THINK BERL!BERL!NN + hat mehr verdient!

DOKUMENTATION„Ist Stadtentw ZURicklung TAGUNG NAC “ISTH STADTENTWICKLUNG der Wahl egal?“ NACH DER WAHL EGAL?” AM 6. Mai 2011 AN DER TU BERLIN

THINK B E R L ! N + IN KOOPERATION MIT DER HERMANN-HENSELMANN-STIFTUNG UND DEM BILDUNGSWERK DER HEINRICH BÖLL STIFTUNG · UNTERSTÜTZT VON DER ROSA-LUXEMBURG-STIFTUNG ©2011 THINK BERL!N plus

Die in dieser Broschüre vorgelegten Anregungen anlässlich der Wahl im September 2011 sind eine Weiterentwicklung der auf der Tagung „Ist Stadtentwicklung nach der Wahl egal?“ vorgetragenen Ideen. Die Tagung fand am 6. Mai 2011 an der TU Berlin statt.

Redaktion: Think Berl!n plus

Satz und Layout: Eleonore Harmel (Adaption nach der Grundgestaltung von umbra + dor – visuelle kommunikation) Titelseite: Adaption des Flyers von umbra + dor – visuelle kommunikation

ISBN 978-3-7983-2371-1 (Druckausgabe) ISBN 978-3-7983-2372-8 (Online-Version)

Druck/Printing: Druckerei der TU Berlin

Vertrieb/Publisher: Universitätsverlag der TU Berlin Universitätsbibliothek Fasanenstr. 88 (im VOLKSWAGEN-Haus), D-10623 Berlin Tel.: (030)314-76131; Fax.: (030)314-76133 E-Mail: [email protected] Webseite: http://www.univerlag.tu-berlin.de

Technische Universität Berlin Fakultät VI | Institut für Soziologie FG Planungs- und Architektursoziologie FR 2-5 | Franklinstr. 28/29 | 10587 Berlin

2 Einführung

Bald sind wieder Wahlen in Berlin, aber wer heute auf haben – etwa der DGB oder der ADAC mit ihren die Straßen, in die Kneipen oder zur Arbeit geht, merkt Wahlbausteinen. Im Prinzip waren das richtige Aktionen, noch wenig davon. Berlin hat kein Wahlkampffieber. aber eben auch nur Aktionen von Megaverbänden, bei Nur die Parteien versuchen, dieses Fieber zu simulieren der der Wahlbürger ebenso passiv blieb wie bei der und schreiben Wahlkampfprogramme, Programme, die Berieselung durch die Parteien. verkünden, was sie immer schon machen wollten, aber noch nicht gemacht haben, oder was die anderen hätten Unsere Initiative „Think Berl!n plus“ versteht sich tun sollen, aber nicht machen wollten. Dort heißt es dann als Beitrag für eine neue Kultur des Wahlkampfs, bei der einen Partei „Eine Stadt für alle“, bei der anderen eine Kultur, die eigenständige zivilgesellschaftliche „Lebenswerte Stadt für alle“ und eine Partei, die schon Positionen in den Wahlkampf einbringt, nicht an eine länger an der Regierung ist, präsentiert die interessante bestimmte Partei, sondern an das Parteiensystem, nicht Losung „Berlin verstehen“ Wir fragen: Ist ein solcher als untertänige Eingabe, sondern als Partner. Mit dem Wahlkampf eigentlich noch auf der Höhe der Zeit? Ist das MEMORANDUM „Berlin hat mehr verdient! Plädoyer Bild des Bürgers, der von den Parteien gesagt bekommt, für ein Stadtentwicklungsprogramm“ mischt sich die was denn schön für diese Stadt wäre, im Jahre 2011 noch Initiative „Think Berl!n plus“ in den Wahlkampf zum angemessen? Nachdem zivilgesellschaftliche Initiativen – Berliner Abgeordnetenhaus am 18. September 2011 ein. nicht nur in Stuttgart – längst gezeigt haben, dass die Ziel ist es, jenseits des Parteienstreits Programmpunkte Idee vom passiven Wahlbürger und von den einzig für für die Zeit nach der Wahl vorzustellen. Wir haben uns Politik zuständigen Parteien überholt ist? Müsste heute die vorliegenden Parteiprogramme angesehen, um ein Wahlkampf nicht anders aussehen? Müsste auch festzustellen, wie viel Substanz in den Programmen zu nicht im Wahlkampf eine Belebung der angeschlagenen finden ist, wo vielleicht Lücken sind. Dabei konzentrieren Parteiendemokratie gesucht werden? Müssten nicht wir uns auf das Thema Stadtentwicklung. Dies ist ein in viel stärkerem Maße zivilgesellschaftliche Initiativen Thema, das für jede Stadt von zentraler Bedeutung ist, selbst auf die Bühne treten und formulieren, was sie für das in einigen anderen Großstädten Europas, etwa in richtig und falsch empfinden? Müssten also nicht die London oder Barcelona, und in den USA im Mittelpunkt Parteien weit mehr von ihren Wählern herausgefordert der lokalen Politik steht, ein Thema, das jeden angeht, werden? jeden berührt, jeden begeistert oder aufregt, das aber in Berlin ein seltsames Schattendasein fristet. Das Sicher, in der Vergangenheit gab es auch schon vor allem auch von dem Regierenden Bürgermeister Institutionen, die sich vor der Wahl zu Wort gemeldet kaum beachtet wird. Wir haben uns zunächst auf die

3 drei Parteien beschränkt, die vermutlich die nächste braucht Strukturen, die nicht auf kurze Legislaturperio- Landesregierung unter sich ausmachen werden: die SPD, den ausgerichtet sind. DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen. Wir danken der Hermann-Henselmann-Stiftung, der Obwohl der Wahlkampf in die heiße Phase eingetreten Rosa Luxemburg Stiftung sowie dem Arbeitskreis ist, kommt Stadtentwicklung in den von den Parteien Nachhaltige Stadtentwicklung des Bildungswerk geführten Debatten und in den Wahlprogrammen Berlin der Heinrich–Böll-Stiftung, welche die dieser kaum vor. Das ist verwunderlich, da in Berlin gerade Publikation zugrunde liegende Tagung am 6. Mai 2011 viele Diskussionen über große Planungs- und finanziell unterstützt haben. Unser Dank gilt zudem Bauprojekte geführt werden und es genug Anlass unseren Gästen Stefanie Bremer, Laura Calbet i Elias, gibt, diese Themen in den Vordergrund zu rücken und Tobias Goevert und Harald Kegler, die sich mit großem sich als Partei zu positionieren. Schließlich formt die Engagement in die Lage hineingedacht und Stadtplanung die Entwicklung Berlins maßgeblich und Werkzeuge und Lösungsansätze für den Umgang mit prägt viele Bereiche, die unmittelbaren Einfluss auf die den Herausforderungen Berlins empfohlen haben, sowie Lebensqualität und die Lebensfähigkeit der Stadt haben Engelbert Lütke Daldrup für seine Anmerkungen zum – etwa die wirtschaftliche Entwicklung, den Tourismus, Memorandum. den Verkehr oder die Ausstattung mit sozialer und kultureller Infrastruktur. Das stadtentwicklungspolitische Vakuum wird mittlerweile auch in den Medien und von der Zivilgesellschaft beklagt.

In den vergangenen Monaten gab es mehrere Debatten über den Zustand von Baukultur und Stadtplanung in Berlin, beispielsweise zu Fragen der städtebaulichen Gestaltung im Umfeld des Hauptbahnhofes, aber auch zum Ausmaß und Umgang mit dem Tourismus in Stadtteilen wie oder Friedrichshain. Mit unserem Memorandum gehen wir aber noch einen Schritt weiter – wir wollen nicht nur konkrete Missstände anprangern, sondern gemeinsam überlegen, welche Lösungsansätze es für die zahlreichen städtebaulichen Herausforderungen Berlins gibt. Wir haben deshalb generelle Forderungen zur Stadtentwicklung erarbeitet, die in ein strategisches Stadtentwicklungsprogramm für Berlin einfließen sollten und die wir als Meßlatte für die kommende politische Führung Berlins in Stadtentwicklungsfragen verstanden wissen wollen. Dieses Memorandum stellen wir mit dieser Publikation der Öffentlichkeit vor, als eine Position aus der Wissenschaft – jedoch mit praktischer Orientierung.

Angestoßen wurde die Initiative für das Memorandum von Harald Bodenschatz und Thomas Flierl, breite inhaltliche wie organisatorische Unterstützung kam von Franziska Eichstädt-Bohlig und Ephraim Gothe. Diese enge Kooperation der Verfasser des Memorandums mitten im Wahlkampf mit Vertretern von drei politischen Parteien, Bündnis 90/die Grünen, der Linkspartei und der SPD, ist besonders hervorzuheben. Außergewöhnlich ist, dass diese Politiker das nicht – zumindest nicht nur – taten, um mit- bzw. gegeneinander zu streiten, um auf eigenen Positionen zu beharren und sich strikt voneinander abzugrenzen. Denn es ist unser gemeinsames Anliegen, Politik und Öffentlichkeit für Fragen der Stadtentwicklung zu interessieren – mit gemeinsam getragenen Grundsätzen, die nach der Wahl als Meßlatte dienen können. Stadtentwicklung braucht einen parteiübergreifenden Rückhalt, Stadtentwicklung

4 MEMORANDUM

Think Berl!n plus: Johanna Schlaack, Harald Bodenschatz, Cordelia Polinna, Christian von Oppen und Aljoscha Hofmann. Foto: TU Berlin Presse/Dahl

Berlin rutscht in den Wahlkampf. Das ist Problem Außenstadt führen dürfen und die all denen erläutert wie Chance zugleich – Chance, Bausteine eines werden müssen, die nicht in der Innenstadt wohnen. Und Stadtentwicklungsprogramms für Berlin öffentlich zu das sind immerhin 3/4 aller Bürger der Metropolregion. diskutieren. Das Problem ist, dass Stadtentwicklungs- Wir brauchen daher ein Stadtentwicklungsprogramm für politik im Wahlkampf, in den Wahlprogrammen kein die gesamte Metropolregion, welches das sozialräumliche relevantes Thema ist. Und dies, obwohl in diesem Feld Auseinanderdriften in dieser Region erkennt und vieles zu verbessern ist und alle davon betroffen sind. Mit gegensteuert. Die großen Themen der Zukunft – dem folgenden Memorandum wollen wir zu einer neuen Nachhaltigkeit in sozialer, ökologischer, wirtschaftlicher Kultur des Wahlkampfs beitragen, zu einem verstärkten und kultureller Hinsicht – können nur auf stadtregionaler Dialog und zu einer verbesserten Zusammenarbeit von Ebene verhandelt, begründet und verantwortlich Wissenschaft, Politik, Planung und zivilgesellschaftlichen entschieden werden. Initiativen. Die Orte und Themen im Zusammenhang denken! NOTWENDIGKEIT EINES Wir erleben isolierte Projekte für isolierte Räume, wir STADTENTWICKLUNGSPROGRAMMS erleben isolierte Konzepte aus einseitiger, sektoraler Sicht. Das gilt – räumlich betrachtet – etwa für den großen Die politischen Parteien haben keine Visionen Freiraum am Fernsehturm und für das Flughafengelände für die Stadtentwicklung, kein visionäres in Tegel. Das gilt sektoral betrachtet etwa für die Themen Stadtentwicklungsprogramm für die Metropolregion soziale Stadt, ökologische Stadt, klimagerechte Stadt. Berlin. Ein Stadtentwicklungsprogramm ist kein Was fehlt, ist ein Denken im Zusammenhang – auf Stadtentwicklungsplan. Ein Programm konzentriert sich sektoraler, lokaler wie regionaler Ebene. Das gilt auch für auf Bausteine, die umgesetzt werden sollen. Diese müssen das Handeln der Verwaltungen auf Bezirksebene, Berliner gesellschaftlich verhandelt werden. Ziel muss es sein, und Brandenburger Landesebene sowie auf der Ebene der die vorhandene Stadt mit ihrer besonderen Geschichte, Umlandkommunen. Auch innerhalb der Verwaltungen Tradition und Eigenart und ihren aktuellen Ressourcen sollten Projekte integriert und ressortübergreifend und Potenzialen in eine nachhaltigere Zukunft zu führen – bearbeitet werden. öffentlich und transparent, umweltverträglich und sozial. Jedes neue Projekt, jedes Bestandsprojekt muss darlegen, Prioritäten setzen! was es der Stadt bringt, von der es ja seinerseits profitiert. Prioritäten setzen heißt zuallererst: Vorrang für die Unverzichtbar ist dabei die Auseinandersetzung mit Pflege und Entwicklung dessen, was schon da ist. Die internationalen Erfahrungen. Zukunft Berlins gründet in seinem Bestand, dort liegt der Reichtum einer Stadt, dort finden sich auch zahlreiche Abschied vom Archipel! Die Metropolregion ist der Orte und Räume, die wieder belebt werden können. Maßstab! Bestandsentwicklung trägt dazu bei, die Vielfalt Berlins in Fast alle Stadtentwicklungsprojekte, auch die den Kiezen und Bezirken zu bewahren. Prioritäten setzen Aufmerksamkeit der Politik und Öffentlichkeit, heißt weiter, neue Projekte strategisch richtig zu verorten: konzentrieren sich auf die Innenstadt. Dafür gibt es nicht irgendwo, wo gerade Platz ist oder sich ein Investor gute Gründe, die aber nicht zu einer Ausgrenzung der meldet, sondern dort, wo bestehende Strukturen gestärkt

5 und nicht mehr genutzte Flächen wieder belebt werden – Stadtgrün – mehr als Salatgarnitur! oft in den Stadtteilzentren und entlang der Hauptstraßen. In einer Metropolregion sind große grüne Freiräume, Nicht integrierte Projekte müssen begründungspflichtig aber auch Miniparks, grüne Straßen und Plätze sowie und ein Ausnahmefall werden. Prioritäten setzen heißt Stadtteilgärten aus klimatischen wie sozialen Gründen auch, manche Räume in der Stadt vorerst „in Ruhe“ zu unverzichtbar. Dichte, urbane Bebauung und Grün sind lassen und nicht zu beplanen. kein Widerspruch, sondern ideale Partner. Grünräume müssen so gestaltet werden, dass sie einem breiter Klare Regeln für stadtweite sektorale Themen! werdenden Nutzungs- und Programmspektrum gerecht Stadtweite Themen sind zu unterscheiden von werden, trotz abnehmender Budgets für Instandhaltung teilraumbezogenen Themen. Soweit stadtweite Themen und Bepflanzung. Grün bedarf der Pflege – seitens der angesprochen sind, bedarf es einer Neujustierung öffentlichen Hand wie der Zivilgesellschaft. Dafür sind bestehender oder der Schaffung neuer und klare Regeln nötig, aber auch eine Weiterentwicklung robuster Regelwerke. Das gilt vor allem für Bildung, von Instrumenten zur Zwischennutzung und alternativen Wohnungspolitik wie auch Mietrecht, Verkehr, Klima- Aneignungs- und Nutzungsformen. Standards, Denkmalschutz, Tourismus und die Belange des Einzelhandels ... Es muss aber auch dafür Sorge Auf die Umsetzung kommt es an! getragen werden, dass künftige und bestehende Die Diskussionen um Stadtentwicklung in Berlin in den Regelwerke wirklich umgesetzt werden und nicht sofort vergangenen Jahren haben gezeigt, dass es nicht an guten Makulatur sind, etwa wenn mit privaten Investitionen Ideen mangelt, diese aber oft isolierte Bereiche betreffen und Versprechungen gelockt wird. Insgesamt ist die und nicht von Umsetzungskonzepten begleitet werden. Rolle der öffentlichen Hand im Rahmen einer äußerst Genauso wichtig wie die Suche nach städtebaulichen schwierigen Finanzlage neu und offensiv zu bestimmen. Ideen ist die Suche nach geeigneten Instrumenten – insbesondere in einer Zeit, in der städtebaulichen Themen Schönheit, Bau- und Raumqualität – kein Privileg! keine hohe politische Priorität eingeräumt wird und in Schönheit darf nicht das Privileg weniger sein! Schön der öffentliche Handlungsspielräume als eingeschränkt heißt auch nicht unbedingt teuer. Schönheit sichert aber gelten. Werte. Was Schönheit aber überhaupt ist, ist immer wieder in öffentlichen Auseinandersetzungen zu klären. Planung von oben und unten! Die öffentliche Hand muss daran arbeiten, den Boden Die zurzeit allgegenwärtige Skepsis gegenüber für gute und schöne Gestaltung zu bereiten und bei Planungsprojekten und planerischen Strategien darf nicht öffentlichen Bauvorhaben selbst mit gutem Beispiel voran dazu führen, dass seitens der öffentlichen Hand nicht zu gehen, so dass es für Investoren selbstverständlich mehr geplant wird. Es müssen weiterhin Strategien zur wird, mit städtebaulich und architektonisch hochwertigen Stadtentwicklung Berlins erarbeitet und zur öffentlichen sowie nachhaltigen Projekten in Berlin vorstellig zu Diskussion gestellt werden. Zugleich muss in stärkerem werden. Gute Gestaltung muss nicht nur im Zentrum Umfang als bisher und mit veränderten Verfahren die die Regel werden, sondern auch in den übrigen Räumen Öffentlichkeit in die Planung einbezogen werden, etwa der Stadt. Strategische Projekte – im Stadtzentrum wie mittels Charrette-Verfahren (städtebauliche Werkstätten). in der gesamten Stadtregion – müssen mittels neuer Weiter müssen Verfahren entwickelt werden, die es Organisationsformen gefördert werden: hinsichtlich der Politik und Verwaltung ermöglichen, Projekte bei gestalterischen Qualität, des ressourcenschonenden und neuen Erkenntnissen schnell und flexibel an die neuen klimaschützenden Städtebaus und der Planungsprozesse. Rahmenbedingungen anzupassen. Hohe gestalterische Standards sollten auch über Richtlinien und Handbücher gesetzt werden. Die Privatisierung der Stadt um jeden scheinbar guten Preis stoppen! Infrastruktur als Chance! Steuerung der Stadtentwicklung ist auch Bodenpolitik. Für Infrastrukturmaßnahmen gibt es auch in Zeiten Was wir aber erleben, ist die Verkümmerung der knapper Budgets noch öffentliche Mittel. Infrastruktur- Bodenpolitik zur Liegenschaftspolitik. Als „öffentliches projekte werden jedoch zu oft nur einseitig als Ver- Interesse“ wird oft nur ein maximaler Kaufpreis beim kehrsbauwerke oder Tiefbaumaßnahmen verstanden. Verkauf von Flächen im öffentlichen Eigentum deklariert Durch die Verknüpfung von Infrastrukturprojekten mit – ohne Berücksichtigung einer Stadtentwicklung gestalterischen Ansprüchen und die Entwicklung von im öffentlichen Interesse. Völlig vergessen wurde, gestalterischen Richtlinien können Infrastrukturprojekte dass erfolgreiche Bodenpolitik vor allem kluge zu einer Chance für die Verbesserung städtebaulicher Bodenvorratspolitik umfasst. Dagegen entblößt sich die Qualität werden. Insbesondere die Straßenräume und die öffentliche Hand ihres Bodens und damit ihrer wichtigsten öffentlichen Räume sind wichtige Identifikationsräume Stadtbausteine. der Stadt und müssen zivilisiert sowie gestalterisch und funktional qualifiziert werden.

6 Rückenwind durch die politische Führung! werden für sich betrachtet, ohne die entscheidende Frage Ziele müssen umgesetzt werden. Eine Voraussetzung der Vernetzung mit dem übrigen Zentrum vorrangig zu dafür ist der explizite Wille der politischen Führung, bedenken. Besonders hilflos erscheint der Umgang mit auch und gerade des Regierenden Bürgermeisters, ein den Zeugnissen einer 800jährigen Geschichte im Areal Stadtentwicklungsprogramm offensiv zu vertreten. der ehemaligen Altstadt. Ohne politischen Rückenwind kann die Verwaltung nur Mögliche Bausteine eines Stadtentwicklungsprogramms: mit gebremster Kraft arbeiten. Auf politische Führung in • Klärung der Perspektiven des ehemaligen Alt-Berlin stadtentwicklungspolitischen Fragen haben wir in Berlin wie der City West (Perspektivenwerkstatt) bislang vergeblich gewartet. • Entwicklung einer städtebaulichen Strategie für den Umgang mit dem Stadttourismus aber auch mit SCHLÜSSELRÄUME EINES „rummelartigen“ Nutzungen STADTENTWICKUNGSPROGRAMMS • Vernetzung der verschiedenen Fragmente der ehemaligen Altstadt Die gesellschaftlichen Herausforderungen werden • Vollständige Erhaltung der Zeugnisse des mittel- vor Ort, in den Kiezen, Stadtteilen und Siedlungen, in alterlichen Rathauses unterschiedlicher Intensität und Kombination konkret. • Auslobung eines offenen Ideenwettbewerbs für den Ein stadtentwicklungspolitisches Programm für eine großen Freiraum vor dem Rathaus einschließlich Großstadt ist per se sehr komplex und kann nicht auf der räumlichen Einbindung der umliegenden wenige Räume reduziert werden. Im Mittelpunkt sollten Stadtfragmente (Voraussetzung: Kooperation aber die Räume stehen, in denen sich die städtebaulichen von Architekten, Stadtplanern, Freiraum- bzw. Herausforderungen der Zukunft ballen. Landschaftsplanere und Stadthistorikern) • Weiterentwicklung des Projekts zum Rückbau der Das Zentrum Berlins Frei- und Verkehrsfläche zwischen Stadthaus und Das Zentrum Berlins ist der Ort, der Identität stiftet, aber Rotem Rathaus oft auch strapaziert. Es repräsentiert als einzigartiges • Entwicklung eines Konzepts für das Areal hinter und unterscheidbares Schaufenster die gesamte dem Bahnhof Zoologischer Garten ohne Riesenrad Metropolregion, es dient als Attraktion für den weltweiten Stadttourismus und fungiert als Werbebanner Ehemalige Arbeiterquartiere im internationalen Wettbewerb um Firmen und kreative Die innerstädtischen ehemaligen Arbeiterquartiere wie gesellschaftliche Gruppen. Berlin hat ein besonderes Neukölln Nord, Moabit und Wedding sind sehr dicht Zentrum: erstens die historische , die sich wiederum bebaut, urban und funktional durchmischt. Im Zuge in die ehemalige Altstadt und in die ehemalige City um der Deindustrialisierung verloren dort viele Bewohner die Leipziger Straße und Unter den Linden gliedert, und ihre Arbeitsplätze. Heute werden diese Viertel durch zweitens die City West um den Breitscheidplatz. Dieses Immigranten unterschiedlicher Herkunft geprägt. komplexe Zentrum hat keine klare Perspektive. Heute Sie sind die eigentlichen Labore der postindustriellen stehen zwei fundamentale Fragen auf der Tagesordnung: Gesellschaft. Gleichzeitig sind die Quartiere großem Welche Rolle wird das Areal der ehemaligen Altstadt in Druck ausgesetzt, bergen sie doch große Potentiale in Zukunft spielen? Und welche Rolle wird die City West sich: attraktive Bausubstanz und öffentliche Räume, künftig spielen? Und wie soll sich die jeweilige Rolle zentrale Lage, gute Verkehrsanbindung. Urban städtebaulich manifestieren? Zwar konnte die City West orientierte Mittelschichten werden von den Qualitäten ihre Bedeutung als wichtiger Einzelhandelsstandort für der Quartiere angezogen. In diesen Quartieren die Metropolregion bewahren. Nach der Verdrängung konzentrieren sich die großen sozialen Fragen: Wie einiger großer Kinos und Theater am Kurfürstendamm können ganz unterschiedliche Bevölkerungsgruppen gut droht jedoch eine einseitige Ausrichtung auf den zusammenleben? Wie können Bildungseinrichtungen Konsum. Der Bahnhof Zoologischer Garten ist bereits radikal verbessert werden? Wie schnell und stark zum Regionalbahnhof herabgestuft worden. In der dürfen die Mieten steigen? Wer zahlt die energetische ehemaligen Altstadt häufen sich Inselprojekte, die ohne Sanierung? Städtebauliche Maßnahmen in einem Zusammenhang diskutiert und entwickelt werden: das benachteiligten Quartier dürfen nicht aus Angst von einer Gebiet südlich des Bahnhofs Hackescher Markt, der immobilienwirtschaftlichen Aufwertung und daraus künftige Neubau am Fernsehturm, der Umgang mit resultierenden Verdrängungsprozessen unterbleiben, archäologischen Funden, das Klosterviertel, der große sie müssen jedoch wohnungspolitisch begleitet werden. Freiraum, das Humboldtforum. Die Stadtteilzentren sind das Aushängeschild dieser Stadtteile. Bislang ist ihre erforderliche Stärkung nicht In der nächsten Zukunft stehen zwei wichtige Räume im gelungen, sie besitzen jedoch das größte Potential für Zentrum der Entwicklung: der große Freiraum zwischen eine Revitalisierung der Innenstadt. Spree und Alexanderplatz sowie das große Areal hinter Mögliche Bausteine eines Stadtentwicklungsprogramms: dem Bahnhof Zoologischer Garten. Auch hier herrscht • Entwicklung von neuen Ansätzen zur „Sanierung“ bislang eine isolierende Sichtweise vor. Die beiden Räume der Gebiete: Wie können die Ziele von „Sanierung“

7 den heutigen Herausforderungen in den Gebieten ist und die umliegenden Quartiere bereichert. Ebenso gerecht werden? fehlt eine Diskussion mit Beteiligung der verschiedenen • Entwicklung von klaren städtebaulichen Visionen Verwaltungsebenen. Bezirke alleine sind der Steuerung für die benachteiligten Stadtquartiere und Gestaltung solch großflächiger Entwicklungen ohne • Entwicklung von Strategien für öffentliche politische Rückendeckung des Senats kaum gewachsen. Räume und Grünräume, die als „informelle Mögliche Bausteine eines Stadtentwicklungsprogramms: Lernlandschaften“ eine zentrale Rolle bei der • Differenzierung der Brachflächen: Dranbleiben, Stabilisierung der Quartiere spielen Loslegen, Anpeilen, Zeit lassen, Zwischennutzen • Stärkung der Stadtteilzentren einschließlich der • Sicherung einer nachhaltigen Nachnutzung der großen Radialstraßen ehemaligen Flughäfen Tegel und , die • Modellprojekte zur sozial gerechten energetischen auch zur Stärkung der umliegenden Stadtteile führt Stadtteilsanierung • Durchführung einer Charrette (städtebauliche • Entwicklung von städtebaulichen Strategien und von Werkstatt) zur Erarbeitung eines neuen Rahmenplans Modellprojekten zur Förderung des multiethnischen für den östlichen Spreeraum unter Berücksichtigung Zusammenlebens der bereits festgeschriebenen Planungen, die auch • Einstieg in eine aktive Wohnungspolitik, die einen die Vernetzung des Gebietes mit den umliegenden wohnungspolitischen Fokus auf die benachteiligten Quartieren umfasst Quartiere legt sowie die Entwicklung neuer • Durchsetzung einer nachhaltigen Bodenpolitik und die Weiterentwicklung vorhandener anstatt schneller und unüberlegter, rein mietpreisbegrenzender Instrumente wie Milieu- verwertungsorientierter Verkäufe öffentlicher schutzsatzungen oder Mietobergrenzen Grundstücke • Verbesserung der Bildungschancen für benachteiligte • Verbesserung der Planungssicherheit für Bevölkerungsgruppen Zwischennutzer und Vermieter/Verpächter • gestalterische und funktionale Verbesserung • Umsetzung der Versprechung nicht-kommerzielle der sozialen und kulturellen Infrastruktur sowie Experimentierfelder einzurichten der öffentlichen Räume – der Spielplätze, Parks, Bibliotheken, Schulen etc. Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus • Unterstützung der Bezirke bei der Planung und Großsiedlungen wie Märkisches Viertel, Gropiusstadt, Realisierung von strategisch wichtigen Projekten Falkenhagener Feld, Marzahn, Hohenschönhausen durch eine neue Organisation innerhalb der und Hellersdorf prägen die Außenstadt von Berlin. Sie Verwaltung sind eine der vielen Antworten des 20. Jahrhunderts auf das hart kritisierte steinerne Berlin. Heute sind sie Große Stadtbrachen in innerstädtischer Lage Stadträume mit ungewisser Zukunft, sie laufen Gefahr, Die großen Stadtbrachen, wie Heidestraße, , zu Brennpunkt sozialer, baulicher, städtebaulicher Tegel und Tempelhof sind die städtebaulich sichtbarsten und energietechnischer Probleme zu werden. Dies Zeugen des Abschieds von der Industriegesellschaft, liegt nicht nur an der Belegungspolitik, sondern auch aber auch Ausdruck des Wandels an Anforderungen an der wenig flexiblen städtebaulichen Form, an der im Transportwesen und Einzelhandel. Dazu kommen geringen Nutzungsmischung, an der begrenzten die Spuren der Teilung der Stadt. Die großen, oft Nutzungsvielfalt, am Großeigentum und nicht zuletzt innerstädtischen Flächen bieten eine riesige Chance für an den wenig attraktiven öffentlichen Räumen. Wie den Städtebau von heute und morgen. Sie erlauben die in den benachteiligten Stadtteilen in der Innenstadt Anlage neuer, gemischt genutzter Quartiere einschließlich ist auch in den Großsiedlungen stärker als bislang auf des innerstädtischen Wohnens, aber auch neuer urbaner eine qualitätvolle architektonische und städtebauliche Parks oder besonderer Nutzungen. Sie können als Gestaltung aller Bauprojekte wie Maßnahmen im Experimentier- und Testflächen neuer städtebaulicher öffentlichen Raum zu achten. Eine „Billig-Gestaltung“ Strategien dienen. Sie eröffnen zuallererst Spielräume für von Fassaden und manchen Einkaufszentren verstärkt Zwischennutzer. Zur Entwicklung dieser Räume bedarf den Eindruck des „Billig-Charakters“ eines Gebietes und es besonderer Verfahren, vor allem vor dem Hintergrund damit dessen Abwärtsbewegung. geringen Entwicklungsdrucks und der Vielzahl der vorhandenen Flächenpotenziale. Entwicklung darf hierbei Mögliche Bausteine eines Stadtentwicklungsprogramms: nicht um jeden Preis forciert werden, sondern erfordert • Ausbau der Zentren zu Mittelpunkten im weiteren eine langfristige und nachhaltige Planung mit lokalem wie suburbanen Raum gesamtstädtischem Blick. • Stärkung und gestalterische Verbesserung der öffentlichen Räume sowie der kulturellen, sozialen Eine der bedeutendsten und zugleich umstrittensten und kommerziellen Infrastruktur Stadtbrachen Berlins ist der östliche Spreeraum. Dort • Energetische Sanierung der Großsiedlungen im wurde es versäumt, eine breit getragene Entwicklung ehemaligen West-Berlin bei gleichzeitiger Stärkung voranzubringen, die den Potenzialen des Ortes angemessen der sozialen Mischung

8 • Schaffung einer vielfältigen Gestaltung zur guter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Identitätsstärkung Öffentliche Ressourcen sollten in diesen Stadtteil- und Ortszentren konzentriert werden. Durch die Aufgabe Zersiedelte suburbane Landschaft des Flughafens Tegel werden sich die Ungleichgewichte Ein wichtiges Problem der Berliner Stadtregion sind ihre in der Metropolregion verstärken: Der Norden droht zersiedelten, ständig weiter wuchernden Ränder. Dort weiter zurückzufallen, die Hauptentwicklung wird dem finden sich sehr unterschiedliche verinselte, funktional Süden zugute kommen: Dort entsteht ein Kraftdreieck und sozial segregierte Siedlungsfragmente, die teilweise Stadtmitte – BER – Potsdam. Die Entwicklungsachse nur mit hohen Kosten infrastrukturell versorgt werden BER – Potsdam bleibt außerhalb der Wahrnehmung der können und lediglich durch das Automobil miteinander Berliner Stadtentwicklungspolitik. vernetzt sind. Diese Siedlungsform ist nicht mehr zukunftsfähig. Bis zum Fall der Mauer blieb Berlin Mögliche Bausteine eines Stadtentwicklungsprogramms: weitgehend von der Zersiedelung über die Stadtgrenze • Entwicklung von Strategien gegen den hinaus verschont. In den letzten beiden Jahrzehnten hat Bedeutungsverlust der nördlichen Metropolregion die Stadt diese Entwicklung jedoch sichtlich nachgeholt. • Stärkung der Vielfalt der Mobilität, Ausbau des Mit Blick auf den zersiedelten Raum im Berliner nichtautomobilen Verkehrs – zugunsten des Speckgürtel stellen sich vor allem zwei Aufgaben: die Fahrrades und des öffentlichen Nahverkehrs Eindämmung der Zersiedelung und die Qualifizierung • Stärkung regionaler Grünbereiche der vorhandenen suburbanen Landschaft. In erster • Reurbanisierung der Radialstraßen Linie müssen die Bedingungen, welche die Zersiedelung • Genehmigungsstopp für großflächigen fördern, verändert werden: etwa die autoorientierte Einzelhandel und Einkaufszentren außerhalb der Verkehrspolitik, steuerliche Vergünstigungen sowie Stadtteil- und Ortszentren die Zulassung nicht-integrierter, monofunktionaler • Attraktive Gestaltung der bedeutenden Eingänge Großprojekte. in die Stadtregion Berlins: Stadttor BER, Bahnhofsplätze am Hauptbahnhof, Bahnhof Mögliche Bausteine eines Stadtentwicklungsprogramms: Südkreuz und Ostbahnhof • Maßnahmen zur Eindämmung der Zersiedelung • Stärkung einer wirklichen gemeinsamen (Berlin/Brandenburg) Landesplanung, so dass Projekte in Berlin nicht • Absolute Priorität der Umnutzung von Brachflächen durch Entwicklungen in Brandenburg konterkariert vor Projekten auf der „grünen Wiese“ werden und umgekehrt. • Stärkung von Zentrumsfunktionen und Nachver- dichtung an den Knoten des öffentlichen Nahver- kehrs und entlang der großen Radialstraßen • Keine Zulassung von ausschließlich auto-abhängigen monofunktionalen Einzelhandelsflächen, Gewerbe- und Wohngebieten • Bessere Gestaltung von Gewerbegebieten und Verkehrstrassen • „Grenzübergreifende“ Zusammenarbeit von Berliner Bezirken und Brandenburger Umlandgemeinden

Die Großstadtregion insgesamt Die Berliner Großstadtregion selbst ist der entscheidende Schlüsselraum. Alle reden von der Metropolregion Berlin Brandenburg, wenngleich die städtebaulichen Konsequenzen dieser Beschwörung meist nicht sichtbar werden. Zwei Elemente können die Großstadtregion heute ordnen: das großflächige Großstadtgrün – von der urbanen Landwirtschaft über den klassischen Park bis zur Kaltluftschneise –, und das Netz der Stadtteil- und Ortsteilzentren mit den Strängen des nichtautomobilen Verkehrs und den großen Radialstraßen, den Kraftlinien der Metropolregion, welche die Hauptopfer des autogerechten Ausbaus der Städte waren und heute reurbanisiert werden müssen. Die Stärkung von vorhandenen Stadtteil- und Ortszentren in der gesamten Metropolregion sollte höchste Priorität haben, vor allem der Standorte mit

9 DEBATTE

Strategietagung am 6. Mai 2011: Ist Stadtentwicklung nach der Wahl egal, Foto: Aljoscha Hofmann

Harald Bodenschatz Stadtentwicklung

Stiefkind des berliner wahlkampfs

In allen drei betrachteten Parteiprogrammen wird zentrale soziale Frage nach einer solidarischen Stadt das Themenfeld Stadtentwicklung angesprochen, kann nur auf regionaler Ebene verhandelt werden. wenngleich nicht gleich stark und erst recht nicht mit Das zunehmende soziale Auseinanderdriften den gleichen Inhalten. In ihnen gibt es eine Unmenge innerhalb der Stadtregion ist ein Schlüsselthema für guter und richtiger Schlagworte, viele, viele nette eine Stadtentwicklungspolitik von morgen. Wünsche, schon deutlich weniger Ideen, wie diese • Die Aussagen der Programme sind wenig umgesetzt werden können, aber zweifellos auch einige verräumlicht: Das konkrete Berlin, sein Zentrum, ganz konkrete sinnvolle Projekte. Auffällig sind aber seine Stadtteile, seine Siedlungen, sein Umland doch einige problematische Punkte, die wir hier natürlich kommen nur sehr fragmentarisch vor. Wenn aber etwas zuspitzen und die nicht für alle Programme aller einzelne Räume betrachtet werden, dann oft drei Parteien in völlig gleicher Weise zutreffen. nur mit dem Tunnelblick. Aber gerade das ist das zentrale Problem: Wir bauen einen Hauptbahnhof, • Kein Parteiprogramm macht eine wirkliche und denken erst einmal wenig über sein Umfeld Analyse der Stärken und Schwächen Berlins heute. nach. Wir bauen einen Bahnhof Südkreuz, und Im Vordergrund stehen entweder die eigenen denken zunächst überhaupt nicht über sein Umfeld Parteileistungen oder die Kritik an den Leistungen nach. Wir sind stolz auf das Projekt Heidestraße, der anderen Parteien. Das ist zu eng gedacht, zu sorgen uns aber auch hier nicht um die notwendige eng geschrieben, zu wenig fundiert. Vernetzung mit dem Umfeld. Wir streiten um • Keine Partei thematisiert die Stadtregion, die die Bebauung oder Nichtbebauung des großen eigentliche räumliche Einheit Berlins. Alle machen Freiraums am Fernsehturm, übersehen aber, dass an der Landesgrenze halt. Das ist zwar irgendwie das Hauptproblem die Vernetzung der übrig verständlich, aber doch auch ein Zeichen, welch gebliebenen Fragmente der ehemaligen Altstadt schädliches Korsett sich die offizielle Politik selbst ist. Alle sind sich einig, auf dem Flughafengelände gezimmert hat. Denn die entscheidenden Weichen in Tegel eine Art Technologiestandort zu errichten. für eine nachhaltige Stadt werden auf regionaler Wie soll dieser aber mit Tegel und der übrigen Ebene gestellt – man denke nur an den neuen Stadt vernetzt werden? Wird hier nicht wieder ein Flughafen, der in Brandenburg liegt. Und auch die typisches Inselprojekt vorgedacht?

10 • Alle drei Parteien fordern eine neue Wohnungspolitik. ist die zweite Seite, der konkrete Ort. Wir möchten Dieser Punkt nimmt einen sehr großen Raum uns im Folgenden auf konkrete Orte konzentrieren, in ein. Das ist angesichts der Gleichgültigkeit in der denen sich die städtebaulichen Herausforderungen der Vergangenheit gegenüber dieser Frage schon Zukunft ballen. Diese Orte nennen wir Schlüsselräume. ein wenig sonderbar, vor allem, was die beiden Bei der Auswahl dieser Schlüsselräume stützen wir uns Regierungsparteien betrifft. Auffällig ist aber, dass in auf internationale Diskussionen und Erfahrungen, nicht diesem schwer durchschaubaren Dschungel wenig zuletzt auf die Ausstellung Stadtvisionen 1910|2010, die Klarheit geschaffen wird, Klarheit, wo wirklich und wir letztes Jahr an der TU Berlin gezeigt haben. mit welchen konkreten Maßnahmen etwas gemacht werden kann und soll, Klarheit wer was bezahlen Im Folgenden werden vier der im Memorandum soll: Drosselung der Mietsteigerungen, sehr wichtig aufgerufenen sechs Schlüsselräume, in denen sich die in einer armen Stadt wie Berlin; keine Verdrängung, Herausforderungen in besonderer Weise konzentrieren, natürlich erstrebenswert; Erhaltung der quantitativ vertieft betrachtet. Die Fragestellungen dieser im Durchschnitt durchaus großzügigen Wohnflächen Räume – des Zentrums, der großen Brachflächen, in Berlin, selbstverständlich eine feine Sache; der benachteiligten innerstädtischen Quartiere sowie Übernahme der Kosten für energetische Sanierung der Stadtregion – werden mit nationalen und inter- durch den Staat, wunderbar – insgesamt aber ein nationalen Projekten aus Los Angeles, Barcelona, wenig abgestimmtes Gesamtkonzept. London und dem Ruhrgebiet konfrontiert. Einmal mehr • Von ausschlaggebender Bedeutung für die Zukunft wird dabei deutlich, dass es Berlin nicht an guten Ideen Berlins ist die Weichenstellung in der Verkehrspolitik. mangelt, sondern dass diese meist untereinander nicht Das wird durchaus gesehen, wenngleich die Rolle des abgestimmt und räumlich isoliert gedacht werden. Fahrrades, der Bahn, der S-Bahn, der Straßenbahn Vor allem fehlt es an innovativen praxisorientierten und des Flugverkehrs nicht immer richtig deutlich Konzepten zur Umsetzung. In der heutigen Zeit, in wird. Insbesondere beim besonders dringenden der Planung offensichtlich politisch wenig Beachtung Problem der Belastung der großen Hauptstraßen findet, in der die öffentlichen Fördergelder immer Berlins mit Lärm und Feinstaub bleiben die weiter gekürzt werden, müssen neue planerische Programme merkwürdig schweigsam. Ansätze und Instrumente entwickelt werden. Einige andere Städte, allen voran London und Barcelona, Die Parteien sind offenbar davon überzeugt, dass haben in dieser Hinsicht schon sehr interessante neue Berlin wieder eine IBA braucht. Dafür sind aber ihre Konzepte entwickelt, von denen wichtige Impulse für Vorstellungen, wenn sie überhaupt formuliert werden, Berlin ausgehen können. Auch für die Umsetzung von sehr vage. Ob Berlin wirklich eine IBA braucht, hängt Projekten, die ins Kreuzfeuer zwischen Bezirks- und davon ab, ob sich Berlin eine IBA leisten will, vor allem Landesinteressen geraten, sind neue Ideen gefragt. aber, ob es eine Idee für eine IBA hat. Wir haben in Neue Herangehensweisen werden gebraucht, wenn diesem Punkt einen eigenen ganz konkreten Vorschlag den Bezirken aufgrund harter Stelleneinsparungen das entwickelt, das Konzept Radikal Radial, die Revitalisierung Know-how oder auch der Mut zum Experiment fehlt. Wie der großen Ausfallstraßen, ein städtebauliches, soziales, kann in der ganzen Stadtregion zukünftig eine höhere wirtschaftliches, ökologisches und verkehrliches Projekt gestalterische Qualität erzielt werden? Wie soll einerseits von internationaler Bedeutung. in Zukunft mit privaten Investoren umgegangen werden, auch wenn diese mit abstrusen Ideen vor der Tür stehen? Alle Parteien sind in der letzten Zeit von Wie kann auf der anderen Seite verhindert werden, dass zivilgesellschaftlicher Wut erfasst worden, die einen sind Investoren immer mehr zu einem Feindbild der Planer und besorgt oder erschüttert, die anderen beflügelt. Dennoch einer bewohnerorientierten Stadtentwicklung stilisiert gibt es keine offensiven Vorschläge, wie in die Politik werden? Welche neue Arten der Zusammenarbeit der Stadtentwicklung in Zukunft zivilgesellschaftliche kann es geben, wie muss sich das Verständnis von Initiativen eingebunden werden können. Dazu gehö- Planung und Verwaltung ändern, um hier besser auf ren übrigens auch wissenschaftliche Initiativen wie Herausforderungen reagieren zu können? Wie können wir. Alle beschwören den Wissenschaftsstandort Public-Private-Partnerships in der Zukunft gestaltet Berlin, keiner hat aber eine Idee, wie das vorhandene werden? Die Beiträge der auswärtigen Expertinnen und Know How auch in die Politik eingebunden werden Experten skizzieren, wie einige dieser Fragen anderswo kann. Und zwar nicht nur bei einzelnen Projekten, beantwortet werden, und das abschließende Kapitel zur sondern schon bei der Entwicklung dessen, was wir Gründung einer Abteilung „BERLIN gestalten“ (S.25) Stadtentwicklungsprogramm nennen. widmet sich explizit stadtplanerischen Instrumenten zur Umsetzung der städtebaulichen Bausteine für Berlin. Diskussion von vier Schlüsselräumen Diese Fragen zu vertiefen, wird eine wichtige Aufgabe Stadtentwicklungspolitik hat zwei Seiten. Die eine Seite der Städtebaudebatte in den kommenden Jahren sein. betrifft allgemeine Regeln, wie etwa das Mietrecht oder die Bürgerbeteiligung. Was oft vergessen wird,

11 Christian von Oppen

Berlin Alexanderplatz. Foto: Christian von Oppen Das Zentrum

Seit der Wiedervereinigung der Stadt konzentriert sich mittelalterlichen Berliner Rathauses umzugehen ist und das Interesse der Politik, der Investoren, aber auch wie man diesen Fund in das bestehende U-Bahnkonzept der Öffentlichkeit auf das Stadtzentrum, jenen höchst und darüber hinaus in ein Stadtentwicklungskonzept für komplexen Raum, der infolge der Teilung der Stadt zu die Berliner Mitte einbinden könnte. Auf der anderen einem doppelten Zentrum wurde. Seit 1989 ist dort viel Seite dümpeln die Planungen für den Molkenmarkt geschehen, das Zentrum ist dennoch keineswegs fertig. vor sich hin, ein Ort, den eigentlich niemand kennt Zwei große Aufgaben stellen sich in der Zukunft: erstens oder erkennt, einer der unattraktivsten Räume des die Gestaltung der ehemaligen Altstadt zwischen Berliner Zentrums. Zweifellos fällt dem großen Freiraum Alexanderplatz und Spreekanal, die Gestaltung der sog. zwischen Fernsehturm und Spree, dem so genannten Stadtmitte, und zweitens die Umgestaltung der City Rathausforum, bei den Überlegungen zur Einbindung West. Für beide Bereiche gibt es keine Visionen, welche in den städtebaulichen Kontext eine Schlüsselrolle zu. die jeweiligen Stärken betonen. Es gibt aber zahlreiche Alt-Berlins Straßenraster hatte bis zu der Umgestaltung größere und kleinere Projekte, die ohne wirklichen zur Hauptstadt der DDR eine Nord-Süd und eine Ost- Zusammenhang entwickelt werden. West-Ausrichtung. In der Nachkriegszeit wurde diese doppelte Ausrichtung radikal vereinfacht, zugunsten Überraschend ist, wie unklar die Perspektiven für die des Ost-Westverlaufs. Die Vernetzung der Fragmente Stadtmitte sind. Zwar wird erregt diskutiert, ob der der Stadtmitte ist eine zentrale Aufgabe der Zukunft. Die große Freiraum am Fernsehturm wieder bebaut werden Gestaltung des Rathausforums muss sich daran messen soll oder nicht. Im Schatten dieser Debatten entstehen lassen. aber Projekte wie der neue Gebäudekomplex neben dem Fernsehturm von Sauerbruch & Hutton oder das Noch unaufgeregter wird die öffentliche Diskussion um neue Quartier zwischen Hackeschem Markt und Karl- den Breitscheidplatz und dessen Umfeld, das einstige Liebknecht-Straße, die Festpunkte für die Zukunft Herz Westberlins, geführt. Der Platz ist das Gelenk, setzen, aber kaum öffentlich diskutiert werden. Zugleich das die beiden Boulevards Tauentzienstraße und ist unklar, wie mit den archäologischen Spuren des Kurfürstendamm zusammenhält. Heute erscheint dieses

12 Gebiet mehr und mehr nur noch als Shoppingmeile. Ausbau der Vielfalt eines wirklichen Zentrums erfordert Das ist wichtig, aber für ein Zentrum einer Metropole aber weiter harte Anstrengungen. nicht genug. Der pulsierende Rhythmus des einstigen Herzens richtet sich nach den Öffnungszeiten der Wichtig sind die weitere Wiederbelebung der großen großen Einzelhändler. Dabei liegt das außergewöhnliche Boulevards, die Wiederbelebung des großartigen Potential der City West in der Vielfalt des Stadtteils. In Gelenks des Breitscheidplatzes, die Sicherung und der unmittelbarer Nähe zum Breitscheidplatz liegen zwei Ausbau der Nutzungsvielfalt. Strategisch geht es aber Universitäten, ein großer Park, der Zoologische Garten, um mehr: um den Bau einer Brücke der City West zu viele Programmkinos und ein Musical Theater. Von ihrem großen urbanen Think Tank, zu den beiden diesem Potential ist auf dem Platz nichts zu spüren. Vor Universitäten. Vor dem Bahnhof Zoologischer Garten dem verkehrsgerechten Umbau der City West bildeten liegt ein Platz, dessen Potenzial völlig verspielt wird. die großen Boulevards, die auf den Breitscheidplatz Und auch hinter dem Bahnhof liegt ein ganzes Areal, führten, die Mitte der sie umgebenden Quartiere. das der Entwicklung harrt. Dort wurde das Riesenrad Damals war der Breitscheidplatz mehr als ein Gelenk, er geplant, das gescheiterte Projekt Great Berlin Wheel. Die war der Knoten, der die Straßenräume zusammenhielt Entwicklung dieses wichtigen Brückenareals zwischen und daraus seine Kraft schöpfte und diesen wiederum dem Herzen der City West und der großen, etwas vor als Orientierung diente. Mit der Umgestaltung verloren sich hin schlummernden „Stadt des Wissens“ ist im die Boulevards ihre Funktion der Quartiersmitte. Seit den Bereich der City West die zentrale Herausforderung für 1980er Jahren ist die Aufwertung dieser Straßenzüge auf morgen. einem guten Weg. Die Erhaltung, geschweige denn der

Harald Kegler Bauhaus-Universität Weimar LOS ANGELES Wiedergeburt des Zentrums

Vor fast zwei Jahrzehnten rückte die Kernstadt von Los City“). Entwertung und Abwanderung markierten Angeles ins Zentrum internationaler Aufmerksamkeit: den schleichenden Verfall, der durch sich zuspitzende Vom 29. April bis 2. Mai 1992 brannten große Teile der stadttechnische Probleme weiter gefördert wurde und Downtown nieder. Es war kein Erdbeben, es waren die der dazu führte, dass die Ober- und Mittelschichten an größten sozialen Unruhen, welche die Stadt je erlebt den Rand zogen. hatte. Das Epizentrum lag im Umfeld von Bunker Hill, des Gründungsorts von L.A. Diese soziale Eruption Zurück blieben jene, die nicht weg konnten oder erschütterte nicht nur die Stadt, sondern markierte wollten. Etwa Mitte der 1960 Jahre startete die zugleich eine Zäsur in der Planungspolitik der Stadt- Stadtverwaltung eine Radikalkur für diesen – aus Sicht Region. der Verwaltung und Stadträte – besonders unansehnlich gewordenen Stadtteil. „Clearance“ hieß die Parole, bei L.A. war im Laufe des 20. Jahrhunderts zu einer der uns als „Kahlschlagsanierung“ bekannt. Tatsächlich wichtigsten ökonomische Zentren und Megastädte der wurde das gesamte Gebiet komplett abgerissen. Der USA aufgestiegen. Hier ballten sich Unternehmen der Autobahnring um die „Altstadt“ wurde geschlossen, Öl-, Auto- und Luftfahrtindustrie. Der Großraum L.A. eine Querspange durch das Gebiet geschlagen, und erste wurde zu einem Schwerpunkt der Rüstungsindustrie, Parkhäuser sowie (wenige) Bürohäuser wurden gebaut. aber auch der Film- und Freizeitindustrie. Im Laufe Allerdings blieb das neue Quartier ein Fragment. Die dieser industriellen Modernisierung wurde, neben Entwicklung verlagerte sich in den profitableren Südteil der exorbitanten Ausweitung des Sprawl und dem der Downtown, nach South Park. Hier entstand in den Ausbau des Autobahnnetzes in der gesamten Stadt- 1970er Jahren das Convention Center, welches später Region, auch der zerstörerische Umbau der Kernstadt den Sport- und Entertainment Komplex, das Staples eingeleitet, der besonders Bunker Hill betraf. Dieser Center, und das von der Anschütz-Gruppe gebaute oberhalb des imposanten Rathauses gelegene Hügel Vergnügungszentrum um die NOKIA-Plaza nach sich war vor 100 Jahren ein beliebter Wohnort für die zogen. Bunker Hill begann erneut zu veröden – Brachen, höheren Schichten. Nach dem Zweiten Weltkrieg Parkplätze und ohrenbetäubender Verkehrslärm trat er allerdings in den Schatten der neu angelegten, verdrängten die letzten Anwohner. Zugleich mehrten randlagigen Einfamilienhausareale (z. B. „Panorama sich die Obdachlosen. Die alte Stadtmitte wurde von

13 den weißen Mittelschichten aufgegeben. Dieser Prozess eingeleitet. Diese hat jedoch auch eine Kehrseite: Zwar gewann an Dynamik, als nach dem Ende des Kalten hat sich die Wohnbevölkerung im Kernbereich der Stadt Krieges zahlreiche Rüstungsbetriebe geschlossen oder inzwischen verdoppelt (von ca. 20.000 auf ca. 40.000), verlagert wurden. Die Krise der gesamten Stadt-Region doch handelt es sich um eine klare Gentrifizierung. eskalierte Anfang der 1990er Jahre. Sie betraf vorrangig Während sich der Anteil der weißen Mittelschichten fast die wenig qualifizierten Arbeitskräfte, zumeist Farbige. verdreifacht hat, halbierte sich der Anteil Farbiger und Ein rassistisch gefärbtes Gerichtsurteil im Frühjahr 1992 vor allem der Latinos. Die sozialen Probleme wurden ließ dann den „sozialen Vulkan“ ausbrechen. Er entlud exportiert, vorrangig in den Süden des Großraumes. sich mit ungeahnter Gewalt. Weite Teile der Kernstadt gingen in Flammen auf, regelrechte Straßenschlachten Um diesem Prozess gegen zu steuern, vor allem aber tobten, wie wir sie nur aus Kriegsgebieten kennen. auch, um eine Gesamtstrategie für den Großraum L.A. zu gewinnen, wurde ab 2000 ein systematischer Planungsprozess begonnen, der den nachhaltigen Umbau der Stadtregion L.A. und dann noch einmal besonders der Kernstadt – mit Bunker Hill – zum Ziel hat. Dafür hatten sich die 191 selbständigen Kommunen des Großraumes L.A. zur größten Planungsorganisation der USA, der SCAG (Southern California Association of Governments), zusammen geschlossen. Der 2004 von der SCAG vorgelegte und in einem umfassenden Beteiligungsprozess erarbeitete „Compass-Plan“ für die 18-Millionen-Metropole zielt auf eine polyzentrale Stadtregion, deren infrastrukturelles Grundgerüst ein wieder aufgebautes System an Straßen- und Stadtbahnen (diese waren bis in die 1960er Jahre vollständig abgerissen worden – zugunsten von neuen Stadtautobahnen) sowie ein Netz revitalisierter Stadtzentren ist. Für Downtown wurde dann in den letzten Jahren ein gesonderter Plan für den integrierten Umbau von 13 Teilbereichen erstellt und bereits schrittweise – mit privaten Investoren zusammen – umgesetzt. Als herausragendes Projekt mit öffentlicher Finanzierung gilt der beabsichtigte Neubau einer „Lightrail“, die alle Innenstadtteile miteinander verbindet und den öffentlichen Raum aufwertet. Die neue Politik unter dem neuen Bürgermeister von L.A., Antonio R. Villaraigosa, dem ersten mit lateinamerikanischen Wurzeln, umfasst nicht nur ein Infrastruktur- und Das Museum of Contemporary Art (MOCA), im Herzen von Bunker Hill, stellt Städtebauprogramm, sondern auch ein Regelwerk eine reurbanisierte Insel im früheren Abrissgebiet dar. Foto: Harald Kegler für Toleranz und Ausgleich sozialer Gruppen in der Die Stadtregierung antwortete auf diesen Ausbruch Stadt. Flankiert wird dieser städtische Verhaltenscodex der Gewalt nicht nur mit Notmaßnahmen und durch soziale Projekte und eine öffentliche Debatte um Sozialprogrammen, sondern auch mit einer Kehrtwende Sicherheit und Toleranz. in der Politik für die Stadtmitte. Statt allein auf die Marktkräfte zu setzen, sollte nun eine planvolle Die Probleme von L.A. sind gigantisch. Der Umbauplan Umgestaltung unter Nutzung von starken Marktakteuren dürfte sich zu einem Jahrhundertprojekt entwickeln. Mit eingeleitet werden. Ein erstes Instrument waren diesen radikalen Initiativen, die bereits Früchte tragen – „Flagship-Projekte“. Ab 1999 wurde mit dem „Adaptive erste Bahnlinien sind gebaut – kann sich L.A. als erste Reuse Ordinance“ diese strategisch ausgelegte resiliente Megastadt der Welt erweisen. Besonders Kernstadtplanung sanktioniert. Der Plan animierte angesichts der extrem schwierigen sozialen Ausgangslage private Investoren, die mit Großprojekten, aber auch mit ist die neue Stadtpolitik des sozialverträglichen und Umnutzungen markanter Gebäude in der Stadtmitte dennoch anspruchsvollen, nachhaltigen Umbaus der Zeichen setzten. Mit der Disney Concert Hall (2003) Kernstadt als Teil einer konsistenten und auf breite von Frank Gehry, der großen Kathedrale („Cathedral Beteiligung zielenden Strategie für die Stadt-Region of Our Lady“, 2002) und neuen Wohnprojekten bemerkenswert und maßstabsetzend. sowie einer Aufwertung der öffentlichen Räume und der benachbarten Gebiete (die Wiederbelebung des historischen Bahnhofs und dessen Umfeld wirkte besonders nachhaltig) wurde eine Trendwende

14 Aljoscha Hofmann

Vorplatz am Berliner Hauptbahnhof. Foto: Aljoscha Hofmann Brachflächen

20 Jahre nach der Wiedervereinigung steht Berlin als Scheitern der Berliner Stadtentwicklungspolitik. Nach „inoffizielle Hauptstadt der Brachflächen“ immer noch 10 Jahren kreisen noch immer die gleichen Bilder von vor der Herausforderung einer schier endlosen Zahl an strahlenden gläsernen Bürobauten durch die Presse Brachen unterschiedlicher Größe, von denen vor allem und das neuste Projekt, die Vertriebszentrale von die großen innerstädtischen wie das Mediaspree-Areal, Daimler-Benz, lässt die Hoffnung, dass dort ein urbanes, Heidestraße viele Fragen aufwerfen. Für den in naher lebendiges Quartier entstehen wird, sinken. Stattdessen Zukunft brachfallenden Flughafen Tegel stellen sich präsentiert sich das Gebäude auf dem Rendering mit ähnliche aber auch andere Fragen, etwa hinsichtlich abweisenden, inaktiven Erdgeschosszonen, als reiner der Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Trotz Bürobau ohne Mischnutzung und ohne Attraktionen 20-jähriger Erfahrung wurden noch immer keine für den ohnehin schlechter gelegenen nördlichen Teil entsprechenden Instrumente für einen adäquaten des Grundstücks an dem Bahnviadukt. Der Bezirk und angemessenen Umgang mit den Brachflächen Friedrichshain-Kreuzberg, welcher einen Großteil der gefunden. An vielen Stellen herrscht Ideenlosigkeit, wie Planungen zunächst mit verantwortet hat, rudert seit die städtebauliche Zukunft dort aussehen soll, vor allem einiger Zeit – weitgehend alleine gelassen – zurück und aber darüber wo man beginnen muss. Häufig findet versucht zu retten, was noch zu retten ist. So wurden der man nur mittelmäßigen Städtebau und „Investoren- verabschiedete Bebauungsplan für das Columbushaus Architektur“, die auf eine breite gesellschaftliche Kritik am Ostbahnhof geändert und nun etwa 15 statt zehn stoßen. So auch im Umfeld des Hauptbahnhofes, wo Meter Uferpromenade vereinbart, jedoch nicht ohne ein der auf O.M. Ungers zurückgehende städtebauliche zusätzliches Geschoss an der Straßenseite als Ausgleich Entwurf zwar gelobt wird, sich heute aber die Stimmen für den verlorenen Baugrund zur Spree zu genehmigen. mehren, die sich über eine monotone und einfallslose architektonische Ausgestaltung beklagen. Trotz aller Bemühungen hat ein zielorientierter Dialog zwischen Senat, Bezirk, Entwicklern und Das Beispiel Mediaspree steht hier – als in der Öffent- Investoren sowie den protestierenden Anwohnern lichkeit viel beachtetes Beispiel – exemplarisch für ein bislang nicht stattgefunden. Der Bürgerentscheid

15 „Spreeufer für Alle!“ gipfelte im Sonderausschuss entsprechendem Respekt behandeln. Auch die vom Spreeraum der Bezirksverordnetenversammlung Fried- Berliner Senat im September 2008 beschlossenen nicht- richshain-Kreuzberg – einem zahnlosen Tiger, ohne kommerziellen Experimentierfelder im Spreeraum sind Verfügungsgewalt und ohne Beteiligung des Senats. noch nicht realisiert.

Der Unmut ist heute groß, die Fronten verhärtet und von Für die großen vorhandenen und kommenden dynamischer Entwicklung fehlt jede Spur. Davon zeugen Brachflächen, wie Mediaspree, Tegel und Tempelhof auch noch bis zu zwölf Jahre alte Baugenehmigungen. sollte sich jetzt die nötige Zeit genommen werden, um Die Voraussetzungen von damals decken sich aber über die Qualität bestehender Pläne nachzudenken. So nicht mit der Realität von heute. An den Mediaspree- haben sich vielleicht auch die Interessen von Investoren, Plänen hat sich kaum etwas verändert, weder wurde der die man so dringend auf den Brachen bauen sehen will, Wohnanteil erhöht, noch ernsthaft über den Neubau von deren Pläne sich derzeit aber scheinbar nicht ökonomisch preiswerten Wohnungen diskutiert. Stattdessen scheint tragen, geändert. Wurde danach schon gefragt? ein zweites Urban Entertainment Quartier wie rund um den weiterhin erklärtes Ziel zu sein. Aber Berlin kann sich auf eine lange Tradition der Partizipation nicht nur die Mediaspree-Projekte drohen, das Gebiet berufen. Festgesetzte Pläne, wie etwa die Westtangente radikal zu verändern. Auch der sich seit der Wende oder Kahlschlagsanierungen in Kreuzberg wurden entwickelnde Tourismus, der Zwischennutzungen und durch Beteiligung und Protest verhindert. Gerade in Freizeiteinrichtungen in Form von Strandbars, Clubs, Berlin sollte es daher möglich sein, neue Formen der Restaurants und Hostels nachfragt, drückt dem Spreeufer Partizipation zu entwickeln. Formen, die nicht nur seinen Stempel auf. Besonders in den angrenzenden eine bloße Erörterung der Fakten darstellen und bei Quartieren Friedrichshain und Kreuzberg wird der Trend denen die relevanten Entscheidungen wie vor kurzem der zunehmenden Touristifizierung kritisch kommentiert. in der Schlichtung um den Stuttgarter Bahnhof hinter verschlossener Tür getroffen werden. Berlin braucht Die vielen Zwischennutzer werden jedoch oft über eine neue Kultur der Transparenz und der öffentlichen ihre Zukunft im Unklaren gelassen. Zwischennutzer, Debatte – gerade mit Blick auf die großen Brachflächen, egal ob gemeinnützig oder kommerziell, brauchen deren zukünftige Gestalt das Stadtbild für lange Zeit wie Anwohner, Politiker und Investoren eine gewisse prägen und beeinflussen werden. Planungssicherheit für ihre Arbeit. Wer mit dem Flair dieser Zwischennutzungen wirbt, sollte sie auch mit

Laura Calbet i Elias TU BERLIN Mut und unmut. strategien für den stadtumbau in barcelona

Innerstädtische Brachen und Flächen, die einen die sich bereits im Gebiet etabliert haben, erfordern drastischen Funktionsverlust erlitten haben, bilden einen eine besondere Rücksichtnahme. Zusammen mit den zentralen Schauplatz der heutigen Stadtentwicklung. politisch-ökonomischen Wunschvorstellungen macht Durch ihre zentrale Lage und die Möglichkeit eines dies den innerstädtischen Umbau zu einer höchst großflächigen Umbaus werden sie als Chance für komplexen Angelegenheit. Trotzdem werden solche städtische Transformationsprozesse angesehen. Aus der Großvorhaben häufig wie inselhafte Projekte auf der Sicht einer wirtschaftsfördernden Stadtpolitik gelten sie „grünen Wiese“ durchgeführt. Die Auseinandersetzung als Standorte, die Impulse für das regionale ökonomische um das Umbauprogramm 22@-Barcelona kann Wachstum geben sollen. Dementsprechend werden auf einen Beitrag zur Diskussion über die Entwicklung sie sehr hohe Erwartungen projiziert. innerstädtischer Brachen leisten.

Die innerstädtische Lage führt jedoch dazu, dass bei Das Programm 22@-Barcelona strebte an, den der Konversion von Brachflächen eine Vielzahl von heruntergekommenen, aber zentral gelegenen Indus- Faktoren berücksichtigt werden muss. Die Anbindung triebezirk Poblenou zum neuen wirtschaftlichen Motor an die Umgebung, die – nicht immer artikulierten und der Region Barcelona umzuwandeln. Im Unterschied keinesfalls einheitlichen – Erwartungen der Anwohner zu vergleichbaren Projekten lag der Fokus auch nach an das Umbauquartier und die Nutzungen und Regeln, der Konversion auf produzierendem, aber nicht

16 störendem Gewerbe. Im Plan wurden bestimmte Hand einige Flächen dem Entwicklungsdruck zu Branchen festgelegt, die bauliche Dichte wurde auf ein entziehen. Damit sollten temporäre oder nicht monetär innerstädtisches Maß erhöht. Die Ansiedlung wurde von verwertbare Nutzungen gefördert werden. einer Vielzahl von wirtschaftsfördernden Maßnahmen begleitet. Das Beispiel Barcelona zeigt, dass Stadtentwicklung weitblickender Pläne bedarf. Es zeigt aber auch, Zugleich diente die Transformation der Anbindung dass innerstädtische Konversion ein komplexes und des einst isolierten Industriegebiets an die Innenstadt häufig konfliktreiches Vorhaben ist. Hier müssen Barcelonas. Im 200 Hektar großen Umbaugebiet standortpolitische Vorsätze mit den Erwartungen lagen zahlreiche Wohnungen und historische Bauten. der Anwohner zusammengebracht werden. Für Eine behutsame Konversion und die Errichtung von eine innenstadtorientierte Stadtentwicklung ist ein geförderten Wohnungsbauten entsprachen den „behutsamer Stadtumbau“ erforderlich, der die Wünschen der Bewohner. Dem zunächst vorgelegten anspruchsvollen Ziele mit den Anforderungen der anspruchsvollen Plan gelang es, trotz der Ausweisung Umgebung verbindet und auch bestehende Bauten oder innerstädtischer Produktionsstandorte die bestehende weniger profitable Nutzungen mit einbezieht. Wohnnutzung nicht zu ignorieren. Ziel war es, bezahlbare Wohnungen mit qualifizierten Arbeitsplätzen zu vereinen, verankert in einem modernen Umfeld mit historischer Atmosphäre. Das bei Großprojekten übliche Transformationsmodell, das einzelne Projekte in der Stadt isoliert betrachtet, vor „Tabula Rasa“ nicht zurückschreckt, die Produktion aus der Stadt fern hält und auf exklusiven Wohnraum ausgerichtet ist, schien damit überwunden zu sein.

Nach langen Konflikten konnten einige Gebäude des historischen Fabrikkomplexes Can Ricart erhaltet werden. Die Anlage steht inzwischen unter Denkmalschutz und wird künftig verschiedene kulturelle Einrichtungen beherbergen. Foto: Albert García Escuder

Bald wurde jedoch eine beachtliche Diskrepanz zwischen Planungsgrundsätzen und Verwirklichung deutlich. Wohngebäude und historische Fabrikbauten fielen dem Immobiliendruck und dem Streben nach einer raschen räumlichen Umwandlung zum Opfer. Doch das Abweichen von den Zielen löste eine Gegenbewegung in der Bevölkerung aus, die den Konsens um die Stadtpolitik in Frage stellte. Interessanterweise stimmten die Forderungen dieser kritischen Bewegung mit den Grundsätzen des 22@-Programms nahezu überein.

Als wesentlicher Unterschied zwischen den Zielen der Bürgerinitiative und des Projekts 22@ muss die Einbeziehung der Betroffenen in den Umbauprozess und insbesondere in die künftige Stadtteilentwicklung betont werden. Zudem forderten die Anwohner, durch den Aufkauf von Grundstücken seitens der öffentlichen

17 Cordelia Polinna

Berlin Weserstraße. Foto: Cordelia Polinna Benachteiligte Quartiere

Die Herausforderungen, vor denen innerstädtische werden. Es müssen Ideen entwickelt werden, wie in benachteiligte Stadtquartiere wie Nord-Neukölln, den „alternativen Szenekiezen“ mit den negativen Kreuzberg, Moabit oder Wedding stehen, werden von Auswirkungen des Zuzugs von Besserverdienenden verschiedenen Ressorts der Politik umfangreich diskutiert. oder mit den wachsenden Touristenströmen, etwa Die Probleme sind mehrdimensional, bestehen u.a. in Lärmbelästigung oder die Umwandlung von Wohnungen den Bereichen Bildung, Arbeitslosigkeit, Integration, in Ferienwohnungen, umgegangen werden kann. Wirtschaftskraft, Wohnungs- und Mietenpolitik und Gleichzeitig bieten sich durch das wachsende Interesse haben Auswirkungen, die sich in der städtebaulichen an diesen Quartieren auch viele Chancen für die Struktur der Gebiete widerspiegeln, etwa durch polyzentrale Stadt – die Stärkung der lokalen Ökonomie Segregation, überforderte Einrichtungen der sozialen und des dezentralen Tourismus in den Bezirken oder und kulturellen Infrastruktur, verwahrloste öffentliche die Qualifizierung der innerstädtischen Wohnquartiere Räume aber auch wirtschaftlich geschwächte und nicht im Sinne der klimagerechten, kompakten Stadt mit funktionierende Stadtteilzentren. Mischnutzung und kurzen Wegen.

Gleichzeitig ist zumindest in einigen dieser Gebiete In den vergangenen Jahren sind umfangreiche ein wachsender Entwicklungsdruck unverkennbar Fördergelder in die benachteiligten Quartiere geflossen, – etwa durch die Zunahme von Touristen und den in Form der Programme Quartiersmanagement bzw. vermehrten Zuzug von Studenten und „Kreativen“. soziale Stadt, Aktive Stadtzentren, Stadtumbau West Diese Entwicklung ist prinzipiell sinnvoll und und Aktionsräume plus; durch Vorzeigeprojekte gewollt, denn die Quartiere zeichnen sich durch eine wie den Campus Rütli sowie zuletzt im Rahmen der attraktive Bausubstanz aus, sind gut erschlossen und Festsetzung neuer Sanierungsgebiete, die zu einem eignen sich als Wohn- und Arbeitsquartiere für alle großen Teil in den benachteiligten Innenstadtquartieren gesellschaftlichen Schichten. Sie löst jedoch bei Teilen der liegen. Mit Hilfe dieses wichtigen stadtplanerischen Bevölkerung Ängste aus – vor Gentrifizierung und vor Instruments werden in den nächsten 15 Jahren rund Touristifizierung. Diese Ängste müssen Ernst genommen 216 Millionen Euro vorrangig für die Verbesserung von

18 Schulen, Kitas, Straßen und Grünflächen investiert. In Sanierung und Aufwertung entwickelt und diskutiert den benachteiligten Stadtquartieren überlagern sich werden, die den heutigen Anforderungen an die also mehrere Förderkulissen. Welche Erfolge mit den Gebiete gerecht wird? Können wir mit den Instrumenten bisherigen Maßnahmen erzielt wurden, wird jedoch der Sanierung von vor 30 – 20 – 10 Jahren den neuen nicht wirklich deutlich, im Gegenteil, das „Monitoring Fragestellungen überhaupt noch begegnen? Müssen soziale Stadt“ dokumentiert seit Jahren einen immer hier nicht neue Ansätze entwickelt werden, die auf weiter voranschreitenden Negativtrend. Fragestellungen wie das Thema der multiethnischen Stadt oder die Angst vor der Verdrängung, den Vor allem mangelt es an innovativen Konzepten für Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel die Gebiete. Das im Rahmen des Programms Aktive eingehen? Stadtzentren entwickelte Motto “Aktion! Karl-Marx- Straße – jung, bunt, erfolgreich” klingt recht banal und Und sind die Bezirke und vor allem die lokalen austauschbar. Was die „Aktionsräume plus“ leisten Planungsämter dieser Chance, aber gleichzeitig auch und ob sie nicht in erster Linie Ressourcen binden, dieser neuen Herausforderung überhaupt gewachsen? wird ebenfalls nicht deutlich, auch hier sind die bislang Was für neue Instrumente müssen entwickelt werden, vorgestellten Konzepte schwammig und erschreckend um „Sanierung“ durchzuführen? Die Konsequenz aus visionslos. der Befürchtung, durch städtebauliche Maßnahmen immobilienwirtschaftliche Aufwertungsprozesse auszu- Als zentrales Vorzeigeprojekt im nördlichen Neukölln lösen, kann ja nicht lauten, in diesen Quartieren auf ist der Campus Rütli geplant, die Aufwertung einer städtebauliche Projekte zu verzichten. Wie muss also „Problemschule“. Der städtebauliche Entwurf für den der Begriff der Aufwertung neu definiert werden? Campus konnte jedoch nicht überzeugend darstellen, Wie kann die private Wirtschaft stärker in diese wie sich der Campus öffnen und das mittlerweile sehr Prozesse eingebunden werden? Mit anderen Worten: lebendige Quartier einbeziehen wird. Im Gegenteil, hier Es wurde versäumt, vor der Ausweisung der neuen ist immer noch eine Abschottung nach Außen geplant. Sanierungsgebiete eine breite gesellschaftliche Diskussion Kann sich das Projekt mit dem vorhandenen Nutzungs- anzustoßen, was denn überhaupt die Merkmale einer und Gestaltungskonzept wirklich zu einem lebendigen, neuen Generation von Sanierungsgebieten sein sollen. attraktiven Anziehungspunkt des Stadtteils entwickeln? Und grundsätzlich: Welche neuen Funktionen müssen Welche Rolle soll in diesen Gebieten das Thema Einrichtungen der sozialen und kulturellen Infrastruktur der Baukultur, der städtebaulichen Qualität spielen. in den benachteiligten Stadtquartieren übernehmen, Muss nicht die städtebauliche und architektonische um mit den Herausforderungen der Gebiete umgehen Gestaltung der Projekte stärker ins Blickfeld rücken – zu können? Und welche Rolle sollte die Gestaltung weg von „so billig wie möglich“ zu Projekten, auf die spielen, wenn eine Erneuerung oder der Neubau von die Bewohner der Gebiete stolz sein und mit denen sie Infrastruktureinrichtungen geplant werden? sich identifizieren können?

Mit den neu ausgewiesenen Sanierungsgebieten fließt Doch der Blick auf die innerstädtischen Sanierungsgebiete viel Geld in die benachteiligten Stadtquartiere und die reicht nicht aus. Wenn Menschen verdrängt werden, öffentliche Hand hat mit der Ausweisung eine große dann oft an den Stadtrand, in die Großsiedlungen des Chance bekommen, städtebauliche Impulse zu setzen. sozialen Wohnungsbaus. Um diese Siedlungen kümmern Wie mit diesen zusätzlichen Geldern die Probleme gelöst sich nur wenige Spezialisten. Diese Siedlungen rücken werden sollen, bleibt jedoch unklar. Gibt es für diese nur dann ins Blickfeld von Politikern, wenn dort radikale „Sanierung“ überhaupt schon eine Leitidee, die über Parteien große Zuwächse bei Wahlen verbuchen. Das Allgemeinplätze hinausgeht? Muss nicht, bevor jetzt aber ist zu wenig. Wenn wir nicht aufpassen, ballen sich umfangreiche Maßnahmen in den Sanierungsgebieten dort die Probleme von morgen. geplant werden, erst mal eine völlig neue Definition von

Tobias Goevert DESIGN FOR LONDON Making space in dalston

Dalston, ein problembelastetes Quartier im Londoner Nahverkehr über die Station Dalston Junction und Bezirk Hackney, war in den vergangenen Jahren die – relative – Nähe zur City of London und zum starken Transformationsprozessen ausgesetzt. Eine Olympischen Park brachten den Stadtteil in das Visier deutlich verbesserte Anbindung an den öffentlichen der Immobilienentwickler und führten dazu, dass

19 einige kontroverse Wohnungsbauprojekte realisiert dann in adaptierter Form in einen langfristigen Status wurden. Der unterfinanzierten kommunalen Verwaltung überführt. Das brachliegende Bahngleis „Eastern Curve“ gelang es nur langsam und oft erst nachträglich, diese wurde seit dem Sommer 2010 Schritt für Schritt in ein Projekte sinnvoll in lokale Planwerke einzubetten. Viele Kunst- und Kulturprojekt und dann in einen temporären Anwohner standen den neuen Entwicklungen sehr community garden umgewandelt. Der Bau eines kritisch, aber ohnmächtig gegenüber, was auch darauf scheunenartigen Pavillons auf dem Nachbargrundstück zurückzuführen war, dass für die Neubauprojekte Teile entstand in Zusammenarbeit von Bewohnern, den des baufälligen historischen Ortskerns weichen mussten, von Design for London beauftragten Büros und dem darunter das verfallene Dalston Theatre (auch bekannt Künstlerkollektiv EXYZT. als „The Four Aces Club“). Der beliebte, aber etwas chaotische Ridley Road Market Unter der Regie von Design for London, der und die aufgrund des starken Autoverkehrs nicht Städtebauabteilung des Londoner Bürgermeisters besonders einladende Kingsland Road werden vorsichtig für strategisch wichtige Projekte, wurde eine an den umgestaltet. Um das Defizit an Grünräumen zu beheben, Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung orientierte sollen zahlreiche halb-öffentliche Räume wie die oft Stadterneuerungsstrategie entwickelt, die eine behut- kaum nutzbaren Freiflächen der Wohnsiedlungen aus same Reparatur und Aufwertung Dalstons zum Ziel hat. den 1960er Jahren, Parkplätze, Brachflächen oder Schul- Durch die enge Kooperation mit Design for London wurde und Kirchhöfe zu einem „verstreuten Parknetzwerk“ den Planern in der Bezirksverwaltung umfangreiches zusammengefügt werden. Der Gillette Square wird als Know-how an die Hand gegeben, wie auf innovative Veranstaltungsort und als temporärer Kinderspielplatz Weise mit einem Schwerpunkt auf Bewohnerbeteiligung, – die Spielgeräte sind mobil und können in einem nachhaltiger Stadtentwicklung und städtebaulicher Container verstaut werden – zu einer Bühne für das Qualität den komplexen Herausforderungen im Gebiet Engagement der Bürger. begegnet werden kann. Die Büros muf architecture/ art und J&L Gibbons Landscape Architects erarbeiteten „Making Space in Dalston“ zeigt eindrucksvoll, wie zusammen mit Design for London sowie mit community-, ein Stadtteil durch kleinteilige strategische Projekte Freiwilligen- und Künstlergruppen, Schulen und lokalen behutsam stabilisiert und städtebaulich geformt Gewerbetreibenden vielfältige Vorschläge, um Dalstons werden kann – auch wenn die Gefahr besteht, dass Potentiale besser für die Bevölkerung nutzbar zu machen. die Projekte die Verdrängung finanziell schwächerer Bevölkerungsschichten, darunter auch viele Künstler und Kreative, beschleunigen. Trotzdem war es erst einmal wichtig, eine ökologisch nachhaltige, sozial-integrative und die lokale Ökonomie stärkende Entwicklung Dalstons anzustoßen, um die Stagnation des Gebietes zu stoppen, den vom Immobilienmarkt ausgehenden Druck zu kanalisieren und Investitionen in Zukunft auch in lokale, bewohnerorientierte Projekten fließen zu lassen. Zahlreiche regionale, nationale und internationale Preise belegen den Erfolg der Strategie.

Making Space for Dalston, Community-garden in der Eastern Curve. Foto: Cordelia Polinna Dabei wurde ein prozesshaftes Gestaltungsprogramm von zunächst 76 Mikro-Projekten skizziert, die einer gemeinsamen Vision folgen, dem Motto „value what is there, nurture the possible, define what is missing“. Diese Strategie lässt die Zielsetzungen von Bezirk und Design for London für das Gebiet erkennen und ist auch nach außen gut kommunizierbar, was die Verhandlungsposition der Planer gegenüber den Akteuren im Gebiet stärkt.

Erste strategische Projekte wurden durch eine Finanzierung von Design for London angestoßen. Um auszutesten, ob die Ideen funktionieren, wurden einige Projekte erst als temporäre Nutzung angelegt und

20 Johanna Schlaack

Ortseingang Schönefeld an der Südachse nach Potsdam. Foto: Johanna Schlaack Die Stadtregion

Die Metropolregion Berlin Brandenburg ist zwar ein gern wieder zugeführt werden. Hier gilt es, eine neue Balance beschworenes Bild, im tagespolitischen Geschäft wird die zwischen Transitraum und Lebensraum zu finden. Nur stadtregionale Dimension jedoch meist völlig außer Acht auf der stadtregionalen Ebene kann so die Stärkung gelassen. Faktisch konzentrieren sich Pläne und Projekte der Vielfalt der Mobilität als zentrales Ziel nachhaltiger in der Innenstadt. Dafür gibt es gute Gründe, aber diese Stadtentwicklung angepackt werden. Pläne müssen in einem größeren planerischen Kontext legitimiert und eingebettet werden. Die große Vision Der zersiedelte Raum im Berliner Speckgürtel bietet für Berlin, und erst recht über die Stadtgrenze hinaus, mit seinen verinselten Siedlungsfragmenten, die meist fehlt aber – ein Leitbild für Berlins Stadtentwicklung lässt nicht mit dem öffentlichen Nahverkehr vernetzt sind, nach wie vor auf sich warten. Die Konsequenz ist eine ein trauriges Bild. Aufgaben wie die Eindämmung der isolierte Sichtweise der verschiedenen Akteure in Politik Zersiedelung und die Qualifizierung der vorhandenen und Verwaltung und eine verinselte städtebauliche suburbanen Landschaft müssen unverzüglich ange- Entwicklung in der Hauptstadtregion mit einem Flickwerk gangen werden, da sich gerade in den Randlagen von Projekten. Berlins die wirtschaftliche Entwicklung in gesichtslosen Gewerbe- und Wohnparks ballt. Gewerbegebiete und Was aber sind zentrale ordnende räumliche Elemente Verkehrstrassen müssen hierfür aus ihrem gestalterischen der Stadtregion? Das sind zum einen die großflächigen Schattendasein gehoben werden und ebenfalls Grünbereiche und zum anderen das Netz der Stadtteil- und räumlichen Ansprüchen an Nachhaltigkeit entsprechen. Ortsteilzentren mit den Strängen des nichtautomobilen Verkehrs und den großen Radialstraßen. Diese Mit Blick auf die Flughäfen in der Region, den bereits Kraftlinien der Region mit ihren Identifikationsorten, geschlossenen Flughafen Tempelhof, den noch zu an denen sich wichtige Einrichtungen konzentrieren, schließenden Flughafen Tegel und den zukünftigen die einen Mittelpunkt des Alltaglebens für viele Berliner Flughafen Berlin Brandenburg (BER), wird deutlich, bilden, müssen heute im Sinne eines „Zugangs für dass ein Zusammendenken dieser drei wichtigen Alle“ ihrer ursprünglichen Bedeutung und Attraktivität stadtregionalen Entwicklungspole nicht erfolgt. Diese

21 radikale Umstrukturierung des Berliner Luftverkehrs hat der wirtschaftlichen Entwicklung Berlins abspielt und auch auf dem Boden deutliche Auswirkungen, die sich auch zukünftig konzentrieren wird. Die beiden Seiten etwa in veränderten Verkehrsströmen, der Verlagerung des Dreiecks, zum einen die historisch gewachsene von Logistik- und anderen Gewerbebetrieben oder Süd-West-Achse zwischen der Berliner Innenstadt neuartigen Zentralitäten in der Stadt manifestieren und Potsdam und zum anderen der wirtschaftlich zu werden. Ein Bewusstsein für die entstehenden vermarktende Süd-Ost-Korridor vom Hauptbahnhof zunehmenden Ungleichgewichte in der Region muss über Adlershof zum neuen BER, haben sich bereits in den ressort- und verwaltungsübergreifend geschaffen Köpfen etabliert. Die Entwicklungsachse im südlichen werden. Es besteht die Möglichkeit, dass der Norden Berliner Umland vom zukünftigen Flughafen BER nach Berlins aufgrund der Schließung des Flughafens Tegel Potsdam wird bisher jedoch kaum wahrgenommen und und der daraus resultierenden Abwanderung von nicht in die Planung und Vermarktung miteinbezogen. Arbeitsplätzen wirtschaftlich weiter geschwächt wird. Im Über die bloße Wahrnehmung hinaus fehlt es vor allem Interesse einer Balance zwischen den Berliner Bezirken an Mut für klare räumliche und städtebauliche Visionen sollten daher Strategien gegen den Gewichtsverlust für die Entwicklungsachsen in der Stadtregion, die im der nördlichen Metropolregion vorangetrieben werden. Fall des Süd-Ost-Korridors nur zweidimensional in Dies verlangt unter anderem nach einem sinnfälligen Plänen existieren. Wie sollen diese wichtigen Stadträume Nachnutzungskonzept mit guter Erschließung für den aussehen, wie sollen sie funktionieren und gestaltet sein? Flughafen Tegel auf hohem Niveau, damit die dort Wie nimmt man diese wahr – aus dem Auto, aus der angesiedelten nicht direkt flughafenaffinen Branchen S-Bahn oder vom Fahrrad aus? Die Entwicklungsachse am Standort gehalten werden können und nicht in den BER – Potsdam verdient dabei als Schulterschluss Süden der Berliner Stadtregion abwandern. So könnte der Brandenburgischen Landeshauptstadt mit dem einem weiteren Zurückfallen des Nordens begegnet Hauptstadt-Airport besondere Aufmerksamkeit. Am werden. Rand der Kartenausschnitte ist eine gemeinde- und landesübergreifende Kooperation und Steuerung Das in der Region entstehende Kraftdreieck „Stadtmitte notwendig, damit periphere Räume nicht zu rein linearen – BER – Potsdam“ bedarf besonderer Aufmerksamkeit Transiträumen mutieren. und Steuerung, da sich in diesem Raum ein Großteil

Stefanie Bremer ORANGE EDGE Schaut auf diese stadt Verkehrsinfrastruktur als chance

Berlin hat das Potenzial, das Zukunftsthema „urbane einigen Jahren eine weitsichtige Mobilitätsstrategie, die Mobilität“ weiter zu konkretisieren und damit die mit kleinen Schritten Verkehr in verträgliche Bahnen ganze Stadtregion im Sinne eines nachhaltigen lenkt. Duisburg wendet das Prinzip des Shared Space Mobilitätskonzeptes zu qualifizieren. Die Europäische auf Hauptverkehrsstraßen an. London hat mit der Union gibt unter dem Stichwort „urbane Mobilität“ Congestion Charge den innerstädtischen Berufsverkehr eine neue Richtung in der Verkehrs- und Stadtpolitik mit dem Auto um 20 Prozent verringert und investiert vor: Nicht mehr die Stadt wird dem Verkehr angepasst, stark in die Erneuerung und den Ausbau seines sondern der Verkehr muss sich der Stadt anpassen. Nahverkehrsnetzes. Kopenhagen verlagert Parkraum Ein verbesserter öffentlicher Verkehr, eine Stadt der bewusst in unattraktive Parkhäuser und reduziert so kurzen Wege und ein neuer Individualverkehr, der mit auf subtile Weise das motorisierte Verkehrsaufkommen. umweltfreundlichen Fahrzeugen und höheren Car- Peking deckelt die Neuzulassungen von PKW durch Sharing Anteilen besser zum System Stadt passt. Gesucht eine Lotterie. Hongkong führt mit der Octopus Card ein wird ein intelligentes Verkehrsmanagement, das einen System ein, dass den Stadtbewohnern einen einfachen Beitrag zum Klimaschutz leistet und die Lebensqualität Wechsel zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln in den Städten steigert. Ein solches Verkehrskonzept ermöglicht. könnte sich zu einem wichtigen Standortfaktor im Wettbewerb der Städte entwickeln. Auch die Automobilindustrie stellt sich auf den Wandel ein: Nicht nur, dass der durchschnittliche Spritverbrauch Weltweit experimentieren Städte mit neuen Konzepten eines Neuwagens kontinuierlich abnimmt, immer mehr und ersten Pilotvorhaben: Zürich verfolgt schon seit Unternehmen verstehen sich als Mobilitätsdienstleister,

22 die für ihre Kunden eine gesamte Wegekette organisieren wird behutsam an die neuen Anforderungen angepasst – möchten: Das „Stadtrad“ der Deutschen Bahn ist dafür mit Ladestationen für Elektrofahrzeuge, mit einladenden ebenso ein Zeichen wie das „car2go“ Projekt von smart U-Bahneingängen, neuen Mobilitätsdienstleistungen in Hamburg oder die Überlegungen von Volkswagen zur und noch mehr Aufenthaltsqualität im Straßenraum „MicroCity“. für Fahrradfahrer und Fußgänger. Dabei entstehen Möglichkeiten und Anlässe für eine Qualifizierung der Diese Projekte markieren einen Neubeginn. Noch gehören angrenzenden Stadtgebiete. Die Straße wird wieder zur sie zur Avantgarde, die von aufgeschlossenen und Bühne des städtischen Lebens und erzeugt Impulse für interessierten Menschen genutzt werden. Die Bewohner den Standort als Wohn- und Arbeitsort der Westberliner und Besucher der Berliner Innenstadt zählen nicht selten Innenstadt. zu diesem Typ Menschen. Sie sind Early Adopters: jung, flexibel und/oder experimentierfreudig. Die Raum- und Der Ku’damm ist ein Beispiel. Unter den Linden, Verkehrsstruktur in Berlin bietet bereits eine solide Basis, Friedrichsstraße, Straße des 17. Juni, Avus, Leipziger um den Verkehr intelligenter zu steuern und damit das Straße, Bundesallee, Frankfurter Allee, Adlergestell: Leben in der Stadt attraktiver zu machen. Schon in der Berlin ist voll von interessanten Straßen mit vielfältiger Vergangenheit sind Vorleistungen erbracht worden, auf Geschichte. Sie alle bieten Möglichkeiten, sich mit den die heute aufgebaut werden kann. Mit der Gründung Straßen als Motor der Siedlungsentwicklung intensiver der BVG auf Initiative von Ernst Reuter entstand in auseinander zu setzen. Eine IBA mit entsprechendem den 1920er Jahren ein Nahverkehrsbetrieb, der die Thema oder ein Weißbuch böten dafür einen passenden Konkurrenz und Ineffizienz der bis dahin agierenden Rahmen. Einzelunternehmen überwand und den Grundstein für einen effizienten Betrieb legte. Dieses Potential muss gepflegt und weiter ausgebaut werden. Auch heute schafft Berlin immer wieder innovative Projekte oder Impulse, wie zum Beispiel das früh eingeführte Parkraummanagement oder die Novellierung der Stellplatzverordnung.

Fahrradverleihstation, Whitechapel, London. Foto: Cordelia Polinna

Noch mehr Stärke könnten diese Ansätze und Grundstrukturen entfalten, wenn sie in ein strategisches Gesamtkonzept eingebunden werden, das stadt- und verkehrsplanerische Aspekte mit wirtschaftlichen und kulturellen Belangen in Einklang bringt und neue Ideen und Verhaltensmuster breiten Bevölkerungsschichten zugänglich macht. Öffentlichkeitswirksamer Ansatz- punkte für solche integrierten Strategiekonzepte könnten bekannte Straßenräume bilden. Fachansätze und Strategien werden zu einem abgestimmten Projektpaket gebündelt, und der Bürger erlebt direkt vor Ort, welche Vorteile die neue urbane Mobilität bringt.

Der Kurfürstendamm feiert 2011 seinen 125-zigsten Geburtstag – ein guter Anlass, um die Straße zum Boulevard der urbanen Mobilität weiterzuentwickeln. Die Straße

23 KOMMENTAR

v.r.n.l.: Engelbert Lüdtke Daldrup (Staatssekretät a.D., BMVBS), Ephraim Gothe (SPD), Franziska Eichstädt-Bohlig (B90/Die Grünen), Harald Bodenschatz (Think Berl!n plus), Thomas Flier (Hermann-Henselmann-Stiftung). Foto: Aljoscha Hofmann

Engelbert Lütke Daldrup Einige Anmerkungen zum Plädoyer von Think Berl!n plus

I. Möglichkeitsräume und Zukunftsträume zersiedelte suburbane Landschaft genannt. Auch die Großstadtregion insgesamt. Hier muss kritischer geprüft In der Metropolregion Berlin gibt es „Möglichkeitsräume“ werden, welche der Bausteine des eingeforderten im Überfluss. Berlin versucht viele Orte gleichzeitig zu Stadtentwicklungsprogramms in überschaubaren entwickeln: Tegel, Adlershof, Tempelhof, den östlichen Zeiträumen tatsächlich umgesetzt werden können. Spreeraum mit Projekten wie Mediaspree, das Umfeld des neuen Großflughafens Berlin Brandenburg Willy Berlin muss sich räumlich stärker konzentrieren! Wer Brandt (Gateway BER), das zentrale Europaviertel überall entwickeln will, kommt nirgendwo richtig (Heidestraße), die Knotenpunkte Südkreuz, Ostkreuz, voran. Prioritäten hat meines Erachtens weiterhin die Nordkreuz, Westkreuz und vieles mehr. Innenstadt: Der Hauptbahnhof wartet schon zu lange auf ein angemessenes Umfeld, in der Mitte stellen Die zentrale strategische Frage lautet: Was kann warten der Raum um das Stadthaus, das Humboldtforum und wo muss in den nächsten Jahren dringend etwas sowie die Fertigstellung des Leipziger Platzes wichtige passieren? Hier sind Prioritätensetzungen nötig: Planung aktuelle Aufgaben dar. In der Mitte gibt es aber auch und Grundstückspolitik, öffentliche Investitionen Nachrangiges: Die von vielen liebevoll gepflegte und Fördermittel, die Schaffung von Baurechten Altstadt-Debatte zeugt eher von Phantomschmerzen und die Ökonomie der Aufmerksamkeit können in als vom echten Verständnis für den richtigen Zeitpunkt überschaubarer Zeit nicht jeden Entwicklungsraum wach für die Lösung eines Problems. Die Griechen sprechen in küssen. Vieles wird Entwicklungstraum bleiben! diesem Kontext vom καιρός. Wenn das Humboldtforum und die neue U-Bahn im Bau sind, kommt die Zeit für Auch die Gruppe Think Berl!n plus muss sich eine sinnvolle Debatte zum alten Zentrum. fragen: Wie viele Schlüsselräume kann die Stadt sich realistischerweise vornehmen? Was ist Pflicht und was ist Von anderen Städten kann man lernen, dass die Kür? Im Memorandum werden das Zentrum („Altstadt“ Konzentration auf wenige Projekte viel bringt: Hamburg und City-West), die ehemaligen Arbeiterquartiere, die konzentriert sich mit der Hafencity und dem Sprung großen Stadtbrachen, die Großsiedlungen und die über die Elbe erfolgreich auf die Innenstadt, München

24 hat mit der zügig entwickelten Messestadt Riem einige und Moderation, Strategien sind nötig und Bereitschaft, Jahre einen klaren Schwerpunkt gesetzt. die vorhandenen Instrumente aktiv zu nutzen: Flächen, Baurechte, Geld sind und bleiben zentrale II. Das Memorandum zwischen Wunsch und Instrumente zur Umsetzung planungspolitischer Ziele. Wirklichkeit Spannend wird die Frage, ob die Politik die „Privatisierung Das Plädoyer für ein Stadtentwicklungsprogramm der Stadt um jeden scheinbar guten Preis“ wirklich enthält unterschiedliche Forderungen: klare und richtige, stoppen will. In den Wahlprogrammen ist zwar davon die wie einen Genehmigungsstopp für großflächigen Einzel- Rede, dass „öffentlicher Grund und Boden in Wohnge- handel außerhalb der Zentren oder die Durchführung bieten für den sozialen Zusammenhalt eingesetzt werden einer Charrette für den östlichen Spreeraum. Daneben soll“ (SPD), oder dass man „in Erhaltungsgebieten stehen schon oft gehörte relativ allgemeine Wünsche wie Vorkaufsrechte an Grund und Boden aktiv nutzen“ die Stärkung der Vielfalt der Mobilität, die qualitätvolle wolle (Bündnis 90 / Die Grünen). Wir werden nach den Gestaltung von Gewerbegebieten und Verkehrstrassen, Wahlen sehen, ob tatsächlich umgesteuert wird, wie die Verbesserung der Bildungschancen für benachteiligte es der Beirat des Stadtforums eingefordert hat: „Im Bevölkerungsgruppen. Einige Forderungen werden Zuge der notwendigen Rückgewinnung der Initiative wohl Wunschträume bleiben. Dazu gehören die der öffentlichen Hand bei der Stadtentwicklung sollte absolute Priorität der Umnutzung von Brachflächen vor auch die Liegenschaftspolitik zum Wohle der gesamten Projekten auf der „grünen Wiese“ oder das tatsächliche Stadt wieder ein echtes Politikfeld werden. [...] es gibt Wirksamwerden einer gemeinsamen Landesplanung. gute Beispiele in anderen Städten (z.B. Hamburg), die ihre Liegenschaftspolitik gezielt für die Umsetzung von So leicht die programmatischen Imperative „Abschied Zielen der Stadtentwicklung einsetzen.“ vom Archipel“ oder „die Metropolregion ist der Maßstab“ formuliert sind, so schwer ist die planerische Einsicht „die Zukunft der Stadt ist die Region“ umzusetzen. Schon die Wahlprogramme der Parteien für die Abgeordnetenhauwahl im September zeigen, dass die Region nur am Rande erwähnt wird und die Metropolregion gar nicht vorkommt! Nur in den Sonntagsreden ist die Metropolregion präsent: „Ob und wie Berlin seinen Aufgaben als deutsche Hauptstadt und als europäische Metropole gerecht werden kann, hängt davon ab, ob die Metropolenregion insgesamt ein tragfähiges wirtschaftliches Fundament für das 21. Jahrhundert findet.“ So Matthias Platzeck am 12. Juni 2006 in seiner Hauptstadt-Rede „Berlin und wir“. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass mit der gescheiterten Länderfusion die Metropolregion auf absehbares Zeit nur Lippenbekenntnis und keine Realität sein wird.

III. Integriert denken, klare Regeln verabreden, gut gestalten und umsetzen wollen.

Viele der von Think Berl!n vorgeschlagenen Aufgaben des Stadtentwicklungsprogramms sind ausdrücklich zu unterstützen: Richtig ist es, die Bestandsentwicklungsstrategien ins Zentrum zu rücken, Prioritäten und Posteriotäten bei den Projekten neu zu diskutieren und klare Regeln zu definieren und ihre Einhaltung einzufordern. Die Essentials der Stadtentwicklungspläne sind nicht nur von der Stadtentwicklungsverwaltung, sondern vom gesamten Senat umzusetzen.

Der Qualitätsdiskurs darf nicht beim einzelnen Haus stecken bleiben, er braucht eine stadtentwicklungs- politische Fundierung und klare Spielregeln: Prozess und Produkt sind wichtig. Es geht also nicht nur um Diskurs

25 Harald Bodenschatz, Tobias Goevert, Aljoscha Hofmann, Cordelia Polinna, Christian von Oppen und Johanna Schlaack Berlin gestalten Wieder handlungsfähig werden

Berlin spart, die Verwaltung schrumpft und altert. Die in Planungsprozesse, Projekte, planerische Konzepte und Instrumente zur Gestaltung der Stadt sind stumpf Leitlinien einzubetten. BERLIN gestalten arbeitet mit der geworden und müssen wieder geschärft werden. Die für bestehenden Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, den Löwenanteil der Stadtplanung zuständigen Bezirke den Planungsämtern der Bezirke und anderen an der – quantitativ Großstädte – sind aufgrund fehlender städtebaulichen Planung beteiligten Akteuren aus Ressourcen und Personal weitgehend überfordert. Ist es Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammen, die Arbeit vor diesem selbst verschuldeten Hintergrund überhaupt zielt auf Kooperation und nicht auf Konfrontation. BERLIN möglich, der Lähmung der Stadtentwicklung entgegen zu gestalten soll keine „Gegenabteilung“ sein und keine wirken? Ist die künftige Stadtentwicklungspolitik in der „Gegen- oder Parallelplanung“ erarbeiten, sondern auf Lage, Antworten auf die wachsenden Herausforderungen Basis der Stadtentwicklungsplanung zur Konkretisierung zu finden? Wie kann die inzwischen eher zahnlose und Umsetzung planerischer Konzepte beitragen. Verwaltung wieder handlungsfähig werden? Die Berliner Verwaltung kann nicht nur, sie muss mittelfristig wieder Der Großteil der Arbeit von BERLIN gestalten besteht wendig und aktiv werden. Zunächst bedarf es jedoch darin, die planende Verwaltung in den Bezirken und dringend einer Zwischenlösung. auf Landesebene zu beraten und zu unterstützen – in Bezug auf Schlüsselprojekte, auf Projektsteuerung und Wir schlagen daher vor, eine neuartige, kleine, operative Umsetzung komplexer Vorhaben, auf städtebauliche Planungsabteilung einzurichten, die versucht, an Konzepte, aber auch auf großräumige und stadtweite Orten mit besonderen Herausforderungen mittels Strategien. Den unterfinanzierten bezirklichen Planungs- strategischer Planungsprojekte die Ziele des Berliner ämtern werden hochqualifizierte Experten an die Stadtentwicklungsprogramms umzusetzen. Diese Ab- Seite gestellt, die bei der Gestaltung, Kommunikation teilung – vielleicht mit dem Namen „BERLIN gestalten“ und Umsetzung von städtebaulichen Projekten und – könnte für Orte eingesetzt werden, die schon lange Freiraumplanungen und bei der Suche nach „guten“ als „Problemfälle“ der Stadtentwicklung gelten, wo Architektur- und Planungsbüros Unterstützung leisten. Konflikte schwelen, wo Bezirke und die Senatsverwaltung BERLIN gestalten wird von einer anerkannten Fach- für Stadtentwicklung nicht zueinander finden. Orte, für persönlichkeit geleitet und genießt politischen Rückhalt die es überhaupt schwer fällt, eine zündende Idee zu auf höchster Ebene. Dadurch verbessert sich die entwickeln, obwohl vielleicht Fördergelder bereit stehen, Verhandlungsposition mit Akteuren innerhalb, aber vor wo es unterschiedliche Zielvorstellungen zwischen allem auch außerhalb der Verwaltung. Verwaltung und Anwohnern gibt oder wo Projekt- entwickler einen starken Druck ausüben. An Orten Das „Einfangen und Steuern“ städtebaulicher Vorhaben, in Berlin, auf die derartige Konstellationen zutreffen, die vorrangig durch private Investoren entwickelt mangelt es nicht: Erinnert sei an die östliche Stadtspree, werden, beispielsweise im Umfeld des Hauptbahnhofes an das Eingangstor zum bald frei werdenden Flugfeld oder an der östlichen Stadtspree, ist vor dem Hintergrund am Kurt-Schumacher-Platz, an den Steglitzer Kreisel einer angespannten Haushaltslage eine zentrale Heraus- samt Umfeld, an das Quartier um den Hauptbahnhof, forderung für BERLIN gestalten. Diese Projekte sollen an das Rathausforum bzw. an die gesamte ehemalige mit Hilfe von guten Alternativentwürfen, aber auch mit Altstadt, aber auch an die neu ausgeschriebenen dem starken, öffentlich kommunizierten Rückhalt durch Sanierungsgebiete. die politische Führung Berlins in eine Richtung gelenkt werden, die den Zielen der strategischen Planung der BERLIN gestalten soll die Arbeit der Senatsverwaltung Stadt entspricht. Neben dem „Einfangen“ schwieriger und der Bezirke nicht ersetzen, aber um eine Option und bereits laufender Planungen ist der zentrale Aspekt ergänzen, die ohne Scheu vor eingefahrenen Strukturen der Herangehensweise von BERLIN gestalten, zu einem und vor bürokratischen Hürden konkrete Lösungen für sehr frühen Zeitpunkt in die Planungsprozesse mitein- die planerischen Probleme vor Ort findet. Kernaufgabe bezogen zu werden, so dass die strategischen Ziele von von BERLIN gestalten sollte es sein, höchste Qualitäts- Beginn an in die Projekte einfließen können. Die Projekte standards in der architektonischen und städtebau- werden dann kontinuierlich durch BERLIN gestalten lichen Gestaltung sowie Ressourceneffizienz, Sozial- begleitet – von der aktiven Bürgerbeteiligung bis hin zum verträglichkeit und Klimafreundlichkeit einzufordern und Abschluss der Realisierungsphase.

26 Der Einfluss von BERLIN gestalten beschränkt sich nicht (zumindest geringfügige) Mittel bereitstehen. Die auf das Stadtzentrum und macht an Bezirks- oder langfristige Begleitung der Entwurfsprozesse führt zu Landesgrenzen nicht halt. Denn es ist wichtig, Orte in einem besseren Verhältnis der Akteure zueinander, ihrem funktionalen Zusammenhang zu analysieren und fördert die Weiterentwicklung von Ideen und Entwürfen, zu bearbeiten, die Eigenheiten des Ortes zu klären und stärkt die öffentliche Kontrolle der Ergebnisse und dabei gleichzeitig die strategischen Entwicklungsziele ermöglicht die Entwicklung von Alternativen im Falle der für die gesamte Stadt-Region im Blick zu behalten. Vor Veränderung der Rahmenbedingungen. allem in den Bereichen außerhalb des Zentrums, in den als „benachteiligt“ geltenden Innenstadtquartieren, Die Projekte, die in Kooperation mit anderen Akteuren in den Großsiedlungen und in den vielen zersiedelten durch BERLIN gestalten realisiert werden, sind als Gebieten außerhalb des S-Bahnringes wird über die Vorbilder zu verstehen, als Meßlatte, an der sich die Vor- Arbeit von BERLIN gestalten die städtebauliche und haben privater Investoren in Hinblick auf gestalterische architektonische Gestaltung wieder stärker ins Blickfeld Anforderungen, Nachhaltigkeit, Funktionalität und rücken. Die Devise „so billig wie möglich“ wird aufgeben, Planungsprozesse orientieren sollen. und es werden gezielt Projekte realisiert, auf welche die Bewohner (wie auch die Verwaltung) stolz sein und mit Das Konzept für BERLIN gestalten antwortet auf denen sie sich identifizieren können, die neue lokale die besonderen Herausforderungen der deutschen Zentren der Stadtteile bilden und zur Umsetzung des Hauptstadt. Dennoch ist es keine völlige Neuerfindung, Stadtentwicklungsprogramms beitragen. sondern profitiert von der zehnjährigen Erfahrung der strategischen Städtebauabteilung des Londoner BERLIN gestalten konzentriert sich auf Projekte, bei denen Bürgermeisters, Design for London. Auch wenn London der Einfluss der öffentlichen Hand durch die Vergabe in vielen Aspekten nicht mit Berlin zu vergleichen von Fördergeldern oder die Erteilung von Planungsrecht ist, bestehen doch einige Anknüpfungspunkte: In in vergleichsweise großem Umfang gewährleistet ist. beiden Städten gibt es eine komplizierte Verteilung Bei ohnehin durchzuführenden Infrastruktur- und der stadtplanerischen Zuständigkeiten auf Bezirke und Verkehrsprojekten sowie bei Tiefbaumaßnahmen wird Gesamtstadt, beide Städte kämpfen mit abnehmenden geprüft, wie diese Projekte zur attraktiven und fuß- Spielräumen der öffentlichen Haushalte und müssen gängerfreundlichen Umgestaltung öffentlicher Räume deshalb neue Ansätze für die strategische Planung beitragen können. Zudem nutzt BERLIN gestalten die entwickeln. Grundstückspotentiale des Liegenschaftsfonds, um die strategischen Entwicklungsziele Berlins umzu- Die Wurzeln von Design for London liegen in der setzen. Zur Realisierung der Projekte greift BERLIN „Architecture and Urbanism Unit“, die 2001 von gestalten auf Förderprogramme zu, die für strategisch Richard Rogers unter dem Dach der Greater London wichtige Gebiete bereits heute bereit stehen, etwa für Authority, der regionalen Regierung Londons gegründet Sanierungsgebiete oder für Aktionsräume plus, für worden war. Die Position der Abteilung innerhalb gewerbliche Ansiedlungen oder für Infrastrukturprojekte. der Verwaltung ist einzigartig: Ihre Existenz ist dem Durch die Auswahl von Projekten setzt BERLIN gestalten besonderen Interesse des Bürgermeisters zu verdanken, dort Prioritäten, wo bestehende Potentiale gestärkt und und sie ist in keinem Gesetz festgeschrieben. Design eine wahllose Streuung von Interventionen vermieden for London entwickelt städtebauliche Ideen in einem werden soll. Netzwerk von Partnern und arbeitet auf allen Ebenen, von der strategischen Planung bis zum konkreten BERLIN gestalten ist eine Einrichtung auf Zeit, eine Entwurf und der Realisierung. Zusätzlich berät das Team Zwischenlösung, bis die Verwaltungen der Bezirke und die gesetzlich verankerten Planungsabteilungen der des Landes wieder aus eigener Kraft vorausschauend Greater London Authority in Fragen zur gestalterischen agieren können. Die Abteilung könnte zunächst für zwei Qualität. Weitere Schwerpunkte von Design for London Jahre bestellt werden – mit der Option auf Verlängerung. liegen in der Unterstützung der lokalen Planungsämter In ihr arbeiten vielleicht acht engagierte, teamfähige bei der Gestaltung und Umsetzung von Projekten auf Fachpersonen, mit sehr guten lokalen wie internationalen allen Maßstabsebenen. Mit einem Budget von unter Erfahrungen. Die Abteilung wird direkt der Führung der zwei Millionen Euro jährlich widmet sich die Abteilung Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unterstellt. Durch zudem besonders herausfordernden Projekten, die sich diese starke Position innerhalb der Verwaltung gelingt unter privater oder kommunaler Regie gar nicht oder es BERLIN gestalten, hochqualifizierte und dynamische nicht in wünschenswerter Richtung entwickeln würden. Fachleute anzuziehen. Sie verfügt über ein (kleines) Design for London (www.designforlondon.gov.uk) wird eigenes Budget, um Konzepte und Machbarkeitsstudien heute bei vielen Fachleuten in Europa als „Speerspitze“ in Auftrag geben zu können, wie die gestalterische in Fragen der städtebaulichen Gestaltung und des Qualität der Projekte sowie deren ökologische, soziale vorausschauenden Planens in Großstädten gesehen. und wirtschaftliche Nachhaltigkeit erhöht werden können. Auch zur Umsetzung eigener Ideen sollten

27 Presseerklärung

Franziska Eichstädt-Bohlig, MdA, Bündnis 90/Die Grünen Dr. Thomas Flierl, MdA, DIE LINKE Ephraim Gothe, Stadtrat für Stadtentwicklung, SPD

Berlin, 3. Mai 2011

Think Berl!n plus macht nicht einzelnen Parteien, sondern ebenso wie die erhaltende Erneuerung der städtebaulichen der Politik insgesamt den Vorwurf, dass der Planungs- Strukturen der DDR-Zeit eine zentrale Herausforderung. und Baukultur und den Aufgaben der Bestandspflege, Auch das Parlaments- und Regierungsviertel und der Wohnungspolitik, der Bildungsinvestitionen, das Quartier um den Hauptbahnhof stehen zu Recht des Klimaschutz, des öffentlichen Raums und des im Fokus der Öffentlichkeit. Hier gilt es, in einem nachhaltigen Verkehrs mit ihrer wechselseitigen Aushandlungsprozess mit Bund und Eigentümern für Verknüpfung sowohl in den Wahlprogrammen als auch eine urban gemischte Nutzungsstruktur und erstklassige in der Tagespolitik zu wenig Beachtung geschenkt wird. Architektur zu kämpfen.

Dazu sagen wir parteienübergreifend: Ja, das ist richtig. Um weiterhin eine Metropole urbaner Lebensqualität zu bleiben, muss Berlin die vielfältigen Wohnungs- Berlins Ringen um ein gesamtstädtisches Leitbild ebenso baupotenziale innerhalb des S-Bahnrings aktivieren, und wie um einzelne Projekte der Stadtentwicklung hat in zwar für Menschen aller sozialen Milieus. Dies ist mit den letzten Jahren stark nachgelassen. So fehlte eine mietrechtlichen Initiativen zum Schutz der einkommens- gestaltende Wohnungspolitik, die den Zuzug junger schwächeren Bewohner vor Verdrängung in die Familien in die Innenstadt ebenso unterstützt wie die Stadtrandsiedlungen zu verbinden. Die Siedlungen am Stärkung von sozial benachteiligten Nachbarschaften. Stadtrand brauchen ihrerseits mehr urbane Qualitäten Auch hat die Tatsache, dass Berlin nur noch über sehr und eine sozial ausgewogene Bewohnerstruktur. wenig Geld für städtebauliche Investitionen verfügt, zu einer starken Abhängigkeit von Investoreninteressen Berlins polyzentrale Gliederung und die Vielfalt der geführt. Beispielsweise hat Friedrichshain-Kreuzberg bezirklichen Einkaufstraßen ist zu erhalten, mit Kultur und nicht das Geld, den Grünstreifen an der Eastside-Galerie sozialen Einrichtungen zu verknüpfen und vor weiteren zu finanzieren. Dies konnte nur im Rahmen eines großflächigen Einkaufszentren zu schützen. Dies gilt städtebaulichen Vertrages mit den Investoren auf dem ebenso für die wohnortnahen Nahversorgungszentren. Anschutzgelände realisiert werden. Der Preis ist eine überhöhte Grundstücksausnutzung und Verdichtung. Grundsätzlich gilt: Berlin muss selbst wieder mehr aktiv gestaltend investieren. Senat und Bezirke müssen den Damit können aber nicht Planungsfehler wie die reine privaten Investoren klare und stadtentwicklungspolitisch Hotel- und Büronutzung am Hauptbahnhof oder die sinnvolle Vorgaben machen und Anforderungen in überverdichtete Bebauung der Mercedesworld am Bezug auf bezahlbaren Wohnungsbau, Klimaschutz und Salzufer oder die überbordenden Einkaufszentren an der ihre Beteiligung an Infrastrukturinvestitionen stellen. Landsberger Allee etc. legitimiert werden. Der Berliner Städtebau der letzten Jahre war stark davon geprägt, dass Senat und Bezirke viele Investitionen unabhängig von ihrem stadtentwicklungspolitischen Nutzen und von ihrer städtebaulichen und baulichen Qualität genehmigt haben.

Berlins Stadtentwicklungspolitik muss sich dem Vergleich der großen Metropolen weltweit stellen. Darum setzen wir uns als Repräsentanten der Parteien SPD, Linke und Grüne gemeinsam dafür ein, dass Berlin planungspolitisch wieder mutiger und handlungsfähiger wird.

So ist für die Mitte Berlins als dem politischen, kulturellen und wissenschaftlichen Zentrum der Gesamtstadt die behutsame Re-Urbanisierung historischer Quartiere

28 Presse echo

Debatte über Stadtentwicklung kompensiert werden, was soll dort entstehen? Profitieren, Blick fürs große Ganze das erwartet „Think Berl! n +“, wird der Bereich um die Verbindungslinie zwischen dem neuen Großflughafen in Markus Langenstrass Schönefeld und Potsdam. Und ein weiterer Konflikt sei Der Tagesspiegel, 4. Mai 2011 ungelöst: „Das Verhältnis City-West zu Mitte ist bisher nicht geklärt.“ SPD, Grüne und Linke proben im Arbeitskreis die Wende in der Stadtentwicklung – und suchen ein Leitbild für Wer den Blick vom Einzelprojekt zum Ganzen weite, die Metropolenregion. Austauschbare Architektur wie müsse auch fragen, ob ein mit Bürotürmen zugebautes zuletzt am Hauptbahnhof halten Forscher für wenig Spreeufer noch attraktiv für Berlin-Touristen ist. Es mache nachhaltig. auch keinen Sinn, ohne überbezirkliche Absprachen Technologieparks zu bauen, sagt Harald Bodenschatz. Wer Großes im Blick hat, stolpert schnell übers Kleine. Acht solcher Parks gibt es bereits. Die konkurrierenden Und sei es nur ein Abflugtermin. Mit dem hatte Ex- Bezirke versuchten, Projekte in den eigenen Park zu Kultursenator Thomas Flierl (Linke) auf dem Rückweg locken. Franziska Eichstädt-Bohlig kritisiert: „Wenn der aus dem Osterurlaub Probleme. Dabei hätte er den Senat keinen Schwerpunkt setzt, dann verhalten sich Journalisten im Abgeordnetenhaus gern selbst vom Bezirke wie klassische Umlandkommunen: Jeder kämpft fehlenden großen Leitbild in der Berliner Stadtentwick- für sich allein.“ lung erzählt. Wahlkampf ist Zeit für Visionen. Austauschbare Architektur wie zuletzt am Hauptbahn- So hing es an Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe hof, wo ein Hotel eine Qualitätsdebatte ausgelöst hatte, (SPD) und der grünen Stadtentwicklungsexpertin halten die Forscher für wenig nachhaltig. Das Beispiel Franziska Eichstädt-Bohlig, die Ideen der rot-rot- London habe aber gezeigt: Ein Umdenken ist möglich. grünen Arbeitsgruppe vorzustellen. Die denkt seit September darüber nach, was schiefgelaufen ist in der Stadtentwicklungspolitik.

„Wo soll Berlin eigentlich hinentwickelt werden“, fragt Eichstädt-Bohlig. Da habe es bei Parteien und Senat bisher kaum Ideen gegeben.

In Kooperation mit „Think Berl!n +“, einem Wissen- schaftlerteam von der TU, erarbeitet die ungewöhnliche Koalition Vorschläge zur Stadtentwicklung: Nicht mehr kleine Ausschnitte, sondern die gesamte Metropolenregion müsse der Maßstab sein. Drei Viertel aller Berliner wohnten nicht im Innenstadtbereich, dennoch konzentriere sich die Planung bisher fast nur darauf, sagt Harald Bodenschatz, Architektursoziologe an der TU. „Auch Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus müssen endlich in der Stadtentwicklung Thema werden.“

Dass SPD-Mann Ephraim Gothe Berlins Stadtentwicklung seit Jahren als Baustadtrat selbst mitgestaltet, hindert ihn nicht, den Senat zu kritisieren. „Ich habe das Gefühl, dass nach Fertigstellung des Hauptbahnhofs in Berlin die Meinung herrscht, die Stadtentwicklung sei jetzt abgeschlossen.“ Seine Chefin Ingeborg Junge-Reyer habe es schwer, im Senat mit dem Thema anzukommen. Aus Sicht der Wissenschaftler geht es aber nicht ohne politische Richtungsentscheidungen. Bei vielen Fragen drängt die Zeit: Was passiert mit dem Nordosten, wenn Tegel geschlossen wird? Wie kann der Flughafen

29 Planlose Hauptstadt Dazu gehören schärfere Maßnahmen gegen die Berlin: Politiker und Wissenschaftler fordern Zweckentfremdung von Wohnraum, restriktivere »Leitbild« für die künftige Stadtentwicklung. Regelungen und erweiterter Mieterschutz bei der Senat läßt Mieter im Regen stehen Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, mietbegrenzende Milieuschutzsatzungen zum Erhalt Rainer Balcerowiak der Sozialstruktur bestimmter Gebiete und ein anders junge Welt, 4. Mai 2011 gewichteter Mietspiegel. Gegen exorbitante Preisspünge bei Neuvermietungen gebe es allerdings keine Handhabe Es wird wohl eines der ganz großen Themen des auf Landesebene, bedauerte die Politikerin. Berliner Wahlkampfes sein. Angesichts deutlicher Mietsteigerungen und der damit verbundenen SPD-Stadtrat Gothe wies den Vorwurf der Untätigkeit Verdrängung Einkommensschwacher aus den begehrten zurück. Der Senat habe neue Sanierungsgebiete innerstädtischen Wohngebieten spielt die künftige ausgewiesen und werde viel Geld in die Hand nehmen, Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik eine zentrale um heruntergekommenen Kiezen wie z.B. rund um Rolle für die Entwicklung Berlins. die Brunnenstraße (Wedding) und die Turmstraße (Moabit) eine Entwicklungsperspektive zu geben. SPD, Grüne und Linke sind sich einig, daß einiges Daß eine derartige Aufwertung ohne umfassenden im argen liegt, und wollen gemeinsam einen Mieterschutz besagte Verdrängungsprozesse beschleu- entsprechenden Diskussionsprozeß in Gang bringen. nigen könnte, sieht Gothe nicht. Es werde dort »keine Dazu soll auch der wissenschaftliche Kongreß »Think neuen Kollwitzplätze geben«, so der Stadtrat in Berlin – ist Stadtentwicklung nach der Wahl egal?« Anspielung auf ein Nobelquartier im Prenzlauer Berg. beitragen, der am 6.Mai in der Technischen Universität Wohnungspolitische Akzente will Gothe vor allem Berlin stattfindet. Unterstützt wird er unter anderem von durch die bevorzugte Vergabe von innerstädtischen den Stiftungen der drei Parteien. Einen Vorgeschmack Grundstücken in Erbpacht an private Baugruppen auf die Veranstaltung gab es am Dienstag bei einem und kleine Genossenschaften setzen. Doch in der Pressegespräch, an dem neben Mitarbeitern der vor Liegenschaftspolitik sorgen die beiden bislang zwei Jahren gegründeten Projektgruppe »Think Berl!n« entscheidenden Senatoren Ulrich Nußbaum (Finanzen, auch die stadtentwicklingspolitische Sprecherin der SPD) und Harald Wolf (Wirtschaft, DIE LINKE) nach wie Grünen im Abgeordnetenhaus, Franziska Eichstädt- vor für eine diametral entgegengesetzte Praxis. Und Bohlig, und der für dieses Ressort zuständige Stadtrat ohnehin sind mit derartigen »Alternativprojekten« von Berlin-Mitte, Ephraim Gothe (SPD), teilnahmen. Der massive Verdrängungsprozesse nicht aufzuhalten. ebenfalls angekündigte ehemalige Kultursenator und Stadtentwicklungsexperte Thomas Flierl (DIE LINKE) war kurzfristig verhindert.

Der Planungs- und Architektursoziologe Harald Bodenschatz von der TU Berlin vermißt bei allen Parteien so etwas wie ein »Leitbild« für die Stadtentwicklung. Planungen erfolgten viel zu kleinteilig und ignorierten häufig Wechselwirkungen mit anderen Teilen der Stadt und der Umlandregion. Zudem sei der Umgang mit den landeseigenen Liegenschaften auf möglichst schnellen und teuren Verkauf an irgendwelche Investoren ausgerichtet, ohne nähere Prüfung, ob deren Pläne in ein Gesamtkonzept paßten. Bodenschatz und seine Mitarbeiter plädierten dafür, Grundstücke vorrangig in Erbpacht zu vergeben und verlangten vom Senat ferner konkrete Schritte, um die Verdrängung Einkommensschwacher im Zuge der »Aufwertung« bestimmter Stadtteile wenigstens einzudämmen.

Das wollen laut Eichstädt-Bohlig auch die Grünen. Doch der Senat habe praktisch nichts unternommen und lediglich auf geplante Bundesratsinitiativen für Änderungen im Mietrecht verwiesen. Dafür seien aber keine Mehrheiten in Sicht. Die Politikerin verwies auf Vorschläge ihrer Partei, »eingemottete« Instrumente zur sozialen Stadtentwicklung wieder verstärkt einzusetzen.

30 Eine Vision bitte, Herr Wowereit Stadtplanung entwickelt. Hauptpunkte: Entwicklung Junge Stadtplaner verlangen ein schlüssiges einer Vision für die Metropolenregion Berlin, wobei man Konzept sich nicht nur auf die Innenstadt kaprizieren dürfe. Drei Viertel der Bewohner wohnten außerhalb des Zentrums. Thomas Rogalla Wichtig sei auch, endlich in Zusammenhängen zu Berliner Zeitung, 7. Mai 2011 planen und Projekte nicht isoliert voneinander zu entwickeln, etwa das Flughafengelände Tegel und den Man muss kein professioneller Planer oder Architekt Freiraum am Fernsehturm in Mitte. Planungsaspekte wie wie Aljoscha Hofmann, Johanna Schlaack oder Harald Klimaschutz, soziale Stadt oder ökologische Entwicklung Bodenschatz von der Initiative “Think Berl!n plus” gehörten zusammen. Grundstücke der Stadt müssten sein um festzustellen, dass in der Stadtentwicklung wieder als wichtiges Gut für die Stadtentwicklung vieles schiefläuft. Auch den Laien schmerzt, dass der wertgeschätzt werden, statt sie an den Höchstbietenden architektonisch anspruchsvolle Hauptbahnhof mit zu verscherbeln. billigsten Hotelbauten verschandelt wird und dass sich das Gebiet um den Bahnhof nicht als hochwertiges Die Entwicklung des Bestands sei vorrangig vor neuen Entree der Stadt, sondern als pommesbudenbestellte Projekten: Sie dürften nicht weiter dort entstehen “wo Brache darbietet. Mehr noch als die Kritik an gerade Platz ist oder sich ein Investor meldet”. Und direkt diesen Unzulänglichkeiten, an den vielfach isoliert an Klaus Wowereit ist die Aufforderung gerichtet, ein nebeneinander betriebenen Bauprojekten auf Landes- gemeinsam erarbeitetes Stadtentwicklungsprogramm und Bezirksebene stört “Think Berlin” nach Lektüre der offensiv zu vertreten: “Auf politische Führung in Wahlprogramme der Parteien, dass dort wenig über eine stadtentwicklungspolitischen Fragen haben wir in Berlin bessere Stadt- und Regionalplanung für Berlin zu finden bislang vergeblich gewartet.” sei.

Darüber sollte am Freitagabend mit Umweltsenatorin Katrin Lompscher (DIE LINKE), Mittes Stadtentwicklungs- stadtrat Ephraim Gothe (SPD), dem Ex-Kultursenator und Linksparteiabgeordneten Thomas Flierl und der grünen Stadtentwicklungsexpertin Franziska Eichstädt-Bohlig diskutiert werden.

Letztere hat als Oppositionspolitikerin vielfach Kritik an der Stadtentwicklungspolitik der rot-roten Koalition geübt. Verblüffend ist, dass Flierl, der stadtent- wicklungspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist und Gothe, der etliche der kritisierten Planungen in Mitte mitverantwortet, in einer gemeinsamen Presseerklärung mit der Grünen eingestehen: Ja, die Kritik von “Think Berlin”, dass es in den Wahlprogrammen und der Tagespolitik an Aufmerksamkeit für Planungs- und Baukultur, für die Wohnungspolitik, für Investitionen in Klimaschutz und Bildung und an vielem anderen fehle, sei berechtigt.

Vieles sei der Tatsache geschuldet, dass Berlin mangels Bargeld auf die Interessen der Investoren habe eingehen müssen, heißt es entschuldigend. Damit könnten aber nicht Planungsfehler wie die reine Hotel-und Büronutzung am Hauptbahnhof oder die überverdichtete Bebauung der Mercedes-Niederlassung am Salzufer legitimiert werden. Auf die Frage, warum er – gewissermaßen in außerparlamentarischer Opposition gegen sich selbst – die “Think Berl!n”-Kritik unterstütze, sagte Flierl, er wolle die politische und die planerische Fachwelt zusammenbringen.

Die jungen Planer haben für “die Politik” ein Memorandum mit Anforderungen für die künftige

31 „Think Berl!n“ wurde 2009 von Aljoscha Hofmann, Cordelia Polinna, Jana Richter und Johanna Schlaack – Stadtplaner, Architekten und Wissenschaftler der TU Berlin – gegründet. Die Initiative entstand aus der Idee, die Debatte über die Berliner Stadtentwicklung um eine junge, zugleich wissenschaftliche und praktische Position aus Architektur und Stadtplanung zu bereichern. Für das Projekt „MEMORANDUM“ wurde „Think Berl!n“ erweitert zu Think Berl!n plus um Christian von Oppen von der Bauhaus-Universität Weimar und Harald Bodenschatz von der TU Berlin, der gemeinsam mit Thomas Flierl (Herrmann Henselmann Stiftung) die Initiative zu diesem Projekt ergriffen hat. Von Anfang an wurde das Projekt von Franziska Eichstädt-Bohlig, Thomas Flierl und Ephraim Gothe kritisch begleitet, gefördert, kommentiert und entschieden vorangetrieben. Dies betrifft auch die Veranstaltung am 6. Mai, die von den drei politischen Experten für Stadtentwicklung mit initiiert wurde.

Aljoscha Hofmann lehrt am Fachgebiet Planungs- und Architektursoziologie an der TU Berlin und bereitet seine Promotion zum Berliner Spreeraum vor. Cordelia Polinna ist Stadtforscherin mit Schwerpunkt London und Partnerin bei Polinna Hauck Landscape + Urbanism. Johanna Schlaack ist Stadtforscherin und promoviert als DFG-Fellow zum Thema „Flughäfen als Impulsgeber für Metropolregionen“. Christian von Oppen ist Partner bei n+1 architekten in Berlin und lehrt an der Bauhaus-Universität in Weimar Entwerfen und Städtebau. Harald Bodenschatz ist Professor für Planungs- und Architektursoziologie an der Technischen Universität Berlin.

Weitere Informationen: www.think-berlin.de

Berlin, August 2011

ISBN 978-3-7983-2372-8

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