21.02.2020

Gericht BVwG

Entscheidungsdatum 21.02.2020

Geschäftszahl W215 2168869-1

Spruch W215 2168869-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Bundesrepublik , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.08.2017, Zahl 1110750601-160498416, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG, § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017,

§ 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), in der Fassung BGBl. I Nr. 110/2019, und § 55 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer wurde am 07.04.2016 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgegriffen und stellte am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

In seiner Erstbefragung am 07.04.2016 sowie seiner niederschriftlichen Befragung am 04.08.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, er stamme aus einem XXXX und gehöre dem Clan der an. Er sei verheiratet und habe mit seiner Ehefrau und seinen Eltern in einem Haus in seinem Heimatdorf gelebt. Zu seinen Fluchtgründen führte er im Wesentlichen aus, dass er in seinem Heimatort als XXXX gearbeitet habe und jeden Donnerstag in die nächstgrößere Stadt zum XXXX gefahren sei. Dort habe ihn die Terrorgruppe al-Schabaab erwischt und zu einem Beitritt zwingen wollen. Er habe die Gruppe um Bedenkzeit gebeten und sei daraufhin einige Wochen nicht in die Stadt gefahren. Nach vier Wochen habe er gedacht, dass ihn die Gruppe vergessen habe, aber als er wieder in die Stadt gekommen sei, hätten sie ihn sofort festgenommen und eingesperrt. Er sei einen Monat in Haft gewesen und gefoltert und geschlagen worden. Daraufhin habe er zugesagt, der al-Schabaab beizutreten und sei in ein Trainingscamp gekommen. Nach zehn Tagen hätten die Ausbildner einen Anruf bekommen, dass die äthiopische Regierung www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020 bald hier sein werde und jeder fliehen müsse. Er sei daraufhin alleine geflohen und habe sich nach XXXX durchgeschlagen. Dort habe er seine Familie angerufen und sein Vater habe ihm Geld geschickt, damit er ausreisen könne.

Mit ärztlichem Attest von XXXX wurde beim Beschwerdeführer XXXX diagnostiziert und XXXX empfohlen. Der Beschwerdeführer befand sich von XXXX wegen eines XXXX in stationärer Behandlung. Von XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen XXXX in einem Krankenhaus behandelt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.08.2017, Zahl 1110750601-160498416, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 07.04.2016 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bundesrepublik Somalia (Spruchpunkt II.) abgewiesen, gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die Bundesrepublik Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Mit Schreiben vom 07.08.2017 ersuchte der Beschwerdeführer um Richtigstellung einiger Passagen in der Niederschrift vom 04.08.2017.

Gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.08.2017, Zahl 1110750601- 160498416, zugestellt am 09.08.2017, erhob der Beschwerdeführer am 22.08.2017 fristgerecht die gegenständliche Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer Verfolgungshandlungen vonseiten der al-Schabaab drohen würden und eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht bestehe, da sich die Verfolgung auf das gesamte Staatsgebiet beziehe. Ihm sei daher jedenfalls Asyl, zumindest aber subsidiärer Schutz zu gewähren.

2. Die Beschwerdevorlage vom 23.08.2017 langte am 28.08.2017 im Bundesverwaltungsgericht ein.

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 20.07.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen der Beschwerdeführer und sein Vertreter. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich bereits in der Beschwerdevorlage für die Verhandlung entschuldigt. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan. Der Beschwerdeführer und sein Vertreter verzichteten auf Einsichtnahme und Ausfolgung. Das Bundesverwaltungsgericht räumte den Verfahrensparteien vor Schluss der Verhandlung eine zweiwöchige Frist zur Abgabe von Stellungnahmen ein.

Mit Schreiben vom 06.02.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer mehrere Fragen zu seiner aktuellen Situation in Österreich zum Parteiengehör und räumte ihm eine Frist zu Stellungnahme ein. Mit Schreiben vom 13.02.2019 beantwortete der Beschwerdeführer die an ihn gestellten Fragen, machte Ausführungen zu seiner Integration in Österreich und legte mehrere Bestätigungen vor.

Mit Schreiben vom 28.02.2019 und 25.07.2019 legte der Beschwerdeführer weitere Unterlagen zu seiner Integration vor.

Mit Schreiben vom 09.12.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer abermals mehrere Fragen zu seiner aktuellen Situation in Österreich zum Parteiengehör und räumte ihm eine Frist zu Stellungnahme ein. Mit Schreiben vom 08.01.2020 beantwortete der Beschwerdeführer die an ihn gestellten Fragen, machte Ausführungen zu seiner Integration in Österreich und brachte vor, dass die Lage in der ganzen Bundesrepublik Somalia prekär sei. Er habe zu seinen Familienangehörigen keinen Kontakt mehr und sei ihm eine Rückkehr aus diesem Grunde unzumutbar, weshalb ihm internationaler Schutz zuzuerkennen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

1. Die Identität des Beschwerdeführers kann nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Bundesrepublik Somalia, gehört dem moslemischem (sunnitischen) Glauben und dem Clan der Hawiye, Subclan Hawaadle, an. Er ist nach moslemischem Ritus verheiratet und hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und wurde, während er nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt war, aufgegriffen und angehalten. Erst danach stellte er am 07.04.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer wurde von XXXX wegen eines XXXX stationär behandelt und befand sich von XXXX wegen - einer mittlerweile ausgeheilten - XXXX -Erkrankung in einem Krankenhaus. Ferner wurde bei ihm XXXX diagnostiziert und XXXX empfohlen. Der Beschwerdeführer hatte im Zuge seines Aufenthalts in Österreich regelmäßige Kontrolltermine und bedarf derzeit keiner medizinischen Behandlung und benötigt auch keine Medikamente; eigenen Angaben zufolge ist er beschwerdefrei und gesund.

2. Der Beschwerdeführer hat nicht glaubhaft gemacht, dass er in der Bundesrepublik Somalia einer versuchten Zwangsrekrutierung oder physischer oder psychischer Gewalt durch al-Schabaab ausgesetzt war oder sein wird. Er hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass er im Fall seiner Rückkehr von Regierungstruppen Verfolgung zu befürchten hat.

3. Der Beschwerdeführer stammt aus XXXX , in der Bundesrepublik Somalia. Dort lebte er gemeinsam mit seinen Eltern und seiner Lebensgefährtin, mit der er nach moslemischem Ritus verheiratet ist, in einem Haus, das im Eigentum der Familie steht. Der Beschwerdeführer hat eine Schwester in der Bundesrepublik Somalia, eine weitere Schwester lebt in Belgien.

Der Beschwerdeführer behauptet in seinem XXXX gearbeitet zu haben. Weiters hatte der Vater des Beschwerdeführers einige Tiere und sorgte damit für den Lebensunterhalt der Familie. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Somalia ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit droht oder er Gefahr läuft, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und er in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation gerät. Der derzeitige Aufenthaltsort seiner Familienangehörigen kann nicht festgestellt werden, der Beschwerdeführer kann aber im Fall seiner Rückkehr mit der Unterstützung seiner Clanangehörigen rechnen. Die Hawiye leben vor allem in Süd- und Zentralsomalia und zählen zu den größten Clans in der Bundesrepublik Somalia. Sie haben XXXX .

4. In Österreich leben keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer legte am XXXX die A1-Deutschprüfung ab und absolvierte am XXXX die A2-Deutschprüfung. Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte sich der Beschwerdeführer verständlich, aber gebrochen auf Deutsch ausdrücken. Der Beschwerdeführer besucht Deutschkurse, geht in ein Sprachcafé und hilft dort auch bei Aufräumtätigkeiten mit, weiters leistet er immer wieder freiwillige "Übersetzungsdienste" bei einer Rechtsberatungsorganisation. Er absolvierte einen Erste-Hilfe-Kurs und besucht derzeit den Vorbereitungslehrgang zum Nachholen eines Pflichtschulabschlusses. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über soziale Kontakte, es liegen jedoch keine besonderen Abhängigkeitsverhältnisse zu Personen in Österreich vor und sind allfällige freundschaftlichen Beziehungen zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem sich der Beschwerdeführer seiner unsicheren aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst sein musste. Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung.

5. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird festgestellt:

Allgemein

In der Bundesrepublik Somalia leben schätzungsweise 15,45 Millionen Menschen (2019, World Population Review [AA Überblick Stand 05.03.2019, abgefragt am 13.11.2019]).

Im Hinblick auf beinahe alle zu beleuchtenden Tatsachen ist Somalia faktisch zweigeteilt: a) In den Gliedstaaten Süd- und Zentralsomalia, wo auch die Hauptstadt Mogadischu liegt, herrscht in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der vom VN-Sicherheitsrat mandatierten Friedensmission der Afrikanischen Union AMISOM (African Union Mission in Somalia) gegen die radikalislamistische, al-Qaida-affiliierte al-Schabaab-Miliz. Die Gebiete sind nur teilweise unter der Kontrolle der Regierung, wobei zwischen der im Wesentlichen auf Mogadischu beschränkten Kontrolle der www.ris.bka.gv.at Seite 3 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020 somalischen Bundesregierung und der Kontrolle anderer urbaner und ländlicher Gebiete durch die Regierungen der föderalen Gliedstaaten Somalias, die der Bundesregierung de facto nur formal unterstehen, unterschieden werden muss. Weite Gebiete stehen aber auch unter der Kontrolle der al-Schabaab-Miliz oder anderer Milizen. Diese anderen Milizen sind entweder entlang von Clan-Linien organisiert oder, im Falle der Ahlu Sunna Wal Jama'a, auf Grundlage einer bestimmten religiösen Ausrichtung. Zumindest den al-Schabaab-Kräften kommen als de facto-Regime Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten gemäß des 2. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen zu. Der Gliedstaat Puntland State of Somalia, der das Horn von Afrika im engeren Sinne umfasst, hat sich 1998 mit internationaler Unterstützung konstituiert. Er strebt keine Unabhängigkeit von Somalia an und ist einer der fünf offiziellen föderalen Gliedstaaten Somalias, wenngleich mit größerer Autonomie. Es konnten einigermaßen stabile staatliche Strukturen etabliert werden. Al- Schabaab kontrolliert hier keine Gebiete mehr, sondern ist nur noch in wenigen schwer zugänglichen Bergregionen mit Lagern vertreten, ebenso wie der somalische Ableger des sog. "Islamischen Staats". Stammesmilizen spielen im Vergleich zum Süden eine untergeordnete Rolle. Allerdings ist die Grenzziehung im Süden sowie im Nordwesten nicht eindeutig, was immer wieder zu kleineren Scharmützeln, im Süden auch zu schwereren gewaltsamen Auseinandersetzungen führt. Seit 2012 gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 01.08.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten, waren es 2016 über 14.000 Wahlleute. Allgemeine freie Wahlen bleiben das Ziel für 2020/21. Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed, genannt "Farmajo", zum Präsidenten, und im März bestätigte es Hassan Ali Khaire als Premierminister und das neue Kabinett. Die Regierung von Präsident Farmajo verfolgt eine intensive Reformagenda in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Sicherheit. Allerdings stehen mächtige Teile der Clan-Eliten der Regierung und ihrem Reformkurs kritisch gegenüber. Hinzu kommen immer wieder Spannungen in den Beziehungen Mogadischus zu den föderalen Gliedstaaten, die den politischen und wirtschaftlichen Fortschritt des Landes lähmen (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 13.11.2019).

Seit dem Ende der Übergangsperiode und dem Beginn des New Deal Prozesses 2013 wurde wiederholt der politische Wille zur umfassenden Reform des Staatswesens (Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Menschenrechten, Demokratisierung, Föderalisierung) bekundet. 2016 und 2017 konnten mit der Gründung der Gliedstaaten und einem relativ demokratisch erfolgten Machtwechsel wichtige Weichen in Richtung Demokratisierung, legitimer Staatsgewalt und Föderalismus erreicht werden. In den anderen Bereichen ist die Situation nach wie vor mangelhaft. Insbesondere das Verhalten der Sicherheitskräfte, Aufbau, Funktionsweise und Effizienz des Justizsystems und die Lage im Justizvollzug entsprechen nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes (AA 04.03.2019).

Der UN Security Council verlängerte am 27.03.2019 das Mandat der UN-Hilfsmission in Somalia (UNSOM) bis zum 31.03.2020 (BAMF 01.04.2019). ad a) Somalia

Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen, insbesondere Clan-Strukturen, vergeben. Traditionell benachteiligte Gruppen wie Frauen, Jugendliche, ethnische Minderheiten, LGBTI, Behinderte usw. sehen sich somit nicht oder nicht hinreichend vertreten Im November und Dezember 2016 wurde von über 14.000 Wahlmännern und -frauen ein 275-köpfiges Parlament gewählt. Dieser Prozess ist ein bemerkenswerter demokratischer Fortschritt, da noch bei der letzten "Wahl" die Mitglieder des Parlaments unmittelbar durch einzelne Clanälteste bestimmt worden waren. Die Präsidentschaftswahl fand am. 8. Februar 2017 statt, als Gewinner ging der frühere Premierminister Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmajo" hervor, am 29. März wurde die neue Regierung unter Premierminister Hassan Ali Khayre bestätigt und vereidigt (AA 04.03.2019).

Jubalands Sicherheitsminister Abdirashid Hassan Abdinur (Abdirashid Janan) wurde am 31.08.2019 von der somalischen Bundesregierung (FGS) in Mogadischu verhaftet. Ihm werden verschiedene Verbrechen vorgeworfen, darunter Tötungen, Folter, rechtswidrige Inhaftierungen und die Blockierung der humanitären Hilfe in 2014 und 2015. Amnesty International fordert einen fairen Gerichtsprozess vor einem Zivilgericht. Die Regierung Jubalands nannte die Verhaftung eine "Entführung" und "illegal". Die Verhaftung erfolgt in einer Zeit zunehmender Spannungen zwischen der FGS und der Regionalverwaltung in Jubaland: im August weigerte sich die Bundesregierung, die Ergebnisse der Bundestagswahlen anzuerkennen, die Ahmed Madobe erneut zum Regionalpräsidenten wählten (BAMF 09.09.2019).

www.ris.bka.gv.at Seite 4 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

(AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Stand 05.03.2019, abgefragt am 13.11.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203162

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 01.04.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2006127/Deutschland___Bundesamt_f%C3%BCr_Migration_und_Fl%C3%B Cchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_01.04.2019_%28deutsch%29.pdf

AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Überblick, Stand 05.03.2019, abgefragt am 13.11.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/somalia/203130

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 09.09.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016900/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_09.09.2019_%28deutsch%29.pdf)

Parteiensystem ad a) Somalia

Es gibt keine Parteien im westlichen Sinn. Die politischen Loyalitäten bestimmen sich in erster Linie durch die Clan-Zugehörigkeit oder religiöse Bindung an informelle Gruppierungen. Im September 2016 verabschiedete der Präsident ein Parteiengesetz, das die Grundlage für eine Parteienbildung werden soll. Trotz vorgesehener Mechanismen, die eine breite geografische Repräsentanz in den Parteien sicherstellen sollen, ist nicht ausgeschlossen, dass die Parteienbildung im Wesentlichen anhand von Clan-Zugehörigkeit stattfindet und somit zu einer weiteren Manifestierung des Clan-Systems führt (AA 04.03.2019).

Eine Besonderheit der Politik und Geschichte Somalias liegt in der Bedeutung der Clans. Clans sind auf gemeinsame Herkunft zurückgehende Großfamilienverbände mit einer bis zu siebenstelligen Zahl von Angehörigen. Die Kenntnis der Clanstrukturen und ihrer Bedeutung für die somalische Gesellschaft ist ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der politischen und historischen Entwicklungen in Somalia. Die übergeordneten Clans in Somalia sind die Hawiye, , Issaq, und der Clanverbund der Digil-Mirifle bzw. . Aufgrund des jahrzehntelangen Bürgerkriegs ist es nicht möglich, die genauen Zahlenverhältnisse der einzelnen Clans anzugeben. Hawiye, Darod, Issaq und Digil-Mirifle stellen wohl je 20 bis 25 Prozent der Gesamtbevölkerung, die Dir deutlich weniger. Über 95 Prozent aller Somalier fühlen sich einem Sub-Clan zugehörig, der genealogisch zu einem der Clans gehört. Auch diese Sub-Clans teilen sich wiederum in Untereinheiten auf. Die Zugehörigkeit zu einem Clan bzw. Sub-Clan ist ein wichtiges Identifikationsmerkmal und bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 13.11.2019).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019

AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Stand 05.03.2019, abgefragt am 13.11.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203162)

Hawaadle/Hawadle

Die Hawaadle gehören zu dem einflussreichen, mächtigen Mehrheitsclan der Hawiye (IRB 02.09.2016). Laut dem leitenden somalischen Berater von Saferworld sind die Badi-Ade "als Clan nicht als sehr gewalttätig bekannt". Dieselbe Quelle fügte hinzu, dass "jederzeit [Mitglieder des Badi-Ade-Clans] leicht Opfer anderer benachbarter Clans [wie etwa] der Gaaljecel, Jajeelo oder Hawaadle [Hawadle] werden könnten." Laut einem Bericht der Beobachtungsstelle für Binnenvertriebene (Internal Displacement Monitoring Centre, IDMC) und des Norwegischen Flüchtlingsrates (Norwegian Refugee Council, NRC), der einen Bericht der UN- Koordinierungsstelle und des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, OCHA) vom August 2002 zitiert "leiden Bantu (Makane) in Beletweyne [Beledweyne; Beled Weyne; Belet Weyne] unter Misshandlungen und Gewalt durch die Clans Hawadle, Galjele, Badi Adde und Jijele. Die meisten von ihnen wurden von der Stadt Belet Weyne in www.ris.bka.gv.at Seite 5 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020 ländliche Gebiete in der Region Hiraan vertrieben." Laut einem Artikel von Voice of America (VOA) vom Juni 2017 haben "Clanmilizen, die zu den und Hawadle (einem Subclan der Hawiye) gehören", in der Region von Belet Weyne "um Weiden und Land" gekämpft (VOA 17. Juni 2017 [IRB 12.04.2018]).

In einem im Rahmen des Projekts Conflict Early Warning and Response Mechanism (CEWARN) im September 2013 veröffentlichten Bericht der Intergovernmental Authority on Development (IGAD), einer regionalen Organisation von Staaten (Dschibuti, Eritrea, Äthiopien, Kenia, Somalia, Sudan und Uganda) mit Sitz in Dschibuti, wird erwähnt, dass in der Region die Clans der Biyamal (Dir), Digil (Rahanweyn), Koofi (Benadiri) und Wacdaan (Hawiye) als die ursprünglichen Bewohner ("asal") angesehen würden. Unterclans der Hawiye, darunter die Habar Gedir, , Murusade und Hawadle aus Mogadischu und dem zentralen Landesteil würden als neue Siedler angesehen ("farac"). Seit dem Zusammenbruch des Staates würden diese Farac-Gemeinschaften die Region militärisch, wirtschaftlich und politisch dominieren (Accord 03.02.2016).

Die Hawiye leben hauptsächlich in Süd- und Zentralsomalia. Die wichtigsten Hawiye-Clans sind die Habr Gedir und die Abgaal, die beide in und um Mogadischu großen Einfluss haben (U.K. Jänner 2019). Die Hawiye findet man in Süd- und Zentralsomalia, und insbesondere die Habar Gedir und Abgaal-Gruppen dominieren in Mogadischu. In den anderen Regionen sind die Hawiye weniger präsent, und generell begnügen sie sich mit der Kontrolle über Süd- und Zentralsomalia. "Mukulal Madow " bezeichnet die Knüpfung von Heiratsbeziehungen zwischen Rer Hamar-Haushalten (und anderen Benadiri-Gruppen) und den mächtigen "noblen" Clans (insbesondere den Hawiye-Gruppen Abgaal und Habr Gedir). Daher stehen Rer Hamar-Haushalte, die ihre Tochter bzw. Töchter an mächtige Clans verheiratet haben, bis zu einem gewissen Grad unter dem den Schutz dieser Clans (Accord 15.05.2009).

In Somalia gilt ferner das System von "hosts and guests". Demnach sind Personen, die sich außerhalb des eigenen Clanterritoriums niederlassen, gegenüber Angehörigen des dort ansässigen Clans schlechter gestellt. In Mogadischu gelten etwa Angehörige der , Rahanweyn und Darod als "Gäste", die mit den dominanten Hawiye eine Vereinbarung treffen müssen (EJPD 31.05.2017). Es gibt keine Übersicht bezüglich der Clanzusammensetzung in Mogadischu, aber Quellen sind sich einig, dass die Stadt von Hawiye-Clans dominiert wird, insbesondere von den beiden Hawiye-Clans Abgal und Haber Gedir. Den Quellen zufolge stellen diese Clans einen bedeutenden Teil der Bevölkerung und der Regierungstruppen in Mogadischu. Nach Einschätzung von Landinfo ist es daher in erster Linie an den Hawiye-Clans Abgal und Haber Gedir, als Abschreckung für potenzielle Aggressoren in Mogadischu zu erscheinen (U.K. Jänner 2019).

(U.K. Home Office, Country Policy and Information Note Somalia, Majority clans and minority groups in south and central Somalia, Version 3.0 Jänner 2019, https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/773526/Somal ia_-_Clans_-_CPIN_V3.0e.pdf

IRB, Immigration and Refugee Board of Canada, Somalia, 12.04.2018, https://irb-cisr.gc.ca/en/country- information/rir/Pages/index.aspx?doc=457449&pls=1).

Accord, Bericht, Clans in Somalia, Bericht zum Vortrag von Dr. Joakim Gundel beim COI-Workshop in Wien am 15.05.2009, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1261131016_accord-bericht-clans-in-somalia- ueberarbeitete-neuausgabe-20091215.pdf

Accord, Anfragebeantwortung zu Somalia, Informationen zu Konflikten zwischen Clans in der Stadt Merka (auch: , Marka) in der Region Lower Shabelle, Zahl a-9478-2 (9479), 03.02.2016, https://www.ecoi.net/de/dokument/1393732.html

EJPD, Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Staatssekretariat für Migration SEM, Focus Somalia, Clans und Minderheiten, 31.05.2017, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SOM-clans-d.pdf

IRB, Immigration and Refugee Board of Canada, Somalia, 02.09.2016, https://www.ecoi.net/de/dokument/1409472.html)

Sicherheitslage

www.ris.bka.gv.at Seite 6 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

Der Alltag der Menschen vor allem im Süden und in der Mitte Somalias bleibt von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und den sie unterstützenden internationalen Kräften (AMISOM) einerseits und der radikalislamistischen Terrorgruppe al-Schabaab andererseits geprägt. Mit Waffengewalt ausgetragene Streitigkeiten zwischen rivalisieren Clans oder Sub-Clans kommen hinzu. In den Regionen Puntland und "Somaliland" ist die Lage insgesamt stabiler. In den zwischen Puntland und "Somaliland" umstrittenen Grenzregionen (Regionen Sool und Sanaag sowie im östlichen Teil der Region Togdheer) kam es in jüngerer Zeit wieder verstärkt zu bewaffneten Auseinandersetzungen, insbesondere um den umstrittenen Ort Tukaraq. Spannungen und gelegentliche bewaffnete Zusammenstöße gibt es auch in der Stadt Galkayo an der Südgrenze Puntlands mit Galmudug, die Lage hat sich aber seit der Durchführung gemeinsamer Polizeipatrouillen stark verbessert (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 13.11.2019).

Für westliche Staatsangehörige besteht in ganz Somalia (dies gilt auch für Somaliland und Puntland) ein sehr hohes Entführungsrisiko, ausländische Staatsangehörige werden auch immer wieder Opfer von Mordanschlägen. Außerordentlich gefährlich ist die Lage in Zentral- und Südsomalia, einschließlich des Großraums Mogadischu, wobei jedoch auch in den anderen Landesteilen wie Puntland (Nordosten) und Somaliland (Norden) mit extremer Unsicherheit, Entführungen sowie Terror- und Selbstmordanschlägen gerechnet werden muss. Im ganzen Land besteht die Gefahr von nicht explodierten Minen und Bomben. Sehr hohe Kriminalität (BMEIA Stand 01.10.2019 abgefragt 08.01.2020).

Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat. Gleichwohl gibt es keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden "Somaliland" (Regionen Awdaal, Wooqoi Galbeed, Toghdeer, Sool, Sanaag) im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al-Schabaab-Miliz in Frage gestellt (AA 04.03.2019).

Sicherheitskräfte führten im Juli 2019 mit Unterstützung der USA weiterhin Einsätze gegen die al-Schabaab durch. Bei unbestätigten Luftangriffen wurden am 11.07.2019 Berichten zufolge Dutzende al-Schabaab-Kämpfer in Jilib getötet. Unbekannte Bewaffnete hätten im Norden des Landes das Feuer auf ein Fahrzeug in Galkayo in Puntland eröffnet. Mindestens fünf Zivilisten wurden getötet. Bei einem US-Luftangriff am 27.07.2019 wurde ein Mitglied des Islamischen Staates in Somalia (ISIS) getötet. Streitkräfte Somalilands stießen am 10.07.2019 nahe Dhoob in der Region Sanaag mit Kräften von Colonel Arre zusammen, der 2018 von Somaliland nach Puntland übergelaufen war. Vier Soldaten wurden getötet. Bei weiteren Zusammenstößen in der Ortschaft Karin wurden Berichten zufolge zwei somaliländische Soldaten getötet. In der Region Gedo töteten Sicherheitskräfte zwischen 03. und 09.06.2019 fünf al-Schabaab-Kämpfer. Bei Angriffen der al-Schabaab auf kenianische Soldaten am 24.06.2019 wurden in Burgavo in Lower Juba neun al-Schabaab-Kämpfer getötet. In der Region Bay wurden bei Zusammenstößen nahe Bur Eyle am 22.06.2019 elf Soldaten und fünf Kämpfer getötet. In der Region Lower Shabelle wurde bei einem Angriff der al-Schabaab auf einen Militärstützpunkt in Bulo Marer am 27.06.2019 drei Kämpfer und zwei Soldaten getötet, in Jamame wurden zudem mindestens acht Kämpfer getötet. Am 11.06.2019 nahmen die Streitkräfte Puntlands den Militärstützpunkt in Af-Urur kampflos ein, nachdem dieser zuvor, am 08.06.2019, von der al-Schabaab eingenommen worden war. Am 14. Juni 2019 kam es in der Region Sanaag zu Zusammenstößen zwischen Streitkräften Puntlands und Somalilands. Es wurden keine Toten oder Verletzten berichtet. Zwischen 04. und 25.06.2019 wurden laut US-Angaben sechs ISIS- Mitglieder und vier al-Schabaab-Kämpfer bei US-Luftangriffen getötet (Accord Sicherheitslage 04.12.2019).

In vielen Gebieten der Gliedstaaten Somalias und der Bundeshauptstadt Mogadischu herrscht Bürgerkrieg. In den von al-Schabaab befreiten Gebieten kommt es weiterhin zu Terroranschlägen durch diese islamistische Miliz. Am 14. Oktober 2017 kam es zu einem der verheerendsten Anschläge der Geschichte Somalias mit über 500 Todesopfern und zahlreichen Verletzten. Ein LKW brachte eine Sprengladung in einer belebten Kreuzung in Mogadischu zur Detonation. Die Al-Schabaab Miliz wird hinter dem Anschlag vermutet, hat sich jedoch nicht offiziell dazu bekannt Seitdem hat es wiederholt Anschläge im Stadtgebiet von Mogadischu mit bis zu 40 Todesopfern gegeben (AA 04.03.2019).

Entwicklung von Konfliktvorfällen in der Bundesrepublik Somalia vom Juni 2017 bis Juni 2019:

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(Accord 19.12.2019). ad a) Somalia

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Eine Woche nachdem Addirahman Omar Osman, der Bürgermeister Mogadischus, am 24.07.2019 Opfer eines Selbstmordanschlags geworden war, erlag er am 01.08.2019 seinen Verletzungen, mindestens sechs weiter Personen wurden bei dem Anschlag getötet (BBC 01.08.2019).

In der vergangenen Woche wurde über mehrere Luftangriffe des US AFRICOM berichtet: Am 27.07.2019 wurde bei einem Angriff in den Golis-Bergen in Nordsomalia ein Kämpfer des Islamic State in Somalia (ISS) getötet; am 29.07.2019 wurden Stellungen der al-Schabaab in den Städten Jamame (Region Lower Jubba) und Buale (Region Middle Juba) angegriffen; am 01.08.2019 soll es erneut in Jamame sowie in der Stadt Jilib (Region Middle Jubba) zu Angriffen gekommen sein. Al-Schabaab nahe Medien haben die Luftangriffe in Jilib, Buale und Jamame im Juli bestritten. Von US AFRICOM wurde nur der Luftangriff vom 27.07.2019 bestätigt (BAMF 05.08.2019).

Truppen der Somalia National Army (SNA) und der AMISOM haben Berichten zufolge am 25.08.2019 die Stadt Burweyn in der Region Hiraan von al-Schabaab übernommen. Am gleichen Tag sollen 18 al-Schabaab-Kämpfer in Sablale, Region Lower Shabelle von Soldaten der SNA getötet worden sein (BAMF 02.09.2019).

Somalische Spezialeinheiten, die von Flugzeugen unterstützt wurden, führten am 04.09.2019 Operationen gegen al-Schabaab-Trainingslager in den Regionen Middle Juba und Lower Shabelle durch. Berichten zufolge wurden zwei al-Schabaab-Kommandanten getötet. Am 03.09.2019 soll bei einem Luftangriff der US-AFRICOM ein al- Schabaab-Kämpfer im Gebiet Jilib, Region Middle Juba, ums Leben gekommen sein (BAMF 09.09.2019).

Mindestens fünf Personen, darunter zwei Kinder, wurden getötet und mehrere andere verletzt, als am 11.09.2019 eine Landmine in der Nähe einer Polizeistation in Dinsor, Bay Region, gezündet wurde. Am 14.09.2019 wurden drei Menschen, darunter ein Regierungsbeamter, bei einer Landminenexplosion auf der Straße zwischen den Städten Balad und Jowhar in der Region Middle Shabelle getötet (BAMF 16.09.2019).

In der vergangenen Woche wurden mehrere Zusammenstöße zwischen al-Schabaab auf der einen Seite und der somalischen Nationalarmee, AMISOM sowie regionalen Sicherheitskräften auf der anderen Seite gemeldet. Darunter die Städte Jalalaqsi und Bulo Burde (Region Hiraan) sowie in Jamame (Region Lower Shabelle). Kampfflugzeuge der USA (US AFRICOM) führten am 17.09.2019 Luftangriffe gegen al-Schabaab bei Kismayo durch (BAMF 23.09.2019).

In Somalia setzen al-Schabaab Kämpfer ihre Angriffe gehen Regierungsmitarbeiter fort. Bei einem Anschlag in Mogadischu mit ferngezündetem Sprengstoff wurden mindestens drei Zivilisten getötet. Zivilisten waren in der vergangenen Woche Gewalt ausgesetzt, nachdem eine lokale Quelle behauptete, dass AMISOM Zivilisten in der Stadt Qoryooley (in Lower Shabelle) getötet hätten, angeblich als Vergeltung für einen al-Schabaab-Angriff auf ugandische Truppen (der AMISOM) in derselben Stadt. Während die Kämpfe in den Regionen Middle Shabelle, Lower Shabelle und Banadir weitergingen, behaupteten Streitkräfte 13 al-Schabaab-Kämpfer in der Region Lower Juba getötet zu haben. Darüber hinaus nahm das US-Afrika-Kommando (AFRICOM) al-Schabaab- Kämpfer in der Stadt Kismayo ins Visier und tötete angeblich zwei Kämpfer (ACLED 25.09.2019).

In der vergangenen Woche wurden mehrere Zusammenstöße zwischen al-Schabaab auf der einen und der somalischen Nationalarmee, AMISOM, regionalen Sicherheitskräften und den Kenya Defence Forces auf der anderen Seite gemeldet. Diese Zusammenstöße ereigneten sich in Mogadischu, an einem Checkpoint in der Stadt Bal'ad (Region Middle Shabelle), im Gebiet Abdalla Birole (Region Lower Juba) sowie in den Gebieten Gendershe, Dhanaane, El Salin, Badhadhe und Qoryoley in der Region Lower Shabelle (BAMF 30.09.2019).

Am 29.09.2019 soll somalisches Militär mit Unterstützung von Einheiten der Afrikanischen Union bei einem Angriff auf einen Stützpunkt der al-Schabaab nahe der Stadt Awdheegle (Region Lower Shabelle) 20 Rebellen getötet haben. Bei zwei koordinierten Angriffen der al-Schabaab auf einen US-amerikanischen Konvoi auf dem Ballidogle-Flugplatz in Wanlaweyn (Region Lower Shabelle) sowie auf italienische Soldaten einer EU-Mission in Mogadischu, wurde ein Zivilist getötet. Am selben Tag führte US AFRICOM zwei Luftangriffe gegen die al-Schabaab durch, bei der zehn Rebellen getötet worden sein sollen. Sechs Soldaten starben, als al-Schabaab am 02.10.2019. im Gebiet Elasha Paul Biyaha in der Nähe von Mogadischu die von den USA ausgebildeten somalischen Danab-Spezialeinheiten angriff (BAMF 07.10.2019).

Al-Schabaab setzte ihre Angriffe mit Sprengstoff in der Region Lower Shabelle in Somalia fort und richtete sich in der vergangenen Woche speziell gegen AMISOM und andere ausländische Truppen. Am 30.09.2019 bombardierten Al-Schabaab-Kämpfer den US-Militärflugplatz in der Stadt Bali Doogle in Lower Shabelle in und griffen ihn an. Al-Schabaab behauptet 100 Soldaten getötet zu haben; laut einem Bericht von AFRICOM töteten US-Streitkräfte und das somalische Militär zehn Angreifer. Am selben Tag wurden in Mogadischu italienische www.ris.bka.gv.at Seite 8 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

Streitkräfte im Rahmen der Ausbildungsmission der Europäischen Union mit Sprengstoff, der von al-Schabaab- Kämpfern angebracht worden war, ins Visier genommen. Italiens Verteidigungsministerium teilte mit, dass bisher keine Verletzten gemeldet worden seien (ACLED 08.10.2019).

Bei einem Angriff von al-Schabaab auf der Straße zwischen Mogadischu und Afgooye am 08.10.2019 wurden vier Menschen getötet und fünf weitere verletzt. Al-Schabaab feuerte am 13.10.2019 Mörser in Anlagen der UN und der Afrikanischen Union in Mogadischu. Mehrere Personen wurden Berichten zufolge verletzt. Die Jubaland Security Forces behaupteten, al-Schabaab am 07.10.2019 aus mehreren Dörfern im Gebiet Abdale Birole, südwestlich von Kismayo, vertrieben zu haben. Berichten zufolge wurden 20 Kämpfer der al-Schabaab getötet. Eine Bombe tötete am 10.10.2019 auf einem Markt in der Stadt Jalalaqsi zwei Soldaten der AMISOM-Verbände und zwei Zivilisten. Hinter dem Attentat steht vermutlich al-Schabaab. Al-Schabaab hat am 09.10.2019 und 10.10.2019 mehrere Angriffe auf somalische Sicherheitskräfte (Militär und Polizei) in und um Mogadischu verübt und behauptete, einen Regierungsbeamten in Mogadischu, Bezirk Hodan, ermordet zu haben (BAMF 14.10.2019).

Al-Schabaab griff am 16.10.2019 AMISOM-Truppen in der Nähe von Baidoa an und tötete vier äthiopische AMISOM-Soldaten. Am 15.10.2019 soll al-Schabaab das Dorf el-Gelow (ca. 30 km von Mogadischu entfernt) in der Region Middle Shabelle erobert haben, nachdem sich die Truppen der Somali National Army (SNA) aus dem Dorf zurückgezogen hatten. SNA-Streitkräfte töteten am 13.10.2019 elf al-Schabaab-Mitglieder im Dorf Reydab, außerhalb der Stadt Bardhere in der Region Gedo, während al-Schabaab Steuern in Form von Vieh von der lokalen Bevölkerung einforderte. Am 13.10.2019 wurden der stellvertretende Gouverneur der Region Middle Shabelle, Mohamed Sugal, und sein Sohn in Jowhar, Region Middle Shabelle, getötet. Es wird vermutet, dass al- Schabaab für das Attentat verantwortlich ist. Al-Schabaab soll am 16.10.2019 in Mogadischu drei Zivilisten getötet und drei weitere verletzt haben. Ein Überläufer von al-Schabaab wurde angeblich am 13.10.2019 in Kismayo getötet. Das Opfer soll vor einem Jahr al-Schabaab verlassen haben (BAMF 21.10.2019).

In der vergangenen Woche wurden an verschiedenen Orten Kämpfe zwischen al-Schabaab, den nationalen Sicherheitskräften und AMISOM gemeldet, darunter im Dorf Daqalmow bei der Stadt Dhobley (Region Lower Juba) und in den Städten Bu'ale und Jamame (Region Middle Juba). Am 20.10.2019 wurden in der Städten Afgooye und in Kismayo jeweils ein Clanältester getötet. Niemand hat bisher die Verantwortung für die Morde übernommen. Al-Schabaab behauptete, am 24.10.2019 im Bezirk Waberi, Mogadischu, einen UN-Mitarbeiter getötet und einen Regierungsmitarbeiter verletzt zu haben (BAMF 28.10.2019).

Bei einem Bombenanschlag in Mogadischu am 28.12.2019 wurden knapp 100 Menschen getötet und Dutzende verletzt (Wiener Zeitung 28.12.2019, update 29.12.2019).

(BMEIA, Österreichisches Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres, Somalia (Bundesrepublik Somalia), unverändert gültig seit 01.10.2019, Stand 08.01.2020, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/somalia

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019

BBC News, Laut Militär der USA 62 Kämpfer der al-Schabaab bei sechs Luftangriffen getötet, 17.12.2018, https://www.bbc.com/news/world-africa-46592101

BBC News, Mogadischus Bürgermeister stirbt nach Selbstmordbombenanschlag, 01.08.2019, https://www.bbc.com/news/world-africa-49197036

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 05.08.2019, file:///H:/01.%20IN%20ARBEIT/SOMALIA/Berichte%20Allgemein%20%2008.08.2019/BAMF,_05.08.2019_( deutsch).pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 02.09.2019, file:///H:/04.%20FÜR%20STICK/SOMALIA/BAMF,_02.09.2019_(deutsch).pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 09.09.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016900/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_09.09.2019_%28deutsch%29.pdf www.ris.bka.gv.at Seite 9 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 16.09.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016909/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_16.09.2019_%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 23.09.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016920/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_23.09._2019_%28deutsch%29.pdf

ACLED, Armed Conflict Location & Event Data Project, Regional Overview, 25.09.2019, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/acleddata.com- Regional%20Overview%20%20Africa%2025%20September%202019.pdf

AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Stand 05.03.2019, abgefragt am 13.11.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203162

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 30.09.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2018350/briefingnotes-kw40-2019.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 07.10.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2018354/briefingnotes-kw41-2019.pdf

ACLED, Armed Conflict Location & Event Data Project, Regional Overview, 08.10.2019, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/acleddata.com- Regional%20Overview%20%20Africa%208%20October%202019.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 14.10.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2018357/briefingnotes-kw42-2019.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 21.10.2019, file:///H:/01.%20IN%20ARBEIT/SOMALIA/Berichte%20Allgemein%2002.12.2019/BAMF%2021.10.2019%2 0briefingnotes-kw43-2019.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 28.10.2019, file:///H:/01.%20IN%20ARBEIT/SOMALIA/Berichte%20Allgemein%2002.12.2019/BAMF%2028.10.2019%2 0briefingnotes-kw44-2019.pdf

Accord, Kurze Zusammenstellung der Sicherheitslage in Somalia, veröffentlicht 04.12.2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2020898.html

Accord, Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), Berichtzeitraum 1. Halbjahr 2019, 19.12.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2021741/2019h1Somalia_de.pdf

Wiener Zeitung, Knapp 100 Tote bei Bombenanschlag in Mogadischu, 28.12.2019, update 29.12.2019, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/welt/2044269-Schwerer-Bombenanschlag-in- Mogadischu.html)

XXXX Sicherheitslage in der Hauptstadt Mogadischu, in Zentralsomalia

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 24.02.2016). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass al Schabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt (DIS 09.2015; vgl. UKUT 03.10.2014, EASO 02.2016). Der Rückzug der formalen Präsenz der al-Schabaab aus Mogadischu ist dauerhaft. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al-Schabaab zwangsrekrutiert zu werden. Es gibt in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt (UKUT 03.10.2014; vgl. EGMR 10.09.2015), auch wenn www.ris.bka.gv.at Seite 10 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020 einzelne Clans angeblich noch in der Lage sein sollen, Angriffe führen zu können (EASO 02.2016). In Mogadischu gibt es eine Präsenz von AMISOM, somalischer Armee und Polizei, sowie des Geheimdienstes NISA. Es besteht keine Angst mehr, dass in Mogadischu wieder Bürgerkrieg herrschen könnte (LI 01.04.2016). Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre (EGMR 10.09.2015; vgl. UKUT 03.10.2014). Die Stadtbewohner sind normalerweise nur dann betroffen, wenn sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind (LI 01.04.2016). Jeder Stadtbürger kann sein eigenes Risiko weiter minimieren, indem er Gebiete oder Einrichtungen meidet, die klar als Ziel der al-Schabaab erkennbar sind (UKUT 03.10.2014). EASO listet als angegriffene Ziel von Sprengstoffanschlägen der al- Schabaab vor allem Hotels (YSL Hotel, Central Hotel, Maka al-Mukarama Hotel, Jazeera Palace Hotel, Sahafi Hotel), Restaurants, Regierungseinrichtungen und -Konvois, Stellungen und Stützpunkte von Regierungskräften und AMISOM (EASO 02.2016).

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(BFA 10.2015; vgl. EASO 02.2016)

Im Jahr 2018 setzten somalische Exekutivorgane in Mogadischu und anderen Großstädten mehrere Maßnahmen, die Anschläge störten und zu Strafverfolgungen und Verurteilungen führten (USDOS Terrorismus 01.11.2019).

Eine Woche nachdem Addirahman Omar Osman, der Bürgermeister Mogadischus, am 24.07.2019 Opfer eines Selbstmordanschlags geworden war, erlag er am 01.08.2019 seinen Verletzungen, mindestens sechs weiter Personen wurden bei dem Anschlag getötet (BBC 01.08.2019).

Ein mit Sprengstoff beladenes Auto explodierte am 02.09.2019 an einem Sicherheitskontrollpunkt in Mogadischu. Dabei gab es mehrere Tote und Verletzte, darunter auch Zivilisten. Ziel war mutmaßlich eine Steuerbehörde. Keine Gruppe übernahm die Verantwortung für den Angriff (BAMF 09.09.2019).

Mutmaßliche al-Schabaab-Kämpfer zündeten am 09.09.2019 eine Autobombe, die einen Polizisten in Mogadischu verletzte. Am 11.09.2019 feuerten al-Schabaab-Kämpfer Mörser auf das Präsidentengelände, Villa Somalia, sowie auf die äthiopische Botschaft in Mogadischu. Ein Zivilist wurde getötet und weitere Personen wurden verletzt (BAMF 16.09.2019).

Bei einem Angriff von al-Schabaab am 18.09.2019 in der Hauptstadt Mogadischu wurden mehrere Personen verletzt und getötet, darunter auch Zivilisten. Der Anschlag galt einem Regierungsbeamten, der überlebte (BAMF 30.09.2019).

In Somalia setzen al-Schabaab Kämpfer ihre Angriffe gehen Regierungsmitarbeiter fort. Bei einem Anschlag in Mogadischu mit ferngezündetem Sprengstoff wurden mindestens drei Zivilisten getötet (ACLED 25.09.2019).

Al-Schabaab griff am 26.09.2019 türkische Staatsangehörige in der Nähe des Kreuzung K5 in Mogadischu an. Dabei wurden zwei Personen verletzt (BAMF 30.09.2019).

Am 29.09.2019 wurden zwei Zivilisten in Mogadischu getötet, als al-Schabaab-Kämpfer AMISOM-Truppen mit einer Bombe angriffen. Die USA haben am 02.10.2019 nach 28 Jahren ihre Botschaft in Mogadischu wiedereröffnet. Die diplomatische Vertretung war während des Sturzes von Machthaber Siad Baare 1991 geschlossen worden (BAMF 07.10.2019).

Am 30.09.2019 wurden in Mogadischu italienische Streitkräfte im Rahmen der Ausbildungsmission der Europäischen Union mit Sprengstoff, der von al-Schabaab-Kämpfern angebracht worden war, ins Visier genommen. Italiens Verteidigungsministerium teilte mit, dass bisher keine Verletzten gemeldet worden seien (ACLED 08.10.2019).

Al-Schabaab feuerte am 13.10.2019 Mörser in Anlagen der UN und der Afrikanischen Union in Mogadischu. Mehrere Personen wurden Berichten zufolge verletzt. Al-Schabaab hat am 09.10.2019 und 10.10.2019 mehrere Angriffe auf somalische Sicherheitskräfte (Militär und Polizei) in und um Mogadischu verübt und behauptete, einen Regierungsbeamten in Mogadischu, Bezirk Hodan, ermordet zu haben. Am 16.10.2019 töteten mutmaßliche Mitglieder der al-Schabaab drei Menschen und bei einem Bombenanschlag am 28.10.2019 mindestens zwei Zivilisten, ebenfalls in Mogadischu (BAMF 14.10.2019; Accord 04.12.2019).

In wurden im ersten Halbjahr des Jahres 2019 370 Vorfälle mit 412 Totenerfasst und an folgenden Orten lokalisiert: , Mogadishu-Abdiaziz, Mogadishu-Bondhere, Mogadishu-Daynile, Mogadishu- www.ris.bka.gv.at Seite 11 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

Dharkenley, Mogadishu-Hamar Jabjab District, Mogadishu-Hamar Weyne, Mogadishu-Hawl Wadaag, Mogadishu-Heliwa, Mogadishu-Hodan, Mogadishu-Karan, Mogadishu-Kaxda, Mogadishu-Shangaani, Mogadishu-Waaberi, Mogadishu-Wadajir, Mogadishu-Wardhigley, Mogadishu-Yaqshid (Accord 19.12.2019).

Einrichtungen der Vereinten Nationen sind weiterhin an folgenden Orten in Somalia präsent: Baidoa, Beledweyne, Boosaaso, Dhooble, Doolow, Gaalkacyo, Garoowe, Hargeysa, Jawhar, Kismayo and Mogadischu. Am 30. Oktober waren in der ganzen Bundesrepublik Somalia 683 internationale und 1.364 nationale Mitarbeiter im Einsatz (UNSC 15.11.2019).

Mutmaßliche Kämpfer der islamistischen Terrorgruppe Al-Schabaab haben am 12.12.2019 einen Militärstützpunkt 25 km nördlich der Hauptstadt Mogadischu angegriffen und mindestens sechs Menschen getötet. Nach Regierungsangaben handelt es sich bei den Opfern um zwei Soldaten und vier Zivilisten. Soldaten hätten die Angreifer zurückdrängen können. Wie viele der Extremisten getötet wurden, war zunächst unklar. Al- Schabaab beanspruchte die Tat im Radiosender Al-Andalus für sich. Erst zwei Tage zuvor hatten Kämpfer der Miliz ein Hotel in Mogadischu angegriffen, bei dem mindestens elf Menschen starben (BAMF 16.12.2019).

Bei einem Bombenanschlag in Mogadischu am 28.12.2019 wurden knapp 100 Menschen getötet und Dutzende verletzt (Wiener Zeitung 28.12.2019, update 29.12.2019). Bei dem Anschlag mit einer Autobombe wurden mindestens 76 Personen getötet und 90 weitere verletzt (BBC 28.12.2019).

In Mogadischu kam es zu Demonstrationen gegen al-Schabaab, nachdem mehr als 80 Personen bei einem Bombenanschlag am 28.12.2019 getötet wurden (BBC 02.01.2020).

(AI , Amnesty International, Amnesty International Report 2015/16, 24.02.2016, The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html

BFA, BFA Staatendokumentation Analyse zu Somalia, Lagekarten zur Sicherheitslage, Oktober 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf

DIS , Danish Immigration Service Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, 09.2015,http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf, EASO European Asylum Support Office Somalia Security Situation, 02.2016 http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf,

EGMR, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: European Court of Human Rights, 10.09.2015, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html

LI Landinfo, Somalia, Aktuelle sosiale og økonomiske forhold ved retur til Mogadishu, 01.04.2016, http://www.landinfo.no/asset/3330/1/3330_1.pdf

UKUT, United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), 03.10.2014, http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/[2014]_UKUT_442_iac.html

AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Stand 05.03.2019, abgefragt am 08.08.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203162

BBC News, Mogadischus Bürgermeister stirbt nach Selbstmordbombenanschlag, 01.08.2019, https://www.bbc.com/news/world-africa-49197036

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 09.09.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016900/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_09.09.2019_%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 16.09.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016909/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_16.09.2019_%28deutsch%29.pdf www.ris.bka.gv.at Seite 12 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 23.09.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016920/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_23.09._2019_%28deutsch%29.pdf

ACLED, Armed Conflict Location & Event Data Project, Regional Overview, 25.09.2019, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/acleddata.com- Regional%20Overview%20%20Africa%2025%20September%202019.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 30.09.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2018350/briefingnotes-kw40-2019.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 07.10.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2018354/briefingnotes-kw41-2019.pdf

ACLED, Armed Conflict Location & Event Data Project, Regional Overview, 08.10.2019, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/acleddata.com- Regional%20Overview%20%20Africa%208%20October%202019.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 14.10.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2018357/briefingnotes-kw42-2019.pdf

USDOS, U.S. Department of State, Country Report, Terrorismus 2018, Somalia, 01.11.2019, https://www.state.gov/reports/country-reports-on-terrorism-2018/#Somalia

UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs über Somalia, S/2019/884, 15.11.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2020943/S_2019_884_E.pdfAccord, Kurze Zusammenstellung der Sicherheitslage in Somalia, veröffentlicht 04.12.2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2020898.html

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 16.12.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2022112/briefingnotes-kw51-2019.pdf

Accord, Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), Berichtzeitraum 1. Halbjahr 2019, 19.12.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2021741/2019h1Somalia_de.pdf

Wiener Zeitung, Knapp 100 Tote bei Bombenanschlag in Mogadischu, 28.12.2019, update 29.12.2019, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/welt/2044269-Schwerer-Bombenanschlag-in-Mogadischu.html

BBC News, Autobombe tötet Duzende in Somalias Hauptstadt, 28.12.2019, https://www.bbc.com/news/world- africa-50932130

BBC News, Anschlag in Somalia, Demonstrationen folgen in Mogadischu, 02.01.2020, https://www.bbc.com/news/world-africa-50971759) al-Schabaab

Ziel der al-Schabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß- Somalia ein islamisches Regime zu installieren. Außerdem verfolgt al-Schabaab auch eine Agenda des globalen Dschihads und griff im Ausland Ziele an (EASO Februar 2016). Je höher der militärische Druck auf al-Schabaab anwächst, je weniger Gebiete sie effektiv kontrollieren, desto mehr verlegt sich die Gruppe auf asymmetrische Kriegsführung (Entführungen, Anschläge, Checkpoints) und auf Drohungen. Al-Schabaab wird bei der Anwendung dieser Taktik immer besser und stärker. Dabei ist auch die al- www.ris.bka.gv.at Seite 13 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

Schabaab in ihrer Entscheidungsfindung nicht völlig frei. Die Gruppe unterliegt durch die zahlreichen Verbindungen z.B. zu lokalen Clan-Ältesten auch gewissen Einschränkungen (BFA August 2017). Seit 2011 wurden die militärischen Kapazitäten der al-Schabaab durch AMISOM (African Union Mission in Somalia) und somalische Kräfte sowie durch innere Streitigkeiten beachtlich dezimiert (U.K. Juli 2017). Die Stärke der al- Schabaab wird im Schnitt mit ungefähr 7.000 Mann beziffert (BFA August 2017; vgl. LI 20.12.2017). Die Regionalhauptstadt Buale (Middle Juba) sowie die Bezirkshauptstädte Saakow, Jilib (Middle Juba), Jamaame (Lower Juba), Sablaale, Kurtunwaarey (Lower Shabelle), Diinsoor (Bay), Tayeeglow (Bakool), Ceel Buur, Ceel Dheere (Galgaduud) befinden sich unter Kontrolle der al-Schabaab. Alle anderen Regional- und Bezirkshauptstädte werden von anti-al-Schabaab-Truppen gehalten. Viele der Städte sind gleichzeitig auch Garnisonsstädte der AMISOM (BFA August 2017). Die Gebiete der al-Schabaab werden als relativ sicher beschrieben. Dort herrscht Frieden und eine Absenz an Clan-Konflikten (UNSOM 18.09.2017). In den von ihr kontrollierten Gebieten verfügt al-Schabaab über effektive Verwaltungsstrukturen, eine Art von Rechtsstaatlichkeit und eine effektive Polizei. Die Verwaltung der al-Schabaab wurzelt auf zwei Grundsätzen: Angst und Berechenbarkeit (BFA August 2017).

Die Armee war bis vor fünf Jahren sehr chaotisch organisiert und viele Soldaten sind zwischen 2009-2011 zu al- Schabaab übergelaufen. Derzeit gibt es 1-2 gute Spezialeinheiten, welche in Kooperation mit amerikanischen Spezialeinheiten herbe/erfolgreiche Schläge gegen al-Schabaab durchführen. Aktuell ist die al-Schabaab Führung auf der "Flucht" in Teilen Südsomalias (Stand Januar 2018) und versucht, sich von diesen Spezialeinheiten und US-Drohnenschlägen zu schützen. Außerdem wurden in letzten Jahren zahlreiche Trainings für die somalische Armee durchgeführt, die möglicherweise nicht viel "Outcome" haben, aber zumindest eine ganz gute Ausbildung bieten. Derzeit ist die somalische Armee jedenfalls auf einem besseren Weg als vor fünf bis sieben Jahren. Die angesprochene Dominanz von AMISOM (insbesondere am Flughafen) fundiert nicht nur auf geringer Kapazität der somalischen Armee, sondern weil (militärisch und nicht politisch) im Vorrang steht, strategische Punkte zu sichern (Flughafen = "Besitztum" von AMISOM). Auch die internationale Gemeinschaft wird von AMISOM geschützt (EU, UK etc.). Am Flughafen sieht man kaum Somalier - dies beruht nicht unbedingt auf einem Machtwunsch von AMISOM, sondern fußt auf einem Deal mit den internationalen Akteuren, die sich durch die Kontrolle von AMISOM sicherer fühlen. Die vorherrschende Erfahrung der Bevölkerung mit al-Schabaab ist, dass zwar mehr Steuern zu zahlen und strengere Regeln einzuhalten sind, sie aber keinen täglichen Repressionen durch al-Schabaab ausgesetzt sind. Es ist somit relativ friedlich und herrscht keine Kriminalität. Oft ist Somaliern die Stabilität, die mit der Herrschaft der al-Schabaab einhergeht, nicht unrecht (Professor Dr. Höhne 26.01.2018).

Im November 2018 übernahm al-Schabaab die Verantwortung für einen Anschlag, bei dem Selbstmordattentäter zwei Autobomben in einem Hotel in der Nähe des Hauptquartiers der somalischen Kriminalpolizei in Mogadischu in Brand setzten und dabei mindestens 17 Menschen töteten. Al-Schabaab hat schätzungsweise zwischen 7.000 und 9.000 Mitglieder. Al-Schabaab hat die volle Kontrolle über die großen städtischen Zentren in Somalia verloren. Im September 2012 verlor die Gruppe die Kontrolle über Kismayo, einen wichtigen Hafen, den sie nutzte, um Lieferungen und Finanzierungen mithilfe von Steuern zu erhalten. Im Oktober 2014 verlor al- Schabaab einen weiteren strategischen Hafen in Baraawe an AMISOM und somalische Truppen. Trotz dieser Verluste kontrollierte al-Schabaab im Jahr 2018 große Teile ländlicher Gebiete in den Regionen Middle Juba und Lower Juba, sowie die Regionen Gedo, Bakol, Bay und Shabelle. Al-Schabaab hielt ihre Präsenz im Norden Somalias entlang der Golis-Berge und in größeren städtischen Gebieten Puntlands aufrecht und startete 2018 mehrere Angriffe auf Ziele in den Grenzregionen Kenias (USDOS Terrorismus 01.11.2019).

Das United States Africa Command (US AFRICOM) erklärte am 03.06.2019, dass der Islamische Staat in Somalia (ISS) weiterhin rekrutiert und derzeit etwa 300 Kämpfer hat. Davon operieren die meisten in Puntland. AFRICOM hat seit April 2019 mehrere Luftangriffe gegen den ISS durchgeführt (BAMF 17.06.2019).

In Somalia berichteten die Mitgliedstaaten, dass die bisherige beunruhigende Ruhe zwischen al-Schabaab und ISIL (Islamischer Staat im Irak und der Levante) nicht lange gedauert hat. In Puntland, wo der ISIL kleinere Überfälle gemacht hatte, und in Mogadischu kam es Anfang 2019 zu Zusammenstößen. Der ISIL in Somalia geriet sowohl wegen al-Schabaab, als auch wegen fortgesetzter Einsätze der AMISOM (African Union Mission in Somalia), unter Druck. Al-Schabaab war danach in der Lage, einige ISIL-Stützpunkte in Puntland zu besetzen und den ISIL in den Untergrund zu zwingen, sogar in seiner Hochburg Ceelasha Biyaha in der Nähe von Mogadischu. Ungeachtet dieser Rückschläge gelang es dem ISIL, einige operative Stützpunkte zu erhalten und er konnte immer noch begrenzt tödliche Anschläge gegen Geschäftsleute und Regierungsbeamte in Boosaaso durchführen (UNSC 31.07.2019). ad a) Somalia

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Die Grundsätze der Gewaltenteilung sind in der Verfassung von 2012 niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere. In den tatsächlich von der Regierung kontrollierten Gebieten sind die Richter einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt. In den unter Kontrolle der al-Schabaab-Miliz stehenden Gebieten wird das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß der theokratischen Ideologie der al-Schabaab nicht anerkannt. Zu den anderen, weder von Regierung, noch von al-Schabaab, sondern von weiteren Clan- oder anderen Milizen kontrollierten Gebieten liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Es ist aber nach Einschätzung von Beobachtern davon auszugehen, dass Rechtsetzung, Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung zumeist in der Hand einer kleinen Gruppe von Notabeln (z. B. "Clanältesten") liegen. Von einer Gewaltenteilung ist nicht auszugehen (AA 04.03.2019).

Berichten zufolge haben die Streitkräfte von SNA und AMISOM am 01.04.2019 das von al-Schabaab kontrollierte Dorf Sabiid, 40 km südwestlich von Mogadischu in der Region Lower Shabelle, erobert (BAMF 08.04.2019).

Auch in den Regionen Middle Juba, Lower Juba, Gedo, Hiraan und Bay wurden Aktivitäten der al-Schabaab gemeldet, jedoch in geringerem Ausmaß. Zwischen 15. und 19.10.2019 töteten Sicherheitskräfte Berichten zufolge mehrere Dutzend al-Schabaab-Kämpfer in den Regionen Gedo und Hiraan. Bei Einsätzen der Armee in den Regionen Hiraan, Lower Juba und Lower Shabelle zwischen 17. und 27.09.2019 wurden Berichten zufolge 80 al-Schabaab-Kämpfer getötet (Accord Sicherheitslage 04.12.2019).

(EASO, Country of Origin Information Report, Somalia, Security situation, Februar 2016, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO-Somalia-Security-Feb2016.pdf

BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Sicherheitslage in Somalia, Bericht zur österreichisch- schweizerischen FFM, August 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/5209_1502195321_ffm-report-somalia-sicherheitslage-onlineversion-2017-08- ke.pdf

LI, Landinfo, Somalia - Kjønnslemlestelse av kvinner, 14.09.2011, https://landinfo.no/asset/1747/1/1747_1.pdf

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019

UNSOM, United Nations Assistance Mission in Somalia, Countering AlShabaab Propaganda and Recruitment Mechanisms in South Central Somalia, 18.09.2017, https://unsom.unmissions.org/sites/default/files/countering_alshabaab_propaganda_and_recruitment_mechanism s_report_final__14_august_2017.pdf

U.K. Home Office, Country Policy and Information Note Somalia (South and Central), Fear of Al-Shabaab, Version 2.0, Juli 2017, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/629570/Somalia_-_Al-Shabaab_- _CPIN_-_v2_0.pdf

Professor Dr. Markus Virgil Höhne, promovierter Ethnologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ethnologie Universität Leipzig, Autor vieler Publikationen zur Bundesrepublik Somalia und zum Horn von Afrika, Fragebeantwortung im Rahmen eines Vortrages bzw. eines Seminars für Richter des Bundesverwaltungsgerichts zur Bundesrepublik Somalia am 26.01.2018; [email protected]

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 08.04.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010660/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_08.04.2019_%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 17.06.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010680/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_17.06.2019_%28deutsch%29.pdf

UNSC, UN Security Council, Berichte zur Gruppe Islamischer Staat und mit ihr verbündeter Gruppen, 31.07.2019, S/2019/612, https://undocs.org/S/2019/612

www.ris.bka.gv.at Seite 15 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

USDOS, U.S. Department of State, Country Report, Terrorismus 2018, Somalia, 01.11.2019, https://www.state.gov/reports/country-reports-on-terrorism-2018/#Somalia

Accord, Kurze Zusammenstellung der Sicherheitslage in Somalia, veröffentlicht 04.12.2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2020898.html)

Justiz ad a) Somalia

Die Grundsätze der Gewaltenteilung sind in der Verfassung von 2012 niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere. In den tatsächlich von der Regierung kontrollierten Gebieten sind die Richter einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt. In den unter Kontrolle der al-Schabaab-Miliz stehenden Gebieten wird das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß der theokratischen Ideologie der al-Schabaab nicht anerkannt. Zu den anderen, weder von Regierung, noch von al-Schabaab, sondern von weiteren Clan- oder anderen Milizen kontrollierten Gebieten liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Es ist aber nach Einschätzung von Beobachtern davon auszugehen, dass Rechtsetzung, Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung zumeist in der Hand einer kleinen Gruppe von Notabeln (z. B. "Clanältesten") liegen. Von einer Gewaltenteilung ist nicht auszugehen (AA 04.03.2019).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019)

Sicherheitsbehörden ad a) Somalia

Aufgrund des andauernden Bürgerkriegs spielen die Sicherheitsorgane eine herausgehobene Rolle. Sie arbeiten in der Regel in einem Kontext humanitären Völkerrechts. Gleichwohl bleibt die tatsächliche zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte und insbesondere die justizielle Verantwortlichkeit einzelner Mitglieder der Sicherheitsorgane in den meisten Fällen schwach bis inexistent. Hinzukommt, dass der Sold sehr unregelmäßig ausgezahlt wird. Ausbildung und Training im Menschenrechtsbereich werden zwar zunehmend international unterstützt, für die Mehrzahl der regulären Kräfte muss jedoch weiterhin davon ausgegangen werden, dass ihnen die völkerrechtlichen Rahmenbedingungen ihres Handelns nur äußerst begrenzt bekannt sind. Für die regierungsnahen Milizen gilt dies erst recht. Von Seiten der Kämpfer der al-Schabaab-Miliz wird ein völkerrechtlicher Rahmen als solcher nicht anerkannt (AA 04.03.2019).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019)

Folter/Unmenschliche Behandlung ad a) Somalia

Die Aktionen der staatlichen Sicherheitskräfte und insbesondere der Nachrichtendienst NISA entziehen sich oftmals der öffentlichen Kontrolle. Gleichzeitig bekennt sich die Regierung zu ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden nicht erhoben. Jedoch kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass Sicherheitskräfte den entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen und bei Verstößen straffrei davonkommen. In den von al-Schabaab kontrollierten Gebieten ist regelmäßig von unmenschlicher Behandlung im Sinne des Übereinkommens auszugehen, wenn einzelne Personen gegen die Interessen von al-Schabaab handeln oder dessen verdächtigt werden (AA 04.03.2019).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019)

Korruption/Dokumente www.ris.bka.gv.at Seite 16 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

In den Jahren 2018 und 2019 belegte Somalia im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International Platz 180 von 180 (TI 2018, TI 2019).

Somalia steht auf dem letzten Platz des Korruptionswahrnehmungsindexes von Transparency International. Für Somalier ist es einfach, echte Dokumente (fast jeden) unwahren Inhalts zu besorgen. Das gilt auch für unrichtige Pässe der Nachbarländer Dschibuti, Äthiopien und Kenia. In Somalia selbst, aber auch in den von Somaliern bewohnten Enklaven, z. B. dem Stadtteil Eastleigh in Nairobi, werden gefälschte somalische Reisepässe ebenso wie zahlreiche andere gefälschte Dokumente zum Verkauf angeboten (AA 04.03.2019).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019

TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2018, Somalia, https://www.transparency.org/country/SOM

TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2019, Somalia, https://www.transparency.org/country/SOM)

Menschenrechte

Seit dem Ende der Übergangsperiode und dem Beginn des New Deal Prozesses 2013 wurde wiederholt der politische Wille zur umfassenden Reform des Staatswesens (Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Menschenrechten, Demokratisierung, Föderalisierung) bekundet. Die Verfassungen für Gesamtsomalia, Puntland und "Somaliland" bestimmen den Islam zur Staatsreligion und das islamische Recht ("Schari'a") zur grundlegenden Quelle für die staatliche Gesetzgebung. Die Verfassungen bekennen sich aber gleichzeitig zu Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung. Unabhängig von staatlichen Bestimmungen und insbesondere jenseits der Bereiche, in denen die staatlichen Stellen effektive Staatsgewalt ausüben können, sind islamische und lokale Traditionen und islamisches Gewohnheitsrecht weit verbreitet. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (MMR) hat 1993 das Mandat des Unabhängigen Experten zur Beobachtung der Menschenrechtslage in Somalia geschaffen. Seit 2014 wird das Amt von Herrn Bahame Nyanduga (TZA) bekleidet. Er besuchte vier Mal das Land, zuletzt 2018. Somalia wurde zum 01.01.2019 als ordentliches Mitglied des UN Menschenrechtsrates berufen und hat dort einen Sitz bis 2021 (AA 04.03.2019). ad a) Somalia

Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert, ebenso wie die prägende Rolle der Schari'a als Rechtsquelle. Somalia hat folgende Menschenrechtsabkommen ratifiziert:

Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung

Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte

Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe

Übereinkommen über die Rechte des Kindes

Abkommen und Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge

Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (ratifiziert am 02.10.2018).

Am 31.12.2018 unterschrieb der somalische Präsident Mohamed Abdullahi Farmaajo ein nationales Gesetz zur Einrichtung einer unabhängigen Agentur für Menschen mit Behinderung. Diese soll durch staatliche Mittel finanziert werden und die Rechte körperlich behinderter Personen im Land wahren. Folgende VN-Konventionen und Zusatzprotokolle sind nach wie vor nicht ratifiziert:

Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) von 1981

www.ris.bka.gv.at Seite 17 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

Internationales Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen (CED) von 2010

Zusatzprotokoll (CAT-OP) zur Antifolter-Konvention von 2006

Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes zu Kinderhandel/Kinderprostitution/Kinderpornografie (CRC-OP-AC) von 2000

Zweites Zusatzprotokoll zum ICCPR zur Abschaffung der Todesstrafe von 1991 (AA 04.03.2019).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019)

Religion ad a) Somalia

Repressionen aufgrund der Religion spielen in Somalia fast keine Rolle, da es außer den Entsandten, z.B. der Vereinten Nationen, praktisch keine Nicht-Muslime im Land gibt. Über 99% der Somalier sind sunnitische Muslime (AA 04.03.2019).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019)

Todesstrafe

Die Todesstrafe wird in allen Landesteilen verhängt und vollzogen, allerdings deutlich seltener in Gebieten unter der Kontrolle der jeweiligen Regierung/Behörden und dort nur für schwerste Verbrechen. Im Jahr 2018 wurden mindestens 29 Personen zum Tode verurteilt. Insgesamt wurden nach Informationen von UNSOM im selben Jahr acht Todesurteile vollstreckt (HRPG Reports Jan-Okt 2018). Problematisch ist in allen Landesteilen die häufige Rechtsprechung durch Militärgerichtshöfe in sog. "Hochrisikofällen", die relativ deutlich öfter zur Verhängung der Todesstrafe führt als dies bei zivilen Gerichten der Fall ist. In den von al-Schabaab beherrschten Landesteilen wird die Todesstrafe auch für Ehebruch und "Kooperation mit den Feinden des Islam" (d. h. mit der Regierung, der AU-Mission AMISOM, den VN oder Hilfsorganisationen) verhängt und öffentlich, z. T. durch Steinigung, vollzogen. Eine Zusicherung der Nichtverhängung oder des Nichtvollzugs der Todesstrafe erreichen zu können erscheint im Hinblick auf die jeweiligen Regierungen sehr unwahrscheinlich, im Hinblick auf die von al-Schabaab kontrollierten Gebiete aussichtslos. Zusätzlicher Fokus auf "Somaliland": Nachdem die Todesstrafe nach 9-jährigem Moratorium 2015 wieder eingeführt worden war, kam es auch im Berichtszeitraum zu Hinrichtungen durch staatliche Stellen. Die durch die Verfassung und das Strafgesetzbuch "Somalilands" erlaubte Todesstrafe wurde im Gesamtjahr 2016 sieben Mal vollstreckt und damit genauso häufig wie im Jahr zuvor. Aktuelle Zahlen liegen bislang nicht vor (AA 04.03.2019).

Es gab insgesamt 14 Exekutionen im Jahr 2016 in Somalia, davon 01 in Puntland, 06 in "Somaliland" und 07 im Gebiet der Zentralregierung (AI 11.04.2017). Die Zahl der Exekutionen betrug im Jahr 2017 24, davon 12 in Puntland und 12 im Gebiet der Zentralregierung (AI 12.04.2018). Somalia hat seine Exekutionen halbiert, von 24 im Jahr 2017 auf 13 im Jahr 2018; davon erfolgten 10 in Jubaland und drei im Gebiet der Zentralregierung (AI 10.04.2019).

Ein Militärgericht verurteilte einen al-Schabaab-Extremisten zum Tod, der für schuldig befunden worden war, den Anschlag in Mogadischu vom Oktober 2017 mit mehr als 500 Toten geplant zu haben. Ein weiterer al- Schabaab-Angehöriger wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Er soll das Fahrzeug, mit dem der Anschlag ausgeführt wurde, beschafft haben (BAMF 12.02.2018).

Berichten zufolge wurden am 14.06.2019 als Vergeltung für die Ermordung eines Polizisten durch al-Schabaab am Rande der Stadt Galkayo (Region Mudug) neun Zivilisten von einer lokalen Miliz getötet. Die Zivilisten, die alle zum Rahanweyn-Klan gehörten, standen im Verdacht, mit al-Schabaab zusammenzuarbeiten (BAMF 17.06.2019).

Berichten zufolge hat das somalische Militär drei Mitglieder von al-Schabaab hingerichtet, die wegen eines Angriffs auf das Hotel Nasa-Hablod in der Hauptstadt Mogadischu im Oktober 2017 verurteilt worden waren. Bei dem Angriff wurden 18 Menschen getötet und 47 weitere verletzt (BAMF 15.07.2019).

www.ris.bka.gv.at Seite 18 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

Ein Militärgericht in Mogadischu hat am 02.09.2019 einen Polizisten zum Tode verurteilt. Er wurde am 26.07.2019 in Mogadischu für schuldig befunden, einen Jugendlichen getötet zu haben. Somalische Militärgerichte verhängen und vollstrecken regelmäßig Todesurteile (BAMF 09.09.2019).

In Somalia wird die Todesstrafe vor allem von Militärgerichten verhängt. Im vergangenen Jahr wurden in Somalia nach Angaben von Amnesty International 13 Menschen hingerichtet, halb so viele wie noch in 2017 (BAMF 11.11.2019).

(BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 12.02.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424838/5734_1519115760_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und- fluechtlinge-briefing-notes-12-02-2018-deutsch.pdf

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019

AI, Amnesty International, Death Sentences and Executions 2016, 11.04.2017, https://www.amnesty.org/en/documents/act50/5740/2017/en

International, Death Sentences and Executions 2017, 12.04.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1429291/90_1523523827_act5079552018english.pdf

AI, Amnesty International, Death Sentences and Executions 2018, 10.04.2019, https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5098702019ENGLISH.PDF

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 17.06.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010680/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_17.06.2019_%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 15.07.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2013151/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_15.07.2019_%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 09.09.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016900/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_09.09.2019_%28deutsch%29.pdf)

Grundversorgung

UNHCR berichtete am 11.04.2019, dass dieses Jahr zwischen Januar und März mehr als 137.000 Menschen wegen Dürre, dem anhaltenden bewaffneten Konflikt und Zwangsräumungen vertrieben wurden. Die Dürre hat Somaliland und Puntland sowie die Regionen Mudug und Galgaduud am stärksten getroffen. Viele Menschen sind in städtische Gebiete geflohen. Laut der UN gibt es derzeit insgesamt 2,6 Millionen Binnenvertriebene innerhalb Somalias (BAMF 15.04.2019). ad a) Somalia

Somalia erlebt die negativen Auswirkungen von unregelmäßigen und ungewöhnlich endenden Gu' Regenfällen (April bis Juni 2018), die auf eine schlechte Deyr-Saison 2018 (Oktober bis Dezember 2018) folgte und ungewöhnlich trocken während der Jilaal-Saison 2019 (Jänner bis März 2019). Dies hat die begrenzte Erholung von der schweren Dürre 2016/17. Die Auswirkungen des armen Gu' dürften bis Ende 2019 bestehen. Die gerade beendete Regenzeit begann spät im ganzen Land und führte in den meisten Gebieten zu unterdurchschnittlichen Niederschlägen. In einigen Teilen des Landes führten heftige Regenfälle innerhalb eines kurzen Zeitraums zu Überschwemmungen und erheblichen Schäden an gepflanzten Kulturen, Weiden und anderen für die Landwirtschaft und Viehzucht wichtigen Ressourcen. Laut der von der FAO verwalteten Abteilung für Ernährungsanalyse (FSNAU) werden die späten Regenfälle zwar an einigen Stellen dazu führen, dass die Trockenheit gemildert werden, mit Verbesserungen bei Wasserverfügbarkeit und zu einem gewissen Grad als Unterstützung im Bereich des Viehsektors, sie werden aber nicht für eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktion ausreichen. Die Regenfälle führen zu Weidewachstum, wenn auch spät, was die Bedingungen für Viehbestand verbesserte; einige Tiere, vor allem Schafe und Ziegen, sind trächtig. Einige Wasserspeicher haben www.ris.bka.gv.at Seite 19 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020 sich aufgefüllt und die Wasserpreise sind in Teilen des Landes gesunken. Allerdings bleiben die Verfügbarkeit von Weiden und die Bedingungen für Viehbestände in Teilen von Hawd von Togdheer, Addun und Coastal Deehin im Nordosten unterdurchschnittlich. In den südlichen Gebieten werden die Vorteile der Regenfälle für die Viehbestände nicht vor Anfang Oktober realisiert, wenn aktuelle Viehbestandsmaßnahmen zu einer Zunahme der Herdengröße führen werden. Verarmte Hirten, insbesondere in den nördlichen und zentralen Regionen, deren Viehbestände aufgrund der schweren Dürre 2016/17 reduziert waren, haben seit Jahresbeginn erhebliche Schulden angehäuft und werden mit großem Nahrungsmittelmangel konfrontiert sein, der bis Oktober zu einer Erhöhung akuter Unterernährung und einem übermäßig gestiegenen Sterblichkeitsrisiko führen dürfte. In Anbaugebieten hat die Verzögerung der Gu' Regenfälle die Anpflanzung und Keimung erheblich beeinträchtigt. Infolgedessen wird die Getreideernte der Saison voraussichtlich 50 Prozent unter dem Durchschnitt liegen. Aufgrund erschöpfter Nahrungsmittelvorräte, geringerer Landarbeitseinkommen und unterdurchschnittlicher Ernteaussichten werden arme agrarpastorale Familien und Landwirte in den meisten Teilen des Landes voraussichtlich bis Ende 2019 mit Nahrungsmittelengpässen konfrontiert sein.

Rund 2,2 Millionen Menschen, was einem Anstieg von fast 30 Prozent gegenüber der Prognose vom Februar entspricht, werden Schätzungen zufolge bis September mit akuter Ernährungsunsicherheit konfrontiert sein und benötigen laut FSNAU dringend Nahrungsmittelhilfe und Maßnahmen, um ein hohes Maß an akuter Unterernährung zu verhindern; diese Zahl könnte mit fortschreitender Trockenzeit steigen. Die Hilfe wird fortgesetzt, aber aufgrund begrenzter Ressourcen nicht in der erforderlichen Größenordnung. Im Mai erhielten über 1,2 Millionen Menschen Nahrungsmittelhilfe und 510.000 Menschen erhielten saisonale Unterstützung oder Hilfe zum Erhalt des Viehbestands, während 450.000 Menschen finanzielle Unterstützung erhielten. Seit Jahresbeginn wurden mehr als 631.500 Menschen mit Wasserzugang versorgt, 26.100 erhielten Kinder mit Ernährungsunterstützung und 606.000 medizinische Beratungen. Eine Cholera-Impfkampagne wurde in Gebieten durchgeführt, die eine erhöhte Anzahl von AWD/Cholera meldeten (UN OCHA 30.06.2019).

Die Niederschlagsentwicklung der Gu-Saison 2019 (April-Juni) war sehr unregelmäßig und schlecht verteilt, da die Regenfälle in den meisten Gebieten spät begannen. Dies geschieht zwei Jahre, nachdem die schwere Dürre 2016/2017 Existenzgrundlagen zerstörte und fast eine Million Somalier vertrieben, aber auch eine massive und erfolgreiche Humanitäre Reaktion bezüglich der Abwendung von Hungersnöten ausgelöst, hatte. Ungünstige klimatische Bedingungen in Verbindung mit anderen anhaltenden Auslösern humanitärer Krisen wie bewaffnete Konflikte, Vertreibung sowie eine Zunahme der Vertreibungen von Binnenvertriebenen drängen Somalia erneut in eine ernstere humanitäre Situation. Der verzögerte Start und die schlechte Entwicklung der Regenfälle von Gu 2019 führten bis Anfang Mai zu schwer Dürre in ganz Somalia und trieb Millionen von Menschen in akute Ernährungsunsicherheit, mit schlimmen Folgen, insbesondere für marginalisierte und vertriebene Gemeinschaften. Als Reaktion darauf setzen die Bundesregierung Somalias und Hilfsorganisation gemeinsam einen Plan zur Reaktion auf Dürreauswirkungen (Drought Impact Response Plan, DRIP) um, damit 4,5 Millionen Somaliern bis Dezember notwendige, lebensrettende Hilfe zukommt, was Kosten in Höhe von 686 Millionen US-Dollar verursacht. "Die Ernährungsunsicherheit ist jetzt äußerst besorgniserregend und hat potenziell katastrophale Folgen für die 2,2 Millionen Menschen, die mit einer Ernährungsunsicherheit konfrontiert sind. Die saisonale Ernte wird voraussichtlich 50 Prozent unter dem Durchschnitt liegen und in einigen Gebieten sogar noch niedriger sein, während Unterernährung, durch Dürre bedingte Krankheiten und Vertreibung sowie Sicherheitsrisiken die bestehende Anfälligkeit verschärfen", sagte George Conway, der amtierende Koordinator für humanitäre Angelegenheiten Somalias. "Ich gratuliere der Bundesregierung Somalias dafür, dass sie Führungsstärke bewiesen und die Reaktion auf die Auswirkungen der unerfreulichen und leistungsschwachen Regenfälle priorisiert hat. Ich fordere die Geber auf, den Plan vollständig zu unterstützen und eine große Krise zu vermeiden." Die wiederkehrenden Klimaschocks sind ein deutliches Zeichen dafür, dass Somalia nach wie vor anfällig für die Auswirkungen des Klimawandels ist. "Obwohl es wichtig ist, auf die dringenden lebensrettenden Bedürfnisse von heute zu reagieren, ist es ebenso wichtig, dass wir die Widerstandsfähigkeit der Gemeinschaft stärken, in die langfristige Entwicklung investieren und die Fähigkeit Somalias stärken, künftigen Schocks standzuhalten. Nicht jede Dürre muss zu einer Katastrophe führen", sagte Hamza Said Hamza, Minister für humanitäre Angelegenheiten und Krisenmanagement. "Wir sind nach wie vor entschlossen, dauerhafte Lösungen unter dem Stabilitäts- und Wiederherstellungsrahmen voranzutreiben und zählen auf unsere internationalen Partner. Die negativen Auswirkungen von unregelmäßigen und ungewöhnlich endenden Gu' Regenfällen folgten auf eine schlechte Deyr-Saison 2018 (Oktober bis Dezember) und ungewöhnlich trockene Bedingungen während der Jilaal-Saison 2019 (Jänner bis März), die sich auf Gemeinden auswirkten, die sich immer noch von der schweren Dürre 2016/17 erholen. Angesichts dieser Lage ist die humanitäre Operation in Somalia nach wie vor unterfinanziert, da der Plan für humanitäre Hilfe 2019 bis Ende Juli nur 450 US-Dollar seines Bedarfs erhalten hat, was die Hilfsorganisationen zwingt, Hilfsmaßnahmen zu einer Zeit zu begrenzen oder zu verringern, zu der Erhöhung wichtig wäre. Als Reaktion auf die besorgniserregende humanitäre Lage in Somalia, die durch Klimaschocks, Konflikte und Vertreibungen ausgelöst wurde, haben die beiden gebündelten Fonds, der Somalia Humanitarian Fund (SHF) und der Central Emergency Response Fund (CERF), bisher

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83,3 Millionen US-Dollar für lebensrettende Hilfe und Existenzsicherung für bedürftige Menschen bis 2019 vergeben. Diese Summe beinhaltet die erste SHF-Standardzuweisung 2019 (32,7 Millionen) für Gebiete mit sich verschlechternden Ernährungssicherheit und steigenden Unterernährungsraten in Nord-, Zentral- und Teilen Südsomalias, die mit

11,9 Millionen von CERF Schnellhilfezuschuss für das nördliche Somalia aufgestockt wurden. In Folge wurden insgesamt 8,7 Millionen US-Dollar aus der SHF-Reserve für Interventionen in von Dürre betroffenen und schwer zugänglichen Gebieten, vor allem in Südsomalia, bereitgestellt; zudem wurde der CERF Schnellhilfezuschuss in Höhe von 30 Millionen

US-Dollar wurde im Juni-Juli 2019 priorisiert. Darüber hinaus wurden rund 0,1 Millionen US-Dollar von SHF bereitgestellt. In der Zwischenzeit wurden 555,5 Millionen US-Dollar für die Somalia-Operation mobilisiert, von denen 450 Millionen US-Dollar über den Plan für humanitäre Hilfe und weitere 105 Millionen US-Dollar für Aktivitäten außerhalb des Aufrufs bereitgestellt wurden. Insgesamt entsprechen die gezahlten oder bereitgesellten Mittel nicht dem tatsächlichen Bedarf vor Ort, da 5,4 Millionen Menschen immer noch humanitäre Hilfe benötigen (UN OCHA 31.07.2019).

Die Bundesregierung Somalias hat eine neue Entwicklungsstrategie für den Nutztiersektor verabschiedet, die das Ergebnis eines von der FAO geleiteten und von der Weltbank finanzierten Multi-Stakeholder Prozesses darstellt. Die Strategie legt Wachstums- und Entwicklungsprioritäten auf Grundlage eines klimaresilienten Ansatzes fest, der Investitionen in Verarbeitung, Produktion und Vermarktung, die Verbesserung der Qualität und die Gewährleistung von Lebensmittelsicherheit fördert. Der Viehzuchtsektor ist in Somalia von erheblicher sozialer und wirtschaftlicher Bedeutung. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung, die in ländlichen Gebieten lebt, ist direkt oder indirekt auf Viehzucht angewiesen, und der Sektor ist der größte Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), den Existenzgrundlagen und dem Wirtschaftswachstum Somalias. Dennoch wird seine Leistung durch eine Reihe von Faktoren untergraben, darunter schlechte Tierernährung, grenzüberschreitende Krankheiten, erodierte genetische Ressourcen und ein Mangel an natürlichem Ressourcenmanagement und institutionelle Schwächen. Der Premierminister Somalias, H.E. Hassan Ali Khaire, eröffnete offiziell den Validierungsworkshop, in dem die Strategie angenommen wurde, und forderte Lösungen, um den Viehsektor voranzubringen. Der Minister für Viehzucht, Forst- und Landwirtschaft, Hon. Hussein Mohamud Sheik, lobte die Entwicklung der Strategie als wichtigen Meilenstein, um eine nachhaltigere und wettbewerbsfähigere Position auf dem globalen Viehmarkt zu erreichen. In der Strategie wird die Notwendigkeit für die Gebergemeinschaft aufgezeigt, Ressourcen über verschiedene Wertschöpfungsketten hinweg zu mobilisieren (UN OCHA 31.07.2019).

Nach Angaben des vom UNHCR geleiteten Netzwerks für Schutz und Rückführung sind in Teilen Somalias mehr als 547.000 Menschen von Überschwemmungen betroffen, von denen 370.000 aus ihren Häusern vertrieben wurden. Seit Beginn der Überschwemmungen am 21.20.2019 wurden mindestens 17 Menschen getötet. Ackerland, Infrastruktur und Straßen wurden zerstört und die Lebensgrundlagen in einigen der am schlimmsten betroffenen Gebiete zerstört. In Middle Shabelle wurden in Jowhar und Mahaday Weyne mehr als 10.000 Hektar Ackerland beschädigt. Sturzfluten haben auch Ernten und Häuser in Janaale und über 200 Hektar Ackerland in Marka, Lower Shabelle, beschädigt. Die am stärksten betroffenen Distrikte sind Belet Weyne im Bundesstaat Hirshabelle, wo 231.000 Menschen ihre überschwemmten Häuser verlassen haben, und Baardheere in der Region Gedo, wo 55.000 Menschen durch die Überschwemmungen vertrieben wurden. In Berdale im Südwesten des Bundesstaates wurden schätzungsweise 30.000 Menschen, darunter viele Frauen und Kinder, durch Sturzfluten aufgrund starker Regenfälle vertrieben. Die Stadt, die 60 km westlich von Baidoa liegt, ist abgeschnitten, da die meisten Straßen unpassierbar sind. Die meisten Betroffenen sind in höhere Gebiete gezogen und brauchen dringend Hilfe. Mehr als 2.000 weitere Familien sind von den Regenfällen in Doolow betroffen. Ausgelöst wurden die Überschwemmungen, laut der von FAO verwalteten somalischen Wasser- und Landinformationsgeschäftsführung (SWALIM), durch mäßige bis schwere saisonale Regenfälle in Deyr, die Anfang September in vielen Teilen Somalias und im äthiopischen Hochland, wo die Flüsse Juba und Shabelle ihren Ursprung haben. In den Flüssen Juba und Shabelle gab es hohe Wasserstände, die zu Überschwemmungen in den Bundesstaaten Hirshabelle, Jubaland und South West führten. Sturzfluten wurden auch in der Benadir Region Banadir, Jowhar in Hirshabelle, Ceel Cade und Jamame in Jubaland und an einigen Orten im Südwesten des Bundesstaates gemeldet. Die meisten von Überschwemmungen betroffenen Menschen in der Stadt Belet Weyne haben vorübergehend Schutz in Ceel Jaale gesucht, einem Gebiet mit höher gelegenen Land. Am 30.10.2019 hatten die Wasserstände im Shabelle-Fluss in Belet Weyne begonnen, aber das Risiko von Krankheitsausbrüchen wie Malaria und akutem, wässrigem Durchfall bleibt bestehen. Im Bundesstaat Jubaland begannen die Wasserstände im Juba-Fluss Ende Oktober zu sinken, aber im November werden weitere Regenfälle prognostiziert. Die Stadt Baardheere in der Region Gedo bleibt überschwemmt. Fast 30 Dörfer entlang des Juba-Flusses von Bu'ale bis Gobweyn sind von Flussüberschwemmungen betroffen. Nach Angaben des Verwaltungsbüros von Lower Juba sind 2.500 bis 3.000 Familien von den Überschwemmungen betroffen. Im Bezirk Berdale in der Bay Region sind schätzungsweise 30.000 Menschen von Sturzfluten betroffen, darunter 12.000 Kinder. Humanitäre Partner arbeiten mit regionalen und nationalen Behörden zusammen, um die www.ris.bka.gv.at Seite 21 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

Hochwasserbekämpfung zu beschleunigen. Im Hirshabelle State überwacht die Arbeitsgruppe für Hochwassernotfälle die humanitäre Hilfe und koordiniert sich mit dem nationalen interministeriellen Ausschuss (UN OCHA 17.11.2019).

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(Karte UN OCHA 17.11.2019)

Die vom OCHA unterstützte Arbeitsgruppe für Hochwasser hat die interinstitutionelle Zusammenarbeit verstärkt. Um die unmittelbaren Lücken zu schließen, hat die hat die interinstitutionelle Koordinierungsgruppe Somalia, zusätzlich zur Verwendung von zweckgebundenen Mitteln aus laufenden Projekten des Humanitären Fonds für Somalia (Somalia Humanitarian Fund, SHF) und des Zentralen Nothilfefonds, an der strategischen Priorisierung zusätzlicher Mittel gearbeitet, die in Kürze aus der SHF-Reserve freigegeben werden, um die Phasen eins und zwei der Hochwasserbekämpfung zu unterstützen. Um die Hilfe weiter zu unterstützen, kündigte die Europäische Kommission am 30.10.2019 zusätzliche Soforthilfe in Höhe von drei Millionen Euro für Somalia, Äthiopien, Kenia und den Südsudan (850 000 EUR für Somalia) an. Mit den EU-Mitteln werden Notunterkünfte für Vertriebene, Nahrungsmittel, Logistik sowie Wasser-, Hygiene- und Sanitärversorgung bereitgestellt. Humanitäre Partner setzen Hubschrauber, Flugzeuge und mehr Personal ein, um Hilfe für die betroffenen Orte zu liefern und mindestens 106.000 Menschen Wasser, Medizin, Nahrungsmitteln, sanitären Einrichtungen, Container, Non-Food-Artikel (non-food items, NFI) und Bargeldhilfe zu erreichen. Es wird berichtet, dass zu den am meisten benötigten Dingen Notfallunterkünfte, Non-Food-Artikel, sauberes Trinkwasser, Latrinen, Widerinstandsetzung von flachen Brunnen, Mücken- und Krankheitserregerkontrolle, Ernährung, mobile Gesundheits- und medizinische Versorgung, Hygieneartikel, solarbetriebene Lampen, GBV- Dienstleistungen und kinderfreundliche Räume zählen (UN OCHA 17.11.2019).

In Gebieten, in denen das Wasser nicht abfließt, wächst die Sorge bezüglich des Risikos dadurch entstehender Krankheiten. Dazu gehören mehr als 30 Dörfer in Jubaland. In der Stadt Dhobley, nahe der Grenze zu Somalia, wurden Mitte November bei heftigen Regenfällen 60 halbpermanente Notunterkünfte und 146 Latrinen zerstört (UN OCHA 09.12.2019).

Die Zerstörung von Latrinen hat die ohnehin prekäre sanitäre Situation verschlimmert. Im Bezirk Afmadow waren Mitte November 17.000 Menschen von Sturzfluten betroffen und Schulen beschädigt worden. Büros und Geschäfte in mehreren Städten wie Afmadow, Dhobley, Qoqani, Tabta und Diif wurden von Wasser überflutet. Im Gebiet von Mogadischu wird in IDP-Siedlungen nicht abfließendes Wasser gemeldet. In Belet Weyne konnten über 2.000 Schüler nicht die Schule besuchen, weil 86 Lerneinrichtungen beschädigt wurden Die jüngsten Überschwemmungen werden langfristige Auswirkungen auf Existenzgrundlagen und die Ernährungssicherheit haben. Satellitenbildanalysen zeigen, laut SWALIM, dass fast 207.300 Hektar Land entlang der Flüsse Shabelle und Juba, von denen fast 110.000 Hektar landwirtschaftlich genutzt werden, in den Monaten Oktober und November 2019 überschwemmt wurden. Die Zerstörung von Ackerland, landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Infrastruktur entlang der Flusseinzugsgebiete wird die ohnehin fragile Ernährungssicherheit in Somalia vor der Trockenzeit von Jilaal, die normalerweise Mitte Dezember beginnt, verschlimmern. In den Flussgebieten (Riverine areas) wird einen Großteil der in Somalia angebauten Nahrungsmittel produziert (UN OCHA 09.12.2019).

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(FSNAU IPC Prognosekarte April bis Juni 2020)

Positiv zu vermerken ist, dass die anhaltenden Regenfälle die Wasserquellen wieder aufgefüllt, das Weidewachstum verbessert und den Wasserstress verringert haben. Riverine-Bauern können das Hochwasser strategisch nutzen, um eine gute Ernte außerhalb der Saison zu sichern, bevor es im nächsten Monat austrocknet. Allerdings müssen die lokalen Landwirte dringend bei der Verteilung von Saatgut außerhalb der Saison unterstützt werden, um die Ernährungsunsicherheit zu verringern. Die verlängerte Saison hat auch erweiterte landwirtschaftliche Arbeitsmöglichkeiten und damit verbundene Löhne gebracht. Eine Analyse von FEWSNET zeigt, dass die Verringerung der Niederschlagsintensität von Anfang bis Mitte November 2019 in einigen agropastoralen Gebieten einen hohen Anbau erleichterte, was zu einer durchschnittlichen Deyr- Getreideproduktion führen dürfte. Im Gegensatz dazu werden anhaltende Regenfälle und langsam zurückgehende Überschwemmungen erwartet, die den rezessiven Anbau verzögern und die nachfragenachfrage in den von Überschwemmungen betroffenen Gebieten anhalten werden. Nach dem Zurücklassen des Hochwassers ist eine überdurchschnittliche Maisernte außerhalb der Saison höchstwahrscheinlich, wird sich aber bis März verzögern (UN OCHA 09.12.2019).

www.ris.bka.gv.at Seite 22 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

Obwohl der Zugang für humanitäre Hilfe nach wie vor eine Herausforderung darstellt, ist die Zahl der Partner in einigen Gebieten, insbesondere in der Region Hiraan, aufgrund der Hochwasserbekämpfung leicht gestiegen. Unterernährung zerstört weiterhin das Potenzial vieler Kinder in ganz Somalia. Trotz der bisher erzielten Fortschritte zeigt sich, dass es notwendig ist, systemische Ansätze zu verwenden, um das anhaltende Problem der akuten Unterernährung anzugehen. Der Ernährungskontext ist in der Bundesrepublik Somalia mit einer durchschnittlichen nationalen Unterernährungsrate von 13,8 Prozent während der Gu-Saison 2019 prekär geblieben - das ist eine leichte Verbesserung gegenüber den Vorjahren von 14 Prozent (2018) und 17,4 Prozent (2017). Die Mehrheit der hohen Unterernährungsraten konzentrieren sich auf die sechs Regionen Banadir (14,8 Prozent), Shabelle (11 Prozent), Bay (8,8 Prozent), Hiraan (6,1 Prozent), Woqooyi Galbeed (5,6 Prozent) und Gedo (5,4 Prozent). Bereits bestehende Herausforderungen wie Konflikte, Vertreibung, Dürre, Überschwemmungen und fehlende grundlegende soziale Dienstleistungen sowie erschwerende Faktoren wie Behinderungen verschlimmern die Ernährungsaussichten im Land

(UN OCHA 22.01.2020).

(UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, Humanitarian Bulletin, 01.06.2019 bis 30.06.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2012873/June+Humanitarian+Bulletin+- +Final+JB.pdf

UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, Humanitarian Bulletin, 01.07.2019 bis 31.07.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014046/July+2019+Humanitarian+Bulletin- Final.pdf

UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, Situation Report, Stand 17.11.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2020673/Situation+Report+-+Somalia++-+17+Nov+2019.pdf

UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, Situation Report, letztes update 09.12.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2021288/Situation+Report+-+Somalia++-+9+Dec+2019.pdf

FSNAU, Somalia, Food Security and Nutrition Analysis Unit, IPC Prognosekarte April bis Juni 2020, https://fsnau.org/ipc/ipc-map

UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, Humanitärer Plan, 22.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2023244/Somalia+Humanitarian+Response+Plan+- +Humanitarian+Programme+Cycle+2020+%28Issued+January+2020%29.pdf)

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist im gesamten Land äußerst mangelhaft. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt nach Angaben der WHO 54 Jahre für Männer und 57 Jahre für Frauen. Mütter und Säuglingssterblichkeit sind laut UNICEF mit die höchsten weltweit. Erhebliche Teile der Bevölkerung haben keinen Zugang zu trinkbarem Wasser oder zu hinreichenden sanitären Einrichtungen. Die öffentlichen Krankenhäuser sind mangelhaft ausgestattet, was Ausrüstung/medizinische Geräte, Medikamente, ausgebildete Kräfte und Finanzierung angeht. Zudem behindert die unzureichende Sicherheitslage ihre Arbeit. Versorgungs- und Gesundheitsmaßnahmen internationaler Hilfsorganisationen mussten auch immer wieder wegen Kampfhandlungen oder aufgrund von Anordnungen örtlicher (islamistischer) Machthaber unterbrochen werden. Die Versorgungslücke, die der Abzug der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) im August 2013 hinterließ, ist nach wie vor nicht geschlossen. Im Mai 2017 hat MSF, zunächst begrenzt auf Puntland, seine Arbeit in Somalia wiederaufgenommen. Dagegen kündigte das IKRK im Zuge jüngster Sicherheitszwischenfälle (u.a. die Entführung einer deutschen Mitarbeiterin im Mai) eine Überprüfung seiner Aktivitäten und eine Reduzierung seines Engagements in den AS-kontrollierten Gebieten im Süden des Landes an (AA 04.03.2019). Medizinische Grunddienste stehen nicht ausreichend zur Verfügung (AA Wirtschaft Stand 05.03.2019, abgefragt am 13.11.2019).

Im ganzen Land wurde in diesem Jahr ein deutlicher Rückgang der vorherrschend übertragbaren Krankheiten (AWD/Cholera, Masern und Malaria) verzeichnet. Überwachungsteams beobachten weiterhin Trends bei ausbrechenden Krankheiten. Der Rückgang wurde auf das Ende der Dürrebedingungen und präventive Maßnahmen zurückgeführt, die im letzten Quartal 2017 und Anfang 2018 durchgeführt wurden, wie die oralen Cholera-Impfung(OCV)-Kampagnen, Wasser, Verbesserungen bei Sanitärversorgung und Hygiene (WASH), sowie eine Hygiene-Werbekampagne (UN OCHA 05.11.2018). Mehrere Gebiete in Somalia sind aufgrund langwieriger Konflikte, Klimaschock, Mangel an Wasser und Sanitäreinrichtungen und des schwachen öffentlichen Gesundheitssystems anfällig für Choleraepidemien. Das Bundesministerium für Gesundheit, die www.ris.bka.gv.at Seite 23 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Partner setzen nachhaltige Lösungen zur Reduzierung von Ausbrüchen um. Im Jahr 2017 sah sich Somalia mit über 78.000 gemeldeten Fällen, darunter 1.159 Todesfällen, mit einem der größten Choleraausbrüche konfrontiert. Seitdem haben verbesserte Möglichkeiten innerhalb des Gesundheitssystems Cholera zu erkennen, zu behandeln und zu verhindern, die Cholera unter Kontrolle gehalten. In diesem Jahr wurden aus 25 Distrikten bisher nur 1.040 Fälle von Choleraverdacht in den Einzugsgebieten der Flüsse Juba und Shabelle gemeldet, darunter ein damit in Zusammenhang stehender Todesfall. Diese Fortschritte müssen jedoch durch Investitionen in nachhaltige Lösungen zur Minimierung wiederkehrender Cholera-Bedrohungen aufrechterhalten werden. Die Gesundheitsbehörden Somalias und die WHO führen, mit Unterstützung von UNICEF, Gavi, der Impfallianz und der Global Task Force für Cholerakontrolle, eine der größten Impfkampagnen Afrikas mit oralen Cholera-Impfstoffen (OCV) durch. In der ersten Runde der Kampagne, die vom 22.06 bis 28.06.2019 in Hochrisikogebieten durchgeführt wurde, wurden über 621.800 Kinder ab einem Jahr geimpft, um das Risiko der Krankheit bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen zu eliminieren und ein Wiederauftreten von Choleraausbrüchen im Land zu verhindern (UN OCHA 31.07.2019).

(AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Wirtschaft, Stand 05.03.2019, abgefragt am 13.11.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203134

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019

UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, Humanitarian Bulletin, 04.10.2018, bis 05.11.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1449589/1788_1541688141_0511.pdf

WHO, World Health Organization, WHO und UNICEF rufen Somalier zur Impfung ihrer Kinder gegen Kinderlähmung auf, 25.06.2019, http://www.emro.who.int/som/somalia-news/who-and-unicef-somalia-and- partners-call-on-all--to-vaccinate-children-against-polio.html

UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, Humanitarian Bulletin, 01.07.2019 bis 31.07.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014046/July+2019+Humanitarian+Bulletin- Final.pdf)

Rückkehr

Bis 31.08.2019 sind 90369 Flüchtlinge in die Republik Somalia zurückgekehrt. Diese Zahl umfasst 84.558 freiwillige Rückführungen aus Kenia, und 4.414 unterstütze spontane Rückkehrer aus dem Jemen sowie 1.395 Rückkehrer aus anderen Staaten, darunter Dschibuti, Libyen, Sudan Eritrea, Pakistan, Gambia, Angola, Kambodscha und anderen Ländern. Somalische Flüchtlinge aus diesen oder anderen Ländern, die spontan ohne Hilfe des UNHCR zurückkehren, sind wurden mitgezählt (UNHCR 31.08.2019).

Mehr als 4.800 somalische Flüchtlinge sind seit 2017 mit Unterstützung von UNHCR aus dem Jemen zurückgekehrt (UNHCR 29.10.2019). Mehr als 5.087 Somalier sind seit 2017 mit Hilfe von UNHCR und IOM aus dem Jemen zurückgekehrt (reliefweb 12.12.2019). ad a) Somalia

Die Zahl der von westlichen Staaten zurückgeführten somalischen Staatsangehörigen nimmt stetig zu. Mit technischer und finanzieller Unterstützung haben sich verschiedene westliche Länder über die letzten Jahre hinweg für die Schaffung und anschließende Professionalisierung eines speziell für Rückführung zuständigen Returnee Management Offices (RMO) innerhalb des Immigration and Naturalization Directorates (IND) eingesetzt. Das RMO hat für alle Rückführungsmaßnahmen nach Somalia eine einheitliche Prozedur festgelegt, die konsequent zur Anwendung gebracht wird. Nach vorliegenden Erkenntnissen werden Rückkehrer vom RMO/der IND grundsätzlich mit Respekt behandelt. Das RMO führt mit den rückgeführten Personen nach deren Ankunft in Mogadischu grundsätzlich ein Interview durch, um deren Identität, Nationalität, Familienbezüge sowie den gewünschten zukünftigen Aufenthaltsort zu klären. Gegebenenfalls werden eine Unterkunft und ein innersomalischer Weiterflug organisiert und bezahlt, die Rechnung begleichen die rückführenden Staaten. Staatliche Repressionen sind nicht die Hauptsorge der Rückkehrer, sondern die allgemeine Sicherheits- und Versorgungslage sowie mögliche Übergriffe von bewaffneten Gruppen, unter anderem von al-Schabaab. Es gibt keine Aufnahmeeinrichtungen für unbegleitete Minderjährige. Es gibt nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes Rückübernahmeabkommen (MoUs) mit Belgien, Norwegen und Großbritannien, wobei die beiden letzteren Vereinbarungen nicht öffentlich kommuniziert werden. Der erste Entwurf einer Nationalen Strategie für www.ris.bka.gv.at Seite 24 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

Migranten, Asylwerber und Flüchtlinge nimmt Bezug auf mögliche Rückübernahmeabkommen im Rahmen des Khartum-Prozesses und Valetta Aktionsplans (AA 04.03.2019).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019

UNHCR, UN High Commissioner for Refugees, Somalia, Karte zur Verteilung von Personen, die aus Kenia zurückkehren, 31.08.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016561/71395.pdf

UNHCR, UN High Commissioner for Refugees, Somalia, Somali refugees return home from Yemen in latest UNHCR-facilitated departure, 29.10.2019, https://www.unhcr.org/news/press/2019/10/5db8299e4/somali-refugees-return-home-yemen-latest-unhcr- facilitated-departure.html reliefweb, UNHCR und IOM, Mehr als 5.000 somalische Flüchtlinge sind seit 2017 freiwillig aus dem Jemen zurückgekehrt, 12.12.2019, https://reliefweb.int/report/yemen/unhcr-and-iom-over-5000-somali-refugees- voluntarily-returned-home-yemen-2017)

2. Beweiswürdigung:

1. Die Identität des Beschwerdeführers (siehe Feststellungen 1.) konnte mangels Vorlage eines somalischen Identitätsdokuments mit Lichtbild nicht festgestellt werden. Die Feststellungen zu Staatsangehörigkeit, Glaube, Clanzugehörigkeit und Familienstand (siehe Feststellungen 1.) beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers.

Dass der Beschwerdeführer illegal in das Bundesgebiet einreiste, aufgegriffen und angehalten wurde und erst danach am 07.04.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte (siehe Feststellungen 1.) ergibt sich aus den im Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl einliegenden Berichten österreichischer Behörden.

Die Feststellungen zum gesundheitlichen Zustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen und seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung sowie in der zuletzt eingelangten Stellungnahme vom 08.01.2020.

2. Die Feststellungen wonach der Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Somalia keiner versuchten Zwangsrekrutierung oder physischer oder psychischer Gewalt durch al-Schabaab ausgesetzt war oder sein wird (siehe Feststellungen 2.), beruhen auf den insgesamt nicht glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer machte mehrfach nicht nachvollziehbare und unstimmige Aussagen und konnte aufgetretene Widersprüche nicht plausibel entkräften.

So erscheint es nicht nachvollziehbar, dass die Terrorgruppe al-Schabaab nach der Aufforderung an den Beschwerdeführer, mit ihnen zusammenarbeiten, tatsächlich respektiert haben soll, dass dieser "Zeit zum Überlegen" braucht und ihm Bedenkzeit eingeräumt haben soll - dies insbesondere angesichts der Aussagen des Beschwerdeführers, dass ein sofortiger Nichtbeitritt mit seinem Tod geendet hätte:

"...Warum haben Sie ihr Land verlassen (Fluchtgrund):

[...] In dieser Stadt erwischte mich die Terrorgruppe und wollte mich zwingen, der al-Schabaab beizutreten. Da ein sofortiger Nichtbeitritt mit meinem Tod geändert hätte, überredete ich die Gruppe um eine Woche Bedenkzeit..." (niederschriftliche Befragung vom 07.04.2016, Seite 05 bzw. Akt BFA Seite 09).

"...F: Aus welchem Grund suchten Sie in Österreich um Asyl an? [...]

A: Ich bin von den Al Shabaab geflüchtet. [...] Als ich festgenommen wurde durch die Milizen der Al Shabaab habe ich gesagt, dass ich Einkäufe mithabe, ich muss wieder zum XXXX zurück, sie wissen wo ich arbeite, und ich brauche Zeit zum Überlegen..." (niederschriftlichen Befragung am 04.08.2017).

Abgesehen davon, dass eine von al-Schabaab eingeräumte Bedenkzeit kaum nachvollziehbar erscheint, führte der Beschwerdeführer ein solches Vorbringen auch nur in seiner Erstbefragung und im Rahmen seiner niederschriftlichen Befragung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus. In der www.ris.bka.gv.at Seite 25 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab er hingegen neu an, dass er sich in seinem Heimatdorf beim örtlichen al-Schabaab-Chef hätte melden sollen:

"...R: Was konkret haben Sie mit al-Schabaab sonst noch beim ersten Zusammentreffen ausgemacht?

P: [...] Sie verlangten von mir, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Sollte ich mich weigern, wäre ich ein Ungläubiger und sie würden mich sofort töten. Ich habe gesagt, wo ich lebe. Sie sollen mir Bedenkzeit geben.

R: Wie haben Sie die Bedenkzeit begründet?

P: Ich wollte die Einkäufe zurückbringen. Einer der Männer, sagte, dass darfst du machen. Sobald Du im Dorf bist, gehst du zum dortigen al-Schabaab Anführer und erzählst ihm von unserem heutigen Gespräch. Wenn Du das nicht machst, weißt Du, was sie mit Dir machen werden.

R: Sonst wurde nichts vereinbart?

P: Nein, ich sollte mich nur in meiner Ortschaft melden.

R: Sind Sie sich da absolut sicher?

P: Ja, ganz sicher. Ich sollte nur zum Ortschef meines Heimatdorfes gehen. Sonst haben wir außerdem heute Gesagten nichts gesprochen.

R: Beim BFA haben Sie aber von einer Bedenkzeit gesprochen, die Sie ausverhandelt hätten. Wie passt das zu Ihren heutigen Angaben?

P: Ja, sie haben gemeint, ich soll meine Sachen nach Hause bringen und mich noch am selben Tag beim Ortschef melden.

R: Beim BFA haben Sie andere Ausführungen zur Bedenkzeit gemacht.

P: Es ist so, wie ich heute sage.

R: In der niederschriftlichen Befragung am 07.04.2016 haben Sie angegeben, dass Sie eine Woche Bedenkzeit bekommen haben. Die al-Schabaab sperrte gemäß Ihren Angaben Leute ein, foltert diese, verurteilt diese (Anmerkung: Befragung am 04.08.2017 Seite 06 bzw. Akt BFA Seite 52), aber Sie dürfen davor noch nachdenken, ob Sie das wollen? Können Sie mir das bitte plausibel erklären; zumal Sie heute kein Wort von einer Woche Bedenkzeit gesagt haben, sondern neu behauptet haben, Sie hatten sich am selben Tag beim al- Schabaab Chef im Heimatdorf melden sollen:

"...In dieser Stadt erwischte mich die Terrorgruppe und wollt mich zwingen der Al-shabaab bei zu treten. Da eine sofortiger Nichtbeitritt mit meinem Tod geendet hätte, überredete ich die Gruppe im eine Woche Bedenkzeit..." (Anmerkung: Befragung Seite 05 bzw. Akt BFA Seite 09).

P: Es war so, wie ich heute sagte. Ich habe keine Woche Bedenkzeit gehabt..." (Verhandlungsschrift vom 20.07.2018 Seite 17f).

Es erscheint jedoch nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ausführt, dass er sich beim örtlichen al-Schabaab-Führer hätte melden sollen, ein solches Vorbringen jedoch in seiner - durchaus umfangreicheren - Schilderung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit keinem Wort erwähnte. Im Übrigen verwundert es auch, dass al-Schabaab - hätte die Gruppe tatsächlich das Interesse gehabt, den Beschwerdeführer zu rekrutieren - diesen nicht unmittelbar mitgenommen hat, sondern ihm erst Bedenkzeit eingeräumt und ihn - nachdem sich dieser nie wieder bei ihnen gemeldet haben soll - erst nach einer zufälligen Begegnung in der Stadt einige Wochen später in ein Ausbildungscamp entführten.

Auch die weiteren Schilderungen des Beschwerdeführers zum Aufenthalt im Ausbildungscamp gestalteten sich nicht nachvollziehbar. So gab dieser an, dass er etwa einen Monat von al-Schabaab gefoltert worden sei, damit er der Gruppe beitrete, aber danach - kaum habe sich die äthiopische Regierung dem Ausbildungscamp genähert - www.ris.bka.gv.at Seite 26 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020 sogar mit Einwilligung der Ausbildner ohne Weiteres fliehen durfte und zuvor sogar noch sein Handy zurückbekommen haben soll:

"...A: [...] Ich wurde festgenommen und wurde an einen Ort gebracht, wo Kämpfer ausgebildet werden. [...] Ich wurde geschlagen und gefoltert 15 Tage lang. Ich wollte mich den Al Shabaab nicht anschließen, daher wurde ich weiter geschlagen und gefoltert. ]...] Ich war dann noch 2 Wochen im Camp, wurde wiederum geschlagen und gefoltert. [...] Dann sagte ich, dass ich bereit bin, mit denen zu arbeiten, um mein eigenes Leben zu retten. Sie sagten, das glauben wir dir nicht, du willst nur weg von hier. Ich sagte, ich bin Moslem, bringt mir den Koran und ich werde schwören, dass ich das machen werde. Die akzeptierten das und ich wurde zu einem kleinen Dorf namens XXXX gebracht, dort gab es ein Camp, ein Trainingscamp. [...] Nach 10 Tagen haben die Männer einen Anruf bekommen, dass die äthiopische Regierung bald zu uns kommen werden, zu Fuß, und wir müssen das Camp verlassen. Sie sagten, jeder ist für sich, wir müssen hier weg und fliehen, es war dunkel. Somit bin ich alleine geflohen, war in den Bergen und den Wäldern, ganz alleine. [...] Somit bin ich nach XXXX gekommen. Als ich dort ankam, hatte ich ein Handy mit, hab die Familie angerufen, das war am 17.01.2016. [...]

Wie sind Sie zu dem Handy gekommen?

A: Ich hatte von Anfang an ein Handy, sie nahmen es mir weg und dann habe ich es wieder zurückbekommen..." (niederschriftlichen Befragung am 04.08.2017).

Es erscheint jedoch kaum plausibel, dass al-Schabaab den Beschwerdeführer nach einmonatiger Folter, damit er endlich der Gruppe beitrete, aufgrund der Ankündigung des baldigen Eintreffens der äthiopischen Regierung einfach gehen ließ und ihm zuvor sogar noch sein Handy zurückgab:

"...R: Warum sollte sich die al-Schabaab die Mühe machen Sie zu internieren, zu foltern und danach auszubilden, nur um Sie später einfach gehen zu lassen?

P: Ich weiß es nicht. Jemand, der sich weigert, wird schlecht behandelt und wenn man zusagt, nicht mehr.

R: Die al-Schabaab hätte sie doch einfach mitnehmen können, warum sollten die sagen, Sie sollen alleine fliehen als das letzte Camp, in dem Sie waren, geräumt wurde?

P: In diesem Lager war ich das einzige Nicht al-Schabaab Mitglied, deswegen konnte ich einfach so gehen. Alle anderen waren schon Mitglieder der al-Schabaab. Ich weiß nicht, was die gemacht haben, ich lief alleine aus dem Lager fort. Es war Mitternacht. Unser Ausbildner sagte, AMISOM Truppen sind unterwegs zu uns. Jeder sollte irgendwohin laufen, bevor wir getötet werden..." (Verhandlungsschrift vom 20.07.2018 Seite 20).

Weiters gab der Beschwerdeführer an, dass er am 03.12.2015 das letzte Mal Kontakt mit seiner Lebensgefährtin gehabt habe und am 17.01.2016 das letzte Mal mit seinen Eltern telefoniert habe; die Organisation der Ausreise habe etwa eine Woche - von 17.01. bis 25.01.2016 - gedauert. Auf die Frage, warum er in der Woche der Vorbereitung seiner Ausreise nicht mit seiner Lebensgefährtin gesprochen habe, führte der Beschwerdeführer überraschenderweise aus, dass al-Schabaab seine Frau mitgenommen habe, da er ein Abtrünniger sei:

"...F: Wieso haben Sie in der Woche der Vorbereitung der Ausreise nicht mit Ihrer Frau gesprochen, das ist nicht nachvollziehbar?

A: Die haben auch meine Frau mitgenommen, da ich ein Abtrünniger bin.

F: Wann?

A: Als ich in mein Dorf kam, haben Sie sich mitgenommen, da ich ein Abtrünniger bin..." (niederschriftlichen Befragung am 04.08.2017 Seite 08 bzw. Akt BFA Seite 54).

Es ist jedoch nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer die Entführung seiner Lebensgefährtin mit keinem Wort zuvor erwähnt hätte, sondern diesen dramatischen Umstand erst auf konkrete Nachfrage, warum er nicht mit ihr gesprochen habe, nachträglich anführt.

Hinsichtlich des erstmals in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erhobenen Vorbringens, wonach der Beschwerdeführer befürchte, im Fall seiner Rückkehr von www.ris.bka.gv.at Seite 27 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

Regierungstruppen verhaftet zu werden, ist mangels ausreichend konkreter Angaben nicht nachvollziehbar, weshalb diese den Beschwerdeführer inhaftieren sollten. So gab der Beschwerdeführer zwar an, dass diese "jeden" verhaften würden, der an einem unbekannten Ort auftaucht, um festzustellen, ob er zur al-Schabaab gehöre oder nicht, jedoch ist selbst bei Zutreffen eines solchen Szenarios nicht ersichtlich, inwiefern dem Beschwerdeführer - der niemals Mitglied der al-Schabaab war - Verfolgung drohen sollte:

"...R: Warum sollten Sie von Regierungsmitgliedern verhaftet werden, wenn Sie zurückkehren?

P: Sie werden jeden verhaften, der an unbekanntem Ort auftaucht, um festzustellen, ob er zur al-Schabaab gehört oder nicht.

R: Warum sollten Sie an einem unbekannten Ort in der Bundesrepublik Somalia auftauchen?

P: Ich meine, wenn ich in eine für mich fremde Ortschaft komme.

R: Sie sind doch vor den al-Schabaab geflohen, das könnten Sie doch jederzeit sagen. Außerdem gibt es in Ihrem Dorf wohl Zeugen dafür. Warum sollten Sie persönlich von Regierungsmitgliedern verhaftet werden; sind Sie eine bedeutende Persönlichkeit?

P: Ich meinte die Regierungstruppen. Die Regierungstruppen sind meistens nicht echt. Ich glaube nicht, dass die meine Aussagen ernst nehmen werden..." (Verhandlungsprotokoll vom 20.07.2018, Seite 20).

Eine ausreichend substantiierte, konkrete und maßgebliche Gefahr einer Verfolgung kann diesen Aussagen nicht entnommen werden.

In einer Gesamtbetrachtung geht das Bundesverwaltungsgericht sohin davon aus, dass der Beschwerdeführer nie Kontakt zu bzw. Probleme mit al-Schabaab hatte und auch von Regierungstruppen keinerlei Verfolgung zu befürchten hat. Dem gesamten Vorbringen zu den angeblichen fluchtauslösenden Vorfällen in der Bundesrepublik Somalia ist angesichts der (oben exemplarisch dargestellten) Widersprüche in seinem Vorbringen die Glaubwürdigkeit zu versagen und es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer dieses als Vorwand wegen seiner Ergreifung nach seiner illegalen Einreise nach Österreich bzw. zur Umgehung der fremdenrechtlichen Vorschriften erfunden hat.

3. Die Feststellungen zur Situation des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat ergeben sich aus seinen Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Befragung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und der Beschwerdeverhandlung. Dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde oder er Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten, muss nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht befürchtet werden. Der Beschwerdeführer brachte zu keinem Zeitpunkt vor, dass er in der Bundesrepublik Somalia an Hunger gelitten oder Schwierigkeiten gehabt habe, notwendige Lebensbedürfnisse zu befriedigen.

Wenn eine angespannte Versorgungssituation, auch in XXXX , vorliegt, so gehört der Beschwerdeführer als junger und gesunder Mann, der dem Mehrheitsclan der Hawiye zugehörig ist, keiner vulnerablen Personengruppe an, weshalb angesichts seiner individuellen Umstände nicht erkannt werden kann, dass sich die angespannte Versorgungslage gerade in Bezug auf seine Person in einem Ausmaß auswirken wird, welches ihn in eine als unmenschlich oder erniedrigend zu bezeichnende Lebenssituation versetzen würde. Die Hawiye leben vor allem in Süd- und Zentralsomalia und zählen zu den größten Clans in der Bundesrepublik Somalia. XXXX , keine derartige Gefahrenlage, die ein reales Risiko für eine Beeinträchtigung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit des Beschwerdeführers darstellen würde; siehe dazu auch zu Spruchpunkt II.

4. Die Feststellungen zur Situation des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gründen sich auf seine Angaben im Verfahren, den vorgelegten Unterlagen sowie auf Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Zentrales Fremdenregister, Grundversorgungs-Informationssystem, Strafregister). Von den beim Beschwerdeführer vorhandenen Deutschkenntnissen konnte sich das Bundesverwaltungsgericht ferner in der Beschwerdeverhandlung überzeugen; siehe dazu auch zu Spruchpunkt III.

5. Die Feststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (siehe Feststellungen 5.) beruhen auf dem in der Beschwerdeverhandlung dargetanen Dokumentationsmaterial und etwas aktuelleren Berichten derselben Quellen. Die Parteien des Beschwerdeverfahrens haben keinen Einwand gegen die www.ris.bka.gv.at Seite 28 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

Heranziehung dieser Informationsquellen (deren Inhalt sich seit der letzten Beschwerdeverhandlung nicht entscheidungswesentlich geändert hat) erhoben. Die herangezogenen Berichte und Informationsquellen stammen hauptsächlich von staatlichen Institutionen oder diesen nahestehenden Einrichtungen und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, Zweifel an deren Objektivität und Unparteilichkeit aufkommen zu lassen. Die inhaltlich übereinstimmenden Länderberichte befassen sich mit der aktuellen Lage in der Bundesrepublik Somalia.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zu Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

In Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (§ 11 Abs. 1 AsylG).

Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt (siehe Beweiswürdigung 2.), entspricht das Vorbringen des Beschwerdeführers zu sämtlichen angeblichen Vorfällen im Herkunftsstaat nicht den Tatsachen. Da der Beschwerdeführer keine wohlbegründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung in seinem Herkunftsstaat glaubhaft machen kann, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des gegenständlichen Bescheides abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bundesrepublik Somalia gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen.

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigen einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit www.ris.bka.gv.at Seite 29 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020 infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden (§ 8 Abs. 2 AsylG).

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

Der Verwaltungsgerichthof hat in seinem Erkenntnis vom 21.05.2019, 2019/19/0006-3, unter Bezugnahme auf das Erkenntnis vom 06.11.2018, 2018/01/0106, zusammengefasst klargestellt, dass § 8 Abs. 1 AsylG, auch wenn er nicht der Statusrichtlinie entspricht, anzuwenden ist.

Vor dem Hintergrund der genannten Erkenntnisquellen und den darauf basierenden Feststellungen finden sich weder Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG ausgesetzt sein wird noch, dass "außergewöhnliche Umstände" der Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen. Es lässt sich in diesem konkreten Fall nicht ersehen, dass es dem Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Somalia an der notdürftigsten Lebensgrundlage fehlen würde (siehe dazu auch Beweiswürdigung 3.).

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt keineswegs die generell angespannte Lage in der Bundesrepublik Somalia (siehe Länderfeststellungen 5.), allerdings reicht die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK nicht aus. Aus den aktuellen Länderfeststellungen geht unter anderem hervor, dass sich in der Bundesrepublik Somalia die politischen Loyalitäten in erster Linie durch die Clanzugehörigkeit bestimmen. Eine Besonderheit der Politik und Geschichte des Landes liegt in der Bedeutung der Clans. Clans sind auf gemeinsame Herkunft zurückgehende Großfamilienverbände mit einer bis zu siebenstelligen Zahl von Angehörigen. Die Kenntnis der Clanstrukturen und ihrer Bedeutung für die somalische Gesellschaft ist ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der politischen und historischen Entwicklungen in der Bundesrepublik Somalia (siehe Feststellungen 5. Parteiensystem). Der Beschwerdeführer hat im Verfahren nicht detailliert und konkret dargelegt im Fall der Rückkehr keine Lebensgrundlage vorzufinden bzw. dass seine Grundbedürfnisse nicht gedeckt werden könnten. Der Beschwerdeführer gehört einem Mehrheitsclan in der Bundesrepublik Somalia an, der insbesondere auch in XXXX beheimatet ist und hat angegeben, während seines Aufenthaltes in der Bundesrepublik Somalia, Kraft seiner Arbeit seinen Lebensunterhalt erwirtschaftet zu haben. Es ist dem XXXX , gesunden Beschwerdeführer zuzumuten, wieder Kraft eigener Arbeit zu seinem Lebensunterhalt beizutragen. Aus den aktuellen Länderfeststellungen geht hervor, dass es im November 2018 in der Bundesrepublik Somalia ca. 2,6 Millionen Vertriebene gab die großteils Zuflucht in städtischen und stadtnahen Gebieten, darunter auch in XXXX , suchten. Bis 31.08.2019 kehrten 90.369 Personen freiwillig in die Bundesrepublik Somalia zurück. Aus den Länderfeststellungen geht hervor, dass es sich XXXX

XXXX Selbstverständlich übersieht das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass es mittlerweile auch Überschwemmungen in der Bundesrepublik Somalia, darunter in XXXX Wie allerdings weiter oben ausgeführt, geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer nach XXXX zurückkehren kann, weshalb auch nicht weiter darauf einzugehen, ist, dass der Beschwerdeführer nicht XXXX ; dieser Ort ist bzw. war nicht von Überschwemmungen betroffen.

Dass der Beschwerdeführer Hunger leiden müsste, hat er zu keinem Zeitpunkt behauptet oder näher dargelegt. In XXXX wird die Lage mit Stufe 03 (von 05 Stufen) orange Krise bewertet (siehe Feststellungen 5. Grundversorgung IPC Prognosekarte April bis Juni 2020). Da der Beschwerdeführer jedenfalls in XXXX zurückkehren kann, wo der Clan der Hawiye dominant ist (siehe Feststellungen 5. Hawaadle/Hawadle), kann er auch nicht von den Verhältnissen in der Stadt Baidoa (Anmerkung: Baidoa mit ca. 130.000 Einwohnern ist die Hauptstadt von Upper Juba/der Bay Region, in Südsomalia) betroffen sein, wo über 323.000 Vertriebene beherbergt werden (siehe Feststellungen 5. Grundversorgung) bzw. hat auch die Gruppe von 340 Personen, die vor der Unsicherheit in der Galmudug-Region, nachdem gezielte Angriffe auf Binnenvertriebene stattgefunden hatten, floh, weil diese beschuldigt wurden in Teilen des Galkayo Distrikts (Anmerkung: in der Mudug Region im Nordostsomalia) und im Dhusa Mareb Distrikt (Anmerkung: in der Galmudug Region in Zentralsomalia) mit al-Schabaab kollaborier zu haben (siehe Feststellungen 5. Grundversorgung), nichts mit dem Beschwerdeführer zu tun. Allgemein ist die Lage in XXXX nicht so schlecht, dass der Beschwerdeführer automatisch von Unterernährung betroffen wäre. Neben dem Umstand, dass der Beschwerdeführer damit nicht in eine Region zurückkehren muss, die von Überschwemmungen betroffen ist, ist zu vermerken, dass die anhaltenden Regenfälle die Wasserquellen wieder aufgefüllt, das Weidewachstum verbessert und den Wasserstress verringert haben. Bauern können das Hochwasser strategisch nutzen, um eine gute Ernte außerhalb der Saison zu sichern, www.ris.bka.gv.at Seite 30 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020 bevor es im nächsten Monat austrocknet. Nach dem Zurücklassen des Hochwassers ist zudem eine überdurchschnittliche Maisernte außerhalb der Saison höchstwahrscheinlich, wird sich aber bis März 2020 verzögern (siehe Feststellungen 5. Grundversorgung).

Wenn auch eine angespannte Versorgungssituation vorliegt, so gehört der Beschwerdeführer als gesunder Mann mit Clanangehörigen in XXXX keiner vulnerablen Personengruppe an, weshalb angesichts seiner individuellen Umstände nicht erkannt werden kann, dass sich die angespannte Versorgungslage gerade in Bezug auf seine Person in einem Ausmaß auswirken wird, welches ihn in eine als unmenschlich oder erniedrigend zu bezeichnende Lebenssituation versetzen würde. Somit ist insgesamt nicht davon auszugehen, dass der gesunde, arbeitsfähige, Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach XXXX von Unterernährung betroffen sein wird.

Irgendein besonderes "real risk", dass es durch die Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen wird, kann nicht erkannt werden, außergewöhnliche Umstände im Sinne der Judikatur des EGMR, die gegen eine Abschiebung in die Bundesrepublik Somalia sprechen, sind nicht erkennbar, weshalb im Ergebnis spruchgemäß zu entscheiden ist.

Zu Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

In Spruchpunkt III. des Bescheides wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus Berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm

§ 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 des § 10 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, liegen gegenständlich nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt gemäß § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, wurde.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ist der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, www.ris.bka.gv.at Seite 31 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre. (§ 9 Abs. 3 BFA-VG, in der Fassung

BGBl. I Nr. 70/2015).

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Betreffend Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers war Folgendes zu erwägen:

Da alle Verwandten des nach moslemischem Ritus verheirateten, kinderlosen Beschwerdeführers nach wie vor in der Bundesrepublik Somalia leben, kann im Fall seiner Rückkehr kein Eingriff in ein Familienleben erkannt werden.

Geht man im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu Lasten des Beschwerdeführers aus und die Ausweisung stellt jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar.

Der Beschwerdeführer hielt sich nach seiner illegalen Einreise und seit seinem erfolgten Aufgriff bzw. Anhaltung wegen illegalen Aufenthaltes und erst daraufhin erfolgter Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nur etwas mehr als ein Jahr im Bundesgebiet auf. Die Verfahrensdauer war nicht der Sphäre des Beschwerdeführers zuzurechnen. Der Aufenthalt im Inland war dem Beschwerdeführer aber lediglich auf Grund des gegenständlichen Antrages erlaubt, der sich auf Grund der bewusst unwahren Behauptungen des Beschwerdeführers als unberechtigt erwiesen hat. Der Beschwerdeführer verfügte nie über Aufenthaltsrechte außerhalb seines Asylverfahrens. Der mittlerweile bald vier Jahre dauernde Aufenthalt im Bundesgebiet steht zudem in keinerlei Verhältnis dazu, dass der Beschwerdeführer den bei weitem überwiegenden Teil seines Lebens in der Bundesrepublik Somalia verbracht hat. Der Beschwerdeführer ist nicht aus Furcht vor Verfolgung(sgefahr) aus seinem Herkunftsstaat ausgereist, sondern hat hinsichtlich seiner Fluchtgründe während des Verfahren unwahre Angaben gemacht. Bewusst unwahre Angaben vor einer österreichischen Behörde und bis zuletzt in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bilden keine solide Basis für die Integration des Beschwerdeführers bzw. konnte er schon deshalb nie auf die

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Erteilung eines dauernden Aufenthaltsrechtes vertrauen und musste sich von Anbeginn der Unsicherheit des Aufenthaltsstatus bewusst sein.

Der XXXX Beschwerdeführer hat keine zum dauernden Aufenthalt berechtigten Angehörigen im Bundesgebiet. Er verfügt nach wie vor über sehr starke Bindungen zum Herkunftsstaat, hat er doch den bei weitem überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht. Der Beschwerdeführer beherrscht seine Muttersprache Somali, nunmehr zusätzlich etwas Deutsch und hat laut eigenen Angaben im Herkunftsstaat Berufserfahrung. Es ist daher davon auszugehen, dass er sich wieder in die dortige Gesellschaft eingliedern kann, wobei er auf die Unterstützung seiner Clanangehörigen zählen kann, womit er nicht völlig auf sich alleine gestellt ist. Nach alledem kann nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zurechtfindet.

Der Beschwerdeführer legte am 19.12.2016 die A1-Deutschprüfung ab und absolvierte am 17.02.2017 die A2- Deutschprüfung. Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte sich der Beschwerdeführer verständlich, aber gebrochen auf Deutsch ausdrücken. Er besucht ein Sprachcafé und hilft dort auch bei Aufräumtätigkeiten mit, weiters leistet er immer wieder freiwillige Übersetzungsdienste bei einer Rechtsberatungsorganisation. Er besucht derzeit den Vorbereitungslehrgang zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses und absolvierte auch einen Erste-Hilfe-Kurs. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über soziale Kontakte, es liegen jedoch keine besonderen Abhängigkeitsverhältnisse zu Personen in Österreich vor und sind allfällige freundschaftlichen Beziehungen zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem sich der Beschwerdeführer seiner unsicheren aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst sein musste.

Es ist dem illegal eingereisten, in Österreich auf Dauer nicht selbsterhaltungsfähigen, Beschwerdeführer nicht verwehrt, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG in Zukunft legal in das Bundesgebiet einzureisen. Es kann ein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften und Missbrauch des Asylverfahrens erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen.

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG, in der Fassung

BGBl. I Nr. 56/2018, ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die Anordnung einer Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG, in der Fassung

BGBl. I Nr. 145/2017, gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung gemäß § 46 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des

§ 8 Abs. 1 AsylG. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde bereits verneint (siehe zu Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl).

Gemäß § 50 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG). Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den behaupteten Ausreisegründen ist als nicht glaubhaft zu werten (siehe Beweiswürdigung 2.) und es bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen www.ris.bka.gv.at Seite 33 von 34 Bundesverwaltungsgericht 21.02.2020

Ansichten bedroht wäre, weshalb kein Fall des § 50 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, vorliegt (siehe zu Spruchpunkt I. des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl).

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, unzulässig, solange dieser die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für die Bundesrepublik Somalia nicht.

Insgesamt ist daher die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides abzuweisen.

Zu Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

In Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011, wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 2 FPG, in der Fassung

BGBl. I Nr. 87/2012, 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige besondere Umstände von dem Beschwerdeführer nicht behauptet wurden, ist die Frist zu Recht vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit 14 Tagen festgelegt worden und auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im konkreten Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In der Beweiswürdigung wurde ausgeführt, dass den Angaben des Beschwerdeführers keine Glaubwürdigkeit zuzubilligen ist (siehe Beweiswürdigung 2.) und sämtliche Angaben zu den behaupteten Ausreisegründen nicht den Tatsachen entsprechen. Dieses Erkenntnis beschäftigt sich vor allem mit der Erforschung und Feststellung von Tatsachen und es ergaben sich im Lauf der Verfahren keine Hinweise auf das Vorliegen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung.

European Case Law Identifier ECLI:AT:BVWG:2020:W215.2168869.1.00

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