Bayerische Gletscher Im Klimawandel – Ein Statusbericht
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I N I S M T S E N R E I B U E M L Bayerisches Staatsministerium für B A E Umwelt und Gesundheit Y . D E R N 1910 Nördlicher Schneeferner, Zugspitzplatt: Vergleich 1910/2009 Bayerische Gletscher im Klimawandel – ein Statusbericht www.klima.bayern.de 2 Vorwort Gletscher faszinieren den Menschen seit Im Bewusstsein um die Bedeutung hoch- jeher. Gletscher sind unberührte Naturwun- alpiner Naturräume dürfen Gletscher nicht der, sensible Ökosysteme, Wasserspeicher, als tote Eismassen in den Höhen der Gebirge Orte der Schönheit und der Magie, der betrachtet werden. Sie verdienen unsere Beständigkeit und des Wandels zugleich. ganze Aufmerksamkeit als ein grundlegender Diese Werke der Schöpfung und Evolution Baustein des sensiblen und schützenswerten gilt es zu bewahren und zu schützen. „Öko- und Geosystems Hochgebirge“. Unsere Gletscher sind markante Zeichen der Bayeri- Gletscher sind aber auch Mahnmale des schen Alpen, insbesondere der Berchtes- Klimawandels. Sie reagieren in beispiellosem gadener Alpen und des Wettersteingebirges. Tempo auf die Veränderung des globalen Sie tragen zur Attraktivität der Gebiete bei. Klimasystems, das durch die Emission von Helfen Sie mit, damit auch die nachfolgenden Treibhausgasen aufgrund menschlicher Generationen die Schönheit der Alpen Aktivitäten zunehmend erwärmt wird. Überall bewundern und genießen können! auf der Erde schmelzen Gletscher ab und ziehen sich in größere Höhen zurück. Bei Dr. Christoph Mayer, Kommission für Erdmessung und Glaziologie der Bayerischen Der Klimawandel ist eine der größten Akademie der Wissenschaften, sowie Bedrohungen der Alpen und ihrer Gletscher. Dr. Wilfried Hagg, Department für Geographie Die Natur reagiert hier besonders deutlich, der Ludwig-Maximilians-Universität München, weil sich zahlreiche empfindliche Gebiete bedanken wir uns für die Erstellung des und naturbelassene Landschaften auf relativ zu Grunde liegenden wissenschaftlichen kleinem Raum befinden. Der nachhaltige Berichts. Schutz wertvoller und klimasensitiver Öko- systeme in den Alpen, wie Bergwälder oder alpine Wildflüsse sowie der Schutz gefähr- deter Tier- und Pflanzenarten gehören deshalb zu den vordringlichen Aufgaben der nächsten Jahre. Als einziges deutsches Bundesland mit Alpenanteil hat Bayern dabei eine besondere Verantwortung für den Natur- und Umweltschutz im Gebirge. Als Folgen des Klimawandels können sich in den alpinen Regionen zahlreiche Gefahren- momente ergeben. Diese Georisiken, wie Fels- und Eisschlag oder Murenabgänge, müssen rechtzeitig vermieden oder einge- dämmt werden. Im Rahmen der Bayerischen Klima-Anpassungsstrategie wurden zum Schutz von Mensch und Natur in den Alpen bereits umfangreiche Konzepte erarbeitet. Die Themenbereiche erstrecken sich vom Wildbachschutz, der Erstellung von Dr. Marcel Huber MdL Melanie Huml MdL Gefahrenhinweiskarten, nachhaltigen Staatsminister Staatssekretärin Schutzmaßnahmen im Bergwald, über die Kartierung von Permafrost, einem Klima- aktionsplan Alpenkonvention bis zur Neu- ausrichtung der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus zu einer der weltweit führenden Klima- und Wetterforschungs- stationen. Die Veränderung des alpinen Raums durch den Klimawandel wird im Rahmen internationaler Forschungs- vorhaben untersucht. Zugspitze 3 An der Bayerischen Akademie der Wissen- Der vorliegende Gletscherbericht hätte schaften wird seit fast 50 Jahren Gletscher- ohne die jahrzehntelange Beobachtung der forschung betrieben. Lange bevor die bayerischen Gletscher nicht geschrieben Diskussion um den Klimawandel und die werden können. Der Zustand der Gletscher in Reaktion der Gletscher die Tagesordnung Bayern, aber auch alpenweit, ist besorgnis- beherrschte, untersuchten Wissenschaft- erregend. Die weitere Entwicklung ist jedoch lerinnen und Wissenschaftler in München alles andere als klar, da die vorherrschenden die Zusammenhänge zwischen den klima- Prozesse im Vergehen der Gletscher bis tischen Verhältnissen und der Entwicklung heute nicht vollständing verstanden sind. der Gebirgsgletscher. Dabei geht die „Mün- Daher muss die Beobachtung auch in den chener Schule“ der Gletscherforschung bis nächsten Dekaden fortgeführt werden. ins 19. Jahrhundert zurück, als Sebastian Finsterwalder die erste wissenschaftliche Der vorliegende Bericht stellt eine wichtige Karte eines Geltschers aus Vermessungs- Zusammenfassung der bisher gewonnenen aufnahmen entwickelte. Erkenntnisse dar und veranschaulicht auch dem fachfremden Leser die Faszination des Die Gletscherentwicklung wirkt wie ein Filter Hochgebirges mit seinem „ewigen Eis“. für das Wettergeschehen: Nur langfristige Änderungen spiegeln sich in den Gletschern wider. Dies erlaubt es den Forschern, die relevanten Prozesse im Klimageschehen zu identifizieren und zu bewerten. Allerdings benötigt diese Forschung auch einen langen Atem, da die Entwicklungen über lange Zeit- räume beobachtet und registriert werden müssen. Erst dann erschließt sich der wahre Wert der Beobachtungen in einem großen Zusammenhang. Daher ist die Gletscher- forschung zu Recht in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften beheimatet, einer Institution, die langfristige Forschungs- projekte als eine ihrer Kernaufgaben versteht. Prof. Dr. Karl-Heinz Hoffmann Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 4 Zugspitzkreuz Inhaltsverzeichnis 5 Vorwort 2 1. Gletscherrückgang – eine dramatische Folgereaktion des Klimawandels in den Alpen 6 2. Methoden der Gletscherforschung 8 3. Einflussfaktoren auf die Entwicklung von Gletschern in den Alpen 10 4. Bedeutung der Alpengletscher im Wasserkreislauf 13 5. Gletscher in Bayern heute – eine Bestandsaufnahme 14 Nördlicher Schneeferner 16 Südlicher Schneeferner 17 Höllentalferner 18 Watzmanngletscher 19 Blaueis 20 6. Entwicklung der Gletscher in Bayern 21 Historische Aufzeichnungen seit dem 18. Jahrhundert 21 Systematische Erfassung der bayerischen Gletscher ab 1950 22 Ausblick in die Zukunft der bayerischen Gletscher 25 7. Ein Blick nach Europa: Haben die Gletscher der Alpen eine Zukunft? 26 Alpengletscher im Überblick 26 Schweizer Alpengletscher 27 Österreichische Alpengletscher 27 Zusammenfassung 29 Glossar 30 Fachliteratur und Quellen 32 Allgemeine Literatur zum Thema Gletscher 34 Internetquellen 34 Impressum 36 6 1. Gletscherrückgang – eine dramatische Folgereaktion des Klimawandels in den Alpen Sowohl Ausmaß und Geschwindigkeit der Dass der Gletscherschwund ein sich globalen Erderwärmung als auch die vom selbst verstärkender Prozess ist, lässt seine Menschen emittierten Treibhausgase als Folgen noch gefährlicher werden. Die starke wesentliche Ursache des Klimawandels sind Reduktion heller Schnee- und Firnflächen unbestritten. Aufgrund des Klimawandels durch Abschmelzprozesse führt vermehrt sind während der vergangenen hundert zu dunkleren, schneefreien Flächen, welche Jahre die Lufttemperaturen in Bayern je nach die Sonnenstrahlung besser absorbieren und Region um 0,5 bis 1,2 ° C im Jahresmittel sich dadurch weiter aufwärmen. Auch die angestiegen, am stärksten in den beiden Intensität der Sonneneinstrahlung, Luftdruck letzten Jahrzehnten (Bayerisches Landesamt und -bewegung, Art und Menge von Nieder- für Umwelt, 2008). schlägen gehorchen in Höhenlagen anderen Gesetzmäßigkeiten als im Tal. So fallen die Regionale Klimamodelle und Ergebnisse Sommerniederschläge auch in höheren aus der Klimaforschung zeigen, dass ins- Gebirgslagen inzwischen meist als Regen besondere das sensible Ökosystem Alpen in und nicht mehr als Schnee. Massenverluste den kommenden Jahrzehnten weiter von und Abschmelzen der Gletscher werden einem überdurchschnittlichen Lufttempera- so unterstützt. turanstieg betroffen sein wird. Schon jetzt ist die Temperaturzunahme in den Alpen nahezu In den europäischen Alpen gibt es noch doppelt so groß wie der globale Durchschnitts- etwa 5000 Gletscher. Davon liegen wert, d. h. bis zu 2 ° C. Natur und Umwelt ■ 43 % in der Schweiz (= ca. 1050 km2) , werden dadurch erheblich beeinträchtigt. So ■ 23 % in Italien (= 560 km2), führte der Klimawandel in den Alpen zu einem ■ 19 % in Österreich (= 560 km2), Anstieg der Schneegrenze um 250 bis 300 m ■ 14 % in Frankreich (= 350 km2). mit gravierenden Auswirkungen – auch auf die Gletscher. Die 0 ° C-Grenze hat sich z. B. im Weniger als einen Quadratkilometer umfas- Hitzesommer 2003 für mehrere Wochen auf sen die Gletscherflächen der fünf deutschen eine Höhe von 4 000 m nach oben verschoben. Gletscher in Bayern (Alean, J., 2010). Die Folgen des Klimawandels sind in den Alpen besonders weitreichend und gravierend, weil das Ökosystem Alpen aufgrund der räum- lichen Enge, der zahlreichen spezialisierten Lebensgemeinschaften und deren geringen Wander- bzw. Ausweichmöglichkeiten sehr empfindlich und verwundbar ist. Gletscher in den Alpen Legende LINZ WIEN STÄDTE DEUTSCHLAND MÜNCHEN Gletscher SALZBURG Berggipfel Zugspitze Dachstein BASEL 2962 m Watzmann 2995 m ZÜRICH Nebelhorn 2307 m SCHWEIZ 2224 m INNSBRUCK Säntis FL ÖSTERREICH GRAZ 2501 m Großglockner BERN Wildspitze 3798 m 3768 m N KLAGENFURT FRANKREICH LAUSANNE E Jungfrau P MARIBOR 4158m L Ortler T A 3905 m S GENÈVE O SLO WENIEN JUBLIJANA Monte Rosa 4634m TRENTO UDINE Matterhorn 4477m LYON N Montblanc 4 807m E Gran Paradiso MILANO P 4601m VERONA KROA TIEN GRENOBLE L TORINO A T ITALIEN S GENOVA E W NICE 7 Weltweit warnen Gletscherforscher vor Da sich in der kurzen Zeit des Abschmelzens den dramatischen Veränderungen des die Vegetation nicht an die eisfreien Flächen „ewigen Eises“, die seit der beginnenden anpassen kann, verbleiben unbewachsene Industrialisierung um die Mitte des 19. Jahr- Geröllhalden