KTI Forschungsprojekt Naturgefahren im Siedlungsraum

Analyse „Raumentwicklung und Naturgefahren“ Untersuchungen zum Umgang mit Naturgefahren am Fallbeispiel Linthperimeter und allgemeines Quellenverzeichnis

KTI Forschungsprojekt Naturgefahren im Siedlungsraum Planungshilfen zur Umsetzung von Gefahrenkarten ZHAW, Dept. Architektur Gestaltung und Bauingenieurwesen, Zentrum Urban Landscape Universität Zürich, Geographisches Institut

Schlussbericht Praxishilfe „Gouvernanz“ Planungshilfe „Massnahmenkonzept und Nachhaltigkeitsbeurteilung“ Planungshilfe „Planerischer Umgang mit Naturgefahren“ Analyse „Raumentwicklung und Naturgefahren“

1 IMPRESSUM

Projektpartner:

Bundesamt für Umwelt, Abteilung Gefahrenprävention, Herr Roberto Loat Bundesamt für Raumentwicklung, Frau Claudia Guggisberg Amt für Wald und Naturgefahren Kanton Schwyz, Herr Daniel Bollinger Naturgefahrenkommission Kanton St. Gallen, Herr Hubert Meusburger Amt für Raumentwicklung und Geoinformationen Kanton St. Gallen, Herr Bruno Thürlemann Gemeinde Altendorf (SZ), Herr Albert Steinegger Gemeinde (SZ), Herr Joe Oetiker Gemeinde (SG), Herr Felix Brunschwiler Gemeinde Weesen (SG), Herr Mario Fedi Gebäudeversicherungsanstalt Kanton St. Gallen, Herr Ruedi Loesch Schweizerischer Versicherungsverband, Elementarschäden Pool, Herr Martin Wüthrich

Mitfinanziert durch die: KTI Kommission für Technologie und Innovation, Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement EVD

Forschungspartner:

Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft ZHAW Departement Architektur, Gestaltung und Bauingenieurwesen Zentrum Urban Landscape ZUL

Max Bosshard, Architekt Anke Domschky, Landschaftsarchitektin Peter Jenni, Architekt (Projektleiter) Andreas Jud, Architekt Urs Primas, Architekt

Weitere Experten und Mitarbeiter: Alex Borer, Biologe Patrik Thalparpan, Bauingenieur Michael Mader, Praktikant Ivo Hasler, Praktikant

Universität Zürich Geographisches Institut GIUZ

Urs Geiser, Geograph Claude Schwank, Geograph

30. September 2009, Winterthur + Zürich

Zitiervorschlag Jenni, P., Domschky, A., Jud, A., Primas, U., Bosshard, M. (2009): Analyse „Raumentwicklung und Naturgefahren“. Untersuchungen zum Umgang mit Naturgefahren am Fallbeispiel Linthperimeter und allgemeines Quellenverzeichnis. KTI Forschungsprojekt Naturgefahren im Siedlungsraum. Zentrum Urban Landscape, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Winterthur.

Titelbild: Ausschnitt aus Plan über Linthebene von H. K.: Escher, Quelle: Speich S. (2002:27)

© Alle Rechte bleiben bei den Autoren. Zitate müssen als solche gekennzeichnet werden.

2 KTI Forschungsprojekt Naturgefahren im Siedlungsraum Planungshilfen zur Umsetzung von Gefahrenkarten

Analyse „Raumentwicklung und Naturgefahren“

INHALT

1. Einleitung 1 1.1 Problemstellung 1 1.2 Forschungsgegenstand „Linthperimeter“ 3 1.3 Ziel und Methoden 4

2. Porträtanalyse 5 2.1 Einleitung 5 2.2 Porträt Linthgebiet 6 Kenndaten 6 Sozio-ökonomischer Status 7 Geschichtliche Entwicklung 9 Territorium 18 Wichtigste Erkenntnisse 26 Weiterführende Fragen 26

2.3 Porträts Partnergemeinden 27 Altendorf, Kanton Schwyz 27 Reichenburg, Kanton Schwyz 32 Schmerikon, Kanton St. Gallen 37 Weesen, Kanton St. Gallen 42

3. gEFAHRENANALyse 47 3.1 Einleitung 47 3.2 Gefahrenanalyse Linthperimeter 48 Erläuterung Synoptische Gefahrenkarte 50 Überlagerung Gefahrenkarte und Richtplan March 52 Wichtigste Erkenntnisse 53 Weiterführende Fragen 53

3.3 Gefahrenanalyse Partnergemeinden 55 Altendorf, Kanton Schwyz 55 Reichenburg, Kanton Schwyz 61 Schmerikon, Kanton St. Gallen 67 Weesen, Kanton St. Gallen 73

Allgemeines Quellenverzeichnis 78

3 Abbildungen

Abb. 1: Lage innerhalb der Schweiz 1 Abb. 2: Lage im regionalen Kontext 3 Abb. 3: Gemeindegrenzen und Partnergemeinden 5 Abb. 4: Flächenaufteilung pro Gemeinde (Stand 1992 / 1997) 6 Abb. 5: Bevölkerungsentwicklung 7 Abb. 7: Altersverteilung (Stand 2000) 7 Abb. 6: Ausländeranteil (Stand 2002) 7 Abb. 8: Beschäftigte (Stand 2000/2001) 8 Abb. 9: Wohneigentumsquote (Stand 2000) 8 Abb. 10: Wegpendler (Stand 2000) 8 Abb. 11: Zeitachse 9 Abb. 12: Entwicklung Wasserverläufe 10 Abb. 13: Bilder Entwicklung Landschaft Linthperimeter 11 Abb. 14: Bilder Siedlungsentwicklung 12 Abb. 15: Karte Siedlungsentwicklung 13 Abb. 16: Situation um 1800 14 Abb. 17: Situation um 1900 15 Abb. 18: Situation um 1940 16 Abb. 19: Situation heute 17 Abb. 20: Fotos Räumliche Ausprägung / Territorium 18 Abb. 21: Topografie 19 Abb. 22: Infrastruktur - Vernetzung 20 Abb. 23: Infrastruktur - Energie und Militär 21 Abb. 24: Geologie und Boden 22 Abb. 25: Gewässer und Entwässerung 23 Abb. 26: Landschaft und Grünstrukturen 24 Abb. 27: Freizeit und Tourismus 25 Abb. 28: Blick auf die Gemeinde Altendorf. 27 Abb. 29: Fotos Siedlungsentwicklung Altendorf 29 Abb. 30: Blick auf Reichenburg Richtung Osten 32 Abb. 31: Fotos Siedlungsentwicklung Reichenburg 34 Abb. 32: Blick auf Schmerikon 37 Abb. 33: Fotos Siedlungsentwicklung Schmerikon 39 Abb. 34: Blick auf Weesen Richtung Osten 42 Abb. 35: Fotos Siedlungsentwicklung Weesen 44 Abb. 36: Fotos Gefahren und Ereignisse Linthperimeter 49 Abb. 37: Synoptische Gefahrenkarte 51 Abb. 38: Überlagerung Synoptische Gefahrenkarte March mit Richtplan March 52 Abb. 39: Fotos Gefahren und Ereignisse Altendorf 55 Abb. 40: Überlagerung Siedlungsentwicklung und Gefahrenkarte Altendorf 56 Abb. 41: Überlagerung Zonenplan und Gefahrenkarte Altendorf 58 Abb. 41: Fotos Gefahren und Ereignisse Reichenburg 61 Abb. 42: Überlagerung Siedlungsentwicklung und Gefahrenkarte Reichenburg 62 Abb. 43: Überlagerung Zonenplan und Gefahrenkarte Reichenburg 64 Abb. 44: Fotos Gefahren und Ereignisse Schmerikon 67 Abb. 45: Überlagerung Siedlungsentwicklung und Gefahrenkarte Schmerikon 68 Abb. 46: Überlagerung Zonenplan und Gefahrenkarte Schmerikon 70 Abb. 47: Fotos Gefahren und Ereignisse Weesen 73 Abb. 48: Überlagerung Siedlungsentwicklung und Gefahrenkarte Schmerikon 74 Abb. 49: Überlagerung Zonenplan und Gefahrenkarte Weesen 76

4 1. EINLEITUNG, ZIELE UND METHODEN

1.1 Problemstellung Naturereignisse an sich sind nichts Ungewöhnliches und bringen auch nicht per se Gefahren mit sich. Erst das Zusammenspiel von Mensch und Natur, insbesondere das Siedeln des Menschen in Gefahrengebieten, macht aus Naturereignissen wie Hochwasser, Felsstürzen, Steinschlag, Muren und Rutschungen potenzielle Gefahren. Lange Zeit bestimmte das Bedürfnis nach Schutz vor Naturereignissen die Auswahl einer sicheren Lage und die Gestalt von Siedlungen und Gebäuden. Seit der Industrialisierung befreit sich die Logik der Besiedlung in der Schweiz allerdings von dieser engen Bindung an topografische Bedingungen: Flüsse werden kanalisiert, Bäche eingedolt, Hänge befestigt und entwaldet. Die Bedrohung durch Naturereignisse stellt nicht länger einen Hinderungsgrund für die Besiedlung dar, sondern wird als lösbare, ingenieurtechnische Herausforderung aufgefasst. Die extremen Wetterverhältnisse der letzten Jahre machen jedoch deutlich, dass technische Schutzmassnahmen keine maximale Sicherheit garantieren können. Die Überschwemmungen der jüngsten Vergangenheit haben deutlich gemacht, in welchem Ausmass Naturereignisse Menschen und Siedlungsräume bedrohen. Trotz Verbauungen beträgt die durchschnittliche Schadenssumme für Hochwasser, Murgänge und Erdrutsche mittlerweile rund 400 Millionen SFr. pro Jahr, Tendenz steigend.1 Diese Zunahme lässt sich nur im Zusammenhang mit menschlichen Eingriffen erklären. Zum einen erhöht die im Laufe des letzten Jahrhunderts zunehmend

1 Bundesamt für Statistik, BAFU (2009: 30)

Basel Winterthur

Zürich St. Gallen

Luzern Bern

Lausanne

Genéve

Lugano

Abb. 1: Lage innerhalb der Schweiz

Lage Linthperimeter

Städte ab 50‘000 Einwohner Plangrundlage: Bundesamt für Landestopografie 2006: Swisstopo - Swiss Map 50 2.0

1 auch in gefährdeten Gebieten stattfindende, raumgreifende Besiedlung2 die Verletzlichkeit und damit das Risiko aufgrund von Naturgefahren. Zum anderen wird erwartet, dass anthropogene Einflüsse auf natürliche Systeme - insbesondere die durch Treibhausgase verursachte globale Erwärmung - in den nächsten Jahrzehnten bedeutende klimatische Veränderungen, etwa die Zunahme von extremen Wetterbedingungen wie Hitze und starken Regenfällen, nach sich ziehen werden.3 In der Schweiz folgt der Schutz vor Naturgefahren heute den Grundsätzen des Integralen Risikomanagements, welches die Vorbeugung gegen ein Ereignis (Prävention und Vorsorge), die Bewältigung der Probleme während eines Ereignisses (Intervention und provisorische Instandstellung) und die Regeneration nach einem Ereignis (definitive Instandstellung und Wiederaufbau) im sogenannten „Risikokreislauf“ koordiniert.4 Grundlage des Integralen Risikomanagements sind Gefahrenkarten, welche ursprünglich für die Lawinenprävention entwickelt wurden. Sie dienen der Analyse und Beurteilung der Risiken. Gefördert durch ein Anreizsystem des Bundes soll die Gefahrenkartierung für alle gravitativen Naturgefahren5 innerhalb der Schweiz bis 2011 abgeschlossen sein.6 Sind die Naturgefahren analysiert und kartiert, so stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage, welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden müssen. Gemäss BAFU dienen die Gefahrenkarten der Erarbeitung raumplanerischer, baulich-technischer und organisatorischer Massnahmen sowie der Notfallplanung und der Sensibilisierung der Bevölkerung.7 Anfangs 2009 waren zwar bereits rund 60% der Gefahrenkarten erstellt8, davon sind bisher jedoch lediglich etwa ein Drittel raumplanerisch umgesetzt worden. Zuständig für die Massnahmenplanungen und deren Umsetzung sind in erster Linie die Gemeinden. Diese sind im föderalistischen Politsystem der Schweiz bereits mit zahlreichen Planungsaufgaben gefordert. Zudem fehlt den massgeblichen Akteuren - Gemeinden, Planern und Grundeigentümern – heute vielfach noch die notwendige Vertrautheit mit der Problematik.

1.4 Forschungsgegenstand Das Forschungsprojekt befasst sich mit den gravitativen Naturgefahren Hochwasser, Murgänge und Erdrutsche. Diese haben in den letzten Jahren im Voralpenraum zu den höchsten Schadenssummen geführt.9 Sie sind typisch für die stark verdichteten Siedlungsgebiete in den Voralpen und im Mittelland. Die Gefahrengebiete lassen sich bei Hochwasser, Murgängen und Erdrutschen örtlich meist klar lokalisieren und sind somit in der Raumplanung gut zu berücksichtigen. Die entwickelten Strategien und Planungshilfen lassen sich teilweise auch für andere gravitative Naturgefahren wie Schneelawinen oder Felsstürze (welche meist keine grossflächigen Siedlungen bedrohen) sinngemäss adaptieren. Exemplarisch wird das Zusammenspiel von Naturgefahren und Siedlungsentwicklung am übergeordneten Betrachtungsperimeter der Linthebene analysiert, nachfolgend Linthperimeter genannt. Der geographisch zusammenhängende Perimeter ist politisch in die drei Kantone Schwyz, St. Gallen und unterteilt.

2 Z.B. durch den hohen Anteil versiegelter Bodenflächen; gemäss Angaben Bundesamt für Statistik nimmt die Siedlungsfläche in der Schweiz pro Sekunde 0,9 m² zu (Statistik Schweiz: http://www.bfs.admin.ch: 08.06.2009) 3 Die Studie Klimaänderung 2050 sagt für die nächsten Jahrzehnte eine Zunahme von extremen Wetterbedingungen wie Hitze und starken Regenfälle voraus. Hohmann, R. et al. (2007: 12ff). 4 BAFU (http://www.bafu.admin.ch/naturgefahren/01922/index.html?lang=de: 08.06.2009) 5 Zu den gravitativen Naturgefahren zählen: Hochwasser, Lawinen, Murgänge, Rutschungen und Steinschlag 6 Förderung Erstellung Gefahrenkarten, Bundesgesetz über den Wasserbau (WBG), Bundesgesetz über den Wald (WaG) 7 BAFU (http://www.bafu.admin.ch/naturgefahren/01922/01926/index.html?lang=de: 08.06.2009) 8 Stand der Gefahrenkartierung: ShowMe, BAFU (http://www.bafu.admin.ch/naturgefahren/01922/01926/01930/index.html?lang=de: 08.08.2009) 9 Beispielhaft dafür gilt das Hochwasser 2005 mit einer Schadenssumme von 3 Mrd Sfr. Bezzola, (2007: Teil1: 211)

2 Insgesamt umfasst der Linthperimeter 18 Gemeinden: Kanton Schwyz - Altendorf, Reichenburg, Lachen, , Wangen, , Schübelbach / Kanton St.Gallen - Schmerikon, Weesen, , Benken, Schänis / Kanton Glarus - , , Näfels, . Die vier Partnergemeinden Schmerikon, Weesen, Altendorf und Reichenburg werden vertieft untersucht. Der Linthperimeter bildet aus mehreren Gründen ein ideales Untersuchungsgebiet: Die Lage der Siedlungsgebiete zwischen Hang und Fluss bzw. See ist typisch für viele Regionen des Schweizer Voralpengebiets, welche in jüngster Vergangenheit besonders grosse Schäden durch Hochwasser, Murgänge und Erdrutsche verzeichneten. Die Nähe zur Agglomeration Zürich, die gute Erschliessung mit Autobahn und Bahn, die nahen Freizeitnaturräume und steuerliche Vorteile führen zu einem anhaltenden Siedlungsdruck, wodurch die Verletzlichkeit der Siedlungsflächen aufgrund von Naturgefahren massiv zugenommen hat. Schlussendlich zeigt die geschichtliche Entwicklung des Linthperimeters beispielhaft auf, wie Landschaft aus einem Wechselspiel von sich gegenseitig bedingenden hydrologischen und biologischen Prozessen sowie menschlichen Eingriffen und politischen Entscheidungen geformt wurde und wird. Die Erkenntnisse und Resultate aus den Untersuchungen des Linthperimeters lassen sich somit gut auf andere Gebiete der Schweizer Voralpenregionen übertragen.

Autobahn

Abb. 2: Lage im regionalen Kontext Bearbeitungsperimeter Kantonsgrenze Hauptstrasse Bahnlinie Autobahn Plangrundlage: Bundesamt für Landestopografie 2006: Swisstopo - Swiss Map 50v3; Streckennetz SBB

3 1.3 Ziel und Methode Die Analyse „Raumentwicklung und Naturgefahren“ stellt neben der Analyse der relevanten Planungsinstru- mente Gouvernanzprozesse und Evaluationsmethoden, eine wichtige Grundlage dar, um raumplanerische Stra- tegien10 für die Umsetzung von Gefahrenkarten zu entwickeln. Zu diesem Zweck untersucht das Forschungs- projekt insbesondere den ortsspezifischen Umgang mit Naturgefahren innerhalb der Raum-, Siedlungs- und Freiraumentwicklung am Fallbeispiel des Linthperimeters. Die Untersuchung von Charakter, Entwicklung, typischen Naturgefahren und Dynamik des Bearbeitungsge- bietes führt am Ende der Analyse zu zur Formulierung einer Reihe von Thesen.11 Diese stellen die Basis für die Ausarbeitung lokal angepasster Testprojekte dar, welche wiederum in einem induktiven Arbeitsprozess zu Strategien verallgemeinert werden. Die Recherche und Sichtung sowie das Zusammentragen von Plänen und Literatur haben erste Erkenntnisse über das Untersuchungsgebiet geliefert. Durch zusätzliche Befragungen - teils in Form von Fragenkatalogen - wurden diese Erkenntnisse vertieft und verifiziert. Die Angaben der verwendeten Quellen finden sich in ge- sammelter Form am Ende des Dokumentes. Um die Beziehung zwischen Naturgefahren und Raumentwicklung sichtbar zu machen, war es zentrales Anliegen die erhobenen Daten grafisch aufzuarbeiten, das heisst die Analyseergebnisse in Plänen darzustellen. Dies ist in Zusammenarbeit mit den Studenten des Masterstudios Urban Project im Frühlingssemester 2008 geschehen. Zu Beginn des Studios wurde das Bearbeitungsgebiet Linthperimeter unter dem Thema ‚Raum für die Natur‘ eingehend analysiert. Die Ergebnisse wurden in einem ‚Analyseatlas‘ durch Pläne, Karten und Abbildungen grafisch illustriert. Der Analyseatlas charakterisiert ins- besondere die vier Partnergemeinden sowie den Betrachtungsperimeter Linthebene. Die vorliegenden Karten und Abbildungen stammen teilweise aus dieser Zusammenarbeit von Lehre und Forschung, wurden vom For- schungsteam jedoch überarbeitet. Die Untersuchungen zu Linthperimeter und Partnergemeinden konzentrieren sich auf zwei Bereiche: Porträtanalyse • Kenndaten: Angaben zu Lage und Flächen • Geschichtliche Entwicklung • Sozio-ökonomische Entwicklung: Analyse der historischen Entwicklung und Prognosen in Bezug auf Ein- wohner, Arbeit und Wohnen • Territorium: Untersuchung der landschaftsräumlichen Besonderheiten (schützenswerte, gefährdete Land- schaften) sowie siedlungsbezogener Charakteristika (Gebäude- und Infrastruktur) Gefahrenanalyse • Allgemein und Risikokultur: Erläuterung Hauptrisiken und Naturgefahrenbewusstsein • Naturgefahren + Siedlungsentwicklung: Darstellung der Siedlungsentwicklung in Bezug auf die Gefahren- karte in vier Zeitabschnitten pro Partnergemeinde • Naturgefahren + Richtplan und Zonenplan: Überlagerung Gefahrenkarte mit dem Richtplan March sowie Überlagerung von Gefahrenkarte und Zonenplan pro Partnergemeinde

Am Schluss dieser Broschüre findet sich zusätzlich ein allgemeines Quellenverzeichnis. Es ist eine Zusammen- stellung aller zusammengetragenen Primär- und Sekundärliteratur, Karten und Pläne sowie Online-Recherche- Quellen, die im Laufe der Forschungsarbeit relevant waren.

10 Startegien sind ein Bündel von Massnahmen zur Umsetzung der Gefahrenkarten, vgl. Planungshilfe „Planerischer Umgang mit Naturgefahren“ 11 vgl. Schlussbericht Kapitel 2.5 Thesen

4 2. PORTRÄTS

2.1 Einleitung Den Porträts des Linthperimeters und den vier Partnergemeinden liegen spezifische Zielfragen zu Kenndaten, Siedlungsentwicklung, räumlicher Ausprägung (Territorium) und zum sozioökonomischen Status zu Grunde: • Welche Besonderheiten, Eigenarten und Merkmale charakterisieren die Lage der Gemeinde? • Welche speziellen siedlungsgeschichtlichen Entwicklungen sind zu vermerken? • Welche Potenziale und Konflikte lassen sich erkennen? • Lassen sich aus der Auswertung der ersten Fragen Thesen zur zukünftigen Entwicklung der Gemeinden und des Linthperimeters ableiten (Bevölkerung / Wirtschaft / etc.)?

Schmerikon Uznach

Kaltbrunn

Tuggen Wangen Lachen

Benken

Kanton St.Gallen

Altendorf Schänis

Galgenen Schübelbach

Reichenburg Kanton Schwyz

Bilten Weesen

Niederurnen Kanton Glarus

Oberurnen

Näfels Mollis

2km 1km Abb. 3: Gemeindegrenzen und Partnergemeinden

Partnergemeinden Kantonsgrenzen Gemeindegrenzen innerhalb des Bearbeitungsperimeters Plangrundlage: Landeskarte 1:25‘000

5 2.2 Porträt Linthperimeter

Kenndaten Lage Die Linthebene ist eine geographische Region innerhalb der Ostschweiz, die sich durch gut sichtbare Land- schaftskammern auszeichnet. Zwischen dem Zürichsee und dem Walensee wird sie nach dem Fluss be- nannt. Politisch gehört die Region zu den Kantonen Schwyz, St.Gallen und Glarus. Das Gebiet grenzt östlich an die Agglomeration Zürich und ist gut durch Autobahn und ÖV erschlossen. Die Lage des definierten Linthperimeters zwischen Hang und Fluss bzw. See ist typisch für viele Regionen der Schweizer Voralpen, welche in jüngster Zeit besonders grosse Schäden durch Hochwasser, Murgänge und Erdrutsche verzeichnet haben.

Einwohnerzahl (2006) 68’803 (Die Einwohnerzahlen für den gesamten Linthperimeter wurden von 2006 erhoben, da zum Zeitpunkt der Erarbeitung, Anfang 2008 nicht von allen Gemeinden die Daten von 2007 vorlagen) Gemeindefläche ca. 295 km2 Flächenaufteilung Siedlung 14%, Landwirtschaft 48%, Wald 33%, Unproduktiv 5% Im Landesvergleich ist im Linthperimeter eine überdurchschnittlich hoher Anteil an Landwirtschaftsfläche zu verzeichnen (Durchschnitt Schweiz 37%) EW/km2 auf Siedlungs- und Landwirtschaftsfläche (181.226 km2): 380 EW/km2 auf Siedlungsfläche (40.922 km2): 1681 EW/km2

Abb. 4: Flächenaufteilung pro Gemeinde (Stand 1992 / 1997)

Siedlungsfläche Landwirtschaftsfläche Wald und Gehölze Unproduktive Fläche

Quelle: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/regionen/regionalportraets/gemeindesuche.html

6 Sozioökonomischer Status Bevölkerungsentwicklung Im Bereich Kanton Schwyz sind mehr als doppelt (2,3 x) soviel Einwohner wie im Bereich Kanton Glarus registriert. Hinzu kommt, dass die Bevölkerung in Glarus fast stagniert, während sie in Schwyz innerhalb der letzten 10 Jahren um 14% zugenommen hat. Weiterhin verzeichnet der Kantonsteil Schwyz die gröss- te Bevölkerungsdichte und weist am meisten Wegpendler auf. Das bedeutet, dass das Gebiet March stark von der Dynamik des Agglomerationsraums Zürich beeinflusst wird. Im Gemeindevergleich hat die Gemeinde Schübelbach die Gemeinde Lachen in den letzten Jahren überholt und ist nun die Gemeinde mit den meisten Einwohnern innerhalb des Linthperimeters. Betrachtet man die Altersverteilung, so kann man feststellen, dass es im Gemeindevergleich in den zentral in der Linthebene gelegenen Gemeinden (Tuggen, Schübelbach, Benken, Kaltbrunn, Schänis) sehr viele junge Menschen hat; Weesen, Näfels und Niederurnen weisen dagegen einen hohen Anteil an älteren Einwohnern auf. Der Ausländeranteil liegt in Glarus mit knapp 24% über dem Durchschnitt des Linthperimeters (knapp 20%).

Uznach Uznach Uznach Schmerikon Schmerikon Schmerikon Uznach Uznach Schmerikon Schmerikon Kaltbrunn Kaltbrunn Kaltbrunn EW/km2 I 4.2 4. KENNZAHLEN Kaltbrunn Kaltbrunn

Wangen Tuggen Wangen WangenTuggen Tuggen Lachen Wangen Wangen Tuggen Tuggen Lachen Lachen Benken Benken Benken Lachen Lachen Benken Benken

Altendorf Altendorf Altendorf Schänis Schänis Schänis Altendorf Altendorf Schänis Schänis Schübelbach Schübelbach Schübelbach Galgenen Reichenburg Galgenen Galgenen Reichenburg Reichenburg Schübelbach Schübelbach Galgenen Galgenen Reichenburg Reichenburg

Bilten Bilten Bilten Bilten Bilten Weesen Weesen Weesen Weesen Weesen Uznach Niederurnen Niederurnen Niederurnen Schmerikon Niederurnen Niederurnen

Oberurnen Oberurnen Oberurnen Oberurnen Oberurnen Kaltbrunn Mollis Mollis Mollis Mollis Mollis

Näfels Näfels Näfels Näfels Näfels Wangen Tuggen Lachen Benken

Abb. 5: Bevölkerungsentwicklung Abb. 6: Ausländeranteil (Stand 2002) Altendorf Gesamt (Stand 2006) in den letzten 10 Jahren (von 1995 bis 2005) Schänis

Quelle: je-d-01.02.01.01.05.xls, auf: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/infothek/lexikon/bienvenue___login/blank/zugang_lexikon.topic.1.htmlSchübelbach Galgenen Reichenburg

Bilten

Weesen

Uznach Uznach Uznach Schmerikon Schmerikon Schmerikon

Einwohner / km2 (Siedlungsfläche + Landwirtschaftsfläche) Kaltbrunn Kaltbrunn Kaltbrunn Niederurnen Tuggen Tuggen Wangen Tuggen Wangen Wangen Altendorf 433 / km2Lachen = 13 % Lachen Lachen Reichenburg 380 / km2 = 11 % Benken Benken Benken Lachen 3'288 / km2 = 100 % Altendorf Altendorf Altendorf Galgenen 523 / km2 = 16 % Schänis Schänis Oberurnen Schänis Schübelbach Schübelbach Reichenburg Schübelbach Reichenburg Wangen 621 / km2 =Galgenen 19 % Reichenburg Galgenen Galgenen Tuggen 261 / km2 = 8 % Bilten Bilten Bilten Schübelbach 483 / km2 = 15 % Weesen Weesen Mollis Weesen

Niederurnen Niederurnen Niederurnen

Schmerikon 1'265 / km2 = 38 % Oberurnen Oberurnen Oberurnen Weesen 607 / km2 = 18 % Näfels Mollis Mollis Uznach 1'040 / km2 = 32 % Mollis

Kaltbrunn 320 / km2 = 10 % Näfels Näfels Näfels Benken 178 / km2 = 5% Schänis 161 / km2 = 5 %

Bilten 277 / km2 = 8 % Niederurnen 556 / km2 = 17 % Oberurnen 287 / km2 = 9 % Näfels Abb. 261 / km2 7: Altersverteilung = 8 % (Stand 2000) Mollis Alter 280 / 0-19km2 = 9 % Alter 20-64 Alter >64

Quelle: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/regionen/regionalportraets/gemeindesuche.html

Quelle: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/regionen/regionalportraets/gemeindesuche.html 0% 100% Stand: 1997 100% = Gemeinde mit höchsten Werten

KTI I Naturgefahren im Siedlungsraum 08/09 I ZHAW Architektur, Gestaltung & Bauingenieurwesen I Zentrum Urban Landscape Atlas Analysepläne I Seite 1

7 Arbeit Im Gesamtdurchschnitt des Linthperimeters ist die Hälfte der arbeitsfähigen Bevölkerung im 3. Sektor be- schäftigt. Danach folgt der 2. Sektor mit 40%, ca. 10% sind im Linthperimeter in der Landwirtschaft tätig. Damit weist der Linthperimeter mehr als doppelt so viele Beschäftigte im 1. und 2. Sektor auf, als der Schwei- zer Durchschnitt. Im Kantonsvergleich lässt sich erkennen, dass alle drei Kantone im Durchschnitt eine recht hohe Beschäf- tigtenquote (um 80%) und eine relativ niedrige Arbeitslosenquote (um 1,6-1,9% im Jahr 2002) aufweisen. Im Kantonsteil Schwyz sind die Beschäftigten vorwiegend in der Dienstleistung tätig, im Kantonsteil Glarus vorwiegend in der Industrie, der Bereich St. Gallen weist eine eher gemischte Verteilung auf.

Uznach Uznach Uznach Schmerikon Schmerikon Schmerikon

Kaltbrunn Kaltbrunn Kaltbrunn

Tuggen Tuggen Wangen Wangen Tuggen Wangen Lachen Lachen Lachen Benken Benken Benken

Altendorf Altendorf Altendorf Schänis Schänis Schänis

Schübelbach Schübelbach Reichenburg Schübelbach Reichenburg Galgenen Galgenen Reichenburg Galgenen

Bilten Bilten Bilten

Weesen Weesen Weesen

Niederurnen Niederurnen Niederurnen

Oberurnen Oberurnen Oberurnen

Mollis Mollis Mollis

Näfels Näfels Näfels

Abb. 8: Beschäftigte (Stand 2000/2001) Sektor 1 (Land- und Forstwirtschaft, Jagd und Sektor 2 (Industrie, Gewerbebetriebe und Handwerker) Sektor 3 (Dienstleistungen und Verwaltungen) Fischerei, Gewinnung von Bodenschätzen) Quelle: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/regionen/regionalportraets/gemeindesuche.html

4. KENNZAHLEN EW/km2 I 4.2 Wohnen Mobilität Der Kantonteil Schwyz hat den kleinsten Woh- Durchschnittlich pendeln knapp 60% der Erwerbstä- nungsleerbestand und die höchste Wohneigentum- tigen in andere Gemeinden. Davon benutzen knapp Uznach quote. Die teuersten Immobilien lassen sich in den 48% fürSchmerikon den Arbeitsweg das Auto, knapp 12% öffentl.

Gemeinden Altendorf und Lachen, die günstigsten Verkehrsmittel. Der KantonsteilKaltbrunn Schwyz weist mit 64% im Bereich Kanton Glarus finden. überdurchschnittlich viele Wegpendler auf und liegt Wangen Tuggen Lachen bei der Autobenützung für den Arbeitsweg mit 54% über dem Durchschnitt.Benken

Altendorf Uznach SchänisUznach Schmerikon Schmerikon

Kaltbrunn Kaltbrunn Schübelbach Reichenburg Wangen Tuggen Wangen Tuggen Galgenen Lachen Lachen Benken Benken

Altendorf Altendorf Schänis Schänis Bilten Schübelbach Schübelbach Galgenen Reichenburg Galgenen Reichenburg Weesen

Bilten Bilten Weesen Weesen Einwohner / km2 (Siedlungsfläche + Landwirtschaftsfläche) Niederurnen Niederurnen Niederurnen

Oberurnen Altendorf 433 / km2 = 13 % Oberurnen

Reichenburg 380 / km2 = 11 % Mollis Mollis Lachen 3'288 / km2 = 100 %

Näfels Galgenen 523 / km2 = 16 % Näfels Oberurnen Wangen 621 / km2 = 19 % Tuggen 261 / km2 = 8 % Schübelbach 483 / km2 = 15 % Mollis

Schmerikon Abb. 1'265 / km29: Wohneigentumsquote = 38 % (Stand 2000) Abb. 10: Wegpendler (Stand 2000) Weesen 607 / km2 = 18 % in andereNäfels Gemeinden in % der Erwerbstätigen Uznach Quelle: 1'040 / km2 http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/regio- = 32 % Kaltbrunn 320 / km2 = 10 % Quelle: je-d-01.02.01.01.05.xls, auf: http://www.bfs.admin. nen/regionalportraets/gemeindesuche.html Benken 178 / km2 = 5% ch/bfs/portal/de/index/infothek/lexikon/bienvenue___lo- Schänis 161 / km2 = 5 % gin/blank/zugang_lexikon.topic.1.html

Bilten 277 / km2 = 8 % Niederurnen Firmen 556 / km2 =und 17 % Betriebe Oberurnen 287 / km2 = 9 % Näfels 261 / km2 = 8 % Mollis Folgende 280 / km2 = 9 %Firmen und Betriebe spielen eine wichtige Rolle für den Linthperimeter > Baumaterial: Eternit, Swisspor, Tulux, CreaBeton; Baumaschinen: Feldmann; Transport: Wespe; Metallverarbeitung: , Lan- dolt; Mode: Vögele; Kosmetik: Estee Lauder; Möbel: Riposa; Confiseur: Läderach AG

Quelle: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/regionen/regionalportraets/gemeindesuche.html 0% 100% Stand: 1997 100% = Gemeinde mit höchsten Werten

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Geschichte Schweiz Geschichte Linthgebiet

1770 1773 erste Empfehlung Linthkorrektion vom Berner Ingenieur Andreas Lanz

1780 1784 Vorschläge Andreas Lanz zuhanden der Tagsatzung (div. Varianten, darunter die Idee, die Glaner Linth in den Walensee abzuleiten) 1792 Aufruf R. Meyer zur Rettung der Linthebene 1789 Französische Revolution 1790 1797 erste Empfehlung vom jungen Hans Konrad Escher 1797 Referat H.K.Eschers an der Tagsatzung (letzte Tagsatzung der alten Eidgenossenschaft) 1804 Beschluss der eidgenössischen Tagsatzung zur Sanierung Linthebene 1798 Beginn der Helvetischen Revolution (5. Februar) 1804 Grundlegender Tagsatzungsbeschluss über den Bau des Linthwerks (28.Juli 1804) 1799 2. Koalitionskrieg (Schlacht bei Zürich) 1800 1807-1823 Ausbau Linthkorrektion 1803 Übergabe der Mediationsaktedurch Napoleon Gründung des Kantons St. Gallen 1807 Baubeginn Molliserkanal (spätere Escherkanal) Tulla und Obrecht an der Linth 1807 Bergsturz bei Goldau 1808 Beschluss für möglichst geraden Knal zwischen Walen- und Zürichsee (Rev. Beschluss) 1810 1810 Baubeginn Weesener Kanal 1813 Völkerschlacht bei Leipzig (18. Oktober), Einmarsch fremder Truppen in die Schweiz bis 1811 alter Linthverlauf 1814 Wiener Kongress führt zur Aufhebung der Mediationsakte 1811 Eröffnung Molliserkanal 1815 Bundesurkunde der 22 Kantone 1812 Bauabschluss Weesener Kanal (Schaffung Linthwasserbau-Polizeikommision 1816 Hungersnot in der Schweiz 1820 1816 Eröffnung Benkener Kanal 1822 Baubeginn Verlängerung Molliserkanal 1823 Tod H:K: Eschers (9.März) , Übergabe Linthwerk an die Kantone

1830 Pariser Julirevolution, Liberale Umwälzung in verschiedenen Kantonen 1830

1840 1841 Baubeginn Verlängerung Escherkanal bis zum See, 1844 1. Freischarenzug Baubeginn Ausbau Linthkanal, Ausbau Linthausfluss bei Weesen 1847 Sonderbundskrieg 1848 Bundesstaatsgründung 1850

1859-1879 Bau der Eisenbahn 1860 1861 Gründung der Eidg. Linthkommission 1861 Brand von Glarus 1866 Baubeginn Strecke Grynau-Zürichsee 1867 Bundesgesetz betreff den Unterhalt des Linthwerks 1870

1874 Revision der Bundesverfassung

1880 1880 Baubeginn Sanierung Escherkanal (Mollis-Kupfernkrumm)

1890

1900

1910 1914 1918 1. Weltkrieg

1920

1930

1937 Im Zuge der Anbauschlacht während des 2.Weltkrieges Beginn der Linthmelioration und Einstellung des Linthverkehrs 1939 - 1945 2. Weltkrieg 1940 1939-1945 militärische Bedeutung nimmt zu, Einbau von Infanterie in die Linthdämme

1950 1941 - 1964 Gesamtmelioration der Linthebene

1957 Bau des Kraftwerks Linth-Limmern 1960

1965 Abschluss untere Melioration

1970

1970-1980 Ausbau der Autobahn

1980

1989 Ausarbeitung Landschaftsentwicklungkonzept Linthebene (EKL) 1990

1998 Beschluss zur Gesamtsanierung Linth mit Planung eines Hochwasserkonzeptes 2000 1999 massive Hochwasser

2005 massive Hochwasser

2010 Abb. 11: Zeitachse

9 Entwicklung Landschaft Nach der letzten Eiszeit waren der Zürichsee und der Walensee miteinander verbunden und die heutige Linth­ ebene mit Wasser bedeckt. Als Inseln existierten damals schon die heutigen Hügel Buchberg, Gasterholz und Benkner Büchel. Durch Geschiebeablagerungen der verschiedenen, seitlich in die Ebene fliessenden Gewässer, vor allem des Flusses Linth, verlandete die Linthebene zunehmend. Im Frühmittelalter waren Zürich- und Wa- lensee bereits getrennt. Der ragte jedoch noch weit in die Ebene hinein und bildete zwischen Tuggen und Benken den Tuggenersee, der um 1550 endgültig verlandete. Die Linth floss ursprünglich direkt von Mollis nach Ziegelbrücke, wo sie mit der Maag, dem Ausfluss des Walensees zusammentraf. Seit der Linthkorrektion (1807–1822) mündet die Linth über den Escherkanal in den Walensee, der seinerseits über den Linthkanal mit dem Zürichsee verbunden ist. Die Linth verzweigte sich ursprünglich in der Ebene nach Niederurnen und Mollis in zahlreiche Seitenarme und konnte daher die für die Industrie damals notwendige Wasserkraft nicht bieten. Aus diesem Grund beschränkte sich die frühe Industria­lisierung auf das Glarnerland. Die Linthebene blieb eher landwirtschaftlich geprägt. Das Gebiet des verlandeten Sees mit seinen minderwertigen Böden eignet sich jedoch nicht für eine intensive Bewirtschaf- tung. Selbst nach der Kanalisation wurde die Ebene nicht trockengelegt, sondern zur Gewinnung von Streu aus Schilf sogar künstlich bewässert. Der Bau der Linthdämme diente damals ausschliesslich dem Schutz vor unkontrollierten Überschwemmungen.

Jona Schmerikon Uznach

Rapperswil

Kaltbrunn

Steinenbrugg

Nuolen

Tuggen Benken Lachen

Pfäffikon Sand Maseltrangen Wangen

Altendorf Giessen

Galgenen Rufi Siebnen

Schübelbach Buttikon

Reichenburg

Schänis

Bilten Winklen

Fli

Wesen Ziegelbrücke

Niederurnen

Oberurnen

Näfels

2km 1km Abb. 12: Entwicklung Wasserverläufe

Siedlungen 1889 1450 nach Chr. (Tuggenersee) 0 vor Chr. Heutige Wassersituation 1000 nach Chr. 1000 vor Chr.

1796 500 nach Chr. See Eiszeit Plangrundlage: Masterstudio `08, Student I. Hassler, P. Knechtle

10 Die Trockenlegung der Linth im Rahmen der Linthmelioration ab 1937 sollte schliesslich der Gewinnung von fruchtbarem Ackerland dienen. Insbesondere während des Zweiten Weltkriegs genoss die Erschliessung von zusätzlichem Land für die Landwirtschaft im Rahmen der ‚Anbauschlacht‘ eine hohe Priorität, um die Ver- sorgung der Schweiz mit Nahrungsmitteln sicherzustellen. Die erhofften Wundererträge stellten sich jedoch nie ein, da die durch Drainage trocken gelegten Böden sich nicht für Ackerbau eignen. Bis heute wird das gewonnene Landwirtschaftsland deshalb nur zur Beweidung, zur Grasgewinnung oder für den Anbau von Fut- tergetreide genutzt.12

12 Umbricht (2003)

Blick auf die Linthebene von der Anhöhe Mülenen Richtung Tuggen, 1787 Quelle: Umbricht (2003:34) 3. Blick vom Bibelikopf in Richtung Weesen, um 1800 Quelle: Speich,D. (2005:16)

5. Blick vom unteren Buchberg aus über die Linthebene, 1918 3. Linthebene, 1958 Quelle: Speich,D. (2002:66) Quelle: Brandenberger,R. (1993:115)

Abb. 13: Bilder Entwicklung Landschaft Linthperimeter

11 Siedlungsentwicklung Die Siedlungsentwicklung steht in einem direkten Zusammenhang mit der Entwicklung und ‚Beherrschung‘ der Natur. Die nachfolgenden Abbildungen 15 bis 19 verdeutlichen diesen Prozess. Die Aussagen basieren grösstenteils auf Umbricht, M.J. (2003). Welche Landschaft wollen wir? Denkmodelle für die Landschaft der Zukunft und wurden bildhaft umgesetzt. Betrachtet man sich heute die Siedlungsstruktur, so lässt sich beobachten, dass sich die Siedlungen generell am Gefällsknick der Hangkanten befinden. Zudem fällt eine zunehmende Verschmelzung einzelner Gemeinde- gebiete (z.B. Altendorf-Lachen / Wangen-Siebnen-Schübelbach-Buttikon / Schmerikon-Uznach) auf. Diese er- strecken sich insbesondere entlang der historischen Hauptstrassen und der Bahnlinie. Die ehemals eher locker strukturierten Gemeindegebiete entlang der Hauptstrasse sind heute als fast geschlossene Siedlungsachsen wahrnehmbar. Zunehmend wachsen die Siedlungen auch in die Ebene hinein und es lassen sich Industrie- und Gewerbebauten auf der ‚freien Wiese’ ausmachen (z.B. Schmerikon). Gemäss ISOS (Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz) besitzen Lachen, Siebnen (zusammen mit Galgenen, Schübelbach und Wangen) sowie Mollis und Näfels schützenswerte Ortsbilder.

1. Armenerziehungsanstalt Lithkolonie um 1831 Quelle: Speich,D. (2005:36)

2. Eternitwerke 1903 Quelle: Speich,D. (2002:50)

2. Siedlungen mit Siebnen/Galgenen im Vordergrund mit Blick auf den Hang 4. Siedlungen mit Siedlung/Galgenen im Vordergrund mit Blick auf die Ebene Quelle: www.aabaechli.ch Quelle: www.galgenen.ch

Abb. 14: Bilder Siedlungsentwicklung

12 Abb. 15: Karte Siedlungsentwicklung 2km 1km 2007 1971 1943 1890 Plangrundlage: Siegfriedkarten / Landeskarte 1:25‘000

13 Landschaftsbild um 1800 Raues Klima bringt verheerrende Hochwasser und weite Teile werden immer wieder überschwemmt. Geregelte Schifffahrt ist nicht mehr möglich, da der Seespiegel vom Walensee, auf Grund der Zurückstauung der Glaner Maag bei Ziegelbrücke, 1 Meter angestiegen ist. Das Bild der Ebene ist das einer wasserreichen ‚Halbkultur- landschaft‘, für die einen eine ‚liebliche Aue‘, für die anderen ein ‚trauriger Sumpf‘.

Auenwälder entlang der Linth und der Seitenbäche, Linth mit drei Hauptläufen, mehreren Kleinseen, See- Ebene ansonsten waldfrei, Wald an den Berghängen ufer unscharf, Linth und Seitenbäche mit zahlreichen weitgehend intakt. Wuhren, grosse Feuchtwiesen, gebietsweise Detailent- In der Ebene kaum Gehölze. wässerung.

Streunutzung, eingezäunte Weiden, randlich kleine In der Ebene nur wenig Gebäude, meist auf lokalen Äcker und Pflanzbeete, Berghänge mit viel Obst Erhebungen, grössere Siedlungen nur an den Berg- hängen. Ebene und Berghänge scharf getrennt

Hauptstrassennetz entspricht weitgehend der heuti- gen Linienführung. In der Ebene wenige Wege, teil- weise Parallelwege. Linthübergänge mit zwei Brücken (Grinau, Ziegelbrü- cke) und zwei Fähren (Giessen, Schänis)

Abb. 16: Situation um 1800 2km 1km

Wasser Siedlung Verkehr Grünstruktur Landwirtschaft

Seen Haus/ Hof Strasse Wald bewirtschaftete Fläche

Kleinseen Brücke Baum/ Strauch

Linth Fähre Obst

Feuchtgebiet

Sumpf

14 Landschaftsbild um 1900 Die wasserreiche Ebene ist noch leer und nass, jedoch gibt es erste Anzeichen des beginnenden Struktur- wandels in der Besiedlung und weniger ausgeprägt in der Landwirtschaft. Die Ebene wird von den Rändern aus langsam kultiviert: erste Entwässerungsgräben, Gebäude, Wege und landwirtschaftliche Parzellierungen tauchen auf.

Kleinseen verlanden, kleine Feuchtgebiete und Au- Ebene ist praktisch waldfrei, eine weitgehend gehölz- enwälder enstehen beim Eintritt der Seitenbäche in freie Riedebene mit Gebüschsäumen entlang alten die Ebene. Linthläufen. Viele Abzugsgräben und zahlreiche Torfstiche erzeu- Es lassen sich erste Baumreihen entlang der Linth und gen den Eindruck eines intensiven Kleinreliefs. einiger Entwässerungskanäle beobachten. Berghänge sind schwächer bewaldet als heute, der Wald an den Hängen stellenweise niedrig und lückig. Trockene Teile der Ebene werden langsam besiedelt, Es gibt wenige Einzelbäume entlang von Strassen, je- erste Spuren der Industrialisierung mit Industriebau- doch zahlreiche neue Obstbäume an den Hängen. ten, Eisenbahn, Bahnhof. Dörfer sind locker gebaut, kein einheitliches Dorfbild.

Zwischen 1780 und 1850 Übergang von extensiver Dreifelderwirtschaft zu einer intensiveren Bewirt- Hauptstrassennetz unverändert, ins Innere der Ebene schaftung mit Fruchtwechsel. führen nur wenige befestigte Wege. Ausgedehnte Streunutzungen in der Ebene. Zahlreiche Wege in der Ebene folgen lokalen Gunststellen. Rebberge an den Hängen. Parzellenmuster unregel- mässig

Neue Fabriken prägen das Bild in Uznach.

Eröffnung der Bahnlinie Uznach-Weesen 1858, Eisen- bahn führt linear durch den Sumpf.

Auenwaldrest des Linth-Altarms bei Schänis

Abb. 17: Situation um 1900 2km 1km Wasser Siedlung Verkehr Grünstruktur Landwirtschaft

Seen Haus/ Hof Hauptstrasse Wald bewirtschaftete Fläche

Kleinseen Industrie befestigte Wege Baum/ Strauch Torfstiche

Linth Eisenbahn/ Obst Haltestelle Reben Feuchtgebiet Brücke

Sumpf

15 Landschaftsbild um 1940 Die Ebene ist eine grosse, leere Streuwiese mit vielen und stellenweise sehr dicht verlaufenden Entwässe- rungsgräben. Es gibt eine typische Nutzungsabfolge vom Zentrum der Ebene zu den Rändern hin: Streuland, Wiese, schmale Ackerstreifen, Siedlung/Strasse, Streuobstwiesen, Wald. Das offene und praktisch gehölzfreie Grünland der Ebene bestimmt den Haupteindruck.

Natürliche Schilfufer mit Sukzessionsabfolge am Zü- Die Hauptstrassen auf beiden Seiten der Ebene sind Es gibt deutliche Nutzungsgrenzen zwischen Hang richsee. Alte Wasserläufe sind gut sichtbar. mit nur drei Querstrassen miteinander verbunden: und Ebene, Wiese und Streue, bedingt durch Feucht- Wasserläufe (aktuelle und ehemalige) prägen alle Über die Brücken bei Schänis, in Giessen und bei der eunterschiede. Strukturen der Ebene, das Kanal- und Grabennetz ist Grinau. 1937 ist noch die Hälfte der Ebene Streuland. Grosse lang und sehr fein verästelt mit einem durchschnittli- Alle übrigen Strassen gehen in Wege, diese in Pfade Steueflächen, Parzellenmuster unregelmässig. chen Abstand von nur 15-20m. über und enden schliessslich blind. Ackerbau und Wiesland auf drainierten Böden am Ran- Zahlreiche elektrische Freileitungen (Holzstangen und de der Ebene. Stahlgittermasten). In relativ trockenen Bereichen stehen grössere Ge- bäude oder ganze Höfe. Dörfer sind noch relativ geschlossen. Die grösseren Siedlungen dehnen sich langsam aus, aber noch kaum Die Ebene ist weitgehend gehölzfrei, insbesondere Richtung Ried. stark vernässte Stellen: keine Hecken, wenige Bäume, Etliche neue Industrieensembles entlang der Seiten- kaum Gehölzgruppen, Ausnahmen gibt es nur entlang bäche. der alten Linthläufe und der randlichen Bäche. Der Wald ist ein klar abgegrenzter dichter Hochwald. Die Pflanzung von Baumreihen und Windschutzstrei- fen wird dringend empfohlen.

Uznach dehnt sich aus, Bahnhofanlage wirkt gross im Verhältnis zum Städtchen.

Künstliche Stauhaltung im Kaltbrunner Ried.

Auenwaldreste entlang des Aabaches bei Schmerikon und im Grossried Schänis.

Abb. 18: Situation um 1940 2km 1km Wasser Siedlung Verkehr Grünstruktur Landwirtschaft

Seen Dorf/ Siedlung Hauptstrasse Wald bewirtschaftete Fläche

Kleinseen Industrie befestigte Wege Baum/ Strauch Torfstiche

Linth Eisenbahn/ Obst Haltestelle Reben Feuchtgebiet Brücke Hochspannungsleitung

16 Landschaftsbild heute Die Melioration verändert die Ebene flächendeckend und lückenlos. Die Trockenlegung und bessere Erschlies- sung ermöglicht nicht nur eine intensivere Landwirtschaft, sondern zieht auch Verkehrsinfrastruktur, Ver- und Entsorgungsanlagen, Wohnhäuser und Industriebauten an. So wird die Ebene sehr stark durch Linien geprägt: Wasserläufe, Strassen, Baumreihen. Sie ist eine abwechslungsarme Futterlandschaft.

Kleinere Unebenheiten in der Ebene wurden weitge- Die landwirtschaftliche Nutzung ist einseitig auf die In der Ebene selbst gibt es praktisch keinen Wald, nur hend eingeebnet. Die Drainageleitungen erzeugen ein Milchwirtschaft ausgerichtet. Die Hauptkulturen sind zahlreiche Baumhecken und Baumreihen. Die ehemals neues Kleinrelief. Grünland und Mais, beide mit wenig Nutzungsstruk- dichten Obstgärten an den Abhängen sind stark auf- turen. gelockert. Mit dem neuen Kanal- und Strassennetz entsteht ein Der heutige Wald auf den Bergflanken ist ein geschlos- völlig neues Parzellenmuster. Die kleinen Dörfer am Rande der Ebene sind um 1960 sener, gegen aussen scharf begrenzter Hochwald mit Die Naturschutzgebiete, als Reste der ursprünglichen noch weitgehend bäuerlich geprägt. abnehmendem Laubholzanteil in der Höhe. Nutzung, heben sich deutlich von der heutigen Nut- In der Ebene entstehen neue grosse Aussiedlungen Der in tieferen Lagen geschlossene Laubmisch-Hoch- zung ab. neben alten, kleinen Scheunen. wald löst sich in höheren Lagen langsam auf und geht Die Siedlungen wachsen in die Ebene hinein: Wohn- fliessend in Alpweiden über. quartiere, Industriegebiete und Infrastrukturbauten.

Alle Hauptverkehrsträger befinden sich in der Ebene: Autobahn, Bahn, Flugplatz und Leitungen. Zusammen mit dem Kanalnetz wurde auch ein ausge- dehntes Netz von meist geraden Strassen erstellt.

Reste der ehemaligen Linthläufe im Tuggener Ried sind nur mit Vorwissen zu erkennen.

Zwei neue Baggerseen ohne Bezug zum heutigen oder zum ursprünglichen Gewässernetz sind entstanden.

Der Linthkanal ist die alles bestimmende Hauptlinie der Linthebene, an der sich alle anderen Linien paral- lel oder senkrecht ausrichten.

Abb. 19: Situation heute 2km 1km Wasser Siedlung Verkehr Grünstruktur Landwirtschaft

Seen Stadt/ Siedlung Hauptstrasse Wald bewirtschaftete Fläche

Kleinseen Industrie befestigte Wege Baum/ Strauch Torfstiche

Linth Autobahn/ Ausfahrt Obst

Feuchtgebiet Eisenbahn/ Reben Haltestelle Brücke Hochspannungsleitung

17 Räumliche Ausprägung / Territorium Prägende Elemente • Die zentrale, ausgeräumt und leer wirkende Ebene (mit nur wenigen Baumreihen und Strauchflächen), ist eine besonders markante Erscheinung in der Schweizer Landschaft. • Richtung Osten schliesst sich das Tal mit steiler werdenden Bergflanken; im Bereich Ziegelbrücke gibt es eine Y-Vergabelungssituation. • Es gibt zwei prägende Erhebungen in der Ebene: den Benkner Büchel und den Buchberg. • Die Siedlungen befinden sich grösstenteils entlang der Hangkanten und wachsen tendenziell linear zu- sammen. • Es herrscht eine stark wahrnehmbare Linerarität durch Infrastruktur, Linthkanal, Siedlungen und Leitun- gen vor.

1. Buchberg und Benkner Bücher, ca. 1993 2. Benkner Bücher mit Linthkanal Quelle: Brandenberger,R. (1993:95) Quelle: Linthwerk (2003:44)

3. Leer wirkende Ebene mit Blick zu Bergflanken bei Ziegelbrücke, 2008 4. Linearität Linthkanal, Hochspannungsleitung und Autobahn, 2008 Quelle: Aufnahme ZUL, ZHAW Quelle: Aufnahme ZUL, ZHAW

Abb. 20: Fotos Räumliche Ausprägung / Territorium

18 2km 1km Abb. 21: Topografie

Geländeschnitt Geländeverlauf Plangrundlage: Landeskarte 1:25‘000

19 Infrastruktur I - Vernetzung / Infrastruktur II Energie und Militär Die Linthebene ist durch die Autobahn A3 (Zürich-Sargans-Chur) und die Autobahn A53 (Reichenburg-Auto- bahnkreuz Brüttisellen bei Dübendorf) an die Agglomeration Zürich angeschlossen. Die Autobahn A3 führt, im Gegensatz zu den an der Hangkante liegenden Bahnlinien und Hauptstrassen, durch die Ebene. Das Teilstück der Oberlandautobahn A53 Uster-Betzholz wird in den nächsten Jahren fertiggestellt. Somit wird die Linth­ ebene noch besser an den Agglomerationsraum Zürich und den Flughafen angeschlossen sein. Die Bahnlinie -St.Gallen / Rapperswil-Ziegelbrücke erschliesst die Nordseite der Linthebene. Von Rapperswil Richtung St. Gallen verkehren die Züge ebenfalls im Halbstundentakt. Die Eisenbahnlinie Zürich- Sargans-Chur führt durch die Linthebene. Verschiedene Schnellzüge halten in Ziegelbrücke, wo die Bahnlinie nach Glarus-Linthal abzweigt. Auf der Strecke zwischen Flughafen Zürich und Ziegelbrücke verkehrt die S- Bahn 2 im Halbstundentakt. Auf dem Zürcher Obersee und dem Walensee verkehren in den Sommermonaten Kursschiffe. Der Linthkanal wird für die Schiffahrt nicht genutzt. Mehrere Überland-Hochspannungsleitungen durchqueren die Linthebene.

Jona Schmerikon Uznach Rapperswil

Kaltbrunn

Steinenbrugg

Nuolen Tuggen Benken Lachen

Pfäffikon Sand Maseltrangen Wangen Altendorf Giessen

Galgenen Rufi Siebnen

Schübelbach Buttikon

Reichenburg

Schänis

Bilten Winklen

Fli

Wesen Ziegelbrücke

Niederurnen

Oberurnen

Näfels

Mollis

2km 1km Abb. 22: Infrastruktur - Vernetzung Verbindung: Bebauung:

Eisenbahn/ Haltestelle Siedlungsfläche

Autobahn/ Ausfahrt

Hauptstrasse

Nebenstrasse Plangrundlage: Landeskarte 1:25‘000 Buslinien ÖV Quelle: Liniennetzpläne Linthbus, Glarnerunterland, March/ Höfe

20 Jona Schmerikon Uznach Rapperswil

Kaltbrunn

Steinenbrugg

Nuolen Tuggen Benken Lachen

Pfäffikon Sand Maseltrangen Wangen Altendorf Giessen

Galgenen Rufi Siebnen

Schübelbach Buttikon

Reichenburg

Schänis

Bilten Winklen

Wesen Ziegelbrücke

Niederurnen

Oberurnen

Näfels Mollis

Abb. 23: Infrastruktur - Energie und Militär 2km 1km Militär: Energie: Bebauung:

Kampf-/ Führungsbauten Inoff. Umspannwerk Industrie

Schutzbau Elektrizitätswerk Siedlungsfläche Artelleriefort Hochspannungsleitungen umgenutzter Bunker militärisches Staugebiet Plangrundlage: Landeskarte 1:25‘000 militärisches Versumpfungsgebiet Quelle: Swisstopo, ZHAW: Karte Sperrstelle Näfels/ Militärische Karte Panzergraben/ -sperren Vermerk: die Angaben der Armeeinfrastruktur ist nicht vollständig (St.Gallen u. Schwyz fehlen)

21 Geologie und Boden Die Ebene der Linth weist wegen ihrer Entstehungsgeschichte als verlandeter See die damit verbundenen, für landwirtschaftliche Nutzungen eher schlechten Böden auf: an feuchten Untergründen findet man Bachschutt, Schotter sowie Seebodenlehme, feuchte Böden werden durch Linthablagerungen, Lehme und Feinsande be- stimmt. Auf diesen Untergründen bauen sich vorwiegend Bunt- und Fahlgleye sowie Moorböden auf. Verein- zelt sind tiefgründige Braunerden auszumachen.

Abb. 24: Geologie und Boden 2km 1km Boden trocken: Boden feucht:

Bachschutt Linthablagerung

Seebodenlehme mit Silt- u. Feinsandlagen kiesig-sandig/ sandig-siltig

Schotter Lehm bis Feinsand mit organischen Resten

Plangrundlage: Landeskarte 1:25‘000 Quelle: Schindler, C. (2004): Quartärgeologische Karte der Linthebene 1:25‘000 Vermerk: Keine Angaben im Westen

22 Gewässer und Entwässerung Offene Gewässer, seien es fliessende oder stehende, sind aus der Ebene beinahe verschwunden. Bis auf den Linthkanal ist Wasser kein prägendes Element mehr innerhalb des Linthperimeters. Eine besondere Rolle spielt das Linthwerk. Es umfasst zwei Hauptbauwerke: den Escherkanal, der das Linth- wasser aus dem Glarnerland in den Walensee leitet, und den geradlinig verlaufenden Linthkanal zwischen Walen- und Obersee. Die Binnenkanäle (die Hintergräben) vervollständigen und verfeinern dieses System. Die Ebene wird in drei hydrologische Einzugsgebiete unterteilt: Einzugsgebiete, deren Entwässerung in die Linth möglich ist; Einzugsgebiete, die über die Hintergräben entwässert werden können; und die Gebiete, die nur durch Pumpwerke trocken gelegt werden können. Die Schattenseiten der Melioration sind das Artenster- ben und die allerorten auftretende Bodenverdichtung als Folge der Senkung des Grundwasserspiegels – teil- weise senkte sich der Boden um bis zu zwei Meter. Seit den 1980er Jahren hat sich der Boden soweit gesenkt, dass eine neuerliche Versumpfung droht.

Abb. 25: Gewässer und Entwässerung 2km 1km hydrologische Einzugsgebiete: stilles Gewässer: fliessendes Gewässer:

Einzugsgebiet unterster Gewässerhorizont See Linth-/ Escherkanal > Abfluss in Hintergraben nicht möglich > Abfluss muss von Pumpwerken gehoben werden Ried Hintergraben Einzugsgebiet mittlerer Gewässerhorizont > Abfluss in Linth nicht möglich Wildbach > Abfluss via Hintergraben Meliorationsgebiet

Einzugsgebiet oberster Gewässerhorizont Plangrundlage: Landeskarte 1:25‘000 Pumpwerke Linth-Melioration > Abfluss in Linth möglich Quelle: EKL: Nutzungseignungskarte 2005 Vermerk: EKL -Betrachtungsperimeter

23 Landschaft & Grünstrukturen Der Linthperimeter wird durch den Linthkanal, die Bahnlinien sowie die Autobahn in Ost-West-Richtung zerschnitten. Diese Strukturen stellen Barrieren für Fauna, Flora und den Menschen dar. Die Ebene wird stark durch Linien geprägt: Wasserläufe, Strassen, Baumreihen. Die Linthebene wirkt insgesamt eher ausgetrocknet und leer. Nur in einigen Bereichen finden sich Baum- reihen und Strauchgruppen. Das ehemalige Sumpfgebiet zwischen dem Zürichsee und dem Walensee weist Reste der ursprünglichen Riedlandschaft beim Kaltbrunner Ried und bei der grossen Allmend in Schmerikon (Naturschutzgebiet mit direktem Seeanstoss) auf. Ansonsten wird die Ebene von einer abwechslungsarmen Futterbaulandschaft geprägt. Weite Flächen sind heute entwässert (Drainage) und dienen der Landwirtschaft. Die Entwässerungsgräben links und rechts des Linthlaufes nehmen neben dem Drainagewasser auch die Abflüsse aus den umliegenden Hügeln und Bergen ab.

Abb. 26: Landschaft und Grünstrukturen 2km 1km Ökologisch wertvolle Gebiete: Barrieren: Vernetzung:

See Linth-/ Escherkanal Wildtierkorridore

Ried Hintergraben Trittsteine

Wildbach Eisenbahn Siedlungstrenngürtel

Wald Autobahn

Naturschutzgebiet Siedlungsflächen Plangrundlage: Landeskarte 1:25‘000 strukturreiche Wiesen Quelle: EKL: Lebensräume und Korridore 2006; Richtplan March 2007

24 Freizeit & Tourismus Die Linthebene liegt im Einzugsgebiet (Fahrzeit unter einer Stunde) der florierenden Agglomeration Zürich, mit über 1.5 Mio. potenziellen Erholungs- und FreizeitnutzerInnen. Das flache Gebiet lockt viele Radfahrer, Skater und Blader an. Bekannt ist das Naturreservat Kaltbrunner Ried. Der linksseitige Hintergraben ist bis zur Grynau beschiffbar. Die Freizeitnutzungen und -angebote beschränken sich dabei gemäss EKL nicht nur auf die bekannten offiziellen Aktivitäten (Baden, Wandern, Reiten, etc.), sondern bestehen oftmals auch aus individuellen Tätigkeiten informeller Art.

Jona Schmerikon Uznach Rapperswil

Kaltbrunn

Steinenbrugg

Nuolen Tuggen Benken Lachen

Pfäffikon Sand Maseltrangen Wangen Altendorf Giessen

Galgenen Rufi Siebnen

Schübelbach Buttikon

Reichenburg

Schänis

Bilten Winklen

Fli

Wesen Ziegelbrücke

Niederurnen

Oberurnen

Näfels

Mollis

Abb. 27: Freizeit und Tourismus 2km 1km Verbindung: Infrastruktur: Grünstruktur:

Eisenbahn/ Haltestellen Flugplatz Wald

Autobahn/ Ausfahrten Bade- u. Picknickplätze Vorrangfläche Erholung u. Freizeit

Hauptstrasse Offizielle Parkplätze Vorrangachse Erholung u. Freizeit

Nebenstrasse Bebauung:

Buslinien ÖV/ Haltestellen Plangrundlage: Landeskarte 1:25‘000 Siedlungsfläche Quelle: EKL: Entwicklungskonzept Linthebene, Teilprojekt 4, Erholung und Freizeit, Bericht Phase 1

25 Wichtigste Erkenntnisse Die nachfolgenden Erkenntnisse stellen eine Zusammenfassung der Analyseergebnisse dar: • Je weiter eine Gemeinde von der Metropolregion Zürich entfernt liegt, desto geringer fällt das Bevölke- rungswachstum aus und desto höher ist die Arbeitslosenquote. • Die Gemeinden am Rande des Obersees (Altendorf und Lachen) verfügen nur noch über wenig Bauland mit hohem Landpreis. Zukünftig wird sich das Wachstum vorraussichtlich in den östlichen Bereich der March verlagern. • St. Galler Gemeinden besitzen durch ihre hohen Steuern einen Standortnachteil. • Der Linthperimeter ist bestens an die Agglomeration Zürich angeschlossen. • Die am Zürichsee liegenden Gemeinden haben ihre Baulandreserven praktisch aufgebraucht. Das Wachs- tum der Agglomeration Zürich verschiebt sich weiter an deren Ränder, unter anderem in die Linthebene. (Beispiele für solche Überlegungen sind u.a. die Projekte „Agglo Obersee“, Regionaler Entwässerungsplan (REP), etc.) • Die fast intensive landwirtschaftliche Nutzung der Linthebene ist nicht nachhaltig. Die Böden senken sich zunehmend, so dass Drainageleitungen ihre Funktion nicht mehr erfüllen. • Das Landschaftsbild des Linthperimeters wurde stark vom Menschen geprägt, hat sich jedoch im Laufe der Zeit immer wieder stark gewandelt. Das Bild ist somit nicht statisch und kann sich neuen Anforderungen/ Bedürfnissen entsprechend verändern.

Weiterführende Fragen Die weiterführenden Fragen dienen dazu mögliche Schwerpunkte der Testprojekte herauszukristallisieren: • Wie kann eine zukünftige Entwicklung dem von Zürich ausgehenden Siedlungsdruck gerecht werden? • Inwieweit ist das vorgegebene Landschaftsbild einzigartig und schützenswert? • Welche neuen identitätsfördernden Bilder können generiert werden? • Inwieweit kann die hydrologische Besonderheit des Gebietes auch in Zukunft herausgearbeitet werden? • Welche Auswirkungen hätte eine regionale, die Kantonsgrenzen übergreifende Planung (welche verbindli- cher ist als das EKL)? Wie könnte diese die Entwicklung innerhalb des Linthperimeters sinnvoll lenken? • Wie kann eine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung in der Ebene aussehen, welche die ausgelaugten Böden schont und die Artenvielfalt fördert? Könnten Bodenaufschüttungen eine angepasste Landwirt- schaftsnutzung herbeiführen?

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