Kunst-Im-Bundestag.Pdf
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Kunst im Bundestag Kultur und Politik im Dialog 2 Der Kunst-Raum im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus 6 Der Bundestagspräsident im Interview 9 Streifzüge durch eine Kunstlandschaft 10 Angebote des Besucherdienstes 16 Sonderthema ückblende: Anfang 1950 bestim- Miteinander von Politik und Kunst. MAURIZIO NANNUCCI: men Not und Einschränkungen Denn Architekt Egon Eiermann bezieht Blauer Ring Rdie politische Lage. Nicht die Zeit bei der Gestaltung der Sitzungssäle für große Sprünge. Jeder muss sich nach bedeutende Künstler der Zeit mit ein: (Neonschrift in der Bibliothek der Decke strecken, die dringendsten Norbert Kricke, Günther Uecker, Fritz im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Bedürfnisse mit kargen Mitteln erfüllen. König, Emil Schumacher, H.A.P. Gries- inspiriert von Hannah Arendt) In dieser Situation kommt der Bun- haber setzen neue Standards. Das „Freiheit ist denkbar als Möglichkeit destag zu dem Ergebnis, dass bei weckt Lust auf zeitgenössische Kunst – des Handelns unter Gleichen / den öffentlichen Bauten des Bundes auch für die Büros selbst. Der Abgeord- Gleichheit ist denkbar als Möglichkeit mindestens ein Prozent der Bausumme nete Gustav Stein, zugleich Professor des Handelns für die Freiheit.“ für Werke bildender Künstler vorzuse- für Kunstsoziologie an der Düsseldorfer hen sind. Begründung: „Kunst gehört Kunstakademie, legt den Grundstein ins Volk, Kunst gehört dorthin, wo für eine „Artothek“. Das erste Ankaufs- Kunstlagers kann er sich „seine“ Werke Menschen sind.“ Deshalb müssten projekt des Bundestages läuft unter der auf Zeit aussuchen. Kunstwerke von hohem Rang überall Vorgabe „500 x 500“ – es werden 500 Auf Initiative von Bundestags- dort sichtbar werden, wo tagtäglich Kunstwerke angeschafft, die jeweils präsidentin Annemarie Renger wird tausende von Menschen vorübergin- inklusive Rahmung nicht mehr als 500 der Ankauf ab 1976 verstetigt und gen. Diese Werke sollten „zum Erleb- Mark kosten dürfen. institutionalisiert. Es gibt nun einen nis besonders der heranwachsenden eigenen Haushaltstitel, jährlich stehen Generation gemacht“ werden. Repräsentative Werke 100.000 Mark für Kunstwerke bereit. 18 Jahre später, längst ist die Richt- Bei der Auswahl achtet Stein darauf, Eine Kunstkommission, in der Abge- linie „K 7 der RBBau“, die das Bild der „weniger Bilder mit bedeutender Ver- ordnete aller Fraktionen vertreten sind, öffentlichen Bauten prägt, von Ländern gangenheit als vielmehr solche mit berät nun bei den Ankaufsentschei- und Kommunen übernommen, ersetzt Zukunft“ für die Büros anzuschaffen. dungen die Präsidentin, die zugleich der Bundestag in Bonn sein jahre- Seine Überzeugung: Ein Abgeordne- Vorsitzende des Gremiums ist. Anfang langes Provisorium durch funktionelle tenhaus unserer Zeit solle „die Kunst der 90er Jahre wird die Ankaufssumme Abgeordnetenbüros. Das neue Abge- des 20. Jahrhunderts repräsentieren“. auf Einwirken von Bundestagspräsi- ordnetenhochhaus, vom Volksmund Aber keinem Mitglied des Bundes- dentin Rita Süssmuth in zwei Schritten nach dem Bundestagspräsidenten tages wird vorgeschrieben, wie er sein auf 200.000 Mark aufgestockt; heute Eugen Gerstenmaier „langer Eugen“ Büro schmücken soll. Aus dem nach beträgt sie jährlich 175.000 Euro. Viele Brechungen, Zitate, Bezüge. Impressionen im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, genannt, zeigt ein konsequentes und nach erweiterten Bestand eines kleine oder wenige große Werke im Hintergrund das Werk „Rot Gelb Weiß Blau 1-4“ von Imi Knoebel. können davon angeschafft werden. OLAF METZEL: Ziel ist es, „für das gegenwärtige Kunstschaffen repräsentative Werke“ Meistdeutigkeit (vor dem Bonner Plenarsaal) zu erwerben und junge Künstlerinnen Kunst beim Deutschen Bundestag und Künstler zu fördern. Neben der Kunstkommission ent- steht 1990 auch ein Kunstbeirat, der sich um ein Kunst-am-Bau-Konzept für den neuen Bonner Plenarsaal Kultur und Politik kümmert. Der ist noch nicht bezogen, da ist der Umzug nach Berlin bereits beschlossen. Und die beiden Gremien fusionieren: Seit 1995 berät und be- im Dialog schließt der Kunstbeirat unter dem Vorsitz des jeweiligen Bundestags- präsidenten sowohl über Kunst-am- Im Bundestag geht es um die Kunst des Regierens, um die Kunst der Argumen- Bau-Projekte als auch über den Ankauf tation, um die Kunst der Gesetzesberatung und um die Kunst der Kontrolle. von Werken für die „Artothek“. Mit dem Umzug des Bundestages Eine weitere Kunst des Bundestages ist dagegen in der breiten Öffentlichkeit nach Berlin steht ein gewaltiges Stück weitgehend unbekannt: nämlich die Kunst selbst. Schon vor mehr als einem Arbeit an. Ein vier Häuser umfassendes Konzept wird entwickelt, eine Serie halben Jahrhundert hat das Parlament erkannt, wie wichtig Kunstwerke für die von Kunstwettbewerben veranstaltet, Gemeinschaft sind – und diese alte Erkenntnis hat der Bundestag beim Umzug eine Vielzahl von Aufträgen vergeben. nach Berlin konsequent umgesetzt. Das Ergebnis ist nach Einschätzung von „Ein gewisses Risiko war dabei“, erin- nert sich Andreas Kaernbach, Kurator Experten einzigartig auf der Welt. Text: Gregor Mayntz der Kunstsammlung des Bundestages. Denn die renommierten Künstler, die 2 Kunst im Bundestag Blickpunkt Bundestag 3 der Bundestag einlädt, sich künstle- Ruhepunkt im besonders quirligen Krüger-Leißner, aus der FDP Jan Mücke, Form eines eigenen Referates für alle risch mit dem Reichstagsgebäude zu Betrieb des Eingangsbereiches. Lukrezia Jochimsen von der Fraktion Belange der Kunst. Hier zeigt sich, dass befassen, hätten ja in eine Schublade Auch Sigmar Polke fühlt sich durch Die Linke und von Bündnis 90/Die die Bedeutung der Kunst im Bundes- greifen und irgendein Werk präsen- die Anfrage des Bundestages heraus- Grünen Katrin Göring-Eckardt an. Eine tag inmitten der Kulturmetropole tieren können. Sie tun es nicht. gefordert, Neues zu wagen. Er wählt Besonderheit ist, dass der Kunstbeirat Berlin deutlich zugenommen hat. fünf Leuchtkästen, die er wie ein Band nicht Vorschläge fürs Plenum erarbei- Hat der Kurator selbst bestimmte Anspruchsvoller Auftrag auf der anderen Seite der Eingangs- tet, sondern in der Regel gleich selbst Lieblingswerke? „Das wechselt immer Gerhard Richter etwa, mit der Bitte halle drapiert. Er nimmt Fotografien entscheidet. wieder“, sagt Kaernbach, es hänge von konfrontiert, sich mit dem nördlichen in lebendige Bildcollagen hinein und Das führt oft genug zu leiden- der aktuellen Stimmung, aber auch Bereich des Westportals auseinander schafft es mit spezieller Oberflächen- schaftlichen Diskussionen. Besonders von der eigenen Weiterentwicklung zu setzen, erinnert sich: „Die erste behandlung, dass sich die Bilder bei den Ankaufssitzungen im Frühjahr ab. Kaernbachs Kennzeichen ist die Idee war die: Da geht gar nichts. Das beim Vorübergehen des Betrachters und Herbst, wenn immer wieder auch ständige Offenheit für Neues, auch Gebäude war viel zu politisch belastet in dessen Wahrnehmung bewegen, schmerzlich auf Werke verzichtet Neues im Alten. So komme es oft vor, und viel zu bedeutsam. Und dann dass beim „Hammelsprung“ tatsäch- werden muss, weil das Geld nicht mehr dass er sich über bestimmte Kunst- diese unmögliche Wand mit 28 Metern lich ein Mann springt. Doch nicht nur reicht. Doch die schönen Momente werke eine Meinung gebildet habe Höhe – ich habe ein Jahr lang versucht, Ironie bestimmt die Aussage. Polke Rita Süssmuth bei einem Kurator Andreas Kaernbach überwiegen eindeutig. „Ein Glück“ und glaube, mit den Aussagen „durch“ Bilder dafür zu entwickeln. Das hat setzt sich auch mit dem Drahtseilakt Rundgang mit dem Kurator betreut die Kunstsammlung nennt Kaernbach den Bestand von zu sein. Und dann erlebe er, wie bei alles nicht geklappt.“ Dann kehrt er zu in der Politik auseinander, mit dem Anfang Mai 2006. des Bundestages. 111 Werkgruppen in den Gebäuden einer Kunstführung ein Besucher eine einem Entwurf zurück, den er zunächst Kräftemessen zwischen Regierung des Bundestages und die rund 4.000 völlig andere Interpretation entdeckt, nicht ernst genommen hatte: „die und Opposition und nicht zuletzt mit Exponate der Kunstsammlung. Der und ist dann „von dieser Idee ganz Flagge“. Sechs farbemaillierte Glas- der Neigung zu „Traumtänzereien“, Boltanski. Er nimmt 4.781 Metallkästen, völlig falsch ist.“ Und auch die US- Kunsthistoriker ist 1989 zum Bundes- hingerissen“. Nicht nur dann teilt er flächen von je 1,50 mal 7 Metern er- versinnbildlicht in einer blau um- jeweils einen für jeden der seit 1919 Künstlerin Jenny Holzer schafft etwas tag gekommen – zunächst zu den gern die Einschätzung von Professor geben „Schwarz Rot Gold“ – ein Werk, wölkten „Germania“. bis 1999 frei gewählten deutschen „ganz Spezifisches“ für den Bundestag, Wissenschaftlichen Diensten. Doch die Götz Adriani, einem von vielen pro- das nur auf den ersten Blick allein die Wie der britische Architekt Norman Abgeordneten, und stapelt sie zu lässt im Parlament gehaltene Reden parallele Aufgabe als Berater des Kunst- minenten Kunstberatern des Bundes- Bundesflagge zitiert. Schon das Format Foster für den Umbau des alten zwei Mauern im Untergeschoss des mitsamt blinkender Zwischenrufe als beirates hat sich immer stärker entwi- tages: Ein solches Parlament, das nicht weist über sie hinaus, dazu nehmen Reichstagsgebäudes gewonnen wird, östlichen Zugangs zum Reichstagsge- Leuchtschrift auf einer Stahlstele vom ckelt, zunächst in Form einer Projekt- museale Gemälde in seine Räume die Spiegelungen die Umgebung sollen Vertreter auch der anderen drei bäude. Wohl ist ihm dabei nicht, auch Boden zur Decke laufen. betreuung für die „Kunst am Bau“ im bringe, sondern ein derartiges Be- mit