Stadt Lütjenburg

Verkehrsgutachten Sanierungsgebiet Niederstraße / Gildenplatz

Erläuterungsbericht November 2009

Auftraggeber:

BIG Städtebau GmbH Treuhänderischer Sanierungsträger der Stadt Lütjenburg Regionalbüro Kiel Eckernförder Straße 212 24119 Kronshagen

Auftragnehmer:

Planungsbüro Hahm Mindener Straße 205 49084 Osnabrück Telefon (0541) 1819-0 Telefax (0541) 1819-111 E-Mail: [email protected] Internet: www.pbh.org

Th/Sc-09055-10 / 09.11.2009

Inhalt:

I: Abbildungen / Tabellen ...... 3

II: Abkürzungen / Definitionen ...... 4

III: Literaturverzeichnis ...... 6

1. Ausgangslage und Aufgabenstellung...... 7 2. Untersuchungsgebiet ...... 9 2.1 Untersuchungsgebiet Kernstadtbereich Lütjenburg ...... 9 2.2 Betrachtungsgebiet Niederstraße / Gildenplatz ...... 10 3. Verkehrsanalysen im Untersuchungsgebiet (Status Quo 2009) ...... 12 3.1 Methodik der Verkehrserhebung ...... 12 3.2 Verkehrszählungen ...... 13 3.3 Verkehrsbefragungen ...... 14 3.4 Ergebnisse der Verkehrszählungen ...... 15 3.5 Analyse-Nullfall 2009 ...... 16 4. Verkehrsprognosen ...... 22 4.1 Allgemeine Verkehrsentwicklung bis 2025 ...... 22 4.2 Verkehrliche Auswirkungen der geplanten funktionalen und baulichen Entwicklung des Südlichen Gildenplatzes ...... 24 4.3 Sonstige Einflüsse auf die künftige Verkehrsentwicklung ...... 25 4.4 Prognose-Nullfall 2025 ...... 26 5. Untersuchte Verkehrsführungskonzepte Niederstraße ...... 28 5.1 Planfall 1: Einbahnstraße (Ost -> West) ...... 28 5.2 Planfall 2: „Shared Space“ / Tempo-20-Zone ...... 30 5.3 Planfall 3: Fußgängerzone ...... 31 5.4 Vergleich der untersuchten Planfälle ...... 32 6. Zusammenfassung und Empfehlungen ...... 37

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I: Abbildungen / Tabellen

I.I. Abbildungen / Tabellen im laufenden Text

Abb. 1.0 Stadtplan mit Untersuchungsgebiet und Betrachtungsgebiet Abb. 2.0 Zählstellenplan Abb. 3.0 Vergleich der untersuchten Planfälle Abb. 4.0 Prinzipskizze Straßenquerschnitt „Verkehrsberuhigter Geschäftsbereich“

I.II: Abbildungen / Tabellen im Anhang

Abb. 1.1 Bestandsdokumentation Straßennetz 2009: zulässige Geschwindigkeiten Abb. 1.2 Bestandsdokumentation Straßennetz 2009: Vorfahrts-/Verkehrsregelungen Abb. 1.3 Bestandsdokumentation Straßennetz 2009: Verkehrsberuhigung/Verkehrssicherung

Tab. 1.1 - 1.3 Fragebögen

Abb. 2.1 - 2.10 Knotenstrombelastungspläne VZ vom 14.07.2009, 15 bis 18 Uhr

Tab. 2.1 - 2.2 Hochrechnung der Kurzzeitzählungen auf DTV-Werte

Abb. 3.1 Netzmodell: Straßennetz-Strukturierung 2009 Abb. 3.2 Analyse-Nullfall 2009, Netzbelastung Abb. 3.3 Analyse-Nullfall 2009, Verkehrsverteilung Niederstraße

Tab. 3.1 - 3.4 Verkehrserzeugungsberechnung Verbrauchermarkt südlich Gildenplatz

Abb. 4.1 Prognose-Nullfall 2025, Netzbelastung Abb. 4.2 Prognose-Nullfall 2025, Verkehrsverteilung

Abb. 5.1 Prognose-Planfall 1, Netzbelastung Abb. 5.2 Prognose-Planfall 2, Netzbelastung Abb. 5.3 Prognose-Planfall 3, Netzbelastung Abb. 5.4 Prognose-Planfall 2B, Netzbelastung Abb. 5.5 Prognose-Planfall 2C, Netzbelastung

Abb. 6.1 Prognose-Planfall 1, Differenzbelastungen Abb. 6.2 Prognose-Planfall 2, Differenzbelastungen Abb. 6.3 Prognose-Planfall 3, Differenzbelastungen Abb. 6.4 Prognose-Planfall 2B, Differenzbelastungen Abb. 6.5 Prognose-Planfall 2C, Differenzbelastungen

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II: Abkürzungen / Definitionen

II.I: Abkürzungen

AS = Anschlussstelle (höhenungleicher Anschluss einer niedriger klassifizierten Straße an eine höher klassifizierte Straße, z.B. Landesstraße an Bundesstraße) BVZ 2005 = Bundesverkehrszählung (aktuell aus dem Jahre 2005, wird bundesweit im 5-Jahres- Turnus an allen überörtlichen klassifizierten Straßen durchgeführt) DGV = Durchgangsverkehr DTV = Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke [Kfz/24 h] als Jahresmittelwert aller Tage (incl. Sonn- und Feiertage)

DTVW = Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke [Kfz/24 h] als Jahresmittelwert aller Werktage (Montag - Samstag) EP = Einstellplätze (Maßzahl für die Anzahl auf einem Parkplatz unterzubringende Pkw) EW = Einwohner HVS = Hauptverkehrsstraße HVZ = Hauptverkehrszeit (z.B. Morgenspitze 7-8 Uhr oder Nachmittagsspitze 16-17 Uhr) Kfz = Kraftfahrzeuge (alle motorisierten Straßenfahrzeuge) Lkw = Lastkraftwagen LSA/LZA = Lichtsignalanlage / Lichtzeichenanlage (Ampel) LZ = Lastzüge (Lkw + Anhänger oder Zugmaschine + Sattelauflieger) Krad = Kraftrad (Motorrad, Motoroller, Mokick, Moped, Mofa usw.) MGS = Maximale gleitende Spitzenstunde (z.B. 16.15 Uhr bis 17.15 Uhr, im Gegensatz zu „starren“ Spitzenstunden z. B. 16.00 bis 17.00 Uhr) Modal-Split = Aufteilung des gesamten Verkehrsaufkommens auf die einzelnen Verkehrssektoren (MIV, Fußgänger- und Radverkehr, ÖPNV usw.) MIV = Motorisierter Individualverkehr (z.B. Pkw-Verkehr) NIV = nichtmotorisierter Individualverkehr OD = Ortsdurchfahrt (einer überörtlichen klassifizierten Straße) im Gegensatz zur sog. „freien Strecke“ außerhalb der geschlossenen Ortslage Pkw = Personenkraftwagen (einschl. Kombi etc.) Pkw-E = Pkw-Einheiten, Fiktivwerte zur eindimensionalen Angabe einer Dimensionierungsbelastung von Knotenpunkten, wobei die verschiedenen Verkehrsmittel mit unterschiedlichen Gewichtungsfaktoren (entsprechend ihrer Inanspruchnahme der Straßenkapazität) in Ansatz gebracht werden; im Flachland gilt in der Regel: 1 Pkw = 1,0 Pkw-E; 1 Lkw/1 LZ = 2,0 Pkw-E, 1 Krad = 0,5 Pkw-E QSV = Qualitätsstufe der Verkehrsabwicklung gem. HBS 2001/2005 Sp-h = Spitzenstunde, Zeitraum der höchsten Verkehrsbelastung im Tagesverlauf [Pkw-E/Sp-h] SV = Schwerverkehr (Fahrzeuge > 3,5 to zul. Gesamtgewicht) Var. = Variante (Planfall mit punktuellen Modifikationen; im Ggs. zur „Alternative“, die in wesentlichen Merkmalen vollständig andersartig gestaltet ist) VB = Verkehrsberuhigter Bereich (Mischverkehrsfläche mit Tempo 7 km/h) VK = Verkaufsfläche VUS = Verkehrsuntersuchung VZ = Verkehrszählung WE = Wohneinheiten (Äquivalent für 1 durchschnittlich große Wohnung)

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II.II: Definitionen

Durchgangsverkehre (DGV): Fahrtbeginn und Fahrtziel befinden sich außerhalb des Untersuchungsgebietes

Quellverkehre (QV): haben ihren Fahrtbeginn („Quelle“) innerhalb, ihr Fahrtziel außerhalb des Untersuchungsgebietes

Zielverkehre (ZV): ihr Fahrtziel liegt innerhalb, der Fahrtbeginn außerhalb des Untersuchungsgebietes

Binnenverkehre (BV): Fahrtbeginn und Fahrtziel liegen innerhalb des Untersuchungsgebietes

Shared Space: „Gemeinsam genutzte Verkehrsfläche“ – so die freie Übersetzung für das zurzeit in der Erprobungsphase befindliche Prinzip, die aus „Verkehrsberuhigten Bereichen“ gem. Z 325 StVO für Wohn- straßen bekannte Mischverkehrsfläche (d. h. Verzicht auf das Trennungsprinzip Gehwege / Radwege / Kfz-Fahrbahn) auch für stärker belastete Straßen anzuwenden. Grundidee ist, dass – unter der Prämisse einer gestärkten Selbstverantwortung und sozialen Verkehrsverhaltens (d. h. gegenseitige Rücksichtnahme) aller Verkehrsteilnehmer – durch Verzicht auf Beschilderungen, Markierungen und Lichtsignal- anlagen eine Harmonisierung der Verkehrsverhältnisse und ein konfliktfreies Miteinander aller Verkehrsteilnehmer geschaffen wird. Das Prinzip wird seit ca. 3 Jahren in 7 Modellstädten in Europa – in Deutschland in der Gemeinde Bohmte bei Osnabrück – in eng begrenzten Straßenabschnitten mit starker Funktionsmischung (MIV, NIV, Einkaufen, Flanieren usw.) in städtebaulich sensiblen Innenstadtbereichen erprobt. Es existieren zurzeit noch keine rechtsverbindlichen Regelungen für „Shared Space“- Verkehrsflächen.

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III: Literaturverzeichnis

/1/ Empfehlungen für Verkehrserhebungen (EVE 91), Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Köln, 1991

/2/ HBS-Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen; FGSV (Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen); Köln, 2001/2005

/3/ „Flexibilität bestimmt Motorisierung“ – SHELL-Pkw-Szenarien des Pkw-Bestandes und der Neuzulassungen in Deutschland bis zum Jahr 2030, Deutsche SHELL-AG, Hamburg 2004

/4/ VerBau, Abschätzung der Verkehrserzeugung durch Vorhaben der Bauleitplanung; Heft 42 der Hess. Straßen- und Verkehrsverwaltung, Hess. Landesamt für Straßen- und Verkehrs- wesen (Hrsg.); Dietmar Bosserhoff (Verf.); Wiesbaden, 2005

/5/ Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025 – FE-Nr. 96.0857/2005 – Kurzfassung – Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.) / ITP / BVU (Verf.), München/Freiburg 11/2007

/6/ Shared Space – Empfehlung des Deutschen Verkehrssicherheitsrates e. V. vom 21.10.2008

/7/ Einzelhandelsgutachten für die Stadt Lütjenburg unter Berücksichtigung möglicher Einzelhandelsansiedlungen am Standort Gildenplatz; GMA (Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung m.b.H.), Köln, 12/2008

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1. Ausgangslage und Aufgabenstellung

Die Stadt Lütjenburg plant eine Revitalisierung des Bereiches Niederstraße / Gildenplatz im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms „Soziale Stadt“.

Die Niederstraße in Lütjenburg / Schleswig-Holstein weist derzeit erhebliche Nutzungskonflikte infolge ihrer

- städtebaulichen Funktion als historisch gewachsene Einkaufsstraße - und gleichzeitigen verkehrlichen Funktion als Teil des innerstädtischen Straßenhauptnetzes auf.

Die – durch die relativ starken Kfz-Verkehrsströme bedingte – breite Fahrbahn lässt nur schmale Bürgersteige zu, was die Niederstraße als Einkaufsstraße unattraktiv macht und potenzielle Investoren abschreckt. Durch den zunehmenden Verfall der Bausubstanz hat sich der Bereich Niederstraße / Gildenplatz zum sozialen und stadträumlichen Problemfeld entwickelt und zu einer Abkopplung vom eigentlichen Zentrumsbereich (Markt) geführt.

Die Stadt Lütjenburg beabsichtigt daher, diesen Bereich wieder nachhaltig an das eigentliche Zentrum (Bereich Markt) anzubinden. Geplant sind im Sanierungsgebiet Niederstraße / Gildenplatz insbesondere die

• Neuansiedlung eines kleinen Verbrauchermarktes südlich des Gildenplatzes mit max. ca. 1.400 m² VK als „Publikumsmagnet“ am südöstlichen Rand des Zentrums als Pendant zum Famila-Markt an der nordwestlichen Zentrumsperipherie. • Substanzerneuerung (Sanierung und/oder Rückbau abgängiger Gebäude) • sowie die funktionale und gestalterische Aufwertung des Gildenplatzes sowie der Niederstraße als Bindeglied zwischen Marktplatz und Gildenplatz.

Damit sollen die städtebaulichen Voraussetzungen für eine Entwicklung des Einzelhandels entlang einer Achse Posthofstraße (Famila-Markt) – Markttwiete (Fußgängerzone) – Markt (Zentraler Einkaufs- und Verweilbereich) – Niederstraße – Gildenplatz (ZOB / geplanter Verbrauchermarkt) geschaffen werden.

Um diese städtebaulichen Entwicklungsziele zu erreichen, bedarf es jedoch eines verkehrsplanerischen Konzeptes zur nachhaltigen Verkehrsreduzierung und Verkehrsberuhigung in der Niederstraße. Drei alternative Lösungsstrategien standen zur Diskussion:

• Umbau und Ausweisung der Niederstraße als Einbahnstraße, • als „Shared-Space“ (s. Abkürzungsverzeichnis) • als Fußgängerzone (bei Erhaltung des vorhandenen Parkplatzes).

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Die Aufgabe dieses Verkehrsgutachtens bestand darin, die verkehrlichen Auswirkungen dieser Planfälle, d. h.

- Entlastung städtebaulich sensibler Bereiche und - Verkehrsverlagerungen der verdrängten Kfz-Verkehre in das übrige Straßennetz quantitativ zu ermitteln und verkehrs- und städteplanerisch zu bewerten.

Die Abwägung im Rahmen des Planfallvergleichs sollte insbesondere unter der Prämisse erfolgen, dass der verdrängte Kfz-Verkehr gesamtverträglich abzuleiten ist. Die durch den geplanten Verbrauchermarkt am Gildenplatz neu induzierten Kfz-Verkehre waren in allen Planfällen zu berücksichtigen.

Im folgenden Text dieses Erläuterungsberichtes wird zunächst die Untersuchungsmethodik erläutert. Hierbei wurde versucht, den Untersuchungsablauf allgemeinverständlich auch für Nichtfachleute transparent zu machen. Dennoch kann hierbei naturgemäß nicht auf bestimmte Fachbegriffe und Abkürzungen verzichtet werden. Diese werden im Kap. II.I und II.II (Abkürzungen/Definitionen) definiert.

Anschließend werden die Untersuchungsergebnisse erläutert, im Anhang anhand grafischer Darstellungen visuell veranschaulicht und aus neutralem, fachplanerischem Blickwinkel interpretiert. Die Abwägung des „Für“ und „Wider“ der untersuchten Planfälle wird klar nachvollziehbar anhand verkehrlicher und städtebaulicher Kriterien vorgenommen und die favorisierte Lösung begründet als Planungsempfehlung vorgeschlagen.

Die Durchführung der Verkehrserhebungen und die Erarbeitung des Verkehrskonzeptes Niederstraße erfolgte in enger Abstimmung mit dem Auftraggeber (BIG Städtebau GmbH), der Stadt Lütjenburg, den ÖPNV-Betreibern (Autokraft Kiel und Verkehrsbetriebe Kreis Plön) sowie der Polizei Lütjenburg.

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2. Untersuchungsgebiet

Die verkehrliche Bewertung der zukünftigen Situation im Straßennetz der Stadt Lütjenburg nach Realisierung einer der drei derzeit diskutierten Verkehrsführungsalternativen für die Niederstraße ist nur möglich auf Basis der Kenntnis der heutigen verkehrlichen Bestandssituation. Hierfür war zunächst das Untersuchungsgebiet festzulegen.

2.1 Untersuchungsgebiet Kernstadtbereich Lütjenburg

Das Untersuchungsgebiet für die vorliegende Verkehrsuntersuchung wurde so abgegrenzt, dass zum einen mit Hilfe eines geschlossenen Kordons die wesentlichen potenziellen Nutzer der geplanten Umgestaltung der Niederstraße (engeres Betrachtungsgebiet) erfasst werden konnten. Zum anderen waren die Verkehrsbelastungen sämtlicher von künftigen Verkehrsverlagerungen potenziell betroffener innerörtlicher Straßen der Stadt Lütjenburg zu ermitteln, um künftige Veränderungen quantifizieren zu können. Das Untersuchungsgebiet ist in Abb. 1.0 dargestellt. Es umfasst den nördlich der Bundesstraße 202 liegenden Kernstadtbereich der Stadt Lütjenburg. Auf die Einbeziehung der B 202 bei den Verkehrserhebungen konnte verzichtet werden, da der Durchgangsverkehr der B 202 für die zu untersuchenden Verkehrsverlagerungseffekte einer Verkehrsberuhigung der Niederstraße irrelevant ist.

Abb. 1.0: Stadtplan mit Untersuchungsgebiet (rot umrandet) und Betrachtungsgebiet Niederstraße/Gildenplatz (hellblau markiert)

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2.2 Betrachtungsgebiet Niederstraße / Gildenplatz

Das engere Betrachtungsgebiet umfasst die Niederstraße im Abschnitt zwischen Zufahrt zum Markt und Gildenplatz. Die Situation der Niederstraße wurde eingangs bereits beschrieben.

Der Gildenplatz wird derzeit durch seine verkehrliche Funktion als

- Standort für den ZOB und - zentrumsnaher Parkplatz geprägt. Diese Funktionen sind auch künftig nicht auf andere Standorte übertragbar, wie entsprechende Voruntersuchungen und Abstimmungsgespräche mit der Verwaltung der Stadt Lütjenburg und den ÖPNV-Betreibern ergaben.

Der Parkplatz Gildenplatz weist eine hohe Auslastung nicht nur während der Spitzenzeiten, sondern fast durchgängig tagsüber auf. Aus Richtung Südosten stellt dieser Parkplatz die bedeutendste zentrumsnahe Parkierungsanlage dar. Das städtebauliche Ziel, den Einzelhandel in der Niederstraße wieder bis zum Gildenplatz zu entwickeln, bedarf daher tendenziell eher einer zusätzlichen Parkraumkapazität in diesem Bereich. Eine Verlagerung dieses Parkierungsstandortes oder eine Reduzierung der Parkraumkapazität an der südöstlichen Zentrumsperipherie wäre insofern kontraproduktiv, da von Einzelhandelskunden im ländlich geprägten Raum i.d.R. keine größeren fußläufigen Distanzen zwischen Parkplatz und eigentlichem Zielbereich akzeptiert werden.

Der ZOB (Zentraler Omnibus-Bahnhof) hat eine zentrale Bedeutung für die gesamte Stadt Lütjenburg:

- Der ZOB stellt die wichtigste und am meisten frequentierte Ein- und Ausstiegshaltestelle dar.

- Gleichzeitig weist der ZOB auch relativ starke Umsteigefrequenzen zwischen den Linien der Autokraft und VKP-Linien auf. Diese Funktion ist an keiner anderen Stelle im Innenstadtbereich der Stadt Lütjenburg realisierbar, sodass der jetzige Standort als ZOB erhalten bleiben muss. Denn Lütjenburg wird durch Regionallinien bedient, die teilweise sehr lange Anfahrtswege aufweisen (Linie 4310 aus Puttgarden mit über 50 km Länge als längste Linie zum Beispiel) und infolge der komplizierten Verkehrsführung über den Markt Lütjenburg – die unbedingt beibehalten werden soll, da der Markt die zweitwichtigste Haltestelle in Lütjenburg darstellt – nur am Gildenplatz fahrplantechnisch verträglich miteinander verknüpft werden können.

- Die Busse kommen am ZOB i.d.R. im sog. Rendezvousbetrieb an, wobei zu Spitzenzeiten vier bis fünf Busse gleichzeitig anwesend sind, darunter auch Gelenkbusse. Künftig ist ein genereller Stundentakt mit Rendezvous am ZOB Lütjenburg geplant.

- Da am ZOB auch Linienendpunkte bedient werden, d.h. Fahrzeuge wenden müssen, ist ein Mindestradius von min. 26,00 m (Fahrbahnraum) oder sogar min. 28,00 m (Fahrraum zwischen Gebäuden) erforderlich. Maßgeblich sind hier die 15-m-Busse, da sie die größten Wenderadien aufweisen.

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Aus diesen Grundsatzüberlegungen resultieren folgende Anforderungen an den ZOB:

- Der Standort Gildenplatz muss beibehalten werden.

- Es müssen max. fünf Busse gleichzeitig am ZOB abgefertigt werden können (i.d.R. drei fahrplanmäßig gleichzeitige Busse plus zwei infolge Verspätung zufällig gleichzeitig anwesende Busse sind einzukalkulieren).

- Die Busse müssen dort wenden können (26,00 m bzw. 28,00 m Außendurchmesser erforderlich).

- Die Länge der Bussteige kann evtl. gegenüber dem Status Quo verkürzt werden, dies ist im Detail zu prüfen. Die Bussteige werden jedoch wegen der Umsteigebeziehungen benötigt (zwei parallele Mittelsteige wie bisher).

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3. Verkehrsanalysen im Untersuchungsgebiet (Status Quo 2009)

3.1 Methodik der Verkehrserhebung

Eine wesentliche Grundlage zur Verkehrsprognose ist die Analyse der aktuellen Verkehrsstrukturen. Hierzu wurden am Dienstag, dem 14. Juli 2009 umfangreiche Erhebungen des Kfz-Verkehrs mit Befragungen und Verkehrszählungen durchgeführt. Es herrschte sonniges Wetter mit hochsommerlichen Temperaturen um die 30°, somit ideale Voraussetzungen, um das typische Verkehrsgeschehen während der Sommersaison, jedoch außerhalb der Schulferien, zu erfassen.

Das Verkehrsgeschehen im Untersuchungsgebiet ist an den Werktagen durch den Berufs-, Ausbildungs-, Einkaufs- und Freizeitverkehr, während der Sommersaison - insbesondere an Wochenenden und Feiertagen – auch durch Freizeit- und touristische Fremdenverkehrsfahrten geprägt. Da der touristische Verkehr in Lütjenburg eine starke Bedeutung sowohl für die Stadt als Einkaufs- und Tourismusort, aber auch für das Verkehrsgeschehen insbesondere im Innenstadtbereich hat, fanden Verkehrserhebungen an einem Werktag im Juli 2009 außerhalb der Schulferien des Landes Schleswig-Holstein statt.

Die Verkehrsanalyse konnte auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) beschränkt werden, da beim „Modal-Split“ (Verkehrsmittelwahl) keine wesentlichen Modifikationen in den nächsten Jahren zu erwarten sind. Sollten sich wider Erwarten in den nächsten Jahren wesentliche Veränderungen beim Angebot des ÖPNV ergeben, wären die Auswirkungen bei der Interpretation der vorliegenden Verkehrsuntersuchung zu berücksichtigen.

Abb. 2.0 Zählstellenplan (Verkehrserhebungen vom Dienstag, 14.07.2009)

Abb. 2.0: Zählstellenplan (Verkehrserhebungen vom Dienstag, 14.07.2009)

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3.2 Verkehrszählungen

An insgesamt 10 Knotenpunkten und 4 einmündenden Nebenstraßen wurden die Verkehrsmengen richtungsbezogen in 15-min-Intervallen gezählt (s. Zählstellenplan). Erfasst wurden die Fahrtzeuge, getrennt nach den Fahrzeugarten:

• Kraftrad • Pkw • Lkw, > 3,5 t Gesamtgewicht

Die Verkehrszählung erfolgte an allen Zählstellen während der nachmittäglichen Spitzenzeit von 15.00 – 18.00 Uhr. Diese Zeitabschnitte entsprechen standardisierten Zählzeiten, die mit empirischen Daten verglichen und auf DTV-Werte1 hochgerechnet werden können. Denn für „makroskopische – d. h. auf ganze Stadtteile oder Wohngebiete bezogene – Verkehrsuntersuchungen relevant sind auf Jahres- durchschnittswerte umgerechnete Zählwerte in der fest definierten Einheit „DTV“.

Um den durchschnittlichen täglichen Verkehr (DTV) darstellen zu können, wurden alle gezählten Werte mit Hilfe von standardisierten Hochrechnungsfaktoren gemäß Verfahren HBS 2001/2005 (Lit. /2/) auf DTV-Werte hochgerechnet. Mit diesen Faktoren werden die tages-, wochen- und monatsspezifischen Einflüsse auf das Verkehrsaufkommen angemessen berücksichtigt.

Bei stichprobenartigen Verkehrserhebungen an einzelnen Tagen ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass aufgrund von saisonalen, witterungsbedingten und vom Wochentag abhängigen Einflüssen Schwankungen der Verkehrsstärken auftreten können.

Für die Beurteilung der verkehrlichen Auswirkungen der geplanten Maßnahmen sind diese Schwankungen jedoch insofern irrelevant, als die relativen Unterschiede der unterschiedlichen Verkehrsführungskonzepte hiervon unbeeinflusst bleiben. Denn für die Beurteilung der Wirksamkeit, aber auch Verträglichkeit der geplanten Verkehrsführungskonzepte, sind neben den absoluten Veränderungen vor allem die relativen Veränderungen der einzelnen Varianten planungsrelevant.

1 s. Abkürzungsverzeichnis

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3.3 Verkehrsbefragungen

An den Schnittstellen des engeren Betrachtungsgebietes Niederstraße (Abb. 1.0) wurden in das Gebiet einfahrende Fahrzeugführer der Kfz nach Herkunft und Ziel ihrer Fahrt befragt. Insgesamt wurden 3 Befragungsstellen eingerichtet2:

• Niederstraße West (B 1) • Niederstraße Ost (B 2) und • Mühlenstraße (B 3)

Die Befragungserhebung erfolgte während der Morgenspitze (7.00 bis 10.00 Uhr) und während der Nachmittagsspitze (15.00 bis 18.00 Uhr) zeitparallel zur Verkehrszählung.

Die Befragungserhebung wurde in Abhängigkeit der momentanen Verkehrsstärken stichprobenhaft oder als Vollerhebung durchgeführt. Größere Rückstaus vor den Befragungsstellen konnten somit vermieden werden. Es ergaben sich keine Routenänderungen durch die Befragungserhebungen.

Mit Hilfe der an gleicher Stelle gezählten Verkehrsmengen wurden die Befragungsergebnisse hochgerechnet.

Für die Auswertung der Befragungsdaten (Fahrtursprung und Fahrtziel) wurde der Untersuchungsraum in Verkehrszellen unterteilt. Als Ergebnis der Befragungsauswertung entstand eine Fahrtenmatrix für den werktäglichen Kfz-Verkehr, die alle erfassten und hochgerechneten Fahrtbeziehungen zwischen Niederstraße und allen übrigen Verkehrszellen beinhaltet.

2 Auf eine Befragung aller in das gesamte Stadtgebiet einfahrenden Fahrzeugführer an sämtlichen Ortseinfallstraßen wurde aus erhebungsökonomischen Gründen (hohe Kosten, aber keine zusätzliche planungsrelevante Aussagenschärfe) verzichtet, da keine Aussagen über die übrigen im Straßennetz der Stadt Lütjenburg vorhandenen Verkehrsströme, deren Fahrtroutenverläufe nicht über die Niederstraße führen, zu treffen waren. Im hierfür erstellten Netzmodell wurden daher die vorhandenen Verkehrsströme – mit Ausnahme der explizit nach Fahrtquelle und Fahrtzielen ermittelten Verkehrsströme, die durch die Niederstraße fließen – über Verkehrserzeugungs- und Verkehrsverteilungsberechnung synthetisch erzeugt und anschließend anhand der Daten der Verkehrszählung vom 14.07.09 geeicht.

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3.4 Ergebnisse der Verkehrszählungen

Im Folgenden werden die durch die Verkehrszählung erhobenen Analysedaten zusammengefasst. Im Einzelnen sind die Ergebnisse der Knotenpunktszählungen in der Anlage, Abb. 2.1 bis 2.10, dargestellt.

Danach wurden am Zähltag der Hochrechnung auf Kfz/24 h folgende Verkehrsbelastungen (jeweils gesamter Querschnitt mit zwei Fahrtrichtungen) festgestellt:

Straße minimale maximale Streckenabschnitt mit SV-Anteil Verkehrs- Verkehrs- Maximalbelastung stärke stärke [Kfz/24 h] [Kfz/24 h] Schönberger Str. 7.800 10.500* AS B 202/Einmündung Plöner Str. 8 % Plöner Straße 6.100 10.900* AS B 202 / Einmündung 12 % Schönberger Str. Panker Str. 6.800 7.900 Nordwestl. Kreisverkehr 8 % Schönberger Str. Neverstorfer Str. 5.100 8.700 westl. Einmündung Königs- 5 % berger Str. Königsberger Str. 3.700 6.700 nördl. Kreuzung B 202 7 % Niederstraße 5.600 6.200 westl. Einmündung Gieschenhagen 3 % Oldenburger Str. 3.000 4.400 östl. Einmündung Gieschenhagen 8 % Gieschenhagen 3.700 4.000 nördl. Oldenburger Str. 6 % Kieler Straße 3.200 4.600 westl. Schönberger Str. 7 % Teichtorstraße 3.350 3.950 südl. Einmündung in Neverstorfer Str. 7 % ** Oberstraße 3.150 Abschnitt zwischen Amakermarkt und 2 % Markt Neuwerkstraße 2.950 Abschnitt zwischen Amakermarkt und 1 % Markt Wehdenstraße 700 auf voller Länge 2 %

* im Netzbelastungsplott Abb. 3.2 nicht mit quantitativen Angaben versehen, da Strecken- abschnitte im Netzmodell für Zahlendarstellung zu kurz sind ** u.a. durch ÖPNV-Linienbusse verursacht

Tab. 3.0: Ergebnisse der Verkehrserhebungen vom Dienstag, 14.07.2009 (hochgerechnet auf DTV-Werte):

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3.5 Analyse-Nullfall 2009

• Methodik der Verkehrsumlegungsberechnungen

Auf der Basis des Bestandsstraßennetzes der Stadt Lütjenburg wird zunächst ein abstrahiertes EDV- Straßennetzmodell erstellt, auf welches sämtliche im Untersuchungsgebiet auftretenden Verkehrsströme anhand der ermittelten Analysefahrtenmatrix „umgelegt“ werden. Die Umlegung aller Fahrten im Untersuchungsgebiet auf die einzelnen Straßen erfolgt nach dem Kriterium der Routenwahl auf jeweils zeitlich kürzesten Wegen, und zwar nicht in einem einzigen Schritt, sondern iterativ in mehreren aufeinander folgenden Schritten. Die Reisezeitberechnung für alle Fahrtrouten im Netzmodell erfolgt

• in Abhängigkeit von streckenspezifischen Parametern wie der jeweils zulässigen Maximalgeschwindigkeit, der Streckenlänge sowie dem jeweiligen Auslastungsgrad der Strecken (Verhältnis zwischen Verkehrsbelastung zu maximaler Streckenkapazität) mit Hilfe einer empirischen Widerstandsfunktion (Capacity-Restraint-Kurve).

• sowie in Abhängigkeit von knotenpunktspezifischen Parametern („Knotenpunktswiderstände“ wie z. B. mittlere Wartezeiten an Einmündungen, Kreuzungen und Kreisverkehren in Folge von Wartevorgängen an Vorfahrtsstraßen, Ampel-Rot usw.)

Bei dem angewendeten kapazitätsabhängigen iterativen Umlegungsmodell „VISUM“3 werden daher nicht nur die im unbelasteten Netz kürzesten Wege, sondern ggf. auch – nach entsprechenden Vorbelastungen kürzester Routen nach diversen Iterationsschritten – konkurrierende Wege belastet.

Damit wird im Netzmodell das - in innerstädtischen Straßennetzen typische – Verhalten vieler Autofahrer nachgebildet, bei Überlastung der eigentlich kürzesten Verbindungsstrecken oder bestimmter Knotenpunkte ggf. auf entfernungsmäßig zwar etwas längere, zeitlich jedoch schnellere Alternativrouten auszuweichen. Durch das sukzessive iterative Umlegungsverfahren wird eine sehr realitätsnahe Simulation der Verkehrsabläufe und der Verkehrsbelastungen in realen Straßennetzen erreicht.

Um die Realitätsnähe der modellmäßig erzeugten Verkehrsbelastungen im Simulationsmodell zu überprüfen und ggf. zu korrigieren, werden die Ergebnisse des Analyse-Nullfalles mit den aktuellen Verkehrsbelastungen (Zählungen vom 14.07.2009 im Straßennetz der Stadt Lütjenburg) verglichen. Durch Kalibrierung der Analysefahrtenmatrix und durch sukzessive, iterative Anpassung der Netzwiderstände des Simulationsmodells werden die Ergebnisse der Verkehrsumlegung geeicht.

3 VISUM: „Verkehr in Städten – Umlegungsmodell“. Experten-Software des Herstellers PTV in Karlsruhe. VISUM ist die zurzeit weltweit meistverwendete Spezialsoftware für makroskopische Verkehrsmodellrechnungen.

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Nach Umlegung der Verkehrsbeziehungen der Fahrtenmatrix auf das geeichte EDV-Straßennetzmodell mit Hilfe des Verkehrsumlegungsprogramms entstehen die Belastungspläne des jeweils untersuchten Planungsfalles. Die Belastungen der einzelnen Straßen werden in Form sog. „Belastungsbalken“ dargestellt – je höher die Verkehrsbelastung, desto dichter der Belastungsbalken – und an bestimmten Straßenabschnitten zusätzlich in Form von Belastungsangaben in der Dimension [Kfz/24 h].

Schematische Darstellung der Vorgehensweise „Eichung des Netzmodells“

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• Analyse-Nullfall 2009

Der Analyse-Nullfall 2009 stellt die Verkehrsbelastungen sämtlicher planungsrelevanter Straßen im Untersuchungsgebiet in einem abstrahierten EDV-Straßennetzmodell (Abb. 3.1 im Anhang) dar. Außenliegende Quellen und Ziele werden dabei als fiktive Einspeisepunkte außerhalb des Unter- suchungsgebietes integriert. Nachfolgende Darstellung soll dieses Prinzip beispielhaft visuell verdeutlichen.

Im vorliegenden Untersuchungsfall konnte durch eine detaillierte Netzmodellierung eine hohe Abbildungsgenauigkeit des Analyse-Nullfalles erreicht werden (Abweichungen Umlegungsergebnisse / Zählergebnisse i. d. R.< ± 100 [Kfz/24 h], in Tempo-20-Bereichen ± 50 [Kfz/24 h]). Das heißt, dass die tatsächliche Verkehrssituation im Bereich des Untersuchungsgebietes Lütjenburg mit Hilfe des Verkehrsmodells realitätsnah nachgebildet wird. Damit wird eine gute Basis geschaffen, um die Wirkungen der Verkehrsverlagerungen infolge der alternativen Verkehrsführungskonzepte für den Bereich „Niederstraße“ mit dem Verkehrsumlegungsmodell realitätsnah prognostizieren zu können.

Die Ergebnisdarstellung des Analyse-Nullfalles 2009 befindet sich im Anhang in Abb. 3.2. Die modellhaft ermittelten Verkehrsbelastungen werden in allen Plandarstellungen auf 100 [Kfz/24 h] gerundet, in den Sammelstraßen in Tempo-20-Bereichen auf 50 [Kfz/24 h]4. In Nebenstraßen, für die aus Gründen der Erhebungsökonomie keine Verkehrserhebungen durchgeführt wurden und somit

4 Die Rundungen betreffen nur die Ergebnisdarstellung. Modellintern wird jedoch mit exakten Werten gerechnet.

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keine Eichung der jeweiligen Straßen im Netzmodell erfolgen konnte, werden die modellmäßig berechneten Verkehrsbelastungen zwar jeweils mit der entsprechenden Breite der jeweiligen „Belastungsbalken“ grafisch dargestellt, jedoch nicht explizit mit Belastungszahlen ausgewiesen.

Im Ergebnis ist festzustellen5:

• Die Hauptverkehrsbelastungen des innerstädtischen Straßennetzes mit Verkehrsstärken zwischen min. rd. 3.000 bis max. rd. 11.000 [Kfz/24 h] werden von den Hauptverkehrsstraßen getragen, welche das Stadtzentrum

- westlich (Schönberger Straße), - nördlich (Panker Straße / Neverstorfer Straße), - östlich (Königsberger Straße und Gieschenhagen) sowie - südlich (Plöner Straße / Niederstraße / Oldenburger Straße)

mehr oder weniger direkt tangieren (äußerer Straßenring).

Die stärkstbelasteten Straßenzüge dieser Hauptverkehrsstraßen

- Schönberger Straße / Panker Straße (L 165) - Panker Straße / Neverstorfer Straße (K 28)

stellen Ortsdurchfahrten überörtlicher klassifizierter Straßen dar.

• Daneben treten mittelstarke Verkehrsbelastungen von rd. 3.000 bis max. 5.000 [Kfz/24 h] lediglich in der

- Kieler Straße, der historischen Ortseinfallstraße aus Richtung Westen, - dem durch die Sammelstraßen Oberstraße / Markt / Neuwerkstraße und Amakermarkt gebildeten inneren Straßenring, der als Einbahnring gegen den Uhrzeigersinn konzipiert ist, sowie - der Teichtorstraße als nördliche Ausfahrt aus der Innenstadt

auf.

• Sämtliche in der „klassischen“ hierarchischen Straßennetzgliederung innerörtlicher Straßen

- Hauptverkehrsstraßen - Sammelstraßen - Wohnstraßen

5 Über die Bundesstraße B 202 werden im Rahmen dieser auf das innerstädtische Straßennetz begrenzten Verkehrsuntersuchung keine Aussagen getroffen. Die B 202 ist dennoch mit realitätsnahen Verkehrsbelastungswerten in das Verkehrsmodell integriert worden, um Verlagerungseffekte auf die B 202 realitätsnah simulieren zu können.

Verkehrsgutachten Sanierungsgebiet Niederstraße/Gildenplatz 19

untergeordneten Straßen weisen demgegenüber nur sehr geringe Verkehrsstärken auf, die – mit Ausnahme der Hindenburgstraße und Posthofstraße – überwiegend unter 1.000 [Kfz/24 h] liegen.

Insofern kann dem innerörtlichen Straßennetz der Stadt Lütjenburg eine gut funktionierende Netzhierarchie attestiert werden, die eine funktionsadäquate Verkehrsbelastung der jeweiligen Straßenkategorien gewährleistet, obwohl sich dies nicht in einer durchgängig konsequenten Ausweisung der zulässigen Geschwindigkeiten in den einzelnen Straßen widerspiegelt (s. Abb. 1.1 und 3.1 im Anhang, nicht alle Wohnstraßen sind in Tempo-30-Zonen eingebunden).

Es handelt sich jedoch nur um wenige Nebenstraßen ohne Verkehrsrelevanz, die (zumindest theoretisch) mit 50 km/h befahren werden dürfen, z. B. Bahnhofstraße, Papenkamp, Am Brunnenstieg, Hahnenkoppel, Posthofstraße (abschnittsweise), Auf dem Hasenkrug, Am Hopfenhof, Bullenkrug, Niedermühlenweg, Breitensteiner Weg. Akuter Handlungsbedarf zur Geschwindigkeits- reduzierung ist hier jedoch nicht erkennbar, zumal der Fahrbahnbelag einiger dieser Straßen (Kopfsteinpflaster oder Schotterdecke) ohnehin kaum höhere Geschwindigkeiten als 20 – 30 km/h zulässt.

Der Großteil des Zentrumsbereiches ist dagegen in eine großflächige Tempo-20-Zone einbezogen worden, was hier zu einem verträglichen Miteinander von Kfz-Verkehr und nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmern geführt hat. Auch der ÖPNV fährt durch die Tempo-20-Zone im Bereich Markt / Teichtorstraße. Lediglich die Niederstraße ist derzeit mit 50 km/h befahrbar.

Die Wohnstraßen sowohl an der Zentrumsperipherie als auch in den Stadtrandbereichen sind überwiegend in großflächige Tempo-30-Zonen einbezogen worden. Nur wenige Neubaugebiete sind als „Verkehrsberuhigte Bereiche“ (Z. 325 StVO, sog. „Spielstraße“) ausgewiesen worden (Kuckucksweg, Kleiberweg, Im Kornwinkel).

• Verkehrsverteilung des Verkehrsaufkommens der Niederstraße

Der Zweck der Verkehrsbefragung der Kfz-Führer, welche die Niederstraße in West-Ost-Richtung oder Ost-West-Richtung sowie die Mühlenstraße in Richtung Niederstraße befahren, bestand in der Ermittlung der Fahrtquellen und Fahrtziele dieser Verkehre. Nur mit exakter Kenntnis dieser Daten lassen sich realitätsnahe Prognosen künftiger Verkehrsverlagerungseffekte erstellen, die entstehen werden, wenn Verkehrsberuhigungsmaßnahmen („Shared Space“ oder Tempo-20-Zone), Einbahnregelungen oder Vollsperrungen für den motorisierten Individualverkehr (Fußgängerzone) in der Niederstraße realisiert werden.

Im Ergebnis lässt sich feststellen (s. Abb. 3.3):

- Der stärkste Teilverkehrsstrom mit Durchfahrt durch die Niederstraße fährt – über die B 202 in/aus Richtung Osten Oldenburg (1.400 [Kfz/24 h]). Ziel dieser Verkehrsteilnehmer ist fast ausschließlich Lütjenburg.

Verkehrsgutachten Sanierungsgebiet Niederstraße/Gildenplatz 20

- Auch in/aus Richtung Süden / Plön über die B 430 mit 1.300 [Kfz/24 h] fast gleich viele Kfz über die Niederstraße, haben jedoch neben dem Fahrtziel Lütjenburg häufig ein externes Fahrtziel überwiegend in Richtung .

- In/aus Richtung über die Kreisstraße K 26 führt der drittstärkste Teilstrom, der die Niederstraße durchfährt mit rd. 700 [Kfz/24 h]. Das Gros dieses Teilverkehrsstromes stellt Durchgangsverkehr, überwiegend über die B 430 ein-/ausfahrend, durch die Stadt Lütjenburg dar.

- Aus/in Richtung Nordwesten über die L 165 (Panker/Schönberg) fahren rd. 300 [Kfz/24 h] über die Niederstraße mit Zielen überwiegend in Lütjenburg (weiter östlich entlang der B 202 liegende Ziele werden von der L 126 schneller über die direkte Zufahrt Schönberger Straße / B 202 erreicht)

- Aus/in Richtung Westen / Kiel über die B 202 fahren lediglich rd. 200 [Kfz/24 h] über die Niederstraße mit Ziel überwiegend in Lütjenburg.

Damit stammen rd. 3.900 [Kfz/24 h], entsprechend rd. 65 % des Gesamtverkehrs der Niederstraße (rd. 6.000 [Kfz/24 h] im Befragungsquerschnitt) von außerhalb und/oder haben Ziele außerhalb Lütjenburg und stellen somit Durchgangsverkehre, Quell- oder Zielverkehre (Definition s. unter II.II) nach/von außerhalb dar.

Lediglich 35 % der Kfz-Verkehre der Niederstraße sind dagegen dem sog. „Binnenverkehr“ (Fahrtquelle und Fahrtziel liegen innerhalb der Stadt Lütjenburg) zuzuordnen.

Verkehrsgutachten Sanierungsgebiet Niederstraße/Gildenplatz 21

4. Verkehrsprognosen

4.1 Allgemeine Verkehrsentwicklung bis 2025

Wirkungsanalysen und Planungen für die Strukturierung und Dimensionierung der verkehrlichen Infrastruktur müssen naturgemäß einen längeren Planungshorizont umfassen. Mit zunehmender Länge des Prognosezeitraumes sinkt jedoch die Prognosegenauigkeit. Wegen der zahlreichen exogenen Einflussfaktoren, welche die Verkehrsentwicklung mitbestimmen (z. B. gesamtwirt- schaftliche Rahmenbedingungen, Veränderungen gesellschaftlicher und verkehrspolitischer Zielvorstellungen usw.), deren künftige Veränderungen heute kaum abschätzbar sind, wachsen die Prognoseunsicherheiten überproportional mit zunehmendem Prognosehorizont. Im Bereich der Verkehrsplanung wird daher i. d. R. nur ein mittelfristiger Planungshorizont von mind. 10 bis max. 15 Jahren für die Prognosen der Verkehrsentwicklung - derzeit i. d. R. das Jahr 2025 - zugrundegelegt.

Für die Berechnung der künftigen Kfz-Verkehrsbelastungen im Lütjenburger Straßennetz werden nicht nur die exogenen Einflussfaktoren berücksichtigt, sondern zusätzlich zu den exogenen Einflussfaktoren auch endogene Einflüsse, in diesem Fall den Einfluss der zusätzlichen, durch den geplanten Verbrauchermarkt südlich des Gildenplatzes neu induzierten Verkehre auf die Verkehrsstärken im innerörtlichen Straßennetz.

Weitere endogene Einflussfaktoren, welche die Kfz-Verkehrsentwicklung bis zum Planungshorizont Jahr 2025 beeinflussen können, wie z. B. Bevölkerungsentwicklung in Lütjenburg, Ausweisung weiterer Wohnbauflächen sowie weitere exogene Faktoren wie z. B. eine mögliche Veränderung im Verkehrsmittelwahlverhalten (z. B. in Folge weiter steigender Kraftstoffpreise) bleiben im Rahmen der nachfolgenden Netzmodellprognosen jedoch unberücksichtigt, da diese Entwicklungen entweder bis zum Jahre 2025 nur vernachlässigbare Auswirkungen haben werden (demografische Entwicklung)

Verkehrsgutachten Sanierungsgebiet Niederstraße/Gildenplatz 22

oder derzeit kaum seriös abschätzbar (Verkehrsmittelwahlverhalten) sind, sondern lediglich im Rahmen von sog. „Szenario-Betrachtungen“ berücksichtigt werden könnten.

In der aktuellen SHELL-Prognose (Lit /3/) ist vom Jahr 2009 bis zum Prognosehorizont Jahr 2025 keine Steigerung der Pkw-Gesamtverkehrs zu prognostizieren. SHELL geht von einer Stagnation der Pkw- Fahrleistung bei gleichbleibenden 600 [Mrd. Pkw-km] aus. Hierbei ist die vsl. demografische Entwicklung (Alter, Erwerbstätigkeit, Haushaltsgrößen usw.) in der Bundesrepublik Deutschland bereits berücksichtigt.

In der ITP/BVU-Prognose (Lit. /5/) wird dagegen für den Personenverkehrssektor („Motorisierter Individualverkehr“) nach wie vor ein Zuwachs des Verkehrsaufkommens von 8,9 % (2004 bis 2025) prognostiziert (a. a. O., S. 4). Dies entspricht – linear umgerechnet – einer Steigerungsrate von rd. + 7 % zwischen 2009 und 2025.

Um hinsichtlich der Verkehrsstärkenprognosen„auf der sicheren Seite zu liegen“6, wird für den Pkw- Verkehrssektor mit einem Zuwachs des Verkehrsaufkommens bis zum Jahre 2025 von + 7 % gerechnet.

Für den Lkw-Sektor wird ebenfalls die aktuelle ITP/BVU-Prognose (Lit. /5/) zugrunde gelegt.

Für den Straßengüterfernverkehr wird dort mit einer Steigerung des Verkehrsaufkommens von 1.450,4 Mrd. t/a in 2004 auf 2.249,1 Mrd. t/a in 2025 gerechnet, entspr. + 55 % Steigerung. Linear umgerechnet auf die Zeitspanne 2009 – 2025 entspricht dies einer Steigerungsrate von 42 % (a. a. o., S. 10).

Für den Straßengüternahverkehr wird eine Zunahme von 1.615,2 Mrd. t/a (2004) auf 1.659,2 Mrd. t/a (2025) prognostiziert, entsprechend + 3 % Zuwachs bzw. entsprechend + 2 % Zuwachs zwischen 2009 und 2025 (ebendort).

Da der Straßengüterfernverkehr im innerstädtischen Straßennetz der Stadt Lütjenburg eine untergeordnete Rolle spielt, wird eine Steigerungsrate des Lkw-Verkehrs (Güternah- und Güterfernverkehr) von gleicher Größenordnung wie im Pkw-Verkehrssektor von +7 % bis zum Jahr 2025 angenommen.

Zusätzlich diesen allgemeinen Verkehrszuwächsen, die bis zum Planungshorizont Jahr 2025 zu prognostizieren sind, sind die Verkehrsströme infolge der Nutzung des geplanten Verbrauchermarktes zu berücksichtigen.

6 Die Ergebnisse der SHELL-Prognosen lieferten in der Vergangenheit wiederholt zu niedrige Prognosewerte, die tlw. deutlich hinter der tatsächlichen späteren Verkehrsentwicklung zurückblieben.

Verkehrsgutachten Sanierungsgebiet Niederstraße/Gildenplatz 23

4.2 Verkehrliche Auswirkungen der geplanten funktionalen und baulichen Entwicklung des Südlichen Gildenplatzes

Die künftige Entwicklung des Südlichen Gildenplatzes sieht die Ansiedlung eines kleinen Verbrauchermarktes mit rd. 1.400 m² Verkaufsfläche vor. Der Kundenparkplatz wird – je nach Bebauungsvariante – rd. 85 bis 100 Stellplätze aufweisen. Die äußere Erschließung diese Parkplatzes soll ausschließlich über eine Zu- / Ausfahrt vom / zum Gildenplatz oder die Oldenburger Straße erfolgen.

Durch die künftigen

• Wirtschaftsverkehre, • Kundenverkehre und • Berufsverkehre der Beschäftigten des geplanten Verbrauchermarktes südlich des Gildenplatzes wird ein zusätzliches, nicht unerhebliches Verkehrsaufkommen erzeugt, welches komplett über die Niederstraße / Oldenburger Straße zu- und abfließen wird.

Für die realitätsnahe Abschätzung derartiger Verkehrserzeugungen wird das Programmsystem „VerBau“ (Lit. /4/) der Hess. Straßenbauverwaltung verwendet. Wie die Berechnungsergebnisse (Tab. 3.1 bis 3.3) zeigen, ist für einen Verbrauchermarkt mit rd. 1.400 m² VK eine mittlere Verkehrserzeugung von rd. 2.100 [Kfz/24 h] in der Summe von Quell- und Zielverkehr zu erwarten.

Bei der Ermittlung der Verkehrserzeugung des Supermarktes wurde von folgenden Annahmen ausgegangen:

- MIV-Anteil der Kunden: min. 90 %, max. 100 %

- Pkw-Besetzungsgrad: 1,1 Pers./Pkw

- ÖPNV-Anteil der Kunden: min. 0 %, max. 10 %

- Abminderung des Verkehrsaufkommens durch Konkurrenz-Effekt: 0 % (keine unmittelbare Konkurrenz im Haupteinzugsbereich)

- Abminderung des Verkehrsaufkommens durch Verbundeffekt: 0 % (da kein weiterer Einzelhandelsbetrieb auf demselben Grundstück vorgesehen ist)

Verkehrsgutachten Sanierungsgebiet Niederstraße/Gildenplatz 24

- Abminderung des Verkehrsaufkommens durch Mitnahmeeffekt: - 20 % (da die Niederstraße eine historische Ortseinfallstraße dar- stellt, d. h. großer Anteil von Berufsauspendlern oder Touristen, die auf der Rückfahrt von der Arbeit bzw. ihrer Besuchstour den Einkauf erledigen)

Des Weiteren waren Annahmen über die künftige räumliche Verkehrsverteilung des Quell- und Zielverkehrs des geplanten Verbrauchermarktes zu treffen. Es existiert zwar ein aktuelles Einzelhandels- gutachten vom Februar 2009 für die Stadt Lütjenburg. Jedoch liegen dort keine genaueren Angaben zu den Einzugsbereichen des geplanten Verbrauchermarktes vor.

Daher wurde ein Verkehrsverteilungsansatz nach dem „Gravitationsmodell“7 vorgenommen. Nach diesem Ansatz wächst die Häufigkeit der Verkehrsbeziehungen zwischen Kunden und Verbraucher- markt proportional zur Einwohnerzahl einer bestimmten „Verkehrszelle“, und nimmt proportional zum Abstand des Quadrates der Entfernung zwischen Wohnung der Kunden und Verbrauchermarkt ab (Abb. 4.2).

Gegen diesen – wegen fehlender empirischer Verkehrsverteilungsdaten – gewählten Verkehrsver- teilungsansatz nach Gravitationsmodell sprechen nach telefonischer Rücksprache mit den Autoren des Einzelhandelsgutachtens8 keine ernsthaften Gründe, da es weitere Verbrauchermärkte mit vergleichbarem Warenangebot an anderen Standorten in Lütjenburg gibt, sodass das Entfernungs- kriterium durchaus eine wichtige Rolle für die jeweiligen Einzugsbereiche spielen dürfte.

4.3 Sonstige Einflüsse auf die künftige Verkehrsentwicklung

Durch die für das Jahr 2018 vorgesehene Fertigstellung der Fehmarn-Belt-Brücke sind Verkehrszuwächse u.a. auf der B 202 einzukalkulieren. Prognosen hierzu finden sich im Internet9. Demnach wird für das Jahr 2015 eine Steigerung von 6.200 [Kfz/d] im Fährverkehr 2003 auf 7.700 bis 9.150 [Kfz/d] für die Brückenverbindung 2018 prognostiziert, d. h. min. rd. +25 % bis max. rd. +47 % Steigerung in 15 Jahren. Linear extrapoliert auf den Planungshorizont Jahr 2025 ergäbe dies Steige- rungsraten von min. rd. +37 % bis max. rd. +69 %. Dies entspricht absoluten Verkehrszuwächsen von min. +2.300 bis max. +4.300 [Kfz/d] über die Fehmarnbelt-Verbindung. Das Gros dieser Verkehrs- ströme fließt in Deutschland weiter über die BAB A 1 in Richtung Hamburg und weiter südlich.

Nur ein marginaler, wenngleich quantitativ nicht bekannter Anteil fließt von der A 1 weiter über die B 202 weiter in Richtung Schleswig-Holstein-West / Kiel. Wenn man davon ausgeht, dass dieser Anteil max. rd. 20 % der Fehmarnbelt-Verkehrszuwächse betragen dürfte, dann ergäbe sich für die B 202

7 Als „Gravitationsmodell“ wird ein in der Verkehrsplanung üblicher Ansatz zur Abschätzung unbekannter räumlicher Verteilungen der Verkehre zwischen unterschiedlich großen und unterschiedlich weit voneinander entfernten „Verkehrszellen“ bezeichnet.

8 GMA Köln, Fr. Küpper

9 www.fehmarnlink.com/de

Verkehrsgutachten Sanierungsgebiet Niederstraße/Gildenplatz 25

ein Zuwachs von unter 1.000 [Kfz/d]. Die Auswirkungen auf das innerstädtische Straßennetz der Stadt Lütjenburg dürften vernachlässigbar sein, da die Stadt Lütjenburg eine B 202-Ortsumfahrung aufweist, und werden bei den hier durchgeführten innerörtlichen Netzmodellprognosen daher nicht berücksichtigt.

4.4 Prognose-Nullfall 2025

Die auf der Grundlage der Prognosen der strukturellen und allgemeinen Entwicklungen hochgerechnete Prognosematrix wird mit Hilfe des Verkehrsmodells auf das Verkehrsnetz des Analysefalles (heutige Situation) umgelegt und ergibt den sogenannten Prognose-Nullfall 2025 (Abb. 4.1).

Der Prognose-Nullfall 2025 ermittelt somit die Kfz-Verkehrsbelastungen, die sich im unveränderten innerstädtischen Straßennetz in Lütjenburg einstellen werden, wenn die

- Verkehrszuwächse aus allgemeiner Kfz-Verkehrsentwicklung, - durch die Nutzung des geplanten Verbrauchermarktes zusätzlich neu induzierten Verkehre sowie - durch die Fehmarn-Belt-Querung entstehenden Verkehrszuwächse auf der B 202 eintreten. Da zuvor jedoch Veränderungen (gemäß den nachfolgend untersuchten Planfällen) im Straßennetz der Stadt Lütjenburg stattfinden sollen, ist der Prognose-Nullfall 2025 fiktiv.

Folgende Ergebnisse sind zu konstatieren:

Straßenabschnitt A-0-2009 P-0-2025 Zuwachs relativ absolut Niederstraße zw. Markt und Wehdenstraße 6.200 7.500 +1.300 21 % Plöner Str. westl. Zufahrt Markt 6.200 6.800 + 600 10 % Plöner Str. nordöstl. Schönberger Str. 6.100 7.100 +1.000 16 % Schönberger Str. südl. Panker Straße 9.300 10.700 +1.400 15 % Panker Str. östl. Schönberger Straße 7.100 8.400 +1.300 18 % Neverstorfer Str. östl. Teichtorstraße 8.500 9.900 +1.400 16 % Königsberger Str. südl. Neverstorfer Str. 5.100 5.500 + 400 8 % Gieschenhagen nördl. Oldenburger Str. 4.000 5.200 +1.200 30 % Wehdenstraße 700 750 + 50 7 % Markt 3.350 3.450 + 100 3 % Teichtorstraße 3.950 4.350 + 400 10 % Oberstraße westl. Markt 3.150 3.450 + 300 9 % Neuwerkstraße westl. Markt 2.950 2.950 ± 0 0 % Hindenburgstraße nordöstlich Schönberger Str. 1.300 1.450 + 150 12 % Posthofstraße östl Schönberger Straße 1.900 2.200 + 300 16 %

Angaben in [Kfz/24 h]

Verkehrsgutachten Sanierungsgebiet Niederstraße/Gildenplatz 26

Die Hauptzuwächse des Kfz-Verkehrsaufkommens werden von den Hauptverkehrsstraßen aufge- nommen. Hierbei sind jedoch deutliche Unterschiede insbesondere der relativen Verkehrszuwächse erkennbar:

- Den relativ geringsten Verkehrszuwachs erfährt die Königsberger Straße – hier schlägt sich mit nur 8 % Zuwachs lediglich die allgemeine Kfz-Verkehrszunahme infolge weiter steigender Motorisierung sowie der Zunahme des Güterverkehrs nieder

- Der mit 30 % (+1.200 [Kfz/24 h]) relativ stärkste Zuwachs ist dagegen in der Straße „Grieschenhagen“ zu verbuchen, da diese zusätzlich einen Großteil der Zu- und Abflüsse zum/vom geplanten Verbrauchermarkt Südlicher Gildenplatz aufnehmen muss. Auch die Niederstraße ist mit +1.300 [Kfz/24 h], entspr. 21 % Zuwächsen stark hiervon betroffen. Diese Zu- und Abflüsse zum/vom Verbrauchermarkt betragen in Summa rd. 2.100 [Kfz/24 h] und sind aufgrund des überwiegend südlichen und östlichen Einzugsbereiches zu 56 % in Richtung Osten und nur zu 44 % in Richtung Westen orientiert.

- Die Zuwächse der übrigen Hauptverkehrsstraßen liegen zwischen diesen vorgenannten Extremen, i.d.R. im Bereich +10 % bis +18 %.

- Die Sammelstraßen zum Zentrum weisen dagegen keine (Neuwerkstraße) bis max. 9 % (Oberstraße) Zuwächse auf.

- Lediglich die Sammelstraßen mit wesentlicher Zubringerfunktion zu den zentrumsnahen Parkplätzen (Hindenburgstraße, Posthofstraße und Teichtorstraße) weisen absolut zwar geringe (bis +400 [Kfz/24 h]), relativ – aufgrund ihrer geringen Grundbelastungen – jedoch hohe Zuwächse zwischen +10 % und +16 % auf.

Diese verkehrlichen Auswirkungen werden allein durch die o. g. Prognose-Verkehrszuwächse verur- sacht. Der Prognose-Nullfall 2025 stellt jedoch wie gesagt ein fiktives Belastungsszenario dar; er dient lediglich als Vergleichsfall zu den nachfolgend beschriebenen Planfällen.

Durch Vergleich der Verkehrsbelastungen der nachfolgenden Planfälle mit denen des Prognose- Nullfalles lassen sich die durch Eingriffe in die Straßennetzstruktur in Lütjenburg – die alternativen Planfälle 1 bis 3 - bedingten Verkehrsverlagerungs- und Verkehrsentlastungseffekte ermitteln.

Verkehrsgutachten Sanierungsgebiet Niederstraße/Gildenplatz 27

5. Untersuchte Verkehrsführungskonzepte Niederstraße

Die Verkehrsbelastungsprognose der Planfälle 1 bis 3 für den Planungshorizont Jahr 2025 ist in den Netzbelastungsplots (Abb. 4.1 bis 4.3 im Anhang) grafisch dargestellt. Diese Abbildungen zeigen jeweils die absoluten Verkehrsbelastungen sämtlicher Straßen im digitalisierten Straßennetz der Stadt Lütjenburg grafisch (Breite der Belastungsbalken) sowie mit Belastungsangaben für die anhand der Zähldaten 2009 geeichten Straßenabschnitte für die jeweiligen Planfälle.

Interessant ist insbesondere der Vergleich der Verkehrsbelastungen der Planfälle 1 bis 3 (2025) mit denen des Prognose-Nullfalles 2025. Diese sog. „Differenznetzplots“ sind in den Abb. 6.1 bis 6.3 im Anhang abgebildet. Die

- grünen Differenzbelastungsbalken zeigen jew. die Entlastungen gegenüber dem Prognose-Nullfall 2025 (Zahlenangaben jew. in [[-] Kfz/24 h]);

- die roten Differenzbelastungsbalken zeigen jeweils die Verkehrszunahmen in den von den Verkehrsverlagerungen betroffenen Straßen oder Straßenabschnitten (Zahlenangaben jew. in [[+] Kfz/24 h]).

5.1 Planfall 1: Einbahnstraße (Ost -> West)

Bei dem Planfall 1 werden die verkehrlichen Auswirkungen einer Einbahnregelung in der Niederstraße zwischen

- Zufahrt zum / Ausfahrt vom Markt aus der / in die Niederstraße und

- Zufahrt zum / Ausfahrt vom Parkplatz Gildenplatz / ZOB aus der / in den Straßenzug Niederstraße / Oldenburger Straße im EDV-Netzmodell simuliert. Aufgrund vorhergehender Abstimmungsgespräche mit den wichtigen in Lütjenburg tätigen ÖPNV-Betreibern10 und maßgeblichen Vertretern der Stadt Lütjenburg wurde deutlich, dass – wenn überhaupt – eine Einbahnregelung nur in der Variante „Fahrtrichtung Ost -> West“ in Betracht kommt. Dies liegt in der Struktur des inneren Einbahnstraßenringes im Zentrumsbereich begründet und der daran ausgerichteten Verkehrsführung des ÖPNV im Innenstadtbereich. Die wichtigste Fahrtbeziehung führt dadurch vom ZOB am Gildenplatz in westlicher Richtung zunächst über die Niederstraße und dann weiter über die zentrale Haltestelle „Markt“ und Teichtorstraße zur Panker Straße.

10 Autokraft, Kiel und VKP (Verkehrsbetriebe Kreis Plön), Abstimmungsgespräch vom 08.06.09 im Rathaus Lütjenburg

Verkehrsgutachten Sanierungsgebiet Niederstraße/Gildenplatz 28

Durch die Einbahnregelung muss der Gegenverkehr auf alternative Fahrtrouten ausweichen. Für die

- Fahrtrelation Plöner Straße –> Niederstraße -> Oldenburger Straße -> Gieschenhagen -> Neverstorfer Straße und weiter stellt die

- Alternativroute Plöner Straße -> Markt –> Teichstraße -> Panker Straße (und tlw. Neverstorfer Straße) eine zeitlich zwar ungünstigere (Tempo-20-Zone), entfernungsmäßig jedoch mindestens ebenso günstige Alternative dar.

Dementsprechend wird diese stark frequentierte Fahrtbeziehung auch größtenteils auf die letztgenannte Alternativroute verlagert. Entsprechende Mehrbelastungen finden sich primär in diesen städtebaulich sehr sensiblen Straßen (Markt, Teichtorstraße).

Die insgesamt stärksten Verkehrsverlagerungen sind jedoch auf die (südlich parallel zum Straßenzug Plöner Straße -> Niederstraße -> Oldenburger Straße verlaufende) Ortsumgehung der B 202 im Abschnitt zwischen

- AS B 430 / L 165 an die B 202 und

- Kreuzung der Königsberger Straße mit der B 202 zu verzeichnen. Im Netzmodell wird – gemäß einer Routenwahl nach dem Kriterium „zeitkürzester Wege“ – das Gros der bislang in West -> östlicher Richtung fahrenden Kfz-Verkehrsströme (mit Ausnahme der o. g. Fahrtrelation Plöner Straße -> Panker Straße / Neverstorfer Straße) auf die Alternativroute B 202 verlagert.11

Alle übrigen Verkehrsverlagerungen oder Entlastungseffekte liegen unterhalb von 1.000 [Kfz/24 h]. Details sind der Abb. 6.1 zu entnehmen.

Verkehrsentlastungen finden dagegen primär im Straßenzug Plöner Straße / Niederstraße / Oldenburger Straße statt. Die stärksten Entlastungseffekte wurden naturgemäß in der Niederstraße im Bereich der Einbahnregelung zwischen Zufahrt Markt und ZOB / Gildenplatz bewirkt, da der bisherige Gegenverkehr (rd. 3.300 [Kfz/24 h]) komplett entfällt. Aber auch in der Plöner Straße schlagen die Entlastungseffekte mit -2.000 [Kfz/24 h] unmittelbar westlich der Zufahrt zum Markt bis -1.200 [Kfz/24 h] nordöstlich der Einmündung in die Schönberger Straße / L 165 noch deutlich zu Buche. Ebenfalls noch nennenswert entlastet wird die Niederstraße / Oldenburger Straße östlich des Gildenplatzes mit rd -1.100 [Kfz/24 h[.

11 Inwieweit die ortskundigen Kfz-Fahrer tatsächlich den real zeitlich kürzesten Wegen folgen (wie im Netzmodell simuliert), oder innerstädtische Verkehre eher nach einer sog. „kognitiven Landkarte“ (im Gehirn gespeichertes Straßennetzmodell) mit eventuell anderen Fahrtroutenpräferenzen verlaufen, und somit andere – real zeitlich längere – Alternativrouten belasten, ist letztlich spekulativ und bleibt daher von weiteren Betrachtungen ausgeschlossen.

Verkehrsgutachten Sanierungsgebiet Niederstraße/Gildenplatz 29

5.2 Planfall 2: „Shared Space“ / Tempo-20-Zone

Planfall 2 sieht einen Umbau des vorhandenen Straßenraumes zu einer „Shared Space“-Mischver- kehrsfläche12 vor. Hierbei bleibt zunächst offen, ob es sich um einen „Verkehrsberuhigten Geschäftsbereich“ mit Tempobegrenzung auf 20 km/h im Bereich Niederstraße zwischen Markt und Gildenplatz handelt, oder ob es sich tatsächlich um eine gemeinsame Verkehrsfläche für Fußgänger, Radfahrer, motorisierten Individualverkehr und dem ÖPNV ohne Beschilderung und ohne Signalisierung, allenfalls mit sparsamer Straßenraummöblierung im Sinne eines puristischen „Shared- space“-Konzeptes handelt. Wichtig ist, dass durch die Umbaumaßnahmen eine nachhaltige Geschwindigkeitsreduzierung auf rd. 20 km/h und Kapazitätsbeschränkung im Bereich der Niederstraße eintritt, um die im Netzmodell prognostizierten Verkehrsentlastungs- und –verlagerungs- effekte zu erzielen. Dies ist insbesondere durch eine entsprechende Wahl des Fahrbahnbelages (z.B. Natursteinpflaster) in Kombination mit einer bereits vor Beginn des „Shared-Space“-Bereiches beginnenden Beschilderung als „Tempo-20-Zone“ (und erst nach Ende diese Bereiches endende) möglich. Denn innerhalb eines „Shared Space“-Bereiches sind keine Beschilderungen und/oder verkehrsregelnden Maßnahmen vorgesehen.

Da das „Shared Space“-Prinzip sich zurzeit noch in der Testphase befindet und bislang kein rechtsverbindliches Regelwerk hierfür existiert, befindet man sich jedoch in einer planerischen „Grauzone“.

Grundsätzlich möglich ist es aber, den Straßenraum entsprechend umzubauen, sodass Fahrbahn und die Seitenbereiche für die Fußgänger aus gleichem Material bestehen und nur durch Flachborde (sog. „Gossen“) getrennt werden, wie es ähnlich in der bereits existierenden Tempo-20-Zone im Bereich um den Markt bereits der Fall ist, und ebenfalls als Tempo-20-Zone auszuweisen bzw. die bestehende Tempo-20-Zone entsprechend zu erweitern. Eine künftige Ausweisung als „Shared Space“-Bereich wäre damit grundsätzlich immer noch möglich, sofern dies gewünscht wird und die ordnungsrechtlichen Voraussetzungen nach Ende der „Shared-Space“-Testphase geklärt sind.

Im Ergebnis der Verkehrsumlegungsberechnungen für diesen Planfall ist festzustellen (vgl. Abb. 5.2 und 6.2):

- Die Verkehrsentlastungseffekte für den Straßenzug Plöner Straße / Niederstraße / Oldenburger Straße sind nahezu identisch mit denen des Planfalls 1.

- Die Verkehrsverlagerungen in das umgebende Straßennetz sind jedoch deutlich ausgewogener und insgesamt deutlich geringer als bei Planfall 1. Insbesondere im Bereich Markt / Teichstraße / Panker Straße treten gar keine oder entschieden geringere Mehrbelastungen auf als bei Planfall 1.

12 „Shared Space“: s. Kap. II.II „Definitionen“

Verkehrsgutachten Sanierungsgebiet Niederstraße/Gildenplatz 30

5.3 Planfall 3: Fußgängerzone

Die extremste Verkehrsführungsalternative stellt fraglos der Umbau der Niederstraße zur Fußgängerzone dar. Bei Planfall 3 wird eine Umgestaltung und Ausweisung der Niederstraße als „Fußgängerzone“ gemäß Z. 242 StVO zwischen Zufahrt zum Markt und Gildenplatz zugrunde gelegt. Nur für den ÖPNV, sowie zeitlich eingeschränkt für Lieferverkehre und Anwohner der Wehdenstraße und den betreffenden Abschnitt der Niederstraße, bleibt eine Durch- bzw. Zufahrtsmöglichkeit mit drastisch eingeschränkter Geschwindigkeit („Schrittgeschwindigkeit“) bestehen.

Die verkehrlichen Auswirkungen sind entsprechend gravierend:

- Die Verkehrsverlagerungseffekte – insbesondere auf die Ortsumgehung B 202 mit +4.000 [Kfz/24 h] – liegen deutlich über denen des Planfalles 1 und erheblich über denen des Planfalles 2.

- Auch der äußere Straßenzug (Schönberger Straße / Panker Straße / Neverstorfer Straße / Königsberger Straße) wird in bestimmten Abschnitten deutlich höher (bis +1.800 [Kfz/24 h]) belastet als im Prognose-Nullfall 2025.

- Der Markt wird ähnlich stark belastet wie im Planfall 1 (+ 1.250 [Kfz/24 h]).

- Diesen gravierenden Verkehrsverlagerungseffekten stehen naturgemäß die größten Verkehrsentlastungseffekte – insbesondere im Straßenzug Plöner Straße / Niederstraße / Oldenburger Straße gegenüber. Auch die Sammelstraße „Gieschenhagen“ wird deutlich stärker entlastet als in den beiden übrigen Planfällen.

Jedoch ist die direkte Erreichbarkeit der Niederstraße im Abschnitt zwischen Markt und Gildenplatz für auswärtige Kfz (potenzielle Kundenverkehre für den Einzelhandel im Stadtzentrum!) völlig unterbunden, für den Bereich Markt / Neuwerkstraße / Teichtorstraße stark eingeschränkt.

Der ÖPNV kann die Niederstraße zwar weiterhin in beiden Richtungen durchfahren, jedoch ist hierbei „Schrittgeschwindigkeit“ (ca. 7 km/h) einzuhalten. Dies würde zu Reisezeitverlusten in einer Größenordnung von deutlich über 1 Minute führen, sodass die hieraus resultierenden fahrplantechnischen Konsequenzen (insbesondere im Hinblick auf das Sicherstellen der Anschlüsse am Hauptbahnhof Kiel) zu überprüfen und ggf. alternative Verkehrsführungskonzepte für den ÖPNV in Lütjenburg zu entwickeln wären.

Verkehrsgutachten Sanierungsgebiet Niederstraße/Gildenplatz 31

5.4 Vergleich der untersuchten Planfälle

Bei der vergleichenden Betrachtung der Ergebnisse der Verkehrsverlagerungseffekte der untersuchten Planfälle (Abb. 6.1 bis 6.3) fallen folgende Gemeinsamkeiten aller drei Verkehrsführungsalternativen in’s Auge.

- Die Verkehrsverlagerungen (d. h. zusätzliche Verkehrsbelastungen) betreffen in allen 3 untersuchten Planfällen im Wesentlichen das Straßenhauptnetz (Schönberger Straße, Panker / Neverstorfer Straße, Königsberger Straße) westlich, nördlich und östlich der Innenstadt sowie die B 202 südlich der Innenstadt. Sie finden somit in städtebaulich weniger sensiblen Bereichen und auf Straßen, die für starke Verkehrsströme konzipiert sind, statt, und sind insofern als städteplanerisch unbedenklich einzustufen.

- Die Verkehrsentlastungen finden dagegen überwiegend im Bereich der Plöner Straße (Schule), Niederstraße (Einkaufen) und Oldenburger Straße / Gieschenhagen (Altersheim) – also in städtebauliich sensiblen Bereichen statt.

Insofern weisen alle 3 untersuchten Verkehrsführungsalternativen in Summa positive Effekte für die Stadtentwicklung auf. Unterschiede bestehen jedoch insbesondere in puncto „Verkehrsverlagerungen in dem Bereich Markt“.

Speziell im Bereich „Markt“ / Teichtorstraße sind nämlich in 2 Planfällen städtebaulich unverträglich oder zumindest unerwünschte Verkehrszunahmen zu verzeichnen. Diese betragen

- bei Planfall 1 (Einbahnstraßen-Konzept) rd. 1.050 bis rd. 1.250 [Kfz/d], - bei Planfall 3 (Fußgängerzone Niederstraße) rd. 900 bis 1.250 [Kfz/d]. Bei Planfall 2 („Shared-Space“-Konzept) sind zwar auch Verkehrszuwächse im Bereich Markt gegenüber dem Prognose-Nullfall feststellbar; diese betragen jedoch lediglich rd. 150 bis rd. 250 [Kfz/d]. Hier schneidet Planfall 2 mit Abstand am günstigsten ab.

Alle übrigen Verkehrsverlagerungs- und Entlastungseffekte weisen demgegenüber eher marginale Größenordnungen auf und/oder betreffen in puncto „Empfindlichkeit“ weniger exponierte städtebauliche Bereiche.

Die Gesamtbelastungen der die Innenstadt Lütjenburg umgebenden Hauptverkehrsstraßen erreichen auch unter ungünstigsten Prognoseannahmen an keiner Stelle auch nur annähernd ihre theoretische Kapazitätsgrenze13 von rd. 20.000 [Kfz/24 h] DTV. Die Maximalbelastungen der Schöneberger Straße (L 156) und Panker Straße / Neverstorfer Straße (K 28) betragen in allen 3 untersuchten Planfällen

- weniger als 12.000 [Kfz/24 h] (Planfälle 1 und 2)

- bzw. knapp über 12.000 [Kfz/24 h] (Planfall 3).

13 Eine Verkehrsstärke von rd. 20.000 [Kfz/24 h] DTV gilt in Fachkreisen gemeinhin als maximale Kapazität für eine funktionsadäquat ausgebaute 2-streifige innerörtliche Hauptverkehrsstraße unter der Prämisse eines flüssigen Verkehrsablaufes und akzeptabler Verkehrssicherheit

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Die Verkehrsverlagerungs- und Entlastungseffekte der untersuchten Planfälle gegenüber dem Prognose-Nullfall 2025 sind für die wesentlichen Straßenabschnitte in nachfolgender Tabelle gegenübergestellt.

Straßenabschnitt PF 1 PF 2 PF 3 Niederstraße zw. Markt und Wehdenstraße -3.100 -3.000 -7.250 Plöner Str. westl. Zufahrt Markt -2.200 -1.900 -2.850 Plöner Str. nordöstl. Schönberger Str. -1.200 -1.350 - 300 Schönberger Str. südl. Panker Straße + 800 + 950 +1.750 Panker Str. östl. Schönberger Straße + 600 + 450 +1.050 Neverstorfer Str. östl. Teichtorstraße +1.550 + 450 +1.800 Königsberger Str. südl. Neverstorfer Str. + 900 + 500 + 900 B 202 zw. AS Plöner Str. und Kreuzung +1.800 +1.350 +4.000 Königsberger Str. Gieschenhagen nördl. Oldenburger Str. - 200 - 700 -1.350 Wehdenstraße - 300 - 250 - 600 Markt +1.250 + 250 +1.250 Teichtorstraße +1.050 + 150 + 900 Oberstraße westl. Markt - 350 - 200 - 150 Neuwerkstraße westl. Markt ± 0 - 50 - 50 Hindenburgstr. nordöstl. Schöneberger Str. ± 0 - 150 - 50 Posthofstr. östl. Schöneberger Str. + 200 + 150 + 200

(-) = Entlastungseffekte gegenüber Prognose-Nullfall 2025 (+) = Zusätzliche Belastung gegenüber Prognose-Nullfall 2025

Als Zwischenbilanz ist zu konstatieren, dass Planfall 2 („Shared Space“ / Tempo-20-Zone)

- nahezu gleichgroße Entlastungseffekte in sensiblen Bereichen aufweist wie die übrigen Planfälle (mit Ausnahme der Niederstraße im Planfall 3, Fußgängerzone)

- dabei jedoch insgesamt weit geringere Verkehrsverlagerungseffekte erzeugt als die übrigen Verkehrsführungskonzepte – was insbesondere im städtebaulich besonders sensiblen Bereich Markt / Teichtorstraße positiv zu bewerten ist, wo Planfall 2 mit deutlichem Abstand die geringsten Verkehrsverlagerungen bewirkt.

Neben den Verkehrsverlagerungs- und Entlastungseffekten spielen für die Bewertung der untersuchten Planfälle folgende Kriterien eine wichtige Rolle:

- Erreichbarkeit der Innenstadt per Kfz für den örtlichen und externen Einkaufs- und Besucherverkehr

- Beeinträchtigungen für den ÖPNV im Bereich Niederstraße.

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Die Erreichbarkeit des Stadtzentrums wird bei Planfall 3 am rigorosesten eingeschränkt. In Verbindung mit der bereits vorhandenen bewährten Verkehrsführung des inneren Straßenringes (Oberstraße / Markt / Neuwerkstraße / Amakermarkt) als Einbahnring gegen den Uhrzeigersinn führt eine Fußgängerzone im Abschnitt Niederstraße zwischen Markt und ZOB / Gildenplatz de facto zu einer Nichterreichbarkeit des Marktes aus östlicher Richtung – der bisherigen Hauptzufahrtsrichtung zum Markt. Stattdessen müssten erhebliche Umwege für aus östlicher Richtung anreisende Kunden / Besucher der Innenstadt in Kauf genommen werden, um den Markt direkt per Kfz zu erreichen, oder der Pkw müsste auf dem Parkplatz Gildenplatz abgestellt werden und der Bereich Markt14 – der eigentliche Einkaufsbereich der Stadt Lütjenburg – zu Fuß erreicht werden.

Die Kapazität des Parkplatzes Gildenplatz würde nicht ausreichen, um die zusätzlichen Kfz-Ströme als ruhenden Verkehr aufzunehmen. Auch spricht die Mentalität der Kfz-Fahrer in kleineren, ländlich geprägten Orten gegen „größere“ Entfernungen zwischen Parkplatz und eigentlichem Zielbereich, in der Innenstadt. Die „Distanzenempfindlichkeit“ der Kfz-Fahrer ist deutlich höher als in Ballungsräumen, wo 500 m und mehr zwischen Parkhaus und eigentlichem Ziel akzeptiert werden. In kleineren Städten kann die Akzeptanzschwelle dagegen mehrheitlich durchaus unter 100 m Entfernung zwischen Parkplatz und eigentlichem Ziel liegen. Dies gilt tlw. auch für touristische Tagesgäste im ländlichen Raum.

Auch bei Planfall 1 (Einbahnstraße) sind Einbußen der Erreichbarkeit in Kauf zu nehmen, wobei dies bei der hier untersuchten Variante (Ost -> West –Fahrtrichtung frei) nicht den Zielverkehr zum Bereich Markt, als vielmehr den gebietsfremden Durchgangsverkehr in Richtung Nord-Osten (Neverstorfer Straße, Hohwacht) betrifft, der sich auf Schleichwege durch städtebaulich sensibles Umfeld (Markt, Teichtorstraße) verlagert.

Bei Planfall 2 („Shared Space“ / Tempo-20-Zone) ist die Erreichbarkeit dagegen praktisch nicht eingeschränkt – abgesehen davon, dass auf einem relativ kurzen Straßenabschnitt in der Niederstraße ein geringeres Geschwindigkeitslevel rechnerisch zu minimalen Zeitverlusten gegenüber dem Status Quo führt.

Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) wird im Planfall 1 (Einbahnstraße) am stärksten behindert, da die Gegenrichtung (West –> Ost) bei einer „statischen“ Einbahnregelung für den betreffenden Abschnitt in der Niederstraße eine alternative Fahrtroute wählen müsste. Diese Lösung ist für die ÖPNV-Betreiber definitiv inakzeptabel, wie Vorgespräche es ergaben. Denn die - z.T. sehr engen - zeitlichen Vorgaben für die netzweite Einhaltung der fahrplanmäßigen Abfahrtszeiten einerseits und andererseits gleichzeitig die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Pausenzeiten für die Busfahrer lassen nach Aussage der ÖPNV-Betreiber keine zusätzlichen Zeitverluste durch zusätzliche Umwegfahrten in Lütjenburg zu.

Da die zentrale Haltestelle Markt und der ZOB gemäß Ratsbeschluss der Stadt Lütjenburg und Abstimmung mit den ÖPNV-Betreibern definitiv weiter bestehen bleiben sollen und damit die durch

14 Mit Bereich „Markt“ wird hier das Hauptgeschäftszentrum am Markt und in der Fußgängerzone „Markttwiete“ bezeichnet.

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die Verkehrsführung des inneren Straßenringes bereits erforderlichen Zeitverluste bestehen bleiben, sind zusätzliche Zeitverluste durch weitere Umwegfahrten für den ÖPNV nicht akzeptabel.

Somit scheidet eine „statische“ Einbahnstraßenlösung für die Niederstraße aus. Denkbar wäre allenfalls eine Einbahnstraße mit bedarfsweisem Gegenverkehr für den ÖPNV. Aus generellen Sicherheitserwägungen könnte dies jedoch nur signaltechnisch gesichert nach dem Prinzip einer Baustellenampel erfolgen. Technisch ist dies machbar und wird bereits in anderen Städten praktiziert (z. B. Stadt Bünde/Westfalen, Fußgängertunnel am Bahnhof mit Pkw-Durchfahrtmöglichkeit im signaltechnisch gesicherten wechselseitigen Einbahnbetrieb seit Anfang der 90er Jahre problemlos in Betrieb).

Für Ortsfremde ist eine derartige Regelung jedoch nur schwer verständlich zu machen und behindert u.U. die Orientierung erheblich. Für Lütjenburg als Fremdenverkehrsort erscheint eine derartige Lösung daher nicht vorteilhaft.

ÖPNV in Fußgängerzonen wird grundsätzlich als miteinander verträglich angesehen und wird in diversen deutschen Städten seit Jahren praktiziert (z.B. Karlsruhe mit Straßenbahn in der stark frequentierten Fußgängerzone, Osnabrück mit stark frequentierten Buslinien in der Fußgängerzone Johannisstraße). Da der ÖPNV hier jedoch mit Schrittgeschwindigkeit fahren muss, wären Fahrzeitverluste von deutlich mehr als 1 Minute im Bereich der Niederstraße die Folge. Die ÖPNV- Betreiber lehnen eine derartige Lösung zwar nicht grundsätzlich ab, im Falle der Realisierung des Planfalles 3 wird jedoch ein detaillierter Nachweis der fahrplantechnischen Verträglichkeit gefordert, um netzweite Anschlussbindungen bis zum Hbf. Kiel oder Oldenburg sicherzustellen.

Die geringsten Einschränkungen für den ÖPNV sind vom Planfall 2 – „Shared Space“ bzw. Tempo-20- Zone in der Niederstraße – zu erwarten. Planfall 2 wird daher von den ÖPNV-Betreibern favorisiert.

Wenn als zentrales Beurteilungskriterium die beiden Postulate, nämlich

- keine oder zumindest keine gravierende Mehrbelastung des Bereiches Markt / Teichstraße, und

- die gewünschte Erreichbarkeit der zentralen städtischen Bereiche für den Kfz-Verkehr (insbesondere für Kundschaft aus den nahe gelegenen Ostseebädern) und den ÖPNV nach wie vor möglichst uneingeschränkt gewährleisten, herangezogen werden, scheidet eine Fußgängerzone (Planfall 3) unter diesen Gesichtspunkten definitiv von der weiteren Betrachtung aus, da damit der Bereich Markt stark zusätzlich belastet wird und die Erreichbarkeit am meisten eingeschränkt wird.

Zudem ist grundsätzlich fraglich, ob eine Erweiterung der bereits existierenden Fußgängerzone „Markttwiete“ für eine Stadt mit rd. 5.000 Einwohnern wirtschaftlich überhaupt tragfähig ist.

Ebenso erscheint das Einbahnstraßen-Konzept (Planfall 1) ungünstig, da es den Markt ebenfalls stark zusätzlich belastet, für den ÖPNV mit Abstand die größten Verkehrsverlagerungseffekte erzeugt (oder

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aber einer signaltechnisch gesicherten Durchfahrtmöglichkeit für den ÖPNV in Gegenrichtung bedürfte) und die Kfz-Erreichbarkeit zumindest in einer Richtung erheblich behindert.

Die Bewertungen der Varianten in den einzelnen Bewertungskriterien sind in der nachfolgenden grafischen Übersicht zusammengefasst:

Abb. 3.0: Vergleich der untersuchten Planfälle

Den günstigsten Kompromiss aus

- Entlastungseffekten in städtebaulich sensiblen Bereichen, - stadtverträglichen Verkehrsverlagerungseffekten, - geringen Beeinträchtigungen des ÖPNV und - minimalen Einschränkungen in puncto Erreichbarkeit der Innenstadt für den städtischen und auswärtigen Kfz-Verkehr bietet der Planfall 2 („Shared Space“- / Tempo-20-Zone). Dieser Planfall wird daher den weiteren Planungsvorschlägen zugrunde gelegt.

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6. Zusammenfassung und Empfehlungen

Die Aufgabe des Verkehrsgutachtens bestand darin, die verkehrsplanerischen Voraussetzungen für die Umsetzung der städtebaulichen Ziele – nämlich eine nachhaltige Verkehrsreduzierung und Verkehrs- beruhigung in der Niederstraße – als Voraussetzung für deren geplante Revitalisierung – hinsichtlich ihrer verkehrlichen Auswirkungen auf das übrige Straßennetz zu untersuchen.

Hierbei waren folgende alternativen Verkehrsführungskonzepte für den Bereich der Niederstraße zwischen Markt und Gildenplatz (Planfälle) zu untersuchen und verkehrs- und städteplanerisch zu bewerten.

- Einbahnstraße in Ost -> West-Richtung (Planfall 1) - „Shared-Space“-Mischverkehrsfläche bzw. Tempo-20-Zone (Planfall 2) - Fußgängerzone (Planfall 3).

Das Untersuchungsprogramm des Verkehrsgutachtens beinhaltete

- zunächst die Erfassung und Analyse des heutigen Zustandes des Verkehrsgeschehens im Untersuchungsgebiet auf der Basis von Verkehrserhebungen (Analyse-Nullfall 2009)

- um hierauf aufbauend das zukünftige Verkehrsgeschehen unter Berücksichtigung der allge- meinen bundesweiten Kfz-Verkehrsentwicklung sowie der zusätzlichen lokalen Verkehrser- zeugung in Folge des geplanten Verbrauchermarktes südlich des Gildenplatzes im unveränderten innerstädtischen Straßennetz der Stadt Lütjenburg zu prognostizieren (Prognose-Nullfall 2025).

- Auf der Basis des Prognose-Nullfalles wurden anschließend die drei o.g. alternativen Verkehrsführungskonzepte für den Bereich Niederstraße untersucht.

- Diese – per „Verkehrsumlegungsberechnung“ in einem EDV-gestützten Straßennetzmodell ermittelten – Untersuchungsergebnisse waren schließlich aus fachplanerischem Blickwinkel hinsichtlich der daraus ableitbaren verkehrsplanerischen und städteplanerischen Schluss- folgerungen zu interpretieren.

- Das unter diesen Zielsetzungen konzipierte Untersuchungsprogramm trägt dieser Aufgaben- stellung Rechnung und stellt mit diesem Erläuterungsbericht über einen Analyse- und einen Prognoseteil die Verkehrsverhältnisse im Untersuchungsgebiet fundiert und nachvollziehbar dar.

In der Summe der planungsrelevanten Bewertungskriterien

- Verkehrsentlastung städtebaulich sensibler Bereiche, - stadtverträgliche Verlagerung des verdrängten Kfz-Verkehrs, - geringen Beeinträchtigungen des ÖPNV und - minimale Einschränkungen der Erreichbarkeit der Innenstadt für den städtischen und auswärtigen Kfz-Verkehr (Einkaufsverkehre, Besuchsverkehre von Touristen usw.)

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schneidet Planfall 2 („Shared Space“-Konzept) in allen Einzelkriterien sowie in der Summe der Bewertungen mit deutlichem Abstand am besten ab.

Einziger „Wermutstropfen“ ist das Faktum, dass auch bei Planfall 2 eine – wenngleich geringfügige – Mehrbelastung des Bereiches „Markt“ von +250 [Kfz/24 h] bzw. +150 [Kfz/24 h] in der Teichtorstraße als Folge der verkehrsberuhigenden Maßnahmen der Niederstraße eintritt.

Um diese Mehrbelastungen – die städtebaulich in diesem zentralen Einkaufs- und Verweilbereich mit Straßencafés, zentraler Bushaltestelle und diversen Einzelhandelsgeschäften, Sparkasse, sonstigen gastronomischen Betrieben, Hotel usw. grundsätzlich unerwünscht sind – auch bei dem Verkehrsführungskonzept des Planfalles 2 zu vermeiden, bedürfte es weiterer Eingriffe in das Verkehrsgeschehen im Innenstadtbereich.

Da das bestehende Verkehrsführungskonzept des inneren Straßenringes nicht verändert werden soll – dieses Postulat war eine wesentliche Planungsprämisse für die Verkehrsführungskonzeption Niederstraße – bleiben nur marginale Veränderungen verkehrsregelnder Art an der Schnittstelle Markt <-> Niederstraße möglich. In Betracht kommen z. B.

- ein Linksabbiegeverbot in der Niederstraße in Richtung Markt (Planfall 2B), oder - eine Umkehr der Einbahnrichtung in der Wehdenstraße (Planfall 2C).

Beide Planfälle wurden per Netzmodellberechnung „durchgespielt“ und hinsichtlich ihrer verkehrlichen Auswirkungen untersucht (Abb. 5.4 und 5.5, sowie 6.4 und 6.5):

Folgende Ergebnisse sind zu konstatieren:

Straßenabschnitt PF 2 PF 2B PF 2C Markt + 250 -1.400 +1.400 Wehdenstraße - 250 + 450 +1.000 Niederstraße zw. -3.050 -1.500 -3.450 Markt und Wehdenstr. Niederstraße zw. Wehdenstraße und -2.800 -2.250 -2.700 Mühlenstraße Gieschenhagen nördl. - 700 - 50 - 600 Oldenburger Straße Plöner Straße, westl. -1.900 -2.500 -1.750 Markt + = Mehrbelastungen [Kfz/24 h] - = Entlastungen [Kfz/24 h] jew. gegenüber dem Prognose-Nullfall 2025

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- Planfall 2B (Linksabbiegeverbot in der Niederstraße in Richtung Markt) hat somit außerordentlich hohe Wirksamkeit in puncto „Entlastung des Marktes“ (-1.400 [Kfz/24 h] und des Ostabschnittes der Plöner Straße (-2.500 [Kfz/24 h]), jedoch verbunden mit mehreren gravierenden Negativ- effekten gegenüber dem Planfall 2 wie insbesondere

- Mehrbelastung der Wehdenstraße von 450 [Kfz/24 h], - deutlich geringere Entlastung des Westabschnittes der Niederstraße als Planfall 2, - geringere Entlastung des Ostabschnittes der Niederstraße als Planfall 2, - praktisch keine nennenswerte Entlastung der Straße „Gieschenhagen“ - und – „last but not least“ – eine Einschränkung der Erreichbarkeit des Marktes aus Richtung Westen (nämlich über den Umweg Niederstraße -> Wehdenstraße, der jedoch nur teilweise von den Verkehrsteilnehmern akzeptiert wird und maßgeblich zur – unerwünschten – Mehrbelastung der Wehdenstraße führt) .

Der Planfall 2B weist somit in Summa gegenüber dem Planfall 2 mehr Nachteile als Vorteile auf.

- Planfall 2C (Umkehr der Einbahnrichtung in der Wehdenstraße) weist gar kontraproduktive Verkehrsverlagerungseffekte im Bereich Markt auf: da der ruhende Verkehr auf dem Marktplatz bei dieser Verkehrsführungsvariante nicht mehr zwangsläufig nach Norden abfließen muss wie bisher, sondern über die Wehdenstraße und Niederstraße direkt in Richtung Osten fließen kann, wird die Wehdenstraße erheblich größeren Mehrbelastungen ausgesetzt als bei Planfall 2B und erst recht im Vergleich zum ursprünglichen Planfall 2.

Auch der Markt wird deutlich stärker belastet (+1.400 [Kfz/24 h]) gegenüber dem Prognose- Nullfall 2025 und stellt damit von allen untersuchten Planfällen den mit der geringsten Umfeldverträglichkeit im Bereich Markt dar.

Dies liegt darin begründet, dass die bislang über die Wehdenstraße in Richtung Teichtorstraße / Neuwerkstraße fließenden Verkehre bei diesem Planfall zwangsläufig den Markt fließen müssen und ihn zusätzlich belasten.

Das Ziel einer Verkehrsentlastung des Marktes wird damit gar konterkariert, sodass dieser Planfall definitiv ausscheidet.

Insgesamt ist somit nach wie vor der Planfall 2 in seiner ursprünglichen Variante zu favorisieren. Das bedeutet, dass

- ein Umbau der Niederstraße im Abschnitt zwischen Zu-/Ausfahrt Markt und ZOB/Gildenplatz im Sinne eines „Shared-Space“-Konzeptes (bzw. übergangsweise oder alternativ als Tempo-20-Zone – „verkehrsberuhigter Geschäftsbereich“ gem. Z 274.1-51) zu empfehlen ist,

- verbunden mit einer Beibehaltung der gesamten übrigen Verkehrsführung im innerstädtischen Straßennetz.

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Der Straßenquerschnitt könnte wie folgt aufgebaut werden (schematisch, ohne Maßstab):

Abb. 4.0: Prinzipskizze Straßenquerschnitt „Verkehrsberuhigter Geschäftsbereich“

Die Ausweisung sollte zunächst als Tempo-20-Zone im Anschluss an die vorhandene Tempo-20-Zone der Innenstadt erfolgen. Wenn Ergebnisse der Testphase „Shared Space“ vorliegen, kann ggf. – je nach Ergebnissen der Testphase – ebenfalls ein „Shared-Space“-Bereich eingerichtet werden.

Damit sind die verkehrsplanerischen Voraussetzungen gegeben, um die Revitalisierung des Bereiches „Niederstraße“ auch städtebaulich durch Renovierung der Gebäudesubstanz und Attraktivitäts- steigerung der vorhandenen Einzelhandelsgeschäfte bzw. Neuansiedlung von Einzelhandelsbetrieben erfolgreich durchzuführen.

Aufgestellt: Osnabrück, 09.11.2009 Th/Sc-09055-10

Planungsbüro Hahm GmbH

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