (UPR)“. Dieser beschreibt eine hochkomplexe Stressreaktion, die für die Zelle von dramatischer Bedeutung ist, da permanenter Stress unweigerlich zur Apoptose führt (Gülow und Haas, 2001). Fehlgefaltete Proteine stehen nicht als funktionale Proteine zur Verfügung. Darüber hinaus spielt ER-Stress eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der Fettleber und Ketose der Milchkuh. Milchkühe induzieren ER-Stress post partum in der Leber 122

(Ringseis et al., 2014; Eder, 2014). Umfangreiche Studien und Publikationen belegen ebenso, dass Entzündungen und Akute Phase Reaktionen den Stoffwechsel der Transitkühe belasten (Hoffmann, 2010; Trevisi et al., 2011; Sordillo, L.M. u. Mavingara, V., 2014; Bertoni et al., 2014; Fürll, 2015). Oxidativer Stress wurde ebenfalls in der Literatur umfassend beschrieben und erläutert (Lykkesfeld u. Svendsen, 2006; Eder, 2013). Differenzierung: Die genannten Problemfelder werden von Tierärzten, Fütterungsberatern, aber auch Wissenschaftlern häufig noch als nicht existent angesehen und/oder die Begriffe im Kontext der negativen Energiebilanz nicht richtig zugeordnet. Die folgende Abbildung stellt den Zusammenhang und die Beziehungen zwischen NEFA, Entzündungen, oxidativem Stress und Lipopolysacchariden als Auslöser von ER-Stress sowie dessen zentrale Ursache für Fettleber und Ketose der Milchkuh dar (Ringseis et al., 2014):

Abb. 1: Schematische Zusammenfassung der zentralen Rolle des ER-Stress in der Leber hochleistender Milchkühe (Modellvorschlag) Es wird deutlich, dass negative Energiebilanz, Entzündungen, oxidativer Stress und Lipopolysaccharide (Pansenazidose) konzertiert oder einzeln ER-Stress auslösen können. Eine solche Differenzierung bzw. eindeutige Zuordnung ist auch notwendig, um eine Prophylaxe über die Fütterung einschätzen und beurteilen zu können. Potenzielle Gegenmaßnahmen zur Vermeidung von ER-Stress bei der Milchkuh können sein (Eder, 2014): • Negative Energiebilanz reduzieren, Futteraufnahme erhöhen, Fettsäuremodulation • Einsatz von Entzündungshemmern, Gesundheitsmanagement allgemein • Einsatz von Antioxidantien • pH Wert im Pansen, Azidose vermeiden Aktuelle Versuche zeigen, dass durch den Einsatz von Polyphenolen über die Fütterung ER- 123

Stress wirksam reduziert werden kann (Gessner et al., 2015; Maurer et al., 2015; Winkler et al., 2015). Polyphenole gelten allgemein als pflanzliche Antioxidantien. Demzufolge wäre eine Reduzierung des oxidativen Stresses bzw. eine Verbesserung des antioxidativen Status zu erwarten gewesen. Dieser Effekt konnte aber nicht nachgewiesen werden. Da aber dennoch eine Reduzierung des ER-Stress belegt wurde, ist davon auszugehen, dass die Polyphenole eine antiinflammatorische Wirkung entfalteten, die letztlich zu einer Verbesserung der Leberfunktion führten. Entzündungshemmende Effekte von Polyphenolen sind in der Literatur beschrieben (Yoon u. Baek, 2005). Futteraufnahme: Zum Laktationsstart ist die Futteraufnahme unzureichend. Durch inflammatorische Prozesse ante partum wird sie weiter reduziert. Trevisi (2014) gibt bis zu 2 kg TM pro Tier und Tag an, die durch die a.p. eingeleiteten Entzündungen weniger aufgenommen werden. Unterschiede von bis zu 5 kg geringerer TM-Aufnahme sind dokumentiert (Trevisi, 2012). Proinflammatorische Cytokine hemmen das Enzym Adenosin- Monophosphat aktivierte Proteinkinase (AMPK). Dieses Enzym ist inzwischen als der zentrale Energiesensor in allen eukaryonten Zellen bekannt (Hardie et al., 2012; Löffler u. Petrides, 2014). Ruderman (2013) beschreibt die AMPK als „Regulator eines weiten Feldes physiologischer Events, einschließlich Zellwachstum und Proliferation, mitochondriale Funktionen und Biogenese, sowie Faktoren, die in Verbindung stehen zu Insulinresistenz, Entzündungen, oxidativem Stress, ER-Stress und Autophagie“. Die zentrale Rolle der AMPK im Problemkreis Inflammation, oxidativem Stress und ER-Stress stellt er wie folgt dar:

Abb. 2: Beziehungen zwischen AMPK, Entzündungen, Oxidativem Stress und ER-Stress (Ruderman et al., 2013) Darüber hinaus spielt die Aktivierung oder Hemmung der AMPK im Hypothalamus eine entscheidende Rolle bei der Nahrungsaufnahme. Die Aktivierung der AMPK im Hypothalamus von Ratten durch den synthetischen Aktivator AICAR bzw. durch Neuropeptid Y (Ghrelin-Signalweg) führte zu Erhöhung der Futteraufnahme auf nahezu das Doppelte bzw. Vierfache gegenüber der Kontrollgruppe (Anderson et al., 2004). Patienten unter Psychopharmakotherapie nehmen häufig stark zu. Dies wird auf die AMPK aktivierende Wirkung einiger Wirkstoffe in den Medikamenten zurückgeführt. Die Patienten essen mehr (Himmerich und Minkwitz, 2013). Polyphenole gelten als AMPK-Aktivatoren (Hardie, 2013), proinflammatorische Enzyme hemmen die AMPK (Hue und Taegtmeyer, 2009). Auf diese

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Weise fungiert die AMPK als wichtiger Integrator der Cytokinsignale und reguliert dadurch die Nahrungsaufnahme, die Energieverwendung und die Substratnutzung (Steinberg, 2009). An bovinen Hepatozyten konnte gezeigt werden, dass die AMPK durch NEFA aktiviert wird. Durch Zugabe eines Inhibitors wird die Aktivierung durch die NEFA verhindert, die AMPK wird inhibiert (Li et al., 2013). Des Weiteren ist belegt, dass bei Kühen unter Lipolyse das Verhältnis aktivierter AMPK zu AMPK steigt. Zearalenon hatte den gegenteiligen Effekt, auch Mykotoxine inhibieren offensichtlich die AMPK (Locher et al., 2012). Daraus kann abgeleitet werden, dass das Enzym AMPK auch im Stoffwechsel der Wiederkäuer seiner Rolle als Energiesensor nachkommt. Die Depression der Futteraufnahme der Kühe zu Beginn der Laktation durch Entzündungen könnte durch diese Zusammenhänge zumindest teilweise erklärt werden. Umgekehrt wäre durch die antiinflammatorische Wirkung geeigneter Futterzusatzstoffe, wie z.B. Polyphenole, eine höhere Futteraufnahme zu erwarten. Stoffwechselmonitoring: Die Einbeziehung geeigneter Parameter und Methoden in die Stoffwechselüberwachung ist auf Grund der Bedeutung der vorgenannten Zusammenhänge wünschenswert, wenn nicht gar erforderlich. Eine Option könnten die von Bertoni und Trevisi entwickelten Indizes LAI (Liver Activity Index) und LFI (Liver Functionality Index) sein (Bertoni u. Trevisi, 2014). Kühe mit hohen Indizes zeigten im Vergleich zu Kühen mit niedrigen Indizes • eine um bis zu 13% höhere Trockenmasseaufnahme • eine um bis zu 30% geringere Mobilisierung von Körperreserven • eine um bis zu 21% geringere negative Energiebilanz • eine um bis zu 10% höhere Milchleistung • weniger Krankheiten (niedrigere Rektaltemperatur) • weniger Akute-Phase-Reaktionen in der Leber • einen geringeren Energiebedarf für Erhaltung (Immunsystem) • eine um bis 15% höhere Effizienz In der Konsequenz führt dies zu mehr Tierwohl und einer verbesserten Fruchtbarkeit (Trevisi, 2014). Diskussion: ER-Stress, Entzündungen und oxidativer Stress sowie die gegenseitige Beeinflussung und Induzierung dienen zunächst dazu, Gewebeschäden zu kontrollieren und die Reparatur zu unterstützen. Unter bestimmten Bedingungen aber kann ER-Stress die Entwicklung von Krankheiten wie Diabetes, Adipositas, Darmentzündungen, Entzündungen der Atemwege und Krebs fördern (Garg et al., 2012). Bezogen auf die Transitkuh ist diese Aufzählung aber noch um Ketose, Fettleber, Insulinresistenz und Mastitis zu erweitern (Ringseis et al., 2013). Welcher Mechanismus hinter den negativen Effekten auf die Futteraufnahme steckt, bedarf der Klärung. Fraglich ist ferner, ob und wann die genannten „bestimmten Bedingungen“ gegeben sind, die den ER-Stress vom Wohl zum Übel werden lassen. Vieles spricht dafür, dass der angespannte Stoffwechsel hochleistender Nutztiere, Milchkuh ebenso wie Sau, diese „bestimmten Bedingungen“ häufig, allzu häufig, bietet, und zwar bereits bevor die „klassischen Parameter“ NEFA, BHB, TG usw. im Blut der Tiere erhöht sind. Handlungs- und Forschungsbedarf sind gegeben. Literatur beim Verfasser

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Zusammenhang zwischen erhöhten Konzentrationen an freien Fettsäuren (NEFA) vor der Kalbung und peripartalen Erkrankungen

in einem Milchviehbetrieb

L. Pieper, R. Staufenbiel

Freie Universität Berlin, Klinik für Klauentiere, Königsweg 65, 14163 Berlin E-Mail: [email protected]

Problemstellung: Hohe Konzentrationen an freien Fettsäuren kurz vor der Kalbung werden häufig mit peripartalen Erkrankungen wie Labmagenverlagerung, Nachgeburtsverhaltung, und Metritis in Verbindung gebracht (Chapinal et al., 2011). Ziele der vorliegenden Studie waren 1) die Überprüfung der Zusammenhänge zwischen erhöhten Konzentrationen an freien Fettsäuren vor der Kalbung und peripartalen Erkrankungen und 2) Einflussfaktoren auf die Konzentration an freien Fettsäuren zu finden, die Einflussnahme mittels Anpassung des Managements ermöglichen. Versuchsanordnung: In einem norddeutschen Milchviehbetrieb wurden zwischen März 2013 und Februar 2014 von 1949 primi- und pluriparen Tieren einmalig Blutproben im Mittel 10 Tage vor der Kalbung entnommen. Trockenstehzeit, Rückenfettdicke, Totgeburten und Erkrankungen (Geburtsverletzung, Gebärparese, Nachgeburtsverhaltung, Labmagenverlagerung, Ketose, Metritis, Mastitis, Klauenerkrankung,) bis 150 Tage post partum wurden erfasst. Die antepartalen Konzentrationen der freien Fettsäuren wurden kategorisiert (<0,4 mmol/l; >0,4 mmol/l) und mittels logistischer Regressionen mit den Erkrankungen in Beziehung gesetzt. Die Datenauswertung fand mit dem Statistikprogramm SPSS statt und p-Werte <0,05 wurden als signifikant angesehen. Ergebnisse: Die antepartale Konzentrationen der freien Fettsäuren war niedrig (Median = 0,21 mmol/l; 1. Quartil = 0,1 mmol/l; 3. Quartil = 0,43 mmol/l) und abhängig von der Laktationszahl. Höhere Werte wurden bei Tieren der 1. Laktation gemessen. Insgesamt 511 Tiere (26,2 %) überschritten den Grenzwert von 0,4 mmol/l. Nach Berücksichtigung der Laktationszahl waren erhöhte Konzentrationen der freien Fettsäuren über 0,4 mmol/l assoziiert mit Totgeburten, Geburtsverletzungen, subklinischer und klinischer Gebärparese, Ketose, Labmagenverlagerung und Metritis. Kein Zusammenhang bestand zwischen erhöhten Konzentrationen der freien Fettsäuren und dem Auftreten von Nachgeburtsverhaltung, Mastitis und Lahmheiten. Positive Beziehungen bestanden zwischen erhöhten Konzentrationen an freien Fettsäuren und 126 der Rückenfettdicke zum Kalben, Zwillingsgeburten und der Dauer der Trockenstehzeit (far- off). Diskussion: Es bestand eine deutliche Beziehung zwischen erhöhten Konzentrationen an freien Fettsäuren vor der Kalbung und postpartalen Krankheiten. Dies entspricht den Ergebnissen von Chapinal et al. (2011), Opsina et al. (2010) und LeBlanc et al. (2005). Zur Reduzierung der freien Fettsäurekonzentration und somit des Risikos für diese postpartalen Erkrankungen ist nach Ergebnissen dieser Studie sowie der Studie von Weber et al. (2015) die Beeinflussung der Trockenstehzeit geeignet. Tiere mit langer Trockenstehzeit (90d) neigen zur Verfettung und erhöhten Fettsäurekonzentrationen im Vergleich zu Tieren mit normaler Trockenstehzeit (56d; Weber et al., 2015). Eine lange Trockenstehdauer sollte somit vermieden werden. Schlussfolgerung: Antepartal erhöhte Konzentrationen an freien Fettsäuren sind mit vielen postpartalen Krankheiten assoziiert. Maßnahmen, wie die Kontrolle der Dauer der Trockenstehzeit und der Körperkondition zum Kalben, können zur Reduktion der Konzentrationen an freien Fettsäuren und assoziierter Erkrankungen führen.

Referenzen: Effects of dry period length on milk production, body condition, metabolites, and hepatic glucose metabolism in dairy cows. 2015. Weber C, Losand B, Tuchscherer A, Rehbock F, Blum E, Yang W, Bruckmaier RM, Sanftleben P, Hammon HM. J Dairy Sci. 98(3):1772-85.

Evaluation of nonesterified fatty acids and β-hydroxybutyrate in transition dairy cattle in the northeastern United States: Critical thresholds for prediction of clinical diseases. 2010. P. A. Ospina, D. V. Nydam, T. Stokol, and T. R. Overton. J. Dairy Sci. 93:546–554.

Metabolic Predictors of Displaced Abomasum in Dairy Cattle. 2005. S. J. LeBlanc, K. E. Leslie, and T. F. Duffield. J. Dairy Sci. 88:159–170.

The association of serum metabolites with clinical disease during the transition period. 2011. Chapinal, N., M. Carson, T.F. Duffield, M. Capel, S. Godden, M. Overton, J.E. Santos, S.J. LeBlanc. J. Dairy Sci. 94:4897–4903.

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Auswirkungen einer postpartalen CLA-Supplementation auf Insulin- Response und Glukosestoffwechsel bei Primapara

der Rasse Deutsche Holstein C. Binici1, E. Weber1, U. Meyer2, S. Dänicke2, J. Rehage1

1 Klinik für Rinder der Tierärztlichen Hochschule Hannover, 2 Institut für Tierernährung des Friedrich-Loeffler-Instituts, Braunschweig E-Mail: [email protected]

Problemstellung: Kommerziell erhältliche Futtersupplemente von konjugierten Linolsäuren (CLA) werden beim Milchvieh mit dem Ziel einer Milchfettsenkung und Milchleistungssteigerung eingesetzt (Bernal-Santos et al. 2003; Selberg et al. 2004; Pappritz et al. 2011). Sie bestehen zu etwa gleichen Teilen aus trans-10, cis-12 CLA und cis-9, trans- 11 CLA. Insbesondere die trans-10, cis-12 CLA inhibieren intramammäre Enzyme der Milchfettneusynthese und induzieren dadurch die Milchfettsenkung (Baumgard et al. 2002). Von mehrkalbigen Kühen ist aus Glucose-Clamp-Studien (Haarstrich 2011) sowie aus Studien, die den sogenannten RQUICKI als Insulinsensitivitäts-Index nutzten (Saremi et al. 2014), bekannt, dass CLA Supplemente die Insulinsensitivität zu reduzieren vermögen. Bei Färsen scheint dies zumindest nach den Ergebnissen, die mittels RQUICKI, gewonnen wurden, nicht der Fall zu sein (Saremi et al. 2014).

Ziel der vorliegenden Studie war es daher, die Auswirkungen einer postpartalen Fütterung mit 100 g/d eines kommerziellen CLA Produkts auf den Glucose- und Insulinstoffwechsel bei primiparen Kühen in der Frühlaktation zu prüfen.

Versuchsanordnung: 16 klinisch gesunde, primipare, hochtragende Deutsche Holstein Rinder wurden mit einer Mischration, basierend auf Gras- und Maissilage sowie Kraftfutterkonzentrat bedarfsgerecht gefüttert und in einem Boxenlaufstall gehalten. Nach der Kalbung wurden die Tiere in zwei Gruppen eingeteilt. Die Kontroll-Gruppe (n = 8) bekam täglich 100 g Stearinsäure und die CLA-Gruppe (n = 8) bekam täglich 100 g CLA-Mischung. Das CLA-Gemisch bestand aus ungefähr 10% von je cis-9, trans-11 CLA und trans-10, cis-12 CLA. Die Leistungsparameter wie Milchleistung, fettkorrigierte Milch, Milchfett, Energiebilanz, tägliche Futteraufnahme und Körpergewicht wurden wöchentlich durch ein automatisches

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System registriert und bereits berichtet (von Soosten et al. 2011 und 2012). Die Rückenfettdicke wurde sonographisch bestimmt. ß-BHS, NEFA, Glucose und Insulin wurden an den Tagen 21, 7 a. p. und an Tagen 1, 7, 14, 21, 28, 42 und 105 p. p. aus Einzelblutproben gemessen. Der Leberfettgehalt wurde aus den Leberbiopsien, die am Tag 21 a.p. , Tag 1, Tag 21, Tag 42 und Tag 105 p.p. entnommen wurden, erfasst. Die hyperglykämischen Clamps mit konstanter Infusionsrate (11 µmol Glucose kg / min) wurden an Tagen 21 a. p. und an Tagen 1, 21 und 80 p. p. durchgeführt. Blutproben wurden in 10 Minutenabständen während der insgesamt 240 Minuten dauernden Clamps entnommen und auf Glucose, NEFA und Insulin untersucht. Indizes für die Schätzung der Insulinsensitivität wie HOMA, LHOMA, 1/HOMA, QUICKI, R-QUICKI und RQUICKI-BHB wurden aus den Basalwerten kalkuliert. Total AUC, Baseline AUC, Increment AUC, Net-increment AUC und Steady-State-Werte (SS) wurden aus den Clamp-Daten für die Glucose-, Insulin- sowie NEFA-Werte berechnet.

Ergebnisse und Diskussion: Weder aus den Insulinsensitivitätsindizes noch aus den Ergebnissen der Glucose-Clamps ergaben sich statistisch belastbare Anhaltspunkte für einen Effekt der CLA-Supplementation auf die Insulinsensitivität der untersuchten primiparen Kühe. Auch der Leberfettgehalt sowie die basalen Glucose-, NEFA- sowie BHB-Blutspiegel wurden durch die CLA Supplemente nicht gesichert beeinflusst. Statistisch gesichert waren die bekannten postpartalen Abnahmen in der Rückenfettdicke sowie eine verminderte pankreatische Insulinresponse sowie eine reduzierte Insulinsensitivität.

Schlussfolgerungen: Zusammenfassend ergeben sich aus den Untersuchungen keine gesicherten Hinweise auf eine Beeinflussung des Glucose- und Insulinstoffwechsels primiparer Kühe in der Frühlaktation durch postpartal verabreichte CLA Supplemente.

Literatur beim Autor

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Diagnostik und Bekämpfung von Mykotoxikosen beim Rind

S. Dänicke, Janine Winkler

Institut für Tierernährung Braunschweig, Friedrich-Loeffler-Institut E-mail: [email protected] Einleitung

Schimmelpilze gehören zum natürlichen Keimbesatz von Futtermitteln. Meist führt nur eine übermäßige Schimmelbildung zum Futtermittelverderb, wobei dieser Verderb durch Nährstoffabbau, aber auch durch Bildung von sekundären Stoffwechselprodukten der Pilze charakterisiert sein kann. Wirken sich diese sekundären Stoffwechselprodukte nachteilig auf Tiergesundheit und Leistung aus, so werden sie als Mykotoxine definiert.

Pilze der Gattung Fusarium werden klassisch den so genannten Feldpilzen zugeordnet, da sie überwiegend auf lebenden Pflanzen wachsen und ihre Toxine (z.B. Deoxynivalenol [DON], Zearalenon [ZEN], T-2 Toxin) bilden. Auch der Mutterkornpilz, Claviceps purpurea, der die als Ergotalkaloide bezeichneten Mykotoxine bildet, lässt sich der Gruppe der Feldpilze zuordnen. Demgegenüber sind viele Arten der Gattungen Penicillium und Aspergillus durch eine saprophytische Lebensweise charakterisiert, d.h., sie wachsen hauptsächlich auf abgestorbenem Pflanzenmaterial. Daher bilden diese Pilze ihre Toxine im Futtermittellager (hauptsächlich in Silagen und Konzentratfuttermitteln bei unsachgemäßer Lagerung; z.B. Ochratoxin A), während die Toxinbildung durch Feldpilze zum Zeitpunkt der Ernte im Wesentlichen abgeschlossen ist. Dennoch vermögen diese Pilze bei für sie günstigen Wachstumsbedingungen im Lager die Toxinbildung wieder aufzunehmen. Daher ist die klassische Einteilung in Lager- und Feldpilze grundsätzlich in Frage zu stellen, da beispielsweise die Aflatoxine (hauptsächlich AFB1) sowohl auf dem Feld als auch im Lager gebildet werden können.

Futtermittelrechtliche Einordnung

Für die in Anhang I der Richtlinie 2002/32/EG aufgeführten unerwünschten Stoffe sind Höchstgehalte festgesetzt, die in Futtermitteln nicht überschritten werden dürfen. Aus praktischer Sicht ist bedeutsam, dass ein Futtermittel, das den festgesetzten Höchstgehalt überschreitet, zu Verdünnungszwecken nicht vermischt werden darf (Verschneidungsverbot). Außer für Aflatoxin B1 sind keine Höchstgehalte für Mykotoxine in Futtermitteln festgelegt. Eine Sonderstellung nimmt Mutterkorn ein, das lediglich gewichtsmäßig ohne Berücksichtigung des Alkaloidgehaltes mit einem Höchstgehalt geregelt ist. Daraus folgt, dass die Mehrzahl der Mykotoxine nicht in Anhang I der Richtlinie 130

2002/32/EG geregelt ist. Für einige dieser Mykotoxine wurden so genannte Orientierungswerte für kritische Konzentrationen im Futter veröffentlicht (CEC 2006, Tab. 1), die im Rahmen von § 17 (Verbote) LFGB, nach dem es verboten ist, Futtermittel an Tiere zu verfüttern, die dazu geeignet sind, die Tiergesundheit nachteilig zu beeinflussen, zu interpretieren sind. Dies bedeutet, dass mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu rechnen ist, wenn die Orientierungswerte für kritische Mykotoxinkonzentrationen in der täglichen Ration überschritten werden. Für Futtermittel, die Orientierungswerte überschreiten, gilt nicht das Verschneidungsverbot. Vielmehr sollen ein einheitliches Vorgehen bei erhöhten Gehalten ermöglicht sowie alle Beteiligten veranlasst werden, das Minimierungsprinzip anzuwenden.

Mykotoxikosen beim Rind

Eine klinische Manifestation von Mykotoxikosen ist unter hiesigen Produktionsverhältnissen eher die Ausnahme. Vielmehr ist ein subklinisches und chronisches Auftreten anzunehmen, das sich jedoch häufig einer eindeutigen ätiologischen Zuordnung infolge nicht verfügbarer Routinemethoden zur Analytik in Frage kommender Mykotoxine entzieht. Weiterhin ist davon auszugehen, dass übliche Rationen von Milchkühen meist mit mehreren Mykotoxinen gleichzeitig kontaminiert sein können. Infolge der durch die unterschiedlichen chemischen Strukturen bestimmten differierenden toxikodynamischen Eigenschaften der Mykotoxine ist eine Vorhersage des toxischen Potenzials kontaminierter Rationen zusätzlich erschwert (Tab. 2).

Aus der Tatsache, dass für ausgewählte Mykotoxine Orientierungswerte für kritische Konzentrationen im Futter auch für Wiederkäuer etabliert wurden (siehe Tab. 1), ist abzuleiten, dass diesen Toxinen unter praktischen Fütterungsverhältnissen offensichtlich eine größere Relevanz zukommt, da in Futtermitteln vorkommende Konzentrationen toxikologisch bedeutsam sein können (siehe Tab. 2). Unter diesen Toxinen ist vor allem DON und ZEN eine besondere Bedeutung zuzumessen, da beide Toxine häufig in höheren Konzentrationen sowohl im Körnermais als auch in Maissilage vorkommen, also in Futtermitteln, die wesentliche Bestandteile von Milchkuhrationen darstellen.

DON unterliegt im Pansen einer raschen Metabolisierung zu de-epoxy-DON - was gleichbedeutend mit einer Detoxifizierung ist - bevor das Muttertoxin überhaupt eine Chance hat, in den Kreislauf zu gelangen. Dies ist ein wesentlicher Grund dafür, weshalb ruminierende Wiederkäuer weitaus weniger empfindlich gegenüber diesem Mykotoxin reagieren als beispielsweise Schweine, was sich in den Orientierungswerten für kritische Konzentrationen an DON in der täglichen Ration widerspiegelt (Tab. 1).

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Tab. 1. Empfehlung der Kommission der Europäischen Union für Richtwerte (Orientierungswerte) von Mykotoxinen in zur Verfütterung an Tiere bestimmten Erzeugnissen (CEC, 2006)

Mykotoxin Zur Fütterung bestimmte Erzeugnisse Richtwert in mg/kg (ppm) für ein Futtermittel mit einem Feuchtegehalt von 12 % Deoxynivalenol Futtermittelausgangserzeugnisse (*) - Getreide und Getreideerzeugnisse (**) außer Mais- 8 nebenprodukte - Maisnebenprodukte 12 Ergänzungs- und Alleinfuttermittel außer: 5 - Ergänzungs- und Alleinfuttermittel für Schweine 0,9 - Ergänzungs- und Alleinfuttermittel für Kälber (< 4 2 Monate), Lämmer und Ziegenlämmer Zearalenon Futtermittelausgangserzeugnisse (*) - Getreide und Getreideerzeugnisse (**) außer Mais- 2 nebenprodukte - Maisnebenprodukte 3 Ergänzungs- und Mischfuttermittel - Ergänzungs- und Alleinfuttermittel für Ferkel und 0,1 Jungsauen - Ergänzungs- und Alleinfuttermittel für Sauen und 0,25 Mastschweine - Ergänzungs- und Alleinfuttermittel für Kälber, 0,5 Milchkühe, Schafe (einschließlich Lämmer) und Ziegen (einschließlich Ziegenlämmer) Ochratoxin A Futtermittelausgangserzeugnisse (*) - Getreide und Getreideerzeugnisse (**) 0,25 Ergänzungs- und Alleinfuttermittel - Ergänzungs- und Alleinfuttermittel für Schweine 0,05 - Ergänzungs- und Alleinfuttermittel für Geflügel 0,1 Fumonisin B1 Futtermittelausgangserzeugnisse (*) + B2 - Mais und Maiserzeugnisse (***) 60 Ergänzungs- und Alleinfuttermittel für: - Schweine, Pferde (Equidae), Kaninchen und Heim- 5 tiere - Fische 10 - Geflügel, Kälber (< 4 Monate), Lämmer und Zie- 20 genlämmer - Wiederkäuer (> 4 Monate) und Nerze 50 (*) Bei Getreide und Getreideerzeugnissen, die unmittelbar an Tiere verfüttert werden, ist auf Folgendes zu ach- ten: Ihre Verwendung in einer Tagesration sollte nicht dazu führen, dass das Tier einer höheren Menge an diesen Mykotoxinen ausgesetzt ist als bei einer entsprechenden Exposition, wenn in einer Tagesration nur die Alleinfut- termittel verwendet werden. (**) Der Begriff „Getreide und Getreideerzeugnisse“ umfasst nicht nur die unter der Überschrift 1 „Getreidekörner, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse“ des nicht ausschließlichen Verzeich- nisses der wichtigsten Futtermittel-Ausgangserzeugnisse in Teil B des Anhangs zur Richtlinie 96/25/EG des Rates vom 29. April 1996 über den Verkehr mit Futtermittelausgangserzeugnissen (ABl. L 125 vom 23.5.1996, S. 35) aufgeführten Futtermittelausgangserzeugnisse, sondern auch andere aus Getreide gewonnene Futtermittel- ausgangserzeugnisse, vor allem Getreidegrünfutter und -raufutter. (***) Der Begriff „Mais und Maiserzeugnisse“ umfasst nicht nur die aus Mais gewonnenen Futtermittelaus- gangserzeugnisse, die unter der Überschrift 1 „Getreidekörner, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse“ des nicht ausschließlichen Verzeichnisses der wichtigsten Futtermittelausgangserzeugnisse in Teil B des Anhangs zur Richtlinie 96/25/EG aufgeführt sind, sondern auch andere aus Mais gewonnene Futtermittelausgangser- zeugnisse, vor allem Maisgrünfutter und -raufutter. Quelle: Empfehlung der Kommission vom 17. August 2006 betreffend das Vorhandensein von Deoxynivalenol, Zearalenon, Ochratroxin A, T-2- und HT-2-Toxin sowie von Fumonisinen in zur Verfütterung an Tiere bestimm- ten Erzeugnissen (Text von Bedeutung für den EWR) (2006/576/EG) Amtsblatt der Europäischen Union L 229/7 (23.8.2006) 132

Tab. 2. Wirkmechanismen und pathophysiologische Effekte von einigen Mykotoxinen sowie deren Bedeutung in der Fütterung (nach verschiedenen Quellen)

Mykotoxine Wirkmechanismen und Prädisponierte Betroffene land- Rele- pathophysiologische Effekte Futtermittel wirtschaftliche vanz 2 Nutztiere1

Zearalenon (ZEN) Östrogen-ähnlich, Störungen im Mais, Weizen Schwein > ++ Reproduktionsgeschehen Wdk. > Huhn

T-2 Toxin Proteinsynthese-hemmend; Hafer, Gerste, Schwein > Wdk. + immunmodulierend, Mais, Weizen ~ Huhn verzehrsdepressiv, zytotoxisch, dermatotoxisch, hepatotoxisch

Deoxynivalenol Proteinsynthese-hemmend; Mais, Weizen Schwein > Wdk. ++ (DON) immunmodulierend, ~ Huhn verzehrsdepressiv

Fumonisine (FUM) Störungen im Sphingolipid- Mais Pferd ~ - (?) Stoffwechsel; hauptsächlich in Leber, Schwein > Wdk. Lungen (porcines pulmonales ~ Huhn Ödemsyndrom) und Gehirn (equine Leukoencephalomalazie)

Aflatoxin B1 DNA- und Proteinadduktbildung, Erdnüsse, Wdk., Schwein, - (welt- carcinogen, cytototoxisch, Baumwollsaat, Geflügel weit: hepatotoxisch Mais, ++) Sonnenblumenk- erne, Sojabohnen

Lolitrem B Neurotoxisch Weidegräser Wdk., Pferd -(?)

Ochratoxin A Proteinsynthese-hemmend, Förderung Mais, Roggen, Schwein > + (OTA) der Lipid-Peroxidation; Weizen, Triticale, Geflügel > Wdk. immunmodulierend, Nieren und Leber Gerste; häufig mit als primäre Zielorgane Citrinin co- kontaminiert

Citrinin Verminderung der selektiven Mais, Roggen, Schwein, Wdk. ? Membranpermeabilität, Nieren und Weizen, Triticale, Leber als primäre Zielorgane, Gerste; Mais- und Polydipsie, Polyurie Grassilagen

Roquefortin C Hemmung von P450-Cytochromen; Mais- und Wdk. ? antibiotisch, neurotoxisch Grassilagen

Mycophenolsäure Hemmung der Mais- und Wdk. ? Lymphozytenproliferation, Grassilagen immunsuppressiv, antibiotisch

Monacoline Hemmung der Sterolsynthese Mais- und Wdk. ? Grassilagen

1 Nicht aufgeführte Tierarten sind weniger empfindlich oder es liegen nur ungenügende experimentelle Daten zur Toxizität vor; 2 Relevanz unter praktischen Fütterungsbedingungen der BRD:"++ "große Bedeutung, "+" bedeutungsvoll," -" geringe Bedeutung, "?" Bedeutung noch nicht hinreichend geklärt. Wdk. - Wiederkäuer

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Die anorektischen Eigenschaften von DON, die beim Schwein mit einem dosisabhängigen Rückgang im Futterverzehr einhergehen, lassen sich bei der Kuh - wahrscheinlich als Folge der präsystemischen Metabolisierung zum de-epoxy-DON - nicht nachweisen, wie auch neuere Untersuchungen belegen, bei welchen bis zu einer getesteten DON-Konzentration von maximal ~5 mg/kg weder negative Effekte auf die Futteraufnahme und die Milchleistung noch auf die Tiergesundheit festgestellt werden konnten (Winkler et al. 2014a, Kinoshita et al. 2014, Keese et al. 2008, Seeling et al. 2006). Die Angaben zu ZEN-Effekten auf Wiederkäuer, insbesondere Milchkühe, die sich aus der Literatur ableiten lassen, sind in ihren Aussagen nicht einheitlich. Dies trifft hauptsächlich für die ZEN-Konzentration zu, ab der mit negativen Effekten auf Leistung, Fruchtbarkeit und Tiergesundheit gerechnet werden muss. Ein Problem hierbei ist, dass einerseits kristallines ZEN verwendet wurde und dass andererseits ZEN aus natürlich kontaminierten Futtermitteln zur Anwendung kam. Dies impliziert häufig, dass ZEN lediglich als Leittoxin erfasst wurde, d.h., die beobachteten Wirkungen sind dann das Resultat eines Cocktails mehrerer Toxine bzw. resultieren aus den gesamten Veränderungen des Futtermittels, die sich aus dem Befall der Pflanze mit dem Schimmelpilz ergeben. Auch ZEN unterliegt einem mikrobiellen Umbau im Pansen, wobei neben anderen Metaboliten vor allem β-Zearalenol und in geringerem Umfang α-Zearalenol gebildet werden. Die Umwandlung zu α-Zearalenol ist dabei als ein Anstieg in der Toxizität zu werten, da diese Substanz eine höhere Affinität zum Östrogenrezeptor aufweist als das Muttertoxin ZEN, also potenziell stärkere östrogene Effekte hervorrufen kann. Demgegenüber kommt β- Zearalenol eine geringere oder vergleichbare Toxizität wie ZEN zu, so dass der ruminale Metabolismus von ZEN nicht zwangsläufig zu einer Verringerung der Toxizität führt. Während beim weiblichen Rind die möglichen Einflüsse von ZEN auf die Fruchtbarkeit im Vordergrund stehen, ist bei männlichen Rindern eher mit anabolen Effekten zu rechnen, d.h. ZEN und seine Metaboliten können leistungssteigernd wirken. Daher ergab sich keine Notwendigkeit der Festlegung von Orientierungswerten für ZEN für Mastrinder (Tab. 1). In diesem Zusammenhang sei das Verbot der Europäischen Union (Council Directive 88/146) über die Verwendung hormonaler Substanzen als Leistungsförderer erwähnt. Auch Zeranol (α-Zearalanol), welches ein natürlicher Metabolit von ZEN darstellt und in aufgereinigter Form als Wachstumsförderer verwendet wurde, fiel unter dieses Verbot. Diagnostik Die Notwendigkeit nach einem labordiagnostischen Vorgehen ergibt sich immer dann, wenn Verdachtsdiagnosen mit Hinweisen auf eine Beteiligung von Mykotoxinen (z.B. DON bzw. ZEN) bestätigt oder abgelehnt werden sollen. Prinzipiell sind Futterproben als auch 134 biologische Substrate für eine solche Diagnostik zugänglich. Futteruntersuchungen haben den Vorteil, dass die analysierten DON- bzw. ZEN-Konzentrationen direkt mit den Orientierungswerten für die korrespondierenden kritischen Konzentrationen verglichen werden können. Diese Orientierungswerte sind auf der Grundlage umfangreicher Literaturauswertungen, insbesondere von Dosis-Wirkungsstudien, durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) abgeleitet worden. Demzufolge basieren sie auf der direkten Zuordnung von toxischen Effekten bei bekannten Toxinkonzentrationen im Futter. Der Nachteil der Futtermittelanalytik unter praktischen Bedingungen besteht jedoch darin, dass die für das beobachtete Krankheitsgeschehen verantwortliche Futterpartie häufig nicht (mehr) eindeutig zuordenbar ist. Zudem ist eine Einzeltierdiagnostik nicht möglich. Dieser Nachteil kann durch die Analytik biologischer Substrate von betroffenen Einzeltieren überwunden werden, wenn es gelingt, eine Bewertung der analysierten Befunde vorzunehmen. Dies gestaltet sich jedoch gegenwärtig noch als schwierig, da Toxinrückstandskonzentrationen in biologischen Substraten bisher nicht direkt toxischen Effekten zuzuordnen sind. Hierfür wären Dosis-Wirkungsstudien erforderlich, in denen dosisabhängige Toxineffekte den korrespondierenden Toxinrückständen in biologischen Substraten gegenübergestellt werden. Ein solches Vorgehen scheint jedoch für die Milchkuh nicht zielführend, da insbesondere im niedrigen Futtertoxinkonzentrationsbereich (kleiner als die Orientierungswerte) nicht mit toxischen Effekten zu rechnen ist, wenngleich sich Toxinrückstände in biologischen Substraten auch dosisabhängig nachweisen lassen. Um solche Toxinrückstände bewerten zu können, können diese mit der korrespondierenden Toxinexposition assoziiert werden, um auf der Basis linearer Regressionen eine Vorhersage der Exposition in Abhängigkeit von der analysierten Toxinrückstandskonzentration einer einzelnen Probe eines biologischen Substrats eines betroffenen Einzeltieres zu ermöglichen. Bei Kenntnis/Abschätzung der Körpermasse und der Futteraufnahme kann die vorhergesagte Exposition dann einer Toxinkonzentration im Futter zugeordnet werden, die wiederum anhand der Orientierungswerte bewertet werden kann. Hinzuweisen ist auf die einem solchen Vorgehen immanente Variabilität, die beinhaltet, dass entsprechende Vorhersagen mit entsprechenden Fehlern behaftet sind. Analytische Grundlagen und tierexperimentelle Daten für ein solches Vorgehen bei der Milchkuh wurden kürzlich publiziert (Winkler et al. 2015, Winkler et al. 2014c, Winkler et al. 2014b, Winkler et al. 2014a, Dänicke et al. 2014).

Schlussfolgerungen Erhöhte Konzentrationen an Mykotoxinen im Futter sollten generell als Indikatoren (für weitere, nicht analysierte Toxine) eines Futtermittelverderbs angesehen werden. DON wird 135 im Pansen weitgehend zum deutlich weniger toxischen Metaboliten de-epoxy-DON abgebaut. Dennoch kann der Pansen nicht prinzipiell als prä-systemischer Detoxifikationsraum angesehen werden, da auch eine Erhöhung der Toxizität infolge ruminaler Umsetzungen möglich ist. Der Kenntnisstand zum Einfluss einer chronischen Exposition (praxisrelevante Konzentrationen) von Milchkühen mit DON und ZEN ist ungenügend. Gleiches trifft auch für typische Silage-Mykotoxine zu (Roquefortin C, Mycophenolsäure, Monacoline). Bei der Abklärung von Differenzialdiagnosen sollte prinzipiell die Analytik des Futters auf die möglichen Mykotoxine berücksichtigt werden, wenngleich die kritischen Konzentrationen im Futter nicht für alle Mykotoxine bekannt sind. Eine Einzeltierdiagnostik anhand der Rückstandsanalytik von biologischen Substraten ist mit großen Fehlern behaftet, die bei der Interpretation zu berücksichtigen sind. Da Tiergesundheit und Leistungsmerkmale multifaktoriell bedingt sind, sollte generell das Minimierungsprinzip (Prävention beginnt auf dem Feld und mit der Silagebereitung) angewandt werden.

Literaturverzeichnis CEC. 2006. Commission recommendation of 17 August 2006 on the presence of deoxynivalenol, zearalenone, ochratotin A, T-2 and HT-2 and fumonisins in products intended for animal feeding. Official Journal of the European Union L. 229:7-9. Dänicke S, Keese C, Meyer U, Starke A, Kinoshita A, Rehage J. 2014. Zearalenone (ZEN) metabolism and residue concentrations in physiological specimens of dairy cows exposed long-term to ZEN-contaminated diets differing in concentrate feed proportions. Arch Anim Nutr. 68:1-15. Keese C, Meyer U, Rehage J, Spilke J, Boguhn J, Breves G, Dänicke S. 2008. On the effects of the concentrate proportion of dairy cow rations in the presence and absence of a fusarium toxin-contaminated triticale on cow performance. Arch Anim Nutr. 62:241-262. Kinoshita A, Keese C, Beineke A, Meyer U, Starke A, Sauerwein H, Dänicke S, Rehage J. 2014. Effects of Fusarium mycotoxins in rations with different concentrate proportions on serum haptoglobin and hepatocellular integrity in lactating dairy cows. J Anim Physiol Anim Nutr. in press. Seeling K, Dänicke S, Valenta H, Van Egmond HP, Schothorst RC, Jekel AA, Lebzien P, Schollenberger M, Razzazi-Fazeli E, Flachowsky G. 2006. Effects of Fusarium toxin-contaminated wheat and feed intake level on the biotransformation and carry-over of deoxynivalenol in dairy cows. Food Addit Contam. 23:1008- 1020. Winkler J, Kersten S, Meyer U, Engelhardt U, Dänicke S. 2014a. Residues of zearalenone (ZEN), deoxynivalenol (DON) and their metabolites in plasma of dairy cows fed Fusarium contaminated maize and their relationships to performance parameters. Food Chem Toxicol. 65:196-204. Winkler J, Kersten S, Meyer U, Stinshoff H, Locher L, Rehage J, Wrenzycki C, Engelhardt U, Dänicke S. 2014b. Diagnostic opportunities for evaluation of the exposure of dairy cows to the mycotoxins deoxynivalenol (DON) and zearalenone (ZEN): Reliability of blood plasma, bile and follicular fluid as indicators. J Anim Physiol Anim Nutr. In press. Winkler J, Kersten S, Valenta H, Hüther L, Meyer U, Engelhardt U, Dänicke S. 2014c. Simultaneous determination of zearalenone, deoxynivalenol and their metabolites in bovine urine as biomarker of exposure World Mycotoxin J. in press. Winkler J, Kersten S, Valenta H, Meyer U, Engelhardt G, Dänicke S. 2015. Development of a multi-toxin method for investigating the carry-over of zearalenone, deoxynivalenol and their metabolites into milk of dairy cows. Food Addit Contam. 32:371-380.

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Möglichkeiten und Grenzen der Analyse von Mykotoxinen in biologischen Substraten beim Schwein

R. Wein1, J. Winkler2, U. Brezina2, W. Richardt1, S. Dänicke2

1 LKS mbH, Lichtenwalde 2 FLI, Braunschweig

E-Mail: [email protected]

Problemstellung: Die Beurteilung der Exposition mit Mykotoxinen beim Schwein erfolgt traditionell auf Grundlage der Analyse in Futtermitteln. Dabei spielen vor allem die Fusarium- Toxine Deoxynivalenol (DON), Zearalenon (ZEA) und das HT-2-Toxin auf Grund der immer wieder auftretenden Belastung von Getreide sowie der toxischen Effekte beim Schwein eine wichtige Rolle. Um jedoch Rückschlüsse auf eine individuelle Belastung und Intoxikation zu ziehen, ist die Bestimmung von Mykotoxinen und deren Metaboliten in physiologischen Flüssigkeiten wie Harn, Blut oder Gallenflüssigkeit sinnvoller. Allerdings sind nur wenige analytische Methoden vorhanden, die in der Lage sind die Mykotoxine und deren Metabolite selektiv und sensitiv, aber auch kosteneffizient zu bestimmen. Ziel: Auf Grund der dargestellten Problematik, war es das Ziel, eine geeignete Methode zur Probenvorbereitung und Bestimmung von Mykotoxinen und deren Metaboliten mittels LC- MS/MS in Harn von Schweinen zu entwickeln und zu validieren. Dabei sollten folgende Substanzen analysiert werden: DON sowie De-epoxy-deoxynivalenol (DOM-1), 3- und 15- Acetyl-deoxynivalenol (3-Ac-DON bzw. 15-Ac-DON), ZEA sowie α- und β- Zearalenol (α- ZEL bzw. β-ZEL), α- und β- Zearalanol (α-ZAL bzw. β-ZAL), Zearalanon (ZAN), Aflatoxin B1 (AFB1) sowie Aflatoxin M1 (AFM1), Ochratoxin A (OTA) und HT-2-Toxin. Methode: Um die in den Harnproben an Glucuronsäure konjugierten Mykotoxine und deren Metabolite ebenfalls nachweisen zu können, erfolgte zuerst die Inkubation mit β- Glucuronidase (37°C, 16 h, pH 5.0) sowie die Zugabe von markierten internen Standards 13 13 13 13 13 ( C17-AFB1, C15-DON, C18-ZEA, C20-OTA, C22-HT-2). Die Proben wurden anschließend mit Hilfe der Immunaffinitätssäulen (IAC) AFLAOCHRA PREP sowie DZT MS-PREP (R-Biopharm) aufgereinigt. Die Messung erfolgte an dem Massenspektrometer QTRAP 5500 (ABSciex) und einem HPLC-System (Shimadzu). Die Analyten wurden auf einer Synergi 4u-Fusion-RP 80 A, 50 x 2.0 mm (Phenomenex) innerhalb von 10 min getrennt. Die Auswertung erfolgte anhand der Kalibriergeraden aus 5 Arbeitsstandards mit unterschiedlichen Konzentrationen und den internen Standards. Die Methode wurde auf Basis

137 der internationalen Richtlinien der IUPAC (2002) validiert und an Harnproben von Schweinen angewandt. Ergebnisse und Diskussion: Die Mykotoxine, deren Metabolite sowie die markierten internen Standards konnten anhand von mindesten zwei Massenübergängen mittels Elektronenspray-Ionisation (ESI) eindeutig identifiziert werden. Die für die Quantifizierung verwendeten Kalibriergeraden zeigten alle eine gute Linearität mit R2 ≥ 0,99 (2.5 – 50 ng/ml für die DON-Verbindungen, 0.5 – 10 ng/ml für die ZEA-Verbindungen, OTA und HT-2- Toxin, 0.1 – 2 ng/ml für AFB1 und AFM1). Die Wiederfindungsraten wurden anhand von fünf unterschiedlichen zugesetzten Konzentrationsstufen, die sich im physiologischen Bereich befanden, ermittelt und betrug 110 % (66 – 141 %, n = 5). Die Nachweis- (LOD) und Bestimmungsgrenze (LOQ) lag für die DON-Verbindungen bei 2,0 ng/ml bzw. 6,0 ng/ml, für die ZEA-Verbindungen, OTA sowie AFB1 bei 0,30 ng/ml bzw. 1,00 ng/ml, für AFM1 bei 0,10 ng/ml bzw. 0,30 ng/ml und für HT-2 bei 0,50 ng/ml bzw. 1,70 ng/ml. Die Wiederholpräzision lag bei 8 % (4 – 17 %, n = 10). Die Methode konnte anschließend erfolgreich bei Schweineharn angewandt werden. Dabei wurden vor allem DON, DOM-1 und ZEA, teilweise auch in sehr hohen Konzentrationen, nachgewiesen. Schlussfolgerung: Mit der entwickelten Methode können 14 Mykotoxine und deren Metabolite verlässlich und effizient in Schweineharnproben bestimmt werden. Anhand der Ergebnisse der Validierung kann die Methode bei der Untersuchung von Harnproben von Schweinen angewandt werden. Zusätzlich wäre es sinnvoll, die Methode mit weiteren Laboren in einer Vergleichsuntersuchung zu validieren. Noch zu klären ist, in wie fern die Mykotoxinkonzentrationen in Harnproben als Biomarker angesehen werden können, um Rückschlüsse auf die Aufnahme über das Futtermittel zu ziehen. Eine Erweiterung auf andere Matrices, wie Blut und Gallenflüssigkeit wäre auf Basis der entwickelten Methode denkbar.

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Retro- und prospektive Auswertung labordiagnostischer Daten von Käl- bern mit neonataler Diarrhoe im Zeitraum von 1998-2005

M. Sickinger, M. Blume, A. Wehrend

Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere mit Tierärztlicher Ambulanz der Justus-Liebig-Universität Giessen E-Mail: [email protected]

Einleitung und Gegenstand der Studie: Trotz intensiver Forschung auf dem Gebiet der neonatalen Kälberdiarrhoe innerhalb der letzten Jahrzehnte hat die Bedeutung dieser Erkrankung im Rahmen der Bestandsbetreuung nicht an Bedeutung verloren. Anhand einer retro- sowie prospektiven Auswertung klinischer und labordiagnostischer Daten von Kälbern mit neonataler Diarrhoe sollte die Bedeutung dieser Parameter für den Krankheitsverlauf ermittelt werden. Material und Methoden: In die Auswertung einbezogen wurden Daten von insgesamt 511 Kälbern. Hierbei wurden 2 Untergruppen gebildet: 185 Kälber stammten aus Problembetrieben und 72 Tiere waren in der Klinik geboren worden und erkrankten während des Klinikaufenthaltes an neonataler Diarrhoe. Neben diesen Kälbern wurden ausschließlich Kälber im Alter von maximal 14 Tagen berücksichtigt, welche mit bereits klinisch manifester Diarrhoe eingeliefert wurden. Nicht mit in die Studie eingeschlossen wurden solche Tiere, die wegen anderer Primärerkrankungen in die Klinik eingeliefert wurden und erst im Laufe des Aufenthaltes in der Klinik an Diarrhoe erkrankten. Bei Einlieferung wurden die Kälber klinisch untersucht und es wurden anamnestische Daten erhoben. Zusätzlich wurden von insgesamt 407 Kälbern Kotproben zur Diagnostik von Diarrhoe assoziierten Erregern (parasitäre, bakterielle und virale Erreger) entnommen. Ergebnisse: Es war eine deutliche jahreszeitliche Abhängigkeit der Patientenzahlen zu ermitteln. Im Zeitraum von November bis April wurden die meisten Kälber mit neonataler Diarrhoe in der Klinik vorstellig während das Minimum der Patientenzahlen im Oktober zu verzeichnen war. Bei den untersuchten Kälbern handelte es sich weitestgehend um schwarzbunte Deutsche Hol- stein Kälber (42,9 %). Seltener vertreten waren Kälber der Rassen Deutsche Holstein Rotbunt (14,7 %) und Deutsches Fleckvieh (21,5 %). Die übrigen Tiere verteilten sich auf die Rassen Jersey, Limousin, Charolais und Kreuzungstiere. Das durchschnittliche Erkrankungsalter lag bei 5,6 ± 3 Tagen mit einer deutlichen Häufung 139 der Erkrankungen am 3. (12,3 %) und 6. Lebenstag (13,7 %). Bezüglich der Erkrankungs- dauer war ein Mittel von 14,6 ± 7 Tagen zu verzeichnen (Min. 4 Tage; Max. 44 Tage). Von den ursprünglich in die Studie eingeschlossenen Tieren konnten 395 (77,3 %) als geheilt entlassen werden. In 13 Fällen war der Verbleib der Tiere anhand der vorliegenden Daten nicht nachzuvollziehen, womit sich eine Letalitätsrate von 20,2 % (103 Kälber) ergibt. Parasitologische, bakteriologische und virologische Kotprobendiagnostik konnte bei 309 (60,5 %) aller insgesamt untersuchten 407 Kälber durchgeführt werden. In 50,5 % der Fälle wurde eine Monoinfektion und in 49,5 % eine Mischinfektion verschiedener Erreger nachgewiesen. Die Beteiligung zweier Diarrhoeerreger wurde in 38,5 % der Proben diagnostiziert, während 3 oder 4 Erreger lediglich in 10,2 % bzw. 0,8 % der Kotproben zu finden waren. Monoinfektionen mit Kryptosporidien hatten eine Letalität von 13,9 %, solche mit Escherichia coli von 29,2 % und Monoinfektionen mit Rota- oder Coronaviren zogen eine Letalität von 15,5 % bzw. 27,8 % nach sich. Mit Ausnahme der Fälle, in denen neben einer Infektion mit Kryptosporidien andere Erreger nachweisbar waren, führte eine Infektion mit mehr als einem Erreger zu einer Abnahme der Letalität. Diskussion und Schlussfolgerung: Wie bereits in der Literatur beschrieben scheinen vier Haupterreger der neonatalen Diarrhoe auch unter Klinikbedingungen Kryptosporidien, enterotoxische Escherichia coli und Rota- sowie Coronaviren zu sein. Die weitaus häufigsten nachgewiesenen Erreger sind Hierbei die Kryptosporidien, gefolgt von Rotaviren und Escherichia coli Serovaren. Coronaviren sind eher selten nachzuweisen. Werden Coronaviren jedoch als Monoinfektion nachgewiesen, so sind besonders hohe Letalitätsraten zu erwarten. Dies scheint ebenso bei Mischinfektionen von Kryptosporidien und Rotaviren der Fall zu sein. Bezüglich der prognostischen Aussagekraft konnte jedoch kein signifikanter Zusammenhang zwischen Erregernachweis und klinischen Parametern bzw. der Überlebenschance ermittelt werden. Diesbezügliche Aussagekraft hatten in der hier durchgeführten Studie lediglich die bei Einlieferung gemessene innere Körpertemperatur sowie die Anzahl der Sekundärerkrankungen. Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass das Ziel der Bestandsbetreuung nach wie vor der Versuch des betreuenden Tierarztes sein muss, dahingehend auf den Landwirt einzuwirken, möglichst frühzeitig eine Einzeltiertherapie zu starten und durch die Einhaltung im Einzelbetrieb geeigneter Hygienemaßnahmen dem Infektionsdruck entgegenzuwirken. Anschrift der Verfasserin: Dr. Marlene Sickinger, Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Klein- und Großtiere mit Tierärztlicher Ambulanz, Frankfurter Straße 106, 35392 Gießen

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Gesunde Kälber durch den Einsatz innovativer Schlauchbelüftungs- systeme - vetsmarttube

J. Neumayer, U. Reinicke

e-Mail: [email protected]

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Peripartaler Stoffwechsel und Nutzungsdauer bei Milchkühen

St. Ackermann, L. Jäkel§, G. Hädrich, J. Gottschalk*, A. Einspanier*, M. Fürll

Medizinische Tierklinik Leipzig, *Veterinär-Physiologisch-Chemisches Institut Leipzig, §Tierarztpraxis Arnstadt, e-Mail: [email protected]

Problem: Die Nutzungsdauer bei Milchkühen ist unbefriedigend niedrig und beeinträchtigt erheblich die Effektivität der Milchrindhaltung. Zur Verbesserung dieser Situation ist eine umfassende Ursachenanalyse dringend notwendig.

Fragestellung: In den vorliegenden Studien wurde der Fragestellung nachgegangen, wie sich Stoffwechselparameter bei HF-Kühen mit steigenden Laktationszahlen peripartal im Zeitraum 28 Tage a.p. bis 28 Tage p.p. verhalten. Es wurden Abgangsursachen und Milchleistungsdaten im Zusammenhang mit den peripartalen Stoffwechselbefunden untersucht. Besonderes Augenmerk lag dabei auf der Rolle des Geburtsstresses. Bei Erstkalbinnen wurden die Beziehungen zwischen peripartalem Stoffwechsel, Milchleistungsparametern, Fruchtbarkeit und Krankheiten und der später erreichten Nutzungsdauer analysiert.

Versuchsanordnung: Dazu erfolgte eine retrograde Analyse von in den Jahren 2004 und 2005 erhobenen Stoffwechselbefunden in einem Milchkuhgroßbestand. Peripartal wurden klinische und Blutkontrollen bei 989 Milchkühen der Rasse Deutsche Holstein, Farbrichtung Schwarzbunt, zu den Zeitpunkten 28 Tage und 10 Tage a.p. sowie 3 Tage und 28 Tage p.p. vorgenommen. Rückenfettdicken zu selbigen Zeitpunkten und Fruchtbarkeitsparameter wurden ermittelt. Anschließend wurden das erreichte Alter der Kühe bzw. die erreichte Nutzungsdauer der damaligen 207 Erstkalbinnen sowie Abgangs- und Milchleistungsdaten und Krankheiten mit Hilfe des Herde- Bestandsprogrammes zusätzlich ermittelt und mit den Laborbefunden in Beziehung gesetzt.

Ergebnisse: Eine deutliche Laktationsdynamik war bei FFS, CK, Bilirubin, Cholesterol und GLDH zu verzeichnen; eine schwächere Laktationsdynamik zeigten BHB, Glucose und Protein. Die Altersabhängigkeit der Stoffwechselparameter wurde bei CK, GLDH, BHB, FFS und in hohem Maße bei Leukozyten und Protein deutlich. Als Hauptabgangsursachen in allen Laktationen stellten sich Fruchtbarkeits-, Euter- und Klauen-/Gliedmaßenprobleme heraus. Erstkalbinnen mit der signifikant (p≤0,05) niedrigsten Milchleistung (kg gesamt und 100- Tage-Leistung) hatten die kürzeste Nutzungsdauer von <12 Monaten. Die signifikant (p≤0,05) niedrigsten Östradiolkonzentrationen 3 Tage p.p. sowie die signifikant (p≤0,05) geringsten Albuminkonzentrationen p.p. gingen einher mit der kürzesten Nutzungsdauer von <12 146

Monaten. Weiterhin wurden Erstkalbinnen mit den signifikant (p≤0,05) niedrigsten Cholesterolkonzentrationen 28 Tage a.p. sowie p.p. mit <12 Monaten am kürzesten genutzt. Auch zeigten kurzlebige Erstkalbinnen tendenziell geringere Rückenfettdicken, tendenziell niedrigere Östradiolkonzentrationen 10 Tage a.p., eine tendenziell schlechtere Fruchtbarkeit (Besamungen pro Tier betreffend) sowie ein gehäuftes Auftreten von Totgeburten, Lochiometra und Endometritiden.

Es konnte gezeigt werden, dass Erstkalbinnen stärker unter Geburtsstress leiden, was sich in den hohen FFS- und Glucose- sowie sinkenden Cholesterolkonzentrationen zur Kalbung zeigte. Diese Stress- und Energiemangelsituation, welche zu einer sinkenden Fruchtbarkeit führt, erklärt den wiederum größten Anteil fruchtbarkeitsbedingter Merzungen bei Erstkalbinnen. Stoffwechselabweichungen, die mit der Merzung in Zusammenhang stehen, betreffen vor allem FFS, Bilirubin und Cholesterol. Die niedrigsten Albumin- und Cholesterolkonzentrationen der kurzlebigen Erstkalbinnen mit einer Nutzungsdauer von <12 Monaten stehen mit einer ungenügende Futteraufnahme in Verbindung. Östradiol sinkt ebenfalls im Zustand des Energiemangels und bei metabolischem Stress. Die niedrigen Östradiolkonzentrationen 10 Tage a.p. können zu den gehäuften Totgeburten solch kurzlebiger Erstkalbinnen führen, was wiederum die höhere Anzahl der klinischen Endometritiden bedingt. Auch die niedrige Milchleistung spricht für einen Energiemangel betreffender Tiere. Untermauert werden diese Ergebnisse von den niedrigen Rückenfettdicken der kurz genutzten Erstkalbinnen, die wiederum zu der schlechten Fruchtbarkeit führen.

Schlussfolgerungen: Die Untersuchungen haben gezeigt, dass niedrige Cholesterol- und hohe FFS- sowie Bilirubinkonzentrationen das Abgangsrisiko erhöhen und als Screeningparameter geeignet sind. Weiterhin sollte für eine längere Nutzungsdauer ein besonderes Augenmerk auf Erstkalbinnen im peripartalen Zeitraum gelegt werden, vor allem auf deren Futteraufnahme und Körperkondition.

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Bietet die Homöopathie eine Alternative in der Behandlung von Bestand- serkrankungen? - Untersuchungsergebnisse am Beispiel

der Mastitis bei Milchkühen

F. Ebert¹, L. Pieper1, 2, R. Staufenbiel¹

¹Klinik für Klauentiere, Fachbereich Veterinärmedizin, Freie Universität Berlin ²Institut für Veterinär-Epidemiologie und Biometrie, Fachbereich Veterinärmedizin, Freie Universität Berlin E-Mail: [email protected]

Problemstellung: Die Mastitis beim Milchrind ist eine der bedeutendsten Probleme der Milchwirtschaft im Hinblick auf Tierschutz, Ökonomie und Verbraucherschutz. In den letzten Jahren hat die Anwendung homöopathischer Therapiekonzepte in Milchviehbetrieben stark zugenommen (Gordon et al., 2012; Hovi und Roderick, 2000), obwohl Wirksamkeit, Vorteile und Risiken der homöopathischen Therapie kontrovers diskutiert werden. Bisherige Forschungsarbeiten zur Homöopathie in der Veterinärmedizin sind geprägt von verhaltener wissenschaftlicher Tätigkeit, divergierenden Ergebnissen und unterschiedlicher Qualität (Hektoen, 2005; Mathie und Clausen, 2014). Mathie und Clausen (2015) analysierten, dass deutlich weniger Publikationen einen statistisch signifikanten Vorteil der Homöopathie ergeben, als die Schlussfolgerungen der Autoren bezüglich der Ergebnisse ihrer Studie nahelegten. Ziel dieser dreifach verblindeten, randomisierten und kontrollierten Studie war es, den Behandlungserfolg einer homöopathischen Mastitistherapie in einem konventionell geführten Milchviehbestand zu beurteilen.

Versuchsanordnung: Von Juli 2013 bis Mai 2014 wurden auf einem Betrieb in Brandenburg 212 Milchkühe mit akuter, katarrhalischer Mastitis randomisiert einer Placebo- und einer Verumgruppe zugeteilt. Zur Überprüfung der natürlichen Heilungsprozesse wurde ab März 2014 eine homöopathisch unbehandelte Kontrollgruppe mitgeführt (n=16). Orientierend an den Behandlungsgrundsätzen der klinischen Homöopathie wurde den Tieren der Verum- und Placebogruppe mindestens einmal täglich für durchschnittlich fünf Tage ein Komplex- Homöopathikum, bestehend aus vier Nosoden der Potenz C 200 (Streptococcinum-, Staphylococcinum-, Pyrogenium-, E. coli-Nosode), bzw. ein Placebo vaginal appliziert. Bei schweren Mastitiden kam eine zusätzliche allopathische Behandlung zur Anwendung. Neben den erkrankungsunabhängigen Parametern (Stamm-, Fruchtbarkeits-, Kalbungs-, Leistungs- 148 und Anamnesedaten) wurden Parameter zur Studienmastitis sowie Behandlungs-, Verlaufs- und Abgangsdaten erfasst. Die Zellzahl wurde im Zuge der ersten Milchleistungsprüfung nach überstandener Mastitis ermittelt. Die Studientiere wurden während der gesamten Erkrankungsdauer und bis 200 Tage nach Krankheitsende beobachtet. Die Auswertung der Daten erfolgte mittels Überlebensanalyse nach Kaplan-Meier, ANOVA, Kruskal-Wallis- und Mann-Whitney-U-Test sowie Chi-Quadrat-Test.

Ergebnisse: Zwischen den Behandlungsgruppen und der unbehandelten Kontrollgruppe lassen sich keine signifikanten Unterschiede bezüglich der erkrankungsunabhängigen Parameter (z.B. Laktationszahl, Rastzeit, 305d Milchleistungsparameter, Anzahl der Mastitiden in der Vorlaktation) ermitteln. In Bezug auf Erkrankungsdauer (p=0,995), Zellzahl (p=0,780), Häufigkeit einer Folgemastitis (p=0,648) sowie Abgangshäufigkeit (p=0,198) und Abgangsart (p=0,988) sind keine Unterschiede zu beobachten. Bei einer Gegenüberstellung der beiden Behandlungsgruppen differiert die Behandlungsdauer (p=0,607) nicht. Der Behandlungserfolg ist in allen drei Gruppen vergleichbar (p=0,995). Die Analyse des Abgangsgrundes ergibt keine Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen (p=0,965) sowie der jeweiligen Behandlungsgruppe und der unbehandelten Kontrollgruppe (p=0,628 und p=0,640).

Diskussion: Die vorliegenden Analysen ergeben nahezu identische Ergebnisse für die Verum- und Placebogruppe sowie die unbehandelte Kontrollgruppe. Eine Evaluierung der bakteriologischen und vollständigen Heilungsrate war innerhalb des Versuchsaufbaus nicht möglich, sodass nur die klinische Heilung beurteilt wurde. Allerdings sind während des Beobachtungszeitraumes zwischen den Gruppen keine Unterschiede bezüglich der Zellzahl und im Auftreten von Folgemastitiden erkennbar. Vergleichbare Ergebnisse zur Wirksamkeit homöopathischer Mastitistherapeutika finden sich in den Studien von Hektoen et al. (2004) und Werner et al. (2010). Dagegen ermittelten Merck et al. (2004) bessere Heilungsraten und Garbe et al. (2000) schlechtere Heilungsraten für die homöopathisch behandelte Gruppe. Eine unbehandelte Kontrollgruppe wird in keiner der erwähnten Studien mitgeführt. Schlussfolgerung: Hinsichtlich der genannten Parameter lassen sich weder gegenüber einer Placebotherapie noch der Selbstheilung Vorteile einer homöopathischen Therapie eruieren. Bei derzeitigem Kenntnisstand kann die Homöopathie als Alternative in der Bestands- behandlung beim Milchrind nicht empfohlen werden. Literaturangaben: Literaturangaben beim Autor erhältlich

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Einfluss einer ein- oder dreimaligen Erythromycinapplikation auf Milch- leistung, Pansenkontraktionen und Betahydroxybutyrat-Serumkonzen- tration nach laparoskopischer Reposition des linksseitig

verlagerten Labmagens

M. Freick1, S. Kevork2, O. Passarge1

1 Tierarztpraxis Zettlitz; 2 STABLAB, Institut für Statistik, LMU München E-Mail: [email protected]

Ziel der Studie: Das Makrolidantibiotikum Erythromycin gilt als effektivstes Prokinetikum am Labmagen sowohl bei Kälbern als auch bei adulten Rindern (Constable et al., 2012). Seine Eignung zur Therapie der abomasalen Hypomotilität nach chirurgischer Korrektur der linksseitigen Labmagenverlagerung (LMVL) oder des Labmagenvolvolus konnte von Wittek et al. (2008a, b) gezeigt werden. So hatte beispielsweise eine einmalige präoperative Erythromycinapplikation positive Effekte auf die Labmagenentleerungsrate (D-Xylose-Resorptionstest), Pansenmotorik und Milchleistung nach Reposition der LMVL (Laparotomie und Omentopexie) im unmittelbar postoperativen Zeitraum (Wittek et al., 2008a). Bislang fehlen allerdings Daten zu den Effekten einer ein- oder mehrmaligen Erythromycingabe nach laparoskopischer Labmagenreposition. In der vorliegenden kontrollierten, randomisierten Feldstudie soll daher untersucht werden, ob eine ein- oder dreimalige Erythromycininjektion positive Wirkungen auf die Milchleistung, Pansenmotorik und Betahydroxybutyrat (BHB)-Serumkonzentration nach minimal invasiver Labmagenreposition hat (Methode nach Christiansen, 2004). In Deutschland ist ein systemisch wirksames Arzneimittel mit dem Wirkstoff Erythromycin für Milchkühe zugelassen. Für eine Anwendung als Motilitätstherapeutikum ist eine Umwidmung des Anwendungsgebietes nach § 56a Arzneimittelgesetz (AMG) erforderlich. Material und Methoden: Kühe der Rasse Deutsche Schwarzbunte Holstein aus einer sächsischen Milchviehanlage (Durchschnittskuhbestand 1850; Herdenleistung 9800 kg) mit Liegeboxenlaufstall und TMR-Fütterung, bei denen innerhalb des Beobachtungszeitraumes (2013-2014) eine LMVL diagnostiziert worden war, wurden in die Untersuchung einbezogen. Die folgenden Einschlusskriterien mussten außerdem erfüllt sein: 7.-50. Tag post partum (pp) und keine weiteren Begleiterkrankung mit Ausnahme von Puerperalstörungen oder einer Klauenerkrankung. Die Randomisierung erfolgte anhand der letzten Ziffer der Lebensohrmarke: Tiere mit den Ziffern 0, 1 und 2 (Gruppe Ery1) erhielten eine Stunde vor der Operation (OP) einmalig Erythromycin (10 mg/kg i.m.; Erythrocin vet. 200 mg/ml, CEVA Tiergesundheit GmbH), Kühe mit den Endziffern 3, 4 und 5 (Gruppe Ery3) erhielten zusätzlich 24 h und 48 h post operationem eine Erythromycininjektion. Die Kühe der Kontrollgruppe (Ko; Endziffer 6-9) bekamen kein Erythromycin appliziert. Alle Tiere der Studie 150 erhielten ferner eine Standardbehandlung bestehend aus einer Invertzuckerinfusion (Invert 40%, 500 ml i.v.; Selectavet Dr. Otto Fischer GmbH), Antibiose (Benzylpenicillin-Procain, 20000 IE/kg i.m., dreimal im Abstand von 24 h; Procain-Penicillin-Suspension 300 mg/ml, Albrecht GmbH) sowie ein NSAID (Metamizol-Na, 30 mg/kg i.v. dreimal im Abstand von 24 h; Metapyrin 500 mg/ml, Serumwerk Bernburg AG) und ein Glucocorticosteroid (Dexamethason-Natriumphosphat, 0,02 mg/kg i.m., einmalig; Dexamethason 4 mg/ml, Vétoquinol GmbH). Tiere, bei denen innerhalb von 10 Tagen nach der OP weitere Behandlungen erforderlich waren (z.B. aufgrund des Auftretens von Fieber oder einer Mastitis), wurden aus der Studie ausgeschlossen. Außerdem wurden Kühe, die vor dem 10. Tag nach der OP die Herde verließen, lediglich zur Berechnung der Heilungsraten herangezogen, nicht aber in die weiteren Auswertungen einbezogen. Dadurch gelangten nur Daten von Tieren zur Analyse, die eine ungestörte Rekonvaleszens durchliefen. Am Tag der OP wurden die tierindividuellen Einflussfaktoren (Laktationsnummer, Tage pp, Begleiterkrankungen, Milchleistung 1 Woche vor der OP) erfasst. Die Milchleistung der Patienten wurde am Tag der OP (Tag 0) sowie an den Tagen 1, 2, 3, 6 und 10 dokumentiert und die Pansenkontraktionen (n/3 min) an den Tagen 1 und 3 gezählt. Weiterhin erfolgte die Messung der BHB-Konzentration in Blutproben aus der Schwanzvene an den Tagen 0, 1 und 3 (FreeStyle Precision, Fa. Abbott GmbH & Co. KG; Iwersen et al., 2013). Die statistische Analyse der Daten erfolgte unter Anwendung des ANOVA für wiederholte Messungen. Ergebnisse: Insgesamt konnten 26 Kühe der Gruppe Ery1, 18 Tiere der Gruppe Ery3 und 27 Kühe der Kontrollgruppe zugeordnet werden. Bezüglich der Laktationsnummer (Ery1: 3,1 ± 1,3; Ery3: 2,8 ± 1,2; Ko: 2,9 ± 0,8) und der Milchleistung (kg) 7 Tage vor der OP (Ery1: 25,1 ± 9,1; Ery3: 26,7 ± 8,3; Ko: 26,9 ± 7,1) unterschieden sich die Studiengruppen nicht signifikant. Allerdings waren die Tage pp bei der Gruppe Ery3 (17,5 ± 7,2) signifikant höher als in Ery1 (16,3 ± 7,8) und Ko (13,1 ± 5,1) (p=0,03). Die Heilungsraten, definiert als der Anteil der Patientinnen, die sich drei Wochen post operationem wieder in einer Leistungsgruppe befanden, betrug 96,2% (Ery1), 88,9% (Ery3) bzw. 92,6% (Ko). Die Unterschiede waren nicht signifikant. Am Tag der Diagnose LMVL hatten 66,7% der Patientinnen eine klinische (BHB>3 mmol/l) und 22,7% eine subklinische Ketose (BHB>1,4 mmol/l). Nur 10,6% hatten BHB-Werte <1,4 mmol/l. Am Tag 3 hingegen war bei 74,2% der Kühe die BHB- Konzentration unter diese Schwelle gesunken. Bezüglich der relativen Milchleistung (% vom Tag der OP), der Pansenkontraktionen sowie der absoluten und relativen (% vom Tag der OP) BHB- Serumkonzentration konnten an den verschiedenen Messzeitpunkten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Studiengruppen ermittelt werden (Abb. 1-3). Diskussion: Obwohl sich die Kühe der drei Studiengruppen im Merkmal „Tage post partum“ signifikant unterscheiden, befanden sich alle Tiere aufgrund der Einschlusskriterien in der Frühlaktation. Aus der Literatur ist bekannt, dass Kühe mit LMVL im Vergleich zu gesunden Tieren eine verringerte Labmagenentleerungsrate aufweisen, die sich unmittelbar nach chirurgischer Labmagenreposition (Laparotomie und Omentopexie) weiter verringert (Wittek et al., 2005). Wittek et al. (2008a) konnten durch eine präoperative Erythromycininjektion die Labmagenentleerungsrate (D-

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Xylose-Resorptionstest, tmax-Modell), die Milchleistung (Tage 1 und 2) und die Pansenmotorik (Tag 1) nach der OP (Laparotomie und Omentopexie) signifikant steigern. In der vorliegenden Feldstudie sollte daher untersucht werden, ob mit einer präoperativen Erythromycininjektion auch bei laparoskopischer Labmagenreposition positive Effekte auf die klinisch einfach messbaren Parameter Milchleistung und Pansenkontraktionen sowie die direkt im Stall bestimmbare BHB- Serumkonzentration erzielt werden können. Da die Dauer der postoperativen abomasalen Hypomotilität unbekannt ist (Wittek et al., 2005), wurde bei einer Studiengruppe Erythromycin dreimal im Abstand von 24 h appliziert. In der vorliegenden Studie konnten weder die Milchleistung noch die Pansenkontraktionen oder die BHB-Serumkonzentration nach laparoskopischer Resposition der LMVL bei Kühen mit unkomplizierter Rekonvaleszenzphase durch eine ein- oder dreimalige Erythromycingabe im Vergleich zur unbehandelten Kontrollgruppe signifikant beeinflusst werden. Möglicherweise ist die postoperative Labmagenhypomotilität nach minimal invasiver Chirurgie weniger stark ausgeprägt als nach einer Laparotomie. Diese Hypothese sollte durch weiterführende Studien unter Einbeziehung von Resorptionstests und der Ultrasonografie überprüft werden. Ein weiterer Erklärungsansatz für die nicht messbare Wirkung des Erythromycins auf die Parameter Milchleistung, Pansenkontraktionen und BHB-Serumkonzentration ist die Anwendung des nichtsteroidalen Antiphlogistikums (NSAID) Metamizol bei allen Tieren in der vorliegenden Feldstudie im Rahmen des postoperativen Schmerzmanagements. Schmerzen und Entzündungsprozesse können eine Ursache für eine postoperative gastrointestinale Hypomotilität sein (Steinbrook, 1998; Schwarz et al., 2001). Flunixin-Meglumin als ein Vertreter der NSAIDs führte in der Studie von Wittek (2008a) zu einer signifikanten Steigerung der Pansenkontraktionen am Tag 1 nach der OP. In einer weiteren Studie konnten durch denselben Wirkstoff die postoperative Milchleistung, Futteraufnahme, Wiederkauaktivität und Kotbeschaffenheit positiv beeinflusst werden (Guglielmini, 2001). Bezüglich des gezielten Einsatzes von Erythromycin als Prokinetikum bei der Labmagenchirurgie des Milchrindes besteht weiterhin Forschungsbedarf. So ist noch offen, für welche OP-Methoden und für welche Tiere (tierindividuelle Einflussfaktoren) die präoperative Applikation empfohlen werden kann. Auch fehlen Studien an Tieren, die nach Labmagenreposition bereits Symptome eines postoperativen paralytischen Ileus zeigen. Schließlich erscheint die Untersuchung strukturell ähnlicher Moleküle aus der Gruppe der Makrolidantibiotika bezüglich ihrer prokinetischen Wirkung bei Kühen mit Labmagenhypomotilität zukünftig sinnvoll (Rashnavadi et al., 2014).

Literatur bei den Verfassern

152

Abb. 3. Absolute und relative BHB-Serumkonzentration in den Studiengruppen (Tag 0 = Tag der OP).

153

Orale L-Carnitin-Substitution bei Hochleistungskühen

M. Glatz, M. Fürll

Medizinische Tierklinik Leipzig, E-Mail: [email protected]

Einleitung: L-Carnitin spielt eine zentrale Rolle im Energiestoffwechsel. Da dieser in der Frühlaktation bei Hochleistungskühen besonders beansprucht und z.T. überlastet wird, ergibt sich die Frage, ob durch L-Carnitinsupplementation ein stabilerer Stoffwechsel und damit bessere Leistungen erreicht werden können.

Zielstellung: Es wurde geprüft, ob bei Hochleistungskühen mit einer mittleren Milchleistung von 12000 kg/Jahr die orale Supplementation von L-Carnitin im peripartalem Zeitraum bei zwei verschiedenen Applikationszeiträumen Stoffwechsel-, Leistungs- und Gesundheits- verbesserung erbringt.

Versuchsanordnung: Aus einer Gesamtherde von 322 Kühen wurden 81 Tiere randomisiert auf vier Gruppen aufgeteilt. Zwei dieser Gruppen erhielten L-Carnitin (Supplemen- tationsgruppen) und die anderen zwei Gruppen stellten die Kontrollgruppen (KG 1 n=14/ KG 2 n=11) dar. Von den supplementierten Gruppen erhielt Car. 1 (n= 26) von drei Wochen (Wo.) ante partum (a.p.) bis zur Kalbung über das Futter täglich 5g L-Carnitin (Carnipas®). Post partum bekamen die Tiere 1g L-Carnitin von der Kalbung bis vier Wochen p.p. Parallel wurden einer zweiten supplementierten Gruppe, Car. 2 (n=30), täglich 5g L-Carnitin drei Wochen a.p. bis zur Kalbung verabreicht.

Klinische und Blutkontrollen erfolgten 28 Tage a.p., drei Tage p.p., 28 Tage p.p. sowie 56 Tage p.p. Es wurden das Gesamtcarnitin (GC, n=5), das freie Carnitin (FC, n=5), Carni- tinester (CE, n=5), FFS, BHB, Bilirubin, Glucose, Cholesterol, Harnstoff, TTP, Albumin, CK, AST, Pi, Ca, Fe bei allen Tieren analysiert. Zusätzlich erfolgte die Erfassung der Laktationsleistung, der Milchinhaltsstoffe, der Rastzeit (RZ), der Zwischentragezeit (ZTZ) und der Morbidität.

Ergebnisse: Das GC, FC und die CE besitzen in den supplementierten Gruppen Car 1 drei d p.p. höhere Konzentrationen als die Kontrollgruppen, die bei Car. 2 (p≤0,05) im GC und FC auch im weiteren Verlauf beobachtet wurden. Ein deutlicher Konzentrationsabfall aller L- Carnitin-Fraktionen vier Wochen p.p. wurde in den supplementierten Gruppen beobachtet. In den Kontrollgruppen stiegen sie zur gleichen Zeit nicht einheitlich an. Acht Wochen p.p. sanken die L-Carnitinkonzentrationen im Blut sowohl in den Kontrollgruppen, als auch in der supplementierten Gruppen weiter ab. 154

In allen Gruppen stiegen drei Tage p.p. die FFS-Konzentrationen an (p≤0,05), das BHB auch in den supplementierten Gruppen, die Glucose- und Cholesterolkonzentration fielen ab (p≤0,05).

Vier und acht Wochen p.p. ließen sich ein Abfallen der FFS- (p≤0,05) und der BHB-Konzen- trationen (p≤0,05) erkennen. Die Cholesterol- (p≤0,05) und verzögert auch die Glucosekon- zentration stiegen an.

Drei Tage p.p. stiegen die Bilirubinkonzentration (p≤0,05) und die AST-Aktivität (p≤0,05) an, dem ein ebensolcher Abfall (p≤0,05) folgte. Präpartal trat in der supplementierten Grup- pen Car. 2 eine höhere Bilirubinkonzentration als in der Kontrollgruppe (p≤0,05) auf, was bei den AST-Aktivitäten zwischen den supplementierten Gruppen postpartal (p≤0,05) der Fall war.

Drei Tage p.p waren niedrigere Konzentrationen des Proteins (p≤0,05), des Albumins (p≤0,05) in Car. 2 und in der Kontrollgruppe sowie des Harnstoffs (p≤0,05) in den Kontrollgruppen zu beobachten.

Die CK-Aktivitäten nahmen drei Tage p.p. zu (p≤0,05), um vier Wochen p.p. wieder abzufallen (p≤0,05). Gleichzeitig war einen Anstieg des Proteins (p≤0,05) und des Albumins in den Kontrollgruppen (p≤0,05), verzögert auch in den supplementierten Gruppen (p≤0,05), messbar. In allen Gruppen waren drei d p.p. niedrigere Ca- (p≤0,05), Fe- (p≤0,05) und Pi- Konzentrationen (p≤0,05) auffällig, die später wieder anstiegen. Im Verlauf war die Ca- Konzentration bei Car. 2 gegenüber der Kontrollgruppe höher (p≤0,05).

Die Leistungsparameter differierten weder bei den Milchleistungs-, noch bei den Fruchtbarkeitskennzahlen gesichert. Bezüglich der Morbidität war auffällig, dass das GC und FC bei gesunden Kühen a.p. gegenüber den im Laktationsverlauf erkrankten gesichert höher war (p≤0,05). Bei Carnitinsupplementation wurden gehäuft Mastitiden beobachtet.

Schlussfolgerungen: Orale L-Carnitin-Applikation bei Kühen mit hohem Milchlei- stungsniveau erbrachte keine Stoffwechsel-, Leistungs- und Morbiditätsunterschiede gegenüber den Kontrollgruppen. Die Ergebnisse entsprechen aber der Hypothese einer gesteigerten ß-Oxidation durch die Carnitinsupplementation mit erhöhten BHB- Konzentrationen als Folge. Post partum gesunde Kühe hatten a.p. signifikant höhere L- Carnitin-Konzentrationen als kranke.

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Verhalten antioxidativer und ausgewählter Stoffwechselparameter bei ge- sunden Kälbern und Jungrindern

D. Haser, M. Fürll

Medizinische Tierklinik, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig E-Mail: [email protected]

Problemstellung: Die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) ist unvermeidlich und steht bei gesunden Tieren im Gleichgewicht mit der antioxidativen Kapazität. Bei starker metabolischer Belastung kann die Produktion von ROS diese jedoch übersteigen und dadurch Krankheiten begünstigen. Die antioxidative Kapazität umfasst enzymatischen und nichtenzymatischen Substanzen, zu den enzymatischen Antioxidantien gehören u.a. die Superoxiddismutase (SOD) und die Glutathionperoxidase (GPX), zu den nichtenzymatischen zählen z.B. Vitamin C und E, Albumin und Bilirubin. Die antioxidative Gesamtkapazität lässt sich mittels Trolox Equivalent Antioxidative Capacity (TEAC) bestimmen. Es ist wenig darüber bekannt, wie sich der antioxidative Status von Kälbern nach der Geburt entwickelt, welche Faktoren darauf Einfluss nehmen und wie sich antioxidative Parameter in ihren Aktivitäten resp. Konzentrationen unter physiologischen Bedingungen verändern. Zielstellung: Ziel dieser Arbeit war es zum einen die altersabhängige Entwicklung antioxidativer Parameter bei gesunden Kälbern und Jungrindern bis zum 18. Lebensmonat zu verfolgen und zum anderen zu evaluieren, ob bei metabolisch gering belasteten Jungrindern jahreszeitliche Differenzen bezüglich SOD, GPX und TEAC bestehen. Versuchsanordnung: Es wurden gesunde weibliche Kälber bzw. Jungrinder der Rasse Holstein Friesian / Deutsche Schwarzbunte aus drei Betrieben am 1. (n = 33) und 7. (n = 31) Tag sowie im 1. (n = 33), 3. (n = 33), 6. (n = 5), 9. (n = 5), 12. (n = 32) und 18. (n = 31) Monat post natum (p. n.) klinisch und labordiagnostisch untersucht. Weiterhin wurden in einem Betrieb während eines Jahres im September, November, Januar, März, Mai und Juli jeweils 6 gesunde weibliche Jungrinder, die zum Untersuchungszeitpunkt 12 Monate alt waren, kontrolliert. Die Tiere wurden im Stall in Anbindehaltung gehalten, ausgenommen der im Mai in Weidehaltung untersuchten Tiere. Analysiert wurden im Blut die antioxidativen Parameter SOD, GPX und TEAC, der Hämatokrit (Hkt) und die Stoffwechselparameter Gesamtprotein, Albumin, Bilirubin, Haptoglobin, Harnstoff, Cholesterol, ß-Hydroxybutyrat (BHB), AST, AP, GLDH, CK, Ca, anorganisches Phosphat (Pi) und Fe. Ergebnisse: Ein betrieblicher Einfluss war statistisch nicht nachweisbar. Vom 1. Tag bis zum 18. Monat p. n. zeigten die antioxidativen Parameter SOD, GPX und TEAC einen 156 gleichartigen Verlauf mit einem kontinuierlichen Anstieg bis zum 6. Monat p. n.. Die GPX- Aktivitäten stiegen von 50-80 U/ml Hkt am 1. Tag p. n. auf 100-190 U/ml Hkt im 6. Monat p. n. an. Die niedrigsten Aktivitäten (p<0,05) bestanden am 1. und 7. Tag (62-90 U/ml Hkt) p. n.. Die SOD-Aktivitäten am 1. (4500-5600 U/g Hb) und 7. Tag (4600-5450 U/g Hb) p. n. waren niedriger als im 1. (5400-6800 U/g Hb) und 3. Monat (5600-7800 U/g Hb) p. n. (p<0,05). Der Anstieg der TEAC-Konzentration vom 1. Tag p. n. (220-290 µmol/l) zum 6. Monat p. n. (260-340 µmol/l) war nicht signifikant. Nach dem 6. Monat p. n. fielen die Aktivitäten resp. Konzentrationen ab, wobei die SOD-Aktivitäten mit 12 (4000-5000 (U/g Hb) und 18 Monaten (3700-5000 U/g Hb) p. n. signifikant niedriger waren als im 1. und 3. Monat p. n.. Die GPX-Aktivitäten lagen mit 12 (118-152 U/ml Hkt) und 18 Monaten (105- 150 U/ml Hkt) p. n. signifikant über denen der ersten Lebenswoche. Die TEAC- Konzentrationen waren im 12. Monat p. n. mit 260-320 µmol/l größer als vom 1. Tag bis zum 1. Monat (240-280 µmol/l) p. n. (p<0,05). Die SOD, GPX und TEAC korrelierten außer mit 9 Monaten p. n. zu allen Untersuchungszeitpunkten signifikant positiv. Für AST, AP, CK und Bilirubin wurden am 1. Tag p. n. die signifikant höchsten Aktivitäten resp. Konzentrationen ermittelt, für Haptoglobin am 7. Tag p. n.. Gesicherte Korrelationen bestanden zwischen Albumin, Bilirubin und der TEAC, zwischen BHB und TEAC, GPX sowie SOD außerdem zwischen Ca und Pi. Im Jahresverlauf waren die GPX-Aktivitäten im September und Januar mit 73-103 U/ml Hkt niedriger als von März bis Juli mit 104-142 U/ml Hkt (p<0,05). Erniedrigte TEAC- Konzentrationen wurden besonders im Januar (272-302 µmol/l) und signifikant im März (265-299 µmol/l) gegenüber September und November (319-345 µmol/l) ermittelt. Die SOD- Aktivitäten differierten nicht gesichert. GPX und SOD korrelierten im ganzen Jahr gesichert, TEAC und SOD außer im Januar ebenfalls, GPX und TEAC nur im November, März, Mai und Juli. Die Stoffwechselparameter befanden sich im physiologischen Bereich, mit Ausnahme von Harnstoff im November und Juli sowie Pi im Mai. Schlussfolgerungen: Es wird geschlussfolgert, dass das antioxidative System der neugeborenen Kälber zur Geburt noch unreif ist und sich bis zum sechsten Monat p. n. stabilisiert. Die durch den Abbau des fetalen Hämoglobins und die Vormagenentwicklung vermehrt entstehenden ROS tragen zu einer weiteren Aktivitäts- resp. Konzentrationssteigerung der antioxidativen Parameter bis zu einem Maximum im 6. Monat p. n. bei. Danach stellt sich ein Gleichgewicht zwischen Pro- und Antioxidantien ein. Bei Jungrindern konnte ein jahreszeitlicher Einfluss auf die GPX-Aktivitäten und TEAC- Konzentrationen ermittelt werden.

157

Beurteilung der Anfälligkeit von Minischweinen zu diätinduziertem Diabe- tes mellitus Typ 2 und zu metabolischem Syndrom

M. Rozkot1, P. Klein2, Gabriela Kubíčková2, Iva Podhorná2

Jana Matonohová2, P. Daněk1, J. Seifert1

Das Forschungsinstitut für Tierproduktion, v.v.i., Prag (VÚŽV) Abt. für Schweinezucht Kostelec nad Orlici 1 Contipro Pharma, a.s., Dolní Dobrouč2 Tschechische Republik E-Mail: [email protected]

Problemstellung: Diabetes Typ II (DM II) und das metabolische Syndrom (MS) stellen eines der wichtigsten gesundheitlichen Probleme der heutigen menschlichen Population dar. Diese beiden nosologischen Einheiten sind kompliziert und polyfaktoriell.

Ziel: Ähnlich wie bei Menschen sind DM II und MS auch bei Schweinen mit Adipositas, Glukose-Unverträglichkeit, Insulinresistenz und einem hohen Spiegel von plasmatischen Triglyzeriden verbunden. Schweine stellen deshalb ein wertvolles präklinisches Modell dar. Der entscheidende Faktor für die Entstehung einer diätbedingten DM II und MS ist die genetische Prädisposition.

Versuchsanordnung: Im Experiment wurden 21 Minischweine vom Typ Minnesota eingesetzt (Jungsauen und Kastraten), die in 3 Gruppen eingeteilt wurden (experimentell I, experimentell II, Kontrollgruppe). Diät und Fütterungsplan für die Gruppen I und II: KPB (Komplette Mischfutter) 30%, Rinderfett 35%, 35% Saccharose. Erste Gruppe erhielt Futtermittel regelmäßig, zweimal am Tag, die zweite Gruppe wurde zeitweise einmal am Tag zur Simulation eines ungesunden Lebensstils, zugeführt.

Verwendete Tests:

Glukosetoleranztest: Der orale GTT wurde jeden Monat bei allen Tieren durchgeführt, und zwar laut demselben Protokoll wie bei Menschen. Es wurde Blut aus den Ohrengefäßen entnommen und der Glukosespiegel wurde mithilfe eines handelsüblichen Glukometers bestimmt. Fettmessung: Das Rückenfett wurde jeden Monat mit einem Ultraschallgerät gemessen (Sonomark SM100M) Blutuntersuchung: Blut für die Analyse ausgewählter Marker wurde im 2., 5. und 8. Monat

158 des Experiments aus den Ohrengefäßen entnommen.

160

140

Ergebnisse120 :

100

80

60 Group I (regurarly fed live body weight (kg) bodyweight live animals) 40 Group II (irregularly fed animals) 20 Control 0 0 2 4 6 8 10 12 time (months)

12.4.2011 13.7.2011 12.10.2011 Group I Group II Control Group I Group II Control Group I Group II Control Glucose (mmol/l) 2,45 2,08 1,82 2,9 3,16 2,57 2,47 2,34 1,55 GHbA1c (mmol/mol) 4,71 4,57 5,6 1,94 2,06 2,03 9 10,43 8,25 Cholesterol (mmol/l) 2,55 2,16 2,2 4,41 4,32 2 3,03 2,96 2,43 HDL (mmol/l) 0,93 0,82 1,73 2,49 2,32 1,65 1,21 1,16 0,86 LDL (mmol/l) 1,13 0,98 0,77 2,11 1,87 0,7 1,35 1,38 1,19 TAG (mmol/l) 0,74 0,52 0,25 0,57 0,92 0,25 0,47 0,65 0,38 atherogenity index 0,77 0,85 0,25 1,81 1,59 1,83

Diskussion:

Die Fütterung dieses Typs von Minischweinen mit einer diabetogenen Diät führte zu einer morbiden Adipositas, aber nicht zur Entstehung von DM II oder MS. Diese Ergebnisse deuten im Gegensatz zu Publikationen anderer Autoren an, dass zumindest dieser Typ von Minischweinen DM II-resistent ist und nicht auf diese Weise als Modell dieser Erkrankung eingesetzt werden kann.

Literatur beim Autor.

Unterstützt durch Grant TA03011029

159

Untersuchungen zum Einfluss von Arsen auf die Pansenfermentation (in vitro) und Carry over in tierisches Gewebe

O. Steinhöfel1, Jeannette Boguhn2, M. Rodehutscord2

1 Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Köllitsch 2 Universität Hohenheim, Institut für Nutztierwissenschaften

Problemsicht: Die Freisetzung größerer Arsen (As)-Mengen in die Umwelt erfolgt überwiegend durch Erosion aus Abraumhalden oder durch landwirtschaftliche Applikationen (Herbizide, Futterzusatzstoffe). Sie kann regional zu hohen As-Konzentrationen insbesondere in Auenböden führen (DUKER ET AL. 2005). Die As-Belastung der Auenböden der sächsischen Mulde erreicht z.T. Werte, die weit über dem Maßnahmewert der BBodSchV von 50 mg / kg Boden T. liegen (HAßLER UND KLOSE 2006). Eine Akkumulation des As in Futterpflanzen, d.h. in überirdischen Pflanzenteilen, erfolgt jedoch nur in geringem Maße systemisch (HAßLER UND KLOSE 2006). Die Kontamination von Grasprodukten ist überwiegend auf Erdverschmutzungen zurückzuführen. Zudem können weidende Tiere größere Mengen As direkt über die Aufnahme von Erde beim Grasen aufnehmen (FIELD 1964). Bislang besteht jedoch nur eine unzureichende Datenlage hinsichtlich der Ausscheidungen über Kot und Harn bei der Aufnahme von As durch landwirtschaftliche Nutztiere (HANSEN ET AL. 2003) und deren Akkumulation im tierischen Gewebe bzw. in Milch. Erste Untersuchungen weisen darauf hin, dass die mikrobielle Aktivität im Pansen durch As-Verbindungen inhibiert wird (SIERRA-ALVAREZ ET AL. 2004). Ob und in welchem Ausmaß sich diese Beobachtung auf die Verdaulichkeit im gesamten Verdauungstrakt auswirkt, blieb bislang ungeklärt. Hypothese: Eine in Art und Konzentration verschiedene As-Supplementierung wirkt sich nicht auf die Pansenfermentation und Verdaulichkeit der Rohnährstoffe und die Ausscheidung bzw. Akkumulation von As in verschiedenen Geweben bei Schafen aus. Material und Methoden: Die Analysen wurden nach den Vorschriften des VDLUFA Band III und VII durchgeführt. Zur Ermittlung der ruminalen Fermentation wurde die Grasbildung in Abwandlung der von MENKE ET AL. (1979) beschriebenen Methode (Hohenheimer Futter- werttest, VDLUFA-Methode 25.1) genutzt. In einem Versuch wurden die in Tab. 1 definier- ten Grasprodukte mit oder ohne Zusatz einer As-kontaminierten Erde in achtfacher Wiederho- lung inkubiert. Die verwendete Erde stammt aus dem Überschwemmungsgebiet der Mulde im Freistaat Sachsen (analysierter As-Gehalt = 175 mg/kg). Tab. 1: Zusammensetzung der Grasprodukte mit und ohne Zusatz von As-kontaminierter Erde Organische Roh- Roh- Roh- T As Grasprodukt Erde Substanz protein fett faser g/kg mg/kg T g/kg T Grassilage ohne 606 875 117 9,6 351 0,31 mit 586 795 115 10,6 299 17,8 Grünfutter ohne 229 851 136 22,1 291 0,58 mit 269 715 94 12,0 244 23,1 Heu ohne 918 933 154 18,5 298 0,33 mit 901 896 136 15,0 284 4,2 Zur Bestimmung des ruminalen Abbaus der Rohnährstoffe und der mikrobiellen Syntheseleistung bei Zusatz verschiedener As-Verbindungen zu einer Grassilage wurde ein 160 semikontinuierliches Pansensimulations-System genutzt (CZERKAWSKI UND BRECKENRIDGE 1977). Aufbauend auf der Dosis-Wirkungsstudie zur Dynamik der Gasbildung wurde eine Grassilage ohne und mit Zusatz von jeweils 5 oder 20 mg As je kg T in Form von di- Arsentrioxid und di-Natriumhydrogenarsenat geprüft. Die mikrobielle Proteinsynthese wurde über 15N geschätzt und als g mikrobielles Rohprotein je kg abgebaute organische Substanz dargestellt. Zur Quantifizierung der As-Ausscheidungen mit dem Kot und dem Harn sowie zur Ermittlung der Verdaulichkeit der Rohnährstoffe in verschiedenen Grasprodukten mit und ohne Zusatz As-kontaminierter Erde aus dem Überschwemmungsgebiet der Mulde im Freistaat Sachsen wurden standardisierte Verdaulichkeitsbestimmungen nach den Vorgaben des AFBN (1991) durchgeführt. Die zu prüfenden Futtermittel waren identisch mit denen im in vitro Versuch genutzten Chargen (Tab. 1). In einer längerfristig angelegten Studie mit 3 nicht tragenden und 24 tragenden Mutterschafen (Rasse Merino Landschaf) wurde der Transfer von As sowohl in einzelne Organe als auch in tierische Produkte (Fleisch, Milch, Wolle) sowie in den Fötus näher betrachtet werden. Die As-Supplementierung erfolgte durch das Einmischen von di-Arsentrioxid in ein handelsübli- ches Konzentratfutter. Hierbei wurde ein Endgehalt ca. 15 mg As /kg T erreicht. Die Kon- trollgruppe erhielt Konzentratfutter ohne As-Zusatz. Ergebnisse: Die Zugabe von zwei verschiedenen As-Verbindungen oder einer As-haltigen Erde zu Gras und Graskonservaten führte zu keiner Beeinträchtigung der ruminalen Fermen- tation. Sowohl die absolute Höhe der Gasbildung (Tabelle 2) als auch der Abbau der Rohnährstoffe blieb bei der Inkubation mit Pansensaft von der As-Applikation unbeeinflusst. Die Effizienz der mikrobiellen Proteinsynthese und das Aminosäurenmuster des mikrobiellen Proteins unterschieden sich nicht zwischen den Varianten mit und ohne As- Supplementierung. Tab. 2: Gasbildungspotenzial (B), maximale Gasbildungsrate und Zeitpunkt des Erreichens (t Wendepunkt) beim Zusatz einer As-haltigen Erde zu Grasprodukten (n = 8) maximale Futtermittel Erde B t Gasbildungsrate Wendepunkt ml / 200 mg organische Substanz ml/h h ohne 52a 2,1 7,3 Grassilage mit 53a 2,2 7,6 ohne 51a 1,9 7,1 Grünfutter mit 55b 2,1 6,8 ohne 63a 2,4 7 Heu a mit 62 2,5 7,2 a,b kennzeichnen signifikante Unterschiede innerhalb eines Grasproduktes zwischen den Vari- anten ohne und mit Erde (P < 0,025) Die Verdaulichkeit der Rohnährstoffe bei der Fütterung von Grasprodukten an Hammel wurde nicht beeinflusst, wenn anorganisches As in Form von di-Arsentrioxid zugesetzt wurde. Unterschiede in den Verdaulichkeiten einzelner Rohnährstoffe wurden bei der Supplementierung einer As-kontaminierten Erde zu Grasprodukten nachgewiesen. Inwiefern dies ein Effekt des As oder anderer Bodenbestandteile bzw. der Verdünnung der organischen 161

Substanz war, ließ sich anhand dieses Versuchsansatzes nicht klären. Die As-Ausscheidungen mit dem Harn (Tabelle 3) belegen, dass größere As-Mengen in den Blutkreislauf und damit in die tierischen Gewebe gelangen können. Aus dem Versuch mit tragenden und säugenden Mutterschafen geht hervor, dass bei einer As- Supplementierung des Futters größere As-Mengen über das Blut in alle Gewebe transportiert und dort eingelagert werden. Dies gilt für Muttertiere und für Lämmer gleichermaßen. Die im Vergleich zur Kontrolle erhöhten As-Konzentrationen in den Plazenten und dem Blut der neugeborenen Lämmer lassen vermuten, dass ein plazentaler Übertritt von As in den Fötus stattfindet. Die As-Absorption der Lämmer und As-Einlagerung in die Gewebe aus der Milch dürfte demgegenüber gering sein. Tab. 3: As-Aufnahmen und -Ausscheidungen bei der Fütterung von Grasprodukten mit oder ohne eine kontaminierte Erde an Hammel (mg/Tier und Tag) As-Aufnahme As-Ausscheidungen Differenz1 Tier Futter Futterrest Kot Harn 1 0,303 0,009 0,165 0,067 0,062 Grassilage, 2 0,303 0,018 0,178 0,073 0,034 ohne Erde 3 0,303 0,008 0,178 0,084 0,033 4 0,303 0,009 0,169 0,076 0,049 5 14,02 15,18 1,76 1,33 - 4,25 Grassilage, 7 14,02 12,90 1,70 1,22 - 1,80 mit Erde 8 14,02 8,04 2,23 1,37 2,38 1 0,331 - 0,270 0,044 0,017 Grünfutter, 2 0,331 - 0,227 0,038 0,066 ohne Erde 3 0,331 0,173 0,162 0,031 - 0,035 4 0,331 0,045 0,239 0,036 0,011 5 10,52 1,86 5,32 1,52 1,82 Grünfutter, 6 10,52 2,89 5,08 1,13 1,42 mit Erde 7 10,52 6,00 3,26 1,01 0,25 8 10,52 9,35 4,52 0,82 - 4,17 1 0,240 - 0,244 0,111 - 0,115 Heu, 2 0,240 - 0,190 0,092 - 0,042 ohne Erde 3 0,240 0,131 0,160 0,108 - 0,159 4 0,240 0,014 0,188 0,112 - 0,074 5 12,27 8,01 3,90 2,19 - 1,83 Heu, 6 12,27 1,15 8,61 6,11 - 3,60 mit Erde 7 12,27 4,12 6,31 4,33 - 2,49 8 12,27 3,01 7,56 4,81 - 3,11 1 Es handelt sich um eine rein rechnerische Differenz, die wegen Unsicherheiten bei der Erfassung des As- Verzehrs für die Varianten mit Zusatz von Erde nicht als Bilanz interpretiert werden darf.

Literatur: bei den Autoren

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Selenium deficiency in beef and dairy calves

J. Illek

University of Veterinary and Pharmaceutical Sciences Brno, Czech Republic

e-Mail: [email protected] The aim of the study was to monitor the incidence of selenium deficiency in beef and dairy calves in several cattle herds in the Czech Republic. Material and methods In 2012 30 (15 females and 15 males) beef calves of Aberdeen Angus (AA) breed from three farms were repeatedly examined at 10 to 20 days, 90 to 120 days and 160 to 180 days of age. The calves were born from February to May 2012 and were kept at pasture, along with their mothers. During the entire study period the calves suckled from their mothers and up to 90 days of age they received ad libitum a calf starter with 0.3 mg selenium (Se) per kg. Another 30 calves (15 females and 15 males) of two Holstein (H) herds were examined at similar ages. The calves were housed in outdoor individual calf hutches till 8 weeks of age. For the first 5 days of life they received colostrum and then milk replacer till of the 8th week. From 10 days of age the Holstein calves were provided ad libitum a calf starter of the same composition as the one given to the AA calves. After the weaning the calves received total mixed ration that consisted of clover-grass silage, meadow hey and concentrate. All the calves had free access to water. The calves were withdrawn blood samples from the jugular vein and analysed for whole blood selenium levels by the AAS hydride method. The calves were weighed when handled for blood collection. 80ug/L was regarded as a threshold blood selenium concentration value. Results The highest incidence of suboptimal blood selenium values was found in the AA calves between 10 to 20 days of age. All the calves showed blood selenium levels lower than 80 ug/l, with 20% of calves being under 60ug/l. 90 to 120 days old calves had the highest blood selenium levels. However, 20% of those were under 80ug/l. Towards the end of the study period a proportion of calves with marginal Se values reached about 50%. However, blood selenium levels below 60 ug/l were not found. The health status of the calves under study was satisfactory. Some neonatal calves showed short episodes of diarrhoeic syndrome. In older calves no serious health disorders were diagnosed and there were no deaths either. The Holstein calves showed generally higher blood Se levels than the AAs. From 10 to 20 days of age 50% of H calves had lower blood Se levels; from 90 to 120 days the Holsteins showed similar blood Se levels as the AAs. Towards the end of the period under study 20% calves had suboptimal blood Se levels. Average daily weight gain (ADWG) in the AA males and females was 1302 g and 1175 g, respectively. 6 calves (4 females and 2 males) with long-lasting low blood selenium levels had significantly lower ADWG (946 g on average). There were not any significant differences between blood selenium values betwen the herds under study. Pasture quality was high and all the calves got the same calf starter feed. Mean ADWG values were lower in the Holstein calves than in the AA ones (982 g and 912 g in males and females, respectively). The health status was good in all the calves. Some neonatal calves showed scours of dietary origin. Neither respiratory diseases nor deaths were observed.

163

The results of monitoring suggest that in neonatal calves selenium deficiency is most pronounced and the situation improves only upon calf starter intake. Towards the end of the study period when concentrate was not given any more, the AA calves showed a greater reduction in blood Se level than the Holsteins.

Distribution of AA calves according to blood Se values during the rearing period

Blood selenium concentration Age 10-20 days 90-120 days 160-180 days

> 80 ug/l 0 80% 50% < 80 ug/l 80% 20% 50% < 60ug/l 20% 0 0

Distribution of H calves according to blood Se values during the rearing period

Age Blood selenium concentration 10-20 days 90-120 days 160-180 days

> 80 ug/l 50% 80% 90% < 80 ug/l 40% 20% 10% < 60ug/l 10% 0% 0

Conclusion In beef herds both subclinical and clinical selenium deficiencies occur quite often. This study revealed the highest frequency of Se deficiency occurrence in neonatal calves. Suboptimal blood Se levels were diagnosed in all the calves under study from 10 to 20 days of age. The older calves that received the calf starter feed with 0.3 mg Se showed much higher blood selenium levels. However, towards the end of the period under study the calf starter was not given any more, and subsequently blood selenium values dropped. 50 % of calves showed suboptimal blood Se levels, which we regarded as Se deficiency. The Holstein calves showed suboptimal blood Se levels less frequently than the AA ones, even at neonatal ages. The consumption of calf starter feed improved the selenium status of calves. In the end of the study period 90% of calves showed blood selenium levels above 80 ug/l. The study was supported by the institutional research fund of the Faculty of Veterinary Medicine, University of Veterinary and Pharmaceutical Sciences Brno.

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Vitamin B12 im Blut bei Kühen mit gestörtem Energiestoffwechsel

M. Fürll, K. Arndt, D. Goerigk

Medizinische Tierklinik Leipzig, e-mail: [email protected]

Problem: Hochdosierte Vitamin B12- sowie Butafosfan-Applikationen an HF-Kühe in den letzten zwei Wochen ante partum bewirkten signifikante antilipolytische und antiketogene Effekte sowie eine klinische Stabilisierung nach der Kalbung (Fürll et al. 2010). Bei einer Statuserhebung im Blutserum von Hochleistungskühen konnten post partum jedoch keine

Beziehungen zwischen Vitamin B12 sowie metabolischen und klinischen Parametern festgestellt werden (Arndt et al. unveröffentlicht).

Zielstellung: Deshalb wurde an Kühen mit gestörtem Energiestoffwechsel geprüft, ob sich unter diesen Bedingungen Beziehungen zwischen Vitamin B12 sowie metabolischen Parametern im Blutserum nachweisen lassen. Als Probanden wurden Kühe mit linksseitiger Dislocatio abomasi (DA) ausgewählt, bei denen die Energiestoffwechselstörung für die Ätiologie und Pathogenese typisch ist.

Versuchsanordnung: Folgende 106 HF-Kühe mit DA sowie Zusatzerkrankungen aus dem Patientengut der Medizinischen Tierklinik, Leipzig, wurden analysiert: 33 x DA geheilt, 25 x DA und EM (Endometritis) geheilt, 21 x DA und EM mit Exitus letalis sowie 27 x DA und Mastitis geheilt. Bei diesen Kühen wurden neben Vitamin B12 und Cobalt folgende Parameter bestimmt: Protein, Albumin, AP, AST, BHB, Bilirubin, Ca, Cholesterol, CK, Cl, Creatinin, FFS, GGT, GLDH, Glucose, Harnstoff, K, LDH, Mg, Na und Pi im Blutserum, in der Leber Gesamtlipide sowie im Blut das Hämogramm. Verglichen wurden diese Daten mit den Befunden von 115 gesunden HF-Kühen eine und vier Wochen post partum.

Ergebnisse: Die Vitamin-B12-Konzentrationen waren bei den gesunden Kühen (171, 138, 209 ng/l; 2.-, 1., 3. Quartil) signifikant niedriger als bei den geheilten Kühen mit DA (386, 314, 499), mit DA und EM (401, 350, 788) sowie DA mit Mastitis (600, 400, 879) bzw. bei gestorbenen Kühen mit DA und schwerer EM (489, 423, 588) Abbildung). Es bestand eine Beziehung zwischen Schweregrad der Erkrankung sowie der Konzentrationssteigerung. Während bei den gesunden Kühen die untersuchten Parameter im Referenzbereich lagen, waren bei den kranken Kühen die Konzentrationen bzw. Aktivitäten der FFS, des Bilirubins, der Glucose, des Proteins, der AST, GLDH und CK signifikant erhöht sowie der Parameter Cholesterol, Albumin, Pi und K erniedrigt. Die Gesamtlipid-Konzentration war gesteigert (204 -, 99 -, 317 g/kg Frischgewicht).

165

Vitamin B12 (ng/l) in healthy cco ow w s aand nd cow s w ith abomasabomasa al l displacement (DA)(D A) Vitamin-B12 (ng/l) bei SB-Kühen im Bestand und bei Klinikpatienten and differentdifferent disdisea ease ses s 1000

900

800

700

600

500

400

300

200

100

0 healthy"Arndt" 3+28cows d LMVD obBA DA + LMV+EMEndometritis DA LMV+Ma + Mastitis LMV-PathoD A 3 + 28p.p. d pppp – cured - cured - cured - exitus letalis

n 230 21 21 16 21

Die Vitamin-B12-Konzentration korrelierte signifikant (p<0.001) mit den Aktivitäten der GGT (0.657), GLDH (0.538), AST (0.574) und der LDH (0.0.357); außerdem mit den Konzentrationen von Ca (0.514) und Bilirubin (0.491). Zu den Parametern des Energiestoffwechsels FFS (-0.067), BHB (0,033) und Glucose (0.035) bestanden dagegen keine gesicherten Korrelationen. Die Beziehung zu den Gesamtlipiden in der Leber war mit 0.321 schwach. Auch mit der Erythrozytenzahl (0.009), dem Hämatokrit (0.160) und dem Hämoglobin (0.192) korrelierte die Vitamin-B12-Konzentration des Blutserums nicht.

Tabelle: Korrelationen zwischen Vitamin B12 und verschiedenen Blutparameters (p<0.05)

GGT GLDH AST Ca Bilirubin Creatinin LDH MCH Leber- Mg MCV fett 0,657 0,583 0,574 0,514 0,491 0,462 0,357 0,356 0,321 0,320 0,290

Schlussfolgerungen: Die Vitamin-B12-Konzentration im Blutserum hat in Energiemangel- situationen weder Beziehungen zum aktuellen Energiestoffwechselstatus (FFS, BHB, Cholesterol), noch zum Erythrogramm (Erythrozytenzahl, Hämatokrit, Hämoglobin). Dagegen korreliert Vitamin–B12 unter diesen Bedingungen besonders eng mit der Ausschei- dungsfunktion der Leber (GGT, GLDH, Bilirubin, AST). Die beruht offensichtlich auf der eingeschränkten biliären Ausscheidung von Vitamin-B12, die unter physiologischen Bedin- gungen ca. 20% beträgt. 166

Peripartaler Stoffwechsel- und Gesundheitsstatus sowie Fruchtbarkeit bei differenzierten Milchleistungen von SB-Kühen

F. Heckel, G. Hädrich, L. Jäkel*, M. Fürll

Medizinische Tierklinik Leipzig, *Tierarztpraxis Arnstadt

e-Mail: [email protected]

1. Einleitung: Die Tiergesundheitssituation hat sich bei Milchkühen in den letzten Jahren weltweit negativ entwickelt. Wichtigster Ausdruck dafür ist die auf ca. 2,4 Jahre verkürzte Nutzungsdauer. Deshalb sind für zielgerichtete Prophylaxemaßnahmen Informationen notwendig, die im Herdenmaßstab negativ auf Leistung und Gesundheit der Kühe einwirken. 2. Zielstellung: Ziel der Untersuchungen war es, im Rahmen einer retrograden Bestandsanalyse durch verschiedene Auswertungsansätze mögliche Haupteinflüsse auf die Tiergesundheit, die Milch- sowie Fruchtbarkeitsleistung der Kühe einer Milchviehanlage zu beschreiben. Es sollte näher beleuchtet werden, ob hochleistende Tiere stärker stoffwechsel- belastet sind. Gesundheitsstatus, Parität und Milchleistung wurden in Beziehung zu Stoff- wechsel-, Fruchtbarkeits-, Milchleistungsparametern und der Körperkondition gesetzt. 3. Material und Methoden: Die Untersuchungen fanden im während eines Jahres in einer 1930er Milchviehanlage statt. Untersucht wurden 989 SB-Tiere, die sich auf 268 Färsen und 721 Kühe aufteilten. Bei allen Tieren wurde mit dem Trockenstellen am 56./28./10. Tag ante partum (d ap), am 3./28./56. und 120. d post partum (pp) die Rückenfettdicke (RFD) mittels Ultraschall gemessen. Parallel dazu wurden am 28. und 10. d ap sowie am 3. und 28. d pp Blutproben (V. coccygica) entnommen und die Parameter freie Fettsäuren (FFS), Betahy- droxybutyrat (BHB), Bilirubin, Cholesterol, Kreatinkinase (CK), Harnstoff, Ca, Pi, Insulin und IGF-1 bestimmt. Des Weiteren wurden für jedes Tier die Morbidität, die Fruchtbarkeits- parameter Rastzeit (RZ), Verzögerungszeit (VZ), Besamungsindex (BI), Zwischentragezeit (ZTZ) und Zwischenkalbezeit (ZKZ) sowie die Milchparameter 305-d-Milchkg, 305-d-Fett%, 305-d-Eiweiß% und 305-d-Fett-Eiweiß-Quotient (FEQ) dokumentiert. 4. Ergebnisse und Diskussion: Färsen hatten geburtsnah eine niedrigere RFD als Kühe (p<0,05). Gegenüber Kühen zeigten Färsen 4 und 2 Wochen ap gesteigerte FFS-Konzentra- tionen und CK-Aktivitäten sowie erniedrigte BHB-, Harnstoff- und Cholesterolkonzen- trationen (p<0,05). Bei Gegenüberstellung klinisch gesunder Kühe und Färsen fielen bei Fär- sen ap höhere CK-Aktivitäten, höhere IGF-1- sowie niedrigere Cholesterolkonzentrationen auf. Pp konzentrieren sich die Abweichungen bei den Färsen auf niedrigere FFS-, BHB-, Harnstoff und Cholesterolkonzentrationen. Färsen hatten gegenüber Kühen niedrigere Milchleistungs- (Menge, Eiweiß, Fett), aber günstigere Fruchtbarkeitsdaten (BI, ZTZ, ZKZ). Bei pp kranken Kühen dominierten gegenüber gesunden bereits ap höhere BHB- sowie Pi- und IGF-1-Konzentrationen. Kranke Kühe hatten durchweg schlechtere Fruchtbarkeitslei-

167 stungen als gesunde. Pp kranke Färsen hatten bereits ap gegenüber kranken Kühen höhere FFS-Konzentrationen sowie niedrigere BHB-, Harnstoff- und Cholesterolkonzentrationen. Mit Ausnahme der FFS-Konzentrationen hielten die Veränderungen pp an. Abweichungen traten generell bei den FFS und BHB am 3. d und am 28. d pp sowie bei Cholesterol, Ca, IGF-1 sowie der RFD 3. d pp auf. Der Gesundheitsstatus, d.h., die Differenzierung „gesund“ : „krank“, zeigte den stärksten Einfluss auf die klinisch-chemischen Parameter. Kühe und Färsen im mittleren Milchleistungsbereich von 7 bis 10 Tausend (T) kg Milch/Jahr hatten die günstigsten Stoffwechselparameter und wiesen gegenüber den niedrigen (< 6 T kg Milch/Jahr) und hohen Leistungsgruppen (LG) (> 10 T kg Milch/ Jahr) eine geringere Morbidität auf. Von den verschiedenen Stoffwechselparametern zeigten in Bezug zur Jahres- milchleistung nur FFS und BHB gesicherte Differenzen. Gesteigerte FFS-Konzentrationen wurden bei allen Kühen pp festgestellt, - ap waren sie nur bei Kühen der LG 7,1-8 T kg be- reits 4 Wochen ap zu verzeichnen, - 2 Wochen ap bei allen Leistungsebenen. Mittlere LG wiesen pp gegenüber niedrigeren und hohen LG günstig geringere FFS-Konzentrationen auf. Gesteigerte BHB-Konzentrationen traten bei Kühen aller LG am 28. d pp auf und zeigten eine energetische Unterversorgung an. Kühe niedriger und hoher LG wiesen gegenüber mittleren LG höhere FFS- und BHB-Konzentrationen auf (p<0,05). Bei getrennter Betrachtung gesun- der und kranker Tiere gab es keine leistungsabhängigen Unterschiede bei den Stoffwechsel- parametern. Mit steigender Milchleistung kam es pp zu einer ausgeprägteren Abnahme der RFD, die bei den hochleistenden Gruppen auch länger andauerte. Dabei sank die RFD zum Konditionstief- punkt auf < 10 mm, was negative Folgen für Fruchtbarkeit und Milchleistung hat. Stoffwechselunterschiede zwischen Kühen und Färsen waren oft vorhanden und setzten sich auch bei gesunden und kranken Tieren sowie bei der leistungsabhängigen Analyse durch. Die besonderen Bedürfnisse von Kühen bzw. Färsen im Rahmen des Herdenmanagements werden damit unterstrichen. Die Fruchtbarkeitsparameter folgten nicht den für die Stoffwechselparameter gefundenen Kurvenverläufen. Unabhängig, ob Kuh oder Färse, gesund oder krank, gab es lineare Zusammenhänge zur Milchleistung. Mit steigender Milchleistung verschlechterten sich unter den gegebenen Bedingungen die Fruchtbarkeitsparameter. Bei den Kühen waren die Kenn- zahlen RZ, ZTZ und BI ab der Leistungsebene 8,1-9 T kg erhöht bzw. verlängert (p<0,05). 6. Schlussfolgerungen: Die Untersuchungen zeigen nachfolgende Schwerpunkte für die Ge- sundheitsstabilisierung: Kühe hoher und niedriger Leistungsbereiche haben die höchste Mor- bidität. Sie steht bei Färsen vor allem in Beziehung zum Entwicklungszustand, zu Geburts- belastungen sowie zu Mastitiden. Bei Altkühen kommen neben Mastitiden, Puerperal- und Klauenkrankheiten auch Infektionskrankheiten (z.B. Para-Tuberkulose) als Selektions- ursachen hinzu. Höhere Milchleistungen sind von stärkerem und längerem Körpermasse- verlust begleitet. Dementsprechend verschlechtern sich auch mit höherer Milchleistung die Fruchtbarkeitsparameter. 168

Bedeutung der „Akute-Phasen-Reaktion“ (Haptoglobin) für frucht- barkeitsrelevante Funktionen

B. Fürll1, G. Hädrich, F. Heckel, M. Fürll

1Veterinär-Physiologisches Institut, Medizinische Tierklinik, Leipzig, e-Mail: [email protected] 1. Problemstellung: Die Fruchtbarkeit der Milchkühe hat sich in den letzten Jahren erheblich verschlechtert. So beträgt die Nutzungsdauer von Milchkühen z.Z. 2,2 Laktationen. Deshalb besitzt deren Ursachenaufklärung eine zentrale Bedeutung. Den späteren Konzeptionsproblemen gehen idR. bereits Störungen bei der Kalbung sowie im Puerperium voraus. Ihre Früherkennung sowie pathophysiologische Charakteristik ist Voraussetzung für eine gezielte Prophylaxe. Die Akute-Phasen-Reaktion (APR) kann in diesen Prozess eingebunden sein. Sie ist wie folgt charakterisiert: • Infektionen, Verletzungen → Störung der Homöostase (lokal, systemisch) • proentzündliche Zytokine aktivieren Gefäßsystem, Entzündungszellen → Mediatoren • Aktivierung der HHN-Achse → ↓der STH – Sekretion • → Fieber, Anorexie, neg. N-Balance, Muskel-Katabolismus • → ↓ Cholesterol, ↓ Ca, Cu, Fe, Zn, Leukozytenzahl, ACTH, GCS im Blut • Leber-Proteinprofils: → positive APP:CRP, Hp, SAA; → negative APP: TTS, Albumin, Transferrin Das Haupt-Akute-Phase-Protein (APP) bei Rindern ist das Haptoglobin (Hp). Haptoglobin hat folgende Eigenschaften: • Hämolysemarker (bindet irreversibel freies Hb) • 2 Glykoprotein hauptsächlich aus Hepatozyten • Hp-Hb-Komplexe Aufnahme von Monozyten und Makrophagen • freies Hp hat HWZ von ~ 5 Tagen, • HWZ von Hp-Hb-Komplexen = min. 2. Fragestellung:

- Gibt es Beziehungen zwischen Hp-Verhalten peripartal und “fruchtbarkeitsrelevanten Funktionen”?

- Besitzt Hp frühdiagnostische Informationswert für spätere Fruchtbarkeitsstörungen?

- Gibt Hp Hinweise auf die verstärkte Wirkung von Zytokinen ante partum?

169

3. Versuchsanordnung: 969 SB-Kühe sowie Färsen wurden während eines Jahres peripartal klinisch sowie klinisch-chemisch kontrolliert (Schema). Aus den verschiedenen fruchtbar- keitsrelevanten Krankheiten bzw. Störungen wurden Proben selektiert und retrograd analy- siert: Kontrollen Partus

-28 -10 3 28 d p. p. Hp wurde mit dem Test-Set der Fa. Tridelta, Dublin, analysiert. 4. Ergebnisse: Die statistischen Maßzahlen der einzelnen Gruppen gibt Tab 1 wider (Tab. 1). Tab. 1: Haptoglobin (g/l) im Blutserum bei gesunden und Kühen mit postpartalen Krankhei- ten bzw. Zwillingsträchtigkeit 4 Wochen ante bis 4 Wochen post partum (2., 1.-3. Quartil) n -2 8 - 10 3 28 d p.p. 0 gesunde Kühe 38 0,08 0,201 0,74 0,08 0,07-0,08 0,07-0,49 0,43-0,98 0,07-0,09 5 Endometritis/Lochiometra 6 0,08 0,33 1,52 0,06 0,07-0,08 0,07-0,78 1,39-2,31 0,06-0,07 6 Retentio secundinarum 24 0,08 0,09 1,51 0,07 0,07-0,08 0,07-0,32 1,39-1,94 0,06-0,08 7 Ovarzysten 19 0,08 0,11 1,22 0,07 0,06-0,08 0,07-0,28 0,68-1,65 0,07-0,08 8 Totgeburt 13 0,07 0,09 1,45 0,07 0,07-0,09 0,08-0,40 1,07-2,04 0,06-0,09 9 Schwergeburt 4 0,1 0,28 0,92 0,08 0,08-0,38 0,25-0,51 0,72-1,91 0,07-0,69 10 Frühgeburt 7 0,08 0,82 1,85 0,07 0,07-0,08 0,64-0,99 1,72-2,08 0,07-0,08 11 Zwillingsträchtigkeit 14 0,08 0,40 1,86 0,06 0,08-0,10 0,13-0,67 1,55-2,20 0,06-0,07

Hp-Konzentrationsteigerungen beginnen ca. ein bis zwei Wochen a.p., sind aber bei Kontrollen 4 Wochen p.p. wieder abgeklungen. Die Zeitdauer gibt nach früheren Untersuchungen die Dauer des gestörten Puerperiums wider. Die Informationen der FFS sind sensibler und länger anhaltend, Hp weist aber auf spezifische Störungen des Energiestoffwechsels durch Zytokine hin, die potentiell aus dem Fettgewebe kommen können. 5. Zusammenfassung: Hp-Konzentrationen steigen ca. 10 d a.p. bei späteren Endometritiden, Früh- und Zwillingsgeburten (p<0,05). Hp-Konzentrationen sind bei Geburts- und Puerperalstörungen 3 p.p. gesteigert (p<0,05). Hp korreliert bes. mit FFS, bleibt aber nicht so nachhaltig verändert. Potentiell kommen für die Hp-Stimulierung Zytokine aus dem Fettgewebe in Frage.

170

Antioxidative capacity, haptoglobin and TNFα in the mammary gland lymph and the blood from cows with acute mastitis

J. Hagen, M. Fürll

Medizinische Tierklinik Leipzig,

e-Mail: [email protected]

Objective: High producing dairy cattle show a considerable increase in metabolic demands resulting in augmented oxygen requirements and generation of reactive oxygen species (ROS). A higher ROS production can increase the susceptibility of dairy cattle to diseases such as mastitis. Inflammation of the udder results in the release of proinflammatory cytokines, such as TNFα. Another parameter of the acute inflammation is Haptoglobin, one of the most important sensitive acute phase proteins, which shows a marked increase in the blood caused by a bacterial infection of the mammary gland.

The aim of this study was to investigate the antioxidant metabolism of dairy cows with mastitis in comparison to healthy animals. For this purpose blood serum which shows the systemic situation, and mammary gland lymph which reflects the metabolic activity of the udder tissue were examined. Furthermore was checked whether mammary gland lymph or blood serum is a more accurate indicator of organe specific failure in the udder during an acute clinical mastitis.

Methods: Investigations were done using cows of the breed German Black Pied Cattle. Subsequently, blood and mammary gland lymph were collected from cows with mastitis (n=66) and healthy animals (n=67). The lymph was extracted by puncture of the periphery (subcutaneous) afferent lymph vessels of the mammary gland. The measurement of TEAC (Trolox equivalent antioxidant capacity) in the blood serum and the mammary gland lymph was carried out using a spectral photometric method. The detection of ACW (Antioxidant Capacity of Water-soluble components) and ACL (Antioxidant Capacity of Lipid-soluble components) was based on a chemiluminescent detection. TNFα concentration was determined using an ELISA-Test. Haptoglobin measurements were based on the persistence of peroxidase activity of haemoglobin.

Results: The antioxidant capacity in the blood serum was significantly lower in cows with an acute mastitis in comparison to the healthy animals. In contrast, in the lymph of affected cows

171 the concentrations of TEAC and ACL were higher than in healthy animals. However, ACW was lower in the lymph of cows with mastitis. In one-third of the cows, TNFα was under the detection limit. In the specimen this cytokine was measured in the blood serum of affected as well as healthy subjects. Haptoglobin showed a significantly increase in the serum and the lymph from cows with mastitis.

Increase of TEAC and ACL in the lymph of the cows with mastitis are due to an initial adaptation to the acute mastitis. In its course endogen stored antioxidants are mobilised and discharged to the interstitium, where they are adsorbed by the lymph. TEAC, ACL and ACW act time-delayed. The validity of data on TNFα is to challenge. Haptoglobin antagonises the effects of proinflammatory mediators. As the defence of an infection is connected with injury of tissue a precise regulation of the inflammatory response is necessary.

Conclusion: Decreased concentrations of antioxidants in the serum increase the risk of mastitis. In the acute phase of mastitis the mammary gland reacts with an adaptive modification of the antioxidant defence and an increased mobilisation and release of antioxidants in the surrounding tissue. The mammary gland lymph reflects the metabolic activity of the udder tissue and is suitable to show the antioxidant status of the organ. The increase of the haptoglobin concentration in the mammary gland lymph in cows with mastitis goes together with an increase in blood serum. TNFα concentration is neither in the blood serum nor the mammary gland lymph a sensitive indicator of mastitis.

172

Retinol-Bindungs-Protein4 (RBP4) und Dislocatio abomasi (DA)

M. Fürll, J. Raila*, L. Locher, B. Fürll

Medizinischen Tierklinik Leipzig, *Institut für Ernährungswissenschaften der Universität Potsdam; E-Mail: [email protected]

1. Einleitung: Die links- (lDA) sowie rechtsseitigen (rDA) DA haben verschiedene Ursachen. Die lDA ist die Folge von Energiestoffwechselstörungen in der Trockenstehperiode, die post partum (p.p.) potenziert werden. Die Körperkondition (BCS) bzw. die Rückenfettdicke zeigen das nicht immer an. Ziel dieser Untersuchungen war es deshalb zu prüfen, ob es Hinweise gibt, dass eine ungleichmäßige Verteilung von peripherem und visceralem Fett ante (a.p.) und p.p. bei Kühen mit lDA peripartal besteht.

2. Material und Methoden: In einer Milchrindfarm wurden 969 Kühe und Färsen 4 Wochen (W a.p.) 1-2 W a.p., 3 Tage (d) p.p. sowie 4-5 W p.p. klinisch inkl. Rückenfettdickenmessung (RFD) sowie labordiagnostisch untersucht. Daraus wurden 44 gesunde Kühe sowie 11 Kühe mit lDA retrograd selektiert und umfassend biochemisch (Hitachi 912) analysiert. RBP4 wurde mittels Western-Blot nach Trennung in 12% SDS-PAGE bestimmt.

3. Ergebnisse: Die wichtigsten Resultate des Energiestoffwechsels zeigen Tab. 1 sowie Abb. 1.

Tab. 1. RFD sowie Bilirubin- und BHB- (ß-0H-Butyrat) Konzentrationen bei gesunden Kühen und Kühen mit Dislocatio abomasi (2.-, 1.- und 3. Quartile)

4 W a.p. 1-2 W a.p. 3 d p.p. 4-5 W p.p. RFD gesund 20-18-25 21-19-27 21-19-26 12-10-17 mm lDA 20-17-26 20-18-26 19-17-27 11-10-15 Bilirubin gesund 1.8-1.2-2.4 1.6-1.2-3.0 5.3-3.9-7.6 3.7-2.6-5.0 µmol/l lDA 1.3-1.3-1.7 1.9-1.4-3.2 12.4-5.6-13.9 4.7-3.8-7.4 BHB gesund 0.51-0.43-0.61 0.46-0.37-0.57 0.84-0.66-0.97 0.72-0.61-0.97 mmol/l lDA 0.51-0.49-0.64 0.49-0.42-0.59 1.02-0.79-2.05 0.69-0.49-0.89

173

FFA (µmol/l) RBP4 (mg/l) 1800 25 1600 * healthy 1400 heallthy 20 * abomasal 1200 abomasal displacement 1000 displacement 15 800 10 600 400 5 200 0 0 1-2 W a.p. 3 d p.p. 4 W p.p. 1-2 W. a.p. 3 s p.p. 4 W. p.p.

Abb. 1. Peripartale FFA- und RBP4-Konzentrationen bei gesunden Kühen und Kühen mit Dislocatio abomasi (Quartile); * = p< 0,05 bei zeitgleichen Proben

Die RFD zeigt peripartal zwischen beiden Gruppen keine signifikanten Differenzen (Tab.1). Die FFA- (freie Fettsäuren), die Bilirubin- und die BHB-Konzentrationen sind 3 d p.p. in der lDA-Gruppe signifikant gesteigert und zeigen die Störungen des Energiestoffwechsels mit gesteigerter Lipolyse in Übereinstimmung mit zahlreichen Literaturangaben an. Entsprechende Veränderungen bereits a.p. lassen sich in der Regel statistisch nicht sichern. Dagegen ist die RBP4-(Retinol-Bindungs-Protein) Konzentration a.p. signifikant erhöht (Abb. 1).

Da es Untersuchungen gibt, dass auch beim Rind RBP4 die Menge viszeralen Fetts reflektiert, weisen die Ergebnisse darauf hin, dass die Kühe mit lDA p.p. vor der Kalbung signifikant mehr das stoffwechselaktivere viszerale Fett eingelagert haben. Da das viszerale Fett u.a. auch Zytokine produziert, kann dadurch die Motilität des Abomasum beeinflusst und somit die Entstehung der lDA begünstigt werden.

4. Schlussfolgerungen: Der lDA gehen Störungen des Energiestoffwechsels voraus. Diese Disposition lässt sich a.p. anhand der RFD nicht gesichert erkennen. RBP4 als Indikator für stoffwechselaktives viszerales Fett ist a.p. bei Kühen mit späterer lDA im Blutserum signifikant gesteigert und zeigt, dass Kühe mit lDA p.p. signifikant mehr viszerales Fett a.p. einlagern als gesunde Kühe. Dies bedeutet eine Prädisposition, um an einer lDA p.p. zu erkranken.

174

Vergleichende Aspekte der mRNA-Expression im bovinen Fettgewebe

unterschiedlicher Lokalisationen

1L. Zapfe, 1L. Locher, 2N. Klöting, 2M. Kern, 2M. Blüher, 1M. Fürll

Medizinischen Tierklinik1 Leipzig, Medizinischen Klinik III2 der Universität Leipzig

E-Mail: [email protected]

1. Einleitung: Die Fettmobilisation und die damit verbundenen Folgekrankheiten stellen ein großes Problem in der Rindermedizin dar. In der Forschung wird das Fettgewebe zunehmend nicht mehr als bloßer Energiespeicher gesehen, sondern es zeigt sich, dass es auch als endokrines und stoffwechselaktives Organ verstanden werden muss, aus dem Hormone und Mediatoren freigesetzt werden, die den Gesamtorganismus beeinflussen. Untersuchungen an Mäusen und Menschen haben gezeigt, dass das Fettgewebe in Abhängigkeit von seiner Lokalisation im Körper unterschiedlich auf metabolische und hormonelle Stimuli reagiert. Beispielhaft hierfür sind insbesondere eine geringere Insulinsensitivität und eine höhere Katecholaminsensitivität der viszeralen Fettdepots im Vergleich zu subkutanen Fetteinlagerungen. Es gibt Hinweise, dass auch für Rinder ähnliche Differenzen angenommen werden können. Um die Eigenschaften des bovinen Fettgewebes und seine Rolle im Energiestoffwechsel besser charakterisieren zu können, war es Ziel der vorliegenden Untersuchungen, die mRNA Expression ausgewählter Gene im bovinen Fettgewebe an verschiedenen Lokalisationen zu messen. 2. Material und Methoden: Die Probenentnahme erfolgte an 12 Schlachtkühen, die aus nicht stoffwechselbedingten Gründen (z.B. Schwermelkbarkeit) geschlachtet wurden, direkt (innerhalb von 30 min) nach der Tötung. Es wurde aus dem großen Netz, der Nierenkapsel, der Inguinalregion (retroperitoneales Fett), dem Hüftbereich (subkutanes Fett) und an der Herzbasis Fettgewebe entnommen. Dies wurde an Ort und Stelle in flüssigem Stickstoff schockgefroren, auf Trockeneis transportiert und bis zur Untersuchung bei -70° gelagert. Die mRNA-Expression der hormonsensitiven Lipase (HSL), der Lipoproteinlipase (LPL), von Adiponektin, Leptin und Tumornekrosefaktor α (TNF α), dem Fettsäurebindungsprotein (FABP), der Fettsäuresynthase (FASN) und dem Gucosetransporter (GLUT) 4 wurde mit einer quantitativen RT-PCR gemessen. Die Angabe der Ergebnisse erfolgt als relative Expression im Vergleich zum house keeping gene 18S. Zur statistischen Auswertung fanden der FRIEDMANN Test und die Berechnung des Korrelationskoeffizienten nach SPEARMAN Anwendung.

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3. Ergebnisse: Allgemein betrachtet lag das Niveau der mRNA-Expression der untersuchten Gene im retroperitonealen, perirenalen und pericardialen Fett höher als im subkutanen oder omentalen Fett. Die höchsten HSL-mRNA-Konzentrationen konnten jedoch im omentalen Fett gemessen werden. Im perirenalen Fett war die LPL-mRNA am höchsten. Die höchsten Adiponektin-mRNA-Konzentrationen wies das pericardiale Fett auf. Die TNF α-mRNA- Konzentrationen waren im viszeralen Fett höher, insbesondere im perirenalen und pericardialen, im Vergleich zum subkutanen Fett. Im Gegensatz hierzu war die Leptin-mRNA im retroperitonealen Fett am höchsten und im Vergleich zu den subkutanen mRNA-Werten signifikant erhöht (Abbildung1). FASN und FABP mRNA wurde am stärksten im perirenalen Fett exprimiert, während sie im subkutanen Fett nur wenig nachgewiesen werden konnte. Die GLUT 4 Expression war ebenfalls im perirenalen Fett am höchsten. Diese Unterscheide waren jedoch nicht signifikant.

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8 p < 0,05

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2 0 subkutan perirenal retroperitoneal

Leptin/18S mRNA Expression omental pericardial

Lokalisation

Abbildung 2: Relative Leptin mRNA Expression (bezogen auf 18s RNA) im Fettgewebe von weiblichen Schlachtrindern (n=12) von fünf verschiedenen Lokalisationen 4. Schlussfolgerungen: Die mRNA-Expression der untersuchten Gene, die in den Fettstoffwechsel involviert sind, ist auch beim Rind in den verschiedenen Fettgeweben unterschiedlich. Perirenales, pericardiales und retroperitoneales Fett weist bei gesunden Kühen diesbezüglich eine höhere mRNA-Expression auf, während im Vergleich hierzu das omentale und subkutane Fett relativ inert erscheint. Dies deutet darauf hin, dass die Stoffwechselaktivität des Fettgewebes in Abhängigkeit von den umgebenen Organen (hier Herz und Niere) höher oder niedriger ist. Weitere Untersuchungen sind nötig um zu untersuchen, wie sich dieses Expressionsmuster bei Tieren verändert, die an Stoffwechselkrankheiten wie dem Fettmobilisationssyndrom, Hyperketonämie, Insulinresistenz oder entzündlichen Veränderungen leiden.

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Wirkung eines tanninhaltigen Silierzusatzes auf die Nährstoffverdaulich- keit und den Energiegehalt von Weidelgras- und Luzernesilagen

H. Kluth1, H., Simone Roscher2, O. Steinhöfel2, Annette. Zeyner1

1Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Professur für Tierernährung, Halle 2Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Köllitsch E-Mail: [email protected]

Problemsicht: Tannine als sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe können mikrobiellen Abbauprozessen von Futterrohprotein entgegenwirken, was im Siliergut und Pansen erwünscht, im Dünndarm dagegen unerwünscht ist. Methode: Ziel des Versuches war es, Effekte eines tanninhaltigen Silierzusatzes auf Nährstoffverdaulichkeit und Energiegehalt einer Weidelgras- (WS) und Luzernesilage (LS) zu untersuchen. Das gehäckselte Ausgangsmaterial (WS 1. Aufwuchs im Ährenschieben; LS 3. Aufwuchs zu Beginn der Knospe), pro Silage eine Kontroll- (-) sowie Versuchsvariante (+), wurde in 30 l-Plastefässern über 120 Tage einsiliert. Mimosaextrakt wurde mit 30 g/kg Trockenmasse dosiert. Nach Öffnung der Fässer wurde die Verdaulichkeit (VQ) nach (Schiemann, 1981) bestimmt. Außer für XA lagen die Rohnährstoffgehalte in beiden Silagen in einem hierfür typischen Bereich. Tabelle Verdaulichkeit (in %; MW ± STABW; n = 4) und Energiedichte1 (MJ/kg TM) org. Roh- Rohfett Rohfaser NFE NDF ADF ME1 NEL1 Substanz protein org org Weidelgrassilage a a a a a a - 80 2 79 1,9 64 2,1 84 2,2 80 2 82 2,1 83 1,8 11,0 0,3 6,7 0,2 b b b b b b + 74 1,8 71 2 63 4,3 81 2,6 72 2,1 80 2,4 78 2,5 10,2 0,3 6,1 0,2 Luzernesilage - 63 1,3 72a 3 21a 1,6 49 2,8 73 2,1 44a 2 47 1,3 7,7 0,2 4,4 0,1 + 62 1,5 64b 0,7 48b 2,7 51 2,3 71 2,3 50b 2,4 46 1,4 7,8 0,2 4,5 0,1 a, b kennzeichnen signifikante Unterschiede (Tukey-Test, p<0,05) 1 berechnet nach GfE (2001)

Ergebnis: In der LS führte der Zusatz lediglich zu einer signifikant verbesserten VQ von XL und NDForg (p<0.05). Im Gegensatz dazu nahm in der WS die VQ der OS ab, was gleichzeitig den Energiegehalt signifikant verringerte (p<0,05). In beiden Silagen war die VQ des XP durch den Zusatz von Mimosaextrakt um 8 %-Punkte reduziert (p<0,05). Literatur: beim Autor 177

Untersuchungen zur korrelativen Beziehung der γ-Aminobuttersäure

in Grassilagen zu ausgewählten N-haltigen Fraktionen

Annette Zeyner1, C. Kuhnitzsch1, W. Richardt2, O. Steinhöfel3

1Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Professur für Tierernährung, Halle (Saale) 2Landwirtschaftliche Kommunikations- und Servicegesellschaft mbH, Lichtenwalde 3Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Köllitsch E-Mail: [email protected]

Problemsicht: Die γ-Aminobuttersäure (GABA) entsteht in Silagen als Produkt der Decaboxylie- rung von Glutamin-säure durch insbesondere desmolytisch aktive Clostridien. Dies hängt im We- sentlichen davon ab inwieweit die unerwünschten proteolytischen und desmolytischen Prozesse während der Silierung durch gute fachliche Praxis unterbunden werden können. Obwohl GABA als wichtigster inhibitorische Neurotransmitter im Zentralnerven-system gilt sind Resorption und Wir- kung im Tier nach Aufnahme höherer Mengen aus z. B. Silagen bisher unzureichend untersucht, werden aber kritisch reflektiert. Um ggf. Restriktionen für Silagen mit erhöhten GABA-Gehalten formulieren zu können ist eine kosten- und zeiteffiziente Routineanalytik erforderlich, welche aktu- ell jedoch nicht zur Verfügung steht. Korrelate zu weiteren N-haltigen Fraktionen könnten diesbe- züglich hilfreich sein. So verweist THEERMANN (2011) z. B. auf eine negative Beziehung zum Rein- eiweißgehalt, welcher Analyt jedoch ebenfalls nur selten in etablierten Routinespektren zu finden ist. Gärbiologisch basierte Prozesse des N-Umsatzes in Silagen legen belastbare Beziehungen zwi- schen GABA und noch weiteren N-haltigen Fraktionen nahe, wozu aktuell in der Praxis untersuchte Parameter wie Ammoniak oder in unterschiedlichem Maße lösliche Proteinfraktionen (SHANNAK et. al., 2000) gehören. Hypothese und Aufgabenstellung: Ziel dieser Untersuchung war es auf der Grundlage von Analy- senergebnissen zum Gehalt an N-haltigen Fraktionen in einer größeren Anzahl Grassilagen signifi- kante korrelative Beziehungen zwischen dem Gehalt an GABA und anderen, eher der Routineana- lytik entstammenden, N-haltigen Analyten zu identifizieren und Letztere ggf. als prädiktive Größen für praktische Belange zu empfehlen. Methode: Die Untersuchungsergebnisse zum Gehalt an N-haltigen Fraktionen in 81 Grassila- gen (1. - 5. Schnitt; Tab. 1) wurden gemäß der oben genannten Aufgabenstellung mittels Ko- rrelationsanalyse untersucht. Des Weiteren wurden Resultate aus Silierexaktversuchen zur Validierung der Beziehungen genutzt. Ergebnisse: Die sicherste korrelative Beziehung bestand zum Trockenmasse (TM) -Gehalt der Silagen. Erst bei TM-Gehalten über 45 % waren erhöhte GABA-Konzentrationen (> 5

178 g/kg TM) sicher auszuschließen. Eine signifikant negative Korrelation zwischen den Gehalten an Reineiweiß und GABA in Grassilagen kann bestätigt werden. Die Analytik und Bewertung des Reineiweißgehaltes verbessert jedoch die Aussage gegenüber NH3-N nicht wesentlich, wobei eine positive Relation zwischen NH3-N und GABA bestand.

Tabelle 1: Lineare Beziehungen zwischen dem Gehalt an γ-Aminobuttersäure in Grassilagen und dem an weiteren, ausgewählten N-haltigen Fraktionen sowie an Trockenmasse

Mittel- lineare Beziehung Parameter Median max min ±s wert r p GABA [g/kg TM] 7,14 6,9 12 0,6 2,63 - - Trockenmasse [g/kg] 377 377 575 228 76 -0,753 < 0,010 Reineiweiß [% RP] 45,7 44,7 69 30,6 7,9 -0,398 < 0,010 Fraktion A [% RP] 54,2 55,3 69,4 23,3 8,6 0,269 0,02 Fraktion B3 [% RP] 13,9 12,8 33,9 3,4 5,5 -0,318 < 0,010 Fraktion C [% RP] 5,2 5,1 11,9 2,8 1,3 -0,288 0,011 Proteinlöslichkeit [% RP] 56,7 58,4 71,1 27,3 8,5 0,199 0,074

UDP8 - kalk. [% RP] 27,3 26,7 43,6 15,8 4,9 -0,369 < 0,010

NH3-N [% Gesamt-N] 7,1 6,8 23 0 3 0,443 < 0,010

Literatur: Theermann S. (2011): Untersuchungen zum Einfluss von Grassilagen mit auffällig niedrigen Reineiweiß-anteilen auf Aminosäuren und biogene Amine im Pansensaft (in vitro). Tierärztliche Hochschule Hannover: Dissertation. Shannak S., Südekum K.-H., Susenbeth A. (2000): Estimating ruminal crude protein degradation with in situ and chemical fractionation procedures. Anim. Feed Sci. Technol. 85, 195-214.

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TGL 34313 Stoffwechselüberwachung in der Rinderproduktion. Verlag für Standardisierung, 1988, Bezug – Standardversand, 7010 Leipzig Postfach 1068

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TGL 35423 Stoffwechselüberwachung in Schweinezucht- und Mastanlagen. Verlag für Standardisierung, 1985, Bezug – Standardversand, 7010 Leipzig Postfach 1068

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Resümee zur Entwicklung der Stoffwechselüberwachung anlässlich der

25. „Stoffwechseltagung“ im Jahr 2000

G. Furcht

Abschrift Dr. sc. G. Furcht Poststr. 16 16227 Eberswalde Eberswalde, 27. 5. 2000

Manfred!

Deinem Wunsch entsprechend, einige Erinnerungen an eine sehr schöpferische Zeit in unserem Arbeitsleben. Ich würde meinen, Du solltest unbedingt erwähnen:

1. Die Stoffwechselüberwachung großer Herden war aus aktuellem Geschehen Mitte der siebziger Jahre zur Sicherung und Kontrolle der intensiven Produktion notwendig gewor- den. Sie war immer sehr komplex gesehen worden: Aus Produktionsdaten, veterinärmedi- zinischen anamnestischen Erhebungen, Fütterungsdaten und Stoffwechseluntersuchungen mit klinisch-chemischen Methoden sollten schnell u. praxisrelevant Schlussfolgerungen für die weitere Optimierung der Produktion oder zur Behebung bzw./und Erkennung von Störfaktoren gezogen werden. 2. Die Grundgedanken für eine machbare, komplexe Bestandsuntersuchung wurde insbeson- dere von unserem unvergessenen Toni Seidel und der Berliner und Leipziger Schule Mitte der siebziger Jahre entwickelt. 3. Für die weitere Entwicklung der Vorstellungen war wichtig, dass das IaT Eberswalde in dieser Zeit voll funktionsfähig wurde und u. a. die vet.-med. Forschung DDR-weit (und im RGW) organisieren sollte. Somit war die Voraussetzung geschaffen, dass in die Erar- beitung der Stoffwechselüberwachungssysteme auch alle BIV einbezogen werden konnten und damit ein für heutige Zeiten ungeheures Zahlenmaterial aus den aktuellen und spezi- ellen Bestandserhebungen in den Tierproduktionsanlagen der ganzen DDR zur Verfügung stand und auch ausgewertet wurde. Dahinter standen eben auch ein großes wissenschaftli- ches Potential (Uni´s, BIV...) und große klinisch-chemischen Laboratorien mit gut ausge- bildeten Kräften. 4. Mit der prakt. Überführung der Idee der komplexen Stoffwechselüberwachung musste auch eine entsprechende Laborkapazität mit hocheffektiven Methoden entwickelt werden und dazu nach unserem (richtigen) Verständnis auch einheitliche verbindliche Methoden der Probengewinnung und –untersuchung sowie zur Beurteilung der Werte auch einheitli- che Normwerte.... 198

5. Die „Methodentagungen“ ab 1976? dienten diesem Ziel: • Darlegung von Problemen in der industriemäßigen Tierproduktion, ihre Erkennung u. Verifizierung durch Auslenkung der Werte biochemischen Größen in verschiedenen Substraten • Interpretationstraining von Werten biochemischen Größen (Diskussion von Fallbei- spielen) • Zusammenstellen von Parameterspektren zur Erkennung von Stoffwechselerkrankun- gen • Demonstration von und Einarbeitung in neue klinisch-chemischen Untersuchungsme- thoden und neuer Arbeitstechniken • Erarbeitung von Ringanalysen • Festlegung von Norm- und Grenzwerten 6. An den jährlichen (am Anfang 2 x jährlich) Veranstaltungen überall in der DDR, jeweils von BIV, Unis, IaT...ausgerichtet, nahmen grundsätzlich wissenschaftliche und technische Kräfte gleichberechtigt aus den entsprechenden Abteilungen der BIV, der Hochschulen, des IaT und IVP teil. 7. Die „Stoffwechselleute“ waren durch das langjährige enge Zusammenwirken eine große Familie, die ausgesprochen schöpferisch arbeitete. Es gab nie irgendwelche Hemmungen, sich gegenseitig zu konsultieren und Erfahrungen auszutauschen. Alle kannten sich! Dazu trugen unbedingt die tollen Kulturprogramme und „Nachfeiern“ im Rahmen der Tagungen bei! 8. Unsere Arbeitsergebnisse machten uns auch international interessant. So gab es ein RGW- Symposium und ein RGW-Laborkurs in der DDR und ansonsten vielfältige Beziehungen zu Kollegen in allen RGW-Staaten!

Als Anlage noch zwei Blätter, die Dir im chronologischen Ablauf unsere Arbeit/Arbeitsergebnisse und die gleichlaufende Laborentwicklung zeigen sollen * Ich hoffe, dass Du mit meiner Schreiberei einigermaßen klar kommst und auch etwas damit anfangen kannst. Ich bedaure sehr, nicht bei Euch sein zu können. Bitte glaube mir, dass es mir nicht leicht gefallen ist, dieses Resümee zu ziehen und alten (schönen) Erinnerungen noch einmal durchzulesen. Tschüss und viel Erfolg! Günther

Viele Grüße an die alten Mitstreiter, die sich vielleicht noch an mich erinnern. ** • Auch wenn in den Blättern häufig nur einzelne Namen stehen, so ist natürlich klar, dass (siehe Pkt. 3) alles eine große Gemeinschaftsarbeit war, die von einigen dann verdichtet und verallgemeinert wurde. Das war ja eben das Wohltuende und Tolle an diesen Jahren gemeinsamen Schaffens, das, so glaube ich noch heute, so erfolgreich war. Es gibt noch heute nichts Gleichwertiges! 199

** Bitte verzeihe mir meine schlechte Schrift. Aber wer schreibt heute noch so lange Briefe mit der Hand! Diesmal ausnahmsweise ich!

Entwicklung des Stoffwechselüberwachungssystems (chronologisch)

Erfordernisse und Möglichkeiten der Stoffwechselüberwachung von Milchkühen in indust- riemäßig pro. Anlagen. Rossow, Furcht, Gürtler, Seidel, Völker. Tierzucht 28, 491 –95 (1974) Vorstellungen über die kontinuierliche Stoffwechselüberwachung im Rahmen der Gesund- heits- und Leistungskontrolle beim Schwein. Völker, Furcht, Pöhlmann; Müh. Vet. Med. 31, 161-64 (1976) Stoffwechselüberwachung in industriemäßigen Anlagen der Tierproduktion, Probleme u. Lö- sungswege. Zusammengestellt von Rossow (+Mitautoren). Sonderheft Tierhygiene- Information 8 (1976) RGW-Symposium Stoffwechselkontrolle u. –Prophylaxe bei Rindern u. Schweinen in indust- riemäßigen Anlagen. 21./22. 6. 1977, Rostock. Sonderheft Tierhygiene-Information 10 (1987) TGL 34313: Stoffwechselüberwachung in Milchproduktionsanlagen, verbindlich ab 1. 1. 1989 TGL 35423: Stoffwechselüberwachung in Schweinzucht- und Schweinemastanlagen, ver- bindlich ab 1. 5. 1986 Ernährungsbedingte Stoffwechselstörungen beim Schwein. Furcht, Fussel, Grätsch, Stein- hardt. Angewandte Tierhygiene 10 (1988)

Im Genehmigungsverfahren waren bis 1989: - TGL Stoffwechselüberwachung von Schafherden - TGL Stoffwechselüberwachung bei Vatertieren (1. Eber)

Abgeschlossen waren 1990 die Ermittlung von Norm- und Grenzwerten und Vorstellungen zu aussagekräftigen Parameterspektren biochemischer Größen für Stoffwechseluntersuchungen beim Geflügel (unter Federführung des BIV Frankfurt/O.)

Entwicklung des Stoffwechselüberwachungssystems im kling.-chem. Labor

Zur Rationalisierung klinisch-chemischer Untersuchungsmethoden für vet.-med. Einrichtun- gen der DDR. (Vorstellung des Mikrolitersystems). Furcht, Müh. Vet. Med. 31, , 494 – 96 (1976) Klinisch-chemische Untersuchungsmethoden für vet.-med. Einrichtungen der DDR (auf der Grundlage des Mikrolitersystems); zusammengestellt von Furcht, Grätsch, Seidel unter Mit- wirkung von wiss. U. techn. Mitarbeitern aller BIV, des SVP Berlin, des IaT Eberswalde so- wie der Sektionen TP und Vet. Med. der HU Berlin und KMU Leipzig. 200

1. Lieferung: 1976 2. Lieferung: 1982 Umfang: ca. 50 verschiedene Stoffwechselparameter mit z. T. mehreren alternativen Bestim- mungsmethoden und Siebtesten sowie die verbindliche Probenentnahme u. Probenaufberei- tung sowie die Norm- und Grenzwerte tierartbezogen und nach differenzierten Alters- und Leistungsphasen.

Moderne Methoden der Stoffwechseldiagnostik. Furcht, Grätsch. Müh. Vet. Med. 33, 784 – 87 (1978) (Beginn der Entwicklung von Sieb- und Schnelltests) ⇓ Stand 1988: 24 Stoffwechselparameter konnten mit Sceeningtests semiquantitativ bestimmt werden: „Screening Methoden zur Stoffwechselüberwachung landwirtschaftlicher Nutztiere“. Furcht, Grätsch, Heyer, IaT Eberswalde, 1988. dazu: Stoffwechselkoffer für Rinder-, Schweine-, Geflügelanlagen (für Probengewin- nung und –Aufbereitung, für die Durchführung der Untersuchungen vor Ort.) (Es wurden ca. 180 Stoffwechselkoffer gebaut und verkauft u. auch exportiert, - z. B. nach Ungarn -, sie wur- den auch demonstriert in SU, Rumänien, CSSR, Ungarn).

Klinisch-chemische Laboruntersuchungen mit der Mikrotiter-Platten-Technik (Inhalt: Ent- wicklung der Mikroliter-Arbeitstechnik aus Bausteinen der DDR-Geräteindustrie (mit viel Eigenbau). Entwicklung + Anpassung der verbindlichen klinisch-chemischer Methoden an die diese Technik, Modifizierung des ????-Systems. Entwicklung einer Software für die rechner- gestützte Auswertung der Messergebnisse (damals PC 1715). Stand 1990: ca. 25 Methoden zur Stoffwechseldiagnostik

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In memoriam

Nachfolgende Wissenschaftler haben ganz wesentlich die Entwicklung der Stoffwechselüber- wachung bei Nutztieren geprägt:

Prof. Dr. habil. Heinrich Seidel (1935 bis 1982) Leiter der Abteilung Stoffwechselkontrolle/Toxikologie am Leit-BIV Rostock

Prof. Dr. habil. Dr. h.c. Dr. h.c. Herbert Gürtler (1932 - 2004) Vorstand des Veterinär-Physiologisch-Chemischen Institutes, Leipzig

Dr. sc. Günther Furcht (1937 – 2007) Leiter der Abteilung Pathophysiologie am Institut für Angewandte Tierhygiene, Eberswalde

Prof. Dr. habil. Eberhard Grün (1937 - 2011) Veterinär-Physiologisch-Chemisches Institut, Leipzig

Prof. Dr. habil. Norbert Rossow (1932 – 2012) Lehrstuhlleiter für Innere Medizin der Haustiere an der Sektion Tierproduktion und Veterinärmedizin, Berlin

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In memoriam Heinrich Seidel (1935 bis 1982)* Mit dem Workshop „Atypisches Festliegen beim Rind“ soll in Heinrich Seidel eine Tierarztpersönlichkeit gewürdigt werden, die in enger Zusammenarbeit mit praktischen Tierärzten u.a. zum „Festliegen bei der Milchkuh“ Wesentliches zu dessen Diagnostik, Differentialdiagnostik, Therapie und Prophylaxe geleistet hat. H. Seidel studierte von 1953 bis 1958 in Leipzig Veterinärmedizin und arbeitete anschließend bis 1973 am Veterinär-Physiologisch-Chemischen Institut. Sein Arbeitsgebiet war die Stoffwechselregulation bei Rind und Schwein. Er habilitierte sich über die Physiologie und Pathophysiologie der Nebennierenrinde des Schweines. Beim Rind standen die Erarbeitung physiologischer Grenzwerte in Abhängigkeit verschiedener Einflussfaktoren sowie Untersuchungen an festliegenden Kühen im Mittelpunkt, in dessen Ergebnis die Gebärparese, das Gebärkoma, das Festliegen ante partum sowie das Festliegen post partum („Hypophosphatämisches Festliegen“) charakterisiert wurden. Bereits 1966 bemerkte er: „Auffällig hoch ist die Quote der Phosphor- Mangelzustände“ und postulierte die Hypophosphatämie als eine Form des Festliegens. - Dies zu einer Zeit, als der Phosphormangel beim Rind praktisch kaum bekannt war. Spätere Arbeiten widmeten sich der Beschreibung von Stoffwechselparametern im peripartalen Zeitraum der hochleistenden Kuh sowie der Vertiefung der Kenntnisse zum Knochenstoffwechsel. In den 70er Jahren lag der Arbeitsschwerpunkt von H. Seidel, nun am Leit-BIV Rostock, in der Erarbeitung von Standardmethoden und –programmen zur Frühdiagnostik und Prophylaxe nichtinfektiöser Erkrankungen, die an Aktualität nichts eingebüßt haben. H. Seidel war ein Mensch mit hohem Schaffensdrang und Selbstdisziplin, herausragendem Organisationstalent, engster Verbindung zur tierärztlichen Praxis, besonderer Begeisterungsfähigkeit für wissenschaftliche und praktische tierärztlicher Arbeit, besonderer Kollegialität und großer Fairness sowie hoher menschlicher und beruflicher Ausstrahlung. Zu seinen Publikationen gehören: Seidel H., Schröter, J. (1966): Mineralstoffbestimmungen im Serum sowie in der Milch von festliegenden Rindern. Mh. Vet.-Med. 21, 606-613. Seidel; H., Pufe, M., Müller, I., Grün, E., Kolb, E., Schuhmacher, U. (1973): Verlaufsuntersuchungen zum Verhalten einiger biochemischer und physiologischer Parameter im geburtsnahen Zeitraum der Milchkuh. Arch. Exper. Vet. med. 27, 590- 600; Liebetrau, R., Oetzel, H., Rödiger, W., Schröter, J., Seidel, H., Steitz, J., Trommer, F. (1975): Klinische und biochemische Untersuchungen an festliegenden Milchkühen. Mh. Vet.-Med. 30, 324- 331; Schröter, J., Seidel, H.(1976): Die experimentelle Hypokalzämie als Modell zum Studium ätiopathogenetischer Faktoren der hypokalzämischen Gebärparese der Milchkuh. Arch. exper. Vet. med. 30, 497-512; Seidel, H., Müller, I., Furcht, G.(1982): Das Verhalten einiger Parameter des Mineral- und Kohlenhydratstoffwechsels im geburtsnahen Zeitraum der Hochleistungsmilchkuh aus biokybernetischer Sicht. Arch. Exper. Vet. med. 36, 335-343; Schröter, J., Seidel, H. (1985): Verlaufsuntersuchungen zum Verhalten einiger Parameter des Mineralstoffwechsels unter besonderer Berücksichtigung des Mineralisationsgrades des Skeletts der an Gebärparese erkrankten Milchkuh vom Zeitpunkt der Erkrankung bis 16 Wochen nach der Erkrankung. Arch. Exper. Vet. med. 39, 511- 519 M. Fürll, H. Gürtler, I. Müller, C. Wolf * Workshop „Atypisches Festliegen beim Rind“ 2. Leipziger Tierärztekongress, Leipzig, 2002

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Nachruf für Prof. Dr. med. vet. habil. Dr. h.c. Dr. h.c. Herbert Gürtler Am 10. Februar 2004 verstarb im Alter von 71 Jahren der Leipziger Veterinärmediziner Herr Prof. Dr. med. vet. habil. Dr. h.c. Dr. h.c. Herbert Gürtler. Mit ihm verlieren die Universität Leipzig und deren Veterinärmedizinische Fakultät einen herausragenden Wissenschaftler und Hochschullehrer. Prof. Gürtler war Gründungsdekan der 1990 wiederbegründeten Veterinärmedizinischen Fakultät. In seiner 5-jährigen Amtszeit prägte er als Dekan entscheidend das Profil seiner Fakultät. Er bewältigte die schwere Aufgabe der personellen und strukturellen Erneuerung der Fakultät. Herbert Gürtler blieb seiner Universität von Beginn seiner akademischen Laufbahn als Student im Jahre 1950 bis zu seiner Emeritierung als Vorstand des Veterinär-Physiologisch- Chemischen Institutes 1997 verbunden. Als Hochschullehrer, als herausragender Wissenschaftler und als erster Dekan der Veterinärmedizinischen Fakultät prägte er das akademische Profil seiner Einrichtung über fast ein halbes Jahrhundert entscheidend mit. Herbert Gürtler legte nach der politischen Wende den Grundstein dafür, dass die Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig mit ihrer mehr als 200jährigen Geschichte wieder zu nationalem und internationalem Ansehen gelangte. Seine Verdienste um die Wiederbegründung und demokratische Erneuerung der Fakultät nach 1990 wurden mit vielen Auszeichnungen gewürdigt, darunter das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Für sein bedeutendes wissenschaftliches Werk, in dem er sich vornehmlich mit den biochemi- schen Grundlagen des Stoffwechsels und den Stoffwechselerkrankungen von landwirtschaft- lichen Nutztieren beschäftigt hatte, erhielt er neben vielen wissenschaftlichen Ehrungen zwei Mal die Ehrendoktorwürde: des Fachbereiches Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin sowie der Veterinärmedizinischen und Pharmazeutischen Universität in Brno. Prof. Herbert Gürtler war ein sehr beliebter Hochschullehrer und angesehener Kollege. Durch seinen festen Charakter, seine lautere Gesinnung, sein offenes und ehrliches Wesen hat er in seinem langen Berufsleben viele Freunde in allen Teilen Deutschlands, in seiner sudenten- deutschen Heimat, in Ungarn und Polen sowie unter seinen ehemaligen ausländischen Diplo- manden und Doktoranden gewonnen. Der plötzliche Tod von Herbert Gürtler ist ein großer Verlust für seine Familie und Freunde. Die Veterinärmedizinische Fakultät und die Universität Leipzig haben einen herausragenden Wissenschaftler verloren. Wir sind tief betroffen und werden sein Andenken bewahren. Grün, Gäbel, Seeger, Dekanat der Veterinärmedizinischen Fakultät

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In memoriam Dr. sc. Günther Furcht (1937 – 2007)

Geboren am 16. 12. 1937 in Hamburg absolvierte G. Furcht seine Schulbildung in Alten- burg/Thüringen mit folgendem Chemiestudium von 1955 -1961 in Jena. Seiner aufgeschlos- senen, immer neugierigen Grundhaltung entsprechend entschied er sich anschließend für eine wissenschaftliche Laufbahn, zunächst als Assistent bis 1962 in Jena und bis 1971 in Berlin. Dort promovierte er 1964 bei Prof. Lothar Kolditz zum Dr. rer. nat. Die Habilitation schloss er 1971 an. 1971 wechselte G. Furcht an das Institut für angewandte Tierhygiene nach Ebers- walde. 1977 übernahm er dort die Leitung der Abteilung Pathophysiologie. Er bearbeite vor- rangig ernährungsbedingte Stoffwechselstörungen bei Schweinen, Rindern und Schafen. Ihm oblag die Koordinierung dieser Forschungsrichtung innerhalb der DDR sowie darüber hinaus innerhalb des gesamten RGW. Dieser Aufgabenstellung entsprechend gehörte G. Furcht gemeinsam mit W. Ehrentraut und H. Seidel zu den verantwortlichen Leitern der Arbeitsgruppe Stoffwechseldiagnostik/Toxiko- logie. Mit schier grenzenlosem Enthusiasmus, unerschöpflicher Kreativität und ansteckendem Arbeitseifer widmete er sich der Entwicklung der systematischen Stoffwechseldiagnostik. Als Chemiker mit Leib und Seele prüfte und optimierte er pedantisch das analytische Methoden- spektrum für seine Anwendbarkeit bei Tieren. Und wo Materialien oder Geräte fehlten, schloss G. Furcht solche Lücken im Stil eines begnadeten Hobbybastlers. Davon zeugt in besonderer Weise die Entwicklung von Screeningmethoden zur Erkennung von Stoffwechselstörungen für die Anwendung unmittelbar am Tier, die er im „Stoffwechsel- koffer“ („Stoffwechselkontrollkoffer IaT-SK 2“) zusammenfasste. Damit wurde eine frühe Form der „On farm diagnostic“ mit breitem Parameterspektrum kreiert. Die kolorimetrischen Analysemethoden ermöglichten eine visuelle Auswertung konzentrationsabhängiger Farbver- änderungen. Durch die Mikrolitertechnik und die Nutzung von Tüpfelplatten konnte ein Pro- bendurchsatz von 500 und mehr Proben pro Tag erreicht werden. Diese relativ einfache Tech- nik ermöglichte die unmittelbare Nutzung in Tierarztpraxen und Milchviehanlagen zur Be- wertung der Parametern Glucose, Protein, ɤ-Globuline, AST, LAP, AP, Ketonkörper (Serum, Milch), NSBA, Alkalireserve, Ca, Mg, Pi und Hämoglobin. Nach der Arbeit am IaT Eberswalde war G. Furcht zunächst als Verkaufs- und Fachberater der Fa. GEHALA, Seelow, und von 1995 bis Dezember 2006 als Verkaufsberater bei der Fa. REKASAN, Kaulsdorf, beschäftigt. „Seit 2002 war er auch - nur nach dem Geburtsdatum - Rentner und arbeitete selbstverständlich weiter. Die berufliche Tätigkeit war Zeit seines Le- bens etwas außerordentlich Wichtiges für ihn. Wir waren sehr froh, dass wir einen so enga- gierten und fachlich kompetenten Mitarbeiter bei uns beschäftigen konnten“ (Rößler, RE- KASAN). M. Fürll 205

Nachruf für Prof. Dr. habil. Eberhard Grün Am 27. Oktober 2011 verstarb nach schwerer Krankheit Prof. Dr. Eberhard Grün, Professor für Endokrinologie an der Veterinärmedizinischen Fakultät. Wir, seine ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Veterinär-Physiologisch-Chemischen Instituts, frühere Kolleginnen und Kollegen in der Fakultät sowie seine zahlreichen Schüler und Freunde trauern um ihn. Unsere Gedanken sind bei seiner Gattin, allen Angehörigen und Freunden. Prof. Grün wurde in Erfurt geboren und ging dort auch zur Schule. Er studierte von 1955 bis 1960 an der Universität Leipzig Veterinärmedizin. Seinem wissenschaftlichen Interesse folgend fertigte er am Veterinär-Physiologisch-Chemischen Institut eine Doktorarbeit an und wurde 1961 promoviert. Hier nahm er 1962 eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent auf. 1971 erwarb er die Facultas docendi und 1974 Dr. sc. med. vet. 1980 wurde er zum Hochschuldozent für Tierphysiologie berufen und wechselte an den gleichnamigen Wissenschaftsbereich. 1992 erhielt Prof. Grün einen Ruf als Prof. für Endokrinologie am Veterinär-Physiologisch-Chemische Institut. Im gleichen Jahr erwarb er den Fachtierarzt für Physiologie. In seiner wissenschaftlichen Arbeit widmete sich Prof. Grün zunächst der Enzymdiagnostik sowie der Enzymausstattung in Organen, später den Problemen der Laktation bei der Milchkuh, den Enzymen in der Kuhmilch, der hormonellen Kontrolle der Milchbildung, den Wachstumsfaktoren bei Haustieren sowie der Reproduktionsüberwachung bei Zootieren. Insgesamt haben bei ihm 16 Diplomanden und 17 Doktoranden abgeschlossen. Er unterstützte intensiv die postgraduale Weiterbildung von Tierärzten in Syrien, Vietnam und Kuba. Die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Arbeit fanden ihren Niederschlag in mehr als 100 Publikationen und zahlreichen nationalen und internationalen Vorträgen sowie in verschiedenen Buchbeiträgen. Nach der politischen Wende engagierte sich Prof. Grün in besonderem Maße für die Wiedergründung und Neugestaltung der Veterinärmedizinischen Fakultät. Nachdem er 1990 Mitglied des ersten Fakultätsrates geworden war, wählte ihn dieses Gremium zum nichtständigen Mitglied der Personalkommission Naturwissenschaften der Universität Leipzig. Er hatte maßgeblichen Anteil an der Konsolidierung unserer Fakultät und der Schaffung neuer Studienstrukturen in der Veterinärmedizin. Nicht minder intensiv waren die Bemühungen von Prof. Grün um den Aufbau neuer Strukturen der berufsständischen Vertretungen. Die Sächsische Tierärztekammer ehrte ihn im Jahre 2005 für seine herausragenden Leistungen und sein langjähriges erfolgreiches Engagement mit der von ihr verliehenen Verdienstmedaille. Prof. Grün bestach in allen Ämtern durch ausgeprägtes Pflichtbewusstsein, große Sachkennt- nis, kollegiales Verhalten, seine große Hilfsbereitschaft und viel Humor. Seine große Leiden- schaft waren Reisen in ferne Länder, wofür ihm leider nicht allzu viel Zeit blieb. Auch das Sammeln und Vortragen humorvoller Sprüche und Gedichte bereitete ihm und uns viel Ge- nuss. Die Veterinärmedizinische Fakultät Leipzig verliert mit ihm eine bedeutende Persön- lichkeit. Er wird uns allen unvergesslich bleiben. Herbert Fuhrmann, Almuth Einspanier, Jutta Gottschalk

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Nachruf für Prof. Dr. habil. Norbert Rossow Prof. Rossow wurde am 13. November 1932 in Pyritz in Polen geboren. Er gehört zu der besonderen Generation, deren Jugendzeit der Krieg und die Flucht aus der Heimat prägten. Nach dem Abitur 1951 in Greiz (Thüringen) schlossen sich das Studium der Veterinärmedizin an der Leipziger Alma Mater und die Promotion im Jahre 1956 an. Nach zwei Jahren der Arbeit auf einem Schlachthof und in einer tierärztlichen Praxis folgten sieben wichtige Jahre als wissenschaftlicher Assistent, Oberassistent und Dozent an der Medizinischen Tierklinik Leipzig. Die Habilitation wurde 1965 zum Thema „Diagnostik der Lebererkrankungen des Rindes“ abgeschlossen. In diesen Leipziger Jahren wurden die Wurzeln für die Arbeitsschwerpunkte der zukünftigen wissenschaftlichen Arbeit gelegt: Innere Medizin, Labordiagnostik, Rind. Zugleich entwickelte Prof. Rossow seine ihn prägende besondere Begabung zum Hochschullehrer, die seinen Schülern immer in guter Erinnerung bleiben wird. Von 1967 bis 1971 leitete er das Bezirksinstitut für Veterinärmedizin (BIV) in Neubrandenburg. Neben der Routine eines Landesuntersuchungsamtes erarbeite er die Grundsätze der veterinärmedizinischen Bestandsbetreuung und der Stoffwechselüberwachung. 1971 folgte der Ruf auf den Lehrstuhl für Innere Medizin der Haustiere an die veterinärmedizinische Bildungsstätte der Humboldt-Universität zu Berlin. In den 21 Jahren fruchtbarer Arbeit als Hochschullehrer, Klinikleiter und Autor setzte er wesentliche Impulse auf den Feldern der Inneren Erkrankungen des Rindes, der Stoffwechseldiagnostik und der Bestandsbetreuung. Er verfasste 160 Publikationen und 6 Lehrbücher. Hervorzuheben sind der Leitfaden für Innere Krankheiten der landwirtschaftlichen Nutztiere (1985), das zweibändige Handbuch für Innere Krankheiten der Haustiere (1985, 1988) und die Innere Medizin für Tierärzte (1995). Besonders der Leitfaden dokumentiert die hervorragenden didaktischen Fähigkeiten, es kann als Pionierwerk einer neuen Generation an Lehrbüchern gelten. Die Neustrukturierung der veterinärmedizinischen Hochschulausbildung in Berlin mit dem Wechsel von der disziplinen- zur tierartenorientierten Ausbildung veranlasste Prof. Rossow im Juli 1992 in den Ruhestand zu wechseln. Dem Drang nach Wissensvermittlung ging er in den Folgejahren über ein Internetforum der Data-Service GmbH Paretz nach. Mit seinen profunden Fachkenntnissen hat er maßgeblich das Projekt ITB unterstützt. Prof. Dr. habil. Norbert Rossow war es vergönnt, nach schwerem Leiden in tiefem Frieden mit sich, seiner Familie und der sich verändernden Welt am 28. Februar 2012 Ruhe zu finden. Rudolf Staufenbiel, Werner Feucker, Theodor Hiepe

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