21.03.2019

Gericht BVwG

Entscheidungsdatum 21.03.2019

Geschäftszahl W215 2102916-1

Spruch W215 1432250-1/35E

W215 2102916-1/19E

W215 2181972-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX , 2) XXXX , geb. XXXX , und 3) XXXX , geb. XXXX , alle Staatsangehörigkeit Bundesrepublik , gegen Spruchpunkte I. der Bescheide des 1) Bundesasylamtes und 2) und 3) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1) 03.01.2013, Zahl 12 05.868-BAT, 2) 11.02.2015, Zahl 1020215704-14666149, und 3) 21.11.2017, Zahl 1171485005- 171189443, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl.

Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer (Beschwerdeführende Partei 1, in Folge: P1) und die Zweitbeschwerdeführerin (Beschwerdeführende Partei 2, in Folge: P2) gelangten unabhängig voneinander ins Bundesgebiet und lernten sich während ihrer Asylverfahren in Österreich kennen. Sie sind Lebensgefährten und Eltern der in Österreich geborenen Drittbeschwerdeführerin (Beschwerdeführende Partei 3, in Folge: P3).

1. erstinstanzliches Verfahren von P1

P1 stellte nach illegaler Einreise ins Bundesgebiet am 14.05.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

In seiner Erstbefragung am 14.05.2012 führte P1 zu seinen Fluchtgründen aus, dass er seine Heimat wegen der al-Schabaab verlassen habe. Diese hätten P1 mit dem Tod bedroht und seinen Vater, sowie zwei seiner Geschwister, getötet und seinen kleinen Bruder mitgenommen.

In seiner niederschriftlichen Befragung vor dem Bundesasylamt am 17.07.2012 bestätigte P1 die Richtigkeit seiner bisherigen Angaben und führte weiters aus, dass er vor dem Überfall, bei dem sein Vater und zwei seiner Geschwister - vermutlich wegen ihrer Stammeszugehörigkeit - getötet worden seien, von der al-Schabaab ständig telefonisch bedroht worden sei. Sie hätten gewollt, dass P1 für sie kämpfe. Befragt, warum gerade P1 bedroht worden sei, brachte er vor, dass dies sei auf seine Zugehörigkeit zur Volksgruppe der /Midgo zurückzuführen sei. Seine Familie sei deshalb ständig ausgegrenzt und unterdrückt worden.

Mit Bescheid vom 03.01.2013, Zahl 12 05.868-BAT, wies das Bundesasylamt den Antrag von P1 auf internationalen Schutz von 14.05.2012 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zu. Begründend wurde ausgeführt, dass P1 keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht habe. So habe er in der Erstbefragung nur die Bedrohung durch al-Schabaab angegeben, im Unterschied dazu in der späteren niederschriftlichen Befragung aber als Fluchtgrund auch die Unterdrückung wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit geltend gemacht, ohne aber konkrete aktuelle Bedrohungsszenarien nennen zu können. Weiters würden seine Angaben zahlreiche Widersprüche enthalten, so bezüglich des Verbleibs seines jüngeren Bruders, des Zeitpunkts seiner Flucht und der Deckung der Fluchtkosten.

Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 03.01.2013, Zahl 12 05.868-BAT, erhob P1 fristgerecht gegenständliche Beschwerde, nahm zu den im Bescheid angeführten Widersprüchen Bezug und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Er habe schon bei der Erstbefragung auf seine Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Madhiban hingewiesen, aber erst später die Gelegenheit bekommen, seine Fluchtgründe zu erläutern. Die al-Schabaab hätten P1 als ältesten Sohn der Familie für ihre Zwecke rekrutieren wollen, da er schutzlos gewesen sei. Die Lage von P1 und seiner Familie sei prekärer gewesen, als für anderer Angehöriger der Minderheit der Madhiban/Midgo, da kein Schutz vom Clan zu erwarten gewesen sei. Sein Vater habe sich um die Clanzugehörigkeit wenig gekümmert und die Familie habe in einem Gebiet gewohnt, in dem sie die einzigen dieser Volksgruppe gewesen seien. Entgegen der Protokollierung in der Erstbefragung habe er Somalia bereits im Juni 2010 und nicht erst im Jahr 2011 verlassen. Dies stimme auch mit seinen Angaben in der Erstbefragung überein, wonach seine Reise "1 Jahr und 11 Monate" gedauert habe. Auch bestünde kein Widerspruch zwischen seinen Angaben, wonach er das Geld für seine Flucht von seiner Mutter erhalten, er seit dem Überfall auf seine Familie aber keinen (unmittelbaren) Kontakt zu dieser mehr gehabt habe. Vielmehr habe ihm seine Mutter das Geld über einen Freund zukommen lassen.

Der Verwaltungsakt langte im Bundesverwaltungsgericht ein und wurde zunächst der Gerichtsabteilung W105 zur Erledigung zugewiesen. Mit Erkenntnis vom 13.10.2014, Zahl W105 1432250-1/6E, wies das Bundesverwaltungsgericht ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 03.01.2013, Zahl 12 05.868-BAT, als unbegründet ab. Unter Bezugnahme auf die Beweiswürdigung der Behörde wurde das Vorbringen von P1 als unglaubwürdig erachtet und weiters ausgeführt, dass P1 nicht aufgezeigt habe, dass die erfolgten Übergriffe aufgrund der Stammes- bzw. Clanzugehörigkeit oder zum Zwecke einer Zwangsrekrutierung durch al-Schabaab erfolgt seien. Vielmehr seien diese der vormalig herrschenden Bürgerkriegssituation in der Bundesrepublik Somalia bzw. XXXX zuzuordnen, sodass eine asylrelevante Verfolgung nicht habe erkannt werden können.

Einer dagegen erhobenen außerordentlichen Revision gab der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2014/01/0185, statt und hob das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass P1 konkrete Argumente vorgebracht habe, um die von der Verwaltungsbehörde vorgenommene Beweiswürdigung fallbezogen begründet in Zweifel zu ziehen. Die Voraussetzungen zur Abstandnahme von der Verhandlung nach

§ 21 Abs. 7 BFA-VG seien daher nicht erfüllt gewesen und fehle es auch an einer nachvollziehbaren Begründung dafür, warum dem Vorbringen von P1 keine zielgerichtet gegen P1 gerichtete Verfolgungs- oder Gefährdungssituation zu entnehmen sei.

In der Folge wurde das Verfahren am 22.01.2016 auf Grund der damals geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung W215 zur Entscheidung zugewiesen.

2. erstinstanzliches Verfahren von P2 www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

P2 reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt illegal nach Österreich ein und stellte am 28.05.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

In ihrer Erstbefragung am 29.05.2014 führte P2 zu ihren Fluchtgründen aus, dass al-Schabaab P2 mit einem alten Mann habe verheiraten wollen. Da P2 das nicht gewollt habe, sei ihr angedroht worden, sie zu töten.

Am 04.02.2015 wurde P2 im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich befragt. Dabei gab sie zu ihren Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass sie im Lokal ihrer Tante einen guten Freund begrüßt habe und dabei von Männern der al-Schabaab beobachtet worden sei. Diese seien am nächsten Tag zu P2 gekommen und hätten ihr gesagt, dass sie die Regeln gebrochen habe und mit ihnen mitgehen müsse. Sie hätten P2 in ein Quartier gebracht und ihr als Strafe für den Regelverstoß eine Haft von einem Monat auferlegt. Nach diesem Monat habe ihr Vater P2 wieder abholen wollen, doch al-Schabaab habe gesagt, dass sie P2 nun mit einem älteren Mann verheiraten würden und P2 sei in ein anderes Haus gebracht worden. Nachdem ihr Vater P2 nicht habe helfen können, sei P2 zwei Tage vor der geplanten Eheschließung geflüchtet und nach XXXX zu ihrer Tante väterlicherseits gefahren, wo sie alles erzählt habe. Ihre Tante habe gehört, dass die Männer P2 bei ihrem Vater gesucht und ihn auch bedroht hätten, sodass sie P2 zur Flucht geraten und P2 zu einem Fahrzeug Richtung Kenia gebracht habe. Während ihres Aufenthaltes in Kenia habe P2 erfahren, dass ihr Vater getötet worden sei und P2 vermute, dass sie der Grund dafür sei. P2 sei drei Jahre in Kenia gewesen, dann hätten die Behörden nach Anschlägen der al-Schabaab in Kenia damit begonnen, die Somalier des Landes zu verweisen, sodass P2 weitergereist sei.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.02.2015, Zahl 1020215704-14666149, wurde der Antrag von P2 auf internationalen Schutz vom 28.05.2014 in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen. P2 wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 11.02.2016 erteilt. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass P2 ihr Vorbringen zur Zwangsverheiratung nicht habe glaubhaft machen können, so seien ihre Angaben vage und nicht nachvollziehbar gewesen und habe P2 keine Details schildern können.

Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides, vom 11.02.2015, Zahl 1020215704-14666149, zugestellt am 23.11.2017, erhob P2 am 20.12.2017 fristgerecht gegenständliche Beschwerde, beantragte die Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten. Begründend brachte P2 im Wesentlichen vor, dass sie ihr Vorbringen entgegen der Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sehr detailliert und lebensnah gestaltet habe und sich vermeintliche Widersprüche bei einer Auseinandersetzung mit dem Vorbringen leicht hätten auflösen lassen könnten. P2 drohe in Somalia aufgrund der Weigerung, sich den Verhaltensregeln der radikal islamischen al-Schabaab unterzuordnen, asylrelevante Verfolgung aufgrund ihrer unterstellten politischen Gesinnung. Weiters werde sie aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Frauen, denen Zwangsverheiratung drohe, in Somalia von erheblicher Intensität persönlich verfolgt und sei der somalische Staat nicht willens und nicht in der Lage P2 vor Verfolgung zu schützen.

Die Beschwerdevorlage vom 09.03.2015 langte am 11.03.2015 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde ebenfalls der Gerichtsabteilung W215 zur Bearbeitung zugewiesen.

3. erstinstanzliches Verfahren von P3

Nach der Geburt von P3, als Tochter von P1 und P2, in Österreich stellte P2 für diese als deren gesetzliche Vertreterin am 19.10.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren. Dabei wurde angegeben, dass P3 keine eigenen Fluchtgründe bzw. Rückkehrbefürchtungen habe und sich der Antrag ausschließlich auf die Fluchtgründe des Vaters bzw. der Mutter beziehe.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.11.2017, Zahl 1171485005-171189443, wurde der Antrag von P3 auf internationalen Schutz vom 19.10.2017 in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen. P3 wurde im Familienverfahren gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 11.02.2018 erteilt. Zur Abweisung von Asyl wurde begründend ausgeführt, dass für P3 keine eigenen Fluchtgründe und Rückkehrbefürchtungen vorgebracht worden seien und die Angaben ihrer gesetzlichen Vertreterin als nicht glaubhaft erachtet worden seien.

www.ris.bka.gv.at Seite 3 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 21.11.2017, Zahl 1171485005-171189443, zugestellt am 23.11.2017, wurde für P3 am 20.12.2017 fristgerecht die gegenständliche Beschwerde erhoben, die Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass P3 der "sozialen Gruppe der unbeschnittenen Mädchen" angehöre, an welchen im Fall einer Rückkehr nach Somalia mit hoher Wahrscheinlichkeit eine weibliche Beschneidung vorgenommen werde, sodass P3 Asyl zu gewähren sei. Auch wenn sich die Eltern gegen eine Genitalverstümmelung aussprechen würden, bleibe das reale Risiko, dass sie beschnitten werde. Oftmals werde Genitalverstümmelung durch andere Personen (insbesondere nahe Angehörige) auch ohne Verständnis der Eltern praktiziert und sei der somalische Staat nicht in der Lage, P3 vor dieser Verfolgung zu schützen.

Die Beschwerdevorlage von P3 vom 03.01.2018 langte am 05.01.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

4. Beschwerdeverfahren von P1 bis P3:

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde zunächst für den 30.01.2018 eine mündliche Verhandlung anberaumt. Da kein Rechtsberater für die Beschwerdeführer erschienen war, wurde die Verhandlung auf Wunsch von P1 und P2 vertagt.

Am 09.07.2018 wurde neuerlich eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen P1 und P2, zugleich als gesetzliche Vertreter für die minderjährige P3, sowie ihre zur Vertretung bevollmächtigte Rechtsberaterin. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich bereits mit Schreiben vom 04.10.2017 für die Verhandlung entschuldigt. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan; die P1, P2 und ihre Vertreterin verzichteten auf Ausfolgung.

Mit Schreiben vom 23.07.2018 brachte die Vertreterin der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zu den im Rahmen der Beschwerdeverhandlung eingebrachten Länderberichten ein und führte zusammengefasst aus, dass P1 und P2 aufgrund des Eingehens einer Mischehe Verfolgung drohe, sowie P3 der Gefahr einer Genitalverstümmelung ausgesetzt sei. Den P1 bis P3 sei daher Asyl nach § 3 AsylG zu gewähren.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1. Die Identitäten der Beschwerdeführer stehen nicht fest. P1 und P2 stammen aus XXXX , in Zentralsomalia und gelangten unabhängig voneinander illegal ins Bundesgebiet, wo sie sich während ihrer Asylverfahren in Österreich kennenlernten. Sie sind Lebensgefährten, nach moslemischem Ritus verheiratet und Eltern der in Österreich (nach)geborenen minderjährigen P3. P1 bis P3 haben die Staatsbürgerschaft der Bundesrepublik Somalia und sind moslemischen (sunnitischen) Glaubens. P1 und P3 gehören dem Minderheitenclan der Madhiban und P2 gehört dem Mehrheitsclan der (Wacdaan) an.

P1 hatte in der Bundesrepublik Somalia bereits eine andere traditionelle Ehe geschlossen, hat sich jedoch mittlerweile scheiden lassen bzw. gilt als nach moslemischem Ritus geschieden. In der Bundesrepublik Somalia leben seine Mutter, zwei Schwestern sowie ein Halbbruder, ein weiterer Bruder wird vermisst. Sein Vater, eine Schwester, ein Bruder sowie zwei Halbschwester sind verstorben. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Vater von P1 und seine verstorbenen Geschwister von al-Schabaab wegen ihrer Clanzugehörigkeit und/oder wegen der Weigerung von P1, al-Schabaab beizutreten, getötet wurden.

In der Bundesrepublik Somalia leben zwei Schwestern von P2 sowie eine Tante väterlicherseits, die in XXXX wohnhaft ist. Die Mutter von P2 ist bereits im Kindesalter verstorben, der Vater von P2 ist kurz nach ihrer Ausreise im Jahr 2010 verstorben. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Vater von P2 gezielt von Mitgliedern der al-Schabaab aufgrund der Flucht von P2 vor einer Zwangsverheiratung getötet wurde.

2. Das Vorbringen von P1 und P2 zu ihren angeblichen Gründen für die jeweilige Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat bzw. zu ihren angeblichen Gründen für ihren Aufenthalt außerhalb des Herkunftsstaates ist nicht glaubhaft.

2.1. Es kann nicht festgestellt werden, dass P1 im Fall einer Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der al-Schabaab droht, weil sich P1 einer Rekrutierung durch al-Schabaab entzogen hätte. Es kann nicht festgestellt werden, dass P1 wegen seiner Clanzugehörigkeit Madhiban im Herkunftsstaat verfolgt wurde oder im Fall seiner Rückkehr verfolgt werden würde. www.ris.bka.gv.at Seite 4 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

2.2. Es kann nicht festgestellt werden, dass P2 vor einer Zwangsverheiratung mit einem Angehörigen der al- Schabaab geflüchtet wäre.

2.3. Es kann nicht festgestellt werden, dass P1 und P2 aufgrund ihrer unterschiedlichen Clanzugehörigkeiten und ihrer traditionellen Eheschließung nach moslemischem Ritus bzw. ihrer miteinander eingegangenen Lebensgemeinschaft in der Bundesrepublik Somalia eine konkrete und individuelle maßgebliche Ausübung von Gewalt durch ihre jeweiligen Familien oder Clans droht.

2.4. Es kann nicht festgestellt werden, dass die in Österreich geborene P3 im Fall einer Reise in ihren Herkunftsstaat Bundesrepublik Somalia einer Beschneidung ausgesetzt sein wird. Beide Elternteile lehnen eine Beschneidung ab und haben in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, eine solche keinesfalls an P3 durchführen zu lassen. Im vorliegenden Fall kann auch nicht festgestellt werden, dass die in der Bundesrepublik Somalia verbliebenen Familienmitglieder, gegen den erklärten Willen der Eltern, eine Beschneidung von P3 durchführen würden.

3. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer wird festgestellt:

Allgemein

In der Bundesrepublik Somalia leben schätzungsweise 15,45 Millionen Menschen (2019, World Population Review [AA Überblick Stand 05.03.2019, abgefragt am 20.03.2019]).

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) In Süd- und Zentralsomalia, wo auch die Hauptstadt Mogadischu liegt, herrscht in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der vom VN-Sicherheitsrat mandatierten Friedensmission der Afrikanischen Union AMISOM (African Union Mission in Somalia) gegen die radikalislamistische, al-Qaida-affiliierte al-Schabaab-Miliz. Die Gebiete sind nur teilweise unter der Kontrolle der Regierung, wobei zwischen der im Wesentlichen auf Mogadischu beschränkten Kontrolle der somalischen Bundesregierung und der Kontrolle anderer urbaner und ländlicher Gebiete durch die Regierungen der föderalen Gliedstaaten Somalias, die der Bundesregierung de facto nur formal unterstehen, unterschieden werden muss. Weite Gebiete stehen aber auch unter der Kontrolle der al-Schabaab-Miliz oder anderer Milizen. Diese anderen Milizen sind entweder entlang von Clan-Linien organisiert oder, im Falle der Ahlu Sunna Wal Jama'a, auf Grundlage einer bestimmten religiösen Ausrichtung. Zumindest den al-Schabaab-Kräften kommen als de facto-Regime Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten gemäß des 2. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen zu. b) Der so genannte Puntland State of Somalia, der das Horn von Afrika im engeren Sinne umfasst, hat sich 1998 mit internationaler Unterstützung konstituiert. Er strebt keine Unabhängigkeit von Somalia an und ist einer der fünf offiziellen föderalen Gliedstaaten Somalias, wenngleich mit größerer Autonomie. Es konnten einigermaßen stabile staatliche Strukturen etabliert werden. Al-Schabaab kontrolliert hier keine Gebiete mehr, sondern ist nur noch in wenigen schwer zugänglichen Bergregionen mit Lagern vertreten, ebenso wie der somalische Ableger des sog. "Islamischen Staats". Stammesmilizen spielen im Vergleich zum Süden eine untergeordnete Rolle. Allerdings ist die Grenzziehung im Süden sowie im Nordwesten nicht eindeutig, was immer wieder zu kleineren Scharmützeln, im Süden auch zu schwereren gewaltsamen Auseinandersetzungen führt. c) Das Gebiet der früheren Kolonie Britisch-Somaliland im Nordwesten Somalias hat sich 1991 für unabhängig erklärt, wird aber bisher von keinem Staat anerkannt. Allerdings bemühen sich die Nachbarn in der Region sowie zunehmend weitere Staaten in Anerkennung der bisherigen Stabilisierungs- und Entwicklungsfortschritte um pragmatische Zusammenarbeit. Das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft wurde durch die mehrfache Verschiebung der Parlamentswahlen und schwerwiegende Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Abkommen zum Betrieb des Hafens von Berbera auf die Probe gestellt. Mit der für Mitte November erwarteten Präsidentschaftswahl dürfte der demokratische Prozess jedoch wieder an Momentum gewinnen. Al-Schabaab kontrolliert in Somaliland keine Gebiete. Die Grenze zu Puntland ist allerdings umstritten.

Vor diesem Hintergrund ist zu beinahe allen folgenden Abschnitten eine Dreiteilung notwendig. Grundsätzlich gilt, dass die vorhanden staatlichen Strukturen sehr schwach sind und wesentliche Staatsfunktionen von ihnen nicht ausgeübt werden können. Von einer flächendeckenden effektiven Staatsgewalt kann nicht gesprochen werden.

www.ris.bka.gv.at Seite 5 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019 ad a) Süd- und Zentralsomalia

Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen, insbesondere Clan-Strukturen, vergeben. Traditionell benachteiligte Gruppen wie Frauen, Jugendliche, ethnische Minderheiten, LGBTI, Behinderte usw. sehen sich somit nicht oder nicht hinreichend vertreten Im November und Dezember 2016 wurde von über 14.000 Wahlmänner und -frauen ein 275-köpfiges Parlament gewählt. Dieser Prozess ist ein bemerkenswerter demokratischer Fortschritt, da noch bei der letzten "Wahl" die Mitglieder des Parlaments unmittelbar durch einzelne Clanälteste bestimmt worden waren. Die Präsidentschaftswahl fand am 08.02.2017 statt, als Gewinner ging der frühere Premierminister Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmajo" hervor, am 29.03.2017 wurde die neue Regierung unter Premierminister Hassan Ali Khayre bestätigt und vereidigt (AA 07.03.2018).

Seit 2012 gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 01.08.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten, waren es 2016 über 14.000 Wahlleute. Allgemeine freie Wahlen bleiben das Ziel für 2020/21. Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed, genannt "Farmajo", zum Präsidenten, und im März bestätigte es Hassan Ali Khaire als Premierminister und das neue Kabinett. Die Regierung von Präsident Farmajo verfolgt eine intensive Reformagenda in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Sicherheit. Allerdings stehen mächtige Teile der Clan- Eliten der Regierung und ihrem Reformkurs kritisch gegenüber. Hinzu kommen immer wieder Spannungen in den Beziehungen Mogadischus zu den föderalen Gliedstaaten, die den politischen und wirtschaftlichen Fortschritt des Landes lähmen (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 20.03.2019).

Die Wahl des relativ unerfahrenen Farmajo als Präsident markiert den vorläufigen Endpunkt eines somalischen Experimentes, das im Oktober 2016 mit der Wahl von erstmalig zwei Parlaments-Kammern begann. Eine allgemeine und freie Wahl ist in dem von Anarchie geprägten Land nach wie vor nicht möglich. Doch die Zahl von 14.024 Wahlmännern ist ein erheblicher Fortschritt gegenüber früheren Wahlen, als der Sieger unter gerade einmal 135 Clanchefs ausgekungelt wurde. Auch die Gründung föderaler Verwaltungsregionen ist ein wichtiger Schritt. Schließlich konnten die Medien zur Wahl relativ frei agieren und Korruption und Wahlverschiebung anprangern - auch das ein gutes Zeichen (DW 09.02.2017).

Mehr als jeder andere Präsident in Somalias unruhiger Geschichte, trifft Mohamed Abdullahi Mohamed beim Amtsantritt auf eine Welle von Unterstützung, Goodwill und Optimismus. Tausende von jubelnden Menschen gingen am Mittwoch spät auf die Straßen von Mogadischu, nachdem Mohamed, besser bekannt unter dem Spitznamen Farmajo, vom Parlament Somalias in einer Art Erdrutschsieg gewählt wurde. Es kam zu Straßensperren und Freudenschüssen, Unterstützer skandierten Farmajos Namen und Autohupen hießen ihn als neuen Präsidenten willkommen. Ähnliche Feiern brachen in Städten in ganz Somalia aus, sowie in den Städten Garissa und Eastleigh in Kenia; in beiden findet sich eine somalische Mehrheitsbevölkerung. Trotz aller Anzeichen waren die Feierlichkeiten ein Spiegelbild der aufrichtigen öffentlichen Unterstützung für Farmajo. Er ist 55 Jahre alt, besitzt die Somalisch-U.S. amerikanische Doppelstaatsbürgerschaft und war zuvor in der Jahren 2010 und 2011 acht Monate lang Premierminister Somalias (VOA 09.02.2017).

Der Sicherheitsrat begrüßt den Abschluss des Wahlprozesses in Somalia und die Wahl von Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmajo". Der Sicherheitsrat würdigt die Dienste des ehemaligen Präsidenten Hassan Sheikh Mohamud und lobt den raschen und gütlichen Machtübergang in Somalia. Der Sicherheitsrat begrüßt die seit 2012 in Somalia erzielten politischen und sicherheitsbezogenen Fortschritte und unterstreicht, dass die Dynamik in Richtung auf eine demokratische Regierungsführung in Somalia aufrechterhalten werden muss. Der Sicherheitsrat würdigt die stärkere Teilhabe und Vertretung der Bevölkerung Somalias in dem Wahlprozess (UN Sicherheitsrat 10.02.2017).

Präsident Farmajo war während Sheikh Sharifs Präsidentschaft Premierminister (von Okt 2010 bis Juni 2011) und trat aufgrund politischer Differenzen mit dem Präsidenten und dem Sprecher zurück. Präsident Farmajo hat die somalische sowie die US-Staatsbürgerschaft. Präsident Farmajo ist der erste somalische Präsident des Darood-Clans ( Sub-Clan) seit 2008; hingegen gehören beide Sheikh Sharif und Hassan Sheikh zu den Hawiye ( Sub-Clan). Präsident Farmajo hat angeblich auch gute Beziehungen zum Militär was einige Kommentatoren als ein viel versprechendes Zeichen für Stabilität sehen (Europäische Kommission Februar 2017).

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2016 und 2017 konnten mit der Gründung der Gliedstaaten und einem relativ demokratisch erfolgten Machtwechsel wichtige Weichen in Richtung Demokratisierung, legitimer Staatsgewalt und Föderalismus erreicht werden. In den anderen Bereichen ist die Situation nach wie vor mangelhaft. Insbesondere das Verhalten der Sicherheitskräfte, Aufbau, Funktionsweise und Effizienz des Justizsystems und die Lage im Justizvollzug entsprechen nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes (AA 07.03.2018).

UN-Generalsekretär Antonio Guterres ernannte am 12.09.2018 mit Wirkung vom 01.10.2018 den Südafrikaner Nicholas "Fink" Haysom zum Sondergesandten für Somalia und Nachfolger von Michael Keating. Haysom ist derzeit Sondergesandter für Sudan und Südsudan. Unter Nelson Mandela diente er als Chefberater für Rechts- und Verfassungsfragen (BAMF 24.09.2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Stand 05.03.2019, abgefragt am 20.03.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203162

UN Sicherheitsrat, Erklärung des Präsidenten des Sicherheitsrats zur Situation in Somalia, 10.02.2017, http://www.un.org/depts/german/sr/sr_17/sp17-03.pdf

DW, Deutsche Welle, Kommentar, Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? 09.02.2017, http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr%C3%A4sident-somalias-wie-viele- l%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267

VOA, Voice of America, Optimistic about New President, 09.02.2017, http://www.voanews.com/a/hopes-high-somalia-s-new-president-will-improve-security/3716301.html

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018

Europäische Kommission, Somalia 2016-2017; limited election process; EU election expert mission; final report; Framework Contract Beneficiaries, LOT 7 Specific Contract N° 2016/377703/1; 13 September 2016 - 16 February 2017, Februar 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1408355/1226_1505130012_eu-eem-somalia- final-report.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 24.09.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1445536/1226_1539002669_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und- fluechtlinge-briefing-notes-24-09-2018-deutsch.pdf

AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Überblick, Stand 05.03.2019, abgefragt am 20.03.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/somalia/203130)

Parteiensystem ad a) in Süd- und Zentralsomalia

Es gibt keine Parteien im westlichen Sinn. Die politischen Loyalitäten bestimmen sich in erster Linie durch die Clan-Zugehörigkeit oder religiöse Bindung an informelle Gruppierungen. Im September 2016 verabschiedete der Präsident ein Parteiengesetz, das die Grundlage für eine Parteienbildung werden soll. Trotz vorgesehener Mechanismen, die eine breite geografische Repräsentanz in den Parteien sicherstellen sollen, ist nicht ausgeschlossen, dass die Parteienbildung im Wesentlichen anhand von Clan-Zugehörigkeit stattfindet und somit zu einer weiteren Manifestierung des Clan-Systems führt (AA 07.03.2018).

Eine Besonderheit der Politik und Geschichte Somalias liegt in der Bedeutung der Clans. Clans sind auf gemeinsame Herkunft zurückgehende Großfamilienverbände mit einer bis zu siebenstelligen Zahl von Angehörigen. Die Kenntnis der Clanstrukturen und ihrer Bedeutung für die somalische Gesellschaft ist ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der politischen und historischen Entwicklungen in Somalia. Die übergeordneten Clans in Somalia sind die Hawiye, , Issaq, und der Clanverbund der Digil-Mirifle bzw. . Aufgrund des jahrzehntelangen Bürgerkriegs ist es nicht möglich, die genauen Zahlenverhältnisse der einzelnen Clans anzugeben. Hawiye, Darod, Issaq und Digil-Mirifle stellen wohl je 20 bis 25 Prozent der Gesamtbevölkerung, die Dir deutlich weniger. Über 95 Prozent aller Somalier fühlen sich einem Sub-Clan zugehörig, der genealogisch zu einem der Clans gehört. Auch diese Sub-Clans teilen sich wiederum in www.ris.bka.gv.at Seite 7 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

Untereinheiten auf. Die Zugehörigkeit zu einem Clan bzw. Sub-Clan ist ein wichtiges Identifikationsmerkmal und bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 20.03.2019).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018

AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Stand 05.03.2019, abgefragt am 20.03.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203162)

Clan der Madhiban

Verschiedenen Quellen zufolge leben Madhiban über Somalia verstreut. Sie leben im Norden und in Zentralsomalia, so auch in Hiraan, Mogadischu und Kismayo. Laut Informationen der Asylforschungsberatung (ARC) aus dem Jahr 2017 lebten Madhiban auch über Südsomalia verstreut. Die Madhiban stammen ursprünglich aus den Distrikten Mudug und Nugal, wo sie traditionell mit verschiedenen Hawiye-Clans, darunter Gurgate, in Verbindung standen (EASO 29.01.2019).

Für die berufsständischen Gruppen gibt es zahlreiche somalische Bezeichnungen, bei denen regionale Unterschiede bestehen. Häufig genannt werden Waable, Sab, Madhiban und Boon. Zur Regierungszeit von Präsident Siyaad Barre (1969-1991) nannte man sie Dan Wadaag. Die landesweit geläufige Bezeichnung Midgaan ist negativ konnotiert (er bedeutet "unberührbar" oder "ausgestoßen") und wird von den Berufsgruppen-Angehörigen als Beleidigung empfunden; sie bevorzugen Begriffe wie Madhiban oder Gabooye. Nach Angaben der meisten Gesprächspartner der Fact Finding Mission umfasst er nicht alle Berufsgruppen, aber zumindest vier untereinander nicht verwandte Clans berufsständischer Gruppen: Tumaal, Madhiban, Dheriyo und . Andere Gesprächspartner nannten eine davon abweichende Zusammensetzung, u.a. auch, dass die Gabooye ein Clan der berufsständischen Gruppen unter vielen seien. Ursprünglich bezeichnete Gabooye nur einen Clan aus dem Süden, dessen Angehörige sich als Jäger betätigten. In den 1990er Jahren kamen aber verschiedene berufsständische Gruppen insbesondere im Norden überein, die Bezeichnung als Dachbegriff ("umbrella") zu nutzen. Da es im Somalischen keine allgemeine Bezeichnung dieser Clans gibt, verwendet dieser Bericht den deutschen Ausdruck "berufsständische Gruppen". Aufgrund der regionalen Unterschiede in der Bezeichnung der verschiedenen Berufsgruppen ist es schwierig, eine zuverlässige Unterteilung vorzunehmen. Als eine der fünf wichtigsten Gruppen werden meist auch die Madhiban genannt. Die Madhiban sind ursprünglich Jäger, heute aber als Färber, Gerber, Schuhmacher und in anderen Berufen tätig. Sie leben im ganzen somalischen Kulturraum. Daneben gibt es viele weitere kleine Berufsgruppen, deren Bezeichnungen manchmal überlappend sind. Einer Quelle zufolge gibt es auch innerhalb der Berufsgruppen-Clans stärkere und schwächere Abstammungslinien, die schwächeren seien marginalisiert. Vertreter einer Nichtregierungsorganisation, die sich für Minderheiten einsetzt, widersprachen aber dieser Darstellung. Einer anderen Quelle zufolge sind die urbanen Gabooye generell bessergestellt als andere Berufsgruppen. Für außenstehende Somalis reicht es in der Regel zu wissen, dass jemand z.B. ein Gabooye ist. Heute hat sich die Situation für die Gabooye im Vergleich zurzeit um die Jahrtausendwende, als sie nicht einmal normal die Schule besuchen konnten, gebessert. Weder das traditionelle Recht Xeer noch Polizei und Justiz benachteiligen gemäß Erkenntnissen der Fact Finding Mission die Minderheiten systematisch. Xeer-Verträge wurden - gemäß Informationen aus dem Jahr 2009 - nur zwischen Mehrheitsclans geschlossen, Minderheiten waren meist ausgeschlossen. Sie können dem Xeer-System aber indirekt beitreten durch ein vertraglich festgelegtes Klientelverhältnis mit einem Mehrheitsclan. Das Brauchtumsrecht Xeer sieht Allianzen zwischen Gruppen vor, die Gaashaanbuur genannt werden. Dabei gibt es verschiedene Arten von Allianzen: Nachbarschaft, Angeschlossene, Anhänger und Vortäuschende (bzw. "Adoption"). Die letztere heißt Sheegad. Diesen Status haben normalerweise anzahlmäßig schwache Clans wie z.B. berufsständische Gruppen, da er ihnen erlaubt, gegen außen die Clan- bzw. Abstammungslinie und damit auch den Schutz des alliierten Mehrheitsclans zu übernehmen. Shegaad kann aber auch von Angehörigen eines Mehrheitsclans in Anspruch genommen werden. Während Gabooye auf unterer Ebene noch über Repräsentanten verfügen, sind sie bei Entscheidungen auf höheren Ebenen auf Allianzen mit relevanten Clans angewiesen, um repräsentiert zu werden. Quellen der Fact Finding Mission zeichneten ein teils neues Bild. So hat beispielsweise in Somaliland die Anerkennung von Gabooye-Suldaans zu einer Aufwertung der berufsständischen Gruppen geführt. Damit geht auch soziale Sicherheit einher. Die Gabooye haben im Xeer ihre Rechte. Zusätzlich sind Verfahren im Xeer meist nicht korrumpierbar und fairer. Allerdings gibt es hier auch Ausnahmen: Laut einer Quelle der Fact Finding Mission macht es beispielsweise einen Unterschied, ob ein Gabooye oder ein Angehöriger eines Mehrheitsclans Täter bei einer Vergewaltigung ist - bzw. ob das Opfer Gabooye oder Mehrheitsangehörige ist. Der gesellschaftliche Umgang mit den Angehörigen von Minderheiten hat sich in den letzten Jahren verbessert. Insbesondere unter jungen Leuten ist www.ris.bka.gv.at Seite 8 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019 die Einstellung zu ihnen gemäß Erkenntnissen der Fact Finding Mission positiver geworden. Obwohl ein gewisses Stigma weiterhin besteht, ist es mittlerweile für viele Angehörige der Mehrheitsclans üblich, auch mit Angehörigen berufsständischer Gruppen zu sprechen, zu essen, zu arbeiten und Freundschaften zu unterhalten, wie mehrere befragte Quellen übereinstimmend aussagten. Dabei handelt es nicht nur um einen oberflächlichen Wandel, sondern um einen "change of mind-set" - selbst bei älteren Generationen. Die offizielle Anerkennung von Minderheiten Clanältesten in Somaliland hat ihren gesellschaftlichen Ruf dort generell verbessert. Ein Gesprächspartner der Fact Finding Mission ging sogar davon aus, dass in den Städten Somalilands in den nächsten Jahren die Clans zunehmend an Bedeutung verlieren und dafür die Gesellschaftsschichten bzw. soziale Klassen wichtiger werden könnten. Schon jetzt ist die soziale Stufe und die damit verbundene Armut für viele das Hauptproblem. Früher kam es vor, dass Angehörige der Mehrheitsclans Minderheiten-Angehörige aufgrund von Vorurteilen beschimpften. Die soziale Interaktion mit Angehörigen berufsständischer Gruppen wie z. B. das Grüßen oder gemeinsame Mahlzeiten war eingeschränkt. Nach Einschätzung einer westlichen Botschaft kommt es im Allgemeinen zu keinen gezielten Angriffen oder Misshandlungen der Gabooye (SEM 31.05.2017).

Zu den Gabooye gehören unter anderem die Gruppen Madhiban. Eine örtliche NGO habe laut Bericht des DIS vom Jänner 2013 in Mogadischu angegeben, marginalisierte Gruppen wie etwa die Midgan würden größere Ängste als Angehörige der größeren Clans haben. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Polizei und die Sicherheitskräfte bislang "schwache Einrichtungen" seien (Accord 23.02.2013).

Die MRG (Minority Rights Group International) berichtet im Juni 2012, dass Minderheitengruppen, wie etwa die Gaboye und Madhiban, zu Tausenden in Binnenvertriebenenlager in Somaliland, Puntland und Kenia ziehen würden, wo sie erneut von Diskriminierung betroffen seien. Minderheitengruppen würden außerhalb der traditionellen somalischen Clanstruktur stehen und deshalb über kein Schutzsystem verfügen. Aufgrund sozialer Segregation, Existenznot und politischer Manipulation seien Minderheitengruppen in größerem Ausmaß von Vergewaltigung, Angriffen, Entführung, Beschlagnahmung von Eigentum und den Konsequenzen von Dürre bedroht. Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Jahresbericht zur Menschenrechtslage vom Februar 2014 (Berichtszeitraum: 2013), dass unter anderem die Madhiban und Gabooye zu den Minderheitengruppen zählen würden. "Mischehen" zwischen Minderheitengruppen und Hauptclans seien traditionell nur eingeschränkt möglich. Minderheitengruppen, die oft über keine bewaffneten Milizen verfügen würden, seien unverhältnismäßig oft von Tötung, Folter, Vergewaltigung, Entführung und Plünderung durch Milizen und Angehörige von Hauptclans betroffen, die von diesen ungestraft verübt würden. Viele Minderheiten würden in großer Armut leben und von zahlreichen Formen von Diskriminierung und Ausgrenzung betroffen sein (Accord 12.06.2015).

Wie allgemein bekannt gelten die Madhiban - wie auch andere Angehörige berufsbezogener Kasten (Waable) - als ärmste und marginalisierteste Gruppe in Somalia. Dies wird von mehreren Quellen unzweifelhaft bestätigt. Kasten bzw. Waable bzw. Midgan bzw. Madhiban sind generell arm und leben in großer Not. Nur wenige konnten jemals die Mittel aufbringen, ins Ausland zu fliehen; so sind diese Menschen auch von Geldflüssen aus der Diaspora weitgehend ausgeschlossen. Gleichzeitig verfügen Angehörige berufsständischer Kasten nur über eine durch ihr geringes Einkommen verursachte schwache Kaufkraft. Dadurch und gleichzeitig auch durch den Ausschluss aus traditionellen Netzwerken bleibt ihnen auch der Zugang zu lukrativen wirtschaftlichen Möglichkeiten verwehrt. Ständische Berufskasten haben traditionell weder das Recht auf Eigentum an Land und Vieh noch das Recht, sich an lokalen Geschäften, Marktwirtschaft oder Politik zu beteiligen. Wenn Kinder überhaupt eingeschult werden, werden diese auch bald wieder von der Schule genommen, um sie als Arbeitskraft einzusetzen. Professor Markus Höhne zitiert die in Somaliland tätige Minderheiten-NGO VOSOMWO. Nach deren Aussagen, würden Minderheiten - und hier speziell Frauen - Grundrechte verweigert, so zum Beispiel das Recht auf Bildung. Schon Anfang der 2000er, als einige europäische Regierungen davon ausgingen, dass in Somalia die schlimmste Zeit überstanden sei, war die Angabe der Zugehörigkeit zu einer Minderheitengruppe in Somalia ein relativ sicheres Mittel, um in Europa Asyl zu bekommen. Klarerweise haben auch Angehörige von "noblen" Clans von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, und sich als Minderheitenangehörige (z.B. Midgan oder Ashraf) ausgegeben (BFA Anfragebeantwortung 23.01.2017).

In Mogadischu leben Vertreter der meisten Clans und Minderheiten. In Mogadischu kommen Menschen, über Clangrenzen hinweg, zu Arbeits-und Bildungszwecken und im sozialen Umfeld zusammen sowie um zu heiraten. Einige Gruppen von Minderheiten haben eine gut etablierte Gemeinschaft in Mogadischu, und einige haben in den letzten Jahren ihre Geschäfte und Existenzen wiederaufgebaut. Es gibt keine Aufzeichnungen über die Clan- oder Gruppenzugehörigkeit der Einwohner von Mogadischu, aber nach Angaben lokaler Auskunftspersonen sind "die meisten" Clans in der Stadt vertreten ... Außerdem sind Somalias Regierung und Parlament, in dem alle vier großen Clans in Südsomalia (Darod, Dir, Hawiye und Rahanweyne/Digil) sowie Minderheiten repräsentiert sind (siehe zum Beispiel UNSOM 2016), in Mogadischu vertreten. Obwohl Mogadischus Bevölkerung www.ris.bka.gv.at Seite 9 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019 weitgehend nach Clan-Zugehörigkeit ... und ihre Loyalität in erster Linie beim eigenen Clan liegt, ist wichtig zu betonen, dass die Menschen in Bezug auf Arbeit, Handel, Schulbildung und andere soziale Rahmenbedingungen über die Clangrenzen hinweg zusammenkommen. Auch Leute aus verschiedenen Clans heiraten (U.K. Jänner 2019).

(U.K. Home Office, Country Policy and Information Note Somalia, Majority clans and minority groups in south and central Somalia, Version 3.0 Jänner 2019, https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/773526/Somal ia_-_Clans_-_CPIN_V3.0e.pdf

SEM, EJPD, Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, bzw. nunmehr SEM, Staatssekretariat für Migration, Focus Somalia, Clans und Minderheiten, 31.05.2017, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SOM-clans-d.pdf

Accord, Anfragebeantwortung zu Somalia, Informationen zur Lage der Gaboye/Midgan, Zahl a-9202-2 (9229), 12.06.2015, http://www.ecoi.net/local_link/309154/448404_de.html

Accord Anfragebeantwortung zu Somalia, Aktuelle Lage von Angehörigen der Madhiban/Midgan, Zahl a-8293, 23.02.2013

Staatendoku, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Somalia, Madhiban in Kismayo, 23.01.2017

EASO, Anfragebeantwortung zur somalischen Kaste der Madhiban, 29.01.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2002652/SOM_Q3.pdf)

Clan der Wacdaan (Hawiye)

Die Hawiye leben hauptsächlich in Süd- und Zentralsomalia. Die wichtigsten Hawiye-Clans sind die Habr Gedir und die Abgaal, die beide in und um Mogadischu großen Einfluss haben (U.K. Jänner 2019).

Die Hiraab-Clan-Vereinigung der Hawiye Clanfamilie umfasst die Mudublood (welche die Unterclans Abgaal, Wacdaan, Moobleen und Ujajeen umfasst), die Duduble, die Sheikhal und die Habar Gedir. Ab 1992 wurde Mogadischu in drei große Einflusszonen unterteilt, die zumindest bis Mitte der 2000er galten. Der nördliche Teil, der Kaaraan, Yaaqshiid, Shangani, Shibis und Teile der Bondheere-Bezirke umfasste, wurde von den Mudulood Hawiye Clanvereinigung dominiert; allen voran der Abgaal-Clan unter der Führung von Ali Mahdi (RVI 2017).

Als "asal" (Ureinwohner) von gelten: Dir/Biyamal, Rahanweyn/Digil, Benadiri, und Hawiye/Wacdaan (EASO August 2014).

Neben den arabischen, an der Küste gelegenen "Stadtstaaten", deren Abkommen heute als die Benadiri und Bajuni bekannt sind, waren die früheren Sultanate im Süden im Hinterland. In einigen Fällen bildeten sie sich als Resultat der Vermischungsdynamik von Af-Maxaa-tiri sprechenden Pastoralisten, die von Nord- nach Südsomalia migriert waren und entweder Land erobert hatten, oder sich vor allem in Af-Maay-tiri sprechende Gruppen von Agro-Pastoralisten, bekannt unter dem Namen Rahanweyn (oder Digl-Mirifle), integriert haben. Sie begannen auch, die Landwirtschaft betreibenden Bantu (wie die Jareer, Shiidle und Gosha) zu dominieren. Diese indigene sesshafte Bevölkerung des Zwischenstromlandes kombiniert von Regen bewässerte Landwirtschaft mit Rinderzucht. Von den nördlichen Pastoralisten haben sie gelernt, die Landwirtschaft auch mit der Kamelzucht zu kombinieren. Die Bevölkerung lebte mehr oder weniger permanent in Siedlungen. In manchen Gegenden sind sie Allianzen mit den ankommenden pastoralistischen Clans eingegangen. Zum Beispiel in Afgooye die der Digil mit dem Subclan Wacdaan der Hawiye. Zusammen waren diese zwei Gruppen in der Lage, die Gaalo Madow (schwarze Ungläubige) aus Warday zu vertreiben. Auf die gleiche Weise vertrieben Biimaal und Hawiye gemeinsam die Gaal Madow aus dem Gebiet südlich von Afgooye (Dr. Gundel November 2006).

In einem im Rahmen des Projekts Conflict Early Warning and Response Mechanism (CEWARN) im September 2013 veröffentlichten Bericht der Intergovernmental Authority on Development (IGAD), einer regionalen Organisation von Staaten (Dschibuti, Eritrea, Äthiopien, Kenia, Somalia, Sudan und Uganda) mit Sitz in Dschibuti, wird erwähnt, dass in der Region Lower Shabelle die Clans der Biyamal (Dir), Digil (Rahanweyn), www.ris.bka.gv.at Seite 10 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

Koofi (Benadiri) und Wacdaan (Hawiye) als die ursprünglichen BewohnerInnen ("asal") angesehen würden. Unterclans der Hawiye, darunter die Habar Gedir, Abgaal, Murusade und Hawadle aus Mogadischu und dem zentralen Landesteil würden als neue Siedler angesehen ("farac"). Seit dem Zusammenbruch des Staates würden diese Farac-Gemeinschaften die Region militärisch, wirtschaftlich und politisch dominieren. Die Eyle (Minderheit) und die Jareer (Somali Bantu) seien Minderheitengruppen in der Region (Accord 03.02.2016).

In Somalia gilt das System von "hosts and guests". Demnach sind Personen, die sich außerhalb des eigenen Clanterritoriums niederlassen, gegenüber Angehörigen des dort ansässigen Clans schlechter gestellt. In Mogadischu gelten etwa Angehörige der , Rahanweyn und Darod als "Gäste", die mit den dominanten Hawiye/Abgaal eine Vereinbarung treffen müssen (EJPD 31.05.2017).

Die Hawiye findet man in Süd- und Zentralsomalia, und insbesondere die Habar Gedir und Abgaal-Gruppen dominieren in Mogadischu. In den anderen Regionen sind die Hawiye weniger präsent, und generell begnügen sie sich mit der Kontrolle über Süd- und Zentralsomalia. "Mukulal Madow" bezeichnet die Knüpfung von Heiratsbeziehungen zwischen Rer Hamar-Haushalten (und anderen Benadiri-Gruppen) und den mächtigen "noblen" Clans (insbesondere den Hawiye-Gruppen Abgaal und Habr Gedir). Daher stehen Rer Hamar- Haushalte, die ihre Tochter bzw. Töchter an mächtige Clans verheiratet haben, bis zu einem gewissen Grad unter dem den Schutz dieser Clans (Accord 15.05.2009).

Die traditionell dominanten Clans in Mogadischu sind die Abgaal und Habr Gedir Gruppen (Hawiye). Es gibt auch Murosade (Hawiye) und Minderheiten wie die Yibr (sab) and Sheikhal.

Die ursprünglichen Einwohner von Mogadischu sind die Reer Hamar, welche laut Politikexperten Joakim Gundel, in einem Vortrag über Somalia im Jahr 2009, als Minderheit in Bezug auf Sprache und Kultur angesehen werden. Viele von ihnen leben in den alten, historischen Bezirken Mogadischus (EASO Dezember 2017).

Es gibt keine Übersicht bezüglich der Clanzusammensetzung in Mogadischu, aber Quellen sind sich einig, dass die Stadt von Hawiye-Clans dominiert wird, insbesondere von den beiden Hawiye-Clans Abgal und Haber Gedir. Den Quellen zufolge stellen diese Clans einen bedeutenden Teil der Bevölkerung und der Regierungstruppen in Mogadischu. Nach Einschätzung von Landinfo ist es daher in erster Linie an den Hawiye- Clans Abgal und Haber Gedir, als Abschreckung für potenzielle Aggressoren in Mogadischu zu erscheinen (U.K. Jänner 2019).

(EASO, Country of Origin Information Report, Somalia, Security situation, Dezember 2017, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO_Somalia_security_situation_2017.pdf

EASO, Informationsbericht über das Herkunftsland Süd- und Zentralsomalia Länderüberblick, August 2014, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO-COIreport-Somalia_DE.pdf

EJPD, Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Staatssekretariat für Migration SEM, Focus Somalia, Clans und Minderheiten, 31.05.2017, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SOM-clans-d.pdf

Accord, Bericht, Clans in Somalia, Bericht zum Vortrag von Dr. Joakim Gundel beim COI-Workshop in Wien am 15.05.2009, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1261131016_accord-bericht-clans-in-somalia- ueberarbeitete-neuausgabe-20091215.pdf

Dr. Joakim Gundel/Weltbank, The Predicament of the Oday. The role of traditional structures in security, rights, law and development in Somalia, November 2006, http://siteresources.worldbank.org/INTJUSFORPOOR/Resources/ThePredicamentoftheOday.doc

Accord, Anfragebeantwortung zu Somalia, Informationen zu Konflikten zwischen Clans in der Stadt Merka (auch: , Marka) in der Region Lower Shabelle, Zahl a-9478-2 (9479), 03.02.2016, https://www.ecoi.net/de/dokument/1393732.html

RVI, Rift Valley Institute, Landthemen in Mogadischu, 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426766/1226_1521113097_land-matters-in--rvi-rift-valley-forum- and-hips-2017.pdf

www.ris.bka.gv.at Seite 11 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

U.K. Home Office, Country Policy and Information Note Somalia, Majority clans and minority groups in south and central Somalia, Version 3.0 Jänner 2019, https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/773526/Somal ia_-_Clans_-_CPIN_V3.0e.pdf)

"Mischehen"

Alle dazu befragten Gesprächspartner der Fact Finding Mission waren sich darin einig, dass Mehrheitsclans "Mischehen" mit Angehörigen berufsständischer Gruppen meist nicht akzeptieren. Dies stimmt auch mit den Angaben in der Literatur überein. Dabei richtet sich dieses Tabu ausschließlich gegen diese Art von Minderheiten. In der traditionell exogamen somalischen Gesellschaft ist dies ein Nachteil, da es den Minderheitenclans verunmöglicht, Allianzen auf Augenhöhe zu schließen und Netzwerke aufzubauen. Als besonders problematisch wird es angesehen, wenn eine Mehrheits-Frau einen Minderheiten-Mann heiratet, da dann ihre Kinder der Minderheit angehören werden. Der umgekehrte Fall ist weniger problematisch, da die Kinder eines Mehrheiten-Mannes trotz einer Minderheiten-Mutter dem Mehrheitsclan angehören. Der Druck auf "Mischehen" ist insbesondere in ländlichen Gebieten ausgeprägt, während er in den Städten etwas abgenommen haben dürfte. Eine Quelle der Fact Finding Mission gab gar an, dass eine "Mischehe" in kosmopolitischen Städten wie Mogadischu oder Kismayo "keine große Sache" sei. "Mischehen" zwischen Mehrheitsclans und berufsständischen Gruppen kommen nach übereinstimmenden Aussagen mehrerer Gesprächspartner der Fact Finding Mission "sehr, sehr selten" vor - insbesondere zwischen Mehrheits-Frauen und Minderheits-Männern. Es bestehen offenbar regionale Unterschiede. Im clanmässig homogeneren Norden des somalischen Kulturraums ist den Mehrheitsclans tendenziell die "Reinheit" des Clans wichtiger als im stark durchmischten Süden. Deshalb sind "Mischehen" im Norden seltener und gleichzeitig stärker stigmatisiert als im Süden. Eine Quelle der Fact Finding Mission gab an, dass auch die Hawiye und die Rahanweyn die Frage der "Mischehe" weniger eng sehen würden als die Isaaq. Eine weitere Quelle gab an, dass Hawiye in einer Ehe zwischen einem Hawiye-Mann und einer Minderheiten-Frau tendenziell kein großes Problem sehen. Einige wenige "Mischehen" sind auch in Jijiga in Äthiopien bekannt. Probleme können vor der eigentlichen Eheschließung beginnen. In der somalischen Gesellschaft müssen Heiratswillige bei ihren Familien einige traditionelle Verfahren absolvieren, bevor die Familien ihr Einverständnis zur Ehe geben. Wenn jemand eine Person aus einer Minderheit heiraten möchte, gelingt dies in aller Regel nicht und die Betroffenen akzeptieren das Verdikt. Selbst bei Heiraten unter Mehrheitsclans kommt es vor, dass die Familie das Einverständnis zur Heirat nicht gibt. In diesem Fall reisen die Betroffenen manchmal die Distanz von drei Tagesreisen per Kamel von ihrem Wohnort weg, wo sie nach Ansicht moderater SufiKleriker auch ohne Einverständnis ihrer Eltern heiraten dürfen. Die im islamischen Recht erforderliche Funktion des Vormunds der Braut nehmen dann drei Zeugen anstelle des Vaters der Braut ein. Auf Englisch heißen diese Heiraten als runaway marriages, auf Somalisch gubdo sireed. Nach der Rückkehr an den Wohnort akzeptieren die Familien solche Heiraten in vielen, aber nicht allen Fällen. Bekannte Städte für solche Heiraten sind Wanlaweyn für die Einwohner Mogadischus und Gabiley für die Einwohner Hargeysas. Heiraten werden von religiösen Sheikhs gemäß islamischem Recht geschlossen. Es kommt vor, dass Sheikhs von Mehrheitsclans das Schließen von "Mischehen" verweigern. Bei den Sheikhs der Minderheiten ist dies hingegen nicht der Fall. Kommt eine "Mischehe" zustande, kommt es gemäß den befragten Gesprächspartnern der Fact Finding Mission häufig vor, dass die Familienangehörigen auf der Seite des Mehrheitsclans die betroffene Person verstoßen: Sie besuchen sie nicht mehr, kümmern sich nicht um ihre Kinder oder brechen den Kontakt gar ganz ab. Die Gesprächspartner der Fact Finding Mission bekräftigten aber, dass es unter solchen Umständen so gut wie nie zu Gewalt oder gar Tötungen kommt (SEM 31.05.2017).

In Mogadischu leben Vertreter der meisten Clans und Minderheiten. In Mogadischu kommen Menschen, über Clangrenzen hinweg, zu Arbeits-und Bildungszwecken und im sozialen Umfeld zusammen sowie um zu heiraten. Einige Gruppen von Minderheiten haben eine gut etablierte Gemeinschaft in Mogadischu, und einige haben in den letzten Jahren ihre Geschäfte und Existenzen wiederaufgebaut. Es gibt keine Aufzeichnungen über die Clan oder Gruppenzugehörigkeit der Einwohner von Mogadischu, aber nach Angaben lokaler Auskunftspersonen sind "die meisten" Clans in der Stadt vertreten ... Außerdem sind Somalias Regierung und Parlament, in dem alle vier großen Clans in Südsomalia (Darod, Dir, Hawiye und Rahanweyne/Digil) sowie Minderheiten repräsentiert sind (siehe zum Beispiel UNSOM 2016), in Mogadischu vertreten. Obwohl Mogadischus Bevölkerung weitgehend nach Clan-Zugehörigkeit ... und ihre Loyalität in erster Linie beim eigenen Clan liegt, ist wichtig zu betonen, dass die Menschen in Bezug auf Arbeit, Handel, Schulbildung und andere soziale Rahmenbedingungen über die Clangrenzen hinweg zusammenkommen. Auch Leute aus verschiedenen Clans heiraten (U.K. Jänner 2019).

(U.K. Home Office, Country Policy and Information Note Somalia, Majority clans and minority groups in south and central Somalia, Version 3.0 Jänner 2019, www.ris.bka.gv.at Seite 12 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019 https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/773526/Somal ia_-_Clans_-_CPIN_V3.0e.pdf

(SEM, EJPD, Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, bzw. nunmehr SEM, Staatssekretariat für Migration, Focus Somalia, Clans und Minderheiten, 31.05.2017, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SOM-clans-d.pdf)

"Zwangsehen"/arrangierte Eheschließungen

"Zwangsehen" in der Bundesrepublik Somalia sind auch unabhängig von al-Schabaab nicht unüblich, insbesondere sind arrangierte Ehen weit verbreitet. Wenn sich eine Frau gegen eine Ehe stellen will, bedeutet das in der Regel einen massiven Konflikt mit den Eltern und die Frau müsste den Eltern gute Gründe, die gegen die Ehe sprechen (beispielsweise, dass der ausgesuchte Ehemann ein schlechter Moslem ist), vorlegen und auch z.B. vorbringen, dass sie immer eine gute Tochter war. Somalische Frauen sind grundsätzlich keine "grauen Mäuschen", doch sind sie Männern, vor allem nahen männlichen Verwandten oder dem Ehemann, gegenüber in der Regel hörig. Offener Widerstand kann leicht mit physischer Gewalt (vor allem im Haus) beantwortet werden. Für den eigenen Schutz ist die Frau auf die eigenen Verwandten (in väterlicher Linie) angewiesen. Wenn sie diesen nicht genießt bzw. die Verwandtschaftsgruppe der Frau schwach ist, hat die Frau wenig Chancen, eigene Wünsche oder Rechte gegen Männer durchzusetzen, die sich ihrer bemächtigen wollen. Für den Fall, dass sich Mädchen wirklich gegen den Willen der Familie gegen eine Ehe wehren, fallen sie durch alle Netze und sind extrem vulnerabel, auch unabhängig von al-Schabaab. Zur Frage wie weit al-Schabaab auf "Zwangsehen" angewiesen sind und wieso diese nicht innerhalb eigener Kreise heiraten ist keine Trennung von al-Schabaab und Nicht-al-Schabaab nötig, da somalische Männer es de facto gewohnt sind, ihre Macht gegenüber Frauen auszuführen. Somalische Frauen werden tendenziell als "Beute" gesehen. Für al-Schabaab kann es vielleicht leichter sein, diese Macht effektiver auszuführen, aber die Unterdrückung der Frau ist eine generelle Attitüde in Somalia. Al-Schabaab könnte eine Ehe ohne Zustimmung des Vaters aus religiösen Gründen wahrscheinlich nicht legitimieren. Allerdings kann der potentielle Schwiegervater auch schlicht als "Ungläubiger" definiert werden. Dann könnte er leicht ein Opfer einer lokalen al-Schabaab Einheit werden und müsste fliehen, um sein Leben zu retten. Die begehrte Frau kann dann auch ohne seine Zustimmung geheiratet werden. Also: Eine Ehe scheint in der Praxis auch ohne Zustimmung des Vaters der Braut möglich. Ob die Eltern einer Frau ihre Flucht vor einer Ehe mit einem al-Schabaab Mitglied unterstützen würden kann pauschal nicht beantwortet werden, unter Umständen ist ein solches Szenario möglich. Dies hängt aber beispielsweise von örtlichen und biographischen Faktoren ab. Zur Frage ob das Untertauchen einer Person möglich ist und wie wahrscheinlich es ist, dass man erkannt wird ist die Unterscheidung zwischen Untertauchen und Schutz nötig. Ein Untertauchen in Mogadischu ist grundsätzlich möglich (wenn die Person nicht direkt aus Mogadischu kommt). Die Frage in diesem Zusammenhang ist dann aber, wie man in Anonymität sein Leben bestreitet (Stichwort Netzwerkgesellschaft). Der Preis für Anonymität ist in der Regel eine prekäre Existenz. Für Frauen ist es in solchen Fällen möglich, einfache Jobs wie beispielsweise als Reinigungskraft in Hotels und Restaurants anzunehmen, wobei sie in der Regel auch ausgenutzt werden. Männer könnten in solchen Situationen am Hafen als Träger arbeiten (Markus V. Höhne, 26.01.2018) ad a) in Süd- und Zentralsomalia

Erwachsene Frauen und viele minderjährige Mädchen werden zur Heirat gezwungen (AA 07.03.2018).

(Markus Virgil Höhne, promovierter Ethnologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ethnologie Universität Leipzig, Autor vieler Publikationen zur Bundesrepublik Somalia und zum Horn von Afrika, Fragebeantwortung im Rahmen eines Vortrages bzw. Seminars für Richter des Bundesverwaltungsgerichts zur Bundesrepublik Somalia am 26.01.2018; [email protected]

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018)

Sicherheitslage

Der Alltag der Menschen vor allem im Süden und in der Mitte Somalias bleibt von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und den sie unterstützenden internationalen Kräften (AMISOM) einerseits und der radikalislamistischen Terrorgruppe al-Schabaab andererseits geprägt. Mit Waffengewalt ausgetragene Streitigkeiten zwischen rivalisieren Clans oder Sub-Clans kommen hinzu. In den Regionen Puntland und "Somaliland" ist die Lage insgesamt stabiler. In den zwischen Puntland und "Somaliland" umstrittenen Grenzregionen (Regionen Sool und Sanaag sowie im www.ris.bka.gv.at Seite 13 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

östlichen Teil der Region Togdheer) kam es in jüngerer Zeit wieder verstärkt zu bewaffneten Auseinandersetzungen, insbesondere um den umstrittenen Ort Tukaraq. Spannungen und gelegentliche bewaffnete Zusammenstöße gibt es auch in der Stadt Galkayo an der Südgrenze Puntlands mit Galmudug, die Lage hat sich aber seit der Durchführung gemeinsamer Polizeipatrouillen stark verbessert (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 20.03.2019).

Wer sich in Somalia aufhält, muss sich der Gefährdung durch Terroranschläge, Kampfhandlungen, Piraterie sowie kriminell motivierte Gewaltakte bewusst sein. Im Fall einer Notlage (gesundheitlich, kriminalitäts- oder kriegsbedingt) fehlen weitgehend funktionierende staatliche Stellen, die Hilfe leisten könnten. Hinweisen zufolge laufen insbesondere ausländische Fachkräfte und Reisende Gefahr, Opfer von Attentaten, Überfällen, Entführungen und anderen terroristisch motivierten Gewaltverbrechen zu werden. Milizen und andere Sicherheitskräfte, die nicht der somalischen Bundesregierung unterstehen, folgen oft nicht vorhersehbaren Loyalitäten und können für ausländische Reisende in der Regel keine Sicherheit garantieren. Übernachtungen sollten landesweit nur in von der Sicherheitsabteilung der Vereinten Nationen freigegebenen Unterkünften erfolgen (BMEIA Stand 18.03.2019 abgefragt 20.03.2019).

Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat. Gleichwohl gibt es keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden "Somaliland" (Regionen Awdaal, Wooqoi Galbeed, Toghdeer, Sool, Sanaag) im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al-Schabaab-Miliz in Frage gestellt (AA 07.03.2018).

In den Regionen Lower und Middle Juba, Lower und Middle Shabelle, Gedo, Bay, Bakool, und Hiraan kommt es regelmäßig zur Explosion von improvisierten Sprengsätzen. Seit September 2018 wurden mindestens 54 durch Explosionen getötete Zivilisten verzeichnet. Opfer wurden auch bei Zusammenstößen zwischen Soldaten und der al-Schabaab rund um Mogadischu, in der Region Hiraan, in der Region Gedo und in anderen Regionen verzeichnet (Accord, Sicherheitslage 31.10.2018).

Berichtete Konfliktvorfälle nach Provinzen im dritten Quartal 2018:

XXXX (Accord drittes Quartal 2018, 20.12.2018).

Entwicklung von Konfliktvorfällen von September 2016 bis September 2018 in der gesamten Bundesrepublik Somalia:

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(Accord drittes Quartal 2018, 20.12.2018)

Die Sicherheitslage in Somalia blieb zwischen 23. August und 13. Dezember 2018 volatil. Die al-Schabaab war weiterhin die Hauptbedrohung der Sicherheit im Land. Es gab zudem einen Anstieg der berichteten Aktivitäten von Elementen, die der Gruppe Islamic State of Iraq and the Levant (ISIL) zugerechnet werden, in Mogadischu. In der umstrittenen Region Sool, gab es weiterhin Spannungen in der Stadt Turkaraq und angrenzenden Gebieten, mit sporadischen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften Somalilands und Puntlands. Die höchste Anzahl der terroristischen Zwischenfälle des Jahres 2018 wurden im November berichtet, wobei die meisten Fälle in Mogadischu und in den Regionen Lower Shabelle und Hiraan berichtet wurden. Die al-Schabaab behielt trotz andauernder und intensivierter landesweiter Boden- und Luftangriffe weiterhin operative Stärke und Fähigkeiten. Pro-ISIL-Elemente verstärkten ihre Aktivitäten in und um Mogadischu, obwohl ihre Aktivitäten auf gezielte Tötungen beschränkt blieben. In Puntland waren al-Schabaab und Pro-ISIL Elemente weiterhin aktiv. In den Regionen Lower und Middle Juba, Lower und Middle Shabelle, Gedo, Bay, Bakool, Banaadir und Hiraan kommt es regelmäßig zur Explosion von improvisierten Sprengsätzen. Seit September 2018 wurden mindestens 54 durch Explosionen getötete ZivilistInnen verzeichnet. Opfer wurden auch bei Zusammenstößen zwischen Soldaten und der al-Schabaab rund um Mogadischu, in der Region Hiraan, in der Region Gedo und in anderen Regionen verzeichnet. Die Taktik der al-Schabaab scheint Recherchen zufolge in Richtung weniger Angriffe auf Regierungsstützpunkte und mehr Angriffe auf Regierungsbüros und Geschäfte, die sich weigern, der al-Schabaab gegenüber Steuern abzuführen, zu gehen. Zudem verwendet die al- Schabaab scheinbar Bombenangriffe als Hauptmethode, um die somalische Regierung und ihrer Verbündeten ins Visier zu nehmen (Accord Sicherheitslage 31.01.2019). ad a) Süd- und Zentralsomalia

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In vielen Gebieten der Gliedstaaten Süd- und Zentralsomalias und der Bundeshauptstadt Mogadischu herrscht Bürgerkrieg. In den von al-Schabaab befreiten Gebieten kommt es zu Terroranschlägen durch diese islamistische Miliz. Am 14.10.2017 kam es zu einem der verheerendsten Anschläge der somalischen Geschichte Somalias mit über 500 Todesopfern und zahlreichen Verletzten. Ein LKW brachte eine Sprengladung in einer belebten Kreuzung in Mogadischu zur Detonation. Die al-Schabaab Miliz wird hinter dem Anschlag vermutet, hat sich jedoch nicht offiziell dazu bekannt. Am 28.10.2017 kam es erneut zu einem schweren Anschlag durch al- Schabaab im Stadtzentrum Mogadischus, bei dem mindestens 23 Personen starben (AA 07.03.2018).

Bei der Explosion einer Sprengfalle der al-Schabaab starben am 19.09.2018 nahe der Ortschaft Abdale-Birole (Region Lower Juba) zehn Soldaten des Bundesstaates Jubaland. Die Explosion einer Sprengfalle der al- Schabaab in Afgooye (Region Lower Shabelle) tötete am 25.09.2018 einen Soldaten und verletzte zwei weitere. Am 27.09.2018 starben bei der Explosion einer Sprengfalle der al-Schabaab bei einem Teeladen in Elwaq (Region Gedo) zwei Personen, sechs wurden verletzt. Bei einem Anschlag der al-Schabaab mit einer Sprengfalle auf ein Fahrzeug der somalischen Armee in Mogadischu kamen drei Soldaten ums Leben. Das Afrikakommando der USA tötete am 21.09.2018 bei einem Luftangriff ca. 50 Kilometer nordwestlich von Kismayo (Region Lower Juba) 18 al-Schabaab-Kämpfer. Am 24.09.2018 töteten somalische und AMISOM-Einheiten bei einer Sicherheitsoperation in Qoryoley (Region Lower Shabelle) 35 al-Schabaab-Angehörige. Somalische Einheiten töteten am 27.09.2018 in der Ortschaft Jilib-Marka (Region Lower Shabelle) 16 al-Schabaab-Kämpfer. Am Rande der UN-Generalversammlung traf Außenminister Ahmed Awad mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zusammen. Lawrow erklärte, Russland unterstütze die Anstrengungen Somalias und der AMISOM bei der Terrorismusbekämpfung. Die beiden Außenminister bekräftigten ihre früheren Zusagen zum Ausbau der diplomatischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit (BAMF 01.10.2018).

Al-Schabaab tötete nach eigenen Angaben am 29.10.2018 bei einem Anschlag mit einer Sprengfalle auf einen Konvoi äthiopischer Truppen der AMISOM in der Ortschaft El-Gal nahe Beledweyne (Region Hiiran) 30 äthiopische Soldaten. Am 27.10.2018 wurde nahe Mogadischu ein Rundfunkjournalist ermordet. Eine Explosion einer Sprengfalle nahe dem somalischen Parlament am 01.11.2018 hatte keine Todesfälle zur Folge. Hinter beiden Anschlägen wird die al-Schabaab vermutet. Der IS ermordete nach eigenen Angaben am 01.11.2018 in Boosaaso (Puntland) einen Zollbeamten. Al-Schabaab übernahm die Verantwortung für einen Anschlag mit einer Sprengfalle auf dschibutische AMISOM-Kräfte in Bulo Burde (Region Hiiraan) am 02.11.2018. Bei einem Luftangriff nicht identifizierter Flugzeuge am 28.10.2018 in Kasuuma (Region Lower Jubba) kamen elf al- Schabaab-Kämpfer ums Leben. Al-Schabaab-Kämpfer griffen am 31.10.18 somalische und AMISOM-Einheiten in mehreren Ortschaften im Bezirk Qoryoley (Region Lower Shabelle) an. Somalische und AMISOM-Kräfte übernahmen am 31.10.2018 die Kontrolle über die Stadt Daynunay in der Nähe von Baidoa (Region Bay Region). Al-S habaab hatte Daynunay im Juni 2018 erobert. Somalische und AMISOM-Einheiten töteten am 02.11.2018 im Rahmen einer gemeinsamen Offensive gegen al-Schabaab im Bezirk Jamaame (Region Lower Juba) zwölf Extremisten. Bei einem Luftangriff der USA sollen in der Ortschaft Araara nahe Kismayo (Region Lower Juba) am 02.11.2018 vier al-Schabaab-Kämpfer getötet worden sein (BAMF 05.11.2018).

Bei einem Anschlag auf ein Hotel nahe der Kreuzung K 4 (Kilomter-vier-Kreuzung; belebte Kreuzung an der Straße zwischen Hafen und Flughafen) zündeten Selbstmordattentäter der al-Schabaab am 09.11.2018 Autobomben. Anschließend versuchten Kämpfer, in das Hotel einzudringen. Mindestens 13 Zivilisten und sechs Extremisten kamen ums Leben; 13 Zivilisten wurden verletzt. Vier al-Schabaab-Kämpfer starben am 03.11.2018 durch einen Luftschlag des United States Africa Command (AFRICOM) nahe Arare (Region Lower Juba [BAMF 12.11.2018]).

Bei der Explosion einer Sprengfalle, die am 18.11.2018 in der Ortschaft Weydow außerhalb von Mogadischu vermutlich von al-Schabaab-Angehörigen gezündet wurde, starb ein Regierungssoldat; mindestens ein Zivilist wurde verletzt. Mehrere AMISOM-Soldaten kamen am 19.11.2018 nahe Baidoa (Region Bay) bei der Detonation von zwei Sprengfallen der al-Schabaab ums Leben. Am 20.11.2018 wurden in Mogadischu bei einem al-Schabaab zugerechneten Anschlag mit einer Sprengfalle auf das Fahrzeug eines Abgeordneten zwei Personen verletzt. Al-Schabaab übernahm die Verantwortung für einen Angriff auf ein Militärfahrzeug nahe Boosaaso (Puntland) am 20.11.2018, bei dem drei puntländische Soldaten getötet wurden. Al-Schabaab-Kämpfer ermordeten in Galkayo am 26.11.2018 nach Angaben der Polizei einen islamischen Geistlichen, dessen Frau sowie 13 weitere Personen. Al-Schabaab hatte dem Geistlichen vorgeworfen, den Propheten Mohammed beleidigt zu haben. Drei Extremisten, die das von dem Geistlichen geleitete islamische Zentrum gestürmt hatten, wurden erschossen. In Jilib (Region Middle Juba) soll der Radiosender der al-Schabaab Andalus von einem unbekannten Flugzeug bombardiert worden sein. Das genaue Datum ist unbekannt. Die USA verneinten eine Beteiligung. Am 19.11.2018 kam es in der Region Galgaduud zu einem Zusammenstoß von Kämpfern der Ahlu Sunna wa al Jama'a mit Kämpfern der al-Schabaab. Al-Schabaab-Angehörige griffen am 19.11.2018 einen Stützpunkt der kenianischen Armee in Fafadun (Region Gedo) an. Die Zahl der Opfer ist unbekannt. Das US Africa Command (AFRICOM) führte am 19.11.2018 zwei Luftschläge gegen al-Schabaab nahe Debatscile (Region Mudug) durch, bei denen insgesamt 27 al-Schabaab-Kämpfer getötet wurden. Bei Luftangriffen des www.ris.bka.gv.at Seite 15 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

AFRICOM starben am 20.11.2018 sieben Extremisten nahe der Ortschaft Quy Cad (Region Mudug) sowie sechs am 21.11.2018 nahe Haradheere (Region Mudug). Zivilisten kamen nach AFRICOM Angaben nicht zu Schaden. Am 20.11.2018 töteten somalische Einheiten 13 al-Schabaab-Kämpfer in Marka (Region Lower Shabelle [BAMF 26.11.2018]).

Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen al-Schabaab-Kämpfern und einer örtlichen Miliz, die sich Steuerforderungen der Extremisten widersetzte, wurden am 03.12.2018 in Adale (Region Middle Shabelle) vier al-Schabaab-Angehörige getötet. Al-Schabaab-Kämpfer griffen am 06.12.2018 einen Militärstützpunkt des Bundesstaates Jubbaland in Beled Hawo (Region Gedo) an; mindestens fünf Soldaten starben. Mit einem Luftschlag töten US-Streitkräfte bei Basra (Region Middle Juba) am 08.12.2018 vier Kämpfer der Al-Schabaab (BAMF 04.12.2018).

Sieben somalische Soldaten einschließlich eines Generals kamen am 06.12.2018 bei einem Anschlag der al- Schabaab auf einen Militärkonvoi in Dhanaane (Region Lower Shabelle) ums Leben. Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen al-Schabaab-Kämpfern und einer örtlichen Miliz, die sich Steuerforderungen der Extremisten widersetzte, wurden am 03.12.2018 in Adale (Region Middle Shabelle) vier al-Schabaab- Angehörige getötet. Unterstützer rivalisierender Kandidaten für die im Bundesstaat Southwest anstehenden Präsidentschaftswahlen beschossen einander in Baidoa (Region Bay) mehrfach mit Granaten. Die Sicherheitskräfte verhafteten am 06.12.2018 zahlreiche Personen. Al-Schabaab-Kämpfer griffen am 06.12.2018 einen Militärstützpunkt des Bundesstaates Jubbaland in Beled Hawo (Region Gedo) an; mindestens fünf Soldaten starben. Mit einem Luftschlag töten US-Streitkräfte bei Basra (Region Middle Juba) am 08.12.2018 vier Kämpfer der Al-Schabaab (BAMF 10.12.2018).

Äthiopische AMISOM-Einheiten verhafteten am 13.12.2018 in Baidoa (Region Bay) Sheikh Mukhtar Robow alias Abu Mansur. Nach unbestätigten Berichten soll Robow gefoltert und nach Mogadischu gebracht worden sein. Robow war einer der Begründer der al-Schabaab, ihr stellvertretender Führer und Sprecher. Unbestätigten Berichten zufolge soll er 2013 zur Regierung übergelaufen sein. Wegen der Verhaftung kam es in Baidoa am 13. und 14.12.2018 zu gewaltsamen Protesten seiner Unterstützer. Robow kandidiert für das Präsidentenamt des Bundesstaates South West bei den für den 19.12.2018 geplanten Wahlen. Die Senatoren des Bundesstaates South West im somalischen Oberhaus verurteilten Robows Verhaftung und bezichtigen AMISOM der Einmischung in die Innenpolitik und der Zusammenarbeit mit der Regierung, um in die bevorstehenden Wahlen einzugreifen. Die Senatoren empfahlen eine Verschiebung der Wahl, um Robow eine Teilnahme zu ermöglichen (BAMF 17.12.2018).

Laut Militär der USA sollen 62 Kämpfer der al-Schabaab bei sechs Luftangriffen getötet worden sein (BBC 17.12.2018).

Bei einer Operation US-gestützter somalischer Spezialeinheiten am 13.01.2019 in mehreren Ortschaften außerhalb der Stadt Janaale (Region Lower Shabelle) wurden 85 al-Schabaab-Kämpfer getötet, unter ihnen fünf ausländische Staatsangehörige, so ein somalischer Radiosender. Die ausländischen Kämpfer stammten aus Tansania, Ägypten, Mauretanien, Jemen und Syrien. Al-Schabaab tötete am 18.01.2019 nach eigenen Angaben 57 Soldaten bei einem Angriff auf einen äthiopischen Militärkonvoi nahe der Stadt Burhakaba (Region Bay). Die äthiopische Militärführung machte keine Angaben zur Anzahl der Opfer. Die US-Streitkräfte gaben bekannt, dass bei einem Luftangriff gegen al-Schabaab am 19.01.2019 nahe Jilib (Region Middle Juba) 52 Extremisten ums Leben gekommen seien. Die Operation soll nach Angriffen der al-Schabaab auf zwei Stützpunkte der somalischen Armee erfolgt sein, bei denen laut al-Schabaab mindestens 41 somalische Soldaten das Leben verloren (BAMF 21.01.2019).

Mutmaßliche al-Schabaab-Kämpfer ermordeten am 30.01.2019 einen Gemeindeältesten in Afgoye (Region Lower Shabelle). Das Opfer hatte an der Auswahl der Delegierten für die Parlamentswahl 2016/2017 teilgenommen. Mutmaßliche al-Schabaab-Kämpfer feuerten am 28.01.2019 Granaten auf einen Kontrollpunkt der Sicherheitskräfte in Jowhar (Regon Middle Shabelle). Die Anzahl der Opfer ist nicht bekannt. AFRICOM tötete bei einem Luftangriff am 30.01.2019 in der Nähe der Ortschaft Shebeeley bei Beled Weyne (Region Hiraan) 24 Extremisten (BAMF 04.02.2019).

Ein al-Schabaab-Extremist ermordete in Boosaaso am 04.02.2019 einen italienischen Staatsangehörigen, der für die emiratische Gesellschaft DP World in der Verwaltung des Hafens von Boosaaso arbeitete. DP World hatte im Jahr 2017 einen Vertrag über 30 Jahre für die Verwaltung und Entwicklung des Hafens von Boosaaso erhalten. Dagegen hatten damals zahlreiche Einwohner der Stadt protestiert. Al-Schabaab-Angehörige ermordeten nahe der Ortschaft Dhanaane (Region Lower Shabelle) am 05.02.2019 zwei hochrangige Offiziere der somalischen Armee mit einer Sprengfalle. Am 04.02.2019 sollen bei einer Operation der somalischen Armee nahe dem Dorf Farsooley (Region Lower Shabelle) 40 al-Schabaab-Kämpfer getötet worden sein. Sechs Soldaten starben am 06.02.2019 bei einem Angriff der al-Schabaab auf einen Stützpunkt von somalischem www.ris.bka.gv.at Seite 16 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

Militär und Sicherheitskräften Jubalands in der Region Lower Juba. Bei einer US-gestützen Boden- und Luftoffensive des somalischen Militärs gegen al-Schabaab nahe Barire (Region Lower Shabelle) sollen am 07.02.2019 zehn Extremisten getötet worden sein. United States Africa Command (AFRICOM) unternahm mehrere Luftangriffe. Für einen Angriff am 05.02.2019 nahe Leego (Region Bay) wurden keine Opferzahlen bekanntgegeben. Bei Angriffen am 06.02.2019 nahe Gendershe (Region Lower Shabelle) und 07.02.2019 nahe Barire (Region Lower Shabelle) wurden elf bzw. vier Extremisten getötet. Ein weiterer Luftangriff am 08.02.2019 nahe Kismayo (Region Lower Juba) tötete acht al-Schabaab-Kämpfer (BAMF 11.02.2019).

Bei zwei Luftangriffen des United States Africa Command (AFRICOM) nahe der Stadt Janaale (Region Lower Shabelle) am 11.02.2019 wurden nach Angaben von U.S.-Angaben elf bzw. vier Extremisten getötet. Zivilisten sollen entgegen anderslautender Behauptungen der al-Schabaab nicht zu Schaden gekommen sein. Einheiten des somalischen Militärs und Sicherheitskräfte des Bundesstaates Jubaland griffen am 12.02.2019 Stützpunkte der al-Schabaab nahe der Stadt Jamame (Region Lower Juba) an. Flugzeuge unbekannter Herkunft unternahmen am 14.02.2019 nahe der Stadt El Adde (Region Gedo) einen Luftangriff, bei dem mindestens 13 al-Schabaab- Angehörige ums Leben gekommen sein sollen. Bei einem Angriff der al-Schabaab auf die Baledogle Airbase nahe Wanlaweyne (Region Lower Shabelle) kamen nach Angaben der Extremisten drei U.S.-Soldaten ums Leben. AFRICOM bestritt dies. Puntländische Sicherheitskräfte nahmen im Rahmen einer Operation gegen den IS nordöstlich der Stadt Boosaaso am 11.02.2019 mehrere Personen fest, die sich dem IS anschließen wollten (BAMF 18.02.2019).

Eine Explosion von zwei Sprengfallen der al-Shabaab am 20.02.2019 zerstörte in Bardheere (Region Gedo) den gepanzerten Mannschaftswagen einer äthiopischen AMISOM-Patrouille. Die Anzahl der Opfer ist unbekannt. Al-Schabaab behauptete, am 21.02.2019 am Stadtrand von Afgoye (Region Lower Shabelle) somalische und amerikanische Soldaten eines Konvois mit einer Autobombe getötet zu haben. Der Angriff wurde nicht bestätigt. Am 21.02.2019 griffen al-Schabaab-Kämpfer nahe Balad (Region Middle Shabelle) einen Stützpunkt der somalischen Armee an. Es kam zu Verlusten auf beiden Seiten. Die Extremisten behaupteten, große Teile der Stadt erobert zu haben. Nach Berichten örtlicher Medien soll dies nicht zutreffen. Am 21.02.2019 kehrten 200 burundische AMISOM-Soldaten in ihre Heimat zurück. Forderungen der Afrikanischen Union (AU), Burundi solle 1.000 Soldaten seines etwa 5.400 Mann starken Kontingents bis Ende Februar aus Somalia abziehen, will die burundische Regierung nicht nachkommen. Sie droht mit einem Abzug all ihrer Soldaten, falls die AU auf der Forderung bestehe. Burundi stellt ca. ein Viertel der AMISOM-Soldaten und damit nach Uganda das zweitgrößte Kontingent. Im bisherigen Verlauf des Einsatzes verloren 800 bis 1.000 burundische Soldaten ihr Leben. Präsident Pierre Nkurunziza und Somalias Präsident Mohamed Abdullahi Farmajo forderten nach einem Treffen eine Dringlichkeitssitzung der AU zur Frage des Truppenabzugs. Die Beteiligung an AMISOM bedeutet eine Einkommensquelle in harter Währung für Burundi. Die AU bezahlt für das Kontingent rund 18 Mio. USD pro Quartal (BAMF 25.02.2019).

Am 25.02.2019 wurden neun Straßenreiniger am Stadtrand von Afgoye (Region Lower Shabelle) erschossen. Dieser Vorfall wird der al-Schabaab ebenso zugerechnet wie die Ermordung von zwei Zivilisten am 27.02.2019 in einem Internetcafé im Bezirk Bondhere von Mogadischu. Das Afrikakommano der USA (U.S. AFRICOM) unternahm am 23.02.2019 Luftangriffe auf Stützpunkte der al-Schabaab in der Ortschaft Qunyow Barrow (Region Middle Juba) nahe der Stadt Awdheegle (Region Lower Shabelle) sowie in der Stadt Janaale (Region Lower Shabelle). Zwei Extremisten sollen bei diesen Angriffen ums Leben gekommen sein. Bei weiteren Luftschlägen von AFRICOM auf Stellungen und Ausbildungslager der al-Schabaab wurden am 24.02.2019 nahe Beledweyne (Region Hiraan) 35 Extremisten, am 25.02.2019 nahe der Ortschaft Shebeeley (Region Hiraan) 20 sowie am 28.02.2019 ebenfalls in der Region Hiraan 26 Extremisten getötet. Al-Schabaab-Kämpfer überfielen am 27.02.2019 einen Stützpunkt der AMISOM nahe der Stadt Qoryoley (Region Lower Shabelle). Bei dem sich anschließenden Gefecht wurden mindestens drei somalische Soldaten verletzt (BAMF 04.03.2019).

(BMEIA, Österreichisches Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, Reiseinformation, Somalia, unverändert gültig seit 18.03.2019, Stand 20.03.2019, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/somalia

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 01.10.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1445533/1226_1539002314_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und- fluechtlinge-briefing-notes-01-10-2018-deutsch.pdf

Accord, Sicherheitslage in Somalia, veröffentlicht 31.10.2018, https://www.ecoi.net/de/dokument/1448378.html

www.ris.bka.gv.at Seite 17 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 05.11.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001577/Deutschland+_+Bundesamt+für+Migration+und+Flüchtlinge%2C+B riefing+Notes%2C+05.11.2018+%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 12.11.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001572/Deutschland+_+Bundesamt+für+Migration+und+Flüchtlinge%2C+B riefing+Notes%2C+12.11.2018+%28deutsch%29.pdf

Accord, Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), Berichtzeitraum 3. Quartal 2018, 2. Version 20.12.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2002471/2018q3Somalia_de.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 26.11.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001559/Deutschland+_+Bundesamt+für+Migration+und+Flüchtlinge%2C+B riefing+Notes%2C+26.11.2018+%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 10.12.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001573/Deutschland+_+Bundesamt+für+Migration+und+Flüchtlinge%2C+B riefing+Notes%2C+10.12.2018+%28deutsch%29.pdf

BBC News, Laut Militär der USA 62 Kämpfer der al-Schabaab bei sechs Luftangriffen getötet, 17.12.2018, https://www.bbc.com/news/world-africa-46592101

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 17.12.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456289/6126_1547459202_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und- fluechtlinge-briefing-notes-17-12-2018-deutsch.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 21.01.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003650/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_21.01.2019_%28deutsch%29.pdf

Accord, Kurze Zusammenstellung der Sicherheitslage in Somalia, veröffentlicht 31.01.2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002530.html

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 04.02.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003641/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_04.02.2019_%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 11.02.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003657/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_11.02.2019_%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 18.02.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003659/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_18.02.2019_%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 25.02.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003661/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_25.02.2019_%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 04.03.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003663/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_04.03.2019_%28deutsch%29.pdf

AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Stand 05.03.2019, abgefragt am 20.03.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203162) www.ris.bka.gv.at Seite 18 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

Sicherheitslage in Mogadischu

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 24.02.2016). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass al Schabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt (DIS 09.2015; vgl. UKUT 03.10.2014, EASO 02.2016). Der Rückzug der formalen Präsenz der al-Schabaab aus Mogadischu ist dauerhaft. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al-Schabaab zwangsrekrutiert zu werden. Es gibt in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt (UKUT 03.10.2014; vgl. EGMR 10.09.2015), auch wenn einzelne Clans angeblich noch in der Lage sein sollen, Angriffe führen zu können (EASO 02.2016). In Mogadischu gibt es eine Präsenz von AMISOM, somalischer Armee und Polizei, sowie des Geheimdienstes NISA. Es besteht keine Angst mehr, dass in Mogadischu wieder Bürgerkrieg herrschen könnte (LI 01.04.2016). Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre (EGMR 10.09.2015; vgl. UKUT 3.10.2014). Die Stadtbewohner sind normalerweise nur dann betroffen, wenn sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind (LI 01.04.2016). Jeder Stadtbürger kann sein eigenes Risiko weiter minimieren, indem er Gebiete oder Einrichtungen meidet, die klar als Ziel der al-Schabaab erkennbar sind (UKUT 03.10.2014). EASO listet als angegriffene Ziel von Sprengstoffanschlägen der al- Schabaab vor allem Hotels (YSL Hotel, Central Hotel, Maka al-Mukarama Hotel, Jazeera Palace Hotel, Sahafi Hotel), Restaurants, Regierungseinrichtungen und -Konvois, Stellungen und Stützpunkte von Regierungskräften und AMISOM (EASO 02.2016).

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(BFA 10.2015; vgl. EASO 02.2016)

Der IS übernahm auch die Verantwortung für eine Bombenexplosion auf dem Bakara-Markt in Mogadischu, bei der am 24.09.2018 drei Zivilisten und zwei Soldaten getötet wurden. Bei einem Anschlag der al-Schabaab mit einer Sprengfalle auf ein Fahrzeug der somalischen Armee in Mogadischu kamen drei Soldaten ums Leben (BAMF 01.10.2018).

Journalisten zufolge stürmten Angang Juli 2018 Kämpfer der al-Schabaab nach der Explosion von zwei Autobomben das Innenministerium in Mogadischu. zehn Personen wurden getötet und mindestens 20 Zivilisten verletzt (Accord 31.10.2018).

Am 27.10.2018 wurde nahe Mogadischu ein Rundfunkjournalist ermordet. Eine Explosion einer Sprengfalle nahe dem somalischen Parlament am 01.11.2018 hatte keine Todesfälle zur Folge. Hinter beiden Anschlägen wird die al-Schabaab vermutet (BAMF 05.11.2018).

Bei einem Bombenanschlag auf ein Hotel in der somalischen Hauptstadt Mogadischu sind nach Polizeiangaben mindestens 39 Menschen ums Leben gekommen, darunter sechs der mutmaßlich islamistischen Angreifer. Die Polizei vermutete die islamistische Terrororganisation al-Schabaab hinter dem Anschlag. Vier al-Schabaab- Kämpfer, die das Hotel stürmen wollten, wurden der Polizei zufolge von Sicherheitsleuten getötet. Das Hotel nahe der belebten Kreuzung "Kilometer vier" unweit des Flughafens ist unter anderem bei somalischen Regierungsvertreten beliebt (Tagesschau 10.11.2018).

Bei der Explosion von zwei Sprengfallen, die auf Konvois der AMISOM zielten, wurde im Stadtteil Heliwa von Mogadischu am 06.11.2018 ein Fahrer verletzt; die zweite Explosion blieb ohne Opfer. Einwohner von Mogadischu beschuldigten AMISOM-Soldaten, sie hätten nach der Explosion in Heliwa auf Zivilisten geschossen und vier Menschen getötet. Mehr als 100 Demonstranten forderten von der Regierung eine Untersuchung des Vorfalls. AMISOM kündigte eine Untersuchung an (BAMF 12.11.2018).

Am 20.11.2018 wurden in Mogadischu bei einem al-Schabaab zugerechneten Anschlag mit einer Sprengfalle auf das Fahrzeug eines Abgeordneten zwei Personen verletzt (BAMF 26.11.2018).

Bei Anschlägen der al-Schabaab wurden in Mogadischu ein Mitarbeiter des Telekommunikationsministeriums (02.12.2018) und mehrere AMISOM-Soldaten getötet (05.12.2018) sowie ein Journalist verletzt (RSF 04.12.2018; BAMF 10.12.2018; BBC 22.12.2018).

Bei Anschlägen der al-Schabaab auf Militärkonvois kamen am 09.12.2018 in Mogadischu drei somalische Soldaten und am 11.12.2018 im Distrikt Wajid (Region Bay) mehrere äthiopische AMISOM-Soldaten ums Leben. Nach einem Bericht des Norwegian Refugee Council vom 11.12.2018 flohen in der ersten Hälfte des

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Jahres 2018 mehr als 340.000 IDPs wegen Konflikten, Dürre und Überflutungen nach Mogadischu (BAMF 17.12.2018).

Es gab einen Anstieg der berichteten Aktivitäten von Elementen, die der Gruppe Islamic State of Iraq and the Levant (ISIL) zugerechnet werden, in Mogadischu. Die höchste Anzahl der terroristischen Zwischenfälle des Jahres 2018 wurden im November berichtet, wobei die meisten Fälle in Mogadischu und in den Regionen Lower Shabelle und Hiraan berichtet wurden. Pro-ISIL-Elemente verstärkten ihre Aktivitäten in und um Mogadischu, obwohl ihre Aktivitäten auf gezielte Tötungen beschränkt blieben. In Mogadischu führte die al-Schabaab zwischen 23.08.und 13.12.2018 weiterhin Angriffe und gezielte Attentate mittels in oder an Fahrzeugen angebrachten improvisierten Sprengsätzen und ferngezündeten Sprengsätzen aus. Im September und Oktober kam es während kurzer Angriffspausen zu einem Anstieg der allgemeinen Kriminalität in Mogadischu. Am 09.11.2018 kam es zur Detonation von drei Sprengsätzen durch Selbstmordattentäter und einem Schusswechsel mit Sicherheitskräften in Mogadischu. Die Ziele der Anschläge waren zwei Hotels und ein Polizeihauptquartier. 53 Personen wurden getötet und über 100 Personen verwundet (Accord 31.01.2019).

Bei der Explosion einer Autobombe am 29.01.2019 starben im Stadtteil Bondhere in Mogadischu zwei Zivilisten, fünf weitere wurden verletzt. Al-Schabaab behauptete, sieben Regierungsmitarbeiter getötet zu haben. Vier Zivilisten, unter ihnen zwei ausländische Ingenieure, wurden bei der Explosion einer Sprengfalle am 29.01.2019 außerhalb von Mogadischu verletzt. Al-Schabaab-Kämpfer ermordeten am 31.01.2019 einen Offizier der somalischen Armee vor seinem Haus im Stadtteil Hamar Weyne von Mogadischu (BAMF 04.02.2019).

Bei der Explosion einer Autobombe vor dem Einkaufszentrum Hamar Weyne Market in Mogadischu starben am 04.02.2019 neun Zivilisten, mehrere weitere Personen wurden verletzt. Zu dem Anschlag, der einem Treffen von leitenden Beamten in einem Restaurant neben dem Einkaufszentrum gegolten haben soll, bekannte sich die al- Schabaab (BAMF 11.02.2019).

Bei Anschlägen der al-Schabaab in Mogadischu starben am 12.02.2019 im Stadtteil Hodan ein Polizist und im Stadtteil Dharkenley ein somalischer Soldat sowie am 13.02.2019 der Fahrer eines Abgeordneten des Bundesstaates Südwest im Stadtteil Hodan (BAMF 18.02.2019).

Am 20.02.2019 wurde im Bezirk Hodan von Mogadischu der stellvertretende Generalstaatsanwalt der somalischen Bundesregierung durch al-Schabaab-Kämpfer ermordet (BAMF 25.02.2019).

Al-Schabaab-Kämpfer ermordeten am 23.02.2019 im Bezirk Karan von Mogadischu ein Mitglied des Parlaments. Al-Schabaab wird die Ermordung von zwei Zivilisten am 27.02.2019 in einem Internetcafé im Bezirk Bondhere von Mogadischu zugerechnet. Am 28.02.2019 stürmten al-Schabaab Kämpfer einen Hotel- und Geschäftskomplex an einer belebten Straße von Mogadischu. Erst am folgenden Tag gelang es den Sicherheitskräften, die Kontrolle über den Komplex wiederzuerlangen. Der Anschlag, für den al-Schabaab die Verantwortung übernahm, forderte nach offiziellen Angaben mindestens 20 Menschenleben; mehr als 60 Personen wurden verletzt (BAMF 04.03.2019).

(Accord, Sicherheitslage in Somalia, veröffentlicht 31.10.2018, https://www.ecoi.net/de/dokument/1448378.html

AI , Amnesty International, Amnesty International Report 2015/16, 24.02.2016, The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html

BFA, BFA Staatendokumentation Analyse zu Somalia, Lagekarten zur Sicherheitslage, Oktober 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf

DIS , Danish Immigration Service Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, 09.2015,http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf, EASO European Asylum Support Office Somalia Security Situation, 02.2016 http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf,

EGMR, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: European Court of Human Rights, 10.09.2015, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html

LI Landinfo, Somalia, Aktuelle sosiale og økonomiske forhold ved retur til Mogadishu, 01.04.2016, http://www.landinfo.no/asset/3330/1/3330_1.pdf

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UKUT, United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), 03.10.2014, http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/[2014]_UKUT_442_iac.html

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 01.10.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1445533/1226_1539002314_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und- fluechtlinge-briefing-notes-01-10-2018-deutsch.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 05.11.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001577/Deutschland+_+Bundesamt+für+Migration+und+Flüchtlinge%2C+B riefing+Notes%2C+05.11.2018+%28deutsch%29.pdf

Tagesschau, Viele Tote bei Anschlag in Somalia, 10.11.1018, https://www.tagesschau.de/ausland/somalia- anschlag-121.html

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 12.11.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001572/Deutschland+_+Bundesamt+für+Migration+und+Flüchtlinge%2C+B riefing+Notes%2C+12.11.2018+%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 26.11.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001559/Deutschland+_+Bundesamt+für+Migration+und+Flüchtlinge%2C+B riefing+Notes%2C+26.11.2018+%28deutsch%29.pdf

RSF, Reporters Sans Frontières, Mogadischu, Leiter einer NGO für Pressefreiheit bei gezieltem Bombenanschlag verletzt, 04.12.2018, https://rsf.org/en/news/press-freedom-defender-badly-injured-targeted- mogadishu-bomb

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 10.12.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001573/Deutschland+_+Bundesamt+für+Migration+und+Flüchtlinge%2C+B riefing+Notes%2C+10.12.2018+%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 17.12.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456289/6126_1547459202_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und- fluechtlinge-briefing-notes-17-12-2018-deutsch.pdf

BBC News, Mogadischu, Bekannter Journalist unter den bei Bombenanschlag von al-Schabaab getöteten Personen, 22.12.2018, https://www.bbc.com/news/world-africa-46660213

Accord, Kurze Zusammenstellung der Sicherheitslage in Somalia, veröffentlicht 31.01.2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002530.html

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 04.02.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003641/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_04.02.2019_%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 11.02.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003657/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_11.02.2019_%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 18.02.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003659/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_18.02.2019_%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 25.02.2019,

www.ris.bka.gv.at Seite 21 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019 https://www.ecoi.net/en/file/local/2003661/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_25.02.2019_%28deutsch%29.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 04.03.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003663/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge%2C_Br iefing_Notes%2C_04.03.2019_%28deutsch%29.pdf) al-Schabaab

Ziel der al-Schabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß- Somalia ein islamisches Regime zu installieren. Außerdem verfolgt al-Schabaab auch eine Agenda des globalen Dschihads und griff im Ausland Ziele an (EASO Februar 2016). Je höher der militärische Druck auf al-Schabaab anwächst, je weniger Gebiete sie effektiv kontrollieren, desto mehr verlegt sich die Gruppe auf asymmetrische Kriegsführung (Entführungen, Anschläge, Checkpoints) und auf Drohungen. Al-Schabaab wird bei der Anwendung dieser Taktik immer besser und stärker. Dabei ist auch die al- Schabaab in ihrer Entscheidungsfindung nicht völlig frei. Die Gruppe unterliegt durch die zahlreichen Verbindungen z.B. zu lokalen Clan-Ältesten auch gewissen Einschränkungen (BFA August 2017). Seit 2011 wurden die militärischen Kapazitäten der al-Schabaab durch AMISOM und somalische Kräfte sowie durch innere Streitigkeiten beachtlich dezimiert (U.K. Juli 2017). Die Stärke der al-Schabaab wird im Schnitt mit ungefähr 7.000 Mann beziffert (BFA August 2017; vgl. LI 20.12.2017). Die Regionalhauptstadt Buale (Middle Juba) sowie die Bezirkshauptstädte Saakow, Jilib (Middle Juba), Jamaame (Lower Juba), Sablaale, Kurtunwaarey (Lower Shabelle), Diinsoor (Bay), Tayeeglow (Bakool), Ceel Buur, Ceel Dheere (Galgaduud) befinden sich unter Kontrolle der al-Schabaab. Alle anderen Regional- und Bezirkshauptstädte werden von anti-al-Schabaab-Truppen gehalten. Viele der Städte sind gleichzeitig auch Garnisonsstädte der AMISOM (BFA August 2017). Die Gebiete der al-Schabaab werden als relativ sicher beschrieben. Dort herrscht Frieden und eine Absenz an Clan-Konflikten (UNSOM 18.09.2017). In den von ihr kontrollierten Gebieten verfügt al-Schabaab über effektive Verwaltungsstrukturen, eine Art von Rechtsstaatlichkeit und eine effektive Polizei. Die Verwaltung der al-Schabaab wurzelt auf zwei Grundsätzen: Angst und Berechenbarkeit (BFA August 2017).

(EASO, Country of Origin Information Report, Somalia, Security situation, Februar 2016, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO-Somalia-Security-Feb2016.pdf

BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Sicherheitslage in Somalia, Bericht zur österreichisch- schweizerischen FFM, August 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/5209_1502195321_ffm-report-somalia-sicherheitslage-onlineversion-2017-08- ke.pdf

LI, Landinfo, Somalia - Kjønnslemlestelse av kvinner, 14.09.2011, https://landinfo.no/asset/1747/1/1747_1.pdf

UNSOM, United Nations Assistance Mission in Somalia, Countering AlShabaab Propaganda and Recruitment Mechanisms in South Central Somalia, 18.09.2017, https://unsom.unmissions.org/sites/default/files/countering_al- shabaab_propaganda_and_recruitment_mechanisms_report_final_-_14_august_2017.pdf

U.K. Home Office, Country Policy and Information Note Somalia (South and Central), Fear of Al-Shabaab, Version 2.0, Juli 2017, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/629570/Somalia_-_Al-Shabaab_- _CPIN_-_v2_0.pdf)

Justiz und Sicherheitsbehörden ad a) in Süd- und Zentralsomalia

Die Grundsätze der Gewaltenteilung sind in der Verfassung von 2012 niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere. In den tatsächlich von der Regierung kontrollierten Gebieten sind die Richter einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt. In den unter Kontrolle der

www.ris.bka.gv.at Seite 22 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019 al-Schabaab-Miliz stehenden Gebieten wird das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß der theokratischen Ideologie der al-Schabaab nicht anerkannt. Zu den anderen, weder von Regierung, noch von al-Schabaab, sondern von weiteren Clan- oder anderen Milizen kontrollierten Gebieten liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Es ist aber nach Einschätzung von Beobachtern davon auszugehen, dass Rechtsetzung, Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung zumeist in der Hand einer kleinen Gruppe von Notabeln (z.B. "Clanältesten") liegen. Von einer Gewaltenteilung ist nicht auszugehen (AA 07.03.2018).

Aufgrund des andauernden Bürgerkriegs spielen die Sicherheitsorgane in Süd- und Zentralsomalia eine herausgehobene Rolle. Sie arbeiten in der Regel in einem Kontext humanitären Völkerrechts. Gleichwohl bleibt die tatsächliche zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte und insbesondere die justizielle Verantwortlichkeit einzelner Mitglieder der Sicherheitsorgane in den meisten Fällen schwach bis inexistent. Hinzukommt, dass der Sold sehr unregelmäßig ausgezahlt wird. Ausbildung und Training im Menschenrechtsbereich werden zwar zunehmend international unterstützt, für die Mehrzahl der regulären Kräfte muss jedoch weiterhin davon ausgegangen werden, dass ihnen die völkerrechtlichen Rahmenbedingungen ihres Handelns nur äußerst begrenzt bekannt sind. Für die regierungsnahen Milizen gilt dies erst recht. Von Seiten der Kämpfer der al-Schabaab- Miliz wird ein völkerrechtlicher Rahmen als solcher nicht anerkannt. Die Rolle des Staatsschutzes in Süd- und Zentralsomalia liegt in der Hand der National Intelligence and Security Agency (NISA). NISA ist mit exekutiven Vollmachten ausgestattet (AA 07.03.2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018)

Folter/Unmenschliche Behandlung ad a) in Süd- und Zentralsomalia

Die Aktionen der staatlichen Sicherheitskräfte und insbesondere der Nachrichtendienst NISA entziehen sich oftmals der öffentlichen Kontrolle. Gleichzeitig bekennt sich die Regierung zu ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden nicht erhoben. Jedoch kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass Sicherheitskräfte den entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen und bei Verstößen straffrei davonkommen. In den von al-Schabaab kontrollierten Gebieten ist regelmäßig von unmenschlicher Behandlung im Sinne des Übereinkommens auszugehen, wenn einzelne Personen gegen die Interessen von al-Schabaab handeln oder dessen verdächtigt werden (AA 07.03.2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018)

Korruption/Dokumente

Die Bundesrepublik Somalia stand im Jahr 2016 auf dem letzten Platz des Korruptionswahrnehmungsindexes von Transparency International 176 von 176 (TI 2016). In den Jahren 2017 und 2018 belegte Somalia im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International Platz 180 von 180 (TI 2017, TI 2018).

Für Somalier ist es einfach, echte Dokumente (fast jeden) unwahren Inhalts zu besorgen. Das gilt auch für unrichtige Pässe der Nachbarländer Dschibuti, Äthiopien und Kenia (AA 07.03.2018).

(TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2016, Somalia, http://www.transparency.org/country/SOM

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018

TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2017, Somalia, https://www.transparency.org/country/SOM

TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2018, Somalia, https://www.transparency.org/country/SOM)

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Menschenrechte

Seit dem Ende der Übergangsperiode und dem Beginn des New Deal Prozesses 2013 wurde wiederholt der politische Wille zur umfassenden Reform des Staatswesens (Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Menschenrechten, Demokratisierung, Föderalisierung) bekundet. Die Verfassungen für Gesamtsomalia, Puntland und "Somaliland" bestimmen den Islam zur Staatsreligion und das islamische Recht ("Scharia") zur grundlegenden Quelle für die staatliche Gesetzgebung. Die Verfassungen bekennen sich aber gleichzeitig zu Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat 1993 das Mandat des Unabhängigen Experten zur Beobachtung der Menschenrechtslage in Somalia geschaffen. Fast jedes Jahr gab es seit her eine Besichtigungsreise. Seit 2014 wird das Amt von Herrn Bahame Nyanduga (TZA) YANDUGA. Er besuchte vier Mal das Land, zuletzt 2017 (AA 07.03.2018). ad a) in Süd- und Zentralsomalia

Der Schutz der Menschenrechte ist in Süd- und Zentralsomalia in der Verfassung verankert, ebenso wie die prägende Rolle der Scharia als Rechtsquelle. Somalia hat folgende Menschenrechtsabkommen ratifiziert:

Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung,

Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte,

Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte,

Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,

Übereinkommen über die Rechte des Kindes,

Abkommen und Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (AA 07.03.2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018)

Weibliche Beschneidung/Female Genital Cutting (FGC)

(Anmerkung: Um zu vermeiden, dass betroffene Frauen denen diese Feststellungen zur Kenntnis gebracht werden die üblicherweise verwendeten Begriffe "weibliche Genitalverstümmelung" bzw. "Female Genital Mutilation [FGM]" als Stigmatisierung und/oder Beleidigung empfinden, werden ausschließlich die in der Überschrift genannten Begriffe [weibliche] Beschneidung oder Female Genital Cutting [FGC] verwendet)

Weibliche Beschneidung (FGC) umfasst alle Verfahren, bei denen es teilweise oder vollständig zur Entfernung der äußeren weiblichen Genitalien oder zu anderen Verletzungen der weiblichen Genitalorgane kommt, ohne dass medizinische Gründe vorliegen. Die FGC wird international als Menschenrechtsverletzung an Mädchen und Frauen anerkannt. Sie reflektiert eine tief verwurzelte Ungleichheit zwischen den Geschlechtern und stellt eine extreme Form der Diskriminierung von Frauen dar, wobei sie fast immer an Minderjährigen durchgeführt wird und eine Verletzung der Kinderrechte darstellt. Die weibliche Beschneidung verletzt auch das Recht auf Gesundheit, Sicherheit und körperliche Unversehrtheit, das Recht auf Freiheit von Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung sowie - wenn der Eingriff zum Tod führt - das Recht auf Leben (WHO Jänner 2018). ad a) Süd- und Zentralsomalia

Die Übergangsverfassung der Bundesrepublik Somalia bezeichnet weibliche Beschneidung als grausam, erniedrigend, wertet sie als Folter und verbietet FGC bei Mädchen; dennoch ist die weibliche Beschneidung in ganz Somalia weit verbreitet (USDOS 13.03.2019).

FGC wird fast überall Somalia durchgeführt und es besteht eine starke kulturelle Überzeugung bezüglich dieser Praktik. In Süd- und Zentralsomalia konnten keine signifikanten Änderungen in der Verbreitung von FGC seit den 1990er Jahren beobachtet werden. Die gesellschaftliche Erwartungshaltung, dass sich jedes Mädchen oder jede Frau der weiblichen Beschneidung unterzieht ist hoch. Generell besteht für jede nicht beschnittene, unverheiratete Frau bis zum Alter von 39 Jahren das Risiko FGC zu erfahren. Dieses Risiko ist dann am www.ris.bka.gv.at Seite 24 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019 höchsten, wenn beide Elternteile für FGC sind (U.K. April 2018). FGC wird in Somalia landesweit an fast allen Mädchen und jungen Frauen praktiziert, auch wenn sich landesweit die Regierungen bemühen, diese Praxis einzuschränken (AA 07.03.2018). Im August 2015 hat das somalische Frauen- und Menschenrechtsministerium angekündigt, dass ein Gesetz geplant ist welches die weibliche Beschneidung landesweit verbietet. UNSOM (UN Assistance Mission in Somalia) gibt an, dass auch religiöse Führer begonnen haben gegen die FGC aufzutreten und dabei betonen, dass dieser Brauch keinen religiösen Ursprung hat und daher beendet werden sollte. Eine humanitäre NGO welche in Süd- und Zentralsomalia tätig ist gab an, dass während diese Praktik als solche noch weit verbreitet ist, es einige Gebiete in Somalia gibt, wo statt der pharaonischen Beschneidung, die Sunna-Version (Typ 1 und 2) zunehmend praktiziert wird (DIS Jänner 2016). Internationale und lokale NGOs betreiben Aufklärungsprogramme bezüglich der Gefahren der weiblichen Beschneidung, aber es gibt keine zuverlässigen Statistiken mit denen man den Erfolg messen könnte. Im März unterstützte der Premierminister eine internationale Kampagne, angeführt von der Aktivistengruppe Avaaz, um das Land zu ermutigen eine Null- Tollerenz-Politik gegenüber der weiblichen Beschneidung einzunehmen. Im Rahmen der Kampagne wurden über 1,3 Millionen Unterschriften gesammelt (USDOS März 2017, ARC 25.01.2018). Allfällige gesetzliche Verbote greifen in unterschiedlichem Ausmaß. Weibliche Beschneidungen wird offenbar auch in Österreich praktiziert, Schätzungen zufolge sind rund 6000 Frauen und Mädchen betroffen (Der Standard 06.02.2018).

Nach Aussage von Gesprächspartnern der schwedischen Erkundungsmission (Lifos) im Oktober 2013 hat al- Schabaab die weibliche Beschneidung verboten und befragte Quellen geben an, dass in den von al-Schabaab kontrollierten Gebieten die FGC nicht vorkommt (EASO August 2014). Al-Schabaab hat die weibliche Beschneidung verboten, Beschneidungen sollten daher in von al-Schabaab kontrollierten Gebieten nicht vorkommen, dennoch ist die FGC traditionell in der somalischen Gesellschaft so tief verwurzelt, dass man diesen Brauch nicht innerhalb der wenigen Jahre des al-Schabaab Einflusses völlig beseitigen konnte. Die Women¿s Development Organization (IIDA) erklärte, dass al-Schabaab kein Interesse daran hat einen absoluten Bann der weiblichen Beschneidung in seinen Einflussgebieten durchzusetzen, obwohl al-Schabaab diese Praktik nicht unterstützt. Al-Schabaab unterstützt weder die Beschneidung noch wird diese von al-Schabaab gefördert, die FGC wird von al-Schabaab aber auch nicht bekämpft (DIS Jänner 2016). Das Office Français de Protection des Réfugiés geht anhand der Berichte des Danish Immigration Service (2016) und von HEART (2015) davon aus, dass das FGC-Verbot von al-Schabaab nicht umgesetzt wird. Einzig Lifos (2014) schrieb über eine Umsetzung des FGC-Verbotes, wies jedoch auch darauf hin, dass früher bis zu 99 Prozent der Mädchen in Somalia von FGC betroffen waren und trotz verschiedener Verbote auch jetzt noch die meisten Mädchen dort von FGC betroffen seien (SFH 18.10.2018).

Das Ausmaß der Beschneidung reicht von der Verletzung oder der Entfernung der Klitoris über die Entfernung der kleinen und eines Teils der großen Schamlippen bis zum Vernähen des Scheidenausgangs, sodass im extremsten Fall nur eine minimale Öffnung bestehen bleibt, durch die Harn und Menstruationsblut - verzögert - abfließen können. Für die Mädchen ist es eine traumatische Erfahrung und potenziell lebensgefährlich, da der Eingriff zu einem enormen Blutverlust führt und häufig unter hygienisch fragwürdigen Bedingungen erfolgt. Auf jeden Fall führt er zu lebenslangem Leiden: zu Entzündungen, Problemen beim Geschlechtsverkehr, schmerzhaften Blutungen, Angststörungen und vielem mehr. Eine operative Öffnung sei in den allermeisten Fällen möglich sagt Gynäkologin Magdalena Pabinger: "Das ist kein komplizierter Eingriff. Das Wiederöffnen erfolgt mit einem Laser. Die Operation samt Wundversorgung dauert rund eine halbe Stunde. Die Frauen bleiben dann eine Nacht bei uns im Spital zur Beobachtung und kommen eine Woche danach zur Kontrolle." (Der Standard 06.02.2018). Entsprechend verbreitet sind die aus der pharaonischen Beschneidung/Infibulation resultierenden Gesundheitsprobleme der Betroffenen. Häufig findet die Beschneidung in hygienisch widrigen Zuständen statt, aufgrund von Infektionen oder großem Blutverlust überleben viele die Beschneidung nicht. (AA 07.03.2018). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterscheidet vier Haupttypen der FGC. Typ 1: Oft als Klitoridektomie bezeichnet. Es handelt sich um die teilweise oder völlige Entfernung der Klitoris (ein kleiner, empfindlicher und erektiler Teil der weiblichen Genitalien) sowie in seltenen Fällen nur des Präputiums (Hautfalte welche die Klitoris umgibt). Typ 2: Oft als Exzision bezeichnet. Dies ist die teilweise oder völlige Entfernung der Klitoris und der kleinen (inneren) Schamlippen, mit oder ohne Exzision der großen (äußeren) Schamlippen. Typ 3: Oft als Infibulation bezeichnet. Es handelt sich um die Verengung der Vaginalöffnung mit Bildung eines abdeckenden Verschlusses. Dieser wird gebildet indem die kleinen (inneren) und/oder die großen (äußeren) Schamlippen beschnitten und neu zusammengefügt werden, manchmal durch zusammennähen, mit oder ohne Entfernung der Klitoris (Klitoridektomie). Typ 4: Dazu gehören alle anderen Verletzungen der weiblichen Genitalien, ohne dass medizinische Gründe dafür vorliegen z. B. stechen, lochen, schneiden, schaben und verbrennen im Genitalbereich (WHO Jänner 2018).

Zum Alter der Mädchen und Frauen bei der Beschneidung weltweit gibt es unterschiedliche Angaben: Regional gibt es große Unterschiede, in welchem Alter die FGC bei Mädchen durchgeführt wird. Es kann von sieben Tage nach der Geburt bis zur ersten Schwangerschaft vorkommen (Der Standard 06.02.2018). Die FGC wird überwiegend an jungen Mädchen vom Säuglingsalter bis zu 15 Jahren durchgeführt (WHO Jänner 2018). Auch www.ris.bka.gv.at Seite 25 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019 zum Alter der weiblichen Beschneidung speziell in Somalia gibt es unterschiedliche Angaben: In Somalia erleiden laut Auswärtigem Amt Mädchen im Alter von zehn bis dreizehn Jahren die Beschneidung in ihrer weitreichendsten Form (Typ 3 der WHO-Klassifizierung bzw. sogenannte pharaonische Beschneidung/Infibulation [AA 07.03.2018]). In mehr als 80% der Fälle wird die FGC an Mädchen zwischen fünf und neun Jahren vorgenommen; in rund 10% sind sie zwischen neun und vierzehn und in ungefähr 7% zwischen null und vier Jahre alt (EASO August 2014). Zumindest 80% der Mädchen, an welchen die FGC in Somalia durchgeführt wurde, waren im Alter zwischen fünf und vierzehn Jahren (USDOS März 2017). FGC soll vor allem im Alter zwischen fünf bis zehn Jahren, meist vor dem achten Lebensjahr erfolgen. Laut einer Quelle aus dem Jahr 2012 sind Mädchen welche im Ausland aufwachsen und zur Beschneidung nach Somalia kommen meist ca. zehn Jahre alt (DIS Jänner 2016). UNICEF Daten aus dem Jahr 2013 belegen, dass 98% der Frauen und Mädchen einer FGC unterzogen wurden, die meisten von ihnen (63%) der Infibulation (EASO August 2014). Laut UNICEF Statistik zu den Jahren 2004 bis 2015 war Somalia das Land mit dem höchsten Anteil an Mädchen und Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren (98 Prozent), an welche die FGC durchgeführt wurde(ARC 25.01.2018). Die WHO schätzt, dass 98% der somalischen Frauen zwischen 15 und 49 Jahren von der FGC betroffen sind (BAMF 12.02.2018). Eine internationale Hilfsorganisation die in Somalia arbeitet gab zur möglichen Altersbeschränkung bei weiblichen Beschneidungen an, dass Mädchen sobald diese die Pubertät erreichen nicht mehr beschnitten werden, da die gesundheitlichen Risiken den Eingriff zu gefährlich machen. Deshalb wird, laut dieser internationalen Hilfsorganisation in Somalia, sobald das Mädchen in die Pubertät gekommen oder verheiratet ist, von Verwandten kein Druck ausgeübt eine weibliche Beschneidung durchzuführen (DIS Jänner 2016).

UNICEF berichtete, dass 98% der Frauen und Mädchen die FGC erlebten und der überwiegende Teil davon die Infibulation, somit die schwerste Form (USDOS März 2017). Es liegen Hinweise vor, dass einige somalische Familie auf die Infibulation verzichten und sich für eine leichtere Form von FGC (gemeinhin Sunna genannt) entscheiden, insbesondere in den Städten, und das FGC bei Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren etwas weniger üblich ist als bei Frauen zwischen 45 und 49 Jahren (EASO August 2014). Ein Mitglied einer Hilfsorganisation in Somalia berichtete, dass während die schwerste Form der Beschneidung in Somalia praktiziert wurde es innerhalb des Bendadiri Clans und in der arabischen Community üblich war die Sunna-Version der Beschneidung (Typ 1 und 2) vorzunehmen. Diese Gruppen dürfen die Sunna-Version der Beschneidung am Tag nach der Geburt des Mädchens, oder wie bei arabischen Clans generell üblich, bloß einen eher symbolischen Schnitt beim Mädchen vornehmen (DIS Jänner 2016). In ihrem Tätigkeitsbericht 2016 hielt UNICEF fest, dass Anstrengungen im Rahmen rechtlicher und politischer Gespräche zum Thema der weiblichen Beschneidung dazu führten, dass über 5200 Gespräche mit Communities stattfanden und sich mehr als 1000 religiöse Führer für das Ende der FGC einsetzten. Die Beteiligung ehemaliger traditioneller Geburtshelferinnen, die früher selbst FGC durchführten, an Anti-FGC-Kampagnen brachte starke Fürsprecher gegen diese Praktiken hervor. Prominente Persönlichkeiten, darunter die First Lady von Puntland, trugen ebenfalls dazu bei Licht in das Thema der weiblichen Beschneidung zu bringen und führten zu offeneren Diskussionen mit Community-Mitgliedern und deren Führern. Verstärkte Anstrengungen der Regierung zur Bereitstellung von Dienstleistungen, Reglementierungen und Strategieentwicklungen fördern ein geschütztes Umfeld für Frauen und Kinder (ARC 25.01.2018).

Es gibt keine signifikanten Unterschiede zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung oder zwischen unterschiedlichen Wohlstands- oder Bildungsniveaus. In der Vergangenheit erlebte die überwiegende Mehrheit der Frauen die extremste Form der FGC (Infibulation), aber zumindest für Somaliland und Puntland scheint der Anteil jener, die dieser extremsten Form der weiblichen Beschneidung unterzogen werden, zu sinken. Obwohl die weibliche Beschneidung meist unter traditionellen Bedingungen geschieht, geht aus Berichten hervor, dass sie zunehmend von Krankenschwestern und Ärzten in Kliniken oder Krankenhäusern durchgeführt wird; bekannt auch als medizinische Beschneidung. Es wird davon ausgegangen, dass die medizinische Beschneidung vor allem von gebildeteren und wohlhabenderen Familien bevorzugt wird, da diese es für sicherer halten, wenn die Prozedur von medizinischen Fachleuten durchgeführt wird (ARC 25.01.2018). Es gibt keine Behörden oder Organisationen an die sich Frauen wenden können um Hilfe oder Schutz zu finden wenn sie nicht wollen, dass ihre Töchter beschnitten werden. Eine humanitäre NGO gab an, dass es Frauen möglich ist zu verhindern, dass an ihren Töchter FGC praktiziert wird. Es kommt dabei aber vor allem auf die Persönlichkeit der Mutter an und ob diese das nötige Engagement aufbringt standhaft gegenüber FGC und dem starken psychologischen Druck zu bleiben, der sowohl von Familienmitgliedern als auch von der Gesellschaft ausgeübt wird. Die IIDA erklärte ebenfalls, dass eine starke persönliche Überzeugung, dass die Tochter dieser Praktik nicht unterzogen werden soll, die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg der Mutter ist. Wobei der Bildungshintergrund, der soziale Status, die kulturelle oder geographische Zugehörigkeit zwar auch in Betracht zu ziehen, allerdings von geringer Bedeutung sind. Ein Mitarbeiter einer Hilfsorganisation in Somalia gab an, dass seiner Meinung nach nicht der finanzielle oder soziale Status der Mutter, sondern deren Persönlichkeit wichtig ist und ob sie Zugang zu Informationen über die weibliche Beschneidung und Persönlichkeitsrechte hat oder nicht. Die IIDA betonte dass weibliche Beschneidung in Somalia ausschließlich ein Frauenthema ist und dementsprechend von Frauen vorgelebt wird. Eine in Somalia tätigt internationale Organisation gab an, dass die weibliche Beschneidung ausschließlich von Frauen kontrolliert und durchgeführt wird. Das wird von Männern akzeptiert und diese www.ris.bka.gv.at Seite 26 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019 mischen sich auch nicht ein. Selbst wenn Männer die FGC nicht aktiv unterstützen, haben sie nichts zu sagen. Ferner haben mehrere Quellen übereinstimmend angegeben, dass keine Familienmitglieder oder andere Personen körperlich überprüfen, ob ein Mädchen beschnitten wurde oder nicht. Das gilt auch für Familien, die aus westlichen Ländern zurückkehren und es gibt diesbezüglich auch keine Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Gebieten. Das Thema der weiblichen Beschneidung ist sehr sensibel und es ist ein Tabu darüber innerhalb der ganzen Familie zu sprechen; darüber wird ausschließlich unter weiblichen Familienmitgliedern gesprochen. Es ist für eine Mutter möglich zu verbergen, dass ihre Tochter nicht beschnitten wurde indem sie gegenüber der Familie behauptet, dass bei ihrem Mädchen stattdessen eine Sunna durchgeführt wurde. Es könnte aber schwer sein, diese Behauptung auf Dauer durchzuhalten, da auch intime Themen frei innerhalb der weiblichen Familienmitglieder besprochen werden; selbst im Ausland. Die IIDA erklärte, dass man auf Grund des Umstandes, dass die FGC ausschließlich ein Frauenthema in Somalia ist und von Frauen am Leben erhalten wird annehmen muss, dass wenn eine Frau mit Bestimmtheit ablehnt bei ihrer Tochter eine Beschneidung durchführen zu lassen, ihre Entscheidung dem gesellschaftlichen und familiären Druck standhalten wird. Der United Nations Population Fund (UNFPA) gab allgemein an, dass eine Mutter entscheiden kann, ob ihre Tochter der Praktik der FGC unterzogen wird oder nicht. Es kommt aber darauf an aus welcher Community diese stammt. Eine internationale Organisation die in Somalia arbeitet gab an, dass davon auszugehen ist, dass eine Person mit einem hohen sozialen Status oder Einzelpersonen die offen gegenüber westlichen Ideen und Konzepten sind, eher in der Lage sind dem sozialen Druck, inklusive der Praktik der Beschneidung, zu widerstehen. Laut der IIDA gibt es sowohl in ländlichen als auch in städtischen Gebieten Eltern die standhaft gegen FGC auftreten und ihre Töchter nicht dieser Praktik unterziehen. Allerdings gab ein Mitarbeiter einer humanitären Organisation in Somalia an, dass Frauen die in städtischen Zentren leben mit höherer Wahrscheinlichkeit in der Lage sind dem sozialen Druck zu widerstehen ihre Töchter beschneiden zu lassen. Eine humanitäre Organisation in Somalia wies darauf hin, dass ein höherer Prozentsatz von Frauen mit Bildungshintergrund ein weiterer Grund dafür sein könnte, dass Frauen dem sozialen Druck eher in der städtischen als in den ländlichen Gebieten standhalten können. Die IIDA gab an, dass es in sehr konservativen Kreisen für die Eltern leichter ist gegen eine Beschneidung aufzutreten, wenn sich der Vater des Kindes vehement dagegen äußert, da Männer in konservativen Kreisen eher ernst genommen werden (DIS Jänner 2016).

Die IIDA erklärte, dass es nicht vorkommt, dass ein weibliches Mitglied des Haushaltes gegen den ausdrücklichen Willen der Mutter ein Mädchen gewaltsam seiner Mutter entzieht um die FGC durchzuführen. Dennoch, wenn die Mutter nicht standhaft genug gegen andere Frauen in der Familie auftritt bzw. sie diese beeinflussen, kann nicht absolut ausgeschlossen werden, dass an einem Mädchen nicht doch eine Beschneidung durchgeführt wird. Auf konkrete Nachfrage, ob in letzter Zeit ein Fall bekannt wurde, wonach eine Familie eine Beschneidung in Abwesenheit der Mutter organisiert hat gab die IIDA an, dass in letzte Zeit kein derartiger Fall bekannt wurde. Ein Mitarbeiter einer anderen in Somalia tätigen humanitären Organisation gab an, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass Verwandte die Beschneidung eines Mädchens mit physischer Gewalt durchsetzen und betonte, dass Familienmitglieder ein Mädchen nicht gegen den Widerstand der Eltern diesen wegnehmen um dieses beschneiden zu lassen. Sowohl ein Mitarbeiter einer Hilfsorganisation in Somalia als auch IIDA gaben übereinstimmend an, dass es auf Grund der ernsthaften gesundheitlichen Risiken die mit der FGC verbunden sind extrem unwahrscheinlich ist, dass Mädchen ohne Kenntnis der Mutter beschnitten werden, oder ohne dass die Mutter zumindest ihre stillschweigende Einverständniserklärung dazu abgegeben hat (DIS Jänner 2016).

Ein Mitarbeiter einer humanitären Organisation in Somalia und IIDA gaben an, dass die schlimmste negative Folge für ein nicht beschnittenes Mädchen deren negative Wahrnehmung in der Gesellschaft, inklusive Stigmatisierung durch andere Kinder ist. Beide meinten, dass es keine negativen Konsequenzen bezüglich Eheschließung gibt. Ein anderer Mitarbeiter einer humanitären Organisation gab an, dass es keine negativen Konsequenzen in Bezug auf die Existenzsicherung oder Erwerbstätigkeit gibt. In diesem Zusammenhang betonte eine internationale Hilfsorganisation die in Somalia tätig ist, dass eine Mutter die der weiblichen Beschneidung nicht zugestimmt hat der Stigmatisierung und Kritik andere Frauen und Eltern in der Community ausgesetzt sein könnte. Es ist in Somalia weit verbreitet, dass gerade Männer aus konservativen Kreisen auf Grund des sozialen Drucks dazu neigen eine Ehe mit einer Frau abzulehnen, die nicht beschnitten ist; ebenso dass sie sich von Frauen die nicht beschnitten sind scheiden lassen. Obwohl es nicht völlig ausgeschlossen werden kann, war keinem der Befragten ein konkreter Fall bekannt, in welchem sich ein Mann von seiner Frau nach der Hochzeitsnacht scheiden ließ, weil diese nicht beschnitten war (DIS Jänner 2016).

Deinfibulation bezeichnet das Aufschneiden der verschlossenen Vaginalöffnung einer Frau bei der zuvor eine Infibulation durchgeführt wurde. Dies ist oftmals nötig um die Gesundheit und das Wohlbefinden zu verbessern sowie um Geschlechtsverkehr oder eine Geburt zu ermöglichen. Manchmal wird das Genitalgewebe mehrmals vernäht, auch nach der Geburt eines Kindes, wodurch die Gesundheitsrisiken für diese Frauen, wegen der wiederholten Vorgänge des Aufschneidens und Verschließens, sowohl kurz- als auch langfristig erhöht werden (WHO Jänner 2018). Für verheiratete oder geschiedene Frauen und für Witwen gibt es keinen Grund eine Jungfräulichkeit vorzugeben. Für junge Mädchen, die Opfer einer Vergewaltigung wurden oder vorehelichen Geschlechtsverkehr hatten, kann es zu Druck oder Zwang seitens der Eltern kommen sich einer Reinfibulation zu unterziehen. Ansonsten gibt es keinen Druck auf somalische Frauen, sich einer Reinfibulation zu unterziehen. www.ris.bka.gv.at Seite 27 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

Insgesamt gibt es über die Verbreitung der Reinfibulation (v.a. im Sinne einer Wiederverschließung) in Somalia nur wenige Informationen. Eine Studie aus Norwegen und somalische Quellen legen aber nahe, dass es keine Grundlage für die Annahme gibt, dass Reinfibulation in Somalia üblich ist. Demnach gibt es lediglich Gerüchte wonach einige Clans eine Reinfibulation durchführen, diese aber auch nur nach der ersten Geburt und nur teilweise (LI 14.09.2011).

Laut einer UNICEF Statistik zu den Jahren 2004 bis 2015 wünschten in Somalia die wenigsten Frauen, die im Alter zwischen 15 und 49 Jahren (33 Prozent) von der weiblichen Beschneidung gehört hatten, deren Abschaffung (ARC 25.01.2018). Es erfolgte von Februar bis März 2017 eine Umfrage bei 2581 Personen: 430 Clanführer, 1118 Frauen, 1033 Männer in insgesamt 55 Gemeinden in 11 Distrikten in Somalialand und Zentralsomalia. Die Verschiebung von der pharaonischen Beschneidung zur Sunna stellt eine große Herausforderung dar das Ziel der Null-Toleranz bei FGC im Land zu erreichen. In Bezug auf die Gründe, die von den Befragten angegeben werden, warum sie bei ihren Töchtern die pharaonische Beschneidung durchführen ließen wurde in erster Linie die "Kultur" als Rechtfertigungsgrund genannt, hingegen wird die Sunna aus religiösen Gründen durchgeführt. Darüber hinaus dachten die Befragten, dass die pharaonische Beschneidung mehr gesundheitsgefährdende Folgen nach sich ziehen kann, während etwa 80% glaubten, dass es bei der Sunna keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen bei Mädchen gibt. Je nach Art der erfolgten Beschneidung gab der Großteil der Befragten (55%) weitergefragt an, dass sie die Sunna bevorzugen, ein Drittel die pharaonische Beschneidung. Nur sehr wenige Befragte (nur 6%) waren gegen jede Form der FGC. Letzteres passt aber nicht zu der Tatsache, dass der Großteil der Befragten meinte, dass die FGC keine obligatorische religiöse Praktik bzw. vom Gesetz verboten ist. Eine Erklärung dafür ist, dass die Sunna nicht mit weiblicher Beschneidung gleichgesetzt wurde. Es ist bei dieser Umfrage durchaus möglich, dass die Befragten tendenziell eher die sozial "gewünschte" Antwort gaben. Bei einer anderen (Anmerkung: direkten) Methode der Befragung gaben im Vergleich zum eben erwähnten Ergebnis mehr weibliche Befragte an, dass sie es vorgezogen hätten, nicht beschnitten zu werden. Ähnlich waren männliche Befragte, als sie direkt gefragt wurden, eher der Meinung, dass sie ihre Töchter lieber nicht beschneiden lassen wollen (22%), zuvor waren es (4%). Solche "sozial wünschenswerte" oder "höfliche" Verzerrungen können als Vorbote für eine künftige Veränderung betrachtet werden (STC September 2017).

Nachdem ein zehnjähriges Mädchen am 17.07.2018 an den Folgen einer Beschneidung gestorben war, entsandte Generalstaatsanwalt Ahmed Ali Dahir ein zehnköpfiges Team, um Eltern und Beschneiderin zu befragen. Seinen Angaben zufolge soll der Fall vor Gericht kommen. Da in Somalia kein Gesetz speziell gegen FGC existiere, werde allgemeines Strafrecht angewandt (BBC 22.07.2018, BAMF 20.08.2018).

(USDOS, U.S. Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018, Somalia, 13.03.2019, https://www.state.gov/documents/organization/289253.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 20.08.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1442644/1226_1536224613_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und- fluechtlinge-briefing-notes-20-08-2018-deutsch.pdf

Der Standard, Eigene Ambulanz für beschnittene Frauen in Wien, 06.02.2018, https://derstandard.at/2000073717591/Eigene-Ambulanz-fuer-beschnittene-Frauen-in-Wien

ARC, Asylum Research Consultancy, Situation in South and Central Somalia (including Mogadishu), 25.01.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1423361/90_1517484171_2018-01-arc-country-report-on-south- and-central-somalia-incl-mogadishu.pdf

USDOS, U.S. Department of State, Country Report on Human Rights Practices for 2016, Somalia, erstellt März 2017, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/#wrapper

EASO, Informationsbericht über das Herkunftsland Süd- und Zentralsomalia Länderüberblick, August 2014, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO-COIreport-Somalia_DE.pdf

EASO, Country of Origin Information Report, Somalia, Security situation, Februar 2016, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO-Somalia-Security-Feb2016.pdf

AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand November 2016, 07.03.2018

www.ris.bka.gv.at Seite 28 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

DIS, Danish Immigration Service, South Central Somalia, Female Genital Mutilation/Cutting, Jänner 2016, https://www.ecoi.net/en/file/local/1061775/1226_1455786226_fgmnotat2016.pdf

BBC, Somalischer Vater verteidigt Beschneidung nach dem Tod seiner zehnjährigen Tochter,

22.07.2018, https://www.bbc.com/news/world-africa-44918795

LI, Landinfo, Somalia - Kjønnslemlestelse av kvinner, 14.09.2011, https://landinfo.no/asset/1747/1/1747_1.pdf

STC, Save the Children, Changing Social Norms in Somalia, Exploring the Role of Community Perception in FGC, Fact Sheet no. 6, September 2017, https://somalia.savethechildren.net/sites/somalia.savethechildren.net/files/library/FS06_FGM_SNaP.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 12.02.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424838/5734_1519115760_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und- fluechtlinge-briefing-notes-12-02-2018-deutsch.pdf

WHO, World Health Organization, Media centre, Female genital mutilation, Fact Sheet updated Jänner 2018, abgefragt am 12.03.3018, http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs241/en

U.K. Home Office, Country Information and Guidance, Somalia, gender-based violence, April 2018, https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/698322/somali a-women-fearing-gender-based-violence-cpin.pdf

SFH, Schweizerische Flüchtlingshilfe, Somalia, Al-Schabaab und FGC-Verbot, 18.10.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1447938/1788_1540558372_1810.pdf)

Religion ad a) in Süd- und Zentralsomalia

Repressionen aufgrund der Religion spielen in Somalia fast keine Rolle, da es außer den Entsandten, z.B. der Vereinten Nationen, praktisch keine Nicht-Muslime im Land gibt. Über 99% der Somalier sind sunnitische Muslime. (AA 07.03.2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018)

Todesstrafe

Die Todesstrafe wird in allen Landesteilen verhängt und vollzogen, allerdings deutlich seltener in Gebieten unter der Kontrolle der jeweiligen Regierung/Behörden und dort nur für schwerste Verbrechen. In den von al- Schabaab beherrschten Landesteilen wird die Todesstrafe auch für Ehebruch und "Kooperation mit den Feinden des Islam" (d. h. mit der Regierung, der AU-Mission AMISOM, den VN oder Hilfsorganisationen) verhängt und öffentlich, z. T. durch Steinigung, vollzogen. Eine Zusicherung der Nichtverhängung oder des Nichtvollzugs der Todesstrafe erscheint im Hinblick auf die jeweiligen Regierungen sehr unwahrscheinlich, im Hinblick auf die von al-Schabaab kontrollierten Gebiete aussichtslos (AA 01.01.2017).

Es gab insgesamt 14 Exekutionen im Jahr 2016 in Somalia, davon 01 in Puntland, 06 in "Somaliland" und 07 im Gebiet der Zentralregierung (AI 11.04.2017). Die Zahl der Exekutionen betrug im Jahr 2017 24, davon 12 in Puntland und 12 im Gebiet der Zentralregierung (AI 12.04.2018).

Ein Militärgericht verurteilte einen al-Schabaab-Extremisten zum Tod, der für schuldig befunden worden war, den Anschlag in Mogadischu vom Oktober 2017 mit mehr als 500 Toten geplant zu haben. Ein weiterer al- Schabaab-Angehöriger wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Er soll das Fahrzeug, mit dem der Anschlag ausgeführt wurde, beschafft haben (BAMF 12.02.2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand November 2016, 01.01.2017 www.ris.bka.gv.at Seite 29 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

AI, Amnesty International, Death Sentences and Executions 2016, 11.04.2017, https://www.amnesty.org/en/documents/act50/5740/2017/en

AI, Amnesty International, Death Sentences and Executions 2017, 12.04.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1429291/90_1523523827_act5079552018english.pdf

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 12.02.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424838/5734_1519115760_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und- fluechtlinge-briefing-notes-12-02-2018-deutsch.pdf)

Behandlung nach Rückkehr ad a) in Süd- und Zentralsomalia

Über die Behandlung rückgeführter somalischer Staatsangehöriger liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor, da insbesondere westliche Staaten Rückführungen nur in sehr begrenztem Ausmaß und ad hoc durchgeführt haben. Staatliche Repressionen sind nicht die Hauptsorge dieser Personengruppe, sondern das gelegentlich unvorhersehbare Verhalten der Sicherheitskräfte, die Sicherheits- und Versorgungslage allgemein sowie mögliche Übergriffe von al-Schabaab. Es gibt keine Aufnahmeeinrichtungen für unbegleitete Minderjährige. Es gibt nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes Rückübernahmeabkommen (MoUs) mit Belgien, Norwegen und Großbritannien, wobei die beiden letzteren Vereinbarungen noch nicht in Kraft sind bzw. noch nicht buchstabengetreu implementiert werden. Der erste Entwurf einer Nationalen Strategie für Migranten, Asylwerber und Flüchtlinge nimmt Bezug auf mögliche Rückübernahmeabkommen im Rahmen des Khartum- Prozesses und Valetta Aktionsplans (AA 07.03.2018).

Bisher kehrten im Jahr 2018 mehr als 1.300 Somalier aus dem Jemen an ihren Herkunftsort zurück; die Programme für unterstützte spontane Rückkehr wurde 2017 von UNHCR initiiert (UNHCR 07.08.2018). Insgesamt 123.399 somalische Flüchtlinge sind seit Dezember 2014 freiwillig nach Somalia zurückgekehrt. Darunter hat UNHCR 82.840 freiwillige Rückkehrer aus Kenia unterstützt und 3.053 geholfen, die seit 2017 spontan aus dem Jemen zurückgekehrt sind (UNHCR Fact Sheet 30.11.2018).

(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 07.03.2018

UNHCR, UN High Commissioner for Refugees, Somalia, 07.08.2018, http://www.unhcr.org/news/briefing/2018/8/5b6951b14/unhcr-aids-return-2000-somali-refugees-yemen.html

UNHCR, UN High Commissioner for Refugees, Somalia, Fact Sheet 30.11.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001549/67182.pdf)

2. Beweiswürdigung:

1. Die Identitäten von P1 bis P3 konnten mangels Vorlage somalischer Identitätsdokumente mit Lichtbild nicht festgestellt werden (siehe Feststellungen 1.). Dass P1 und P2 die Eltern der minderjährigen P3 sind, wurde auf Grund der Vorlage einer österreichischen Geburtsurkunde, welche jedoch kein Identitätsdokument mit Foto ersetzen kann, glaubhaft gemacht (siehe Feststellungen 1.). Die Feststellungen zu ihrer Herkunft aus unterschiedlichen Bezirken in der Hauptstadt Mogadischu, in der Benaadir Region, in Zentralsomalia, zur jeweiligen Clanzugehörigkeit sowie zu ihrer Religionszugehörigkeit beruhen auf den diesbezüglich gleichbleibenden Angaben in den Verfahren.

Die Feststellungen zu den in die Bundesrepublik Somalia verbliebenen Familienangehörigen von P1 bis P3 (siehe Feststellungen 1.) beruhen auf dem Vorbringen von P1 und P2 im Lauf des Verfahrens.

Dass nicht festgestellt werden kann, dass Familienmitglieder von P1 und P2 von al-Schabaab getötet wurden (siehe Feststellungen 1.), beruht darauf, dass weder P1 noch P2 Augenzeugen dieser Geschehnisse waren und nur Mutmaßungen über mögliche Täter sowie mögliche Beweggründe angeben konnten. So gab P2 etwa an, dass sie in Kenia vom Tod ihres Vaters erfahren habe und vermute, dass sie der Grund sei:

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"...VP: (...) Als ich mich eine Woche in Kenia aufgehalten hatte, musste ich erfahren, dass mein Vater getötet wurde. Ich vermute der Grund dafür war ich. (...)" (niederschriftliche Befragung am 04.02.2015, Seite 05 bzw. Akt BFA Seite 67).

P1 gab in seiner niederschriftlichen Befragung an, dass er vermute, dass seine Familienangehörigen wegen ihrer Stammeszugehörigkeit im Jahr 2010 getötet worden seien. Als Täter benannte er al-Schabaab und gab in weiterer Folge an, dass Jugendliche aus dem Bezirk seine Familie überfallen hätten:

""...AW: (...) Am 28.05.2010 wurden mein Vater und meine zwei Geschwister XXXX und XXXX getötet und zwar von al-Schabaab. Ich nehme an, aufgrund ihrer Stammeszugehörigkeit. (...) Wir wurden von anderen Jugendlichen unseres Bezirkes überfallen, ich kannte sie alle (...)" (niederschriftliche Befragung am 14.05.2012, Seite 05 bzw. Akt BAA Seite 23).

Es blieb jedoch auch nach wiederholten Rückfragen sowohl in der niederschriftlichen Befragung als auch in der mündlichen Verhandlung unklar, wo sich P1 und sein Bruder während des vorgebrachten Angriffs tatsächlich aufgehalten haben sollen (und inwiefern es P1 sohin möglich sein sollte, Angaben zu den Tätern zu machen), zumal P1 unterschiedliche Aussagen machte. So führte er zunächst aus, dass sein Bruder und er ebenfalls anwesend gewesen seien und Schüsse gehört und geflüchtet wären:

"...AW: (...) Es war im Bezirk XXXX bei uns zu Hause. Meine Familie wurde überfallen. Meine Mutter war nicht anwesend, weil sie mit einem anderen Mann verheiratet war. Ich und mein Bruder waren ebenfalls anwesend, wir hörten Schüsse und flüchteten, die drei anderen wurden erschossen. (...)" (niederschriftliche Befragung am 17.07.2012, Seite 04 bzw. Akt BAA Seite 66).

Danach gab P1 jedoch an, dass sein Bruder und er nicht zu Hause gewesen seien und führte auf Nachfrage aus, dass er in einem anderen Haus hinter ihrem Haus gewesen sei:

"...AW: (...) An diesem Tage war mein Bruder und ich nicht zu Hause.

P1: Vorhalt: Sie sagten vor einigen Minuten, sie hörten Schüsse und liefen davon?

AW: Ich war in einem anderen Haus hinter unserem Haus. Dort habe ich Schüsse gehört und lief davon (...)." (niederschriftliche Befragung am 17.07.2012, Seite 05 bzw. Akt BAA Seite 67).

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab P1 hingegen neuerlich widersprüchlich an, dass sie beide nicht im Haus gewesen seien und er in der Nähe der Moschee und sein Bruder woanders gewesen sei:

"...R: Zum fluchtauslösenden Ereignis behaupteten Sie am 17.07.2012 zunächst, dass Sie und Ihr Bruder Schüsse gehört hätten und geflohen seien, nur um kurz danach widersprüchlich zu behaupten, dass Ihr Bruder gar nicht zu Hause gewesen sei: "... Am 28.05.2010 wurde mein Vater und meine zwei Geschwister [...] getötet. [...] Ich und mein Bruder waren ebenfalls anwesend, wir hörten Schüsse und flüchteten, die drei anderen wurden erschossen [...] An diesem Tag waren mein Bruder und ich nicht zu Hause..." (Anmerkung: Befragung Seiten 04f bzw. Akt BAA Seite 66f).

P1: Es war ein Missverständnis. Wir beide waren nicht im Haus. Ich war in der Nähe von der Moschee und mein Bruder wo anders. Dieser Freund, bei dem ich auch gewohnt habe, hat mir erzählt und bestätigt, dass meine Familienangehörigen getötet wurden; mein Vater und meine beiden Geschwister..." (Protokoll der mündlichen Verhandlung am 09.07.2018, Seite 16).

Auf Vorhalt, dass P1 nun behauptet habe, in der Nähe der Moschee gewesen zu sein bei seiner niederschriftlichen Befragung aber angegeben habe, in einem anderen Haus gewesen zu sein, gab P1 an, dass er draußen gewesen sei und gerade die Moschee verlassen habe:

"...R: Heute behaupten Sie, dass Sie in der Nähe der Moschee waren. Damals haben Sie jedoch angegeben, in einem anderen Haus gewesen zu sein.

P1: Ich war draußen und habe gerade die Moschee verlassen. Es war spät nachmittags..." (Protokoll der mündlichen Verhandlung am 09.07.2018, Seite 16).

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Es ist nicht nachvollziehbar, dass P1 in Zusammenhang mit derart einschneidenden Ereignissen wie der behaupteten Ermordung seines Vaters und zwei seiner Geschwister derart widersprüchliche Angaben zu seinem Aufenthaltsort tätigt und auch nicht gleichbleibend angeben kann, ob er nun gemeinsam mit seinem Bruder geflüchtet ist oder sein Bruder woanders war. Dass es sich dabei jeweils um denselben, allerdings anders umschriebene Ort handeln könnte, erscheint in Anbetracht der Angaben von P1, wonach P1 einmal "in einem Haus" und ein anderes Mal "draußen" gewesen sei, ausgeschlossen. Die Feststellung, dass der Vater und die Geschwister von P1 von al-Schabaab getötet worden seien, könnte sich somit lediglich auf die Angaben von P1 stützen, denen es in diesem Zusammenhang aber - wie oben dargelegt - an Glaubwürdigkeit fehlt.

2. Die Feststellungen, dass P1 und P2 keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt waren und P1 bis P3 auch im Fall ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia nicht sein werden (siehe Feststellungen 2.), ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:

2.1. Zu den Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen von P1 (siehe Feststellungen 2.1):

P1 gab in seiner Erstbefragung zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst an, dass er seine Heimat wegen al- Schabaab verlassen habe. Al-Schabaab habe P1 mit dem Tod bedroht und seinen Vater sowie zwei seiner Geschwister getötet und seinen kleinen Bruder mitgenommen: "Ich habe meine Heimat wegen der Al-Shabab (radikale Islamisten) verlassen. Sie haben meinen Vater und meine beiden Geschwister getötet [...] Meinen kleinen Bruder haben sie mitgenommen und ich weiß nicht, wo er ist." (Befragung am 14.05.2012, Seite 05 bzw. Akt BAA Seite 23).

In Folge gab P1 jedoch widersprüchlich an, dass sein Bruder nicht von den al-Schabaab mitgenommen worden sei: "...P1: Mein Bruder wurde nicht von al-Schabaab mitgenommen. Er war am Abend des Angriffs, so wie ich, abwesend..." (Protokoll der mündlichen Verhandlung am 09.07.2018, Seite 13).

Auch wenn nicht verkannt wird, dass die Erstbefragung vor allem der Feststellung der Identität des Beschwerdeführers und der Reiseroute dient und sich nicht näher auf die Fluchtgründe zu beziehen hat (vergleiche dazu VfGH 20.02.2014, U 1919/2013-15, U 1921/2013-16; VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, 0018; VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0061), muss dennoch davon ausgegangen werden, dass P1 auf Nachfrage wesentliche Punkte seines Fluchtvorbringens kurz - und richtig - anführen kann, und dass eine danach stattfindende Befragung nicht in maßgeblichen Bereichen (wobei Angaben zu grundlegenden Ereignissen, die zur Flucht geführt haben sollen, jedenfalls dazuzuzählen sind) von diesen Angaben abweichen. In diesem Zusammenhang ist es nicht nachvollziehbar, wie es in der Erstbefragung - nach Rückübersetzung der aufgenommenen Niederschrift in seine Muttersprache - zu einem derartigen Widerspruch bezüglich des eigenen Bruders kommen konnte.

Wie bereits weiter oben (siehe Beweiswürdigung 1.) dargelegt, blieb es zudem nicht bei einem einzigen gravierenden Widerspruch, sondern erstattete P1 widersprüchliche und unstimmige Angaben im Zusammenhang mit seinem Aufenthaltsort (und dem seines Bruders) während der angeblichen Ermordung seines Vaters und seiner Geschwister. Während P1 anfangs angab, dass sie beide anwesend gewesen seien, Schüsse gehört und geflüchtet wären (vgl. Akt BAA Seite 66), gab P1 danach an, dass er in einem anderen Haus hinter seinem Haus gewesen wäre, wo er Schüsse gehört habe und davongelaufen sei; ob sein Bruder auch so gehandelt habe, wisse er nicht (vgl. Akt BAA Seite 67). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab P1 jedoch an, dass er sich draußen aufgehalten habe und gerade die Moschee verlassen habe (vgl. Verhandlungsschrift Seite 16.). Auch wenn sich die Moschee nach eigenen Angaben nur zwei Gassen von seinem Elternhaus entfernt befand und somit in unmittelbarer Nähe war (vgl. Verhandlungsschrift Seite 18), ist nicht einleuchtend, dass P1 derart unterschiedliche Angaben macht und etwa einmal angibt, "in einem Haus" gewesen zu sein und ein anderes Mal jedoch, dass er sich "draußen" aufgehalten hat.

Hinsichtlich des Motivs der Täter im Zusammenhang mit der angeblichen Ermordung seiner Familienangehörigen fällt auf, dass P1 noch in seiner niederschriftlichen Befragung vor dem Bundesasylamt anführte, dass er annehme, dass dies "aufgrund ihrer Stammeszugehörigkeit" erfolgt sei (vgl. Akt BAA Seite 66). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht stellte er den behaupteten Angriff in Konnex zu Drohungen, die er von al-Schabaab erhalten habe, gab aber selbst an, es nicht zu wissen:

"...PV: Wie haben Sie von dem Angriff auf Ihr Haus und Ihre Familie erfahren?

P1: Ich habe die Schüsse gehört und weil ich davor von al-Schabaab bedroht wurde, habe ich Angst um mich gehabt. Ich habe geahnt, dass es ein Angriff gegen uns war, aber ich wusste es nicht. Ich bin so, wie alle anderen, die die Schüsse gehört haben, weggelaufen. Mein Freund hat dann bestätigt, dass die Familie angegriffen wurde

www.ris.bka.gv.at Seite 32 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019 und einige Familienangehörige getötet wurden. Ich bin zu Fuß zu meinem Freund gegangen..." (Verhandlungsschrift Seite 18).

Es erscheint nicht nachvollziehbar, dass, hätten P1 die Vorfälle tatsächlich erlebt, er in seiner niederschriftlichen Befragung vor dem Bundesasylamt mit keinem Wort einen Zusammenhang mit den angeblichen Drohungen und dem Überfall erwähnte, sondern ausschließlich seine Clanzugehörigkeit als vermuteten Grund angab.

Davon abgesehen beschränkte sich das Fluchtvorbringen von P1 auf "ständige Drohungen" durch al-Schabaab mittels unterdrückter Nummer (vgl. Akt BAA Seite 66). Es erscheint aber nicht nachvollziehbar, dass es zwischen P1 und al-Schabaab - hätten al-Schabaab P1 tatsächlich rekrutieren wollen - zu keiner einzigen persönlichen Begegnung gekommen wäre.

Soweit P1 angegeben hat, bei einer Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia Angst vor al-Schabaab bzw. den Jugendlichen aus seinem Bezirk zu haben, da diese nach wie vor dort aufhältig seien, ist nicht nachvollziehbar, wie P1 zu einer solchen Annahme kommen bzw. über ein solches Wissen verfügen sollte, da er wiederholt beteuert, keinerlei Kontakt nach Hause zu haben:

"...R: Was befürchten Sie im Fall Ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia?

P1: Die jungen Männer, die in unserem Bezirk wohnten und meine Familie getötet haben, sind noch immer dort. Sie sind al-Schabaab-Angehörige und leben in unserem Bezirk. Sie kennen mich.

R: Wer konkret sollte Ihnen warum konkret in der Bundesrepublik Somalia etwas antun wollen?

P1: Die al-Schabaab, weil sie mich aufgefordert haben mitzuarbeiten und ich das nicht wollte. Dann haben die al-Schabaab unser Haus am nächsten Tag am Abend während meiner Abwesenheit angegriffen.

R: Wir haben Expertenschulungen bezüglich der Bundesrepublik Somalia. Ein Experte hat erklärt, dass es sehr gute Internetverbindungen in die Bundesrepublik Somalia gibt und es ist bis dato kein Fall bekannt, wonach jemand der so lange in Europa lebt wie Sie, nicht über Youtube und andere Verbindungen laufend Kontakt mit der Heimat hält.

P1: Meine Eltern haben sich getrennt. Sie waren geschieden. Eine Schwester hat mit der Mutter und mir gelebt. Ein Bruder ist vermisst, der ist, so wie ich, geflüchtet.

R wiederholt die Frage.

P1: Die Madhiban sind Arbeiter, man versorgt sich selbst. Jeder Madhiban ist nur mit sich selbst beschäftigt und nicht mit den anderen in Verbindung.

R: Halten Sie Kontakt zu anderen Verwandten in Europa?

P1: Nein, weil ich kenne meine anderen Verwandten nicht.

R: Wenn man sich mit den sozialen Strukturen und Clanstrukturen in der Bundesrepublik Somalia beschäftigt und so viele Asylwerber aus Ihrem Herkunftsstaat kennen lernt, ist davon auszugehen, dass auch Sie in Österreich in einer sogenannten somalischen Community verkehren.

P1: Ja, aber die somalische Community, die hier ist, die sind nicht aus meinem Bezirk.

R: Sie kennen niemanden aus der somalischen Community in Österreich?

P1: Ich habe viele Freundschaften hier aus der somalischen Community, aber das sind nicht Bekannte aus Somalia. In Österreich kenne ich Somalier..." (Verhandlungsschrift Seite 10f).

Da P1 nach seinen Angaben nicht mit anderen in Verbindung steht, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass er wissen kann, dass sich die angeblichen Täter bzw. Verfolger weiterhin in seinem Bezirk aufhalten. In

www.ris.bka.gv.at Seite 33 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019 diesem Zusammenhang wird auch festgehalten, dass sich die Sicherheitslage in XXXX seit der Flucht von P1 im Jahr 2010 maßgeblich verbessert hat und XXXX .

Schließlich erscheinen auch die Angaben von P1 zur Finanzierung zur Flucht aufgrund der angegebenen Wohnverhältnisse und unter Berücksichtigung seiner Clanzugehörigkeit nicht plausibel:

"...R: Wie sind Sie zu den US $ 4000.- für die Reise nach Österreich gekommen, wenn Sie behaupten einem benachteiligten bzw. "niedrigen" Clan anzugehören? In Ihrem Herkunftsstaat ist das eine sehr große Summe bzw. sehr viel Geld.

P1: Meine Mutter hat das Haus, wo wir gelebt haben, verkauft, um meine Reise finanzieren zu können.

R: Ihre Mutter hat ein Haus, in dem sie selbst nicht gelebt hat, verkauft?

P1: Ja, es war das Haus meines Vaters. Das Haus gehörte uns und die anderen Angehörigen wurden getötet. Es gab nur mehr einen Bruder, der vermisst ist. Außerdem lebt noch eine Schwester, die bei meiner Mutter lebt. Weil nur mehr ich da war, der davor in dem Haus gelebt hat, hat meine Mutter dieses Haus verkauft.

R: Sie haben in der niederschriftlichen Befragung am 17.07.2012 angegeben, dass Ihre Mutter dafür die Eigentumswohnung in XXXX verkauft habe:

"...Von der Türkei kam ich auf dem Landweg nach Österreich. Für diese Route zahlte ich 4000.- US$. Meine Mutter hat für mich die Wohnung verkauft..." (Anmerkung: Befragung Seiten 03 bzw. Akt BAA Seite 65).

P1: Nein, ich meinte nur das Haus meines Vaters.

R: Laut Länderberichten sind berufsbezogener Kasten (Waable) bzw. Midgan bzw. Madhiban generell als arm und leben in großer Not. Ständische Berufskasten wie die Midgan haben traditionell weder das Recht auf Eigentum noch das Recht, sich an lokalen Geschäften, Marktwirtschaft oder Politik zu beteiligen. Wie kommt es, dass Ihr Vater ein eigenes Haus hatte?

P 1: Das Haus ist nur aus Wellblech. Es ist am Rand der XXXX .

R: Wie kann man dann 4.000 USD dafür bekommen?

P1: Diese Hütte mit dem Wellblech und dem Grundstück hat nur 4000 eingebracht. An anderen Stellen bringt es bis zu 100.000 USD. Dieses Grundstück hat mein Vater damals von der Regierung bekommen.

R: Die Regierung hat den Minderheiten Grundstücke geschenkt?

P1: Ja, die damalige Regierung schon, auch die anderen haben Grundstücke bekommen, nicht nur die Minderheiten. Alle Leute haben die gleichen Grundstücke bekommen..." (Verhandlungsschrift Seite 14f.).

Es kann auch nicht erkannt werden, dass P1 aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den Madhiban Verfolgung ausgesetzt wäre. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die berufsständischen Gruppen auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie der somalischen Gesellschaft stehen und die ärmste Bevölkerungsschicht stellen. In diesem Zusammenhang ist aber anzumerken, dass aus den Länderfeststellungen hervorgeht (siehe Feststellungen 3. Madhiban), dass sich die Situation für die Gabooye (Anmerkung: Sammelbegriff für einige berufsständische Gruppen, darunter die Madhiban) im Vergleich zur Jahrtausendwende, als sie nicht einmal normal die Schule besuchen konnten, gebessert hat. Insbesondere unter jungen Leuten ist die Einstellung zu ihnen positiver geworden. Es ist mittlerweile für viele Angehörige der Mehrheitsclans üblich, auch mit Angehörigen berufsständischer Gruppen zu sprechen, zu essen, zu arbeiten und Freundschaften zu unterhalten. Dabei handelt es nicht nur um einen oberflächlichen Wandel, sondern um einen "change of mind-set" - selbst bei älteren Generationen. Nach Einschätzung einer westlichen Botschaft kommt es im Allgemeinen zu keinen gezielten Angriffen oder Misshandlungen. Dazu kommt, dass das Haus samt Grundstück des Vaters bereits im Jahr 2010 mehrere tausend Dollar wert war, obwohl ständische Berufskasten traditionell kein Recht aus Eigentum, somit auch nicht auf ein Haus und eine Liegenschaft, hatten und P1 im erstinstanzlichen Verfahren angegeben hat, bereits vor der Jahrtausendwende die Schule besucht zu haben. XXXX . In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch zu beachten, dass P1 nach eigenen Angaben eine Freundschaft mit einem

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Angehörigen aus dem Clan der Hawiye pflegte und dieser ihn auch unterstützte und dafür sorgte, dass P1 bei dessen Bekannten wohnen konnte:

"...AW: (...) Am 13.06.2010 flog ich in die Türkei, hielt mich dazwischen bei meinem Freund auf. Mein Freund heißt XXXX . (...).

(...) Dieser XXXX ist Angehöriger von Hawiye. (...)

(...) Eigentlich hielt ich mich nicht in der Wohnung von XXXX auf, sondern in der Wohnung von Bekannten von XXXX . (...)

(...) XXXX hatte keine Probleme, weil er einem anderen Clan angehörte. (...)" (Befragung am 17.07.2012, Seiten 03ff bzw. Akt BAA Seiten 65ff).

In seiner Gesamtheit betrachtet erweckte das Vorbringen von P1 zu seinen Fluchtgründen einen unstimmigen bzw. nicht schlüssigen und widersprüchlichen Eindruck. Das Vorbringen von P1 blieb im Allgemeinen vage und ohne nähere Details, sodass davon auszugehen ist, dass P1 keinen tatsächlich erlebten Sachverhalt geschildert hat. P1 konnte nicht glaubhaft machen, einer wie immer gearteten individuellen und konkreten Verfolgung in der Bundesrepublik Somalia ausgesetzt gewesen zu sein und es sind auch keine Gründe ersichtlich, weshalb P1 bei einer Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia einer solchen ausgesetzt sein sollte.

2.2. Zu den Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen von P2 (siehe Feststellungen 2.2):

Auf die Frage nach ihren Fluchtgründen gab P2 an, dass sie in der Bundesrepublik Somalia Angst davor habe, dass sie von al-Schabaab getötet würde, da P2 sich einer Zwangsverheiratung widersetzte habe: "Die Terroristengruppe "Al Shabaab" wollte mich mit einem alten Mann verheiraten. Da ich nicht wollte, wurde mir angedroht, mich zu töten." (niederschriftliche Befragung am 29.03.2014, Seite 05 bzw. Akt BFA Seite 17).

Festgehalten wird, dass die Schilderungen von P2 im Zusammenhang mit ihren Begegnungen mit al-Schabaab wenig lebensnah und plausibel wirkten. So kann es etwa auf Grund der Verhältnisse in der Bundesrepublik Somalia und der dort herrschenden Rolle der Frau, nicht glaubhaft gemacht werden, dass P2 auf die Frage von drei Männern, noch dazu der al-Schabaab (wovon zwei auch noch bewaffnet gewesen sein sollen), warum sie einen Mann gegrüßt hätte, beinahe "salopp" geantwortet haben soll, dass dieser Mann ihr Freund sei und ob sie ihren Freund nicht grüßen dürfe. Wie aus den Länderfeststellungen hervorgeht (siehe Feststellungen 3. "Zwangsehen"/arrangierte Eheschließungen) sind es Männer de facto gewohnt, ihre Macht gegenüber Frauen auszuüben, wobei das für al-Schabaab noch leichter und die Unterdrückung der Frau ohnehin eine generelle Attitüde in der Bundesrepublik Somalia ist: "Eines Tages als ich bei meiner Tante väterlicherseits in ihrem Lokal war, kam ein Jugendlicher, mit dem ich befreundet war. Ich hatte mit diesem Freund ein sehr gutes Verhältnis. Mitglieder der Al-Shabaab, die damals diese Begrüßung beobachtet hatten, kamen am nächsten Tag zu mir. Sie fragten mich, warum ich diesen Mann gegrüßt hätte und ich sagte ihnen, dass dieser Mann mein Freund wäre und fragte sie, ob ich meinen Freund nicht grüßen dürfte (...).

LA: Wie viele Männer der Al Shabaab kamen zu Ihnen ihn das Teehaus?

VP: Es waren drei Männer.

(...)

LA: Waren diese Männer bewaffnet zu diesem Zeitpunkt?

VP: Ja, die beiden jungen Männer hatten Waffen..." (Befragung am 04.02.2015, Seite 04ff. bzw. Akt BFA Seiten 65ff.).

In diesem Zusammenhang darf auch nicht übersehen werden, dass P2 in derselben niederschriftlichen Befragung auf Rückfragen ihr Vorbringen insofern abänderte, als sie diesmal angab, dass die Männer ihr am nächsten Tag nur gesagt hätten, sie hätte etwas Verbotenes getan und müsste mitkommen. Auch nach Nachfragen von P2 hätte sie gesagt, dass sie mitgehen müsse. Erst als P2 mitgegangen sei, hätten sie P2 gesagt, dass sie am Vortrag einem Mann die Hand gegeben habe und dies verboten sei:

"LA: Was taten Sie gerade, als diese Männer in den Laden gekommen waren? www.ris.bka.gv.at Seite 35 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

VP: Sie waren normal, als sie in den Laden gekommen waren. Sie kamen zu mir und gingen mit mir in eine Ecke. Sie sagten, ich hätte am Tag zuvor etwas Verbotenes getan. Befragt, sie sagten, ich sollte mit ihnen kommen, da ich etwas Verbotenes getan hätte. Ich fragte, was ich getan hätte und sie sagten, ich müsste mit ihnen mitgehen. Ich fragte sie, was ich getan hätte. Meine Tante, die das ganze beobachtet hatte, kam dazu und fragte die Männer, was sie von mir wollen würden. Sie sagten ich hätte etwas Verbotenes getan und müsste mit ihnen mitgehen. Sie sagten mir, ich müsste mitgehen. Ich ging dann mit. An dem Ort, an den ich gebracht worden war, sagten diese zu mir, dass ich am Vortag einem Mann die Hand gegeben hätte und dies wäre verboten." (niederschriftliche Befragung am 04.02.2015, Seite 06 bzw. Akt BFA Seite 69.).

Hätte P2 ihr Vorbringen tatsächlich erlebt, hätte P2 jedenfalls gleichbleibend angeben können, ob ihr al- Schabaab ihr Verhalten bereits im Teehaus vorgeworfen hat, oder trotz mehrmaliger Nachfragen erst, nachdem sie P2 mitgenommen hatten. Aufgrund dieser gravierenden Widersprüche geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass P2 den von ihr geschilderten Sachverhalt nicht tatsächlich erlebt hat.

Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass P2 - nachdem sie gegenüber al-Schabaab mehrfach explizit geäußert haben soll, nicht verheiratet werden zu wollen - derart nachlässig bewacht wurde, dass ihr ohne größere Schwierigkeiten eine Flucht möglich gewesen wäre. So erscheint es nicht lebensnah, dass ihre Bewacherin einfach vergessen hätte, die Tür abzuschließen und P2 ohne Weiteres deren Kleider nehmen und sogar Geld aus einer Tasche entwenden konnte, um danach wieder zu ihrer Tante zu fahren:

"...VP: (...) Zwei Tage vor der Eheschließung mit diesem Mann flüchtete ich aus dem Haus. Ich entwendete Geld aus einer Tasche und fuhr nach XXXX . (...)"

(...)

LA: Wie gelang es Ihnen zu flüchten?

VP: Wie ich zuvor ausgeführt hatte, zwei Tage vor der Eheschließung nahm ich größere Kleider und verließ das Haus. Ich kenne mich in XXXX sehr gut aus. Ich fuhr weg, als die Frau nicht zuhause war. Ich fuhr mit dem Taxi-Bus von XXXX nach XXXX zu meiner Tante väterlicherseits.

LA: Waren Sie nicht eingesperrt, als diese Frau Sie alleine gelassen hatte?

VP: Normalerweise versperrte sie den Raum von außen, wenn sie wegging, aber bei diesem Mal hatte sie darauf vergessen.

LA: Waren diese Männer auch nicht in dem Haus, als Sie flüchteten?

VP: Einer der Männer war dort, aber wie zuvor gesagt, trug ich die Kleider dieser Frau, als ihre Burka und daher erkannte mich dieser Mann nicht..." (niederschriftliche Befragung am 04.02.2015, Seite 05 und 08 bzw. Akt BFA Seiten 67 und 73).

Insgesamt wirkte das Vorbringen von P2 zu ihren Fluchtgründen wenig nachvollziehbar und waren ihre Aussagen zu den angeblich stattgefundenen Vorfällen widersprüchlich und nicht lebensnah. Es erscheint daher kaum vorstellbar, dass P2 die von ihr behauptete Fluchtgeschichte tatsächlich erlebt hat. P2 konnte nicht glaubhaft machen, einer wie immer gearteten individuellen und konkreten Verfolgung in der Bundesrepublik Somalia ausgesetzt gewesen zu sein und es sind auch keine Gründe ersichtlich, weshalb P2 bei einer Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia einer solchen ausgesetzt sein sollte. Selbst bei Wahrunterstellung ihres Vorbringens ist im Übrigen nicht ersichtlich, inwieweit P2 - die mittlerweile nach moslemischem Ritus verheiratet und Mutter eines Kindes ist - weiterhin der Gefahr einer Zwangsverheiratung ausgesetzt sein sollte, da es somalischen Frauen nicht gestattet ist, mit mehr als einem Mann nach moslemischem Ritus verheiratet zu sein.

2.3. Im Hinblick auf die Lebensgemeinschaft bzw. nach moslemischem Ritus geschlossene Ehe zwischen dem aus einem Minderheitenclan der Madhiban stammenden P1 und der aus einem Mehrheitsclan der Hawiye stammenden P2 (siehe Feststellungen 2.3) brachte P2 vor, dass sie im Fall einer Rückkehr Probleme mit ihrer Familie bekommen würde, da diese ihr Kind und ihren Mann nicht akzeptieren würden:

"...R: Was befürchten Sie im Fall Ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia?

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P2: Ich werde Probleme mit meiner Familie bekommen. Sie werden mein Kind und meinen Mann nicht akzeptieren (...)

PV: Weiß Ihre Familie, dass Sie mit einem Mann von einem Minderheitenclan verheiratet sind?

P2: Nein, sie wissen das nicht, ich kann es ihnen nicht sagen und sie wissen auch nicht, dass ich ein Kind mit ihm habe. Sie glauben, ich bin ledig.

PV: Was befürchten Sie, wie Ihre Familie reagieren würde, wenn sie es erfährt?

P2: Sie werden mich und meine Familie, meinen Mann auseinanderbringen. Und wenn mein Mann versucht, mich zurückzugewinnen, könnte er von meiner Familie getötet werden..." (Verhandlungsschrift Seiten 20f und 25).

Entgegen den Befürchtungen von P2 ergibt sich aus den aktuellen Länderfeststellungen (siehe Feststellungen 3. "Mischehen") jedoch kein Hinweis auf eine maßgebliche konkrete und individuelle Verfolgung aufgrund einer "Mischehe". Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass bei "Mischehen" eine gesellschaftliche Diskriminierung besteht, da Mehrheitsclans "Mischehen" mit Angehörigen berufsständischer Gruppen meist nicht akzeptieren und es häufig zur Verstoßung der betroffenen Person durch die eigenen Familienangehörigen (des Mehrheits-Clans) kommt. Wie aus den Länderfeststellungen hervorgeht, wird es als problematisch angesehen, wenn eine Mehrheits-Frau einen Minderheiten-Mann heiratet, da dann ihre Kinder der Minderheit angehören werden. Der Druck auf "Mischehen" ist insbesondere in ländlichen Gebieten ausgeprägt, während er in den Städten etwas abgenommen haben dürfte. P1 und P2 stammt aus XXXX Zudem sind "Mischehen" im Süden generell weniger stigmatisiert als im Norden. Weiters gehört P2 dem Clan der Hawiye an und aus den Feststellungen geht hervor, dass gerade dieser Clan "Mischehen" weniger eng sieht als andere Clans. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht somit nicht, dass es dazu kommen kann, dass der Familienclan von P2 diese nicht mehr besucht und sich auch nicht um ihre Tochter P3 kümmert bzw. den Kontakt ganz abbricht. Dafür hat P2 aber nunmehr P1 und wichtig ist vor allem, dass es wegen "Mischehen" so gut wie nie zu Gewalt oder gar Tötungen kommt.

Auch wenn es nach den Länderberichten somit nicht ausgeschlossen ist, dass Verwandte von P2 bei Bekanntwerden der Lebensgemeinschaft mit P1 den Kontakt zu ihr abbrechen, kann - in Übereinstimmung mit den vorliegenden Länderberichten - nicht davon ausgegangen werden, dass P1 bis P3 vonseiten der Familienangehörigen von P2 aufgrund ihrer "Mischehe" physischer Gewalt und Bedrohungen ausgesetzt sein werden. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass P1 nach eigenen Angaben mit seiner Familie keinen Kontakt mehr hat, sodass von seiner Seite von keiner etwaigen Gefährdung auszugehen ist.

2.4. Im Zusammenhang mit dem Vorbringen, P3 drohe als Angehörige der sozialen Gruppe der nicht beschnittenen Mädchen im Fall einer Reise in die Bundesrepublik Somalia mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Beschneidung (siehe Feststellungen 2.4.), ist anzumerken, dass sich sowohl P1 als Vater als auch P2 als Mutter explizit dahingehend äußerten, dass sie beide gegen die Praktik der Beschneidung (siehe Feststellungen 3. weibliche Beschneidung/Female Genital Cutting [FGC]) sind:

"...R: P3 ist in Österreich geboren. Hat P3 eigene Fluchtgründe?

P1: Es gibt dieses Problem in Somalia, dass Frauen in Somalia beschnitten werden. Meine Frau wurde beschnitten und ich habe Angst für P3.

R: Planen Sie eine Beschneidung von P3?

P1: Nein, meine Frau hatte deshalb Probleme (...)

R: P3 ist in Österreich geboren. Hat sie eigene Fluchtgründe?

P2: Ja, sie könnte beschnitten werden.

R: Planen Sie eine Beschneidung von P3?

P2: Nein.

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R: Warum nicht?

P2: Sie soll nicht die gleichen Probleme haben, wie ich..." (Verhandlungsschrift Seiten 16f und 23).

Aus diesen Angaben geht hervor, dass sowohl die Mutter als auch der Vater der von P3 die Durchführung einer Beschneidung vehement ablehnen.

Auf Nachfrage, dass nur beschnittene Frauen einen "guten Mann" (Anmerkung: In der "somalischen Community" ist damit ein somalischer Mann gemeint) bekommen würden, gaben sowohl P1 als auch P2 an, dass es die Entscheidung der Tochter P3 wäre. Während P1 in diesem Zusammenhang die wegen der Beschneidung seiner Lebensgefährtin resultierten Probleme bei der Geburt von P3 thematisierte, thematisierte P2 die "Ignoranz der somalischen Community" und das Unwissen der Männer in diesem Zusammenhang:

"...R: Soll Ihre Tochter in einigen Jahren einen "guten Mann" heiraten?

P1: Wenn meine Frau nicht beschnitten wäre, hätte man bei der Geburt meiner Tochter keinen Kaiserschnitt machen müssen.

R wiederholt die Frage.

P1: Ja, aber das ist ihre Entscheidung.

R: Aber auch in der somalischen Community in Österreich heißt es meines Wissens nach, dass nur beschnittene Frauen "einen guten Mann" (gemeint: nur einen somalischen Mann ist ein guter Mann) bekommt.

P1: Anmerkung: P1 lächelt: Derjenige, der die Frau, bei der Geburt begleitet, weiß welche Probleme eine Frau wegen der Beschneidung erleiden muss. In Somalia sind nur die Frauen während der Geburt anwesend. Hier in Österreich ist auch der Ehemann dabei und sieht das. Ich war mit der P2 im Krankenhaus und beim Kaiserschnitt dabei.

(...)

R: Soll Ihre Tochter in einigen Jahren einen guten Mann heiraten?

P2: Das ist ihre Entscheidung, sie ist frei und kann selber entscheiden.

R: Aber auch in der somalischen Community in Österreich heißt es meines Wissens nach, dass nur beschnittene Frauen "einen guten Mann" (gemeint: nur einen somalischen Mann ist ein guter Mann) bekommt.

P2 (Anm. P2 lächelt): Das ist die Ignoranz, die in der somalischen Community in Österreich herrscht. Somalische Männer wollen nur beschnittene Frauen, wissen aber nicht, welche Probleme die Frauen damit haben..." (Verhandlungsschrift Seiten 17 und 23.).

Sowohl P1 als auch P2 vermittelten in der mündlichen Verhandlung den überzeugenden Eindruck, dass sie eine Beschneidung mit aller Vehemenz ablehnen. P2 gab mehrfach an, dass sie P3 nicht beschneiden lassen will, wies aber auf den sozialen Druck hin. Auf die explizite Nachfrage, ob sie P3 im Fall einer Rückkehr in die Bundesrepublik doch beschneiden lassen würde, gab sie jedoch ausdrücklich an, dass sie P3 nicht beschneiden lassen wolle und so "nie entscheiden" würde.

"...R: Es ist aber immer die Entscheidung der somalischen Mutter.

P2: Ja, aber, wenn man in derselben Gesellschaft lebt, kann man es nicht anders machen.

R: Sie hätten also im Falle einer Rückkehr nach Somalia vor, Ihre Tochter beschneiden zu lassen, damit diese in derselben Gesellschaft leben kann?

P2: Ich will nicht meine Tochter beschneiden lassen.

www.ris.bka.gv.at Seite 38 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

R: Wenn Sie nach Somalia zurückkehren würden, würden Sie Ihre Tochter beschneiden lassen.

P2: Nein, so würde ich nie entscheiden..." (Verhandlungsschrift Seiten 23f.)

Auch auf die Belehrung, wonach Beschneidungen im Ausland in Österreich dennoch strafrechtlich verfolgt werden, bekräftigten sowohl P1 als auch P2 erneut, dass sie das "sowieso keinesfalls machen würden":

"...R: In eine in Somalia übliche Beschneidung von Mädchen kann man gemäß der österreichischen Rechtsordnung nicht einwilligen (§ 90 Abs. 3 StGB), d.h. es handelt sich jedenfalls um eine ausdrücklich verbotene Straftat.

P1: Ich verstehe.

R: Es ist bekannt, dass junge somalische Mädchen, die in Österreich leben, von ihren Familien in die Bundesrepublik Somalia geschickt werden um dort beschnitten zu werden, damit diese einen "guten Mann" (gemeint: einen somalischen Mann) heiraten können. Auf Grund von

§ 90 Abs. 3 StGB können aber auch diese im Ausland gemachten Beschneidungen strafrechtlich verfolgt werden. Haben Sie das verstanden?

P1: Ja. Das würden wir ohnehin nie machen (...)

R: Ist Ihnen bewusst, dass die Beschneidung einer Minderjährigen in Österreich eine Straftat ist? In eine Beschneidung von Mädchen kann man gemäß der österreichischen Rechtsordnung nicht einwilligen (§ 90 Abs. 3 StGB), d.h. es handelt sich jedenfalls um ausdrücklich verbotene Straftat.

P2: Das will ich ja auch nicht machen lassen. (...)

R: Es ist bekannt, dass junge somalische Mädchen, die in Österreich leben, von ihren Familien in die Bundesrepublik Somalia geschickt werden um dort beschnitten zu werden, damit diese einen "guten Mann" (gemeint: einen somalischen Mann) heiraten können. Auf Grund von

§ 90 Abs. 3 StGB können aber auch diese im Ausland gemachten Beschneidungen strafrechtlich verfolgt werden. Haben Sie das verstanden?

P2: Ja. Das würde ich sowieso keinesfalls machen lassen..." (Verhandlungsschrift Seiten 17 und 23f).

P1 und P2 sprachen sich somit übereinstimmend und überzeugend gegen eine Beschneidung von P3 aus. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht in diesem Zusammenhang auch nicht, dass P2 die Befürchtung äußerte, dass P3 auch gegen ihren Willen durch andere Familienmitglieder beschnitten werden könnte:

"...PV: Wer könnte in Somalia gegen Ihren Willen Ihre Tochter beschneiden lassen?

P2: Meine Familie, z.B. meine Tante, die Familie meines Mannes. (...)

PV: Wer hat Ihre Beschneidung veranlasst?

P2: Meine Tante väterlicherseits, meine Mutter ist gestorben, als ich noch klein war. (...)

PV: Warum wäre es gerade Ihrer Familie möglich, Ihre Tochter gegen Ihren Willen beschneiden zu lassen?

P2: Weil alle dort beschnitten sind. Das ist eine Tradition, die alle dort erlebt haben und weiter erleben mussten. Die Kinder von meiner Schwester sind bereits beschnitten. Meine Schwester lebt immer noch in Somalia. Auch wenn P3 unbeschnitten bleibt, wird sie kein glückliches Leben haben..." (Verhandlungsschrift Seiten 24f.).

www.ris.bka.gv.at Seite 39 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019

Aus den Angaben von P2 lässt sich allerdings nicht entnehmen, inwiefern es etwaigen Familienmitgliedern von P2 überhaupt möglich sein sollte, gegen den erklärten Willen von P2 eine Beschneidung an P3 vorzunehmen, zumal sich beide Eltern dagegen aussprechen und P2 somit auch über die Unterstützung von P1 verfügt. Aus den Länderinformation geht hervor, dass es ausschließlich die Entscheidung der Mutter ist und es im Wesentlichen auf ihre Standfestigkeit ankommt. So gab auch P2 damit übereinstimmend an, dass niemand die Väter frage, ob die Kinder beschnitten werden, und zugleich, dass er trotzdem jedenfalls gegen Beschneidung ist: "...R: Bestimmt in Somalia der Vater, ob die Tochter beschnitten wird?

P1: Niemand fragt die Väter, ob die Kinder beschnitten werden. Egal ob das ein Bub oder Mädchen ist. Die Väter kommen von der Arbeit zurück und finden ihre Kinder beschnitten vor. Ich wäre aber trotzdem gegen die Beschneidung..." (Verhandlungsschrift Seite 18).

Soweit P2 auf ihre eigene Beschneidung durch ihre Tante väterlicherseits verweist, ist festzuhalten, dass diese Tante die Beschneidung von P2 nur deshalb veranlassen konnte, da die Mutter von P2 bereits verstorben war. Im vorliegenden Fall hat P2 jedoch nicht nachvollziehbar dargelegt, inwiefern sich die in XXXX lebende Tante von P2 berufen fühlen sollte, nach XXXX zu reisen und dort gegen den Willen der Mutter ihre Tochter beschneiden zu lassen. Soweit P2 auf ihre Schwester und deren beschnittene Töchter Bezug nimmt, ist auch darauf hinzuweisen, dass die Schwester - im Gegensatz zu P2 - kein anderes Leben außerhalb der Bundesrepublik Somalia kennt und P1 und P2 erst durch ihren Aufenthalt in Österreich zu der Überzeugung gelangt sind, dass sie eine Beschneidung für P3 nicht möchten und diesbezüglich bereits mit eindeutiger Distanz zur "somalischen Community" gesprochen haben. Es ist vor dem Hintergrund der Länderberichte nicht ersichtlich, dass die Tante oder die Schwester von P2 deren Tochter beschneiden lassen würden, wenn P2 - wie vor dem Bundesverwaltungsgericht auch mehrfach angegeben - standhaft bei ihrer Überzeugung bleibt, P3 nicht beschneiden zu lassen. Dies hat P2 auch wiederholt angegeben und blieb auch bei der Frage, ob sie ihre Tochter im Fall einer Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia beschneiden lassen würde, gleichbleibend bei ihrer Ablehnung. Da man P2 nicht unterstellen darf, diesbezüglich vor dem Bundesverwaltungsgericht bewusst unwahre Behauptungen getätigt zu haben, kann eine maßgebliche Gefahr für P3 nicht erkannt werden.

Soweit P2 ferner auch auf Familienangehörige von P1 Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass nach Angaben von P1 seit seiner Ausreise kein Kontakt zu seiner Familie besteht und er auch ihren Aufenthalt nicht kennt. Es kann nicht erkannt werden, inwiefern eine Einflussnahme durch seine Angehörige erfolgen sollte, deren Aufenthaltsort nicht bekannt ist und zu denen seit vielen Jahren kein Kontakt mehr besteht. Sollte sich weiters die Befürchtung von P2 bestätigen, dass P2 aufgrund ihrer "Mischehe" tatsächlich von ihrer Familie verstoßen würde und keinen Kontakt mehr zu ihnen hat, hätte dies vorliegend auch zur Konsequenz, dass eine Einflussnahme von Tante oder Schwester von P2 bezüglich Beschneidung von P3 nicht zu befürchten ist.

Zusammengefasst geht aus den Angaben von P1 und P2 in der Beschwerdeverhandlung zweifelsfrei hervor, dass beide Elternteile eine Beschneidung von P3 mit Überzeugung ablehnen. Da die Entscheidung darüber ausschließlich bei der Mutter P2 liegt, diese sogar von einer "Arroganz der somalischen Community" gesprochen hat und auch der Vater von P3 aufgrund der miterlebten Probleme bei der Geburt von P3 eine Beschneidung mit Nachdruck ablehnt, ist davon auszugehen, dass beide diese verhindern und gemeinsam auch dem sozialen Druck der Gesellschaft standhalten werden. Es konnte somit nicht festgestellt werden, dass P3 im Fall einer Reise in ihren Herkunftsstaat konkret von einer drohenden Beschneidung betroffen wäre. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zusammengefasst davon aus, dass P3 in der Bundesrepublik Somalia keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sein wird.

P1 und P2 waren keiner wie immer gearteten Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat ausgesetzt und ihr Vorbringen zu den angeblichen Ausreisegründen entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Es ist P1 und P2 nicht gelungen, individuelle und konkrete Verfolgungsgründe glaubhaft zu machen, da sie nicht in der Lage waren, das Szenario, das zu ihrer Ausreise geführt haben soll, nachvollziehbar und glaubhaft darzustellen. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass P1 bis P3 im Fall ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wären.

3. Die Feststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer (siehe Feststellungen 3.) beruhen auf dem in den Beschwerdeverhandlungen zitierten Dokumentationsmaterial sowie etwas aktuelleren Berichten derselben Quellen. Die Parteien des Beschwerdeverfahrens haben zu keinem Zeitpunkt Einwand gegen die Heranziehung der Informationsquellen erhoben. Die herangezogenen Berichte und Informationsquellen stammen hauptsächlich von staatlichen Institutionen oder diesen nahestehenden Einrichtungen und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, Zweifel an deren Objektivität und Unparteilichkeit aufkommen zu lassen. Die inhaltlich übereinstimmenden Länderberichte befassen sich mit der aktuellen Lage in der Bundesrepublik Somalia.

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3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

P1 bis P3 wurde in Österreich subsidiärer Schutz gewährt und die Beschwerden richten sich daher ausschließlich gegen die Spruchpunkte I. in denen die Anträge auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen wurden:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (§ 11 Abs. 1 AsylG).

Da die Angaben von P1 und P2 zu den Gründen, weshalb sie ihren Herkunftsstaat verlassen haben sollen, wie in der Beweiswürdigung ausgeführt (siehe Beweiswürdigung 2.1. und 2.2.), unglaubwürdig waren, ist keine asylrelevante Verfolgung(sgefahr) für P1 bis P3 anzunehmen.

In Bezug auf die zwischen P1 und P2 vorgebrachte "Mischehe" war unter Berücksichtigung der herangezogenen Länderberichte - wie in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt (siehe Beweiswürdigung 2.3.) - keine Verfolgung zu erkennen.

Im Hinblick auf das das erstmals in der Beschwerde erhobene Vorbringen, P3 wäre im Fall einer Rückkehr als Zugehörige der "sozialen Gruppe der unbeschnittenen Mädchen" geschlechtsspezifischer Verfolgung unterworfen, wird nicht verkannt, dass der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen hat, dass die weibliche Beschneidung eine asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darstellen kann (vgl. etwa VwGH 24. 06.2010, 2007/01/1199; VwGH 22. 11.2005, 2005/01/0285; VwGH 28.06.2011, 2008/01/0618) und die Beschneidung von Mädchen in der Bundesrepublik Somalia zufolge den herangezogenen Länderberichten (siehe Feststellungen 3. weibliche Beschneidung/Female Genital Cutting [FGC]) ein gravierendes Problem darstellt.

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht zudem nicht, dass in der Bundesrepublik Somalia eine Mutter, die ihre Tochter nicht beschneiden lassen will, in ländlichen Gebieten auf erhebliche Probleme stoßen kann und es auch in urbanen Gebieten zu großem sozialen und psychischen Druck kommen kann, eine Tochter beschneiden zu lassen. In diesem Zusammenhang ist aber auch festzustellen, dass P1 und P2 XXXX stammen und es vor allem auf die Standhaftigkeit der Mutter ankommt - da diese entscheidet, ob die Tochter beschnitten wird - und auch der Bildungshintergrund, der soziale Status sowie die kulturelle und geographische Zugehörigkeit eine Rolle spielen. Es gibt daher sowohl in urbanen als auch in ländlichen Gebieten Eltern, die ihre Töchter nicht beschneiden lassen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 27.06.2016, Ra 2016/18/0045, in einem ähnlichen Fall die konkrete Verfolgungsgefahr deshalb verneint, weil sowohl der Vater als auch die Mutter der beiden minderjährigen Revisionswerberinnen die Beschneidung ablehnten und daher eine behauptete Verfolgungsgefahr www.ris.bka.gv.at Seite 41 von 42 Bundesverwaltungsgericht 21.03.2019 nicht ersichtlich war. In einem weiteren Fall, in dem sich auch beide Elternteile gegen eine Beschneidung ihrer in Österreich (nach)geborenen Tochter aussprachen, hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 11.06.2018, E 1831/2018-5, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Wie bereits weiter oben ausgeführt (siehe Beweiswürdigung 2.4.), stellt sich der spezielle Fall von P3 so dar, dass ihre Mutter P2 eine Beschneidung, mit deutlicher Distanzierung zu den in der "somalischen Community" vorherrschenden Vorstellungen, in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und auch nach mehrfachen Rückfragen ablehnte und auch im Fall einer (hypothetischen) Rückkehr bekanntgab, eine solche nicht durchführen zu wollen. In diesem Zusammenhang ist auf die Länderfeststellungen zu verweisen, wonach eine Beschneidung von Mädchen ohne Einwilligung der Mutter unwahrscheinlich ist. Keine Quelle konnte von einem Fall berichten, wonach eine Beschneidung ohne Einverständnis der Mutter durchgeführt wurde. Spricht sich, wie im vorliegenden Fall, zusätzlich auch noch der Kindesvater P1 explizit gegen eine Beschneidung der Tochter aus, ist davon auszugehen, dass die Mutter einem möglichen psychischen gesellschaftlichen Druck gewachsen ist. Aufgrund des Auftretens der Mutter von P3 in der mündlichen Verhandlung und auch im Hinblick darauf, dass der Vater von P3 diese Entscheidung mitträgt und dezidiert unterstützt, ist nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass P3 im Fall einer Reise in ihren Herkunftsstaat einer Beschneidung ausgesetzt wäre. In Anbetracht der Länderfeststellungen, wonach die endgültige Entscheidung einer Beschneidung bei der Mutter liegt, wird in diesem konkreten Fall - wie oben dargelegt (siehe Beweiswürdigung 2.4.) - nicht davon ausgegangen, dass andere Verwandte gegen den erklärten Willen der Eltern eine Beschneidung bei P3 durchführen. Eine staatliche oder dem Staat zurechenbare Verfolgung kann im Zusammenhang mit potentieller Beschneidung nicht angenommen werden.

P1 und P2 konnten aus den bereits in der Beweiswürdigung dargelegten Erwägungen weder eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende maßgebliche Gefahr asylrelevanter in ihrem Herkunftsstaat glaubhaft machen, sodass sich auch die Prüfung einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer erübrigt.

Die Beschwerden gegen Spruchpunkte I. der Bescheide sind somit abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

In diesen konkreten Fällen ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängen, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In der Beweiswürdigung wurde ausführlich, unter Bezugnahme auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Asylverfahren, ausgeführt, dass den Angaben von P1 und P2 zu ihren Ausreisegründen keine Glaubwürdigkeit zuzubilligen war und sämtliche Angaben zu den angeblichen Ausreisegründen nicht den Tatsachen entsprechen. Zudem konnte keine Verfolgung auf Grund der mittlerweile geschlossenen "Mischehe" glaubhaft gemacht werden. Zugleich konnten P1 und P2 das Bundesverwaltungsgericht in der Beschwerdeverhandlung davon überzeugen, dass sie in der Lage sein werden, eine Bescheidung von P3 in Zukunft zu verhindern. Diese Erkenntnisse beschäftigen sich vor allem mit der Erforschung und Feststellung von Tatsachen und es ergaben sich im Lauf der Verfahren keine Hinweise auf das Vorliegen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung. Diese Erkenntnisse beschäftigen sich ausschließlich mit der Beurteilung von Rechtsfragen, zu welchen es bereits Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gibt (siehe dazu oben zu A).

European Case Law Identifier ECLI:AT:BVWG:2019:W215.2102916.1.00

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