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Zu neuem Leben erwacht

Ort und Schloss Hessen

Von Dr. Klaus George

Mit dem Harzer Kulturpreis 2011 des Regionalverbandes e. V. war der Förderverein Schloss Hessen e. V. ausgezeichnet worden. Gewürdigt wurde damit das Engagement der über 50 Vereinsmitglieder für den Wiederaufbau und die kulturelle Nutzung des nach der Teilung Deutschlands zerstörten Renaissanceschlosses. Die mittelalterliche Burg war im 16. Jh. zu einem fürstlichen Residenzschloss umgebaut worden, später umgenutzt und 1948 zum Abriss freigegeben.

Als "Hessenheim" findet das heutige Hessen erstmals 966 in einer von Kaiser OTTO I. gezeichneten Schenkungsurkunde Erwähnung. 1719 erhielt Hessen Marktrecht und wurde 1746 gar zum Flecken. Die Bedeutung des Begriffes ist heute weithin in Vergessenheit geraten; statt von Flecken würde die moderne Raumordnung von einem Grundzentrum sprechen. Hessen war Teil des Fürstentums Braunschweig- Wolfenbüttel, dem späteren Herzogtum Braunschweig. 1942 endete die Zugehörigkeit zum Land Braunschweig: Im Zuge des "Salzgitter-Gesetzes" wurden Pabstorf und Hessen gegen und Roklum getauscht und damit Teil der Preußischen Provinz Sachsen. Letztere war nach dem Zweiten Weltkrieg bekanntlich zunächst Sowjetische Besatzungszone. Die innerdeutsche Grenze trennte danach über vier Jahrzehnte Hessen vom benachbarten Winningstedt (Landkreis Wolfenbüttel). Erst am 12. November 1989 war es wieder möglich, über den Hessendamm nach Matierzoll, einem Ortsteil von Winningstedt zu gelangen. Hessen blieb als kreisangehörige Gemeinde (Landkreis ) Teil des Landes Sachsen-Anhalt. Im September 2003 endete die gemeindliche Selbständigkeit: Die Gemeinden Deersheim, Osterode am Fallstein, Rohrsheim, Veltheim, Zilly und die Stadt Dardesheim schlossen sich zur Gemeinde Aue-Fallstein zusammen. Der Name nahm Bezug auf die geographische Lage im nördlichen Harzvorland. Die Aue, ein kleiner Fluss, der bei Langeln entspringt, verbindet die Orte Zilly, Deersheim und Hessen. Nördlich von Hessen mündet die Aue in den Großen Graben. Am bewaldeten Großen Fallstein hat die Gemarkung Hessen einen bedeutenden Anteil. Doch schon am 31.12.2009 endete die kurze Geschichte der Gemeinde Aue-Fallstein; sie wurde Teil der Einheitsgemeinde Stadt Osterwieck (Landkreis Harz), die seit 2006 Fördermitglied im Regionalverband Harz ist.

Die Entstehung der Burg Hessen wird im 12. Jh. vermutet, als erstmals eine Familie aus dem niederen Adel auftritt, die sich nach dem Ort nannte. Nach dem Aussterben der Freiherren erbten die Grafen vom Regenstein den Besitz. Die wiederum verkauften 1343 Dorf und Burg Hessen an die Braunschweiger Herzöge. Letztere verpfändeten Hessen zeitweilig an die Stadt Braunschweig. Zu jener Zeit fanden bereits beide Türme und die Steinscheune der Unterburg Erwähnung. Der Hessendamm, der das Große Bruch quert, war unter der Regierung der Herzöge ausgebaut und durch eine starke Burg gesichert worden. Das war eine herausragende infrastrukturelle Leistung, musste doch der Verkehr von Braunschweig nach Halberstadt und darüber hinaus nun nicht mehr den Umweg über Hornburg nehmen. Auch nach der Wiedervereinigung Deutschlands war die über den Hessendamm verlaufende B 79 eine der wichtigsten Ost-West-Verbindungen. Erst durch die neue vierspurige B 6 verlor sie etwas an Bedeutung.

Unter HEINRICH II., Herzog zu Braunschweig-Lüneburg und Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel, begann im 16. Jh. der Ausbau von Schloss Hessen zu einem Renaissanceschloss. Sein Sohn, Herzog JULIUS, nutzte es als Sommerresidenz. Hier erblickte dann auch dessen erstgeborener Sohn, HEINRICH JULIUS, am 15. Oktober 1564 das Licht der Welt. Er folgte seinem Vater nicht nur als Herzog, sondern war auch postulierter Bischof von Halberstadt. Nach seinem Tod 1613 nutzte seine Frau das Schloss Hessen als Witwensitz. Sie war es, die JOHANN ROYER 1607 als Hofgärtner verpflichtete. Fürstlicher Wohnsitz war Schloss Hessen jedoch fortan nicht wieder. Im 18. Jh. wurde es umgebaut und später als Domäne verpachtet. Die Familie VON SCHWARTZ verließ Hessen 1945 als letzte Pächterfamilie. Heute ist Schloss Hessen soweit wiederhergestellt, dass es für Veranstaltungen, Ausstellungen und als Jugendklub genutzt werden kann.

Hessen war auch Standort einer Dampfziegelei, einer Zuckerfabrik und hatte Eisenbahnanschluss. Heute hat Hessen wieder Wohnqualität. Niemand braucht mehr einen Passierschein für das Grenzgebiet. Die B 79 führt zwar direkt durch den Ort, doch sie belebt diesen auch. Im Ort gibt es Einkaufsmöglichkeiten, Kindertagesstätte, Grundschule, Bibliothek, eine moderne Sporthalle, Pensionen sowie Einkehrmöglichkeiten - darunter mit dem Gasthaus "Zur Weinschenke" die älteste Gaststätte Sachsen- Anhalts (1395 erstmals urkundlich erwähnt). Die Kirche steht zwar ebenfalls noch im Dorf, scheint aber ungenutzt. Denkmäler erinnern an die Opfer beider Weltkriege und an Herzog FRIEDRICH WILHELM VON BRAUNSCHWEIG-WOLFENBÜTTEL-OELS, den legendären Schwarzen Herzog. Sein Freikorps erstürmte am 29. Juli 1809 Halberstadt. Er gilt als einer der bedeutendsten Heerführer der Befreiungskriege gegen Napoleon, fiel aber zwei Tage vor der Schlacht bei Waterloo.

Quellen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hessen-(Osterwieck)

KOTYRBA, S. (o. J): Schloss Hessen - fürstlich braunschweigische Residenz der Renaissance. Braunschweig.

RÜHLAND, P., U. GÜTTE, J. KEGEL & S. KOTYBRA (2007): Willkommen in Hessen am Fallstein. Hessen.

SCHWINEKÖPER, B. (Hrsg.,1987): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Bd. 11: Provinz Sachsen/ Anhalt. 2. Auflage, Alfred Körner Verlag Stuttgart.

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