Gericht Entscheidungsdatum Geschäftszahl Spruch Text
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18.12.2017 Gericht BVwG Entscheidungsdatum 18.12.2017 Geschäftszahl W159 2123646-1 Spruch W159 2123646-1/15E IM NAMEN DER REPUBLIK! Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.2016, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.11.2017 zu Recht erkannt: A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen. B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Text ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE: I. Verfahrensgang: Der Beschwerdeführer, ein damals unbegleiteter Minderjähriger somalischer Staatsangehöriger, gelangte am 09.11.2014 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der ebenfalls noch am 09.11.2014 stattgefundenen Erstbefragung nach dem Asylgesetz durch die Polizeiinspektion XXXX gab der Antragsteller zu seinen Fluchtgründen an, dass er in Somalia alleine, ohne Eltern und Geschwister gelebt habe, dass er obdachlos gewesen sei und als Schuhputzer gearbeitet habe. Er sei traurig und einsam gewesen, da sich niemand um ihn gekümmert habe und er habe vergebens seine Eltern gesucht. Nach Zulassung zum Asylverfahren wurde seitens des örtlich zuständigen Jugend- Wohlfahrtsträger konkret genannte Mitarbeiter der XXXX mit der Vertretung des Minderjährigen im Asylverfahren betraut. Am 13.08.2015 erfolgte eine Einvernahme des Antragstellers (im Beisein eines gesetzlichen Vertreters). Der Antragsteller bestätige, dass er bisher (in der polizeiliche Erstbefragung) der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht habe und diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert worden seien, korrigierte jedoch seinen Geburtsort von XXXX auf XXXX. Er wohne derzeit in XXXX, habe in Österreich keine Verwandten, besuche seit kurzem einen Deutschkurs und habe auch beim XXXX angefangen Fußball zu spielen. Außerdem gehe er ins Fitnessstudio und lese. Er sei wohl gesund, müsse aber regelmäßig Medikamente gegen Schlaflosigkeit nehmen. Es habe einmal eine Auseinandersetzung mit einem Afghanen gegeben und deswegen habe er ein Monat das "Lager" nicht betreten dürfen. Sonst habe er sich gut eingelebt und habe schon Freunde in der Fußballmannschaft. Er wisse nicht, wo seine Familie derzeit aufhältig sei. Früher habe sie in der Stadt XXXX gelebt. www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 34 Bundesverwaltungsgericht 18.12.2017 Er spreche nur somalisch und besitze die somalische Staatsangehörigkeit. Geboren sei er am XXXX, Personaldokumente oder eine Geburtsurkunde habe er keine, aber seine Eltern hätten ihm dieses Geburtsdatum gesagt. Er gehöre dem Clan Gaboye und habe keine Schule besucht, könne aber lesen und schreiben, da sein Vater ihm lesen und schreiben zu Hause beigebracht habe. Einen Beruf habe er nicht gelernt, er habe aber als Schuhputzer in der Stadt XXXX gearbeitet. Er sei Moslem und Sunnit und bestätigte über nochmalige Nachfrage, dass er in der Stadt XXXX geboren sei, welche in Südsomalia liege. In der Folge nannte der Beschwerdeführer die Namen und das Alter seiner Mutter und seines Vaters und gab an, dass er Geschwister habe aber nicht wisse wie viele Geschwister. Er sei bereits im Jahre 2011 von der Al-Shabaab entführt und 20 Tage lang festgehalten worden. Er habe auch noch Tanten mütterlicherseits und väterlicherseits in der Stadt XXXX. In anderen Ländern habe er keine Angehörigen. Aufgefordert die wirtschaftliche Situation im Heimatland zu schildern gab er an, dass er nichts gehabt habe, obdachlos gewesen sei und Schuhe putzen habe müssen um zu überleben. Seine Eltern hätten nicht gearbeitet, sie hätten aber Tiere gehabt. Er habe sechs Monate lang auf der Straße in XXXX gelebt. Vorher habe er in der Stadt XXXX bis 2011 gelebt. Von 2012 bis Juni 2013 habe er in XXXX gelebt. Dort habe er auch auf der Straße gelebt. Im ersten Monat des Jahres 2014 habe er Somalia verlassen. Er habe kein Geld für die Flucht ausgeben müssen, aber er habe in Libyen hart arbeiten müssen wie ein Sklave und zwar in der Landwirtschaft. Gefragt nach dem Fluchtgrund gab er an, dass er von der Al-Shabaab verschleppt worden sei und aufgefordert worden sei für sie zu arbeiten. Da er sich nicht bereit erklärt habe, für sei zu arbeiten, sei er mit dem Umbringen bedroht worden und seien ihm Verbrennungen zugefügt worden. Eines Tages seien bewaffnete Männer der Al-Shabaab zu ihm in die Wohnung gekommen und hätten ihn aus der Wohnung gebracht, ihm eine Waffe gegeben und aufgefordert für die Al-Shabaab zu kämpfen. Sie hätten ihm gedroht, dass sie ihn enthaupten würden, wenn er nicht für sie kämpfe. Er sei gefoltert und mit der Waffe geschlagen worden und zwanzig Tage lang angehalten worden. Untergebracht sei er allein gewesen. Wo er angehalten worden sei, könne er nicht sagen. Vorher habe er keinen Kontakt mit der Al-Shabaab gehabt. Regierungssoldaten hätten dann das Gefängnis angegriffen und so habe er fliehen können. Er sei dann zu Fuß in die Stadt XXXX gegangen, habe einen Hotelbesitzer angesprochen und um Hilfe gebeten. Dieser habe ihm dann einen LKW organisiert, der ihn nach XXXX gebracht habe. Gefragt, warum er nach seiner Flucht nicht zurück zu seiner Familie gegangen wäre, gab er an, dass die Al-Shabaab ihm gedroht habe, dass sie ihn umbringen würde. Das Leben in XXXX sei sehr hart gewesen. Er sei wegen seiner Stammeszugehörigkeit beschimpft worden und habe das Geld, das er als Schuhputzer verdient habe, abgeben müssen. Deswegen sei er dann nach XXXX weitergezogen, aber auch dort habe er das Geld, das er als Schuhputzer verdient habe, abgeben müssen. Auch in Libyen sei er versklavt und gefoltert worden und zwar vom Schlepper. Wenn er nach Somalia zurückkehre, fürchte er, dass er von der Al-Shabaab getötet werde. Nach seiner Flucht aus der Entführung habe er keine weiteren Probleme mehr mit der Al-Shabaab gehabt. Der gesetzliche Vertreterin wurde eine Frist von drei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme zu den Länderinformationen eingeräumt. Vorgelegt wurde ein Kurzarztbrief mit der Diagnose "posttraumatische Belastungsstörung mit Insomnie aufgrund von Flashbacks", sowie ein Bericht mit der gleichen Diagnose und ausführliche Schilderungen der Probleme, die der Beschwerdeführer in der Unterkunft gemacht habe, wobei auch vermerkt ist, dass der Beschwerdeführer gegen einen Bus getreten habe und auf der Straße willkürlich Autos angehalten habe. In der Stellungnahme der gesetzlichen Vertretung wurde insbesondere auf die schlechte Situation der Angehörigen des Clan Gaboye/Midgan hingewiesen. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 22.02.2016 Zl. XXXX wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 09.11.2014 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchteil II. jedoch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und unter Spruchteil III. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 22.02.2017 erteilt. In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang einschließlich, der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zu Somalia getroffen. In der Beweiswürdigung wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass der Antragsteller bei der Erstbefragung in keiner Weise Probleme mit der Al-Shabaab, sondern lediglich wirtschaftliche Probleme angegeben habe. Auch sei es unplausibel, dass der Antragsteller nach seiner Befreiung von der Al-Shabaab-Gefangennahme nicht zu seiner Familie zurückgekehrt sei. Außerdem habe sich der Antragsteller nach den Geschehnissen noch längere Zeit in verschiedenen Städten Somalias aufgehalten, ohne der Gefahr einer Bedrohung ausgesetzt gewesen zu sein. Daher sei die Behörde in einer Gesamtschau des Vorbringens davon ausgegangen, dass sich der Antragsteller einer konstruierten Geschichte bedient habe und dem Fluchtvorbringen kein Glauben geschenkt habe werden können. Rechtlich begründend wurde zu Spruchteil I. insbesondere ausgeführt, dass der www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 34 Bundesverwaltungsgericht 18.12.2017 Antragsteller keine glaubwürdigen asylrelevanten Fluchtgründe dargelegt habe. Wirtschaftliche Gründe würden jedoch die Anerkennung als Flüchtling nicht rechtfertigen, ebenso wenig schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen; selbst allgemeine Unglücksfolgen, die aus einer Bürgerkriegssituation resultierten, würden keinen asylrelevanten Sachverhalt begründen, sodass dem Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht zu entsprechen gewesen sei. Zu Spruchteil II wurde hingegen dargelegt, dass dem Antragsteller im Herkunftsland wohl die Lebensgrundlage nicht gänzlich entzogen wäre, aber eine aktuelle instabile Sicherheitslage erkennbar sei, sodass eine Zurückweisung oder Rückschiebung oder Abschiebung derzeit nicht zulässig sei und dem Antragsteller der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen sei. Deswegen sei auch eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen gewesen. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller durch seine ausgewiesene Vertretung fristgerecht Beschwerde hinsichtlich des abweisenden Spruchteils I. Zu den Differenzen zur Erstbefragung wird darauf hingewiesen, dass der Antragsteller angehalten worden sei, sich bei dieser kurz zu halten und diese weniger als eine Stunde gedauert habe. Außerdem sei er sehr müde gewesen, weil er die Nacht zuvor im Zug verbracht habe. Der Antragsteller sei deswegen nicht