Aj Wilburys 63.Qxd
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Wilbury Twist: Die neue Vinyl-Edition der "Traveling Wilburys Collection" schweren Schallplatten zu widmen - war doch die CD-Edition klanglich eine herbe Enttäuschung gewesen. Insbe- sondere die erste Wilburys-Produktion war nach meinem subjektiven Empfin- den viel zu laut abgemischt, paßte mit ihrem zudringlichen Gedröhne über- von Axel Jost haupt nicht zur relaxt-freundlichen Grundstimmung der Originaleinspie- Wie das so geht im Leben: In Hektik lung. bestelle ich noch schnell die erschienene Vermutlich aufgrund der verkaufs- Vinyl-Edition des Traveling-Wilburys- technischen Potenz des Vorhabens (in Gesamtwerks (ausführliche Rezension etlichen Ländern brachte es die Kol- der CD-Box in Hörerlebnis 61 und im lektion im Sommer 2007 bis zur Nr.1 in Internet auf der Hörerlebnis-Website; den Charts) hielten sich kommerzielle auf die Band und ihre Diskographie Rezensenten bezüglich der Einschät- gehe ich daher hier nicht mehr geson- zung des Klangs eher zurück; selbst alt- dert ein) bei Amazon via teurem bekannte Großkritiker, die vor ihrem "Overnight Express" - nur um das atemlos staunenden Lesepublikum stets Prachtstück dann gut verschweißt Klangvergleiche von wiederveröffent- Woche um Woche liegen zu lassen, lichtem Material mit den oft extrem sel- damit ich es Tag für Tag liebevoll tenen Kleinstauflagen der jeweiligen angucken kann. Freilich mit immer Urversion (in deren Besitz sie selbstre- schlechterem Gewissen, naht doch der dend sind) feierlich zelebrieren, berich- unerbittliche Redaktionsschluß unauf- teten quasi nichts über den Klang der haltsam. Ich hatte in besagtem Heft 61 neu gemischten CDs - was ja (mal posi- ja versprochen, auch das Vinyl-Set einer tiv gewendet) angesichts des Kommerz- kritischen Hörprüfung zu unterziehen, drucks vielleicht auch eine Art von sofern ich seiner habhaft werden könne. Stellungnahme war. Heute ist es nun soweit. Ich werde die Wenigstens konnte man im Internet drei Platten hören, mir Notizen ma- bei dem einen oder anderen Käufer der chen, diese zu einem Text abrunden - wirklich schön gemachten - CD-De- und dem Herausgeber zusenden. Fast Luxe-Box kritische Worte zum Klang schon eine Live-Performance, E-Mail- des Re-Issues entdecken - die über- Kontakt zu "Acoustech" inklusive. große Mehrzahl der Kundenrezensio- Warum das alles auf den letzten nen bei den einschlägigen Versendern Drücker, warum nicht früher? Ganz überboten sich freilich darin, in fröhli- einfach: Ich hatte Angst, mich dem cher Unwissenheit den tollen Super- Hören der drei jeweils 180 Gramm klang der Neuproduktion zu loben. 1 Hörerlebnis Elvis Presley als besondere Negativ- 15.000 Stück (ohne Gewähr!). Ein schö- beispiele. Ich fürchte, daß sich auch die nes großformatiges 16seitiges Booklet Wilburys-CD-Edition an diesem Krieg liegt darin, die aus der CD-Box bereits in vorderster Front beteiligt hat. bekannten Postkarten (nunmehr derer Immerhin erkennt Levine einige sechs an der Zahl) und ein richtig positive Ausnahmen an, die sich dem großes Klapp-Poster - liebevoll beige- Kampf um die höchste Lautstärke ent- legter "Fanservice", um mal einen ziehen: Bob Dylans "Modern Times" Begriff aus der Manga-Welt zu gebrau- etwa oder "Not Too Late" von Norah chen. Des weiteren birgt die großfor- Jones, bei den aktuellen Produktionen. matige Leinenbox drei Vinylscheiben, Noch ist der sehr umfangreiche Artikel jeweils 180 Gramm schwer: nämlich die mit vielen weiteren Beispielen und mit- beiden originalen LPs und eine große samt einer Riesendiskussion im Internet (12 inch) "Bonus"-EP. Letztere enthält abrufbar unter http://www.rollingsto- die Hits "Handle With Care" und "End ne.com/news/story/17777619/the_de of the Line" in verlängerten Versionen, ath_of_high_fidelity und wird von mir und - als weiteres Alleinstellungsmerk- dringend zur Lektüre empfohlen. mal - das von Jeff Lynne neugemixte "The age of the audiophile is over" "Not Alone Anymore" (mit "neuen" Aber vielleicht wollen sie es ja auch gar stellt da jemand emotions- und kom- Vokal-Parts von Roy Orbison), welche nicht anders - genau wie jene Men- promißlos fest - und man fühlt sich um allesamt in der CD-Edition nicht ent- schen, welche die Fast-Food-Küche Jahrzehnte der eigenen Hörgeschichte jener der Sterne-Köche (zu deren argem betrogen. Wo ist er hingekommen, Leidwesen) vorziehen. Und beim ge- unser geliebter "Weltinnenraum" (Rai- meinsamen Burger-Mampfen natürlich ner Maria Rilke, 1914) des audiophilen den unvermeidlichen Stöpsel im Ohr Hörens, durch den die Vögel lautlos haben. fliegen? Immerhin fand gegen Jahresende in Zurück zum Thema, zur LP-Box. der Online-Ausgabe des populär-musi- LP-Box und CD-Deluxe-Box im Größenvergleich Ein schönes Stück, natürlich größer, kalischen amerikanischen Massenblatts - die große Box bringt es auf 1,6 kg, die kleine schwerer, ästhetisch beeindruckender schafft gerade einmal 370 Gramm.(großes Bild) "Rolling Stone" eine Diskussion statt, Das mitgelieferte Booklet im LP-Format demon- als die CD-Edition - deren "limitierte", die nun endlich das aufgriff, was im striert den "Wilbury Twist". "ausverkaufte" DeLuxe-Variante in "Hörerlebnis" seit Jahr und Tag beklagt einer eigentlich nicht vorgesehenen wird: nämlich, daß viele aktuelle Musik- verdeutlichte, wie durch eine völlig Zweitauflage ein unerwartetes Come- produktionen (und auch Re-Issues sind überzogene Lautheit des jeweiligen Pro- back gefeiert hat, diesmal allerdings in in diesem Sinne ja aktuell) bei drama- dukts musikalische Feinheiten von lau- einem - pardon - etwas billig wirkenden tisch reduziertem Dynamikumfang viel ter Lärm regelrecht zugemüllt werden. blauen Leinenüberzug. Freilich hat die zu laut abgemischt werden. "The Death Da ist - wie gesagt auch bei den Re- CD-Box etwas Niedlich-handlich-Grif- of High Fidelity" hieß der entsprechen- Issues - ein weltweiter "loudness war" figes, das durchaus auch seinen Reiz hat. de Artikel von Robert Levine (erschie- (oder vielleicht besser "compression Die LP-Edition ist ebenfalls - ähem - nen am zweiten Weihnachtsfeiertag), war") im Gange. Levine nennt hier zunächst "limitiert", auf weltweit der auch anhand von erschreckenden explizit die Led-Zeppelin-Kollektion Schaubildern akustischer Messungen "Mothership" und die "30 #1 Hits" von Die beiden LPs aus der Box, "Vol.1" und "Vol.3" 2 Hörerlebnis 3 halten sind; die Raritäten "Runaway" tiges Wilbury-Foto geklebt ist), so fällt und "Nobody's Child" und die (bis zur als allererstes positiv ein seitlich ange- Edition) unveröffentlichten Songs brachtes, breites schwarzes Stoffbänd- "Maxine" und "Like A Ship" sind auf chen auf, mit dessen Hilfe man den der EP ebenfalls vorhanden. Es fehlen Box-Inhalt bequem hochziehen kann. in der schönen Schachtel freilich die Die Platten kommen in den original Bandfotos (verzichtbar) und die DVD reproduzierten Covern mitsamt den (eigentlich unverzichtbar). Beiblättern - mit Ausnahme der neuen Das Vinyl-Mastering erfolgte im Maxi, die in einer eher neutralen Hülle renommierten kalifornischen "Acous- steckt, auf deren Rückseite (!), auf wel- tech"-Studio durch dessen Chef Kevin che das Cover ja normalerweise zu lie- Gray. Als Preßmaterial wurde das "HQ gen kommt, gleich einige Fettflecke und 180"-Vinyl der Firma RTI (Record Papierabschabungen mit aufgedruckt Technology Incorporated) benutzt. sind. Dieser kleine Wilbury-Scherz Nach Firmenangaben soll das ver- dürfte bei einem eventuellen (aber sehr gleichsweise schwerere und dichtere unwahrscheinlichen) Wiederverkauf "Premium"-Material für mehr Stabilität des Teils für lustige Gespräche zwi- für den Tonabnehmer sorgen und mehr schen Verkäufer und Käufer sorgen. Ruhe und mehr Fokus in das Klang- Das Vinyl ist bretteben, schwer und ver- geschehen bringen. Die Bässe sollen tie- gleichsweise dick, im Grunde überhaupt fer kommen, die Höhen klarer und die nicht flexibel. Es hat die Anfaßqualität Kanaltrennung deutlicher sein. Ab- und Wertigkeit einer dünnen Scheibe spielgeräusche sollen vermindert und feinen Tropenholzes. das Risiko tonaler Verzerrungen soll Bevor ich nun beginne, den Plat- über die ganze Bandbreite des akusti- tenteller meines Xerxes mit den stabilen Kevin Gray vor seinem ganz per- schen Spektrums reduziert werden. Teilen zu beladen, sei eines vorwegge- sönlichen "Wall of Fame" . hallten Chorus von "Handle With Care" (Nicht uninteressant übrigens die RTI- schickt: Acoustech erhielt - nach eige- und schändet diesen Kult-Song immer "FAQ"-Liste, mit der auf Kundenfra- nem Bekunden: ärgerlicherweise - zum ber ein weniger komprimiertes Master weiter mit elektronischen Gimmicks, gen eingegangen wird. Auch hier geht Schneiden ebenfalls die von Jeff Lynne gehabt, eines für Analogfreunde und die allesamt an die Frühzeit der gefürch- es um das Thema Lautstärke und da- und Co. gefertigten neuen Masterfiles keinen neuen "whiz-bang compressed teten Maxi-Versionen von Single-Titeln rum, daß "lauter" von der Kundschaft, im Format 88.2 khz, 24 Bit, wahr- remix" (Originalzitat). Aber dennoch gemahnen. Scheußlich. Dessen unge- also von den Leuten oder Firmen, die scheinlich etwas weniger komprimiert hat es Kevin Gray hervorragend ver- achtet merkt das Ohr auf: Das dort Platten pressen lassen, zumeist mit als für die CD-Produktion. (Selbst das standen, mit seiner Arbeit das Flair Klangbild als solches nervt nicht, im "besser" gleichgesetzt wird.) Vorsprechen bei den Warner-Bossen einer analogen Produktion zu kreieren Gegenteil, es ist klarer und sauberer, als Es hilft nun nix mehr, die Box wird half da nichts.) Daher läßt sich auch und dabei die unbestrittenen Vorteile man es von der CD-Edition noch in ausgepackt.