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Das Galeriepublikum: Momente seiner Genese 1625-1800

Meijers, D.J.

Publication date 2016 Document Version Final published version Published in Fürstenglanz: die Macht der Pracht

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Citation for published version (APA): Meijers, D. J. (2016). Das Galeriepublikum: Momente seiner Genese 1625-1800. In A. Husslein-Arco, & T. G. Natter (Eds.), Fürstenglanz: die Macht der Pracht (pp. 35-45). Belvedere.

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Download date:30 Sep 2021 FÜRSTENGLANZ DIE MACHT DER PRACHT FÜRSTENGLANZ DIE MACHT DER PRACHT

HERAUSGEGEBEN VON AGNES H USSLEIN-ARCO UND T OBIAS G. NATTER

3 INHALT

AGNES H USSLEIN -ARCO 7 Die Kunst des Sammelns. Vom Streben nach Macht und von der Macht der Kunst

ESSAYS

TOBIAS G. NATTER 10 Die Macht der Pracht. Ruhm und Öffentlichkeit europäischer Barockgalerien vor 1800

GEORG LECHNER 25 Protagonisten. Bildnisse von kunstliebenden Monarchen und Aristokraten

DEBORA J. M EIJERS 35 Das Galeriepublikum. Momente seiner Genese 1625–1800

MARTIN SCHUSTER 46 Das Buch als Kunstwerk. Das „Making of“ eines Galeriewerks

SEBASTIAN SCHÜTZE 64 Das Galeriebild und seine Bedeutungshorizonte

TAFELTEIL

75 Die Gemäldegalerie des Erzherzogs Leopold Wilhelm von Österreich. Theatrum Pictorium, Brüssel 1660 85 König Ludwig XIV. von Frankreich und die Tableaux du Cabinet du Roi, Paris 1677/79 99 Die Gemäldegalerie von Kaiser Karl VI. Theatrum artis pictoriae, Wien 1728–1733 111 Die kaiserliche Stallburggalerie. Prodromus (Vorschau), Wien 1735 123 Die Gemäldesammlung des Earl of Derby. Knowsley Hall 1729 131 „Die schönsten Gemälde Frankreichs“. Der Recueil Crozat, Paris 1729–1742 141 Der Kurfürst von Sachsen und König von Polen. Recueil de la Galerie Royale, Dresden 1753–1757 155 Die kurfürstlich-bayerische Gemäldesammlung. La Galerie électorale, Düsseldorf 1778 165 Joseph II. und die kaiserliche Gemäldegalerie im Wiener Belvedere, 1783 175 Königliche und fürstliche Gemäldegalerien und Vademecumbände im deutschen Sprachraum 183 Houghton Hall Gallery, Norfolk 1788, und die Gemäldegalerie des Duc d’Orléans, Paris 1786–1806 195 Die königliche Galleria degli Uffizi, Florenz 1778, und das bürgerliche Kleine Kabinett, Frankfurt 1782–1785

ANHANG

208 Verzeichnis der Exponate/Galeriewerke 220 Verzeichnis der Exponate/Gemälde 222 Autorinnen und Autoren 224 Impressum und Bildnachweis

5 20 Der Verbleib des Gemäldes von Hickel ist nicht bekannt (vgl. auch Edith Thomasberger, „Joseph und Anton Hickel. Zwei josephinische Hofmaler“, in: Mitteilungen der Österreichischen Galerie, 36./37. Jg., Nr. 80/81, DAS GALERIEPUBLIKUM 1992/93, S. 5–133, hier S. 129, Anm. 81). 21 Vgl. u. a. Michael Krapf (Hg.), Georg Donner. 1693–1741 (Ausst.-Kat., Österreichische Galerie, MOMENTE SEINER GENESE Wien, 2.6.–30.9.1993), Wien 1993, S. 478, Kat.-Nr. 123 (Ingeborg Schemper-Sparholz), sowie Agnes Huss- lein-Arco (Hg.), Barock. Meisterwerke im Belvedere, Wien 2008, S. 246, Kat.-Nr. 119 (Sabine Grabner). 1625–1800 22 Belvedere, Wien, Inv.-Nrn. 4211, 4241. 23 Isabella Schmittmann, Anton von Maron (1731–1808). Leben und Werk (Beiträge zur Kunstwissenschaft, DEBORA J. MEIJERS Band 90), München 2013, S. 171. 24 Karin Schrader, Der Bildnismaler Johann Georg Ziesenis (1716–1776). Leben und Werk mit kritischem Œuvrekatalog (Göttinger Beiträge zur Kunstgeschichte, Band 3), Münster 1995, S. 101. 25 Privatbesitz (Öl auf Leinwand, 59 × 48 cm). Siehe Schrader 1995 (wie Anm. 24), S. 226, Kat.-Nr. 172. Zu den Repliken siehe eBand, S. 226–229. ancher redet so vom Publikum, als ob es jemand wäre, 26 Vgl. etwa das von Frans Luycx geschaffene Bildnis von Erzherzog Leopold Wilhelm (Kunsthistorisches mit dem er auf der Leipzigermesse im hôtel de Saxe zu Museum, Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 2754). Mittage gespeist hätte. Wer ist dieser Publikum? – Publi- 27 , Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 6389. Sabine Grabner/Michael Krapf (Hg.), Auf- kum ist gar keine Sache, sondern ein Gedanke, ein Postulat geklärt bürgerlich. Porträts von Gainsborough bis Waldmüller 1750–1840 (Ausst.-Kat., Österreichische wie Kirche.“ 1 Galerie Belvedere, Wien, 25.10.2006–18.2.2007), München 2006, S. 134, Kat.-Nr. 24 (Werner Telesko). „ DieseM Beobachtung Friedrich Schlegels stammt aus dem Jahr 1797, wirkt aber 28 Christian von Mechel, Verzeichniß der Gemälde der Kaiserlich Königlichen Bilder Gallerie in Wien , Wien überraschend modern. Sie scheint in unsere Zeit vorauszuweisen, in der das 1783, S. 144, Nr. 9. Publikum eine Hauptrolle spielen sollte. Allenthalben wird dieses anonyme 29 Vgl. Grabner/Krapf 2006 (wie Anm. 27), S. 140, Kat.-Nr. 27 (Sabine Grabner). Kollektiv von den verschiedensten selbsternannten Anwälten vertreten und 30 Kunsthistorisches Museum, Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 1601 (Öl auf Leinwand, 309 × 284 cm). Vgl. mit ebenso unterschiedlichen Identitäten versehen, um es zur Rechtfertigung Gudrun Swoboda/Robert Wald, „Solimenas Dedikationsbild von 1728 und seine Überarbeitung in Wien“, des eigenen Standpunkts anführen zu können: „Das Publikum findet …“, „Das in: Haag/Swoboda 2010 (wie Anm. 2), S. 47–61, vor allem S. 52–55. Publikum will …“. Im zitierten „Kritischen Fragment“ scheint Friedrich Schlegel bereits auf diese Form der repräsentativen Verallgemeinerung hinzuweisen und ihr zu misstrau- en: Man kann mit einer Einzelperson das Mittagessen einnehmen, nicht mit dem Publikum, auch nicht indirekt über diese Einzelperson. Er fragt sich sogar, ob „das Publikum“ überhaupt identifiziert werden kann, und kommt dann zu dem Schluss, dass es vielmehr um eine Idee geht, um eine notwendige Präsum- tion wie „Kirche“. Obwohl Schlegel vermutlich vorrangig das literarische Publikum im Blick hat- te, ist es reizvoll, seine Aussage auch auf das Publikum der Museen und Gale- rien zu beziehen. Aufgrund seiner zahlreichen Visiten öffentlicher Kunstsamm- lungen, mit dem viel besuchten Musée Napoléon in Paris 2 als Höhepunkt, wird er vermutlich über diese neue soziale Kategorie nachgedacht haben. Aber wann und in welcher Form ist das Galeriepublikum auf der historischen Bühne erschienen? Ging auch dies mit kritischen Betrachtungen einher – ver- gleichbar mit dem oben genannten Zitat? Das sind die Fragen, denen hier nachgegangen werden soll, als tour d’horizon entlang einiger adeliger und fürstlicher Gemälde- und Skulpturengalerien in England, Frankreich und Deutschland und an drei ausgewählten Zeitpunkten zwischen 1625 und 1800. Es geht dabei um die Zugänglichkeit dieser Galerien, aber vor allem um die Frage, wann deren Besucher als „the public“, „le public“ und „das Publikum“ bezeichnet wurden und was genau das Aufkommen insbesondere der letzten beiden Termini bedeutet haben könnte. 3 Dabei wird sich zeigen, dass mit der Einbürgerung dieses Begriffs in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts meh- rere kritische Stimmen zu vernehmen waren, unter denen die Schlegel’sche einen eigenständigen Platz einnahm.

34 35 JOHN SELDEN DAVID TENIERS D. J. Marmora Arundelliana, 1628 Theatrum Pictorium, wohl die dritte Auflage, 1684 Esterházy Privatstiftung, Schloss Eisenstadt – Bibliothek

Gäste und Passanten sichtigung des neu gebauten Kabinetts, in dem die Gäste zu Panzanis ehrfürchtigem Staunen mehr als zweihundert Alben mit Zeichnungen von u. a. Leonardo, Michel- Wir beginnen unseren Rundgang im zweiten und dritten Viertel des 17. Jahr- angelo und Raffael zu sehen bekamen. 5 Offensichtlich fand der päpstliche Gesandte hunderts, jener Epoche, in der das Sammeln von bildender Kunst an einigen den Empfang interessant genug für einen Bericht an Barberini. europäischen Fürstenhöfen nördlich der Alpen explosionsartig zunahm. Dies Auch bei anderen Gelegenheiten waren es hochrangige Persönlichkeiten, die Zu- war zugleich die Zeit, in der dort die ersten Galeriewerke entstanden, wobei gang zu den Sammlungen im vom Architekten Inigo Jones zu diesem Zweck David Teniers’ d. J. Theatrum Pictorium (S. 37), in diesem Buch an anderer umgebauten weitläufigen Komplex zwischen The Strand und der Themse hatten – Stelle behandelt, stellvertretend für viele andere stehen kann. Wenn diese von König Karl I. höchstselbst bis zu Abraham Booth, einem Gesandten der Druckwerke als publizierte Galerien verstanden werden können, dann können niederländischen Ostindien-Kompanie V.O.C. 6 Andererseits aber war ein Teil des wir uns fragen, ob im Kontext der Galerien selbst bereits von einem Publikum Gartens mit Arundels Skulpturen auch für diejenigen sichtbar, die auf der Them- gesprochen wird und ob schon etwas von jenem Konzept nachgewiesen wer- se vorbeifuhren; etwas, das bereits damals von einem deutschen Besucher be- den kann, das bei Schlegel anklingt. merkt wurde, dem Altertumsforscher Christoph Arnold. 7 Dennoch können wir in Betrachten wir unter diesem Gesichtspunkt einmal die Sammlung von Thomas den Menschen auf den Booten – zweifelsohne ein anonymes Kollektiv im öffent- Howard, 21 st Earl of Arundel (1585–1646), einem der Adeligen aus dem inner lichen Raum – noch kein „Publikum“ erkennen. Diese Zuschauer wurden ver- circle um König Karl I. 4 Als Vorreiter der Sammelleidenschaft, die in den Jahren mutlich als Beobachter von Lebensstil und Besitz des Sammlers bereits einkalku- zwischen 1620 und 1630 am und um den englischen Hof herrschte, hatte er mit liert, aber nicht als Kollektiv adressiert, und es fühlte sich auch niemand seiner Gemahlin Alethea Talbot, Countess of Arundel (1585–1654), im gemein- aufgerufen, in ihrem Namen zu sprechen. samen Londoner Haus nicht nur eine bedeutende Sammlung italienischer Ge- Wie viele Sammlerkollegen ließ Arundel eine Publikation über einen Teil seiner mälde und Zeichnungen zusammengetragen, sondern auch eine beträchtliche Sammlung anfertigen. Die Wahl fiel dabei nicht auf die Gemälde oder die anti- Zahl antiker Skulpturen, die zum Teil im Garten aufgestellt waren. ken Statuen, sondern auf seine weniger ästhetisch als vielmehr historisch bedeu- Dass die Sammlung keine geringe Ausstrahlung hatte, geht beispielsweise aus tende Kollektion antiker Inschriften. Die Marmora Arundelliana (London 1628), einem Brief des päpstlichen Gesandten in London, Gregorio Panzani, hervor, der am vom Altertumsforscher John Selden zusammengestellt, erfuhr internationale Be- 17. Jänner 1637 Kardinal Barberini in Rom von einem Empfang im Haus der ur- achtung und begründete Arundels Ruhm auf diesem Gebiet (S. 36). Aber die sprünglich katholischen Arundels berichtete. Das Treffen, vom Gastgeber zur Feier Leser werden darin noch nicht als Publikum im „Schlegel’schen“ Sinn angespro- seiner Rückkehr von einer diplomatischen Mission in Wien anberaumt, umfasste chen. Dieser Katalog richtete sich an Angehörige der eigenen Gesellschaftsschicht, ein festliches Abendessen, fand aber seinen Höhepunkt in der anschließenden Be- wie es auch kurze Zeit später für David Teniers’ Theatrum Pictorium (1660) galt,

36 37 das dieser selbst ausdrücklich dem „artis pictoriae amator“ bzw. dem „Liebhaber der Malerei“ widmete (S. 77). Durch die Bereitstellung von Übersetzungen ins Spa- nische, Französische und Niederländische neben der lateinischen Ausgabe erreich- te Teniers mit seinem Buch allerdings eine viel breitere Leserschaft als Selden.

À la curiosité du Public

Für den folgenden Untersuchungszeitraum wechseln wir nach Paris, wo sich in den letzten Jahren der Regierungszeit Ludwigs XIV. (reg. 1661–1715) einschnei- dende Veränderungen vollzogen. Etwa um 1700 begann sich das politische und kulturelle Leben von Versailles wieder zurück in die Hauptstadt zu verlagern, was mit der Errichtung von zahlreichen Stadtpalästen des Adels und der Haute Bour- geoisie einherging. Wichtige Beispiele sind das Haus des Bankiers Pierre Crozat, das von Jeanne-Baptiste d’Albert de Luynes, Comtesse de Verrue, und jenes des wohlhabenden Wollfabrikanten Jean de Jullienne. 8 Ein luxuriöses Interieur nach der neuesten Mode war im sozialen Umgang der städtischen Eliten essenziell, wo- bei die Kultivierung der dekorativen Künste mit dem Sammeln von Gemälden, PIERRE CROZAT 9 Zeichnungen und Drucken Hand in Hand ging. In Crozats Fall unterstreicht die Recueil Crozat, 1742 Herausgabe eines Galeriewerks dies noch einmal (S. 41). 10 Auch hier waren die Sammlungen in dem Maße zugänglich, wie es die Erfüllung ihrer repräsentativen Funktion erforderte, aber es war eine Nutzungsform hinzugekommen: Sie boten Künstlern und curieux Möglichkeiten zum Studium und zur Begegnung. Vergleich- Bedeutungsvoll ist auch der gleichzeitig auftretende Boom von Beschreibungen bar mit den Ausstellungen (Salons) der Académie des Beaux Arts, spielten diese der Stadt Paris ab ca. 1700, die die vielen Hôtels mit ihren Sammlungen behandel- Privatsammlungen eine wichtige Rolle bei der Erneuerung der zeitgenössischen ten. 14 Offensichtlich ging es nicht mehr ausschließlich um die habitué(e)s , diese französischen Malerei, deren Verfall nach dem grand siècle beklagt wurde. 11 Führer wollten mit ihren genauen Informationen auch einem größeren Publikum An der Spitze stand die spektakuläre Gemäldesammlung von Philipp II., Duc dienen. „Peut-on pousser trop loin l’exactitude & épargner ses peines, quand les d’Orléans (1674–1723), zum beträchtlichen Teil bereits vor seiner Regentschaft für avantages & les bonnes graces du Public en dépendent?“, fragt Dezallier d’Argenville den zukünftigen König Ludwig XV. von 1715 bis 1723 zusammengetragen und in seinem Führer aus dem Jahr 1749, jener Ausgabe, in der er das Palais Royal untergebracht in seiner Pariser Residenz, dem Palais Royal in der Nähe des Louvre. nach Saal, Tisch, Schrank und Wand beschreibt. 15 Bereits ab den späten 1720er- Der Schwerpunkt lag auf italienischen Meistern des 16. und 17. Jahrhunderts und Jahren für Künstler und Kunstliebhaber zugänglich, fand diese Sammlung eine hochverehrten Franzosen wie Nicolas Poussin und Charles Le Brun. Ein Teil der rege Nachfolge, zuallererst durch die Pierre Crozats, dessen Pariser Haus zu einer Gemälde zierte die Zeremonialräume, die meisten wurden jedoch in einer speziell Art Alternative zur Akademie wurde. 16 In der Ausgabe von 1757 vermerkt Dezal- errichteten Enfilade von Kabinetten präsentiert, mit dem „Cabinet à lanterne“ als liers’ Führer dann des Weiteren, alle besprochenen Kabinette in der Hauptstadt Höhepunkt. Ein derartiger Saal mit Oberlicht, der an die Tribuna der Uffizien in seien „ouverts à tous ceux qui veulent étudier les grands modèles pour former leur Florenz erinnert und wie diese für die wichtigsten Meisterwerke der Sammlung gôut, ou pour perfectionner leurs talents“, d. h. für Kunstliebhaber, Kunstkenner bestimmt war, kam auch im Norden in Mode. Beim Regenten hingen dort u. a. und Künstler. 17 Die Stadtbeschreibung richtete sich ausdrücklich an „le public“, das Werke von Raffael, Tizian und Rubens. Holländische Kabinettstücke wie die von sich aus diesen drei Kategorien – aus dem In- und Ausland – zusammensetzte. Es Adriaen van der Werff und Gerard Dou, bisweilen mit pikanten Darstellungen, er- war offenkundig ein bedeutsamer Faktor geworden. hielten Plätze in den Privatgemächern. Die Sammlung, die ohnehin bereits als die Inzwischen hatte Étienne La Font de Saint-Yenne 1747 sein bekanntes Plädoyer für wichtigste von Paris galt, erfuhr 1721 durch den Erwerb von etwa 130 bedeutenden die Wiederinstandsetzung des verwahrlosten Louvre und für die öffentliche Aus- Gemälden aus der Sammlung der Königin Christina von Schweden, u. a. von stellung der Kunstsammlung des französischen Königs in diesem Palais publiziert. 18 Correggio, und Giulio Romano, noch eine enorme Ausweitung. 12 Auch La Font verwies auf die großzügigen Zugangsregelungen der Nachkommen Stimmte der Regent die Einrichtung seines Hauses bereits auf den häufigen Besuch des Duc d’Orléans wie auch der Sammler, die in seine Fußspuren getreten waren. 19 von Künstlern und Kunstliebhabern ab, gab er daneben auch den Auftrag, die Und auch er führte zur Rechtfertigung seines Standpunkts „le public“ an, das seiner Sammlung durch einen Katalog zu erschließen. Es ist aussagekräftig, dass diese Aussage nach sehnlichst hoffte, dass der Directeur Général des Bâtiments des Kö- Description des tableaux du Palais Royal , die vier Jahre nach dem Tod von „Son nigs, Charles-François Le Normand de Tournehem, seine ganze Autorität einsetzen Altesse Royale“ erschien, „à sa gloire, à la curiosité du Public, & à l’honneur de la werde, um das Palais du Louvre in allen Ehren wiederherzustellen. 20 Peinture“ geschuldet ist. „Le public“ erhielt explizit einen Platz, jedoch flankiert Hier sehen wir die Entstehungsbedingungen für das Phänomen, das Friedrich vom Ruhm des Sammlers und von der Huldigung der Malerei, die sich auch in der Schlegel fünfzig Jahre später kritisch hinterfragt. La Font als Sprachrohr, als Betitelung der Sammlung als „une savante École de Peinture“ widerspiegelt. 13 Repräsentant eines Kollektivs von Künstlern, curieux und Kunstliebhabern: Of-

38 39 fenbar war dies der richtige Ansatz zum richtigen Zeitpunkt, denn die Empfeh- lungen wurden angenommen. 1750 wurde, als Vorbote eines öffentlich zugäng- lichen königlichen Museums, das Palais du Luxembourg eröffnet.21

„In Berlin heißt das Ding itzt Publicum“

Wir lassen unseren Blick nun nach Deutschland schweifen. Im 18. Jahrhundert schlugen die deutschen fürstlichen Galerien einen eigenen Entwicklungsweg ein, ein Prozess, der zu Beginn von Einflüssen aus Paris mitgeprägt wurde. So hatte Friedrich II., der preußische König, zu Beginn der 1740er-Jahre Jean-Baptiste Boyer, Marquis d’Argens, angeworben, der ihn u. a. bei der Zusammenstellung, Unterbringung und Präsentation seiner Gemäldesammlung beriet.22 Über diesen Kunstexperten kamen auch andere seiner Landsmänner mit Vorschlägen, bei- spielsweise Louis Petit de Bachaumont, eine der kritischen Stimmen in Paris, der (anonym) schon 1744, also drei Jahre bevor La Font de Saint-Yennes Publikation erschien, für eine öffentliche Präsentation der französischen königlichen Samm- lung plädiert hatte.23 1748 wandte sich Bachaumont nun mit einer Notiz an den Marquis d’Argens, überschrieben mit „Conseils d’un ami des arts au Roi de Prus- PHILIPP GOTTFRIED P INTZ se, Frederic II.“, die eine Reihe von Ratschlägen umfasste, um den König besser Prospect des Oberen Belvedere ins Rampenlicht zu rücken und zugleich dem Wohlstand Preußens zu dienen. 24 aus: Verzeichniss der Gemälde der Kaiserlich Königlichen Bilder Gallerie in Wien, 1783 Der König sollte sich französische Zeitungen, Zeitschriften und Bücher sowie französische Opern, Tragödien und Komödien senden lassen. Des Weiteren wäre es an der Zeit, eine königliche Akademie für Malerei, Skulptur und Architektur Herangehensweise, die kurze Zeit später mit Mechels ordnender Neugestaltung der zu gründen, organisiert wie in Paris, inklusive einer Bibliothek. Für die neue kaiserlichen Gemäldegalerie in Wien nach Schulen und Epochen die Oberhand ge- Gemäldesammlung im Schloss Sanssouci schlug Bachaumont die Aufteilung in winnen sollte. In seinem begleitenden Katalog von 1783 schrieb Mechel sogar wört- drei aufeinanderfolgende Galerien oder Kabinette für die italienische, die flämi- lich, dass dieser Ansatz, unterstützt durch die Namensschilder an den Werken, nicht sche (einschließlich der holländischen) und die französische Schule vor – eine nur für Kenner gedacht war, sondern auch für diejenigen, die es werden wollten. 29 Präsentationsweise, die zu jener Zeit noch in keiner anderen Galerie umgesetzt Das Ergebnis war, dass die wichtigsten fürstlichen Sammlungen im deutschen worden war.25 Durch diese und andere Maßnahmen sollten Berlin und Potsdam Kulturraum um 1780 relativ öffentlich zugänglich waren,30 während die Kunst- objets de curiosité für Besucher aus dem In und Ausland werden, was Prestige sammlungen des französischen Königs nach der vorläufigen Präsentation im und Einnahmen generieren würde. Palais du Luxembourg erst 1793 unter Einfluss der Französischen Revolution für Auch der Landgraf von Hessen-Kassel erhielt Ratschläge aus Paris. In Kassel war die Öffentlichkeit erschlossen wurden.31 es Marc-Antoine-René (de) Voyer, Marquis de Paulmy, ein hochrangiger Hofbe- Dennoch war bereits zur Jahrhundertmitte „le public“ gerade in Frankreich zu der amter Ludwigs XV., der nach einem Besuch des halbfertigen Galerieflügels des Instanz bei der Beurteilung der Künste geworden. Wichtig in unserem Zusammen- dortigen Palais im Jahr 1750/51 Jacques Hardouin-Mansard einschaltete, den hang ist, dass durch die komplexe Wechselwirkung zwischen beiden Kulturen auch Architekten seiner eigenen Residenz bei Paris. Wie Bachaumont mit seiner Ein- dieser französische Begriff Eingang in die deutsche Sprache fand und dass dieser teilung in Schulen für Potsdam entwickelte der französische Architekt eine zu- Neologismus bei einigen Personen ein gewisses Unbehagen auslöste. Es spricht kunftweisende Idee für Kassel: eine Konstruktion mit Oberlicht, inspiriert durch z. B. aus der Reaktion des Literaturkritikers Johann Christoph Gottsched, der 1760 das „Cabinet à lanterne“ des Duc d’Orléans.26 im Rahmen einer Buchbesprechung mäkelte: „[…] in Berlin heißt das Ding itzt Pu- Dank solcher Kontakte zu französischen Kunstexperten nahm die deutsche fürstli- blicum […].“ 32 Er selbst bevorzugte das deutsche Wort „die Welt“, eine Alternative, che Sammlungskultur nach der Jahrhundertmitte an Fahrt auf, vor allem was die die damals auch in Adelungs Wörterbuch genannt wurde. 33 Formen betraf, mit denen den Galeriebesuchern entgegengetreten wurde. In Sans- In der Tat begegnen wir in der zweiten Jahrhunderthälfte auch im Kontext deut- souci kam es zu den ersten Ansätzen einer Einteilung in Schulen und in Kassel zu scher Galerien Hinweisen auf das Publikum, als Wort und als Begriff, und durchweg einer frühen Form von Oberlicht, wenn auch nicht durch eine Fensteröffnung im mit positiven Konnotationen. Im (französischsprachigen) Galeriewerk aus Düssel- Dach ( lanterne ), sondern durch Fenster im oberen Teil der Längswände. dorf fällt es auf den ersten Blick kaum auf, wenn Pigage seinen Auftrag für den Die Zahl der Vorbilder kann weiter ausgedehnt werden. 27 In Düsseldorf (S. 157–163) Kurfürsten von der Pfalz mit der Versicherung beschließt, dass er dieses Werk in stammte der innovative Ansatz für das Galeriewerk von 1778 von Nicolas de Pigage, Angriff genommen hatte „pour Vous plaire, & si cela se peut, pour devenir utile; dem französischen Hofarchitekten von Kurfürst Carl Theodor, in Zusammenarbeit j’espère que ce double motif lui méritera votre indulgence & celle du Public“ 34 . mit dem Schweizer Christian von Mechel. Aber abweichend vom französischen Dis- Aber da wir nun für den Wortgebrauch sensibilisiert sind, sehen wir, dass das kurs für Künstler und Kenner kam man hier den Nichtkennern entgegen, 28 eine Publikum hier als gleichwertige Zielgruppe neben dem Fürsten eingeführt wird.

40 41 Der Begriff „utile“ oder „(gemein-)nützlich“ spielt dabei eine verbindende Rolle. kritisierte, war, dass manch einer seiner Zeitgenossen diesen Stellvertreter mit seiner Im Wiener Katalog von 1783 (S. 41) spricht Mechel über „die zwei erhabenen virtuellen Anhängerschaft gleichsetzte – man könnte sogar sagen: dass das Sprach- jetzigen Stifter und Wiederhersteller der Gallerie [Kaiserin Maria Theresia und rohr sich selbst derart aufspielte und sich damit seine eigene Gefolgschaft schuf. Joseph II.], die, denen das Publikum diese wahre Zierde Wiens, den öffentlichen, gemeinnützichen Gebrauch davon und all das Gute, so daraus entspringen kann, schuldig ist“35 . Zum Schluss Mal war „das Publikum“ dankbar für eine Gunst, mal äußerte es einen Wunsch. Als Beispiel für Letzteres kann die landgräfliche Galerie in Kassel dienen. Obwohl man Dem Vorangegangenen haben wir entnommen, dass ab der Mitte des 18. Jahr- diese 1775 für das Publikum geöffnet hatte, war dort nach fünf Jahren noch kein hunderts nicht nur in der Literaturkritik, sondern auch im Kontext von Gemäl- Katalog „ins Publikum ausgegeben worden“; womöglich aus Bescheidenheit?, degalerien der beschriebene Mechanismus der Stellvertretung auftrat: Allenthal- fragt sich Johann Heinrich Merck Ende 1780 im Teutschen Merkur .36 Als dann ben können wir erkennen, dass sich Autoren von Führern und Katalogen und 1783 ein Verzeichnis erschien, konnte der Leser in der Einleitung eine Antwort auf Verfasser von Rezensionen in den damaligen Medien zum Sprachrohr für ihre diese Rüge finden. Der Katalog war zwar in erster Linie für Künstler gedacht, so eigene Gefolgschaft machten: das Galeriepublikum. Durchweg erfolgte dies in steht es dort, aber „Außerdem hat auch das Publikum überhaupt nach einem sol- einem positiven Sinn, aber parallel dazu und in dem Maße, wie es sich ausbrei- chen Verzeichnis längst ein Verlangen geäussert“ 37. Das Einfügen von „überhaupt“ tete und differenzierte, bekam „das Publikum“ für einige gerade einen negativen suggeriert ein breiteres Spektrum von Besuchergruppen als das Dreigespann Ken- Klang. Als der Kunstkenner und -sammler Johann Gottlob von Quandt 1813 die ner, Künstler und Liebhaber des ersten Jahrhundertdrittels. Auch das Besucher- Hofgartengalerie in München besichtigen wollte, durfte er zu seiner Freude zu buch, das in Kassel von 1775 bis 1806/08 geführt wurde, zeigt diese Ausweitung. Zeiten kommen, „welche nicht für das Publicum bestimmt sind. […] wenn nicht Der Titel Verzeichnis der Kenner und Liebhaber der Kunst welche die fürstliche so Viele sich um mich herum bewegen, welche diesen Ort nur um gesehen zu Galerie besucht haben seit dem 31. May 1775 ist noch traditionell und scheint sich werden besuchen, wenn ich nicht die oft ausgesprochenen Kunstformeln hören auf die Dauer nicht mehr mit dem Inhalt gedeckt zu haben. 38 muss.“41 Was Quandt hier implizierte, war, dass er selbst nicht zu diesem Publi- kum gehörte. Als Adept der altdeutschen Malerei und Freund der Nazarener war er Teil einer neuen Gruppe von Kunstliebhabern und Künstlern, die Wert auf ein Kritische Töne: „So viele Publica“ eigenes, unakademisches Geschmacksurteil legten. Folgerichtig war ihm das breitere Publikum mit seinen herkömmlichen Phrasen ein Gräuel, insbesondere In der Literaturwelt hatte sich die Verbreiterung des Publikums bereits früher ma- wenn es sich mehr mit der Präsentation der eigenen Person als mit der anwesen- nifestiert und zugleich zu kritischen Betrachtungen geführt, und zwar zunächst den Kunst beschäftigte. wieder in Frankreich. So fragte sich 1755 ein anonymer Autor im Mercure de Quandts negatives Urteil macht neugierig auf dasjenige von Schlegel, der, was France , ob „le public“ überhaupt noch Autorität besäße, da immer häufiger „juris- den Geschmack betrifft, mehr oder minder zum selben Milieu gehörte. Seine dictions particulières“ ihre Rechte eingefordert hätten. „Chaque société a prétendu Publikationen, z. B. die Berichte aus Paris in seiner Zeitschrift Europa in den être le vrai public […]. Paris s’est partagé en différens partis. […] le bon goût est Jahren von 1803 bis 1805,42 liefern reichlich Beweise für sein Interesse an Gale- devenu problématique […] & l’autorité d’un public légitime a cessé d’être une.“ 39 riebesuchen, im Vorwort des ersten Hefts hingegen machte er deutlich, nur für Diese Frage können wir in anderem Gewand in einer deutschen Publikation mit Gleichgesinnte zu schreiben. Auch wenn er dabei Abstufungen akzeptierte, das dem Titel Ueber das Publicum von 1768 wiederfinden. Auch ihr Autor, der Kunst- Publikum war seine Sache nicht. 43 Es sieht daher so aus, als ob auch Schlegel wissenschaftler und (oft satirische) Schriftsteller Friedrich Just Riedel, hielt es für sich außerhalb positionierte, vergleichbar mit Quandt: Das breitere Publikum, nicht sinnvoll, von „dem Publicum“ zu sprechen, da dies von einer Homogenität das sind die anderen. Auch dies ist eine moderne Idee, die uns nicht mehr ver- aller Leser, Zuschauer oder Zuhörer ausginge. In Wirklichkeit sah er „so viele lassen hat.44 Publica, als es Urtheile mehrerer Areopagiten gibt, die einander widersprechen“40 . Anders als der soeben zitierte französische Autor scheint er jedoch nicht nostal- gisch in die Vergangenheit zu blicken, sondern hoffnungsvoll in die Zukunft, wo er mit dem Entstehen einer zusammenhängenden deutschen Kultur zugleich die 1 Friedrich Schlegel, „Kritische Fragmente“, in: Lyceum der schönen Künste , Band 1, 2. Teil, Berlin 1797, S. Verwirklichung des einen und einzigen Publikums heraufdämmern sah. Was Rie- 133–169, hier S. 140. del und der französische Anonymus ungeachtet ihrer unterschiedlichen Perspek- 2 Friedrich Schlegel, Gemälde alter Meister , mit Kommentar und Nachwort von Hans Eichner und Norma tive eint, ist, dass beide auf das Problem der Repräsentation stießen, die ein Lelless, Darmstadt 1995. Sprechen von „dem Publikum“ so illusorisch macht. 3 Werden diese Begriffe im weiteren Textverlauf kursiv geschrieben, erfolgt dies in Übereinstimmung mit den So tritt die kritische Aussage Friedrich Schlegels, mit der wir begonnen haben, Quellen. deutlicher hervor. Auch Schlegel sah dieses Problem, er ging aber einen Schritt 4 Vgl. u. a. Jonathan Brown, Kings and Connoisseurs. Collecting Art in Seventeenth-Century Europe , New Ha- weiter: Er durchschaute, dass „das Publikum“ nur dank seiner Repräsentation ven/London 1995. – Zu diesen Kreisen gehörten u. a. auch Georges Villiers, Duke of Buckingham, und existierte und dass es somit nur ein „Gedanke“, ein „Postulat“ war. James Hamilton, Marquis (nach 1643 Duke) of Hamilton. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich Schlegel wie Gottsched an dem Begriff 5 David Howarth, „Lord Arundel as an Entrepreneur of the Arts“, in: The Burlington Magazine , Band 122, Nr. stieß, weil es sich um ein (französisches) Lehnwort handelte. Was er 1797 scharf 931, Oktober 1980, S. 691, Anm. 8: Panzani an Barberini, 17. Jänner 1637 (Barb. Lat. Mss. 8636, Fol. 42).

42 43 6 H. J. Louw, „Some Royal and Other Great Houses in England: Extracts from the Journal of Abram Booth“, in: lighting from Paris“, in: Andrea Meyer/Bénédicte Savoy (Hg.), The Museum Is Open. Towards a Transnational Architectural History , Band 27, 1984, S. 507. Booth besuchte Arundels Haus im März 1629. History of Museums 1750–1940 , Berlin/Boston 2013, S. 61–76. 7 Christoph Arnold beschrieb 1651 seine Eindrücke von den Gärten an der Themse, darunter den von Arundels 27 Zur Verbindung Dresden–Paris siehe Spenlé 2008 (wie Anm. 11). Haus; siehe John Dixon Hunt, Garden and Grove: The Italian Renaissance Garden in the English Imagination , 28 Nicolas de Pigage, La Galerie électorale de Dusseldorff ou catalogue raisonné et figuré de ses tableaux , Basel Philadelphia 1986, S. 120; http://mapoflondon.uvic.ca/ARUN1.htm (zuletzt besucht am 15.10.2015). 1778, S. XII; Savoy 2006 (wie Anm. 22), S. 18. 8 Rochelle Ziskin, Sheltering Art: Collecting and Social Identity in Early Eighteenth-Century Paris , Pennsylvania 29 Christian von Mechel, Verzeichniss der Gemälde der Kaiserlich Königlichen Bilder Gallerie in Wien , Wien 2012, Kap. 2 und 3 sowie S. 187–204. 1783, S. XII. 9 In verschiedenen dieser Hôtels befanden sich auch Muschel- und Mineralienkabinette. Leider können sie hier 30 Siehe Savoy 2006 (wie Anm. 22) für u. a. Braunschweig (Salzdahlum), Göttingen, Potsdam (Sanssouci), Düs- nicht berücksichtigt werden, ebenso wenig die Sammlungen von Kleinplastiken, Kameen und weiteren Kurio- seldorf, Mannheim, Dresden, Kassel, München und Wien. Spenlé 2008 (wie Anm. 11), S. 250–255, differenziert sitäten. dies für Dresden. 10 Recueil d’estampes d’après les plus beaux tableaux et d’après les plus beaux desseins qui sont en France dans 31 1780 lagen bereits ausführliche Pläne vor. McClellan 1994 (wie Anm. 19), S. 94f. und Kap. 2. le Cabinet du Roi, dans celui de Monseigneur le Duc d’Orléans, & dans d’autres Cabinets , 2 Bde., Paris 1729– 32 Lucian Hölscher, Öffentlichkeit und Geheimnis. Eine begriffsgeschichtliche Untersuchung zur Entstehung der 1763. Siehe auch den gezeichneten Catalogue des tableaux de Mr. De Jullienne (The Pierpont Morgan Library, Öffentlichkeit in der frühen Neuzeit , Stuttgart 1979, S. 88, verweist auf Neuestes aus der anmuthigen Gelehr- New York); Christoph M. Vogtherr (Hg.), Jean de Jullienne. Collector & connoisseur , London 2011. samkeit , Band 10, 1760, S. 751f. 11 Ziskin 2012 (wie Anm. 8), S. 125; Virginie Spenlé, Die Dresdner Gemäldegalerie und Frankreich , Beucha 2008, 33 Johann Christoph Adelung, Versuch eines vollständigen grammatisch-kritischen Wörterbuches der Hochdeut- S. 216f., 218–224; Für die Salons auch Eva Kernbauer, Der Platz des Publikums. Modelle für Kunstöffentlich- schen Mundart , Band 3, Leipzig 1777, S. 1169: „Publicum […] 1. eigentlich eine an einem öffentlichen Orte keit im 18. Jahrhundert , Köln 2011. versammelte Menge Menschen. In diesem ersten und nächsten Sinn haben nur die Schauspieler, die Verfasser 12 Ziskin 2012 (wie Anm. 8), S. 132, 128. der Schauspiele, die öffentlichen Redner, und andere vor einer Menge Menschen an einem öffentlichen Orte 13 Louis-François Dubois de Saint-Gelais, Description des tableaux du Palais Royal avec la vie des peintres à la handelnde Personen ein Publicum […]. 2. in weiterer Bedeutung werden oft die Leser eines Schriftstellers tête de leurs ouvrages , dédiée à Monsieur le duc d’Orleans, premier prince du sang , Paris 1727, S. vif. dessen Publicum genannt, ob sie gleich nirgends im Ganzen versammelt sind, ihr Ausspruch auch nirgends 14 Françoise Mardrus, „Le guide, la curiosité et la galerie du Palais Royal“, in: Histoire de l’Art , Nr. 21/22, Mai im Ganzen gehört wird. 3. im weitesten Verstande versteht man unter diesem Ausdrucke alle mit uns zugleich 1993, S. 17–25. In Anm. 3 nennt die Autorin die Führer von u. a. Germain Brice, Georges-Louis Le Rouge und lebende Personen, in welchem Falle das deutsche Wort ‚Welt‘ diesen Begriff ebenso gut ausdruckt […].“ Antoine-Nicolas Dezallier d’Argenville. 34 Pigage 1778 (wie Anm. 28), o. S. (S. 1); siehe auch S. XIII: „ayant travaillé pour le Public “. 15 Antoine-Nicolas Dezallier d’Argenville, Voyage pittoresque de Paris , Paris 1749, S. 6–8. 35 Mechel 1783 (wie Anm. 29), S. XII. Mit seinem Katalog (den er auf eigene Kosten herausgab und selbst ver- 16 Spenlé 2008 (wie Anm. 11), S. 214–216. marktete) hoffte Mechel auf die Zufriedenheit „des Publikums, dem der Verfasser durch Verwendung aller 17 Zit. nach Mardrus 1993 (wie Anm. 14), S. 23. seiner Kräfte einen eben so nützlichen als angenehmen Dienst leisten will“ (S. XXI). 18 Étienne La Font de Saint-Yenne, Réflexions sur quelques causes de l’état présent de la peinture en France. Avec 36 Golenia 2006 (wie Anm. 26), S. 189. Merck war ein Jugendfreund von Goethe, der sich ebenso wie dieser un examen des principaux Ouvrages exposés au Louvre le mois d’Août 1746 , Paris 1747. sowohl mit Kunst als auch mit Mineralien und Fossilien beschäftigte. 19 La Font 1747 (wie Anm. 18), S. 37–40; Mardrus 1993 (wie Anm. 14), S. 23; Andrew McClellan, Inventing the 37 Simon Causid, Verzeichniss der Hochfürstlich-Hessischen Gemählde-Sammlung in Cassel , Kassel 1783, o. S. Louvre. Art, Politics, and the Origins of the Modern Museum in Eighteenth-Century Paris , Cambridge/New (S. 5); Golenia 2006 (wie Anm. 26), S. 188f. York/Melbourne 1994, S. 19. 38 Hans Vogel, „Die Besucherbücher der Museen und der fürstlichen Bibliothek in Kassel zur Goethezeit“, in: 20 La Font 1747 (wie Anm. 18), S. 34. Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde , Band 67, 1956, S. 149–163. Für die Dresd- 21 Wenn auch nur zeitweise bis 1779; McClellan 1994 (wie Anm. 19), S. 13f. ner Galerie sind nur von einigen Monaten der Jahre 1754 und 1755 Besucherlisten erhalten geblieben; Spen- 22 Tobias Locker, „Die Bildergalerie von Sanssouci bei Potsdam“, in: Bénédicte Savoy (Hg.), Tempel der Kunst. lé 2008 (wie Anm. 11), S. 254f. Die Entstehung des öffentlichen Museums in Deutschland 1701–1815 , Mainz 2006, S. 226f.; Alexandra Nina 39 „Doutes sur l’existence d’un public“, in: Mercure de France , März 1755, S. 32–40, hier S. 32. Kernbauer 2011 Bauer, „Die Gemäldesammlung bis 1786“, in: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (wie Anm. 11), S. 62, vermutet Louis de Boissy, Dramatiker und Chefredakteur der Zeitschrift, als Autor. (Hg.), Die Schönste der Welt. Eine Wiederbegegnung mit der Bildergalerie Friedrichs des Großen (Ausst.-Kat., 40 Friedrich Just Riedel, Ueber das Publicum. Briefe an einige Glieder desselben , Jena 1768, S. 215; Hölscher Bildergalerie im Park Sanssouci, Potsdam, 9.5.–30.10.2013), Berlin/München 2013, S. 38f. 1979 (wie Anm. 32), S. 90. Siehe auch Friedrich Gottlieb Klopstock, „Von dem Publiko“ (1758), in: Alexander 23 McClellan 1994 (wie Anm. 19), S. 15–22; Louis Courajod, Alexandre Lenoir, son journal et le Musée des mo- von Bormann (Hg.), Vom Laienurteil zum Kunstgefühl. Texte zur deutschen Geschmacksdebatte im 18. Jahr- numents français , Paris 1878, Teil I, S. XXX–XXXII. hundert , Tübingen 1974, S. 133–137. 24 Colin B. Bailey, „Conventions of the eighteenth-century cabinet de tableaux: Blondel d’Azincourt’s La pre- 41 Zit. nach Juliane Granzow, „Die Hofgartengalerie zu München“, in: Savoy 2006 (wie Anm. 22), S. 539. mière idée de la curiosité“, in: Art Bulletin, 69. Jg., Nr. 3, 1987, S. 443, verweist auf „Conseils d’un ami des 42 Schlegel 1995 (wie Anm. 2). arts au Roi de Prusse, Frederic II, 1748“, in: Paul Lacroix (Hg.), Revue universelle des arts, Band III, 1856, 43 Das spricht auch aus einem anderen seiner „Kritischen Fragmente“: „Leute die Bücher schreiben und sich dann S. 351–357. einbilden, ihre Leser wären das Publikum, und sie müßten das Publikum bilden: diese kommen sehr bald da- 25 Debora J. Meijers, „A classification based on schools of art? The picture galleries of Sanssouci (Potsdam 1763) hin, ihr sogenanntes Publikum nicht bloß zu verachten, sondern zu hassen; welches zu gar nichts führen and Vienna (1781) as seen through the eyes of the Berlin publisher, book dealer and writer Friedrich Nicolai“, kann.“ Schlegel 1797 (wie Anm. 1), S. 151f. in: Franziska Windt (Hg. unter Mitarbeit von Eric Hartmann und Sabine Jagodziski), Die Bildergalerie Fried- 44 Ich möchte mich bei Ellinoor Bergvelt, Lieske Tibbe und Elsa van Wezel für ihre Kommentare und Hinweise richs des Großen. Geschichte – Kontext – Bedeutung , Regensburg 2015, S. 135–154. bedanken. 26 Voyer de Paulmy, ab 1757 Marquis d’Argenson (1722–1782), war Generaldirektor der königlichen Gestüte Ludwigs XV. Sein Architekt war ein Enkel von Jules Hardouin-Mansard, Hofarchitekt von Ludwig XIV. Patrick Golenia, „Die Gemäldegalerie in Kassel“, in: Savoy 2006 (wie Anm. 22), S. 178f. – Stefanie Heraeus, „Top

44 45 IMPRESSUM

Dieser Katalog erscheint anlässlich der Ausstellung Fürstenglanz. Die Macht der Pracht vom 18. März bis 26. Juni 2016 im Winterpalais, Wien.

Ausstellung Direktorin: Agnes Husslein-Arco Kurator: Tobias G. Natter Kuratorische Assistenz: Stephanie Auer

Winterpalais Himmelpfortgasse 8 1010 Wien www.belvedere.at

Publikation Herausgeber: Agnes Husslein-Arco, Tobias G. Natter Grafikdesign: Peter Baldinger Deutsches Lektorat: Katharina Sacken Übersetzung Niederländisch – Deutsch: all languages, Wien Druck und Bindung: Ueberreuter GmbH, Korneuburg

ISBN 978-3-902805-97-3

Alle Rechte vorbehalten Gedruckt in Österreich

© 2016 Belvedere, Wien, die Künstler und die Autoren

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Bildnachweis: Albertina, Wien: S. 153, 204. – Belvedere, Wien: S. 6, 27, 31, 42, 81, 95, 97, 98, 100, 156, 166, 167, 170–173, 176. – Christie’s Images / Bridgeman Images: S. 86. – bpk / Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München: S. 58, 155. – bpk / RMN / Grand Palais: S. 29, 87 (Daniel Arnaudet, Jean Christian), 28, 84, 130 (Gérard Blot), 14 (Herve Lewandowski), 94 (René-Gabriel Ojéda), 96 (Michel Urtado). – bpk / Staatliche Kunstsammlungen Dresden: S. 140 (Hans-Peter Klut), 148, 150 (Elke Estel, Hans-Peter Klut). – bpk / Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg: S. 175 (Wolfgang Pfaude). – Esterhazy Privatstiftung: S. 17, 37 (Manfred Horwath, Wien). – Gemälde- galerie der Akademie der bildenden Künste Wien: S. 83. – Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg: S. 70 (D. Messberger). – Getty Research Institute, Los Angeles: S. 57, 59. – Graf Harrach’sche Familiensammlung, Schloss Rohrau, NÖ: S. 78. – KHM-Museumsverband: S. 26, 30, 60, 74, 80, 83, 110, 118, 164, 166, 182. – Kunstmuseum Basel: S. 59 (Martin Bühler, oben links) . – LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz- Vienna: S. 30, 176. – MAK.: S. 112 (Georg Mayer). – Mauritshuis, Den Haag: S. 68, 69. – Museo Nacional del Prado, Madrid: S. 11. – Markus Tretter Fotografie: S. 8, 14, 15, 19, 21, 39, 76, 77, 79, 89–93, 102–109, 113–117, 119–121, 125–127, 132, 134–139, 142–147, 157–163, 168, 169, 177–181, 190, 191–194, 196, 198–203, 205–207. – Národní památkový ústav / National Heritage Institute: S. 70. – Nationalmuseum, Stockholm: S. 185 (Erik Cornelius). – ÖNB / Wien / 274.989-D Fid, Tafel 15: S. 13. – ÖNB / Wien / 274.989-D Fid, Tafel 216: S. 81. – ÖNB / Wien / 65.T.61 Alt, S. 55: S. 36. – Royal Collection Trust / Her Majesty Queen Elizabeth II 2015: S. 71. – Rubenshuis, Antwerpen: S. 67 (Bart Huysmans, Michel Wuyts). – Scala, Florence / courtesy of the Ministero Beni e Att. Culturali: S. 64. – Martin Schuster: S. 18, 47 (unten rechts), 51, 52, 54–56, 60, 149, 151 (unten rechts). – Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister: S. 47, 52, (Hans-Peter Klut), 49 (Elke Estel, Hans-Peter Klut). – Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett: S. 47 (Dirk Gedlich), 49, 148, 152 (Herbert Boswank). – Städti- sche Museen Zittau: S. 28 (René Egmont Pech). – The State : S. 27 (Vladimir Terebenin). – Szépmu˝vészeti Múzeum, Budapest: S. 60. – The Houghton Hall Collection, Norfolk, England: S. 184, 185, 187–189 (Pete Huggins). – The Lobkowicz Collections, Czech Republic: S. 66. – The Royal Castle in Warsaw – Museum: S. 65 (Andrzej Ring, Lech Sandzewicz). – The Rt Hon. The Earl of Derby 2016: S. 122, 128, 129. – The Samuel Courtauld Trust, The , London: S. 80, 82.