VINDONISSA QUELLFRISCH Von Der Quelle Bis Zur Kloake Wasserversorgung in Römischer Zeit Eine Sonderausstellung Von Studierenden Der Universität Basel
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VINDONISSA QUELLFRISCH Von der Quelle bis zur Kloake Wasserversorgung in römischer Zeit Eine Sonderausstellung von Studierenden der Universität Basel Vindonissa-Museum Brugg 5. August bis 13. November 2011 INHALT EinfU" hrunG Einführung 3 Als der Windischer Sporn im frühen 1. Jh. n. Chr. Für die Wasserversorgung zum Standort des Legionslagers Vindonissa war den Römern kein Aufwand zu gross 4 bestimmt wurde, war die Wasserversorgung Sauberes Wasser am Beginn der Reise 7 eines der vordringlichsten Probleme. Die römi- schen Ingenieure lösten diese Aufgabe so Freispiegel-Leitungen transportieren das Wasser 11 souverän und nachhaltig, dass eine der beiden Wasserleitungen nach fast 2000 Jahren immer Zuleitungen erhöhen die Wassermenge 15 noch funktioniert. Wer weiss schon, dass der Wartungspersonal kontrolliert, reinigt und repariert 17 Springbrunnen vor der Klinik Königsfelden 1 Aquaedukt-Brücken überwinden tiefe Täler 20 mit Grundwasser gespiesen wird, das in der 2,5km entfernten Gemeinde Hausen gefasst und in Türme sammeln das Wasser 23 einer römischen Wasserleitung nach Windisch Druckleitungen verteilen das Wasser 26 transportiert wird? Laufbrunnen liefern fliessendes Wasser 30 Ebenso wenig bekannt ist, dass das einzige noch funktionstüchtige römische Bauwerk Sodbrunnen als Wasserquelle 34 im Gebiet der heutigen Schweiz und die einzige Alle brauchen Wasser 39 noch wasserführende Leitung nördlich der Alpen Dreckiges Wasser am Ende der Reise 42 überhaupt immer wieder von Baumassnahmen bedroht ist: Allein in den vergangen fünf Jahren Weiterführende Literatur (Auswahl) 46 musste die Kantonsarchäologie Aargau im Be- reich der beiden Wasserleitungen von Vindonissa elf archäologische Untersuchungen 2 sowie zahlreiche weitere Baustellenbegleitungen durch- führen. Mit der Sonderausstellung «VINDONISSA QUELLFRISCH» wollen wir die Öffentlichkeit auf die Bedeutung dieses einzigartigen Kultur- denkmals aufmerksam machen. Dies in der Hoff- nung, dass die einzige noch wasserführende Leitung nördlich der Alpen nicht nur in funktions- tüchtigem Zustand erhalten werden kann, sondern auch möglichst bald und nachhaltig unter Schutz gestellt wird. Anna Laschinger / Peter-A. Schwarz 3 FU" R die Wasser- versorGunG war den RO" Mern Kein Aufwand ZU Gross Anna Laschinger / Peter-A. Schwarz 1 Der Springbrunnen vor dem Hauptgebäude der Klinik Königsfelden (Windisch, AG). «Wenn man sich den Mit diesen Worten umschreibt Er bildet heute den Endpunkt der noch Plinius der Ältere in seiner Naturalis wasserführenden Leitung von Vindonissa. Überfluss an Wasser historia (Naturgeschichte) die Leistungen der römischen Wasser- 2 Im Juli 2011 im Dorfzentrum von Windisch, AG in der Öffentlichkeit, in entdeckte Überreste eines Pfeilerfundaments bau-Ingenieure in und um Rom. der römischen Aquaedukt-Brücke. Bädern, Fischteichen, Dabei kannte Plinius, der im frühen Kanälen, Häusern, Gär- 1. Jh. n. Chr. lebte, erst einen Teil dieser zivilisatorischen Errungen- ten und Landgütern schaften: Später bauten nämlich die nahe bei der Stadt Rom, beiden römischen Kaiser Trajan und Severus Alexander noch zwei die Wege, welche das weitere Wasserleitungen. Die ins- Wasser durchläuft, die gesamt elf Leitungen, die Rom schlussendlich mit Wasser versorg- errichteten Aquaedukt- ten, waren zusammen über 420 km Brücken, die durch- lang. Eine dieser Leitungen, die Aqua Virgo, funktioniert heute noch: grabenen Berge und Sie versorgt die berühmte Fontana eingeebneten Täler vor di Trevi 3 mit Wasser. Augen hält, wird man Wasserversorgung im eingestehen müssen, imperium Romanum dass es auf der ganzen Generell lässt sich sagen, dass die römischen Ingenieure bereits Erde nie etwas Bewun- 3 Die Fontana di Trevi in Rom. Der Volksglaube sagt, zu der Zeit, als Rom zur Weltmacht dass es Glück bringt, Münzen mit der linken Hand über die rechte Schulter in den Brunnen zu werfen. dernswerteres gegeben aufstieg (um 200 v. Chr.) alle tech- Eine Münze führt zu einer sicheren Rückkehr nach hat.» nischen und theoretischen Grund- Rom, zwei Münzen führen dazu, dass man sich in kenntnisse hatten, die für den einen Römer oder eine Römerin verliebt, drei Münzen Plinius, Aufbau einer funktionierenden Was- zu einer Heirat mit der entsprechenden Person. serversorgung nötig waren. Im Naturalis historia Gegensatz zu den Griechen, denen 36,123. es bei der Lehre vom Wasser (Hydrologie) und der Lehre von der Bewegung des Wassers (Hydraulik) vorab um theoretische Erkennt- nisse ging, interessierte die Römer in erster Linie die praktische Um- setzung (Hydrotechnik) der theoreti- schen Erkenntnisse. Es war aber nicht nur der den Römern eigene pragmatische Ansatz, der den Bau von grossen Wasserleitungen (aquaeductus ) er- 4 Das Legionslager von Vindonissa und die umliegenden Zivilsiedlungen um 100 n. Chr. möglichte, deren Dimensionen 4 5 und technische Perfektion erst im ter Schutzstreifen einzuplanen war, 19. Jahrhundert wieder annähernd der nicht überbaut und / oder mit SauBeres erreicht wurde, sondern auch das Bäumen bepflanzt werden durfte. Know-how der römischen Wasser- Zuwiderhandlungen gegen diese bau-Ingenieure und die schier Vorschriften wurden mit Bussen in Wasser unendliche Wirtschaftskraf der Welt- der Höhe von 100'000 Sesterzen macht Rom. bestraft. Dieser Betrag entsprach AM BeGinn Den Stellenwert der Wasser- damals etwa dem Preis eines kleinen versorgung bezeugen aber nicht Hauses. Ob diese Vorschriften auch nur erhalten gebliebene Baudenk- in den Provinzen ihre Gültigkeit der Reise mäler (vgl. z. B. 8 ; 25 ; 31 ), sondern hatten, wissen wir nicht. Vermutlich Erik Martin auch die antiken Autoren. war aber die wasserführende Lei- Vitruv (Vitruvius Pollio; tung von Vindonissa damals wesent- Römische Ingenieure Das Wasser sammelten die Römer 1. Jh. v. Chr.) beschreibt in seinen lich besser geschützt als heute. in Brunnenstuben und Sicker- zehn Büchern über die Architektur kannten für die Gewin- leitungen und transportierten es in (De architectura libri decem) nämlich Wasserversorgung nung von Trinkwasser sog. Freispiegel-Leitungen (gedeck- nicht nur die Vor- und Nachteile in der römischen Schweiz ten Kanälen) in die Siedlungen der verschiedenen Baumaterialien mehrere Methoden. und Militär-lager. Waren weder Quel- (Ziegel, Stein, Holz), sondern auch Die meist unterirdisch verlaufenden Zum einen nutzten sie len noch Grundwasservorkommen die Regeln, die bei der Herstellung Freispiegel-Leitungen und andere vorhanden, leiteten sie das Trinkwas- von wasserdichtem Mörtel (opus Überreste der römischen Wasserver- Quellen, aus denen das ser auch aus Flüssen oder Bächen signinum ) und von Beton (opus sorgung gelten auch hierzulande Wasser auf natürliche ab. Da dieses Wasser jedoch oft ver- caementitium ) sowie bei der als eine der wesentlichsten Errungen- unreinigt ist, war diese Methode Vermessung und bei der Beurtei- schaften der römischen Zivilisation. Weise austritt, zum der Trinkwassergewinnung eher eine lung der Wasserqualität zu be- Wir müssen uns jedoch bewusst anderen Grundwasser. Ausnahme. achten waren. Leider verschweigt sein, dass in der römischen Schweiz uns Vitruv aber, wie die Römer in erster Linie die Einwohner der Grundwasser versorgte die natürlichen Grundwasservor- grossen Koloniestädte Augusta Vindonissa kommen aufgespürt haben. Raurica (Augst, BL; Kaiseraugst, AG) Ein anderer Autor, Sextus oder Aventicum (Avenches, VD) Im Gebiet der heutigen Gemeinde Iulius Frontinus (40 – 103 n. Chr.) davon profitierten. In den kleineren Hausen und Lupfig, AG fanden war als «Wasserbaumeister» Siedlungen, wie z. B. in Vitudurum die Römer genügend grosse Grund- (curator aquarum) für den Bau und (Oberwinterthur, ZH), war ein wasservorkommen für die Wasser- den Unterhalt der Wasserlei- flächendeckendes Wasserleitungs- versorgung des Legionslagers tungen in der Stadt Rom zuständig. netz eher die Ausnahme als die von Vindonissa. Während seiner Amtszeit (97 – Regel. Dies gilt sinngemäss auch für Für den Transport des Was- 103 n. Chr.) verfasste er ein zwei- die Gutshöfe (villae rusticae ) auf sers bauten sie zwei Freispiegel- bändiges Werk über die Wasser- dem Land; sie lagen zwar in der Leitungen 5 . Die circa 2,5 km lange versorgung der Stadt Rom (De aquis Regel immer in der Nähe von Wasser- Freispiegel-Leitung führt heute noch urbis Romae). Dieses enthält ge- vorkommen, verfügten aber nur Wasser, während die sog. «tote» naue Beschreibungen der Methoden in seltenen Fällen (vgl. 46 ) über ein Leitung kein Wasser mehr führt. Wel- und Regeln, die beim Transport professionell angelegtes Wasser- che der beiden Leitungen älter ist, und Verteilen des Frischwassers versorgungssystem. können wir (noch) nicht mit Gewiss- zu beachten waren. So musste bei- Vindonissa ist auch in die- heit bestimmen. spielsweise das Ableiten von ser Hinsicht ein gutes Beispiel: Die Kanalwangen (Seiten- Wasser für private Zwecke vom Während die hier stationierten Sol- wände) im ersten, rund 590 m langen Kaiser höchstpersönlich bewilligt daten Wasser trinken konnten, Abschnitt der wasserführenden werden. Frontin beklagt sich das mit Hilfe von über 2,5 km lan- Leitung bestehen nicht aus wasser- darüber, dass diese Vorschriften gen Freispiegel-Leitungen heran- dichtem Mauerwerk, sondern aus oftmals nicht beachtet wurden. transportiert wurde, musste sich ein wasserdurchlässigen Trocken- Offenbar haben namentlich die Grossteil der im Westen, Süden mauern. So kann das Hang- und Besitzer von Kneipen und Absteigen und Osten des Legionslagers an- Grundwasser durch die Zwischen- «von üblem Ruf» immer wieder sässigen Zivilbevölkerung 4 wahr- räume zwischen den