Surface: Die Poesie Des Materials Chun Kwang Young – Gotthard Graubner – Anselm Kiefer

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Surface: Die Poesie Des Materials Chun Kwang Young – Gotthard Graubner – Anselm Kiefer surface: die poesie des materials chun kwang young – gotthard graubner – anselm kiefer Inhaltsverzeichnis Content Keumhwa Kim Mehr als Oberfläche 6 More than Surface Petra von Olschowski Aus Leidenschaft 10 With Passion Andreas Kaernbach Material und Farbe – Anselm Kiefer und Gotthard Graubner 14 Material and Paint – Anselm Kiefer and Gotthard Graubner Oh, Kwang-Su Landschaft als Struktur – Chun Kwang Young 36 The Landscape as Structure – Chun Kwang Young Birgit Hopfener Interview mit Chun Kwang Young 60 Interview with Chun Kwang Young Karin Scheuermann Junge Positionen aus der Sammlung Alison und Peter W. Klein 64 Young Positions from the Alison and Peter W. Klein Collection Künstlerbiographien 76 Artists‘ Biographies Impressum 78 Imprint Keumhwa Kim Mehr als Oberfläche More than Surface Keumhwa Kim Anders als diese Künstler verwendet der Künstler auf der flachen Maloberfläche eine dreidimensiona- Mehr als Oberfläche Chun Kwang Young das Maulbeerbaumpapier als le, räumliche Illusion und evoziert eine inhomogene Mittel, um sich von der traditionellen europäischen und unruhige Faktur, die den Betrachter abstrahier- „Surface: Die Poesie des Materials“ stellt drei be- Vorstellung der Malerei zu lösen. Dies erwies sich te, undefinierbare Berglandschaften oder verwüs- deutende Künstler aus Deutschland und Korea – als die entscheidende Innovation seiner künstleri- tete Mondlandschaften assoziieren lässt. Bei nähe- Chun Kwang Young, Gotthard Graubner und Anselm schen Praxis. Statt mit Pinsel und Farben zu arbei- rer Betrachtung stellt man fest, dass diese mit dem Kiefer – vor und zeigt ihre Auseinandersetzung mit ten, bringt er in seinen Arbeiten seit 1994 tausen- Maulbeerbaumpapier umhüllten Fragmente im Ein- dem Thema der Materialität in der Kunst. Den Ar- de von kleinen pyramidenförmigen Fragmenten auf zelnen mit Papierschnur zusammengebunden sind. beiten der drei Künstler ist trotz ihrer unterschiedli- die Leinwand, die mit Koreanisch und Chinesischer Hier fungiert das Papier nicht nur als ein der Ober- chen Materialwahl und des unterschiedlichen Um- Schrift bedrucktem Maulbeerbaumpapier umhüllt fläche formgebender und haptischer Faktor, sondern gangs damit gemein, dass sie in besonderer Weise sind. Geboren 1944 in Hongcheon, Südkorea, stu- suggeriert dem Betrachter einen Erinnerungsraum. auf die taktile und haptische Oberfläche (Surface) dierte Chun Kwang Young von 1964 bis 1971 Kunst Das einzelne verpackte Fragment evoziert das ko- hinweisen, und sich ihre Werke dadurch im Über- in Seoul, Philadelphia und New York. Nach seiner reanische traditionelle Ritual des „Verpackens“ der gang vom Bild zum Objekt befinden. Rückkehr aus den USA nach Korea wandte er sich Gaben. Das handgeschöpfte Tak wurde wegen sei- von der amerikanischen und europäischen abstrak- ner elastischen und zugleich zähen Beschaffenheit Im Mittelpunkt der Ausstellung „Surface: Die Poe- ten Malerei ab und fand eine neue Bildsprache in im Alltag zum Verpacken und Bewahren verwendet. sie des Materials“ steht die Bedeutung des Materi- dem gebrauchten koreanischen Maulbeerbaumpa- Chuns über mehr als 20 Jahre währendes künstle- als als Medium der Kunst. Das Material im Sinne ei- pier aus Antiquariaten. Mittels spezieller Farbpig- risches Schaffen mit Tak besteht aus dem sich wie- nes physischen Stoffes war im Kontext der europä- mente sowie Rastertechnik erzielt der Künstler sub- derholenden Akt des „Verpackens“ mit dem von ischen Philosophie und Kunsttheorie lange Zeit ne- tile Farbabstufungen und Übergänge von zwei- zu Zeit- und Ortsspuren geprägten Tak und dem Akku- gativ konnotiert. Es wurde als Gegenbegriff zur Form dreidimensionalen Farbkörpern auf der Bildober- mulieren dieser Erinnerungsfragmente auf die Lein- und Idee (disegno) verstanden, und gehörte der nie- fläche. Hinsichtlich der monochromen Farbgebung wand. Seine „Aggregation“ manifestiert sich hier als deren Sphäre des Alltags an, die durch künstleri- und des geometrischen Bildformats, das über die Ort der Erinnerungen, der nur durch die physische sche Gestaltung überwunden werden sollte.1 Leinwand hinausgeht, wurde seine Kunst bisher in Präsenz des Papiers evoziert zu werden scheint. die Tradition des Minimalismus und Colour Field Erst seit dem frühen 20. Jahrhundert werden Materi- Painting gestellt. Auch in Kiefers Werken fällt der physischen Präsenz alien nicht nur als der Form dienende Werkstoffe be- des Materials eine entscheidende Rolle zu. Seit den trachtet, sondern erfahren als autonome ästhetische Die Ausstellung möchte die Werke des koreanischen achtziger Jahren integriert der Künstler zunehmend Kategorie eine neue Aufmerksamkeit. Die physikali- Künstlers jedoch nicht explizit im Kontext euro-ame- verschiedene Materialien wie Naturstoffe, Alltags- sche Beschaffenheit und die geschichtliche Bedeu- rikanischer Kunstgeschichte verorten, sondern ge- objekte, Haare, Pflanzen und Sand in seine Land- tung der Materialien rücken in den Mittelpunkt. Nicht rade über die Parallelen und Gegensätze eine Aus- schafts- und Architekturmalerei, die auch die deut- nur Farbe und Stein können als künstlerische Mate- einandersetzung anregen, indem sie Chuns Arbei- sche Geschichte und Mythologie thematisieren.6 Die rialien verwendet werden, sondern alles: Rohstoffe ten den Werken der Künstler Anselm Kiefer und Materialien werden von dem Künstler persönlich ge- ebenso wie industriell produzierte Werkstoffe, Alltags- Gotthard Graubner aus der Sammlung Klein un- sammelt, aufbewahrt, getrocknet und aufgearbeitet. gegenstände, Abfall, Pflanzen oder tierische Stoffe.2 ter dem Aspekt der Materialästhetik gegenüberstellt. Sie dienen dabei weder der Illustration einer Ge- Für die ausgestellten Künstler ist das Material nicht schichte noch dem direkten Verweis auf einen Bil- Im Mittelpunkt der Ausstellung steht der koreanische nur ein formalästhetischer Bestandteil des Mediums dinhalt, eher erhöhen sie die Rätselhaftigkeit seiner Künstler Chun Kwang Young. Vor etwa 10 Jahren er- Bild, sondern auch die physische Präsenz, die auf Arbeiten.7 Dadurch fordert er den Betrachter zur warb das Sammlerpaar Klein, „Aggregation 02-L114, die Bildwirklichkeit verweist. Davon ausgehend will sinnlichen Wahrnehmung der physischen Präsenz 2002“ von Chun Kwang Young in Sydney. Seitdem die Ausstellung zeigen, wie unterschiedlich die drei in seinen Bildern auf und bringt einen bestimmten gehört diese Arbeit zum festen Bestand der Samm- Künstler, bedingt durch ihre individuelle Auffassung Assoziationsprozess ins Spiel. Die Interaktion zwi- lung Klein. Die Faszination des Sammlerpaars für von Bildwirklichkeit und Formalästhetik mit Materia- schen Materialität und Undurchsichtigkeit in Kiefers die Arbeit Chuns beruhte vor allem auf der Schön- lität umgehen. Werken bezeichnet Dieter Honisch als eine wichtige heit des verwendeten koreanischen Papiers, „Tak“. künstlerische Strategie, durch die der Künstler ver- Dieses Papier, hergestellt aus Maulbeerbäumen, er- Material als Spuren der Erinnerung: Chun und Kiefer sucht, die Grenze zwischen Wirklichkeit und Illusi- fuhr im Zuge der monochromen Bewegung3 in Korea on aufzuheben.8 zunehmende Aufmerksamkeit. Künstler wie Chung, Durch die spannungsreiche Anordnung tausender Chang-Sup und Park, Seo-Bo haben bereits in den Papierfragmente in unterschiedlichen Größen und Verkörperung der Farbe als Material: Chun - Graubner 70er und 80er Jahren in ihrer monochromen Malerei Farbtönen bildet Chun Landschaftspanoramen5 oder die besondere Textur des Papiers herausgearbeitet illuminierende Farbfelder. Durch die trompe l’oeil - In ihrem Verzicht auf das Gegenständliche im Bild und den traditionellen Wert des Papiers thematisiert.4 Technik, die er seit 2004 verstärkt einführt, erzielt er und im Aufgreifen des autonomen Wertes der Far- 7 be und des Lichts sind Gotthard Graubner und Wetter, Axel Hrdina und Gabriele Balzer, den Auto- It is only since the early 20th Century that ma- Chun Kwang Young verwandt. Während Chun sich ren des Kataloges, Petra von Olschowski, Dr. Andre- terials have been no longer viewed as mere wor- dem eingefärbten Maulbeerbaumpapier als künst- as Kaernbach, Dr. Birgit Hopfener und Oh, Kwang- king substances in service of form but have recei- lerischem Medium konsequent verschrieben hat, Su sowie Uwe Rommel und seinem Team für ihre ved considerable attention as an autonomous aest- bedient sich Graubner der Farbe, dem ureigens- großzügige Unterstützung bei der Realisierung des hetic category. Now the sheer physical quality and ten, tradierten künstlerischen Material in allen Ei- Projekts. the historical significance of materials are moved genschaften und Farbwirkungen. Dabei entwickel- into the focus of attention. It is not only paint and 1 te Graubner eine eigene Technik, um unterschied- Wagner, Monika: Das Material der Kunst, eine andere Geschichte stone that can be employed as artistic materials der Moderne, München 2001, S.11 ff liche räumliche Farbwirkungen zu erreichen. Sei- Vgl. Rübel, Dietmar, Wagner, Monika, Wolff, Vera (Hrsg.) : Material- but everything – raw materials as much as indust- ne sogenannten »Kissenbilder« entstehen durch ästhetik, Quellentexte zu Kunst, Design und Architektur, Hamburg rially produced materials, everyday objects, garba- 2005, S. 323-324 den Farbauftrag auf verschiedenen Lagen von Wat- 2 Wagner, Monika: Das Material der Kunst, eine andere Geschichte ge, plants, or materials derived from animals.2 der Moderne, München 2001, S.12 ff te, Schaumstoff und synthetischen Stoffbahnen. Je 3 Vgl. Biggs, Lewis, Working with nature: Selector´s Introduction, In: nach
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