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MainSeite 13.551 Raffael 5 Seiten, 4'602 Wörter, 31'170 Zeichen

mehr Raffael unternahm, sind die Kompositionen im Saal des Konstantin im Vatikan, welche sich auf die Begründung der sichtbaren Oberherrschaft der Kirche in den bedeutendsten Begebenheiten aus dem Leben Konstantins d. Gr. beziehen. Raffael hatte nur die allgemeine Anordnung aufgezeichnet, einige Kartons zu allegorischen Figuren und der Schlacht Konstantins ausgeführt und für die Darstellung der Erscheinung des Kreuzes eine Zeichnung entworfen, als der Tod ihn überraschte. Die Schlacht atmet ganz Raffaelschen Geist. Alle Figuren sind voll Leben und Wahrheit, und trotz des Getümmels der Schlacht tritt doch der Hauptgegenstand klar hervor, in großen Zügen den Sieg des Christentums über das Heidentum feiernd. Die Ausführung in Farben gehört Schülern Raffaels, meist , an. Eins der ersten Staffeleibilder, die aus Raffaels römischer Periode stammen, ist das treffliche Porträt Julius' II. in der Tribuna der Uffizien zu Florenz. In diese erste Zeit fällt auch das Bildnis des Bindo Altoviti (Münchener Pinakothek) und das eines halbnackten Mädchens, der sogen. Fornarina, in der Galerie Barberini zu Rom. Unter den größern Staffeleigemälden aus dieser Zeit ist eins der ersten die als Madonna di Loreto bekannte heilige Familie, welche jetzt verschollen, deren Komposition aber in alten Kopien erhalten ist. Ein zweites Bild ist unter dem Namen der Madonna aus dem Haus Alba bekannt, jetzt in Petersburg. Ein andres kleines Madonnenbild ist jenes mit dem schlafenden Kind, vor welchem der kleine Johannes mit gefalteten Händchen und mit dem Kreuzchen verehrend kniet, jetzt im Louvre, als die Madonna mit dem Diadem bekannt. Ein größeres Altarbild, um 1512 gemalt, ist unter dem Namen der Madonna di Foligno bekannt, ursprünglich über dem Hauptaltar der Kirche Ara Celi auf dem Kapitol, jetzt im Vatikan aufgestellt, eine der großartigsten Schöpfungen Raffaels. Auch mehrere Madonnenbilder stammen aus dieser ersten römischen Periode, so z. B. die Madonna der Bridgewater Gallery und die Madonna Aldobrandini in der Nationalgalerie zu London, die Madonna della Tenda in der Münchener Pinakothek, die Madonna mit den Kandelabern (bei Munros Erben in London) und die Madonna del divino amore im Museum zu Neapel. Zu den ersten Bildern, welche Raffael nach Julius' II. Tod malte, gehört das Altarblatt für die Kirche San Domenico Maggiore zu Neapel, welches als Madonna del Pesce bekannt ist, jetzt im Museo del Prado zu Madrid. Maria sitzt auf einem Thron und hält das auf ihrem Schoße stehende Christuskind, welches das Händchen in das Buch des rechts stehenden St. Hieronymus legt, während von der andern Seite der Engel herkommt, welcher den jungen Tobias mit dem Fisch herbeiführt. Eins der herrlichsten Bilder Raffaels aus seiner spätern römischen Zeit (um 1516 vollendet) ist die heil. Cäcilia, für eine Kapelle in San Giovanni in Monte zu Bologna gemalt, jetzt in der Pinakothek daselbst. Ein andres, aber kleineres Bild, das um dieselbe Zeit nach Bologna sendete, stellt die Vision des Hesekiel dar und ist unter dem Einfluß Michelangelos entstanden. Eine Kreuztragung für die Kirche des Olivetanerklosters Santa Maria dello Spasimo zu Palermo, bekannt unter dem Namen Lo Spasimo di Sicilia, stellt Jesus unter der Kreuzeslast niedersinkend dar, jetzt im Museum zu Madrid befindlich. Dasselbe besitzt auch das unter dem Namen der heiligen Familie unter der Eiche bekannte Bild. Von größerer Bedeutung ist jenes Bild aus der Galerie zu Madrid, welches Raffael für den Herzog von Urbino malte, unter dem Namen der Perle bekannt. Die heilige Jungfrau, das Jesuskind auf dem Knie haltend, umfaßt traulich die sich auf ihren Schoß stützende heil. Elisabeth, und beide blicken freudig nach dem kleinen Johannes, welcher dem göttlichen Gespielen Früchte in seinem Fell bringt; links im Grund Joseph in einer Ruine. Ganz von Raffaels Hand ist das herrliche Bild der Madonna della Sedia im Palast Pitti zu Florenz (gestochen von Mandel und Burger). Maria, bis zu den Knieen sichtbar, sitzt in einem Sessel und umfaßt mit beiden Armen das auf ihrem Schoße sitzende Christuskind, gegen welches sie das reizend schöne Haupt neigt; rechts Johannes mit dem Kreuzchen. Für den König Franz I. von Frankreich ist das lebensgroße Bild des Erzengels Michael gemalt, wie er auf dem niedergeschmetterten Satan steht und mit beiden Händen die Lanze zum Stoß erhebt. Für denselben Fürsten ward ein andres Bild, die sogen. große heilige Familie, gemalt: Maria, sich im Sitzen vorneigend, faßt unter den Armen das ihr aus der Wiege entgegenspringende Christuskind; links kniet Elisabeth mit dem kleinen Johannes im Schoß, rechts hinter der heiligen Jungfrau steht Joseph und gegenüber zwei Engel. Beide Bilder sind jetzt im Louvre, wo sich auch noch eine kleine heilige Familie von Raffael befindet. Von Madonnenbildern aus dieser Zeit sind noch zu nennen: die Madonna dell' Impannata (mit dem Erkerfenster, im Palast Pitti zu Florenz), die Madonna dell'

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Passeggio in der Bridgewater Gallery zu London, die Madonna mit dem Spruchband im Museum zu Madrid, vor allen die Madonna des heil. Sixtus (Sixtinische Madonna), mit welcher Raffael die große Reihe der bildlichen Darstellungen der heiligen Jungfrau schloß. Letztere, durch viele Stiche (die besten von F. Müller und Mandel) bekannt, wurde ursprünglich für das Kloster des heil. Sixtus zu Piacenza gemalt und ist jetzt die Krone der Dresdener Galerie. Der heiligen Jungfrau dieses Bildes ähnlich ist das Frauenbildnis im Palast Pitti zu Florenz, als Raffaels Geliebte bekannt. Von andern Bildnissen dieser letzten Periode sind noch diejenigen des Papstes Leo X. mit zwei Kardinälen (um 1516, Palast Pitti zu Florenz), des Kardinals Bibbiena (Museum zu Madrid), des Thomas Inghirami (Palast Inghirami zu Volterra), des Grafen Castiglione (Louvre), eines Violinspielers (1518, Palast Sciarra zu Rom), eines jungen blonden Mannes und der Johanna von Aragonien (beide im Louvre) hervorzuheben. Den Cyklus der Darstellungen aus dem Leben Jesu schloß Raffael mit dem berühmten Gemälde der Transfiguration, an dessen Vollendung der Tod ihn hinderte. Das Bild, von Giulio Romano vollendet, ist jetzt eine der Hauptzierden der vatikanischen Galerie. Zu den bewunderungswürdigsten Werken Raffaels gehören auch die Kartons zu den Tapeten (arazzi), die der Papst in den Niederlanden wirken ließ, um den untern Raum der Sixtinischen Kapelle damit zu schmücken. Die sieben noch vorhandenen Kartons in Wasserfarben: Petri Fischzug, die Übergabe der Schlüssel, die Heilung des Lahmen, der Tod des Ananias, die Bestrafung des Elymas, die Predigt des Paulus in Athen und Paulus mit Barnabas in Lystra, befinden sich jetzt im South Kensington-Museum zu London. Die Teppiche selbst haben durch verschiedene Schicksale sehr gelitten und hängen seit 1814 im Vatikan. Wiederholungen der Teppiche befinden sich in den Galerien zu Berlin und Dresden und im Madrider Schloß. Die Entwürfe zu einer zweiten Reihenfolge von Tapeten, mit Darstellungen aus dem Leben Jesu, wurden von Raffael nur in Skizzen geliefert. mehr Wie die meisten großen Künstler der , hatte auch die Architektur, in welcher ihn Bramante unterrichtet, in seinen Kreis gezogen. Von Bramante zum Architekten der St. Peterskirche empfohlen, mußte er einen Plan, einen Kostenüberschlag und ein Modell liefern, welches angenommen wurde. Indessen ward unter Raffaels Leitung nur der Unterbau begonnen. Dagegen soll er den von Bramante begonnenen Hof von San Damaso im Vatikan vollendet haben. Außerdem fertigte er auch mehrere Pläne zu Privatgebäuden in Rom, von denen sich jedoch keins ganz oder unverändert erhalten hat. Auch in Florenz sollen einige Gebäude nach seinem Plan aufgeführt sein; doch ist man über den Umfang der architektonischen Thätigkeit Raffaels noch nicht ins klare gelangt. Sie wird sich wahrscheinlich nur auf Entwürfe beschränkt haben, die von andern selbständig ausgeführt worden sind. Der ihm zugeschriebene Palast Uguccioni in Florenz rührt jedenfalls nicht von ihm her. Auch der Palast Pandolfini ist nur verkümmert zur Ausführung gelangt. Vgl. Pontani, Opere architettoniche di Raffaello (Rom 1845); Geymüller, Raffaello architetto (Mail. 1863). Auch in der plastischen Kunst hat sich Raffael versucht, indem er einige Thonmodelle anfertigte. Sicher bezeugt ist ein toter Knabe auf einem Delphin, dessen Marmorausführung sich in der Eremitage zu St. Petersburg befindet. Das Verzeichnis der einzelnen Gemälde und Zeichnungen Raffaels umfaßt 1225 Nummern, die fast über die ganze zivilisierte Erde zerstreut sind. Die Malereien der vatikanischen Stanzen sind durch das Kupferwerk F. Aquilas bekannt: »Picturae Raphaelis Sancti Urbinatis« (1722, 22 Bl.); eine neuere Folge bilden die Stiche von I. Volpato und Morghen (8 Bl.). Von den Malereien der Loggien des Vatikans erschienen viele Bildwerke, so: »Les loges du Vatican« (52 Bl., gestochen von J. ^[Johannes/Giovanni] Volpato und J. ^[Johannes/Giovanni] Ottaviani; Rom 1782, 43. Bl.; neue Lichtdruckreproduktion, hrsg. von Rosenberg, Berl. 1883); »Raffaels Bilder zur biblischen Geschichte des Alten Testaments« (Prag 1841 ff.). Die Kartons zu den Tapeten erschienen gestochen und zu Folgen vereinigt als »Pinacotheca Hamptoniana« von N. Dorigny (Lond. 1719, 8 Bl.; neue Lichtdruckreproduktion, Wien 1878) u. a. Die Malereien in der Farnesina erschienen gestochen unter dem Titel: »Psyches et Amoris nuptiae ac fabulae« von N. Dorigny (Rom 1693, 12. Bl.), als »Raffaels Darstellungen aus der Fabel von Amor und Psyche« von Franz Schubert (Münch. u. Leipz. 1842 ff.) und von T. de Marc in Bigot, Raffael et la Farnésine (Par. 1884). Raffaels Zeichnungen wurden im Stich herausgegeben von L. Celotti (Vened. 1829) u. a., in Photographien von A. Braun u. Komp. Was Raffaels große Eigenschaften im einzelnen betrifft, so müssen wir ebensosehr den Reichtum seiner Phantasie und seine große Produktionskraft wie seine klare Besonnenheit bewundern. Bei der größten Mannigfaltigkeit behält er seinen Gegenstand doch streng im Auge und vermeidet alles Fremdartige. Wie in einem Spiegel, reflektiert sich in ihm die ganze Welt mit ihren verschiedenartigsten Formen. Selbst seine Madonnen sind unter sich höchst verschieden, je nach der Idee, welche ihn dabei erfüllte.

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Die frische Lebensfülle, die alles durchdringenden Grundideen in seinen Darstellungen sind es, welche ihnen die Macht der Wirkung verleihen, die den Beschauer volle Befriedigung finden läßt. Dazu kommt die ungezwungene Symmetrie seiner Komposition und die auf große Wirkung zielende Verteilung der Licht- und Schattenmassen. Auch verstand Raffael, wie kein andrer, sowohl dem Ganzen als den einzelnen Gruppen seiner Werke eine geschlossene und gerundete Komposition zu geben, welche harmonisch auf den Sinn wirkt und der Seele ein bezauberndes Bild einprägt. Er ist derjenige Künstler, welcher am tiefsten und reichsten die Charaktere dargestellt und dem Ausdruck seiner Köpfe, den Bewegungen seiner Gestalten das wärmste und wahrste Leben verliehen hat. Ebensosehr ist das feine Gefühl des Lebens in Zeichnung und Darstellung des Nackten zu rühmen. In seinen Bildnissen tritt auf überraschende Weise nicht nur die Ähnlichkeit der äußern Gestalt, sondern auch der ganze innere Mensch hervor. Unerreicht geblieben ist er in der Darstellung der Gewandung, wo er ebenfalls die unerschöpfliche Fülle seiner Phantasie bewährt. In der Färbung hat der Künstler durchgehends einen leuchtenden Ton, so daß bei der größten Tiefe seiner Farben die Schatten stets durchsichtig und glanzvoll sind. Raffael bildete eine große Schar von Schülern, von denen sich jedoch die meisten nicht über flache Nachahmung erhoben und bald in eine durch Michelangelo wesentlich beeinflußte Manier verfielen. Eine wahrhaft schöpferische Kraft treffen wir nur bei Giulio Romano, eigentümliche Talente nur bei wenigen andern Schülern, namentlich denjenigen, welche mit Raffael erst in Verbindung traten, als sie schon ihre erste künstlerische Bildung erworben hatten, wie Garofalo und Gaudenzio Ferrari. An Giulio Romano schließt sich Francesco Penni, genannt il Fattore. Ein durch Talent und Produktionsgabe ausgezeichneter Schüler Raffaels ist Perino del Vaga. Während indessen des Meisters Kunstweise durch seine Schüler wie durch seine Werke und die Kupferstiche nach denselben nach allen Gegenden Italiens hin und selbst im Ausland Eingang fand, erlosch in Rom seine Schule bald nach seinem Tode, da nach dem Hinscheiden Leos X. 1521 die Künstler ohne alle Beschäftigung für die Regierung blieben und die 1527 erfolgte Plünderung Roms vollends die noch zurückgebliebenen Schüler Raffaels zerstreute. Doch haben seine Werke bis auf die Gegenwart einen nachhaltigen Einfluß geübt, der so lange fortdauern muß, wie der Idealismus in der Kunst Anhänger findet. Raffaels Leben beschrieb Vasari, Vite de' più eccellenti architetti, pittori e scultori (Flor. 1568; mit Übersetzung und Kommentar hrsg. von H. Grimm, »Das Leben «, Berl. 1886). Die neuern Biographien Raffaels sind: Quatremère de Quincy, Histoire de la vie et des ouvrages de Rafaël (2. Aufl., Par. 1833, Nachtrag 1852; ital. von Franc. Longhena, Mail. 1829, mit 23 Kupfern u. einem Faksimile; deutsch, Quedlinb. 1836); Passavant, Rafael von Urbino und sein Vater (Leipz. 1839-58, 3 Bde.; in verbesserter franz. Ausg., Par. 1860); E. Förster, (Leipz. 1867-68, 2 Bde.); Campori, Notizie e documenti per la vita di Giovanni Santi e di Raffaello Santi (Modena 1870); A. Springer, Raffael und Michelangelo (2. Aufl., Leipz. 1883); Lübke, Rafaels Leben u. Werke (Dresd. 1881, mit 3 Bdn. Lichtdrucknachbildungen); Gruyer, Raphaël et l'antiquité (Par. 1864); Derselbe, Les vierges de Raffael (das. 1869, 3 Bde.); Derselbe, Raffael peintre de portraits (das. 1881); Müntz, Raphaël, sa vie, sonuvre et son temps (das. 1881); Crowe und Cavalcaselle, Raphael, his life and works (Lond. 1882; deutsch, Leipz. 1883); Minghetti, Raffaello (deutsch, Bresl. 1887). Ein Verzeichnis der Werke Raffaels gibt der Katalog Rulands: »The works of Raphael« (Lond. 1876). Ende Raffael Quelle: Meyers Konversations-Lexikon, 1888; Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892;13. Band, Seite 551 im Internet seit 2005; Text geprüft am 16.12.2007; publiziert von Peter Hug; Abruf am 29.9.2021 mit URL: Weiter: https://peter-hug.ch/13_0552?Typ=PDF Ende eLexikon.

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