Die wirtschaftliche Bedeutung der Reichsparteitage der NSDAP von 1933 bis 1938 für die Stadt Nürnberg unter besonderer Berücksichtigung sozialgeschichtlicher Aspekte

Der Philosophischen Fakultät / Dem Fachbereich Bayerische und Fränkische Landesgeschichte

der Friedrich – Alexander-Universität

Erlangen Nürnberg

zur

Erlangung des Doktorgrades Dr. Phil.

vorgelegt von

Susanne Greiner-Fauth

aus Oettingen

Als Dissertation genehmigt von der Philosophischen Fakultät/ vom Fachbereich Neuere Bayerische und Fränkische Landesgeschichte der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen - Nürnberg

Tag der mündlichen Prüfung: 22.12.2016

Vorsitzende des Promotionsorgans: Prof. Dr. Heike Paul

Gutachter: Prof. Dr. Georg Seiderer

Prof. Dr. Werner Blessing

Inhalt

1. Einleitung ...... 7 1.1. Forschungsdiskussion ...... 9 1.2. Zur Themenstellung ...... 12 1.3. Leitfragen ...... 14 1.4. Quellenlage ...... 15

2. NS-Wirtschaftspolitik ...... 18 2.1. Sekundäre Rolle der Wirtschaft in der NS-Ideologie ...... 18 2.2. Arbeitsbeschaffungspolitik 1933 - 1936 ...... 19 2.3. Hauptziel: Hochrüstung ...... 21 2.4. Rückgang der Arbeitslosigkeit ...... 23 2.5. „Totale Kriegswirtschaft“; NS-Staat als Wirtschaftsfaktor ...... 24

3. Wirtschaftsentwicklung Nürnbergs im frühen 20. Jahrhundert ...... 27 3.1. Auswirkungen des Ersten Weltkrieges ...... 28 3.2. Sozial- und Wirtschaftspolitik der Stadt Nürnberg unter Oberbürgermeister...... 29 Hermann Luppe ...... 29

4. Wahlverhalten der Bevölkerung in Nürnberg ...... 33 5. Organisationsstrukturen und Finanzierung ...... 37

5.1. Die Reichsparteitage 1933 und 1934 ...... 37 Stadt und Partei als Organisatoren...... 37 5.1.1. Zentralstelle; Organisationsleitung ...... 37 5.1.2. Finanzierung ...... 39 5.1.3. Städtische Haushalte 1933 und 1934 ...... 47 5.1.4. Kostenexplosion durch Kongreßhallenprojekt ...... 48 5.2. Die Reichsparteitage 1935 bis 1938 ...... 50 Gründung des „Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg“...... 50 5.2.1. Ungelöste Finanzierung ...... 52 5.2.2. Städtische Haushalte 1935 bis 1938 ...... 56

6. Gewerbe und Handel ...... 59 6.1. Lebensmittelversorgung und -verkauf; Bäckereien, Metzgereien ...... 59 6.2. Gastronomie ...... 63 6.3. Bier ...... 66 6.4. Tabak ...... 69 6.5. Fliegende Händler; Vergabepraxis für den Straßenhandel ...... 71 6.6. Postkarten; Druckaufträge ...... 80 6.7. Dekorationsartikel ...... 84 6.8. Lautsprecher ...... 90 6.9. RPT-Tourismus ...... 94 6.9.1. Taxis ...... 102 6.10. Werbungsmonopol für Daimler-Benz...... 103 6.11. Schäden; Kosten für Massenquartiere; Wasserverschmutzung ...... 106 6.11.1. Versammlungsareale und Innenstadt; Klagen von Geschäftsleuten ...... 106 6.11.2. Kosten für Massenquartiere ...... 109 6.11.3. Wasserverschmutzung ...... 113 6.12. Berichte zur wirtschaftlichen Bedeutung der Reichsparteitage ...... 114 für die Stadt Nürnberg ...... 114

7. Vergabepraxis für die Großbaustelle Reichsparteitagsgelände...... 117 7.1. Vergabepraxis der Stadt Nürnberg ...... 118 7.2. Vergabepraxis des ZRN ...... 131 7.3. Vergabepraxis der „Arbeitsgemeinschaft Naturstein“ ...... 134 7.4. Interview mit Paul Brochier ...... 135

8. Zusammenfassung ...... 138

Literatur- und Quellenverzeichnis: ...... 144

Anhang ...... 158

Die wirtschaftliche Bedeutung der Reichsparteitage der NSDAP von 1933 bis 1938 für die Stadt Nürnberg unter besonderer Berücksichtigung sozial- geschichtlicher Aspekte

1. Einleitung Die Reichsparteitage nahmen im Nationalsozialismus und im Verständnis seiner Akteure eine Sonderstellung ein. Für die NSDAP stellten sie das bedeutendste Gemeinschaftserlebnis einmal im Jahr dar. Sie entstanden aus den anfangs auf München und seine Region beschränkten Generalmitgliederversammlungen der Partei.1 Bis 1933 veranstaltete sie vier Reichsparteitage: in München (1923), Weimar (1926) und Nürnberg (1927, 1929). Typische Programmteile wie Massenversammlungen, SA-Vorbeimarsch vor dem „Führer“ Adolf Hitler und Standartenweihe mit der „Blutfahne“ erfuhren bereits zu diesem frühen Zeitpunkt ihre Prägung.2

1 Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP. Geschichte, Struktur und Bedeutung der größten Propagandafeste im nationalsozialistischen Feierjahr. Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte, Nürnberg 1991, S. 12-18. Neuaufgelegt in Schriftenreihe des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände, Band 2, Nürnberg 2002. Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die erste Auflage. 2 Unter Böllerschüssen bildete die Berührung und Weihe der Parteistandarten mit der „Blutfahne“, an der angeblich noch das Blut der von der Polizei erschossenen Hitleranhänger vom Putschversuch am 9. November 1923 in München klebte, den Höhepunkt des pseudosakralen Rituals. Der erste Parteitag der NSDAP mit 25.000 Teilnehmern fand vom 27. bis 29. Januar 1923 in München statt. Nach dem gescheiterten Hitlerputsch am 9. November desselben Jahres, dem Parteiverbot, der Wiederzulassung der NSDAP und der Neugründung im Februar 1925 veranstaltete sie den zweiten Reichsparteitag am 3./4. Juli 1926 in Weimar. Vom 19. bis 21. August 1927 fand der dritte Reichsparteitag erstmals in Nürnberg statt. Die Stadt galt aufgrund ihrer geschichtsträchtigen Vergangenheit für nationalistische und völkische Gruppen als ein Traditionsort deutscher Geschichte. Bereits am 1. und 2. September 1923 hatten sich hier zehn- tausende Mitglieder „Vaterländischer Kampfverbände“ zum „Deutschen Tag“ versammelt. Auch die NSDAP mit Hitler war präsent und hatte ihre paramilitärische Sturmabteilung (SA) auf dem Hauptmarkt aufmarschieren lassen. Insbesondere politische und pragmatische Gründe wie die starke Anhängerschaft Julius Streichers und das Wohlwollen der Polizeidirektion Nürnberg-Fürth gegenüber der NSDAP waren für die Ortswahl ausschlaggebend. Die Stadt bot eine günstige geographische und verkehrstechnische Lage, mit dem Luitpoldhain und der Luitpoldhalle stand ein geeigneter Austragungsort für Großkundgebungen zur Verfügung. An den Vorbereitungen war bereits der spätere NS-Oberbürgermeister Willy Liebel beteiligt. Die Zahl der Teilnehmer und Besucher blieb hinter den ursprünglich erwarteten 20.000 zurück. Aber das Treffen signalisierte äußerlich den Abschluss der Gründungsphase der NSDAP. Das fränkische Umland bildete das nationalsozialistische Zentrum im Deutschen Reich: Siegfried Zelnhefer, Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O., S. 23-34. Der vierte Reichsparteitag vom 1. bis 4. August 1929 in Nürnberg geriet zu der größten Massen- veranstaltung, die die NSDAP bis dahin aufgezogen hatte. Allein SA und SS stellten 25.000 Teilnehmer. Daneben dürften sich in Nürnberg 30.000 – 40.000 „zivile“ Parteimitglieder getroffen haben. Zu den Ehrengästen gehörten Prinz August Wilhelm von Preußen (Sohn von Kaiser Wilhelm

7 Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten fanden die Reichsparteitage von 1933 bis 1938 in Nürnberg auf dem dafür angelegten Reichsparteitagsgelände und vor der Kulisse des historischen Altstadtbildes statt. Die durch und durch inszenierten Jubelschauen galten nach dem Verständnis der Machthaber als ein „Gesamtkunstwerk“, ihre Zelebrierung für Propagandaminister Joseph Goebbels als „Hochamt unserer Partei“.3 Sie waren Höhepunkt und wirkungsmächtiges Zeugnis des ästhetisierenden Politikverständnisses des Nationalsozialismus und die historisch auffälligste und am weitesten entfaltete Form eines politisch-ideologischen Massenkultes, der für die Zwischenkriegszeit insgesamt und für den europäischen Faschismus insbesondere charakteristisch war.4 Gleichwohl waren die Reichsparteitage alles andere als ein perfektes Unternehmen. Selbst ihre propagandistische Wirkung blieb trotz größtmöglichem Aufwand wie der Produktion des Parteitagsfilmes „Triumph des Willens“ der Regisseurin Leni Riefenstahl begrenzt.5 Zwar bestimmte das Machwerk als Kino-Ereignis für ein Massenpublikum die visuelle Erinnerung an die Jubelschau von 1934 und seinen strahlenden „Star“ Adolf Hitler. Doch interne Erfahrungsberichte der NSDAP-Organisationsleitung und der Nürnberger Stadtverwaltung über organisatorische Unzulänglichkeiten und Disziplinlosigkeiten der Teilnehmer verweisen auf die mit den Massenveranstaltungen verbundenen Probleme und Schwierigkeiten.6 Besonders deutlich wird dieses Dilemma bei der Baugeschichte des Reichsparteitagsgeländes. Sie war bestimmt von Zufällen, Ad-hoc-Entscheidungen, unüberlegten Veränderungen und unkalkulierbaren „Führerwünschen“, ohne klare Linie und ohne realistisches Konzept.7

II.) und der Generaldirektor der Gelsenkirchener Bergwerks-AG, Emil Kirdorf – ein Zeichen dafür, dass die NSDAP an politischer Bedeutung gewann und sich als Massenpartei zu formieren begann: Siegfried Zelnhefer, Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O., S. 34-52. Rainer Hambrecht: Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken (1925 - 1933). Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte Band 17, Nürnberg 1976, S. 170 f. 3 Elke Fröhlich (Hg.), im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte und in Verbindung mit dem Bundesarchiv: Die Tagebücher des Joseph Goebbels. Sämtliche Fragmente. Teil I, Band 2, München u.a. 1987, S. 515. 4 Hans-Ulrich Thamer: Von der „Ästhetisierung der Politik“: Die Nürnberger Reichsparteitage der NSDAP“. In: Werk und Zeit. Vierteljahresschrift des Deutschen Werkbundes DWB e.V., Frankfurt/M., 3/1988, S. 7. 5 Martin Loiperdinger: Rituale der Mobilmachung. Der Parteitagsfilm „Triumph des Willens“ von Leni Riefenstahl, Opladen 1987. 6 Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, Ausstellung „Faszination und Gewalt“, Raum 11, Tafel 1104: „Wunschbild und Wirklichkeit“. 7 Siegfried Zelnhefer: Bauen als Vorgriff auf den Sieg. In: Centrum Industriekultur (Hg.), Kulissen der Gewalt. Das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, München 1992, S. 45.

8 1.1. Forschungsdiskussion In der zeithistorischen Forschung sind die Reichsparteitage der NSDAP inzwischen ausführlich thematisiert worden. 1967 veröffentlichte Hamilton Burden eine erste Dokumentation der Reichsparteitage, die sich auf Zeitungsberichte und Zeitzeugengespräche stützte.8 1977 wies Josef Henke für zukünftige Forschungen mit einem Quellenabriss aus dem Bundesarchiv den Weg. 1979 hob Karl Friedrich Reimers die propagandistische Funktion der Masseninszenierungen hervor und verwies auf die dabei in Erscheinung tretende Politische Ästhetik.9 1991 erschien die Dissertation von Siegfried Zelnhefer über die Geschichte, Struktur und Bedeutung der Reichsparteitage als größte Propagandafeste im nationalsozialistischen Feierjahr. Sie gilt als wissenschaftliches Standardwerk zum Thema.10 Den Autor inspirierten nicht zuletzt die Erfahrungen im Umgang mit dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in seiner Heimatstadt Nürnberg.11 Das dort in der von dem Architekten Albert Speer 12 entworfenen Zeppelintribüne 1984 begonnene Ausstellungsprojekt „Faszination und Gewalt“ mit der Fokussierung auf den Bereich der Politischen Ästhetik führte zu verschiedenen Veröffentlichungen.13

8 Hamilton Burden T.: Die programmierte Nation. Die Nürnberger Reichsparteitage, Gütersloh 1967. 9 Josef Henke: Die Reichsparteitage der NSDAP in Nürnberg 1933 - 1938 – Planung, Organisation, Propaganda. In: Heinz Boberach/ Hans Booms (Hg.): Aus der Arbeit des Bundesarchivs. Beiträge zum Archivwesen, zur Quellenkunde und Zeitgeschichte, Boppard, Sonderdruck 1977, S. 398- 422. Karl Friedrich Reimers: Die Reichsparteitage als Instrument totaler Propaganda. Appell, Feier, Kult, Magie. In: Zeitschrift für Volkskunde 75 (1979), S. 216-228. 10 Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O. 11 Thomas Wunder: Das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Entstehung, Kennzeichen, Wirkung. Eine Einführung zur Begehung des Reichsparteitagsgeländes, Nürnberg 1984. Eckart Dietzfelbinger: Der Umgang der Stadt Nürnberg mit dem früheren Reichsparteitagsgelände, Nürnberg 1990. 12 Albert Speer, geb. 9.3.1905, gest. 1.9.1981. Architekt. 1931 zur NSDAP. 1934 mit dem Entwurf eines Gesamtplans für das Reichsparteitagsgelände beauftragt. 1937 Generalbauinspekteur für die Reichshauptstadt . 1938 Goldenes Parteiabzeichen. 1941 Mitglied des Reichstages. 1942 Reichsminister für Bewaffnung und Munition. 1943 Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion. Zahlreiche weitere Funktionen, z.B.: Mitglied im Präsidialrat der Reichskammer der Bildenden Künste; Generalinspekteur für Sonderaufgaben im Vierjahresplan; Generalinspekteur für Wasser und Energie; Leiter des Hauptamtes für Technik der NSDAP; Generalinspekteur für das Deutsche Straßenwesen; Mitglied im Präsidialrat der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Ehrenmitglied der Deutschen Akademie der Luftfahrtforschung. Im Mai 1945 verhaftet. 1.10.1946 Verurteilung wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit zu 20 Jahren Gefängnis durch den Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg. 1966 Haftentlassung. Bestsellerautor. 13 Das mit der Gesamtorganisation beauftragte Pädagogische Institut der Stadt Nürnberg begründete das gewählte Leitmotto so: „Faszination und Gewalt wurde als Leitthema der Ton- und Bildschau gewählt, um schon im Titel deutlich zu machen, daß die beiden Begriffe im Nationalsozialismus die Kehrseiten ein und derselben Medaille darstellen. Was für die einen, die „Volksgenossen“, durchaus faszinierend wirkte, bedeutete für die anderen, die sogenannten „Gemeinschaftsfremden“, Verhaftung, Terror und Gewalt: Pädagogisches Institut der Stadt Nürnberg (Hg.): „Faszination und Gewalt“. Ein Bericht. Nürnberg 1985, S. 2.

9 Zur komplexen Baugeschichte des Reichsparteitagsgeländes legte Armand Dehlinger bereits 1951 eine erste Studie vor. 1973 veröffentlichte Karl Arndt einen Fachartikel zu dem Filmdokument „Baustelle Reichsparteitagsgelände 1938/39“, das vom Institut für Film und Wissenschaft in Göttingen in der Bildungsarbeit ausleihbar war. Karin Förster schrieb 1979 ihre Magisterarbeit über das größte Bauprojekt auf dem Reichsparteitagsgelände, das Deutsche Stadion.14 Das herausragende Standardwerk von Yasmin Doosry „Wohlauf, laßt uns eine Stadt und einen Turm bauen…“. Studien zum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg erschien 2002.15 Eine Rekonstruktion der Baugeschichte der Zeppelintribüne liegt noch nicht vor. Im Entstehungsprozess des 2001 eröffneten Dokumentationszentrums Reichsparteitagsge- lände gelang dem von der Stadt Nürnberg mit der Bild- und Dokumentenrecherche beauftragten wissenschaftlichen Team neben der Rekonstruktion der Bauadministration die Vermittlung des historischen Zusammenhanges zwischen „Faszination und Gewalt“ auf dem Parteitagsareal für die gleichnamige neu konzipierte Dauerausstellung. Er erschliesst sich auf zwei Ebenen: der Verwendung von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern auf den dortigen Baustellen sowie der Institutionalisierung des Einsatzes von KZ-Häftlingen zur Herstellung von Ziegeln und beim Brechen von Naturstein für das NS-Bauprogramm, in dem das Reichsparteitagsgelände eines der herausragenden Projekte darstellte. In begrenztem Umfang fanden in der Kriegszeit Lieferungen von Natursteinen für die Kongreßhalle und das Deutsche Stadion aus Konzentrationslagern der SS statt. Das Material konnte nicht mehr verbaut

Pädagogisches Institut der Stadt Nürnberg, Bernd Ogan, Wolfgang W. Weiß (Hg.): Faszination und Gewalt. Nürnberg und der Nationalsozialismus. Eine Ausstellung. Nürnberg 1990. Centrum Industriekultur Nürnberg (Hg.): Kulissen der Gewalt. Das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, München 1992. Bernd Ogan/Wolfgang Weiß (Hg.): Faszination und Gewalt. Zur politischen Ästhetik des National- sozialismus, Nürnberg 1992. Hans Ulrich Thamer: Die Deutschen und ihre Nation (Band 5). Verführung und Gewalt. Deutschland 1933 -1945, München 1986. Der Titel ist an das Leitmotto angelehnt, doch handelt es sich um eine umfangreiche Gesamtdarstellung des „Dritten Reiches“. Zu den Reichsparteitagen S. 420-425. Doris Katheder, Matthias Weiß (Hg.): Jenseits der Faszination? Die Ausstellung zum Nationalsozialis- mus in der Nürnberger Zeppelintribüne 1984-2001. Mit Fotos von Regina Maria Suchy. Würzburg 2013. 14 Armand Dehlinger: Architektur der Superlative. Eine kritische Betrachtung der NS-Bauprogramme von München und Nürnberg, München 1951. Masch. Manuskript Institut für Zeitgeschichte. Karin Förster: Das Deutsche Stadion in Nürnberg. Planungsgeschichte und Funktion. Magisterarbeit an der Georg August-Universität Göttingen, 1979. Karl Arndt: Baustelle Reichsparteitagsgelände 1938/39. In Institut für Film und Wissenschaft (IWF) (Hg.): Filmdokumente zur Zeitgeschichte Göttingen 1973. 15 Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“. Studien zum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, Tübingen 2002. Darin sind insbesondere die Baugeschichte der Luitpoldarena und des Deutschen Stadions wiedergegeben.

10 werden.16 Die Ergebnisse eines ebenfalls mit der Entstehung des Dokumentationszentrums verbundenen Forschungsprojektes an der Universität Erlangen über die internationale Pressebericht- erstattung der Propagandaspektakel erschienen 2006 unter dem Titel „Bilder für die Welt. Die Reichsparteitage der NSDAP im Spiegel der ausländischen Presse“.17 Einige fachwissenschaftliche Artikel thematisieren die Verwendung antikisierender Stilmittel

16 Historische Recherche: Eckart Dietzfelbinger, Frank Gutermuth, Torsten Halsey, Wolfgang Meyer, Ute Steinfels. Reinhard Otto: Das Kriegsgefangenen-Arbeitskommando Nürnberg-Langwasser und die Personal- probleme der Stapo Nürnberg-Fürth. In Reinhard Otto: , Gestapo und sowjetische Kriegsgefangene im deutschen Reichsgebiet 1941/42. Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, München 1998. Paul B. Jaskot: The architectural policy of the SS, 1936-1945. Dissertation an der Northwestern University, 1993. Darin: The Party Rally Grounds at Nuremberg: National Socialist Architecture and the Role of the SS in the Building Process, 1935-1943, S.99 ff. Jaskot hat seine Forschungsergebnisse veröffentlicht in dem Buch: The Architecture of Oppression. The SS, Forced Labor and the Nazi Monumental Building Economy, London 1999. Eckart Dietzfelbinger: Bauen für die Ewigkeit. In: Schriftenreihe des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände, Band 2, Nürnberg 2002, (s. Fn. 1), S. 261-269. Zur Baugeschichte der Kongreßhalle Enno Dressler: Die Kongreßhalle auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, Würzburg 1988. Magisterarbeit an der Universität Würzburg; Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S. 355 ff. Fachbereich Bauingenieurwesen der Fachhochschule Potsdam zur Erlangung des Leistungsnach- weises im Ingenieurprojekt „Bildarchiv der Philipp Holzmann AG“. Arthur Schütze, Sabine Wischnewski: Die Kongreßhalle in Nürnberg, Potsdam 2014. Ingrid Bierer (Hg.): Schriftenreihe der Museen der Stadt Nürnberg – Band 5. Für die Museen der Stadt Nürnberg hg. von Hans-Christian Täubrich: Die Kongreßhalle in Nürnberg. Architektur und Geschichte, Petersberg 2014. Darin Eckart Dietzfelbinger: Aus Stein gebauter Grössenwahn. Baugeschichte der Kongreßhalle 1935-1945, S. 23-45. Zur Baugeschichte der SS-Kaserne Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Hg.): SS-Kaserne - Merrell Barracks - Bundesamt. Ein Gebäude - viele Namen. Eine Gebäudegeschichte, Nürnberg 1999. Zur Baugeschichte der Luitpoldarena und Luitpoldhalle Zentralblatt der Bauverwaltung, verein. m. Zeitschrift Bauwesen Berlin. Jg. 54, 1934. Heft 34. Darin: Baurat Schulte-Frohlinde, Berlin: Die Ehrentribüne in der Luitpold-Arena Nürnberg, S. 473/474. Stadtgartendirektor Alfred Hensel, NS-Bund Deutscher Technik (NSBDT), Nürnberg: Gestaltung und Bauausführung der Luitpoldarena in Nürnberg, S. 795-798. Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O. Luitpoldarena, Luitpoldhalle und Deutsches Stadion als Fallbeispiele für den Entwurfsvorgang und die Bauweise des Reichsparteitagsgeländes, S. 150-378. Zur elektrischen Versorgung des Reichsparteitagsgeländes Sonderdruck aus der „Elektrizitätswirt- schaft“. Zeitschrift des Reichsverbandes der Elektrizitäts-Versorgung (R.E.V.) 36. Jahrg. Nr. 17 vom 15.6.1937. Darin: Paul Bayer, Generaldirektor, stellvertretender Leiter der Wirtschaftsgruppe Elektrizitätsversorgung: Das erste Reichsparteitag-Umspannwerk in Nürnberg, S. 395-398. Einen Überblick über die ausgeführten Arbeiten auf den Großbaustellen des Reichsparteitagsgeländes vermitteln Eckart Dietzfelbinger, Gerhard Liedtke: Nürnberg - Ort der Massen. Das Reichspartei- tagsgelände. Vorgeschichte und schwieriges Erbe. Berlin 2004, S. 44-64. Alexander Schmidt (Hg.): Geländebegehung. Das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Geschichte Für Alle e.V. – Institut für Regionalgeschichte, 3. Vollständig überarbeitete Neuauflage, Nürnberg 2002. 17 Friedrich Kießling, Gregor Schöllgen (Hg.): Bilder für die Welt. Die Reichsparteitage der NSDAP im Spiegel der ausländischen Presse, Köln 2006.

11 in der Parteitagsarchitektur, die sakrale Dimension des Parteitagsareals und die Wirkung der Propagandaveranstaltungen auf die Menschen.18 1997 erfolgte die Veröffentlichung der Habilitationsschrift „Deutsches Opfer. Kultische Selbstauslöschung auf den Reichsparteitagen der NSDAP“ der Religionswissenschaftlerin Yvonne Karow. Sie sieht in den Masseninszenierungen ein Ritual, das als Botschaft den Opfertod im Krieg als Voraussetzung der Einheit des Volkes proklamierte – eine tödliche Utopie. Ob er von der Bevölkerung tatsächlich ansatzweise oder mehr internalisiert wurde, bleibt darin allerdings unbeantwortet.19 2007 deckte Markus Urban mit seiner Dissertation „Die Konsensfabrik: Funktion und Wahrnehmung der NS-Reichsparteitage, 1933-1941“ diese bis dahin nur ansatzweise erforschten Bereiche ab. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass die Propagandaspektakel in ihrer emotionalen und faszinierenden Wirkung auf Veranstalter, Teilnehmer und Besucher auf den Veranstaltungsort Nürnberg letztlich begrenzt blieben.20

1.2. Zur Themenstellung Bis heute fehlt eine geschichtswissenschaftliche Studie über die wirtschaftliche Bedeutung der Reichsparteitage der NSDAP von 1933 bis 1938 für die Stadt Nürnberg unter besonderer Berücksichtigung sozialgeschichtlicher Aspekte auf der Grundlage historischer Quellen. Schon früh zogen die Verantwortlichen ökonomische Effekte dieser Veranstaltungen zum Vorteil der Stadt Nürnberg in Betracht. 1930 stellte der NSDAP-Stadtrat und spätere NS- Oberbürgermeister Willy Liebel 21 bei einer Sitzung aller anwesenden politischen Gruppen

18 Yasmin Doosry: Formale und inhaltliche Aspekte der Antikenrezeption in der Architektur des Nürnberger Reichsparteitagsgeländes. Thesen und Problemstellungen. In: Hephaistos. Kritische Zeitschrift zur Theorie und Praxis der Archäologie und angrenzender Wissenschaften 1-1979, S. 109 - 127. Yasmin Doosry: Die sakrale Dimension des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg. In: Richard Faber (Hg.), Politische Religion – religiöse Politik. Würzburg 1997, S. 205-224. Ernst Klee: „Evangelische Diakonie und Nationalsozialismus gehören zusammen“. Wie unsere Schwestern den „Reichsparteitag der Ehre“ erlebten. In: Bernd Ogan/Wolfgang Weiß (Hg.): Faszination und Gewalt. Zur politischen Ästhetik des Nationalsozialismus, a.a.O., S. 117-125. 19 Yvonne Karow: Deutsches Opfer. Kultische Selbstauslöschung auf den Reichsparteitagen der NSDAP, Berlin 1997. 20 Markus Urban: Die Konsensfabrik: Funktion und Wahrnehmung der NS-Reichsparteitage, 1933- 1941, Nürnberg 2007. 21 Willy Liebel geb. 31.8.1897, gest. 20.4.1945 (Selbstmord). Kriegsfreiwilliger, 2.10.1914 - 23.6.1916 Soldat im Ersten Weltkrieg, schwer verwundet (Lungendurchschuß). Seit 1918 in rechtsextremen Kreisen engagiert: Einwohnerwehr, Reichsflagge, Völkischer Bund in Franken, Tannenbergbund. Eintritt in die NSDAP 5.11.1925, Mitglieds-Nr. 23091; 1926 Austritt; wiedereingetreten 4.10.1928, Ortsgruppe Innere Stadt Nord. 1927 Übernahme der Buchdruckerei Friedrich Monninger von seinem Vater; dort wurde seit 1933 neben anderen rechtsextremen Schriften das antisemitische Hetzblatt „Der Stürmer“ gedruckt, das Julius Streicher herausgab. 1929 Wahl zum

12 ausschließlich den wirtschaftlichen Vorteil heraus, den ein Parteitag für die Stadt brächte. Wenn nur 200.000 Menschen aus diesem Anlass nach Nürnberg kämen und durchschnittlich 30 Mark ausgäben, würde das für Handel und Gewerbe sechs Millionen Mark Einnahmen bedeuten, rechnete er hoch. Das allerdings war nach den Erfahrungen mit dem Parteitag 1927, zu dem deutlich weniger als die von der NSDAP erwarteten 20.000 Menschen gekommen waren, Propaganda. Der Parteikasse hatte die Veranstaltung ein Defizit von 20.000 RM eingebracht. Deshalb musste im Folgejahr ein Treffen entfallen.22 Der Parteitag 1929 war die bis dahin größte Massenveranstaltung der NSDAP. Allein SA und SS stellten 25.000 Teilnehmer. Neben den NS-Gliederungen dürften sich in Nürnberg 30.000 - 40.000 „zivile“ Parteimitglieder getroffen haben. Wegen gewaltsamer Auseinandersetzungen mit Toten und Verletzten lehnte der Stadtrat bis 1933 alle Anträge der NSDAP für weitere NS-Reichsparteitage am Dutzendteich ab. Dagegen sprachen sich verschiedene Vertreter von Handel und Gewerbe für künftige NS- Parteitage aus: „Im Interesse der allgemeinen Wirtschaft sollte unseres Erachtens nach diese Ablehnung rückgängig gemacht werden, da das Nürnberger Gewerbe alle Ursache hat, daß jeder Veranstaltung in Nürnberg, die zu einer Belebung des Geschäftes in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Depression beiträgt, die Wege geöffnet werden.“ 23

Mandatsträger der NSDAP im Nürnberger Stadtrat, 1930 Fraktionsführer der NSDAP im Stadtrat. 1932 Übernahme der Organisationsleitung der NSDAP in Nürnberg. Von 1930-1933 verschiedene Geldstrafen wegen Vergehen gegen das Republikschutzgesetz, Pressevergehen, Beleidigung, Körperverletzung usw., sämtlich politisch. Gauredner, Reichsredner der NSDAP. 1932 Eintritt in die SA. Sturmbannführer des Sturmbannes I/15, 20.3.1933 SA-Standartenführer SA-Gruppe Franken; 1.9.1933 SA-Oberführer; 1.12.33 zum Stab der Osaf als Berater für gemeindliche Angelegenheiten; 9.11.35 SA-Brigadeführer beim Stab der SA-Gruppe Franken. 27. 4. 1933 Ernennung zum Ersten Bürgermeister (Oberbürgermeister) der Stadt Nürnberg. 6. 4. 1935 mit der Geschäftsführung des „Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg“ (ZRN) beauftragt. Referent für Parteitagsfragen; seit 1936 Mitglied des Deutschen Reichstages. 9.11.1937 SA-Gruppenführer; 30.1.1941 SA-Obergruppenführer. Vielfache Funktionen: Präsident des Bezirksverbandes Mittel- und Oberfranken; Landes-Führer XIII und Generalhauptführer des Deutschen Roten Kreuzes; Vorsitzender der Landesdienststelle Bayern des Deutschen Gemeindetages; Leiter des Landesfremdenverkehrsverbandes Nürnberg und Nordbayern; Aufsichtsratsvorsitzender und -mitglied zahlreicher Gesellschaften; stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates des Germanischen Nationalmuseums; Mitglied des Ehrenausschusses des Hauses der Deutschen Kunst, usw. April 1942 bis November 1944 Leiter des Zentralamtes im Reichsministerium für Bewaffnung und Munition (Speer). Angaben aus: Bundesarchiv (BA) 31XX 07328; BDC-Aktenbenutzerblatt W. Liebel 0319291641 SA. Rainer Hambrecht: Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken (1925 - 1933), a.a.O., S. 458/ Fn. 109. Matthias Klaus Braun: Hitlers liebster Bürgermeister: Willy Liebel (1897-1945). Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte, Band 71. Nürnberg 2012. Siegfried Zelnhefer: Willy Liebel, Oberbürgermeister der „Stadt der Reichsparteitage Nürnberg“. Eine biographische Skizze. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung. Festschrift Rudolf Endres. Band 60, Stegaurach 2000, S. 660-680. 22 Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O., S. 34/ Fn. 126. 23 Ebenda, S. 53/54. Weitere Beispiele auf den folgenden Seiten.

13 1933 weckte auch Hitler entsprechende Erwartungen. Bei einem Treffen in der Nacht vom 21. auf den 22. Juli in Bayreuth drängte er Vertretern der neuen gleichgeschalteten NS-Stadtspitze ultimativ seine Absicht auf, den Luitpoldhain und damit Nürnberg als Austragungsort künftiger Reichsparteitage festzulegen. In dem Protokoll heißt es dazu: „Grundsätzlich muß sich die Stadt Nürnberg sofort entscheiden, ob sie für die nächsten etwa 100 Jahre den Parteitag mit einigen hunderttausend Teilnehmern alle zwei Jahre in ihrer Stadt haben will, oder ob sie diesen für die Geschäftswelt Nürnbergs außerordentlichen Vorteil daran scheitern läßt, daß sie eine Anzahl von alten Bäumen im Luitpoldhain erhalten will.“ 24

1.3. Leitfragen Zur Beantwortung der Themenstellung ergeben sich folgende Leitfragen:

A) Welches Verhältnis betreffend der Finanzierung der Massenspektakel bestand zwischen dem Initiator, der NSDAP, und der Stadt Nürnberg? Was hat sie für die Reichsparteitage 1933 und 1934 gezahlt?

B) Wie versuchte die Stadt Nürnberg ihre Einbindung in die ab 1934 explodierenden Bauko- sten für das Reichsparteitagsgelände möglichst gering zu halten? Sie war Mitglied in dem 1935 extra dafür als Kostenträger ins Leben gerufenen „Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg“.

C) Hat die Stadt Nürnberg durch die Reichsparteitage ihren Haushalt konsolidieren können und dabei wirtschaftlich Vorteile erzielt? Lässt sich das für alle sechs Reichsparteitage von 1933 bis 1938 belegen?

D) Welche Vergabepraxis betreffend Organisation und Durchführung der Reichsparteitage und für die Baustellen des Reichsparteitagsgeländes wandte die Stadt Nürnberg an? Wer nahm an den Sitzungen des Vergebungsausschusses teil, wer brachte sich durch Vorschläge ein und wer fällte schließlich die Entscheidungen? Nach welchen Kriterien erfolgte der Zuschlag oder die Absage an potenzielle Auftragsempfänger?

E) Lassen sich positive ökonomische Effekte der Reichsparteitage für Handel und Gewerbe (z.B. Hotelgewerbe, Gastronomie, Tourismus) in Nürnberg und der Region nachweisen? Gab es dabei Privilegien für bestimmte Unternehmen am Parteitagsgeschäft?

F) Wie hoch waren die bei den Reichsparteitagen durch Alkoholkonsum, Vandalismus und weitere negative Begleiterscheinungen verursachten Schäden? Die Wiederinstandsetzungs-

24 Stadtarchiv Nürnberg (StadtAN), C7/ 886.

14 arbeiten (Reparaturen, Neuanpflanzungen usw.) waren enorm.

1.4. Quellenlage Das Stadtarchiv Nürnberg bietet eine außerordentliche Fülle von Akten zu den Reichsparteitagen und ihren sozio-historischen Aspekten.25 Ein von der zeithistorischen Forschung bisher nicht erschlossener Bestand zum Vergabewesen bestätigt diese Einschätzung eindrücklich.26 Konkrete Informationen zur wirtschaftlichen Bedeutung der RPT von 1933 bis 1938 für Nürnberg enthalten, soweit vorhanden, die jährlichen Erfahrungsberichte der zuständigen Referate. Sie widerspiegeln Anforderungen an die städtischen Behörden während der Propagandaspektakel und listen ausgeführte Arbeits- und Dienstleistungen auf. Die Auswertung dieser Dokumente bildet den Schwerpunkt der Arbeit und erwies sich im Verlauf der Recherchen für eine themengerechte Bearbeitung als der einzig gangbare Weg. Denn eigens zu den Reichsparteitagen erstellte Bilanzen und deren Auswirkungen für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Nürnberg fanden sich nur vereinzelt. Presseartikel darüber mit einigen diesbezüglichen Angaben liegen zwar vor, können aber wegen der gleichgeschaltetene Medien nicht als Primärquellen gelten.

Die finanziellen Rahmenbedingungen für das Projekt Reichsparteitagsgelände hat Yasmin Doosry in ihrer Studie ausführlich und detailliert dargelegt. Dabei wies sie darauf hin, daß es nie zur Aufstellung eines Gesamtfinanzierungsplans oder gar einer Gesamtabrechnung für den

25 Im Stadtarchiv Nürnberg wurden neben den jährlichen Rechenschaftsberichten der Stadtverwaltung: StadtAN Av Per 18 folgende Akten gesichtet: StadtAN C 7 /883, 884, 885, 886, 887, 888, 913, 914, 915, 916, 918, 919, 920, 921, 922, 923, 924, 925, 926, 928, 930, 931, 933, 934, 935, 943, 946, 947, 948, 961, 963, 1292, 1297 StadtAN C 7/ VIII KR7335, 2434, C 7/ IX SRP 564; C 18/ I PA Allg. Nr. 672. StadtAN C 14 Vergabewesen. Die Akte StadtAN C 29, 57, Bd.1 war bei Bestellung nicht auffindbar. (13.6.2013). StadtAN C 32, Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg (Z/RPT ) 1935-1955. StadtAN C 36/ I Av, Nr. 104. Nachlässe: E 1/2214, Nr. 2, E 9/17, Nr. 44, E 9/124, Nr. 1, E 9 /188, Nr. 1, E 9/376, Nr. 1, 11, 83, 103, E 10/ 79, Nr. 147 und 215, E 10/104, Nr. 10. Eine gewünschte Akte aus dem Tucher-Archiv (E 29/II, 1946) blieb, trotz Antrag des Stadtarchivs bei der Familie Tucher, bedauerlicherweise gesperrt. Postkarten und Plakate: A 4/ V, 77, 559,1416 A 5, 1416, 2125, A 28, 1934-0001. 26 StadtAN C 14 Vergabewesen. Das Dokument umfasst alle städtischen Aufträge. Erstellt 2001, vorher nicht einsehbar. Unter „Vergebungen Zweckverband“ sind darin Aufträge an die genannten Firmen verzeichnet; enthalten sind Listen mit Namen und Kosten der Firmen, die Leistungen für das Reichsparteitagsgelände erbracht haben. Auf diese Weise lässt sich recherchieren, wie viele Nürnberger Firmen und Handwerker eingebunden waren und wie hoch der Anteil der auswärtigen Großanbieter war.

15 Bau des RPG kam, weil die realen Verhältnisse mit der Planung der megalomanen Architektur und der damit verbundenen Kostenentgrenzung dies unmöglich machten.27 Aus Doosrys Ergebnissen sind die themenrelevanten Aussagen für die Stadt Nürnberg in dem Kapitel über Organisationsstrukturen und Finanzierung herausgefiltert, durch Quellenstudium ergänzt und im Kontext wiedergegeben.

Das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände stellte die für die neu konzipierte Dauerausstellung „Faszination und Gewalt“ erzielten Rechercheergebnisse und den bis 2014 auf digitalen Datenträgern erfassten Forschungsstand zum Thema Reichsparteitage und Reichsparteitagsgelände für die vorliegende Studie zur Verfügung.

Im Bundesarchiv geben Bestände Aufschluss betreffend der Organisation und administrativen Handhabung der NS-Reichsparteitage und der Haltung der NS-Stadtverwaltung im „Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg“ (ZRN).28

27 Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S. 67. 28 BA NS 1/426/1, NS 1/426/2: ZRN-Verwaltungsratssitzungen. Sie geben neben anderem Auskunft über: - Anordnungen zur Geschäftsführung des ZRN; - wer welche Funktionen in der Administration ausgeübt hat; - der Umfang der Einbeziehung der städtischen Referate für das Unternehmen Reichsparteitage. Alle persönlichen und sachlichen Aufgaben für Planung, Bauleitung und Bauausführung dieser Bauunter- nehmungen (also beispielsweise Gehälter für Techniker, Kosten für Zeichenmaterial, Lichtpausen usw.) wurden ausschließlich von der Stadt Nürnberg getragen; - die Bemühungen des ZRN, von der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversiche- rung Förderungszuschüsse zu erhalten, was diese äußerst zögerlich tat; - die Vielzahl der ordentlichen und außerordentlichen Haushaltsentwürfe für das jeweils laufende ZRN-Haushaltsjahr mit allen Einzelposten; - damit verbunden die zahlreichen Versuche von Darlehensbeschaffungen; die Verträge über Archi- tektenhonorare mit den Architekten Albert Speer und Franz Ruff/Atelier Prof. Ludwig Ruff; - die Verhandlungen über den Bedarf an zusätzlichen Grundstücken (z.B. Forstrechte im Lorenzer Reichswald) sowie Verwaltungs- und Hochbauten für den ZRN (z.B. Grandhotel als Gästehaus); - Maßnahmen zum Ausbau bzw. der Erweiterung der Infrastruktur des Reichsparteitagsgeländes (Wasser-, Stromversorgung, Arbeiterlager in der Regensburger Straße, Massenquartiere etc.); - die Weiterzahlung der Arbeiterlöhne während eiens Reichsparteitages auf Wunsch Hitlers, damit die Arbeiter an den Hauptveranstaltungen ohne Verdiensteinbuße teilnehmen konnten. BA R2-11901. Darin u.a.: Korrespondenz des ZRN; Brief 30.9.1939 von OB Liebel an Staatssekretär Reinhardt vom Finanzminsteriums: Bestätigung der Stillegung der Arbeiten auf den Baustellen des ZRN 1939 wegen des Kriegsbeginns; Angaben der anfallenden Kosten für Unterhalt und Sicherung der Baustellen für die nächsten Jahre. NS 1/18: Reichsschatzmeister der NSDAP. Bilanzen der Reichsparteitage 1936, 1937, 1938. NS 1/23: Verwaltung der Reichsparteitage. Lieferungen an den Hilfszug Bayern. NS 1/8: Verwaltung der Reichsparteitage. Absage des Reichsparteitags 1939. NS 1/38: Kostenvoranschläge/-berechnungen für verschiedenste organisatorische Planungen für künftige Reichsparteitage 1940 - 1944. NS 1/2550: Hotel Deutscher Hof. Kündigung des Geschäftsführers Schmitt-Hillengaß 6.11.1936

16 Im Bayerischen Wirtschaftsarchiv in München liegt nur eine relevante, jedoch aussage- kräftige Akte zum Thema vor.29

Die Auswertung dieser Quellen ermöglicht die Beantwortung der Leitfragen und damit verbundener Teilfragen. Alle gewonnenen Ergebnisse sind nach der historisch-kritischen Methode überprüfbar. Die vorliegende Arbeit vermag eine wirtschaftsgeschichtliche Untersuchung nach den gängigen Standards zu einer ähnlichen oder der gleichen Themenstellung nicht zu ersetzen.

wegen „unnationalsozialistischen Verhaltens“. R 43 II/1176 a: Städtebauliche Maßnahmen auf Grund des „Gesetzes über die Neugestaltung deutscher Städte“ vom 4. Oktober 1937 (RGBl.I S.1054). 29 Bayerisches Wirtschaftsarchiv F 113/62. Dieser Nachlass ist laut Auskunft des Archivs die einzige erhaltene Quelle aus Nürnberg in den 1930er Jahren. Er dokumentiert die Geschäftsgänge der Schreibwarenhandlung C. Müller, Hauptsitz am Hauptmarkt, Filiale Königstr. 29 während der RPT von 1933 bis 1938.

17 2. NS-Wirtschaftspolitik

2.1. Sekundäre Rolle der Wirtschaft in der NS-Ideologie Das Thema Wirtschaft nahm in der Ideologie der Nationalsozialisten eine zweitrangige Be- deutung ein. Zwar sprach das erste Parteiprogramm (25-Punkte-Programm) von 1920 in fast jedem zweiten Punkt wirtschaftliche Fragen an und postulierte Formeln wie „Brechung der Zinsknechtschaft“ (Verbot von Bank- und Kreditgeschäften; Punkt 11) oder „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ (Punkt 24).30 Solche und andere „sozialistische“ Forderungen sollten die NSDAP insbesondere für den Mittelstand, der sich sowohl von Großunternehmen als auch von den Forderungen der Arbeiterorganisationen in seiner sozialen und wirtschaftlichen Existenz bedroht sah, als politische Interessenvertretung attraktiv erscheinen lassen.31 Tatsächlich stand die Stellung der Unternehmer oder das Privateigentum an Produktionsmit- teln bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen der NSDAP nicht zur Debatte. Forderungen wie die Verstaatlichung gesellschaftlicher Betriebe und nach einer Gewinnbeteiligung bei Großbetrieben in der Praxis nationalsozialistischer Politik richteten sich entsprechend dem Rassenantisemitismus der Partei letztlich nur gegen Kapital und Unternehmen im Besitz von Juden.

In Adolf Hitlers Schrift „Mein Kampf“, dem wohl aufschlussreichsten Dokument der NS- Ideologie, werden der Wirtschaft staatsbildende und staatserhaltende Eigenschaften

30 25-Punkte-Programm der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (24.2.1920). In: documentArchiv.de [Hg.]: http://www.documentArchiv.de/wr/1920/nsdap-programm.html. 31 Zu der Formel „Brechung der Zinsknechtschaft“ ausführlich Avraham Barkai: Das Wirt- schaftssystem des Nationalsozialismus, Frankfurt/M. 1988, S. 27 ff. Die bis 1928 im Deutschen Reich bescheidenen Wahlergebnisse zeigen, dass die NSDAP als Erfolgspartei zuallererst Produkt einer katastrophalen Krise von Staat, Wirtschaft, Gesellschaft und politischem System war. D.h.: Ohne den Niedergang der Weimarer Republik hätte die NSDAP keine Chance gehabt. Auslösendes Moment der Internationalen Weltwirtschaftskrise war der Börsenkrach in den USA am 25. Oktober 1929. Er wirkte sich wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Vereinigten Staaten fast auf die ganze Welt aus. Der Zustrom von Anleihen, Krediten und Investitionsgeldern nach Europa versiegte. Deutschland wurde besonders empfindlich getroffen. Die an Liquiditätsmangel leidenden deutschen Unternehmen hatten ihre langfristigen Investitionen zum erheblichen Teil mit amerikanischen Krediten finanziert. WählerInnen der NSDAP waren vor allem die bürgerlichen Mittelschichten (Kleineigentümer, freie Berufe, Handel, Handwerk, Landwirtschaft; Angestellte, Beamte). Bei den Reichstagswahlen an 14. September 1930 wurde die NSDAP – 1928 mit 2,6 % noch eine Splitterpartei – hinter der SPD (24,5 %) erdrutschartig mit 18,3 % und 107 Mandaten zur zweitstärksten Partei. Einen derartigen Wahlerfolg hatte es in der Geschichte des deutschen Parlamentarismus bis dahin nicht gegeben. Zwei Jahre später errang die NSDAP am 31. Juli 1932 bei den Reichstagswahlen mit 37,3 % der abgegebenen Stimmen 230 Mandate und war damit stärkste politische Partei vor der SPD (21,6 %) geworden. Ergebnisse der Reichstagswahlen in der Weimarer Republik 1919 - 1933:

18 abgesprochen. Der Staat sei ein „völkischer Organismus und nicht eine wirtschaftliche Organisation“. Er sei den Prinzipien der Nationalsozialistischen Weltanschauung und deren Umsetzung verpflichtet, d.h. er sei „in Wahrheit ewig nur das Ergebnis der Betätigung jener Eigenschaften“, „die in der Linie des Erhaltungswillens der Art und Rasse liegen. (…) Noch niemals wurde ein Staat durch friedliche Wirtschaft gegründet, sondern immer nur durch die Instinkte der Erhaltung der Art, mögen diese nun auf dem Gebiete heldischer Tugend oder listiger Verschlagenheit liegen; das eine ergibt dann eben arische Arbeits- und Kulturstaaten, das andere jüdische Schmarotzerkolonien. Sowie jedoch erst bei einem Volke oder in einem Staate die Wirtschaft als solche diese Triebe zu überwuchern beginnt, wird sie selber zur lockenden Ursache der Unterjochung und Unterdrückung.“ 32

2.2. Arbeitsbeschaffungspolitik 1933 - 1936 Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 baute die NSDAP ihre Macht mit einer Mischung aus legalen und scheinlegalen Maßnahmen sowie mit offener Gewalt rasch aus. Um sie längerfristig zu festigen, musste das NS-Regime eine der gravie- rendsten Folgen der Weltwirtschaftskrise bekämpfen: die Arbeitslosigkeit, die im Deutschen Reich Anfang 1933 ihren höchsten amtlichen Stand mit über 6 Millionen erreicht hatte (nur offiziell Gemeldete; ohne Kurzarbeiter, Notstandsarbeiter usw.). Die Finanz- und Wirtschaftsexperten und die Führung der NSDAP orientierten sich dabei auch an Konzeptideen konjunktur- und beschäftigungspolitischer Maßnahmen zur Über- windung der Krise von John Maynard Keynes (direkte kreditfinanzierte Arbeitsbeschaffung). In allen Industriestaaten traten während der Weltwirtschaftskrise die Anhänger staatsinter- ventionistischer, protektionistischer und autarkistischer Konzepte auf den Plan. Werner Abelshauser bemerkt dazu: „Die Nationalsozialisten können sogar für sich in Anspruch neh- men, in ihrem „Sofortprogramm“ von 1932 solchen Gedanken zuerst Eingang in das Pro- gramm einer Massenpartei verschafft und damit ihre Verwirklichung – schon vor der Machtergreifung – gefördert zu haben.“ Als Wegweiser dienten ihnen die staatlichen Arbeits- beschaffungsprogramme (AB) der Regierungen Papen und Schleicher, die sie aber wesentlich stringenter um erhebliche Summen aus öffentlichen Mitteln aufstockten.33 Die Maßnahmen schlugen sich in zahlreichen Gesetzen nieder: zur Verminderung der Arbeitslosigkeit vom 1.

32 Adolf Hitler: Mein Kampf, 280. Auflage, München 1937, S. 165/166; 168. 33 Werner Abelshauser: Kriegswirtschaft und Wirtschaftswunder. Deutschlands wirtschaftliche Mobilisierung für den Zweiten Weltkrieg und die Folgen für die Nachkriegszeit. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (47) 1999, Heft 4, S. 510: http:/www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1999_4.pdf Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (Hg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus, München 2001. Arbeitslosigkeit S. 371; Wirtschaft S. 110. Zum „Sofortprogramm“ von 1932 ausführlich Avraham Barkai, a.a.O., S. 42 ff. 19

Juni und 23. September 1933 (1. und 2. Reinhardt-Programm),34 die u.a. die Steuerfreiheit für Ersatzbeschaffungen von Wirtschaftsgütern, die Förderung der Eheschließung („Ehestands- darlehen“) und günstige Kreditaufnahmen für Instandsetzungs- und Ergänzungsarbeiten an Gebäuden sowie Steuerbefreiungen für neu errichtete Kleinwohnungen und Eigenheime vor- sahen; über die Errichtung eines Unternehmens „Reichsautobahnen“ vom 27. Juni; über Steu- ererleichterungen vom 15. Juli und dem Gemeindeumschuldungsgesetz vom 21. September. Am 16. Oktober 1934 folgten das Umsatzsteuergesetz, das die Umsatzsteuer im Großhandel einheitlich auf 0,5 Prozent absenkte, und das neue Einkommensteuergesetz, das die Abschrei- bung „kurzlebiger Wirtschaftsgüter“ begünstigte.35

Wesentlicher Finanzgeber für das Arbeitsbeschaffungsprogramm war die . Deren ab März 1933 amtierender Präsident Hjalmar Schacht garantierte mit seinen guten Verbin- dungen zu Politik und Hochfinanz für die Bereitstellung entsprechender Gelder zur Umset- zung der AB-Maßnahmen.36 Bis Frühjahr 1936 summierten sich die aufgewendeten Mittel zu einem Betrag von über fünf Milliarden RM, mehr als das Dreifache des gesamten industriel- len Investitionsvolumens für diese Zeitspanne. Sie wurden insbesondere für den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und zur Förderung des privaten Wohnungsbaus aufgewendet. Flan- kiert wurden diese Programme von Steuererleichterungen insbesondere für die beschäfti- gungs- und rüstungspolitisch relevanten Branchen. Bedenken aus der Industrie gegen arbeits- intensive öffentliche Projekte und eine aktive staatliche Konjunkturpolitik in Form von Groß- aufträgen konnten durch die steuerlichen Maßnahmen und durch die rasche Zerschlagung der

34 Das 1. Reinhardt-Programm bewilligte 1 Milliarde RM, das 2. Reinhardt-Programm 500 Millionen RM. Angaben nach Avraham Barkai, a.a.O., S. 155. Fritz Reinhardt, geb. 3.4.1895, gest. 17.6.1969. Mitglied des Deutsch-Völkischen Bundes. Eintritt in die NSDAP 1923, Wiedereintritt 23.10.1926, Mitglieds-Nr.: 45959. 1927 Leiter des NSDAP-Bezirkes Oberbayern-Süd. 1.10.1928 - 14.9.1930 Gauleiter des inzwischen verkleinerten Gaues Oberbayern. 1930 Mitglied im Reichstag. 1932 Wirtschaftsbeauftragter in der Reichsleitung der NSDAP. 1935 im Stab des Stellvertreters des „Führers“. Leiter des Referats Steuer-/Finanzpolitik und Arbeitsbeschaffung. 1933-1945 Staatssekretär im Reichsfinanzministerium mit Zuständigkeit für Steuern und Reichshaushalt. Herausgeber der Deutschen Steuerzeitung. Reinhardt bearbeitete die finanzielle Angelegenheiten betreffend den „Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg“ (ZRN). Über Reinhardts Büro lief 1942/43 die Abrechnung der von der SS an die Reichsbank abgelieferten Wertgegenstände einschließlich des Zahngoldes der jüdischen Opfer in den Konzentrations- und Vernichtungslagern. 1945-1949 von den Alliierten interniert; trat als Zeuge bei den Nürnberger Prozessen auf. 1950 Von einer Münchener Spruchkammer als „Hauptschuldiger“ eingestuft und zu vier Jahren Arbeitslager verurteilt. 35 Werner Abelshauser, a.a.O., S. 507. 36 Hjalmar Schacht, geb. 22.1.1877, gest. 3.6.1970. Bankier. 1923-1930 Reichsbankpräsident. 1932 zur NSDAP. 1933-1939 Reichsbankpräsident. 1935-1937 Reichswirtschaftsminister und Generalbevollmächtigter für die Kriegswirtschaft; Goldenes Parteiabzeichen. Bis 1943 Reichsminister ohne Geschäftsbereich. Wegen des Verdachts der Unterstützung von Umsturzplänen 1944 KZ-Haft. 1945 Befreiung, Verhaftung. 1.10.1946 Freispruch im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß vor dem Internationalen Militärgerichtshof. 1946 Verurteilung zu acht Jahren Arbeitslager von einer Spruchkammer. 1950 Freispruch. Finanzberater von Ägypten, Äthiopien, Brasilien, Indonesien, Iran, Lybien und Syrien. Mitglied der rechtslastigen „Gesellschaft für freie Publizistik“. 20

Arbeiterbewegung zerstreut werden.37 Die Arbeitslosigkeit reduzierte sich von 5,6 Millionen (Jahresdurchschnitt 1932) auf 2,15 Millionen 1935. In der Bau-, der Metallindustrie und anderen Branchen wurde 1936 annähernd Vollbeschäftigung erreicht. 1938 gab es keine nennenswerte Arbeitslosigkeit mehr. Zu Faktoren für den wirtschaftlichen Aufschwung im Deutschen Reich gehörten neben Auswirkungen der internationalen Konjunkturzyklen die rigorose Ausrichtung der Wirtschaft auf Autarkie und Aufrüstung.38

2.3. Hauptziel: Hochrüstung Im Reichskabinett betonte Hitler von Anfang an, es komme außer auf den politischen Effekt, den die „Arbeitsbeschaffung“ haben werde, besonders darauf an, dass sie der „Wiederwehrhaftmachung des deutschen Volkes“ diene. Die Wirtschaft des Deutschen Reiches müsse in erster Linie an den Bedürfnissen der deutschen Aufrüstung ausgerichtet sein.39 Ab 1934 stiegen die Rüstungsausgaben sprunghaft an und dominierten die Konjunkturpolitik. Die Finanzierung des Rüstungsprogramms stellte von Anfang an ein großes Problem für das NS-Regime dar. Sie war abenteuerlich, denn der reguläre Staatshaushalt reichte dafür nicht aus.40 Auch hier war Hjalmar Schacht in seinen Funktionen als Reichsbankpräsident, Reichswirtschaftsminister und Generalbevollmächtigter für die Kriegswirtschaft (ab 1935)

37 Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß, a.a.O., Wirtschaft S. 111. 38 ausführlich dazu siehe Fn. 18. 39 Bundesarchiv, R 43/II, Ministerbesprechung 8. Februar 1933. 40 Wolfgang Benz: Geschichte des Dritten Reiches, München 2000, S. 100. Werner Abelshauser, a.a.O., S. 517/518: „Finanzierungsinstrumente waren vor allem Finanzwechsel, denen mit der Zuschreibung einer reichsbankfähigen „Adresse“ scheinbar die Qualität „guter Handelswechsel“ verliehen wurden. „Für dieses Täuschungsmanöver standen eine Reihe von alten und neuen Einrichtungen bereit. Zu den bestehenden und nunmehr „umfunktionierten“ Finanzierungsinstrumenten zählt die Deutsche Gesellschaft für öffentlichen Aufgaben A.G. (Öffa), die schon am 1. August 1930 mit einem Grundkapital von 150 Millionen RM gegründet worden war. (…) Hinzu traten nun die „Metallurgische Forschungsgesellschaft mbH“ (Mefo), und die „Handels- gesellschaft für Industrieerzeugnisse mbH“ (Hafi), die im Juli 1933 bzw. November 1934 als Scheinfirmen von der Reichsbank gegründet wurden und deren Gesellschafter zu je ein Fünftel bedeutende Rüstungskonzerne (z.B. die Friedrich Krupp AG und die Siemens-Schuckert-Werke) waren. Sie wurden mit einem bescheidenen Grundkapital von je 1 Million RM ausgestattet, auf das die Gesellschafter lediglich die gesetzlich vorgeschriebenen Stammeinlagen von 50.000 RM leisteten. (…) Das Regime wurde immer hemmungsloser in der Wahl der Mittel, je deutlicher sich der kommende Krieg abzeichnete und das Verschuldungsproblem in den Hintergrund treten ließ. Dies gilt auch für den Versuch, sich auf direktem Weg bei Sparkassen, Banken, Kreditgenossenschaften, Versicherungen (einschließlich der Sozialversicherung) und sonstigen „Geld- und Kapitalsammelstellen“ langfristigen Kredit zu verschaffen. Seit 1935 plazierte das Reich seine Anleihen nicht mehr beim sparenden Publikum, sondern bei eben jenen Geld- und Kapitalsammelstellen selbst. Praktisch alle Spar- und Versicherungsgelder wurden auf diesem „geräuschlosen“ Wege abgeschöpft und durch mittel- und langfristige Schatzpapiere des Staates ersetzt. Die Sparer wurden damit, ohne es zu wissen, zu mittelbaren Gläubigern des Reiches.“ 21 mit seiner Finanzpolitik ein entscheidender Akteur. Mittels eines umfangreichen Verordnungswerkes unter der Bezeichnung „Neuer Plan“ schuf er zahlreiche zentrale Überwachungs- und Reichsstellen (für die Einfuhr) und Prüfungsstellen (für die Ausfuhr) zur strikten staatlichen Regulierung des Außenhandels und der Devisenwirtschaft mit dem Ziel, die Rohstoff- und Lebensmitteleinfuhren nach Deutschland auf „volkswirtschaftlich wichtige“, d.h. rüstungs- und ernährungswirtschaftlich notwendige Einfuhren zu lenken, Exporte durch Prämien zu fördern und bilaterale Handelsverträge mit anderen Staaten abzuschließen.41

Durch die Reduzierung der Arbeitslosigkeit und die damit verbundene Integrierung von Millionen Menschen in die deutsche Volkswirtschaft, die eine enorme Steigerung der Massenkaufkraft und der privaten Nachfrage bewirkte, drohte die Ausdehnung des staatlichen Anspruches auf das Sozialprodukt im Deutschen Reich zu scheitern. 1936 kam es zu Versorgungsengpässen bei rüstungswirtschaftlichen Rohstoffen (z.B. Treibstoffmangel für die Deutsche Wehrmacht), sowie bei Nahrungsmitteln. Das NS-Regime reagierte darauf mit der Einführung des Vierjahresplanes, angekündigt auf dem Reichsparteitag 1936. Es ordnete mit diesem Schritt die Lohn- und Preispolitik, Arbeitskraftlenkung, Investitionslenkung mittels Verboten, Auflagen und staatliche Direktinvestitionen sowie Devisenkontrolle und die Verbrauchslenkung dem Rüstungsprogramm und der Kriegsvorbereitung unter.42 In einer eigens verfassten Denkschrift beschrieb Hitler die wesentlichen Ziele. In vier Jahren müsse die Armee „einsatzfähig“ und die Wirtschaft „kriegsfähig“ und 100 %ige Selbstversorgung für das Deutsche Reich erreicht werden. Zum „Beauftragten für den Vierjahresplan“ ernannte er Hermann Göring und erteilte ihm dazu eine Generalvollmacht in allen wirtschaftlichen Fragen.43 Einzelne Wirtschaftszweige profitierten in unterschiedlichem Maße von der Rüstungskonjunktur. Generell schnitten diejenigen Sparten am besten ab, die direkt oder indirekt als Zulieferer am Rüstungsgeschäft partizipierten (Schwerindustrie, Chemie, Fahrzeug- und Flugzeugbau, Elektroindustrie usw.). Sie konnten außergewöhnlich hohe

41 Zum „Neuen Plan“ ausführlich Avraham Barkai, a.a.O., S. 167 ff. 42 Werner Abelshauser, a.a.O., S. 522. 43 „Denkschrift Hitlers über die Aufgabe eines Vierjahresplans“. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Jahrgang 3 1955, Heft 2, S. 204-210: http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1955_2_5_treue.pdf Hermann Göring geb. 12.1.1893, gest. 15.10.1946. Berufsoffizier. Oberbefehlshaber der . Hitlers designierter Nachfolger, der zweite Mann im NS-Staat. Teilnahme am Ersten Weltkrieg. 1922 zur NSDAP. 1923 Teilnahme am Hitlerputsch. 1932 Reichstagspräsident. 1933 Ministerpräsident und Innenminister in Preußen. 1935 Oberbefehlshaber der Luftwaffe. 1936 Beauftragter für den Vierjahresplan für Wirtschaftsfragen. 1939 Offizielle Ernennung zum Nachfolger Hitlers. 1940 „Reichsmarschall des Großdeutschen Reiches“. 1945 verhaftet. Vom Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß angeklagt und zum Tod verurteilt. 15.10.1946 Suizid mit Gift. 22

Gewinne erzielen, wobei die Betriebsgröße zweitrangig war. Mittel- und Kleinbetriebe kamen indes seltener in den Genuss staatlicher Aufträge, so dass der gewerbliche Mittelstand im allgemeinen doch gegenüber der Großindustrie benachteiligt war.44 Insgesamt dürften von 1933 bis Kriegsbeginn zwischen 34 und 74 Milliarden RM für die Hochrüstung aufgebracht worden sein.45

2.4. Rückgang der Arbeitslosigkeit Das NS-Regime suggerierte der Bevölkerung mit einem propagandistischen Trommelfeuer tatsächliche und scheinbare Erfolge bei der Beseitigung der Arbeitslosigkeit – im NS-Jargon als „Arbeitsschlacht der Reichsregierung“ bezeichnet. Das Vollbeschäftigungspostulat nahm als grundsätzliches und dauerndes Element eine zentrale Stelle im Gesamtkomplex national- sozialistischer Wirtschaftsauffassung ein. Es wurde zu einem der ersten Ziele der Wirt- schaftspolitik und nach der NS-Ideologie zur Voraussetzung der „neuen deutschen Wirt- schafts- und Raumordnung“ erklärt. Die Propaganda als auch die tatsächliche Abnahme der Arbeitslosigkeit zeigte unter der Bevölkerung große Wirkung.46

Die Realität freilich sah wesentlich komplexer aus. Reinhard Spree betont ausdrücklich, dass nur eine sehr eingeschränkte Kausalität der Belebung der Wirtschaft und der raschen Reduzierung der Arbeitslosigkeit durch die direkten und indirekten AB-Maßnahmen des NS-

44 Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß, a.a.O., Wirtschaft S. 115. 45 Die Höhe der deutschen Rüstungsausgaben bis zum Kriegsbeginn 1939 ist in der Fachliteratur um- stritten. Es besteht Uneinigkeit darüber, welche Ausgaben als Rüstungsausgaben zu definieren sind: die Summe aller Warenkäufe für die Deutsche Wehrmacht und/oder auch die Kosten zur Erhaltung von Baulichkeiten und Waffensystemen und zur Förderung rüstungsbezogener Forschung und Entwicklung. Auch können Rüstungsausgaben in anderen staatlichen Ressorts enthalten sein, wenn dort rüstungsrelevante Investitionen getätigt werden, ohne dass sie als solche hervorgehoben werden. Schließlich liegen entsprechende offizielle Angaben nur bis 1933 vor – danach verschleierte das NS- Regime die Ausgaben oder hielt sie geheim. Deshalb sei „eine gründliche Bestandsaufnahme durch die Forschung auch heute fast unmöglich.“ Entsprechend hoch differieren die Angaben: für die Haushaltsjahre 1933/1934 bis 1938/1939 zwischen 34,2 Milliarden RM nach Angaben des Internationalen Militärgerichtshofes in Nürnberg und 74 Milliarden RM nach Jürgen Kuczynski: Studien zur Geschichte des staatsmonopolitischen Kapitalismus in Deutschland 1918-1945, Berlin 1965, S. 132. Z.n: Werner Abelshauser , a.a.O., S. 515. 46 Avraham Barkai, a.a.O., S. 160/161. 1933-1936 belief sich die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate des deutschen Bruttosozialprodukts auf 9,5 %; der Produktionsindex von Industrie und Handwerk auf 17,2 %. Der entscheidende Anteil des öffentlichen Sektors an dem Wirtschaftsaufschwung wird ersichtlich im Vergleich des öffentlichen Verbrauchs und der öffentlichen Investitionen mit einem durchschnittlichen jährlichen Zuwachs von 18,7 % und der jährlichen Wachstumsrate von 3,6 % des privaten Verbrauchs. Angaben aus ebenda, Tabelle 1 Indikatoren der deutschen Wirtschaftsentwicklung 1932-1936, S. 232. Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß, a.a.O., Arbeitslosigkeit S. 371. Auch der Mythos von der Reichsautobahn zur Lösung des Problems der Arbeitslosigkeit gründete auf der vom NS-Regime betriebenen propagandistischen und medialen Vermittlung des Straßenbaus im „Dritten Reich“ als „Arbeitsschlacht“ zur Vernichtung der Arbeitslosigkeit. Dazu: Erhard Schütz, Eckhard Gruber: Mythos Reichsautobahn. Bau und Inszenierung der „Straßen des Führers“ 1933- 1941, Berlin 2000. 23

Regimes bestand. Als ausschlaggebend für den konjunkturellen Wendepunkt im Jahr 1932 erwies sich die „Normalisierung“ der Relation zwischen Löhnen, Preisen und Produktivität in weiten Teilen der deutschen Wirtschaft, d.h. die Verbesserung der Angebotsbedingungen und der Profitchancen. Die Nationalsozialisten zogen Vorteile aus einem allgemeinen wirtschaftlichen Aufwärtstrend. „Deutschland hat nicht wegen Hitler, sondern trotz Hitler am internationalen Konjunkturaufschwung seit 1933 teilgenommen.“ 47

2.5. „Totale Kriegswirtschaft“; NS-Staat als Wirtschaftsfaktor Die wirtschaftliche Entwicklung im Deutschen Reich vom Kriegsbeginn zur „totalen Kriegswirtschaft“ bis zur militärischen Zerschlagung des Nationalsozialismus sei hier nur stichwortartig angeführt, da sie nicht themenrelevant ist. Der letzte NS-Reichsparteitag in Nürnberg hatte 1938 stattgefunden. Wegen der Hochrüstung bedeutete die Umstellung auf die Kriegswirtschaft im September 1939 keinen qualitativen Einschnitt. Von einer Konzentration aller Kräfte auf die Erfordernisse des Krieges konnte zunächst keine Rede sein, zumal sich die verschiedenen involvierten zivilen und militärischen Stellen – Vierjahresplanbehörde, Wirtschaftsministerium, Reichsministerium für Bewaffnung und Munition, Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt – gegenseitig behinderten. Die dritte und letzte wirtschafts- und ordnungspolitische Phase dauerte von 1942 bis Kriegsende. Sie wird nach dem neuen Rüstungsminister und Initiator des Übergangs zur „totalen Kriegswirtschaft“, Albert Speer, oft als „Ära Speer“ bezeichnet. Der Stararchitekt Hitlers erwies sich als ein mit monopolistischen Befugnissen ausgestatteter NS-Technokrat, der zur Erreichung seiner Ziele auch bedenkenlos Millionen von KZ-Häftlingen,

47 Reinhard Spree, Wirtschaftliche Lage und Wirtschaftspolitik (Beschäftigungspolitik) in Deutschland am Beginn der NS-Herrschaft. In: Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit (Hg.): Die Anfänge der braunen Barbarei, München 2004, Die Ursachen des Aufschwunges, S. 119 ff. Spree führt zahlreiche Faktoren an: Der sich selbst nährende Konjunkturaufschwung im Inland seit Mitte 1932; Die Signaleffekte des Regimewechsels; Die Anregungseffekte der Programmankündigungen; Das Finanzvolumen der Beschäftigungsmaßnahmen; Die Ausschaltung der Gewerkschaften und der Lohnstopp; Der tendenzielle Preisstopp (besonders bis 1936); Die Verschleierung der Arbeitslosenstatistik, z.B. mit der Beschäftigung vieler ehemals Arbeitsloser in niedrig entlohnten Projekten; Die internationale Wirtschaftsbelebung. Spree stützt sich auf Albert Ritschls Beitrag „Hat das Dritte Reich wirklich eine ordentliche Beschäftigungspolitik betrieben?“ In: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte, 1/2003, S. 125-140. Ritschl weist darin mit Hilfe der Standardmethoden nachträglicher Konjunkturprogramme nach, dass sich der Wirtschaftsaufschwung von 1933 bis 1936 aus den in der zweiten Jahreshälfte 1932 vorliegenden Daten, d.h. aus der zu dem Zeitpunkt realisierten wirtschaftlichen Konstellation ohne die AB- Maßnahmen, exakt prognostizieren lässt. 24

Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern einsetzte, von denen hunderttausende zu Tode kamen.48 Charakteristisch für diesen Abschnitt war eine durchgreifende Zentralisierung und Rationalisierung der wirtschaftlichen Strukturen mit dem Ziel, die Rüstungsproduktion zu steigern. Ihre Reorganisation, verbunden mit einer politisch-ideologischen Mobilisierung der Bevölkerung für den „totalen Krieg“, zeitigte durchaus gewisse Erfolge: Innerhalb von zweieinhalb Jahren stieg, auch dank des Übergangs zur Massenfertigung, der Ausstoß von Flugzeugen, Waffen und Munition um das Drei- und der von Panzern um das Siebenfache. Doch verglichen mit der amerikanischen Rüstungsproduktion lag Deutschland hoffnungslos zurück – absolut und gemessen an der Produktivität, die in den USA fast dreimal höher war.

Ein Wirtschaftsfaktor von zunehmendem Gewicht war der NS-Staat. Hatten die Staatsausgaben von 1933 bis Kriegsbeginn noch etwa 100 Milliarden RM betragen, erforderte die Finanzierung des Krieges zwischen 600 und 700 Milliarden. Da die Steuerbelastung im Vergleich etwa mit Großbritannien gering war - der Spitzensteuersatz bei einem Jahreseinkommen von 10 000 RM betrug 1941 13,7 gegenüber 23,7 Prozent -, konnte nur etwa ein Drittel dieser Ausgaben durch Einnahmen gedeckt werden, mit der Folge, daß die Staatsverschuldung zwischen 1933 und 1945 von 13 auf auf mehr als 400 Milliarden RM anstieg; diese Summe entsprach etwa 95 Prozent des inländischen Geldvermögens. Der wirtschaftliche Aufschwung wurde also nicht erst während des Krieges durch eine äußerst unseriöse Finanzpolitik erkauft. Die wirtschaftliche Katastrophe aber war unaufhaltsam. Ausschlaggebend dafür war der konzentrierte Luftkrieg der westlichen Alliierten gegen kriegswirtschaftliche Ziele in Deutschland. Nach der verkehrsmäßigen Abschnürung des Ruhrgebiets Ende 1944 und dem Verlust des oberschlesischen Industriereviers Ende Januar 1945 brach die deutsche Kriegswirtschaft zusammen.49

Avraham Barkai kommt zu dem Ergebnis: „Im Grunde wies die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik die gleiche Kombination taktisch-pragmatischer Wendigkeit und ideologisch fixierter Konsistenz auf, die Hitlers gesamte Politik charakterisiert. Es erscheint daher berechtigt, trotz aller erwiesener Inkonsequenzen und der Aufschiebung proklamierter Endziele von einem „Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus“ zu sprechen.50

48 Zum Beispiel ordnete Speer 1941 die Überstellung von 2.000 russischen Kriegsgefangenen überwiegend an Erdbaustellen des Reichsparteitagsgeländes an. Über ihren Einsatz verfügte nicht die Wehrmacht, sondern die Stadt Nürnberg, weil der Fortführung der Bauarbeiten auf Weisung Hitlers höchste Priorität zukam: StadtAN C 32/Z/RPT 1935-1955/610; 856; 1154. 49 Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß, a.a.O., Wirtschaft S. 119 ff.; Kriegswirtschaft S. 557/558. 50 Avraham Barkai, a.a.O., S. 229/230. 25

Werner Bürer stellt zusammenfassend fest: „Die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands unter dem Nationalsozialismus stellt sich im Rückblick als abgeschlossener Zyklus dar, von der Weltwirtschafts- zur Zusammenbruchskrise. Sie war gekennzeichnet durch einen raschen, kontinuierlichen und langanhaltenden Aufschwung, der sich vor allem in den Investitions- und Produktionsgüterindustrien bemerkbar machte, verbunden mit einem deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit bis zum Erreichen der Vollbeschäftigung im Jahr 1936. Ohne die spätestens seit 1935 unübersehbare einseitige Ausrichtung der staatlichen Wirtschaftspolitik auf die Aufrüstung wären diese Erfolge freilich kaum möglich gewesen.“ 51

Reinhard Spree charakterisiert die NS-Wirtschaftspolitik als konzeptlos, da sie auf sehr unterschiedlichen Gebieten, hinsichtlich der Begleiterscheinungen und Folgen meist unabge- stimmt, agiert habe: „Dabei wurden auch durchaus abweichende, teilweise unverträgliche Ziele miteinander oft widersprechenden Maßnahmen verfolgt, z.B. wenn es einerseits um Arbeitsbeschaffung, andererseits um die parallel verfolgte ständestaatlich orientierte Neuordnung der Wirtschaft ging.“ 52

51 Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß, a.a.O., Wirtschaft S. 121. 52 Reinhard Spree, a.a.O., S. 101.

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3. Wirtschaftsentwicklung Nürnbergs im frühen 20. Jahrhundert Bayern ist insgesamt relativ spät industrialisiert worden. Ein wesentlicher Faktor dafür lag im Mangel an Bodenschätzen. Die Landwirtschaft war deshalb lange Zeit die primäre Erwerbssparte.53 Im Gegensatz dazu begann die Industrialisierung in Nürnberg deutlich früher als in vielen anderen deutschen Städten und Regionen. Es entwickelte sich zur führenden Industriestadt Bayerns. 1906 lebten hier 300.000 Menschen.54 Der industrielle Boom hing u.a. mit der Eisenbahnbranche zusammen. Die damit verbundenen Nachfragen führten zu einer hervorragenden Stellung der Nürnberger Maschinenbauindustrie. Zu den führenden Betrieben zählten die Maschinenfabriken von Johann Wilhelm Späth und Johann Friedrich Klett (später Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg, MAN).55 Auch andere Branchen wie Elektrotechnik, Bleistiftindustrie oder Zweiradproduktion entwickelten sich zu internationaler Bedeutung.56 Maßgeblich beteiligt an der positiven wirtschaftlichen Entwicklung Nürnbergs waren jüdische Bürger, die im Zuge der Emanzipation seit 1850 in die Stadt aufgenommen wurden. Sie gründeten bedeutende Unternehmen, z.B. die Vereinigten Papierwerke in Nürnberg und Heroldsberg, in der Spielwarenbranche u.a. Schuco- und Trix, oder im Bankgewerbe das Bankhaus Anton Kohn. Besonders groß war der Anteil bei den Hopfenhandelsfirmen, mehr als zwei Drittel befanden sich in ihrem Besitz.57

53 Noch 1925 fanden 43,8 % der Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft Beschäftigung, während der Reichsdurchschnitt bei 30,5 % lag. Fritz Blaich: Die bayerische Industrie 1933-1939, in: Martin Broszat, Elke Fröhlich: Bayern in der NS-Zeit, Band II, München/Wien. Herrschaft und Gesellschaft im Konflikt Teil A, S. 238. 54 Michael Diefenbacher, Rudolf Endres (Hg.): Stadtlexikon Nürnberg, Nürnberg 2000, Industrialisierung und Wirtschaftsentwicklung, S. 473. Hermann Hanschel: Oberbürgermeister Hermann Luppe. Nürnberger Kommunalpolitik in der Weimarer Republik. Nürnberger Forschungen. Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte, herausgegeben vom Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg, Band 21, Nürnberg 1977, S. 24. 55 Zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Nürnbergs im 19. Jahrhundert und bis 1918 Hugo Eckert: Nürnbergs Sozialstruktur 1818/1919 und ihre politischen Auswirkungen, in Gerhard Pfeiffer (Hg.): Nürnberg – Geschichte einer europäischen Stadt, München 1971, S. 366-376. Wolfgang Zorn: Liberalisierung der Wirtschaft und Frühindustrialisierung. Die Hochindustrialisierung, in Gerhard Pfeiffer (Hg.): Nürnberg – Geschichte einer europäischen Stadt, a.a.O., S. 397-412. Klaus-Dieter Schwarz: Weltkrieg und Revolution in Nürnberg, 1971. Pascal Metzger: Maschinenfabrik, Eisengießerei und Brückenbauanstalt Johann Wilhelm Spaeth (1821-1969). Struktur und Strategie eines Nürnberger Familienunternehmens. Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte Bd. 69, Nürnberg 2011. 56 Die 1873 gegründete Firma Schuckert wuchs bis 1914 zum größten bayerischen Unternehmen, das 12.000 Arbeiter beschäftigte und 30 Prozent seiner Produktion exportierte. Angabe nach Hermann Hanschel, a.a.O., S. 25. 57 Arndt Müller: Geschichte der Juden in Nürnberg 1145 - 1945. Beiträge zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg. Herausgegeben im Auftrag des Stadtrates Nürnberg von der Stadtbibliothek Band 12, Nürnberg 1968, S. 177-179. Maren Janetzko: Wegen Arisierung geschlossen! Die „Arisierung“ mittelständischer jüdischer 27

3.1. Auswirkungen des Ersten Weltkrieges Während des Ersten Weltkrieges herrschte in allen Industriebetrieben in Nürnberg wegen der Einberufungen zum Kriegsdienst zum großen Teil Arbeitermangel. In der exportorientierten Wirtschaft machte sich ein starker Einbruch bemerkbar. 30.000 bis 40.000 Menschen verloren ihr Einkommen. Dagegen erfuhr die Metallindustrie durch die Rüstungsaufträge einen starken Aufschwung. Bedeutendste Neugründung war die Zünder- und Apparatebaufabrik (Zündapp- Werke GmbH). Der Übergang zur Kriegswirtschaft erfolgte ab 1915. In Zusammenarbeit mit der Stadt Fürth wurde eine Einkaufsgesellschaft für Volksernährung zur Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gegründet. Mit Einrichtung der Volksspeiseanstalt Nürnberg begann die Massenspeisung am 5. Februar 1917 im Hercules-Velodrom. Die städtische Kriegsarbeitsstelle Nürnberg wurde die größte Einrichtung ihrer Art in Deutschland. In ihr waren ca. 9000 Frauen mit der Anfertigung von Kleidungsstücken, Armbinden, Zeltbahnen u.a. beschäftigt.58 Angesichts der extremen Zunahme sozialer Problemlagen in weiten Bevölkerungskreisen sah sich Oberbürgermeister Otto Geßler gezwungen, die „Dienstleistungen“ der Stadtverwaltung, die durch Einberufungen im Personalstand um ein Drittel reduziert war, so zu erweitern, daß sie nahezu alle sozialen Existenzrisiken erfassten. Gabriele Bußmann-Strelow bemerkt dazu in ihre Studie über die Nürnberger Wohlfahrtspflege: „Die legitimatorische Funktion sozial- politischer Maßnahmen trug im Krieg dazu bei, daß die zum Teil existentielle Not Nürnberger Einwohner sofort als „städtisches“ Problem akzeptiert und bearbeitet wurde.“ 59 Und an anderer Stelle: „Der Erste Weltkrieg stellte in Nürnberg die entscheidende Etappe auf dem Weg zum Weimarer Sozialstaat dar.“ Die Verwaltung hatte den Standpunkt der ‚Nichtzuständigkeit‘, der noch zu Beginn des Krieges in der Rücksichtnahme auf die Belastbarkeit des städtischen Etats beispielsweise durchschien, endgültig überwunden. Sie vertrat einen unbedingten Führungsanspruch in sozialen Belangen (Arbeitslosenhilfe, Wohnungsfürsorge, Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenfürsorge, liberale soziale Fürsorge, entdiskriminierte Armenpflege, Lebensmittelzuteilung). „Der Versuch Geßlers, durch die Integration der Sozialdemokratie in die kommunalpolitische Verantwortung das Vorgehen der Administration auf eine breite politische Basis zu stellen, präfigurierte einen bedeutsamen Faktor Nürnberger Kommunalpolitik in der Weimarer Republik: das politische

Unternehmen in Bayern 1933-1939. Ein interregionaler Vergleich, Ansbach 2012, S. 46. 58 Michael Diefenbacher, Rudolf Endres (Hg.): Stadtlexikon Nürnberg, a.a.O., Erster Weltkrieg, S. 253; Kriegswirtschaft, S. 590/591. 59 Gabriele Bußmann-Strelow: Kommunale Politik im Sozialstaat. Nürnberger Wohlfahrtspflege in der Weimarer Republik. Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte Band 58, Nürnberg 1997, S. 69. 28

Bündnis zwischen linksliberalem Oberbürgermeister und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD).“ 60 Am Kriegsende hatte die Stadt 9.855 tote Soldaten zu beklagen. Die Revolution selbst verlief in Nürnberg mehr oder weniger unspektakulär. Am 8. November 1918 erklärten sich Oberbürgermeister Otto Geßler und alle Rechts- und Magistratsräte zur Zusammenarbeit mit dem neugebildeten provisorischen Arbeiter- und Soldatenrat bereit. Die SPD behielt trotz der Gründung der USPD und der KPD die Loyalität der Bevölkerung. Die überwiegende Mehrheit der Nürnberger Bevölkerung stimmte bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 für Parteien, die sich entschieden für eine parlamentarische Demokratie einsetzten.61

3.2. Sozial- und Wirtschaftspolitik der Stadt Nürnberg unter Oberbürgermeister

Hermann Luppe Am 22. Oktober 1919 verließ Otto Geßler Nürnberg und übernahm tags darauf sein neues Amt als Reichsminister für Wiederaufbau. Sein Nachfolger wurde Hermann Luppe als gemeinsamer Kandidat von Bürgerlichen und MSPD: ein „glühender Demokrat und Republikaner“, 62 der sich mehrfach in der Verteidigung der Interessen der Republik direkt gegen die reichs- und republikfeindliche Einstellung der bayerischen Regierung stellte oder sie mittels direkter Kontaktaufnahme zur Reichsregierung überging. Er trat vehement für die Idee des dezentralisierten Einheitsstaates ein. Ebenso war Luppe ein „hervorragender und selbstbewusster Verwaltungsfachmann“, der wie nur wenige Oberbürgermeister entschieden für die Rechte des aus Vertretern politischer Parteien gebildeten Stadtrats eintrat.63 Unter seiner Leitung gelangen der Stadt außerordentliche Leistungen im Bereich von Stadtplanung, Städte- und Wohnungsbau, von Kultur- und Wohlfahrtspolitik trotz äußerst ungünstiger wirtschaftlicher und finanzieller Rahmenbedingungen. Die Nürnberger Sozialdemokratie verstand sich dabei nicht als revolutionäre Kampfpartei, sondern als eine Partei der gesellschaftlichen Emanzipation.64

60 Ebenda, S. 130/131. 61 Michael Diefenbacher, Rudolf Endres (Hg.): Stadtlexikon Nürnberg, a.a.O., Revolution 1918/19, S. 899. 62 Hermann Hanschel, a.a.O., S. 397. Michael Diefenbacher, Rudolf Endres (Hg.): Stadtlexikon Nürnberg, a.a.O., S. 660 ff. Hermann Luppe, geb. 6.8.1874, gest. 4.4.1945. Evangelisch-lutherischer Magistratsassessor und berufsmäßiger Stadtrat in Frankfurt/Main; 1913 Mitglied der Fortschrittlichen Partei; nach 1918 Mit- glied der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). 1920-1933 Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg. 63 Hermann Hanschel, a.a.O., S. 407; Gabriele Bußmann-Strelow, a.a.O., S. 135. 64 Hans-Ulrich Thamer: Zwischen Demokratie und Diktatur: Politik und Kultur in Nürnberg zwischen 29

Besonders hervorzuheben ist der Neuaufbau der Nürnberger Fürsorge und Wohlfahrtspflege in Zusammenarbeit mit dem SPD-Abgeordneten Hermann Heimerich.65 Allerdings gefährdete die Arbeitslosigkeit als Folge der wirtschaftlichen Krisen, die sich wegen der spezifischen Wirtschafts- und Erwerbsstruktur in Nürnberg auf dem Arbeitsmarkt in Nordbayern besonders gravierend auswirkten,66 permanent die städtische Fürsorge. Sie stellte die Verantwortlichen vor immer neue Herausforderungen und ließ auch mit Inkrafttreten der Arbeitslosenversicherung nicht nach.67 Für die Wirtschaft gewann der Dienstleistungssektor erheblich an Bedeutung. 1925 hatte sich der Anteil der Angestellten mit 28,4 % in Nürnberg im Vergleich zur Zeit vor dem Ersten Weltkrieg mehr als verdoppelt.68 Ab 1929 war Nürnbergs wirtschaftliche Situation angespannt. Die ortsansässige Industrie konnte sich zwar zwischen 1924 und 1928 kurzfristig erholen, blieb jedoch insgesamt hinter der positiveren Entwicklung im Reich zurück. Der Mangel an Kapital und ausländischen Aufträgen führte zu zahlreichen Konkursen, Entlassungen und Kurzarbeit. Verschärft wurde die Lage zudem dadurch, dass trotz wirtschaftlicher Stagnation weiterhin Arbeitssuchende in die Stadt drängten.69

regionaler Identität und europäischen Kontext 1918-1989, in: Helmut Neuhaus (Hg.): Nürnberg, eine europäische Stadt in Mittelalter und Neuzeit. Nürnberger Forschungen Bd. 29, Nürnberg 2000, S. 108. 65 Gabriele Bußmann-Strelow, a.a.O., S. 146-148. Eva Strauß: Wandererfürsorge in Bayern 1918 bis 1945 unter besonderer Berücksichtigung Nürnbergs. Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte 56, Nürnberg 1995, S. 118 f. Claudia Thoben: Prostitution in Nürnberg. Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte 65, Nürnberg 2007, S. 406. Luppe war stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, nicht zuletzt wegen seiner langjährigen Erfahrungen im Frankfurter Fürsorgewesen. Hermann Heimerich, geb. 21.12.1885, gest. 5.1.1963. Rechtsanwalt.1911 Eintritt in die SPD in Nürnberg. 1914 Wahl in das Kollegium der Gemeindebevollmächtigten. 1919 Magistratsrat, berufsmäßiger Stadtrat. Leiter des Wohlfahrtsamtes, Gesundheitsreferates, Jugendamt. 1925 Zweiter Bürgermeister in Kiel; 1928-1933; 1949-1955 Oberbürgermeister in Mannheim. Nach seinem Weggang erhielt Nikolas Eichenmüller von der SPD das Wohlfahrtsreferat, der der BVP nahestehende Robert Plank das Jugend- und Gesundheitsreferat. Eichenmüller nachgeordnet war Theodor Marx (1892-1958). Nach Hanschel entwickelte er sich in den folgenden Jahren zum führenden Kopf im Wohlfahrtsamt. Von 1927 bis 1929 erarbeitete er die gedanklichen Grundlagen der Arbeitsfürsorge: H. Hanschel, a.a.O., S. 355. 66 Z.B. ballte sich das gesamte Industriepotential Mittelfrankens in den drei Städten Nürnberg, Fürth und Schwabach sowie den Landkreisen Nürnberg, Fürth und Lauf zusammen: Rainer Hambrecht, Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken (1925 - 1933), a.a.O., S. 7. 67 Gabriele Bußmann-Strelow, a.a.O., S. 517/518. 68 Gabriele Bußmann-Strelow, a.a.O., S. 33/34: 1907 betrug der Anteil der Arbeiterschaft an der Bevölkerung 73,5 %, der Angestellten 10,2 %, 1925 58,4 % bzw. 28,4 %. 69 1929 existierten in Nürnberg 23.971 Betriebe mit 179.760 Beschäftigten. 61,09 % der Erwerbstätigen arbeiteten in Industrie und Baugewerbe, 24,16 % in Handel, Verkehr und Gastronomie, 1,5 % in der Landwirtschaft, Gärtnerei und Viehzucht, 8,86 % der Wohnbevölkerung war beruflos. Angaben nach Statistisches Amt der Stadt Nürnberg (Hg.): Statistisches Taschenbuch für 1929, S. 14; S. 30. Gabriele Bußmann-Strelow, a.a.O., S. 32/33. 30

Nach dem Börsenkrach in den USA am 25. Oktober 1929 traf die einsetzende internationale Weltwirtschaftskrise Deutschland besonders empfindlich, weil die an Liquiditätsmangel leidenden deutschen Unternehmen ihre langfristigen Investitionen zum erheblichen Teil mit amerikanischen Krediten finanziert hatten. Als Folge sah sich die kommunale Wohlfahrtspolitik einem Mehrfrontendruck ausgesetzt, die Handlungsspielräume der städtischen Verwaltung reduzierten sich angesichts der extrem angespannten Finanzen auf ein Minimum, mit dem der politische Bedeutungsverlust der Selbstverwaltung korrespondierte. Die von der Reichsregierung sowie der bayerischen Staatsregierung dirigistisch betriebene Deflationspolitik, zu der die drastische Kürzung sozialer Leistungen als ein Hauptinstrument zur Sanierung der Staatshaushalte gehörte, traf die Stadt (wie die anderen Kommunen) ins Mark. Ein Ausgleich des Ausgabenzuwachses und der Einnahmeausfälle aus eigener Kraft war nahezu unmöglich.70 Auch musste sie mit den aus den sozialen Verwerfungen der Krisen entstandenen Problemlagen und den damit verbundenen erdrutschartigen Erfolgen der NSDAP und wachsendem Rechtsradikalismus auf sich alleine gestellt Antworten finden und damit umgehen. Im Rückblick auf das Jahr 1929 sprach die Industrie- und Handelskammer Nürnberg (IHK) von einer „katastrophalen Wirtschaftslage“ in Mittelfranken. Im darauffolgenden Jahr 1930 erhöhte sich in ihrem Bezirk Nürnberg die Zahl der Vergleichs- und Konkursverfahren um ein Drittel.71 Unter Luppes Leitung gelang es der Stadtverwaltung, für den Haushalt 1931/1932 einen Ausgleich der Einnahmen und Ausgaben zu erreichen, allerdings nur mittels Zugriff auf die städtischen Rücklagen. Trotz Senkung der Fürsorgeunterstützungssätze vergrößerte sich 1931 der städtische Fehlbetrag von 1,6 Millionen RM auf 3,4 Millionen RM.72 Bis 1932 verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage nochmals. In Nürnberg allein vergrößerte sich die Zahl der Erwerbslosen von rund 20.000 im Dezember 1928 über 38.500 Ende 1930 auf maximal 57. 586 im Februar 1932.73 Die Arbeitslosenquote betrug im Oktober 1932 auf je 1000 Einwohner 134,6, und in Fürth 178,2. Damit lag sie in den mittelfränkischen Großstädten deutlich höher als in München oder Augsburg.74

70 Ebenda, S. 396 f.; 410; 519. 71 In Nordbayern stiegen von 1929 bis 1931 die Anträge auf Konkursverfahren von 495 auf 740, allein in Nürnberg von 154 auf 203. Nach einer Feststellung der AOK Nürnberg sank im Laufe des Jahres 1930 die Zahl der Arbeitgeber von ca. 17.000 auf 15.000, d.h. um ca. 12 %: Rainer Ham- brecht: Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken (1925 - 1933), a.a.O., S. 188. 72 Matthias Klaus Braun: Hitlers liebster Bürgermeister: Willy Liebel (1897-1945), a.a.O., S. 266 f. 73 Ebenda; Hermann Hanschel, a.a.O., S. 365. 74 Heinrich Strauß: Fürth in der Weltwirtschaftskrise und nationalsozialistischen Machtergreifung. Studien zur politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung einer deutschen Industriestadt 1928-1933. Schriftenreihe des Stadtarchivs Nürnberg, Band 28. Reihe Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte, Nürnberg 1980, S. 210. 31

Die negativen wirtschaftlichen Verhältnisse spiegelten sich in den Halbmonats- und Monatsberichten des Regierungspräsidiums von Ober- und Mittelfranken. Im Januar 1933 ging folgender Bericht nach München: „2. Gewerbe: (…) (Die) Neigung zu weiterer Verschlechterung der Gesamtlage (ist) unverkennbar. Von der rückläufigen Bewegung ist namentlich die Nürnberg-Fürther Metallwaren-, Rundfunkgeräte-, Elektrobeheizungs- und Christbaumschmuckindustrie betroffen, weiter die leonische Industrie. (…) Verhältnismäßig günstig ist noch die Lage in der Textilindustrie sowie in der Nürnberger Fahrzeugindustrie (…) Sehr ernst liegen nach wie vor die Verhältnisse im Handwerk (…) Ähnlich liegen die Verhältnisse (…) auch bei den anderen Kleingewerbetreibenden.“ (…) 75

Zusammenfassend lässt sich feststellen: In der Weimarer Republik bestimmten Industrialisierung und Urbanisierung die wirtschaftli- che, politische und soziale Gestalt Nürnbergs. Die Exportabhängigkeit der Nürnberger Wirt- schaft, die Existenz einer relativ großen Anzahl von Luxusindustrien und die Dominanz be- stimmter Industriezweige begünstigten in Krisenzeiten das Entstehen der Massenarbeitslo- sigkeit. Das städtische Fürsorgesystem kompensierte von Beginn an die Inflexibilität und Defizite staatlicher Sozialpolitik und gewährleistete damit erst, dass das System sozialer Sicherung über die große Inflationskrise und die kleineren Krisen in den wenig „goldenen“ zwanziger Jahren hinweg funktionierte.76

75 Hauptstaatsarchiv München, Monatsberichte Halbmonats- und Monatsberichte des Regierungs- präsidiums von Ober- und Mittelfranken StK 6677,6678. Ein genaues Bild der kritischen Versorgungslage und der herrschenden Not vermitteln die Wochen- und Halbmonatsberichte des Vorstands des Stadtrats zu Nürnberg an das Präsidium der Regierung von Mittelfranken. Für die Jahre 1919 ff vgl. StadtAN Rep. C 29, Direktorium A, Bd. 23 ff. 76 Gabriele Bußmann-Strelow: Kommunale Politik im Sozialstaat. Nürnberger Wohlfahrtspflege in der Weimarer Republik, S.31; 530. Die Exportorientierung galt sowohl für die Elektroindustrie, die Verarbeitungszweige in der Metallindustrie (leonische Drähte, Maschinenbau) als auch für die Spezialindustrien (Bürsten-, und Pinselfabrikation, Bleistiftfabrikation). 32

4. Wahlverhalten der Bevölkerung in Nürnberg Im Industriestandort Nürnberg war die SPD mit Stimmenergebnissen bei den Reichstagswahlen 1924 bis 1930 zwischen 34 % und 42 % die stärkste politische Partei. Eine konstante Wählerschaft mit Werten zwischen 7 % und 13 % verzeichnete ebenso die Kommunistische Partei (KPD). Ausschlaggebend dafür war das Kernmilieu der industriellen Arbeiterschaft mit langer Organisationsbindung der Mitglieder. Eine stabile Wählerschaft mit Werten zwischen 7 % und 8 % verzeichnete ebenso die Bayerische Volkspartei (BVP). Auffallend demgegenüber war seit 1924 der frühe Erfolg des völkisch-nationalistischen Lagers mit Werten für die NSDAP zwischen 10 % und 26 % als zweitstärkster politischen Kraft. Bei den Reichstagswahlen am 31. Juli 1932 schob sich die Hitler-Partei im Zeichen der Krise mit 37,8 % an die Spitze vor der SPD mit 33,5 %. Bei den letzten Reichstagwahlen unter halblegalen Bedingungen am 5. März 1933 erzielte die NSDAP 41,7 %, die SPD 32,7 %, im Unterschied zum Reichsdurchschnitt von 18,3 %.77

Die Gründe für dieses Phänomen sind auf mehrere Gegebenheiten zurückzuführen.

- Nach der Kriegsniederlage, dem Schock über den Untergang der Monarchie und den Zusammenbruch der vertrauten politischen Ordnung vermochte es das national-konservative und rechtsextreme Lager, Nürnberg wegen seiner Geschichte als freie Reichsstadt und Schauplatz mittelalterlicher Reichstage für die Utopie eines „Dritten Reiches“, in dem alle Probleme der Gegenwart ein Ende hätte, zu vereinnahmen. Die Altstadt bot eine willkommene Kulisse für zahlreiche Aufmärsche und sollte den Anschein historischer Größe verleihen – unter Ausblendung der Geschichte und Gegenwart Nürnbergs als Industriestadt. Nürnberg entwickelte sich zu einer völkisch-antisemitischen Hochburg. Am 2. September 1923 ließ Hitler am „Deutschen Tag“, zu dem sich die Vaterländischen Verbände in Nürnberg sammelten, seine paramilitärische Sturmabteilung (SA) aufmarschieren und stahl damit den Konkurrenten die Schau. In vielen einzelnen Punkten nahm er ihn zum Vorbild für die Reichsparteitage 1927 und 1929 in der Stadt, auf denen als ein wesentliches Element etwa die große Parade auf dem Hauptmarkt beibehalten wurde.

- Gegen die von dem republikloyalen Oberbürgermeister Hermann Luppe geführte Stadtverwaltung installierte die republikfeindliche Staatsregierung 1921 das Staatspolizeiamt Nürnberg/Fürth. Dessen Leiter Heinrich Gareis unternahm nichts Entscheidendes gegen die

77 Tabelle Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung 1919 und zum Reichstag 1920 bis 1933: siehe ANHANG Armin Leberzammer: Wer wählte rechts ? Reichstagswahlen in Nürnberg 1919-1933. Magisterarbeit in der Philosophischen Fakultät I der Friedrich Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 2002, S. 102. Hans-Ulrich Thamer: Zwischen Demokratie und Diktatur: Politik und Kultur in Nürnberg zwischen regionaler Identität und europäischen Kontext 1918-1989, a.a.O., S. 110. 33

Organisationsstrukturen der NSDAP, weder in der Stadt noch in der Region. Für die künftige Entwicklung der NSDAP in Franken sollte dies von ausschlaggebender Bedeutung werden. Als Folge eskalierte hier die antisemitische Gewalt in beispiellosem Ausmaß (Überfälle und Körperverletzungen gegen Juden, Anschläge auf jüdisches Eigentum, Friedhofsschändungen u.a.). Ebenso ermöglichte die polizeiliche demonstrativ nachsichtige Haltung der NSDAP nach der Wiederzulassung im Februar 1925 den erforderlichen Rückhalt für Neugründungen und die Organisation der NS-Bewegung aufgrund eines relativ engmaschigen Netzes von Ortsgruppen in Nordbayern. Hitler konnte seinen Führungsanspruch über die zerstrittenen völkischen Gruppierungen durchsetzen.78

- Ihre Führerschaft in Organisation und Propaganda charakterisierte die Hitlerbewegung als Partei des Mittelstandes.79 Der extrem hohe Anteil der Volksschullehrer und Verwaltungssekretäre oder -inspektoren ließ die Partei vielfach als reine Beamtenpartei erscheinen. Aus ihren Reihen rekrutierte sich zu einem erheblichen Prozentsatz die Führerschaft, zu der auch Julius Streicher, der Chef der NSDAP in Nürnberg und spätere Gauleiter von Franken gehörte. Seine Partei konnte ihren Hauptzuwachs in den Stadtvierteln verzeichnen, die ‚bürgerlich‘ geprägt waren, z.B. im Luitpoldhain und Maxfeld.80 Darüber hinaus entwickelte sich die Region Mittelfranken unter seiner von Nürnberg gesteuerten Leitung zu einem der stärksten Parteigaue im Deutschen Reich, ähnlich wie Oberfranken unter der Leitung von Hans Schemm. 1928 lag der Reichswahlkreis 26 (Franken) mit seinem NSDAP-Wahlergebnis von 8,1 % mit weitem Abstand reichsweit an erster Stelle. In den Regierungsbezirken Mittelfranken und Oberfranken stimmte die wahlberechtigte Bevölkerung mit 9,1 % bzw. 10,8 %, in Nürnberg mit 10,1 % für die Hitler- Partei (Reich 2,6 %, Bayern 6,4 %).81

78 Klaus Wild: Die Polizeiorganisation in Nürnberg und Fürth von 1919 bis 1945. Der Weg vom Staatspolizeiamt zum Polizeipräsidium. Masterarbeit „Öffentliche Verwaltung - Polizeimanagement“. Deutsche Hochschule der Polizei, Münster 2011, S. 28 ff; 95 ff. Rainer Hambrecht: Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken (1925 - 1933), a.a.O., S. 42/43. 79 Theodor Geiger: Die soziale Schichtung des deutschen Volkes, Stuttgart 1932. 80 Armin Leberzammer: Wer wählte rechts? Reichstagswahlen in Nürnberg 1919-1933, a.a.O., S. 95/96. Leberzammer verglich das Wahlverhalten in vier Stadtvierteln: Wöhrd (Arbeiterviertel), Marienvorstadt und Prinzregentenufer (großbürgerliches Viertel), Gostenhof (hoher jüdischer Bevölkerungsanteil) und die Dörfer Thon, Schniegling, Höfen, Groß-und Kleinreuth (ländliches Viertel). Ergebnis: Im Arbeiterviertel Wöhrd schafften es die Nationalsozialisten nie, die Sozialdemokraten zu überflügeln, während sie in den drei anderen Stadtteilen spätestens seit der Landtagswahl vom April 1932 die stärkste Kraft waren. In der bürgerlichen Marienvorstadt platzierte sich die NSDAP schlechter als in Gostenhof und in den dörflichen Stimmkreisen, wo sie seit der Reichstagswahl 1930 mehr Stimmen als jede andere Partei erringen konnte. Diese Erkenntnis deckt sich mit den Ergebnissen von Jürgen Falter: Je kleiner die Ortsgruppe desto anfälliger waren die Wahlberechtigten dem Nationalsozialismus gegenüber. Siehe Anhang: Tabelle berufliche Gliederung der Bevölkerung Bußmann-Strelow S. 30 81 Thomas Greif: Julius Streicher und Franken. Eine verhängnisvolle Beziehung. In: Hans-Christian 34

- Die heftigere und radikalere politische Reaktion der mittelständischen Wählerschaft, insbesondere nach dem Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929, erklärt sich zusätzlich aus der durch die Notlage (die eigene oder die der Standesgenossen) verursachten Erschütterung ihres mittelständischen Selbstbewusstseins. Diese Klientel vermochte die großen Leistungen der städtischen Wohlfahrtspolitik in der Amtszeit von Oberbürgermeister Luppe nicht zu würdigen. Die Arbeitslosen- und Wohlfahrtsunterstützung erschien ihr als eine Ungeheuerlichkeit wie als Beweis für die durch den „Marxismus“ betriebene Proletarisierung des Mittelstandes.82 Von seinen politischen Gegnern erfuhr das Stadtoberhaupt heftigste Anfeindungen. Neben anderen republikanischen Bürgermeistern war er der konsequenteste Gegner des Nationalsozialismus in verantwortlicher amtlicher Stellung. Bereits im November 1922 kam es zu ersten persönlichen Auseinandersetzungen mit Julius Streicher. Sie eröffneten einen zehnjährigen Kampf zwischen den beiden mit wechselvollem Verlauf.83

- Auch die konfessionelle Struktur begünstigte die hohen Wahlergebnisse der NSDAP. Der Schwerpunkt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern lag in der Region um Nürnberg und Bayreuth. Die Affinität protestantischer Wähler zum Nationalsozialismus in der Weimarer Republik gründete in einem Nationalprotestantismus der bekenntnisbewussten Lutheraner, der seine politische Heimat bei den Parteien der Rechten fand. Aufgrund der jahrhundertealten Tradition des christlichen Antijudaismus erwiesen sie sich als gleichgültig bzw. anfällig für rassischen Antisemitismus und völkisches Gedankengut. Hans Meiser, der Direktor des Nürnberger Predigerseminars und spätere erste bayerische Landesbischof, vertrat

Täubrich für die museen der stadt nürnberg. Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände (Hg.): BilderLast. Franken im Nationalsozialismus, S. 32-39, Nürnberg 2008. Rainer Hambrecht: Die Brücke Franken. Eine wichtige Etappe für die NSDAP auf ihrem Weg zur Macht. Ebenda, S. 16-23. Rainer Hambrecht: Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken (1925 - 1933), a.a.O., S. 87; S. 133 ff. Julius Streicher, geb. 12.2.1885, gest. 16.10.1946 (Hinrichtung). Volksschullehrer. NSDAP-Gauleiter von Franken. Teilnahme am Ersten Weltkrieg. 1922 zur NSDAP. Gründung und Herausgabe des antisemitischen Hetzblattes „Der Stürmer“. Mit ihm und weiteren Publikationen verbreitete er intensiv und unermüdlich von Nürnberg aus Hasstiraden gegen Juden und rief nachdrücklich zu ihrer unumgänglichen Vernichtung auf. 1923 Teilnahme am Hitlerputsch. 1925-1940 Gauleiter von Mittelfranken, ab 1936 Franken. 1933 Mitglied des Reichstages. Leitung des „Zentralkomitees zur Abwehr der jüdischen Greul- und Boykotthetze“. 1940 Parteigerichtsverfahren; Amtsenthebung wegen Korruption als Gauleiter unter Belassung des Titels. Im Mai 1945 verhaftet. 1.10.1946 Verurteilung wegen Verbrechen gegen die Menschheit zum Tod durch den Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg. 82 Heinrich Strauß: Fürth in der Weltwirtschaftskrise und nationalsozialistischen Machtergreifung. Studien zur politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung einer deutschen Industriestadt 1928-1933, a.a.O., S. 451. 83 Rainer Hambrecht: Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken (1925 - 1933), a.a.O., S. 40; 212 f. Allein von 1925-1927 erhoben die Nationalsozialisten sieben Beschwerden, Anträge auf Amtsenthebung und Disziplinarverfahren gegen Luppe an die Regierung von Mittelfranken und das bayerische Innenministerium. 35 diese Haltung. Im Stadtgebiet Nürnberg betrug das Verhältnis der protestantischen und der katholischen Konfession ungefähr zwei zu eins.84

Festzuhalten bleibt, dass die bis 1929/30 durchaus mageren Wahlergebnisse der NSDAP im übrigen Deutschen Reich zeigen, dass sie massenhafte Erfolge nur als Protestpartei in einer katastrophalen Krise von Staat, Wirtschaft, Gesellschaft und politischem System gewinnen konnte. D.h.: Ohne den Niedergang der Demokratie hätte die NSDAP keine Chance gehabt. Die für den 14. September 1930 angesetzten Neuwahlen endeten mit einer Katastrophe für die Demokratie. Die NSDAP – 1928 mit 2, 6 % noch eine Splitterpartei im Reich – wurde hinter der auf 24,5 % absackenden SPD erdrutschartig mit 18,3 % und 107 Mandaten zur zweitstärksten Partei. Einen derartigen Wahlerfolg hatte es in der Geschichte des deutschen Parlamentarismus noch nicht gegeben. Die Wahlanalysen zeigen, dass überwiegend nationalkonservative und liberale, protestantische Mittel- und auch Oberschichtwähler zur NSDAP gewandert waren. Besonders stark wurde Hitlers Partei offenbar vom „alten Mittelstand“ (selbstständige Handwerker, Einzelhändler, kleine und mittlere Unternehmer, freie Berufe und Bauern) und vom „neuen Mittelstand“ (Beamte und vor allem Angestellte) gewählt.85

Nachdem die NSDAP am 5. März 1933 die Reichstagswahlen gewonnen hatte, errichtete sie in kürzester Zeit mit Gewalt und Terror ein diktatorisches Regime. In Nürnberg setzten die Nationalsozialisten Oberbürgermeister Luppe ab und verhafteten ihn vorübergehend. Zu seinem Nachfolger bestimmten sie den Fraktionsführer der NSDAP im Stadtrat, Willy Liebel, zu seinem Stellvertreter Stadtkämmerer Walter Eickemeyer.86

84 Manfred Kittel: Mentale Machtergreifung. Der frühe Aufbruch des „Dritten Reiches“ in der evangelischen Agrarprovinz Frankens 1930 bis 1932. In: Hans-Christian Täubrich (Hg.): BilderLast, a.a.O., S. 24-31. Torsten Lehmann: Kreuz oder Hakenkreuz? Die Rolle der Kirchen. Ebenda, S. 64 -71. Religionszugehörigkeit 1933 in Nürnberg: Protestanten 62,7 %, Katholiken 32,1 %, Juden 1,8 %, Sonstige 3,4 %. 85 Rainer Hambrecht: Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken (1925 - 1933), a.a.O., Versuch einer soziologischen Analyse der NS-Mitglieder, S. 304 ff. 86 Walter Eickemeyer, geb. 18.1.1886, gest. 10.5.1959. Studium der Handels-, Sozialwissenschaften und Staatswissenschaften. Promotion 1912. Verwaltungsfachmann, seit 1914 von der Stadt Nürnberg angestellt. Ab 1920 berufsmäßiger Stadtrat, ab 1925 Leiter des Finanzreferats. 1921-1932 Mitglied der DDP; Eintritt in die NSDAP 1.5.1933, Mitgliedsnr. 3403641. Im März 1933 von den Nationalsozialisten als zweiter Bürgermeister berufen. Gauamtsleiter für Kommunalpolitik und Vertreter von Oberbürgermeister Liebel in der Geschäftsführung des ZRN. Am 22.4.1945 verhaftet und interniert. Im Entnazifizierungsverfahren vom öffentlichen Kläger als „Hauptschuldiger“ eingestuft. 1949 von der Berufungskammer zum „Mitläufer“ erklärt. Angaben aus StadtAN 18/II Nr. 1754; C 7/I Nr. 2501.

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5. Organisationsstrukturen und Finanzierung 87

5.1. Die Reichsparteitage 1933 und 1934

Stadt und Partei als Organisatoren

5.1.1. Zentralstelle; Organisationsleitung Nach der Entscheidung in Bayreuth vom Juli 1933, künftige Reichsparteitage in Nürnberg abzuhalten, blieben der gleichgeschalteten städtischen Verwaltung unter der Leitung des neuen und ehrgeizigen NS-Oberbürgermeisters Willy Liebel nur wenige Wochen für die Organisation der Jubelveranstaltung, die unter dem Motto „Parteitag des Sieges“ vom 31. August bis 3. September terminiert war.88 Willy Liebel wollte die Reichsparteitage partout in seiner Stadt abhalten.89 Für ihn bedeutete dies einen Prestigegewinn ohne gleichen, hatte er doch nun regelmäßig Kontakt zu Hitler. In einer Rundfunkrede prophezeite er wirtschaftliche Vorteile – zu einem Zeitpunkt als sich die Kosten noch gar nicht absehen geschweige denn erahnen ließen: „ (…) Die Tatsache, dass Nürnberg für immer vom Führer zur Stadt der Reichsparteitage bestimmt worden sei, lege der Stadt große Verpflichtungen auf, die sie umso leichter auf sich nehmen könne, als abgesehen von der beispiellosen Ehrung, die ihr zuteil geworden sei, sich diese Tatsache auf das gesamte Wirtschaftsleben der Stadt außerordentlich günstig auswirken werde (…).“ 90 Noch im Juli 1933 schuf die Stadt Nürnberg die „Zentralstelle für den Reichsparteitag“, der städtische Beamte aller Referate zugeteilt wurden.91 Zum Beispiel hatte das Grundstücksamt und das Schulamt für die Bereitstellung von Massenquartieren in öffentlichen Gebäuden,

87 Grundlegend zur Finanzierung des Reichsparteitagsgeländes Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., Finanzielle Rahmenbedingungen, S. 59-106. 88 Zum RPT 1933 Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O, S. 60-72. 89 Vgl. Matthias Klaus Braun: Hitlers liebster Bürgermeister: Willy Liebel, a.a.O., S. 500 ff. 90 StadtAN C 7/888: Rede in „Nordbayerischer Zeitung“ vom 8.8.1933. 91 Zur Bildung der Zentralstelle StadtAN C 7/883: Direktorialverfügung Nr. 118, 24.7.1933. „Zentralstelle für den Reichsparteitag“, inneramtliche Bezeichnung Referat IX/Ptg., 1934 dem Referat für Schul- und Bildungswesen, Feste und Feiern zugeordnet unter Leitung von Stadtrat Johann Friedrich Dürr, geb. 16.5.1875, gest. 23.12.1940. StadtAN 18/II Nr.1519; StadtAN Av. 6131.4 BA/DC: BDC 1010084167, 02153 Johann Friedrich Dürr. 1899 Schulprovisor in Nürnberg; 1902 Volksschullehrer; 18.1.1912 Stadtschulinspektor, Vertreter des Schulreferenten und des Stadtschulrates; 1928 Ernennung zum Schulreferenten und berufsmäßigen Stadtrat; Mitglied der DDP; später in der Vorstandschaft der „Staatspartei“ in Nürnberg. Angehöriger der Loge „Zu den 3 Pfeilern“ (Freimaurer) in Nürnberg. 1934 von den Nationalsozialisten zum Leiter der Städtischen Zentralstelle für den RPT, Ref. IX berufen. Mitglied der NSV seit dem 1.1.1935. Das Referat wurde 1935/36 geteilt: Stadtrat Fritz Fink übernahm das Ressort für Schule und Bildung. Neben der Fortführung der Zentralstelle oblagen Dürr auch allgemeine Kulturfragen und der Fremdenverkehr. Am 1.11.1937 wurde Dürr auf eigenen Antrag hin beurlaubt, am 1.2.1938 pensioniert. 37

Schulen und Fabrikhallen zu sorgen, das Landwirtschaftsamt und die Wirtschaftsstelle für das dort benötigte Stroh, das Gewerbeamt für die Regelung des Hausierhandels und das Hochbauamt neben Baumaßnahmen für die Stadtschmückung. „In der Altstadt mit ihrer mittelalterlichen Architektur ertranken zentrale Plätze, Straßen und Gassen förmlich in einem Meer roter Hakenkreuzfahnen und NS-Insignien.“ 92 Gleiches galt für alle öffentlichen Gebäude und Denkmäler, die Einfallstraßen Nürnbergs waren zum jeweiligen Reichsparteitag mit Willkommens-Transparenten überspannt. Die Privathäuser mussten von den Hausbesitzern zu Selbstkosten dekoriert werden. Gern gesehen waren Hakenkreuzfahnen, Wimpel, sog. Schmuckteppiche (Behang aus den Fenstern), goldene Lorbeerkränze und Grünschmuck.93 Die Stoffe dafür erwarb die Stadt vorwiegend im deutschlandweiten Großhandel. 1933 gab sie für 3.400 m rotes und 600 m schwarzes Fahnentuch 3.849 RM aus. Diese Maßnahmen erfuhren bis 1938 erhebliche Erweiterungen und verursachten damit verbundene steigende Ausgaben.94 Zum Reichsparteitag 1934 erwog der Stadtrat eine Abgabe des Einzelhandels während der Reichsparteitage - zur Bestreitung allgemeiner Unkosten der Stadt.95 Die außerordentliche Inanspruchnahme von mehr als 170 städtischen Beamten und Arbeiter für die Vorbereitungen des Propagandaspektakels war nämlich in keiner Kostenrechnung enthalten.96 Ob die Abgabe realisiert wurde, ließ sich nicht verifizieren.

Die NSDAP richtete die „Organisationsleitung der Reichsparteitage“ als Hauptamt der Reichsorganisationsleitung unter dem Weisungsrecht von ‚Reichsinspekteur‘ Rudolf Schmeer am Frauentorgraben 30 ein.97 Sie war zuständig für Kernaufgaben, zum Beispiel die

92 Eckart Dietzfelbinger, Gerhard Liedtke: Ort der Massen, a.a.O., S. 66/67. 93 Vgl. Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S.148. 94 StadtAN C 14, 66 (1931-1933): 13.10.1933. 1934 wurden auf dem Hauptmarkt nach Entfernung des Gerüstes an der Frauenkirche und aller Re- klameschilder sämtliche Gebäude mit Hakenkreuzfahnen und Grünschmuck dekoriert. Die Nürnberger Bevölkerung sollte ihre Fahnen in den Fahnengeschäften (Fahnen Eckert u.a.) kaufen: StadtAN C 7/888: Werbung der Fahnenfabrik Josef Bauer (Nbg.) in der Fränkischen Tageszeitung vom 1. September 1933. Wer die Fahnen genäht hat, war nicht zu recherchieren, vermutlich Nürnberger Näherinnen, die in der Regel sehr schlecht bezahl wurden. Eine wichtige Rolle im Fahnengeschäft spielte C. F. Ploucquet in Heidenheim/Brenz. Die benötigten Fahnenstangen wurden hauptsächlich in Nürnberg gefertigt. 1933 waren es 754 Stangen bei zwei Holzhandlungen zum Preis von 4.699,50 RM. 95 StadtAN C 7/915: RPT 1934. Niederschrift über eine Besprechung wegen einer Abgabe vom Umsatz des Einzelhandels am 1.6.1934: „Stadtrat Dr. Schmidt erläutert zunächst den kürzlich vom Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes, Dr. Köhler, aufgeworfenen Gedanken, während der Kampfspiele und des Reichsparteitags von den Geschäften des Einzelhandelsverbandes eine Abgabe an die Stadt zur Bestreitung allgemeiner Unkosten zu erheben; denn die bei diesen Veranstaltungen erzielte sehr wesentliche Umsatzsteigerung rechtfertigt eine solche Abgabe (...)“. 96 Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O, S. 163. 97 Rudolf Schmeer, geb. 16.3.1905, gest. 11.9.1966. Parteieintritt 10.9.1925, NSDAP-Mitgliedsnr. 18491. Leiter der Organisationsleitung der „Reichsparteitage“. Wahl in den Reichstag 1930. Stabsleiter der Landesinspektion West, dann ‚Reichsinspekteur‘ der NSDAP. Nach dem 30.1.1933 38

Einrichtung von Massenquartieren für die Politischen Leiter, den Aufbau der Zeltlager für die Teilnehmer der Massenaufmärsche, ebenso für Verpflegung, Kartenverkauf oder die Einteilung der Sonderzüge. Eine Reihe von neu geschaffenen Stellen arbeiteten der Organisationsleitung zu, zum Beispiel das Kassen- und Verwaltungsamt zur Finanzierung mittels der sogenannten Reichsparteitagsumlage, einem außerordentlichen Monatsbeitrag für Parteimitglieder, und mit dem Verkauf von Parteitagsplaketten und Eintrittskarten zu den verschiedenen Veranstaltungen. Funktionell und personell bestanden zwischen der Zentralstelle und der Organisationsleitung zahlreiche Verknüpfungen. Stadt und Partei sollten sich vor allem auf den Gebieten Veran- staltungen, Bauvorhaben und Finanzierung abstimmen und dabei die Zentralstelle als Scharnier zwischen der Organisationsleitung und den Dienststellen der Stadt ansehen.98 In der Praxis erwies sich dies als sehr problematisch, Konflikte aufgrund jeweils eigener Interessenlagen waren vorprogrammiert. Der enorme Zeitdruck zum jeweils neu anstehenden Reichsparteitag erzwang jedoch Beschlüsse und Entscheidungen, um ihn zu realisieren.

5.1.2. Finanzierung Ein ständiger Streitpunkt war die Finanzierung. Die Gesamtkosten des Reichsparteitages 1933, der ähnlich den Treffen von 1927 und 1929 teilweise noch provisorisch wirkte,99 überschritten deutlich 1 Million RM. Ein erster Kostenentwurf, erstellt von Finanzreferent Eickemeyer Anfang August 1933, bezifferte die zu erwartenden Ausgaben auf 1.103.000 RM. Er sollte sich als realistisch erweisen. Er forderte von der NSDAP einen Beitrag von 500.000 RM mit der Begründung, bei früheren Besprechungen sei das so vereinbart worden. Dies wies die Parteiführung als Missverständnis zurück und lehnte eine Beteiligung an den Dauereinrichtungen für die

von Robert Ley, Chef der Deutschen Arbeitsfront, zum Reichsorganisationsleiter und Stellvertreter ernannt. Vorsitzender des Kongresses der Arbeitsfront, Leiter des Führeramtes der DAF. Januar 1937 Ernennung zum SA-Gruppenführer. Nach einer „Beleidigung“ an Reichsschatzmeister Schwarz wurde ihm „jede weitere Tätigkeit in Sachen des Reichsparteitags untersagt“. 1938 Leitung der Hauptabteilung III (Wirtschaftsordnung, Handel und Handwerk) im Reichswirtschaftsministerium. 1944-1945 Leiter der Zentralstelle Berichtswesen des Zentralamtes im Ministerium für Rüstung: BA NS 1/23. 98 Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O. Zur Aufgabendefinition und Organisationsstruktur des ZRN, S.52-56. Vgl. StadtAN C 7/ RPT 1934. Rechnungswesen. Besprechung am 9.8.1934. Z.B. übernahm Stadtgartendirektor Alfred Hensel die Leitung der Umgestaltungsmaßnahmen im Luitpoldhain, wobei die Arbeiten weiterhin der Zentralstelle unterstellt blieben. 99 Siegfried Zelnhefer bezeichnet den Reichsparteitag 1933 als „Übergangsstadium“ „zwischen den Parteitagen in Weimarer Zeit und den martialischen Großinszenierungen in den darauffolgenden Jahren“: Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O, S. 5. Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S. 61. 39 künftige Reichsparteitage ab. Dazu gehörten insbesondere die Bauaufgaben.100 Von Juli bis September 1933 gab die Stadt für die Massenveranstaltung 303.000 RM aus, die Partei dagegen nur 113.270 RM.101 Bis 1935 war die Stadt Nürnberg für Organisation und Durchführung der Bauarbeiten für die Reichsparteitage verantwortlich und damit gleichsam der Bauherr. 1933 gestalteten das städtische Hochbau- und das Gartenbauamt den Luitpoldhain zur „Luitpoldarena“ als Versammlungsareal um. Für 50.000 RM „verschwanden“ Bäume, Büsche und sonstige Pflanzen, für 10.000 RM der dekorativ angelegte Wasserturm samt Springbrunnen und Pumpenhaus. Die Vergabe der Aufträge erfolgte überwiegend an Nürnberger Handwerksbetriebe und Firmen. Die Gesamtkosten der „Luitpoldarena“ betrugen 660.500 RM. 102 Erstmals als Aufmarschgelände einbezogen war die Zeppelinwiese (benannt nach der Landung eines Luftschiffes von Ferdinand von Zeppelin 1909). Provisorisch angelegte Holztribünen boten 70.000 Zuschauern, die Ehrentribüne mit Führerkanzel und Hoheitszeichen in Form eines stilisierten 9 mal 16 Meter großen Adlers 1.000 Ehrengästen Platz. Die Gesamtkosten dafür beliefen sich auf ca. 80.000 RM. Auch das 1928 eröffnete und modern angelegte städtische Stadion (Architekt Otto Ernst Schweizer) ließ sich für Aufmärsche und Appelle der Hitler-Jugend (HJ) sowie Sportver- anstaltungen in die Reichsparteitage integrieren. Der Kostenaufwand für die Errichtung eines Stahlgerüstes für das Hoheitszeichen betrug 12.720 RM. Die Errichtung einer Tribüne auf dem Hauptmarkt, der die Bezeichnung „Adolf Hitler-Platz“ erhielt, kostete 22.838 RM.103

100 StadtAN C 7/887: RPT 1933. Niederschrift vom 2.8.1933. 101 StadtAN C /887: RPT 1933. Brief von Eickemeyer an Reichsschatzmeister Schwarz, 20.1.1934. 102 StadtAN C 7/883: RPT 1933 Allgemeines. Direktorialverfügung Nr. 120, 25.7.1933. Es handelte sich um 120 Birken, 50 Ahorne, 45 Linden, 70 Ulmen, 95 Eichen und 120 Alleebäume, außerdem wurden tausende von Rosen, Sträuchern und Hecken entfernt. Eine Fläche von 5.800 qm wurde mit Rasenplatten belegt. Für die Arbeiter des Stadtgartenamts galt eine Urlaubssperre. Am 26.8.1933 ist vermerkt, dass noch mehr Bäume gefällt werden müssten. Zitat des Führers des Aufmarschstabes: „Da sowieso der halbe Luitpoldhain abgeholzt ist, dürften diese paar Bäume nun auch nichts mehr ausmachen.“ 103 StadtAN/C 14, 66: Darin Kostenaufstellung für die einzelnen Bauarbeiten. Beispiele betreffend den RPT 1933: Am 1.8.1933 wurden der Wasserturm und das Fontainenbecken im Luitpoldhain beseitigt, kurze Zeit später das Pumpenhaus entfernt: Kosten über 12.000 RM. Die Erdarbeiten im Luitpoldhain übernahm die Firma Hannweg & Söhne, anschließend wurden die Fundamente für die Tribünen im Luitpoldhain und auf der Zeppelinwiese gelegt. Kosten knapp 22.000 RM, Firma Weidinger und Meyer. Die Tribüne im Luitpoldhain wurde von einer Arbeitsgemeinschaft von 10 Zimmereien zu einem Gesamtpreis von 190.914 RM errichtet, die Standartentribüne von der „Arbeitsgemeinschaft Zimmermeister“ zu einem Preis von 19.669 RM gezimmert. Die „Tribüne für den Gauleiter“ kostete 2.737 RM. Die hölzernen Fahnenmasten schlugen mit 21.300 RM zu Buche. Die drei Riesenfahnen im Luitpoldhain (24,5 x 6 m, á 572 RM) kosteten 1.716 RM, hergestellt von der Spezialfirma Baumann & Lederer Kassel. Luitpoldarena drei Fahnenmasten. Die Abortanlagen im Luitpoldhain bauten 2 Firmen zu einem Preis von 2.808 RM. 40

Außerdem begann die Stadtverwaltung zur Anpassung an die Erfordernisse kommender Reichsparteitage mit der systematischen Erweiterung und dem Ausbau der Infrastruktur (Straßen-, Wegesystem, Über- und Unterführungsbauwerken etc.). Dazu zählte auch die Anbindung des 1933 neu eröffnete Flughafens am Marienberg an das Gelände am Dutzendteich.104

Die Gesamtkosten für den Parteitag von 1933 beliefen sich auf ca. 1.730.000 RM. Die Stadt trug mit 1.436.050 RM den Löwenanteil. Dazu kam ein Zuschuss von 100.000 RM. Die NSDAP gab nur 196.944 RM aus.105 Verordnete wie tatsächlich eingegangene Spenden

104 Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S. 379. 105 StadtAN C7/887: Revisionsbericht vom 23.11.1933 zu den Parteitagsrechnungen. Vgl. Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O., S. 73 ff. StadtAN C 32 Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg (C 32 Z/RPT) 1935 - 1955/22: Eine vom 1. April 1935 angefertigte Überschlagsbilanz für den Reichsparteitag 1933, in der jedoch die Kosten für die Baumaßnahmen sowie für eine Anzahl Einzelposten fehlen, bestätigt das für die Stadt Nürnberg extrem hohe Defizit: Gesamt-Einnahmen 270.357 RM, Gesamtausgaben 1.010.481 RM. Das Defizit betrug 740.124 RM. Einnahmen: An direkten Einnahmen erhielt die Stadt: An gemeindlicher Biersteuer 27.500 RM An Getränkesteuer 5.100 An Vergnügungssteuer 12.757 An Gas-, Strom und Wassergebühren 65.000 Von der Straßenbahn 160.000 ------Summe der Einnahmen: 270.357 RM

Ausgaben: I. Laufende Betriebsausgaben: 1.) Für Strassenschmückung, Instandsetzung von Gebäuden usw. 77.067,93 RM 2.) Zuschuss an die NSDAP 100.000 3.) Zuschuss an die Aufmarschleitung der SA 10.000 4.) Kosten der Planung der Arbeiten im Luitpoldhain 19.500 5.) Warmes Mittagessen für die bei den Arbeiten im Luitpoldhain Beschäftigten 37.000 ------243.567,93 RM (gedeckt aus den Mitteln des ordentlichen Haushalts 1933 der Stadt Nürnberg)

6.) Erhöhte Abnutzung der Wagen und Geleise 30.000 RM der Straßenbahn Summe I.: 273.567,93 RM

II. Einmalige Ausgaben: 1.) Errichtung von Holztribünen 565.250 2.) Umgestaltung des Luitpoldhains 171.665

Summe II. 736.914 RM (diese Ausgaben wurden aus Anleihemitteln gedeckt, die die Stadt Nürnberg verzinsen und tilgen muss.) 41 vermochten dieses Defizit nicht annähernd auszugleichen. So erhielten die städtischen Beamten für August 1933 Gehaltsabzüge. Die auf diese Weise zusammengekommenen 20.000 RM wurden als „Spenden“ betrachtet. Eine weitere gewährte die Firma Häberlein- Metzger in Höhe von 500 RM für den Reichsparteitag 1933.106 Möglich war der Stadt Nürnberg die Finanzierung nur aufgrund der Einbindung in die staatlichen Arbeitsbeschaffungsprogramme. Darin waren die Baumaßnahmen auf dem Gelände am Dutzendteich mit berücksichtigt. Mehrfach stellte die Stadt Anträge an die „Deutsche Gesellschaft für öffentliche Arbeiten AG“ (Öffa) in Berlin, die Zuschüsse und Darlehen im Rahmen der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Millionenhöhe gewährte. Zum Beispiel erfolgten die Gleiserneuerungsarbeiten für die Straßenbahn im Rahmen des Arbeitsbeschaffungs-Sofortprogramms. Den Zuschlag erhielt das Nürnberger Baugeschäft Hans Siegmund, nach Anfall der Arbeitsstunden zum Tariflohn, 23,8 % Unkosten auf Lohn und 4% Unkosten auf Material betrug die Gesamtsumme 156.000 RM.107 Oberbürgermeister Liebel ließ es sich nicht nehmen, die Vorarbeiten zum Reichsparteitag 1933 für die NS-Propaganda als eine Maßnahme zur Überwindung der Massenarbeitslosigkeit zu instrumentalisieren. In der erwähnten Rundfunkrede sagte er: „(…) hunderte von arbeitslosen Parteigenossen konnten zur Durchführung der Vorarbeiten schon eingestellt und Dutzende von Handwerksmeistern haben bereits umfangreiche Aufträge erhalten.(…)“.108

Die Abwicklung der Abrechnungen gestaltete sich aufgrund von Streitigkeiten zwischen der Stadt Nürnberg und der NSDAP über Zahlungsmodalitäten kompliziert und langwierig. Der Forderung von Vertretern der Stadt wegen eine Beteiligung an dem lukrativen Geschäft des Verkaufserlöses aus Eintrittskarten zu den Parteitagsveranstaltungen verweigerte Franz Xaver Schwarz, der Reichsschatzmeister der NSDAP, kategorisch seine Zustimmung.109 Auch

Summe der Ausgaben: 1.010.481,93 RM Mehrausgabe: 740.124,93 RM 106 StadtAN C 7/883: RPT 1933 Allgemeines. 107 StadtAN C 14, 2: Niederschrift über die Sitzung des Vergebungs-Ausschusses vom 1. August 1933. Weitere Anträge an die Öffa stellte die Stadt im Dezember 1933 und im Februar und März 1934: Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S. 63. 108 StadtAN C 7/888: RPT 1933. Fränkischer Kurier, 8.8.1933. 109 StadtAN C 7/919: RPT 1934. „Rechnungswesen“. Vermerk 9.4.1934. Nach Schätzungen des Leiters der Zentralstelle Dürr hatte die NSDAP beim Reichsparteitag 1933 mindestens 105.000 RM an Eintrittsgeldern eingenommen. Nach ihrer Vorstellung sollte die Stadt aber die 70 Kassenhäuschen bezahlen. Vgl. Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S. 61. Franz Xaver Schwarz, geb. 27.11.1875, gest. 27.11.1947. 1900-1925 Beamter der Stadtverwaltung München. im Ersten Weltkrieg. 1918 Eintritt in den Völkischen Schutz- und Trutzbund. 26.9.1922 Eintritt in die NSDAP, Mitgliedsnr. 6. Am 18.3.1925 von Hitler zum „Reichsschatzmeister“ der wiedergegründeten NSDAP ernannt. Seit 16.9.1931 einziger notariell beglaubigter Generalbevollmächtigter Hitlers in allen finanziellen Angelegenheiten der Partei. 1933-1945 Mitglied 42 eigene Ideen als zusätzliche Einnahmequelle zur Verringerung des Problems, z.B. der Vorschlag von 1934, 100.000 bis 150.000 von Biermaßkrügen mit Stadtwappen und der Aufschrift „Reichsparteitag 1934“ herzustellen und zu verkaufen, stießen bei der NSDAP auf Ablehnung. Nach ihrem Selbstverständnis hatten derartigen Einnahmen der Parteikasse zuzufließen.110 Sie wollte lediglich die temporäre Ausstattung finanzieren und bot für Scheinwerfer- und Lautsprecheranlagen, Fahnen- und Grünschmuck, Einrichtung der Massenquartiere, WC-Bauten und Parkplätze 250.000 RM an. Angesichts der fast einseitig verteilten Ausgabenlast für den Reichsparteitag 1933 mahnte das städtische Rechnungsamt in einem Gutachten Anfang 1934, dass die künftige Finanzierung für die Parteitage anders gestaltet werden müsse, ansonsten drohe der Stadt der finanzielle Kollaps. Dementsprechend gab Stadtkämmerer Eickemeyer im Februar 1934 der NSDAP im Braunen Haus in München deutlich zu verstehen, dass die Stadt Nürnberg den kommenden Reichsparteitag nicht noch einmal finanzieren könne. Auf dessen Vorschlag ließ sich die NSDAP nach zahllosen Diskussionen im Frühjahr 1934 schließlich dazu bewegen, die Bezahlung dauerhafter Einrichtungen zukünftig mitzutragen.111

Aufgrund der Erfahrungen mit der Finanzierung des Reichsparteitages 1933 sah sich die Stadt Nürnberg mit Blick auf künftige Reichsparteitage gezwungen, in noch weitaus stärkerem Umfang auf staatliche Arbeitsbeschaffungsprogramme zurückzugreifen. Das im Spätsommer 1933 verabschiedete „Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit“ sah u.a. die Förderung von Tief- und Erdarbeiten mit mindestens 10.000 „Tagewerken“ ohne Facharbeiter für Länder und Kommunen vor. Damit konnte die Öffa für den Aufbau der Holztribünen am Hauptmarkt, in der „Luitpoldarena“ und auf der Zeppelinwiese der Stadt 565.250 RM, für die Umgestaltungsmaßnahmen 201.600 RM als Darlehen, plus einen einmaligen Zuschuss von ca. 400.000 zur Verfügung stellen. Zusätzlich gewährte der bayerische Staat mit seinem eigenen Arbeitsbeschaffungsprogramm („Siebert-Programm) der Stadt ein Darlehen von 259.261 RM.112

des Reichstages. Seit dem 29.3.1935 allein verantwortlich für alle Vermögensfragen der NSDAP und ihrer sämtlichen Untergliederungen. Oberstgruppenführer der SS, Obergruppenführer der SA: BA/BDC 6400041982. 1945-1947 interniert. Im September 1948 von einer Münchner Spruchkammer posthum als „Hauptschuldiger“ eingestuft und zu Vermögenseinzug verurteilt. 110 StadtAN, C 7/914: RPT 1934. Vorschlag von Stadtrat Fritz Fink in einer Sitzung des Finanzunterausschusses am 1.3.1934. 111 StadtAN C7/887: RPT 1933. Gutachten vom 15.1.1934 des Verwaltungshauptausschusses (Eickemeyer) betreffend Abrechnung des Reichsparteitages 1933. 112 Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S. 63. Das Programm wurde benannt nach dem NS-Regierungschef in Bayern, Ludwig Siebert. Geb. 17.10.1874, gest. 1.11.1942. Von 1933 bis 1942 Ministerpräsident von Bayern, Vertreter des Landes im ZRN. Nach Rechtsstudium vermutlich 1897 Eintritt in den bayerischen Staatsdienst; Anwaltstätigkeit. 1908 Bürgermeister in Rothenburg, dann Erster Bürgermeister von Lindau. 1931 Eintritt in die NSDAP, 1933-1942 Mitglied des Reichstages. 1933 Bayerischer Staatsminister der 43

Lag der Gesamtkostenvoranschlag der Stadt für den Reichsparteitag 1934 Anfang März bei 650.956 RM, so stieg er bis zum Mai schon auf 2.075.356, wovon die Stadt 1.825.881 RM, die Partei 246.475 RM übernehmen sollte. Unter „Kapitalaufwendungen für Dauereinrichtun- gen“ (Hauptmarkt, Luitpoldhalle und -hain, Stadion, Zeppelinwiese, SA-Lager, infrastruktu- relle Maßnahmen) wurden 2.892.600 RM veranschlagt. Im selben Monat kamen bei einer Besprechung Vertreter der Stadt und der Partei zu der Einschätzung, dass die Ausgaben für den Parteitag 1934 insgesamt 5.758.356 RM betragen würden. Die Stadtverwaltung kalku- lierte ihren finanziellen Handlungsspielraum dafür auf 3.376.560 RM. 113 Die extremen Mehrkosten von 5 Millionen RM vermochte die Stadt nur mit der Aufstellung eines außerordentlichen Haushaltes mit einem Darlehensanteil in dieser Größenordnung aufzubringen. Die Hälfte davon war für die Umgestaltungs- und Erweiterungsarbeiten für künftige Reichsparteitage bestimmt.114 Die Gründe der Kostenlawine waren vielfältig. Sie lagen zum einen in der Ausweitung der Jubelveranstaltung auf sechs Tage vom 5. bis 10. September begründet. Allein der Ankauf von 20 Anhängerwagen für die Straßenbahn bei der Firma MAN schlug mit 190.000 RM zu Buche.115 Die Mehrkosten für neue Licht-, Lautsprecher und Rundfunkanlagen – der sogenannte „elektro-akustischer Aufbauplan“ – betrugen eine Viertel Million RM.116 Zum anderen trieb die Erweiterung der Parteitagsareale die Kosten nach oben. Im Januar 1934 stellte die Stadt Nürnberg dazu ein umfangreiches Bauprogramm auf. Für den Ausbau der „Luitpoldarena“ waren durchschnittlich 600 Mann beschäftigt.117 Für die „Fortführung der

Finanzen im Kabinett Franz von Epp. Am 9.11.1933 Aufnahme in die SA mit Dienstgrad SA- Gruppenführer aus Anlaß des 9.11.1938. Finanzminister in Bayern (dazu beauftragt), ab 1936 Wirtschaftsminister. Setzte sich in dem Konkurrenzkampf gegen Reichsstatthalter v. Epp 1936 mit Hilfe des Gauleiters Wagner und Reichsinnenministers Frick durch. 1933-1942 Mitglied des Reichstages. Präsident der Deutschen Akademie, SA-Obergruppenführer, Ehrenführer des RAD. Angaben nach Auskunft des Bayerisches Hauptstaatsarchives; Das deutsche Führerlexikon 1934/1935. BA, BDC 0519191512; BDC 1110053438 L 0239. 113 StadtAN C 7/919: RPT 1934. Besprechung vom 18.5.1934. Teilnehmer für die Stadt Nürnberg: Bürgermeister Eickemeyer, Stadtrat Dürr, Rechtsrat Seyschab, Direktor Gegner, Oberinspektor Mark. Teilnehmer für die NSDAP: Staatsrat Robert Ley, Reichsschatzmeister Schwarz, Reichsinspekteur Schmeer, Reichsoberrevisor Gradl, Architekt Albert Speer. Dieselbe Summe von 5.758.365 RM wird auch in einer Verfügung des Stadtrats vom 5.6.1934 genannt (ebenda). 114 StadtAN Av Per 18: Rechenschaftsbericht 1934, S. 7 ff. Vgl. Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S. 60. 115 StadtAN C 7/915: RPT 1934 Gewerbe, Verkehr. 23.3.1934 Bestellung; Lieferung Reichsparteitag- Strassenbahn ( 3 Seiten). 3. Vergrößerung des Wagenparks. MAN: Schaffung eines Beiwagens mit nur 16 Quersitzen und sehr vielen Stehplätzen. Fassung: über 100 Personen (Sommerwagenausführung). 116 StadtAN C 7/913: RPT 1934 Allgemeines. Darin mehrere Protokolle von Besprechungen über Lautsprecheranlagen etc. 117 StadtAN C 7/919: RPT 1934. „Rechnungswesen“ Vermerk 13.1.1934. Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O.,, S. 170. 44

Erdarbeiten“ stellte die ortsansässige Firma Hans Siegmund 33.000 RM in Rechnung.118 Im März 1934 forderte Hitler anlässlich einer Baustellenbesichtigung eine Verkleidung der Tribünen und Stützmauern mit Muschelkalk sowie einen Belag der Wege mit Naturstein. Einen Monat später fertigte er im Beisein von Albert Speer, Hochbaureferent Walter Brugmann,119 Eickemeyer und Streicher Skizzen an und gab den Auftrag zur unverzüglichen Ausführung. Die Ausgaben betrafen ebenso die Instandsetzung der Festhalle (Luitpoldhalle) mit dem Einbau einer Entlüftungsanlage. Dazu kamen aufwändige Wiederanbringungs- und Abnehmungs-arbeiten (überdimensionale Fahnen, Hoheitszeichen, Dekoration) sowie Ausgaben für Brand-versicherungsgebühren, Lagergeld und Bewachung für sämtliche Tribünen, Aufstellen und Abbruch derselben nach dem Parteitag; dazu Beleuchtung, Telefon, Gas, Wasser etc. Die Gesamtkosten dafür wurden auf 192.084 RM geschätzt.120 Desweiteren erfolgten Straßenarbeiten in der „Luitpoldarena“ für 14.660 RM, Arbeiten am Kriegerdenkmal für 6.000 RM, sowie gärtnerische Maßnahmen für 16.800 RM. Die Kosten für die neuen Standtribünen betrugen 13.888 RM, für die Stützmauer an der Luitpoldarena 15.662 RM. Weitere Steinlieferungen erfolgten durch die AG Muschelkalk Unterfranken für 56.867 RM, und Granitplatten am Kriegerdenkmal für 12.677 RM. Die Entwässerungsarbeiten der Tribünen kosteten 17.510 RM. Hinsichtlich des Ausbaus der Infrastruktur für künftige Reichsparteitage erfolgte Ende Februar 1934 die Fortsetzung des neuen Flughafenbaus am Marienberg. Nürnberger Firmen erhielten Aufträge für Zimmermanns-, Maurer-, Dachdeckerarbeiten und Installationen, die Mittelfränkische Bauhütte den Zuschlag für die Anlegung der Straße zum Flughafen.121

118 StadtAN C 14, 67. 119 Walter Brugmann. Architekt. Geb. 2.4.1887, gest. 26.5.1944. 1925 Oberbaurat und Leiter des Hochbauamtes der Stadt Nürnberg. 1928-1940 Hochbaureferent der Stadt Nürnberg; Leiter der Referates X (Hochbauwesen, Stadtplanung, Vermessungswesen, Gartenbauwesen, Kunstangelegenheiten). Parteieintritt: 1.5.1933, Mitgliedsnr: 3.181.417. Mitgliedschaften in: Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV), Reichsbund der Deutschen Beamten (RDB), Reichsluftschutzbund (RLB). 1934 von Albert Speer mit der örtlichen Bauleitung des Reichsparteitagsgeländes beauftragt; 1937 Ernennung zum Professor durch Hitler anläßlich des 50. Geburtstages; 1940 Mitarbeiter im „Büro Speer“. Beauf-tragt mit der Generalbauleitung für die Neugestaltung der „Reichshauptstadt Berlin“ und mit der Fortsetzung der obersten Bauleitung der Reichsparteitagsbauten in Nürnberg. 1941 Leiter der Abteilung „Beschaffung von Werksteinen“ im „Büro Speer“. 1942 Leiter Organisation Todt. Einsatzgruppe Rußland-Süd. Angaben nach Eckart Dietzfelbinger: Aus Stein gebauter Grössenwahn, a.a.O., S. 43, Fn. 7; StadtAN 18/II: Nr. 390. 120 StadtAN C 7/919: RPT 1934 Rechnungswesen. Hochbauamt „Betreff: Ausgaben für den RPT 1934 (mit handschrift. Notizen A1 , A2 ,B II 1 a-d, D b 6) Brandversicherungsgebühren für sämtl. Tribünen 384.30 Lagergeld für die Tribünen 2.000 45

Im Mai 1934 begannen an der Allersbergerstraße als einer der Hauptzugangswege zu den Parteitagsanlagen umfangreiche Straßenbauarbeiten. Den Ausbau der Allersberger-, Bayern- und Markomannenstraßen übernahmen drei leistungsfähige Nürnberger Betriebe.122 Die Kosten überstiegen 50.000 RM. Das städtische Wasser- und Brückenbauamt veranlasste

3.000 Bewachung der Tribünen 2.500 (handschriftl. 9.500) Aufstellung der Tribüne am Adolf-Hitler-Platz 15.000 Abbruch sämtlicher Tribünen nach dem RPT 8.000 18.000 5.000 3 gr. Fahnenmasten 6.000 Zeppelinfeld 20.000 Instandsetzungen an stehenden Tribünen 20.000 Neuanstriche 16.000 Wiederanbringung/Abnehmung des Hoheitszeichens (Zeppelinwiese) 1.400 der 3 gr Fahnen (Luitpoldhain) 1.200 Dekoration in Festhalle 4.000 Instandsetzung der Festhalle 4.000 Reinigung 1.000 Einbau von Entlüftungsanlage/ Festhalle 4.500

Beleuchtung, Telefon, Gas, Wasser / Festhalle 1.000 Modelle, Lichtpausen etc. 1.000 Dekorationen 20.000 Fassaden 5.000 Wiederaufstelle des am RPT 1933 abgebrochenen Turnerdenkmals 1.500 Instandsetzung und Neuanstrich des Leuchtturms am Dutzendteich 1.600 (handschr. Vermerk von Brugmann: „kann entfallen, da Leuchtturm voraussichtlich in Kürze abgebrochen werden wird) Aborte 30.000 192.084 Für sonstige Arbeiten ( Stützmauern, Terrassen, neue Pressetribüne, Ausbau des Luitpoldhains...) wurden bereits über Stadtgartenamt Mittel zur Genehmigung als Öffakredit angefordert. Für Rundfunk, Lautsprecher- und Scheinwerferanlagen, sowie Filmaufnahmen wurden keine Mittel eingesetzt, da diese Arbeiten bereits beim letzten PT von der Parteileitung bestellt und bezahlt wurden.“ Nürnberg, 2.1.1934, Städtisches Hochbauamt, Abtl. I A 121 StadtAN C 14, 67. Alle Angaben daraus. Von den zahlreichen beteiligten Firmen seien stellvertretend mit einzeln gestellten Rechnungsbeträgen genannt: Firma Hans Siegmund; Arbeitsgemeinschaft Möhle Schwitzlein/Munkert/Beichle (16.800 RM); Nürnberger Firma Georg Radlmeier; Hans Rödl Nürnberg; Dyckerhoff & Widmann Nürnberg (9.430 RM); Konrad Winkler Nürnberg (4.326 RM); Andreas Munkert Nürnberg (3.250 RM). Maurer Friedrich Haussen (9.778 RM) und A. Wittmann (13.171 RM), Zimmerei Karl Wagner (2.218 RM) und Hans Schneider (3.215 RM), Dachdecker Arthur Limmer (725 RM), Installateure M. Wurzbacher (1.169 RM ), Paul Fuchs (1.357 RM), Platten für Flugzeughalle: O. Haller (2.495 RM), H. Ulrich (2.100 RM). Flughafen: Maurerarbeiten Friedrich Haussen (9.778 RM). 122 Konrad Weih (15.757 RM), Konrad Kamm (30.303 RM), Hans Röthlingshöfer (9.041 RM). 46 umfangreiche Kanalbauarbeiten.123 Das Elektrizitätswerk rechnete für die Beleuchtung der verschiedenen Schauplätze (Luitpodarena, Festhalle, Stadionanlagen, Russenwiese, Massenquartiere) mit Ausgaben für den Reichsparteitag 1934 bis 350.000 RM.124 Die Liste mit weiteren Aufwendungen liesse sich fortsetzen.

5.1.3. Städtische Haushalte 1933 und 1934 Für das Rechnungsjahr 1933 ist im städtischen Haushalt ein Fehlbetrag von 2.032.676 RM verzeichnet. Im Vergleich zum Vorjahr (Defizit des Haushalt 1932 von fast 5 Millionen RM) bedeutete dies eine Verringerung des städtischen Defizit um 2.782.840.95 RM, d.h. mehr als die Hälfte.125 Im November verabschiedete die Stadt einen ausgeglichenen Nachtragshaushalt.126 Möglich war dies aufgrund des allgemeinen wirtschaftlichen Aufwärtstrends im Deutschen Reich, der sich auch in den gestiegenen Steuereinnahmen widerspiegelte. Sie betrugen für die Stadt Nürnberg 22.905.240 RM (Grund-, Haus-, Lohn-, Reichseinkommens-, Körperschafts-, Vermögens-, Gewerbe-, Haustiersteuer).127 Hinzu kam Maßnahmen, die den ideologischen Prämissen des NS-Regimes geschuldet waren. Zum Beispiel erfolgte als kommunale „Sparmaßnahme“ eine drastische Kürzung der Richtsätze der wirtschaftlichen Fürsorge. Sogenannte „asoziale Unterstützungsempfänger“ wurden zur Pflichtarbeit gezwungen. Die Ausgaben für die Wandererfürsorge in Nürnberg sanken von 84.692 RM 1932/33 auf 46.619 RM 1933/34, auf 30.824 RM für 1934/35 und 7.788 RM 1938/39. Auch beim sozialen Wohnungsbau wurde der Rotstift angesetzt.128

123 StadtAN, C 14, 67: Zerzabelshofstraße A. und G. Werner (6.478 RM), Tiergarten und Bayernstraße K. Endres (19.699 RM). 124 StadtAN C 7/919: RPT 1934. Übersicht über die von Ref. I vorzulegenden Anmeldungen zum Haushaltsplan 1934/35, die den Reichsparteitag der NSDAP betreffen, 8.1.1934. 125 StadtAN Av Per 18: Rechenschaftsbericht 1934/1935, S. 7. 126 StadtAN Av Per 18: Rechenschaftsbericht 1933/1934, S. 36. Die NS-Stadtregierung versuchte diesen Trend sofort propagandistisch für sich zu reklamieren. Dort heißt es: „In schweren Finanzsorgen und in einer schier unübersehbaren Fülle von Finanzproblemen hatte die nationalsozialistische Partei und ihr Sachverwalter, Oberbürgermeister Liebel, die Leitung der Stadt übernommen und nach Umfluß eines Jahres sind bei harter Sparsamkeit und kühner Initiative die Finanzsorgen einer völlig geordneten Haushalts- und Kassenlage gewichen.“ (ebenda, S. 37). 127 StadtAN, Av Per 20.2: Haushaltsplan der Stadt Nürnberg 1933: Davon betrugen die Gewerbesteuern 1.916.489 RM. StadtAN C 32 Z/RPT 1935-1955/22. Als weitere Angaben zu Steuereinnahmen vor: gemeindliche Biersteuer 27.500 RM, Getränkesteuer 5.100 RM, Vergnügungssteuer 12.757 RM. StadtAN C 7/883: RPT 1933, Allgemeines. Für den Reichsparteitag 1933 lehnte der Stadtrat aus rechtlichen Gründen eine Aufhebung der Biersteuer für die SA und SS ab. Als Ausgleich erhielten die beiden NS-Gliederungen von der Stadt 10.000 RM. 128 Eva Strauß: Wandererfürsorge in Bayern 1918 bis 1945 unter besonderer Berücksichtigung Nürnbergs, a.a.O., Tabelle 11, S. 147. 1933 gab es in Nürnberg einen Fehlbestand von 12.500 Wohnungen. Vgl. Christian Koch: Bauen in Nürnberg 1933-1945. In Michael Diefenbacher (Hg.): Ausstellungskatalog des Stadtarchivs Nürnberg, Nr. 10. Bauen in Nürnberg 1933-1945. Architektur und Bauformen im Nationalsozialismus. Nürnberg 1995, S. 18. 47

Der Haushaltsplan für 1934/35 (1.4.1934 - 31.3.1935) scheint überraschend positiv. Einnahmen und Ausgaben schlossen ohne Fehlbetrag mit 102.112.451 RM ab. Die Steuereinnahmen beliefen sich auf 24 Millionen bzw. 25 Millionen RM.129 Die NS-Propaganda schlachtete diese Bilanz auch für ihre völkische Politik aus. „Die Erfolge der wirtschaftsbelebenden Maßnahmen brachten eine Festigung der Einnahmen und vor allem eine Entlastung in den Fürsorgeausgaben. Während zu Beginn des Vorjahres noch mit 37.650 Unterstützungsempfängern gerechnet werden musste, ist für 1934 die Höchstzahl mit 25.350 angesetzt worden; die Zahl der Arbeitslosen konnte in diesem Zeitraum von 25.879 auf 15.262 gesenkt und dadurch eine Verbesserung des Haushalts um über 2 ¾ Millionen erzielt werden.(…)“.130

5.1.4. Kostenexplosion durch Kongreßhallenprojekt Alle Bemühungen um eine Handhabung der erforderlichen Finanzmittel für die Propagandaspektakel wurden jedoch durch das ehrgeizige Projekt einer neuen Kongreßhalle konterkarriert. Als Monumentalbau anvisiert, sollte sie den Veranstaltungsort Luitpoldhalle für Tagungen der NSDAP ersetzen. Sie hatte sich mit einem Fassungsvermögen von maximal 20.000 Personen als unzureichend für die Anforderungen bei Reichsparteitagen erwiesen. Das Ganze war eine städtische Initiative. Sie führte zu einer Kostenexplosion in bis dahin unerreichte Dimensionen. Vieles spricht dafür, dass Oberbürgermeister Willy Liebel sich den Weg dafür an Hitler vorbei im Reichsfinanzministerium ebnete.131 Im Januar 1934 brachte Liebel in Berlin eine erste finanzielle Größenordnung von 8 bis 9 Millionen RM ins Spiel. Er erhielt als Zusage 4 Millionen RM. Davon waren 1,8 Millionen

Vgl. auch Gerd Dieter Liedtke: Parteitagsbauten und Wohnungsnot, Bauen gegen den Bedarf. In Centrum Industriekultur (Hg.): Unterm Hakenkreuz, Nürnberg 1993, S. 98-115. Vgl. Matthias Klaus Braun: Hitlers liebster Bürgermeister: Willy Liebel, a.a.O., S. 383. Oberbürgermeister Liebel senkte einerseits die Richtsätze der Wohlfahrtsunterstützung und verringerte andererseits den Kreis der Berechtigten. 129 Staatsarchiv Nürnberg 15.5. Statistische Jahrbücher 4 P 3632: 1934: Kämmerei-Betriebsrechnung Steuereinnahmen: 24.314.364 RM. In der Summe von 102.112.451 RM waren neben den Etats für die Verwaltung und anderen Posten als Kosten für die Instandhaltung und Pflege der Versammlungsstätten für den Reichsparteitag 549.960 RM vorgesehen: StadtAN Av Per 18: Rechenschaftsbericht 1934/1935, S. 10. StadtAN Av Per 20.4: Haushaltspläne der Stadt Nürnberg 1933-1938. Die Steuereinnahmen für 1934 betrugen danach 25.155.700 RM. 130 StadtAN, Av Per 20.2: Haushaltsplan der Stadt Nürnberg für das Rechnungsjahr 1934, S. 2-3. Vgl. StadtAN Stadtchronik 1934, S. 329. 131 Darstellung nach Yasmin Doosry: „Wohlauf, laßt uns eine Stadt und einen Turm bauen...“, a.a.O., S. 355-361. Eckart Dietzfelbinger: Aus Stein gebauter Grössenwahn. Baugeschichte der Kongreßhalle 1935-1945. In: Hans-Christian Täubrich (Hg. für die Museen der Stadt Nürnberg), Die Kongreßhalle Nürnberg. Architektur und Geschichte. Schriftenreihe der Museen der Stadt Nürnberg – Band 5, Petersberg 2014, S. 25-47. 48

RM für die Ausgestaltung des Luitpoldhaines und die Instandsetzung der Luitpoldhalle, Aufwendungen für das Stadion und die Zeppelinwiese sowie für die Erweiterung der Infrastruktur (Straßenbahnverkehr) vorgesehen. Der Restbetrag von 2,2 Millionen RM war als Teilbetrag für den Bau der Kongreßhalle gedacht unter der Bedingung, das dafür erforderliche Gelände kostenlos zur Verfügung zu stellen mit der Übernahme der Restfinanzierung von der NSDAP. Interessant dabei ist die Konstruktion, in der dieser extrem hohe Betrag formal als Darlehen deklariert, tatsächlich aber als ein „Geschenk“ – d.h. als Anschubfinanzierung für bereits abzusehende zigfache Millionenbeträge künftiger Bauvorhaben für die Reichsparteitage – durchging. Wörtlich heißt es im Protokoll vom 1. Februar 1934: „Herr Staatssekretär Reinhardt erklärte sich bereit, der Stadt Nürnberg aus der „Spende zur Förderung der nationalen Arbeit“ einen Betrag von 4 Millionen RM als unverzinsliches Darlehen zur Verfügung zu stellen, wobei jedoch Übereinstimmung dahingehend bestand, dass die Darlehensform nur mit Rücksicht auf den Wortlaut des § 4 des Gesetzes vom 1. Juni 1933 („Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit“ – S.G.) gewählt wird und dass eine Rückzahlung des Darlehens nicht gefordert werden wird, d.h. dass die Schuld nach Ablauf einiger Jahre niedergeschlagen wird.“ 132 Der gewonnene Handlungsspielraum veranlasste Liebel, am 29. März 1934 den renommierten Architekten Ludwig Ruff, der in Nürnberg lebte, mit der Konzeption eines Vorprojektes für die Kongreßhalle zu beauftragen. Er legte sie nach Rücksprache mit Hitler im antikisierenden Monumentalstil an. Im Innenraum des Hauptbaus sollten bei den Parteikongressen bis zu 60.000 Menschen Platz finden.133 Anlässlich eines Besuches Hitlers am 25. April 1934 intervenierte die NS-Stadtspitze bei ihm wegen der Finanzierung. Er verwies sie an das Reichsfinanzministerium. Dort erreichte Eickemeyer im Mai die Verdoppelung der oben genannten Spende auf 8 Millionen RM „zur Errichtung der Kongreßhalle in Nürnberg“. Staatssekretär Reinhardt rechtfertigte diesen ernormen Betrag zum einen damit, dass die Realisierung des geplanten Monumentalbaus

132 BAK R2 18722, Fiche 6, 18741 Fiche 6,7. Niederschrift 29.1.1934 Berlin. Vgl. Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S. 64. 133 StadtAN, C 32 Z/RPT 1935-1955/340: Raumprogramm Kongreßhalle, 7.4.1934. Ergänzungen (von Franz Ruff) dazu 20.9., 27.9., 24.11., 14.12.1934 und Oktober 1936. Ludwig Ruff, geb. 29.5.1878, gest. 15.8.1934. 1894 Studium an der TU München. 1903 Architekt bei der bayerischen Armee. 1905 Freier Architekt in Regensburg und Straubing. 1908 Umzug nach Nürnberg. 1911 Ernennung zum Professor. Entwarf zahlreiche Wohnanlagen und Bauten in Nürnberg (Gartenstadt Werderau, Umbau des Apollo-Theaters, Phoebus-Palast, Café Wanner) und anderen Städten. Thomas Heyden: Ludwig Ruff (1878-1934): „Des Führers zweiter Baumeister“. In: Michael Diefenbacher (Hg.), Ausstellungskatalog des Stadtarchivs Nürnberg Nr. 10 Bauen in Nürnberg 1933- 1945. Architektur und Bauformen im Nationalsozialismus, Nürnberg 1995, S. 180-202. 49 mehrere Jahre dauern werde; erste Schätzungen dafür beliefen sich auf bis zu 10 Millionen RM. Zum anderen seien mittels der Verlängerungsfrist der Straffreiheit von Steuerhinterziehern für die „Spende zur Förderung der nationalen Arbeit“ noch größere Beträge aufgelaufen, deren Verwendung noch nicht verplant war und damit abrufbar waren. Er sei der Meinung, dass nach Zusicherung dieses Zuschusses von 8 Millionen RM unbedenklich mit dem Bau begonnen werden könne. Am 1. Juni 1934 bewilligte Hitler bei einer Besprechung in der Reichskanzlei mit Liebels Stellvertreter Walter Eickemeyer, Gauleiter Julius Streicher und Ludwig Ruff die Realisierung des Entwurfes.134

5.2. Die Reichsparteitage 1935 bis 1938

Gründung des „Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg“

„Die Ausgestaltung der Stadt Nürnberg für den Reichsparteitag erfordert so erhebliche Aufwendungen, daß die Stadt nicht in der Lage ist, alleiniger Träger für die Durchführung dieser Baupläne zu sein. Es müssen die Versammlungsplätze erweitert und vergrößert, die Holztribünen beseitigt und durch Steintribünen ersetzt, neue Straßenanlagen, insbesondere Aufmarschstraßen geschaffen, die große Kongreßhalle gebaut, die ganze Anlage des Dutzendteiches einschließlich des Tiergartens vollkommen umgeändert und dort große Lagerplätze und eine Kulturhalle errichtet werden. Die Stadt Nürnberg hat daher angeregt, zur Erfüllung dieser Aufgaben einen neuen Lastenträger zu schaffen, dem die NSDAP, das Reich, das Land Bayern und die Stadt Nürnberg angehören sollen. Diese vier Beteiligten werden durch das Gesetz zu einem Zweckverband zusammengeschlossen, der eine Körperschaft des öffentlichen Rechts bilden und seinen Sitz in Nürnberg haben soll. Der Zweckverband soll die Kosten der weiteren Bauausführungen tragen, während der Aufwand der Vergangenheit außer Betracht bleiben soll.“

Mit dieser Begründung für das Gesetz über den „Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg“ (ZRN) vom 29. März 1935 ist rückblickend die erfolgreiche Strategie der Stadt Nürnberg umschrieben, angesichts der Entgrenzung der Kosten für die Kongreßhalle als auch künftiger Parteitagsanlagen mittels intensiver Diplomatie im Reichsfinanzministerium und weiteren Dienststellen des NS-Staates bis hin zu Hitler alle diesbezüglichen Ausgaben dem ZRN

134 BAK R2 18741 Fiche 7: „Sondervermögen III; Spende zur Förderung der nationalen Arbeit“. Abschrift Reichsministerium der Finanzen vom 9.6.1934. StadtAN C 7/917: RPT 1934. Niederschrift 18.5.1934 im Reichsfinanzministerium. StadtAN, C 32 Z/RPT 1935-1955/340: Niederschrift 2.6.1934 „über die Vorlage des Entwurfs des Professors Ruff zur Kongreßhalle Nürnberg vor dem Führer in der Reichskanzlei“. 50 aufzubürden. Sie findet sich in einem im darauffolgenden Jahr publizierten Artikel im Zentralorgan „Deutsches Recht“ des Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Juristen zur Vorstellung und Erläuterung der Aufgaben des ZRN. Verfasser war Willy Liebel.135 Nach seinen Angaben sprach die Stadtverwaltung erstmals im Oktober 1934 wegen der Gründung des ZRN bei Hitler vor. Den Antrag für den Erlass eines entsprechenden Gesetzes zu seiner Schaffung stellte sie am 14. Dezember an die „Kanzlei des Führers“, der für persönlich an Hitler wie als Parteichef der NSDAP gerichteten Anliegen zuständigen Amtsstelle. Dieser stimmte nach Gesprächen mit Reichsschatzmeister Schwarz, dem bayerischen Innenminister Adolf Wagner, Staatssekretär Reinhardt, dem Architekt Albert Speer und anderen noch am Jahresende der Gründung zu. Als Hauptaufgabe des ZRN definierte das Gesetz die „Errichtung und Unterhaltung“ sowie den Betrieb „der Anlagen, Gebäude und sonstigen Einrichtungen für den Reichsparteitag in Nürnberg“ mit Sitz ebenda. Die Stadt stellte dafür ihren Verwaltungsapparat zur Verfügung. Zum Leiter des ZRN bestimmte Hitler den Reichsminister ohne Geschäftsbereich, Hanns Kerrl, als Stellvertreter Adolf Wagner. Die Geschäftsführung lag bei Oberbürgermeister Willy Liebel.136

Neben der Funktion als Lastenträger lässt sich die Gründung des ZRN per Gesetz noch auf einen zweites Motiv zurückführen, das ebenfalls 1934 entstand: der megalomanen Visionen des NS-Regimes, insbesondere Hitlers, von Staats- und Parteiarchitektur. Sie sollte imponieren wie einschüchtern und den imperialistischen Führungsanspruch des NS-Regimes

135 Willy Liebel: Der „Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg“, Körperschaft des öffentlichen Rechts. In: „Deutsches Recht“. Zentralorgan des Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Juristen, Hg. Dr. Hans Frank. 5. Jahrgang 1935, S. 448-452. Gesetzestext auf S. 449/450, Zitat auf S. 450. BA R2 11901: Dokumente zur Entstehung des ZRN-Gesetzes. Fiche 1: Reichsfinanzministerium, Abt. 1 Gruppe Inlandswesen Allgemeines. Bericht vom 6.12.1934 über Besuch Eickemeyers in Berlin wegen der Absicht, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts wegen der Finanzierung zu gründen. gez. Herting. 136 Reichsgesetzblatt Teil I, 1935, Nr. 37, S. 459/460: Gesetz über den „Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg“. Vom 29. März 1935. Zur Tätigkeit des ZRN: Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S. 50-106. Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O., S. 87-90. Hanns Kerrl, geb. 11. 12.1887, gest. 14.12.1941. Parteieintritt 29.3.1926, Mitgliedsnr. 35025; SA- Eintritt am 1.3.1933. 1928-1933 Abgeordneter des preußischen Landtags. 1932 Landtagspräsident. 21.4.1933 - 17.6.1934 preußischer Justizminister. November 1933 Mitglied des Reichstages. 1934 Ernennung zum Minister ohne Geschäftsbereich. 1935 Ernennung zum Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten. Leiter des ZRN 1935 - 1941. Adolf Wagner, Politiker, geb. 1.10.1890, gest. 12.4.1944. Mitgliedsnr. 11330. Gehörte zu Hitlers frühen Kampfgefährten. 1924 Mitglied des bayerischen Landtages. 1929 Gauleiter der NSDAP für München-Oberbayern. 1933 Ernennung durch Hitler zum Staatskommissar für Bayern, Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident. Mitglied des Deutschen Reichstages. 1935 Beauftragter für die Reichsreform im Stab des „Stellvertreters des Führers“ im Braunen Haus in München. 1936 Staatsminister für Unterricht und Kultus. 1939 Reichsverteidigungskommissar für die Wehrkreise VII und XIII. Nach seinem Tod 1944 wurde er bei den „Ehrentempeln“ am Königsplatz in München beigesetzt. 51

über Europa und letztlich die Welt symbolisieren.137 1934 drängte Hitler auf eine Erweiterung der Aufmarschplätze am Dutzendteich und die Schaffung entsprechender Versammlungsareale. Den Auftrag für die Erstellung eines Gesamtentwurfes für das „Reichsparteitaggelände“ erhielt der Architekt Albert Speer.138 Er legte ihn in achsensymmetrischer Ausrichtung entlang einer Großen Straße an. Die Gesamtfläche von 11 Quadratkilometer teilte er in eine Monumentalbauzone mit Zeppelintribüne, Städtisches Stadion, Kongreßhalle, Luitpoldhain, Deutsches Stadion und Märzfeld sowie eine Lagerzone mit großen Zeltstädten und Baracken für die verschiedenen teilnehmenden NS-Gliederungen wie SA, SS, Hitlerjugend und die Wehrmacht. Speers Entwurf hatte die weitgehende Zerstörung des attraktiven Naherholungs- und Freizeitgebietes um den Dutzendteich zur Folge. In den bewusst überdimensioniert konzipierten Parteitagsbauten – allein das Deutsche Stadion sollte 400.000 Zuschauern Platz bieten – war das einzelne Individuum nur noch ein winziges Ornament und mit zehntausenden anderen zum „Füllmaterial“ degradiert, zur Huldigung der Mythen des „Führerkults“ wie der „Volksgemeinschaft“ als einer Blut-, Willens- und Schicksalsgemeinschaft für den geplanten Krieg.139

5.2.1. Ungelöste Finanzierung Von 1935 bis 1938 tagte der ZRN-Verwaltungsrat achtmal. Dabei ging es vor allem um Ent- scheidungen für Baumaßnahmen auf dem Reichsparteitagsgelände, Auftragsvergaben, Vertragsabschlüsse, Grundstücksangelegenheiten und Finanzierungsmöglichkeiten mittels der Aufstellung ordentlicher und außerordentlicher Haushaltspläne.140 Verantwortlich dafür zeichnete die Geschäftsführung unter Leitung von Finanzreferent Walter Eickemeyer. Über die Pläne befand Hanns Kerrl als Leiter des ZRN. Der städtische Vergebungsausschuss erteilte nach Angaben von Hochbaureferent Brugmann

137 Jochen Thies: Hitler – Architekt der Weltherrschaft. In: Bernd Ogan, Wolfgang Weiß (Hg.): Faszination und Gewalt. Zur politischen Ästhetik des Nationalsozialismus, Nürnberg 1992, S. 177- 196. Joachim Petsch: Architektur als Weltanschauung. Die Staats- und Parteiarchitektur im National- sozialismus. In: Ebenda, S. 197-204. Paul B. Jaskot:The Architecture of Oppression. The SS, Forced Labor and the Nazi Monumental Building Economy, London 1999. 138 StadtAN C 32 Z/RPT 1935-1955/8: Organisation und allgemeine Verwaltung. Vertragstext vom 5.12.1935 zwischen Albert Speer und dem ZRN. 40.000 RM Jahreshonorar bis 31.12.1942; 3.000 RM Monatshonorar für Mitarbeiter auf die Dauer von acht Jahren; 1.500 RM Monatsvergütung für Bü- rokosten. 1936 wurde das Jahreshonorar auf 54.000 RM erhöht. 139 Hans Günter Hockerts, Führermythos und Führerkult. In: Volker Dahm, Albert A. Feiber, Hartmut Mehringer, Horst Möller (Hg.): Die tödliche Utopie. Bilder, Texte, Dokumente, Daten zum Dritten Reich. 6. durchgesehene Auflage, München 2011, S. 189-203. Volker Dahm: Die „deutscheVolksgemeinschaft“ und ihre Organisationen. In: Ebenda, S. 213 ff. 140 StadtAN C 32 Z/RPT 1935-1955/1.1.2 4-27: Sitzungen des Verwaltungsrates des ZRN (Protokolle usw.). 52 in der Zeit vom 20. Oktober 1935 bis Ende Februar 1936 Aufträge im Wert von 7 Millionen RM, davon an auswärtige Firmen 3 Millionen RM. 1936 fanden für den ZRN 1280 Arbeitsübertragungen für rund 70 Millionen Reichsmark statt; hiervon fielen auf auswärtige Unternehmungen 57,4 Millionen, auf Nürnberger Unternehmer 12,6 Millionen.141 Zu den Aufträgen, die das Hochbauamt (H III) für den Reichsparteitag 1937 vergab, existiert ein dreiseitiges Verzeichnis Nürnberger Firmen, allerdings ohne Angabe von Auftragsart und Kosten. Namentlich aufgeführt sind darin 44 Installateure, 32 Zimmermeister, 2 Malermei- ster, 1 Schlossermeister, 1 Baumeister, 1 Bauunternehmung und 1 Schreinermeister.142 1938 wurden für den Ausbau des Reichsparteitagsgeländes 2.370 Arbeitsaufträge und Lieferungen an Baufirmen im Betrag von 61.846.300 RM erteilt.143 Die Stadt Nürnberg richtete in ihrem Verwaltungsapparat für den ZRN eigene Abteilungen für die Bauorganisation ein und bereitete die Vergabe von Lieferungen und Leistungen vor. Sie besaß Weisungsbefugnis für die erforderlichen Personaleinstellungen auf Rechnung des ZRN. Dieser sollte zunächst nicht als Arbeitgeber in Erscheinung treten, seine Abteilungen in der Stadtverwaltung bestanden bis 1940 nicht als eigenständige Behörde.144

Die Finanzierung der ZRN-Bauten blieb ein Desaster, die Schätzungen für die Gesamtkosten überschlugen sich. Im Dezember 1934 nannte Eickemeyer eine Summe von 60 bis 80 Millio- nen RM. Im Sommer 1935 setzte der Architekt Franz Ruff, der nach dem Tod seines Vaters Ludwig Ruff mit der „Bau-Oberleitung“ für die Kongreßhalle beauftragt worden war, nach

141 Alle Zahlenangaben aus StadtAN C 14, 2: Sitzung 11. März 1936, Rathaus; Vermerk 13.7.1937. 142 StadtAN C 7/948: RPT 1937. datiert: 26. 8.1937, gez. Städtisches Hochbauamt (Auftragsart und Kosten sind nicht aufgeführt). Installateure: Althoff, Heinrich; Bott, August; Braun, Georg; Barfus, Heinrich; Baumann, Otto; Dippold, Andreas; Dienstbier, Fritz; Dumbeck, Johann; Dietz, Karl, Ant; Felsch, Friedr.; Forster, Friedr.; Gräfensteiner, Paul; Großhäuser, Fritz; Greißel, Konrad; Haubner, Hans; Jakob, Heinrich; Kellermann, Erhard; Künneth, Christ.; Leykam, Georg; Leopold, Jos. Adam; Lang, Heinrich, Maul, Hans; Müller, Max; Oertel, Wilhelm; Odörfer, Philipp, Pöllmann, Philipp; Röschinger, Karl; Reß, Leo Wilh.; Raum, Johann; Raetze, Max; Reitz, Karl; Stärker, Hans; Schmitt, Käthe; Scheller, Joh. Gg.; Seyferth, Johann; Schlundt, Albert; Winter, Georg; Ziegler, Martin; Ziegler, Hans Gg.; Golloch, Julius; Bickel, Julius; Vogt, Jakob./ Zimmermeister: Bauer, Mich. Söhne; Bauer, Christoph; Britting; Ludwig; Deinlein & Theisen; Forstmeyer, Aug.; Fleischmann Georg; Haggenmüller, Gg.; Kraußer, Michael; Klein, Jakob; Loos, Johann; Lindstadt, Heinrich; Nägelein, Johann; Pachtner, Ludwig; Pickel, Jos. Joh.; Remlein, Heinrich; Reif, Adolf; Roder, Johann; Stünzendorfer, Joh.; Schliermann, Theodor; Schrepfer, Georg; Schmidt, Johann; Schmidt, Karl; Schneider, Hans; Schmidt, Fritz; Trapp, Jakob; Untheim, Hans; Walther, Georg; Wendinger, Hans; Wagner, Karl; Wackersreuther, Heinrich; Weigand, Hans G.; Wunner, Lorenz; Bauunternehmung: Bauproduktiv-Genossenschaft/ Baumeister: Saueressig Gg. H./ Schreinermeister: Deinzer, Paul/ Schlossermeister: Trager, Friedrich/ Malermeister: Kenner, Johannes; Reuß, Ludwig. 143 StadtAN C 14, 96: Vermerk vom 11.5.1939. 144 Eckart Dietzfelbinger: Bauen für die Ewigkeit: das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. In: Museen der Stadt Nbg. (Hg.), Schriftenreihe des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände, Band 2, Nürnberg 2002, S. 263. StadtAN Av Per 269: Verzeichnis der Fernsprechstellen der Stadtverwaltung, April 1939. 53

Besprechungen mit Hitler und eigenen Berechnungen die Bausumme allein für diesen Monu- mentalbau auf 60 und 70 Millionen RM an; später in einer Größenordnung zwischen 80 und mehr als 200 Millionen RM. 1938 wurden die Gesamtkosten für das Reichsparteitagsgelände mit mindestens 600 Millionen RM veranschlagt. Tatsächlich dürften sie weit über 1 Milliarde RM gelegen haben.145 Die kumulative Entgrenzung der Kosten machte es kaum möglich, einen Gesamtfinanzierungsplan oder eine Gesamtabrechnung für den Bau des Reichsparteitagsgeländes zu erstellen. Wiederholte Aufforderungen des Reichsfinanzministeriums an ZRN-Leiter Kerrl, dies zu tun, blieben erfolglos. Schließlich untersagte Albert Speer nach Rücksprache mit verschiedenen Abteilungen des Hochbauamtes generell „angesichts der herrschende Materialknappheit und des ständigen Mangels an Arbeitskräften“ jegliche Veröffentlichungen über diesbezügliche Vorbereitungen und Planungen.146

Das am 4. Oktober 1937 verabschiedete „Gesetz über die Neugestaltung deutscher Städte“,147 das die pseudolegale Grundlage für das nationalsozialistische Bauprogramm bildete, stellte aus der Sicht von Oberbürgermeister Willy Liebel Grundlage und Ziel für eine Neu- und Umgestaltung Nürnbergs im engeren und weiteren Stadtbild dar. Er sah es als ein Instrument, um die „Lösung der großen Verkehrsprobleme“, die sich regelmäßig während der Reichsparteitage einstellten, ebenso die „Ausgestaltung der Stadtplanung in allen übrigen Teilen des Stadtgebietes“ und die „Erhaltung der Schönheiten der Altstadt“ nach den

145 BA R2 11901: Vermerk betreffend die Finanzierung des ZRN vom 22.6.1938. BA NS 1/426/1: Vorlage 13: Nachtrag zu den Vereinbarungen mit dem Atelier Prof. Ludwig Ruff Flaschenhofstraße 35, 27.6.1935. Betr.: Architektenhonorar Kongreßbau Nürnberg. Franz Ruff, Architekt. Geb. 24.2.1906, gest. 5.5.1979. 1923-1926. Studium an der Bauschule Nürnberg und an den Technischen Hochschulen in Berlin und Stuttgart. Arbeitete von 1932-1934 im Büro seines Vaters. 1934 Fortführung der Planung der Kongreßhalle nach dem Tod des Vaters; 1935-1937 Planung Hotel „Deutscher Hof“, Umbau eines Verwaltungsgebäudes zum Hotel, 1937-1939 Bau der SS-Kaserne am Rande des Reichsparteitagsgeländes; 1939 Hotel „Deutscher Hof“, Bau III (Weidenkellerstraße 6) /Erweiterung; 1940 Ernennung zum außerordentlichen Professor an der Akademie der bildenden Künste. 1945-1946 Spruchkammerverfahren; nach Berufungsverfahren als „Mitläufer“ eingestuft. Arbeitete und lebte bis 1967 in Nürnberg. Parteieintritt 1.5.1933, Mitgliedsnr. 2617326, Ortsgruppe Nürnberg-Mittelfranken. Mitglied der SA von seit 1934, 1939 Ernennung zum Hauptsturmführer. Mitgliedschaften in: Reichsbund der Deutschen Beamten (RDB) 1940-1945; Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) 1937-1945; Nationalsozialistischer Lehrerbund (NSLB) 1934-1940; Nationalsozialistischer Reichsbund für Leibesübungen (NSRL); Nationalsozialistischer Deutscher Dozentenbund (NSDDB); Nationalsozialistischer Altherrenbund 1940-1945; Deutsche Jägerschaft 1937-1945; Reichskammer der bildenden Künste bis 1945. Verleihung des Kriegsverdienstkreuzes 2. Klasse ohne Schwerter am 30.1.1943. Angaben nach: Eckart Dietzfelbinger: Aus Stein gebauter Grössenwahn, a.a.O., Fn. 24, S. 44. 146 StadtAN C 7/976: Vermerk vom 6.5.1939. 147 Reichsgesetzblatt Teil I, 1935, Nr. 37, S. 1054/55. 54 ideologischen Vorgaben des Nationalsozialismus zu verwirklichen.148 Die Finanzierung dafür sollte keinesfalls die Kommune Nürnberg alleine tragen. In diesem Sinn stellte er zwischen dem 23. Juli 1938 und dem 19. Juli 1939 insgesamt sechs Projektanträge, die der Leiter des ZRN, Reichsminister Kerrl, in Berlin genehmigte.149 Die vier Mitglieder – NSDAP, Deutsches Reich, Land Bayern, Stadt Nürnberg – konnten sich nicht auf ein gemeinsames Verfahren für eine arbeitsteilige Übernahme der Kosten einigen. Im ZRN-Gesetz hieß es zur Finanzierung lapidar: „§ 7. Die Kosten des Zweckverbandes werden durch Spenden und Beiträge aufgebracht. § 8. Der Zweckverband ist von öffentlichen Abgaben, Stempeln und Gebühren befreit.“

Nichtsdestoweniger musste der Verwaltungsrat die Entscheidungen über den Fortgang des Reichsparteitagsgeländes treffen. Nach langem Hin und Her fiel dem Deutschen Reich die Rolle als eigentlicher Kostenträger dafür zu. Bis Ende August 1938 hatte es dafür mittels der Öffa, der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenfürsorge, den Ersatzleistungen aus dem Reichsstraßenbaufonds und den Beiträgen des Reichskriegsministeriums 114,7 Millionen RM aufgebracht. Von der NSDAP kamen 45 Millionen, von der Deutschen Ar- beitsfront 10 Millionen RM. Als zu Beginn des Oktober 1939 wegen des Krieges die Einstel- lung der Bauarbeiten auf dem Reichsparteitagsgelände erfolgte, hatte der ZRN diesbezügliche Verträge im Wert von 204.605.593 RM übernommen. Diese Summe stellte lediglich einen Bruchteil der Gesamtkosten dar, die sich nicht wegdiskutieren ließen. Denn Hitler hatte kurz zuvor die Weiterbeschäftigung der Steinbrüche und Steinbearbeitungsbetriebe zumindest im bisherigen Leistungsrahmen betreffend das Reichsparteitagsgelände anweisen lassen. Im November 1939 erklärte sich das Reichsfinanzministerium bereit, für die Bauten des ZRN auf die Dauer von 10 Jahren je 40 Millionen RM zur Verfügung zu stellen, rückwirkend vom Rechnungsjahr 1938. Es kürzte diesen Betrag im Verlauf des Krieges auf zwölf Millionen Reichsmark.150 So konnte die Finanzierung für das NS-Bauprogramm, dessen Renommierprojekt betreffend

148 Alexander Schmidt: Saubere Altstadt. „Entschandelung“ und Zerstörung der Nürnberger Altstadt im Nationalsozialismus. In Michael Diefenbacher (Hg.): Ausstellungskatalog des Stadtarchivs Nürnberg, Nr. 10. Bauen in Nürnberg 1933-1945, a.a.O., S. 130-151. 149 StadtAN, C 7/4670: Brief von Oberbürgermeister Willy Liebel an den Reichsminister der Finanzen vom 18.11.1938. 150 BA, R2/11901: Vermerk vom Februar 1939 über Einnahmen und Ausgaben der ZRN-Bauten seit 1935. Brief von Oberbürgermeister Liebel an Staatssekretär Reinhardt vom 30.9.1939, in dem die Weisung Hitlers erwähnt wird. Vermerk vom 20.10.1939 im Finanzministerium über Geldmittel für den ZRN über mehr als 40.000.000 RM und monatliche Kosten für Unterhalt und Sicherung der Baustellen von 150.000 - 170.000 RM. Vermerk vom 21.11.1939 im Finanzministerium: „Für die Bauten des ZRN stellt das Reich auf die Dauer von 10 Jahren je 40.000.000 RM zur Verfügung, und zwar vom Rechnungsjahr 1938 ab...“ 55

Partei- und Staatsarchitektur das Reichsparteitagsgelände war, nur durch Ausbeutung der mittels Krieg zu okkupierenden Länder realistisch erscheinen. Auf Anordnung Hitlers vom 23. August 1940 erließ Albert Speer einen Rechnungsstopp: „Abgesehen davon, dass es nicht möglich sein wird, auch nur annähernd einen Überblick über die Höhe der Gesamtkosten der Neugestaltungsmaßnahmen in Berlin, München, Nürnberg, , Linz usw. zu gewinnen, möchte auch der Führer derartige Untersuchungen nicht angestellt wissen.“ 151 Auf dem Reichsparteitagsgelände wurde bis 1943 sporadisch weitergebaut. Nach einer Prüfung des Deutsche Rechnungshof und der Stadtverwaltung Nürnberg im Mai und Juni 1944 betrugen die Gesamtausgaben des ZRN bis zum Stichtag 31. August 1943 285.428.276,18 RM und die Gesamteinnahmen 288.379.291,42 RM (positiver Überschuss 2.951.015,24 RM).152

5.2.2. Städtische Haushalte 1935 bis 1938 Mit der Konstituierung des Zweckverbandes, der als Bauherr betreffend das Reichsparteitagsgelände fungierte, war die Übertragung der städtischen Vermögensrechte und der Schuldvereinbarungen verbunden. Die Stadt Nürnberg musste ihm unentgeltlich Grundstücke mit einer Fläche von knapp 123 Hektar im Wert von circa 4,3 Millionen Reichsmark und weiteren städtischen Grundbesitz in einer Größenordnung von 106 Hektar im Wert von rund 2,5 Millionen Reichsmark zur Verfügung stellen.153 Mit Willy Liebel als Geschäftsführer und der Einbindung der städtischen Ämter zur Umsetzung der Beschlüsse des ZRN, insbesondere des Hochbauamtes unter der Leitung des Hochbaureferenten und Architekten Walter Brugmann, behielt die Stadt Nürnberg die Federführung bei den Baumaßnahmen. Sie ließ sich aufgrund der 1933 und 1934 gesammelten Erfahrungen als auch wegen der Bedienung der Schulden aus den Darlehen der Öffa von 565.250 RM bzw. 201.600 RM und des Siebert-Programms von 259.261 RM von 1934 nicht mehr zu einer Übernahme von Kosten für die Parteitagsanlagen bewegen.154

151 Erlass Hitlers vom 23.8.1940, zitiert nach: Jost Dülffer, Jochen Thies, Josef Henke: Hitlers Städte – Baupolitik im Dritten Reich, Köln/Wien 1978, S. 37. 152 StadtAN C 32 Z/RPT 1935-1955/1227: Protokoll vom 16.6.1941 über das Ergebnis der örtlichen Prüfung vom 31.5. - 16.6.1944. 153 StadtAN, C 35, Ref. II, 707: Schreiben des Beauftragten des bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, Wilhelm Lohrenz, 28.7.1976. 154 Die Stadt Nürnberg musste von Juli 1934 an die Öffa-Darlehen mit 4 % jährlich verzinsen. Nach drei tilgungsfreien Jahren sollten sie halbjährlich mit 2,46 % des ursprünglichen Darlehensnennbetrags bis 1952 abgetragen werden, wobei sich der Tilgungsbetrag im zweiten und in den späteren Halbjahren um die durch die fortschreitende Abzahlung ersparten Zinsen erhöhte. Das Darlehen aus dem Siebert-Programm war mit 4,5 % zu verzinsen und mit 2 % jährlich zuzüglich der durch fortschreitende Tilgung ersparten Zinsen bis 1961 abzulösen. Dies bedeutete für Nürnberg die Berücksichtigung der Öffa-Kredite in seinen Haushaltsplänen bis etwa Mitte 1937 mit 8.064,00 RM 56

Jährlich bezuschusste sie den Reichsparteitag mit ca. 200.000 RM. 1935 betrugen die städtischen Ausgaben dafür nach Abzug der eingenommenen Gelder 126.620 RM. Der städtische Haushalt 1935 verzeichnete 113.151.463 RM an Einnahmen, davon aus Steuern 29.779.735 RM, und 112.925.914 RM an Ausgaben.155 1936 betrugen die reinen Ausgaben der Stadt für den Reichsparteitag 149.461 RM. Sie übernahm die Kosten für den Ausbau des Straßenbahnsystems zum Reichsparteitagsgelände in Höhe von 3.265.000 RM und betreffend das Aktienkapitals der Tiergarten AG – der Zoo musste dem Bau der Kongreßhalle weichen und wurde an den Schmausenbuck verlegt – die Summe von 800.000 RM.156 Die Einnahmen des städtischen Haushalts betrugen 119.841.402 RM, davon aus Steuern 36.647.125 RM, die Ausgaben 119.492.542 RM. Der städtische Haushalt 1937 verzeichnete mit Einnahmen von 118.968.892 RM, davon 39.447.727 RM aus Steuern, Ausgaben von 118.185.808 RM ein ähnliches Budget. Im Haushalt von 1938 waren die Einnahmen und Ausgaben mit 133.382.481 RM, 42.465.131 RM aus Steuern und Ausgaben von 130.670.293 RM deutlich höher.157

Die Wirtschaftliche Entwicklung beschrieb Oberbürgermeister Willy Liebel in dem von ihm 1938 herausgegebenen Propagandaband „Fünf Jahre Stadt der Reichsparteitage Nürnberg. Ein Bericht über die nationalsozialistische Aufbauarbeit in der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg“ so: „In starkem Maße wurden öffentliche Aufträge an die Wirtschaft vergeben. In den ersten vier Jahren der nationalsozialistischen Regierung konnten von der Stadtverwaltung Aufträge an die Wirtschaft für etwa 150 Millionen RM ausgegeben werden.(…)“ Die genannte Zahl lässt sich allerdings schwerlich überprüfen.158 Ähnlich positiv vermerkte der Geschäftsbericht der Sparkasse zur Wirtschaftslage in und 22.610,04 RM Zinsen pro Jahr und von da an mit 17.982,00 RM und 50.476,80 RM Annuität. Das Darlehen aus dem bayerischen Arbeitsbeschaffungsprogramm war von Juli 1935 an jährlich mit 16.852,01 RM Zinsen zu bedienen. Angaben nach Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S. 64. Darlehenskonditionen in C 32 Z/RPT 1935-1955/ 4, Anlage zur Sitzungsbeilage III der 1. Sitzung des ZRN-Verwaltungsrats; C 32 Z/RPT 1935-1955/212, Anlagen zur Sitzungsbeilage III der 1. Sitzung des ZRN-Verwaltungsrats. 155 StadtAN C7/930: RPT 1935 Rechnungswesen. StadtAN C7/943: RPT 1936. Vermerk 4.7.1936; Zusammenstellung der Ausgaben für den Reichsparteitag 1936, 4.7.1936. Staatsarchiv Nürnberg, Statistische Jahrbücher 4 P 3632. Alle folgenden Angaben ebenda. Steuereinnahmen 1935 29.779.735 RM. 156 StadtAN, 32 Z/RPT 1935-1955/10: 4. Sitzung des ZRN-Verwaltungsrates am 22.2.1936, Vorlage 16. Das Land Bayern nahm für die verkehrstechnische Erschließung zwei Darlehen über 1.000.000 RM bei der Lebensversicherungsgesellschaft Bayern und der Bayerischen Staatsbank auf und übertrug sie der Stadt Nürnberg. Den Betrag von 1.265.000 RM wollte die Stadt durch Kredite beim Deutschen Versicherungskonzern in Berlin und der Bayerischen Staatsbank aufbringen. Angaben nach Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S. 89. 157 Staatsarchiv Nürnberg 15.5. Statistische Jahrbücher (4 P 3632). 158 Oberbürgermeister Willy Liebel (Hg.): Fünf Jahre Stadt der Reichsparteitage Nürnberg. Ein Bericht über die nationalsozialistische Aufbauarbeit in der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg“, Nürnberg 1938, S. 65. 57

Nürnberg für 1938: „Nürnbergs Industrie, Handel und Gewerbe sind voll beschäftigt. An die Stelle Tausender von Arbeitslosen früherer Jahre ist ein starker Mangel an Arbeitskräften getreten. Neben der Belebung der Wirtschaft auf allen Gebieten werden vor allem die großen Bauprojekte … auf Jahre hinaus Arbeit bringen. (…) hat der Wirtschaftsanstieg auch auf unsere Sparkasse befruchtend gewirkt. … Die Sparkasse hat besonders an das mittelständische Gewerbe, an kleinindustrielle Betriebe, Handwerker … wieder beträchtliche Hypothekendarlehen und Kredite ausgereicht.“ 159

1939 fand wegen dem Überfall auf Polen am 1. September kein Reichsparteitag mehr statt. Die Belegschaften auf den großen Baustellen des Reichsparteitagsgeländes – Kongreßhalle, Märzfeld, Deutsches Stadion – bestanden wegen der Einberufungen zur Wehrmacht nur noch aus wenigen Personen.160 Auf Anordnung Albert Speers wurden für die sporadisch in der Kriegszeit fortgeführten Bauarbeiten neben dem wenigen deutschen Personal Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene eingesetzt. Über ihre Verwendung bestimmte die Stadt Nürnberg.161 Als sich die militärische Niederlage des Deutschen Reiches abzuzeichnen begann, wurden sie zur Ausbeutung in der Rüstungsindustrie transferiert. Die Bauarbeiten auf dem Reichsparteitagsgelände kamen zum Erliegen.

Am Kriegsende im Mai 1945 bestanden noch nicht eingelöste Forderungen der Stadt aus der Verwaltungsführung des ZRN von 3.453.496,06 RM.162 Zusammen mit den nach seiner Gründung getätigten Aufwendungen betrug die Ausgabensumme mehr als 8 Millionen RM. Addiert man den Wert der unentgeltlich übertragenen Grundstücke dazu, beträgt das von der Stadt Nürnberg von 1935 bis 1945 für das Projekt Reichsparteitagsgelände getätigte Finanzvolumen mehr als 15 Millionen RM.163

159 BA NS 1/23. R 907/10124: Sparkasse Geschäftsbericht 1938 S. 5. 160 StadtAN, C 32 Z/RPT 1935-1955/582: Kongreßhalle/Hochbauten/Rohbauarbeiten/Personal - Soziales, 1939-1942. Aufstellung der an der Baustelle Kongreßhalle beschäftigten Arbeitskräfte, Stand 4.9.1939. 161 Eckart Dietzfelbinger, Gerhard Liedtke: Nürnberg - Ort der Massen. Das Reichsparteitagsgelände. Vorgeschichte und schwieriges Erbe. Berlin 2004, S. 85-87. 162 StadtAN, C 35, Ref. II, 707: Schreiben des Beauftragten des bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, Wilhelm Lohrenz, 28.7.1976. 163 Grundstücke 4,3 Millionen RM Grundbesitz 2,5 Millionen RM Ausbau des Straßenbahnsystems zum Reichsparteitagsgelände 3.265.000 RM Aktienkapital Tiergarten AG 800.000 RM Nicht eingelöste Forderungen der Stadt aus Verwaltungsführung des ZRN 3.453.496 RM

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6. Gewerbe und Handel Die Auswahl der folgenden Beispiele aus der Gewerbe- und Handelsbranche ist in der bisherigen Forschungsliteratur unzureichend berücksichtigt worden. Sie stehen als Schlaglichter für alle anderen Fälle.

6.1. Lebensmittelversorgung und -verkauf; Bäckereien, Metzgereien Die einfachen „Nürnberg-Besucher“, jene Hunderttausende von nicht-offiziellen Teilnehmern und Teilnehmerinnen der Reichsparteitage (RPT),164 waren bezüglich der Lebensmittelversorgung auf die Angebote Nürnberger Geschäftsleute, Straßenhändler und Wirte angewiesen. Um in Einzelfällen zu erwartenden Preiswucher von Lebensmitteln einzudämmen, erließen die städtischen Behörden Anfang August 1933 folgende Mitteilung: „ (…) die beteiligten Kreise werden deshalb mit allem Nachdruck davor gewarnt, die guten Verdienstmöglichkeiten, welche ihnen durch den Zustrom auswärtiger Besucher (möglich ist) (…) in gewinnsüchtiger Weise auszunützen. Der Stadtrat Nürnberg ist entschlossen, derartiger Rücksichtslosigkeit gegenüber den Volksgenossen unerbittlich durch schärfste Maßnahmen zu begegnen (…).” Und mit Blick auf bereits gesammelte Erfahrungen war in einer Zeitungsnotiz zu lesen: „Ins- besondere wird Auswüchsen der Art, wie sich beim Verkauf von Lebensmitteln anlässlich des Gebietstreffens der HJ gezeigt hat, in künftigen Fällen, v.a. beim Reichsparteitag, mit aller Schärfe (…) begegnet werden.” Öffentlich angebrachte Plakate und Zeitungsmeldungen warnten eindringlich vor „Preiswucher mit Lebensmitteln“. 165

Als eine Alternative zu den zahlreichen Angeboten in Gaststätten und auf der Straße bestand für die „Nürnberg-Besucher“ die Möglichkeit, Nahrungsmittel von zuhause mitzunehmen. Der „Reichsverband des deutschen Nahrungsmittel-Großhandels“, Landesverband Bayern (Sitz in Nürnberg) fürchtete deshalb um mögliche geschäftliche Einbußen. Er regte bei Oberbürgermeister Liebel an, durch Rundfunk und Presse verbreiten zu lassen, dass die Geschäfte, Gastwirtschaften usw. sich reichlich eingedeckt hätten, dass keine Preissteigerung eintreten würden, dass die Läden von früh 5 bis abends geöffnet würden, sodass für die auswärtigen Gäste keine Notwendigkeit bestehe, Lebensmittel mitzubringen.166 Auch die Industrie- und Handelskammer äußerte sich in diese Richtung. Hintergrund dafür waren offenbar die schlechten Erfahrungen, die der Handel

164 Eckart Dietzfelbinger, Gerhard Liedtke: Nürnberg - Ort der Massen. Das Reichsparteitagsgelände. Vorgeschichte und schwieriges Erbe. Berlin 2004, S. 69/70. 165 StadtAN C 7/884: RPT 1933 Unterbringung, Verpflegung. Mitteilung vom 7.8.1933. 166 StadtAN C 7/883: RPT 1933 Allgemeines. 59 beim Turnerfest in Stuttgart (26.-31.7.1933) gemacht hat, als die Besucher sich ausschließlich mit mitgebrachten Lebensmitteln versorgt hatten.167 Die städtischen Behörden genehmigten Anträge Nürnberger Bäckereien, Metzgereien und Lebensmittelläden während des RPT 1933 für Sonntagsarbeit und verlängerte Öffnungszeiten: „Sämtliche Verkaufsstellen und Friseurgeschäfte dürfen vom 31.8. - 4.9. 1933 von 5 - 21 Uhr durchgehend geöffnet werden.“ Für diese Genehmigung war eine Gebühr von 14,40 RM zu entrichten, entsprechende Anmeldefristen waren einzuhalten.168 Die Bäckereien arbeiteten vom 27. August bis 2. September 1933 in drei Schichten.169 Auch im folgenden Jahr sollte ab 2 Uhr früh gearbeitet werden, „um die Brotversorgung der Bevölkerung sicherzustellen.” 170 Die Lebkuchenfabrik J. F. Kisskalt (Rollnerstr. 49) konnte 1933 ihre Ware u.a. vor drei Schulhäusern, in denen Massenquartiere eingerichtet waren, veräußern.171 Weitere Gesuche um Verkaufsstände für Lebkuchen sind aktenkundig.172 Die Vergabe von offenen Verkaufsständen für Würstchen und belegte Brötchen handhabte die Zentralstelle restriktiv. Der von einem Metzger beantragte Wurststand am Hauptmarkt wurde abgelehnt. Ein anderer plante dort den Verkauf von heißen Würsten und Sardinenbroten; sein Standort wurde an das Jakobstor verlegt. Aber auch dort konnte es Probleme geben: „Die Polizeidirektion teilt mit (…), dass der vorgeschlagene Standplatz nicht für gut befunden wird, weil der Stand von der Wohnung des Führers aus, im „Deutschen Hof“ ohne Weiteres ins Auge fällt, was womöglich vermieden werden sollte.” 173

167 StadtAN C 7/885, RPT 1933 Gewerbe, Verkehr. 168 StadtAN C 7/884: Beschwerde 10.8.1933 des Metzgermeisters Georg Scherzer, Herschelplatz 26, Nürnberg, der seine Waren nicht an Massenquartiere liefern durfte, weil er die Anmeldefrist dazu versäumt hatte. 169 StadtAN C 7/883: RPT 1933 Gewerbe, Verkehr. 170 StadtAN C7/915: RPT 1934 Gewerbe, Verkehr. Brief des Gewerbeaufsichtsamtes an die Bäckerinnung Nürnberg vom 17.8.1934. 171 StadtAN C7/916: RPT 1934. Gesuche um vorübergehende Gewerbeerlaubniserteilungen. Schreiben vom 26.6.1934: „Ich bitte mir wieder wie voriges Jahr einen Stand auf der Aufmarschwiese zu genehmigen, ferner wünsche ich je einen kleinen Verkaufstisch aufstellen zu dürfen in den in meiner Nähe sich befindlichen Schulhäusern (Goethestraße, Uhlandstraße, Maxtor). Nachdem ich in der Stadt keine eigenen Verkaufsstellen besitze (…) bitte ich ergebenst um wohlwollende Prüfung (…)“ 172 Ebenda. Schreiben der „Nationalsozialistischen Kriegsopferversorgung“ an den Stadtrat: „Unser Kamerad PG. R. Dauscher bewirbt sich um den Alleinverkauf in Lebkuchen (…) auf der Russenwiese (…) Wir bitten Sie, unseren Kameraden bevorzugt die Erlaubnis erteilen zu wollen. Er verpflichtet sich zum Verkauf 20 Kriegsbeschädigte zu verwenden.“ (…). Ein anderer beantragte ein bis zwei Verkaufsstände innerhalb des SA-, SS- und HJ-Lager zum Verkauf von Lebkuchen der Firma Seim: 28.7.1934. 173 StadtAN C7/916: RPT 1934. Gesuche um vorübergehende Gewerbeerlaubniserteilungen. Darin weitere Antragstellungen (ohne Datum): Z.B. Frau Pflaum, Königstraße 13, bat um einen Verkaufsstand für Würstchen an der Klarakirche: „Mein Mann ist vierzig Prozent kriegsgeschädigt”. Dem Gesuch wurde stattgegeben. Antrag der Lebensmittel-Großhandlung Eduard Heine für die Aufstellung einer Verkaufsbude für Würstchen und Lebkuchen-Dosen: „Für jedes Paar, das ich umsetze, verpflichte ich mich 2 Pfg. pro Paar an die NSDAP für wohltätige Zwecke abzuliefern. Ebenso von Lebkuchen 3 % der Einnahmen. Als praktischen Stand halte ich den Platz vor dem Allersberger Tunnel für günstig ( wenn kein Pissoir ...). 60

Für die Verpflegung der NS-Gliederungen, die bei den Reichsparteitagen anzutreten hatten und in Zeltlagern174 und Massenquartieren untergebracht waren, sorgte der „Hilfszug Bayern“.175 Die Lebensmittel dafür bezog er u.a. bei Nürnberg-Fürther Großhändlern mittels Sonderzuweisungen des Reichsnährstandes.176 Die Fleischversorgung, die 1933 überwiegend aus Konserven bestand, stammte von den Nürnberger Firmen Schafft & Co, Forster und Rieger.177 1936 lieferten die „arisierten“ Süddeutschen Lebensmittelwerke AG Fürth an den „Hilfszug Bayern“ Wurstwaren, Speck und Schweinefett für 75.323,60 RM, 1937 für 11.932,65 RM, 1938 für 84.919,75 RM.178 Die Nürnberger Lebensmittelgroßhandlung Hermann Greiner (Schranke 2), die nach eigenen Angaben seit 1934 mit dem „Hilfszug Bayern“ zusammenarbeitete, lieferte 1936 Kaffee, Tee,

Ferner möchte ich mir die Anfrage erlauben, ob die RPT-Leitung mir nicht gestattet 30-50 stellenlose Parteiangehörige (...) mit Tragbrettern und „Heines Wurstkessel“ herumgehen zu lassen. Ich bin überzeugt, dass sie den betreffenden Leuten eine große Freude bereiten. Auch von dem Umsatz dieses Verkaufs wird an die NSDAP pro Paar 2 Pfg. abgeliefert.“ 174 StadtAN, Av Per 18, RB 1938/39, X, S. 21-25. Danach gab es Zeltlager an verschiedenen Stellen in der Stadt. SA-Lager: 50.000 RAD-Männer, dann 95.000 SA-Männer; SS-Lager an der Regensburger Straße: 27.000; Lager an der Schäferwiese bei Mögeldorf: 15.000 NSKK; HJ-Lager: 46.500; Lager Harnischschlag: 14.300; drei Lager an der Regensburger Straße: 25.500 Politische Leiter; Lager Moorenbrunn Regensburger Straße: 18.000 Politische Leiter; Lager Moorenbrunn südlich des SA-Lagers: 16.000 Politische Leiter; Lager Russenwiese: 24.000 Werkscharen und KdF-Teilnehmer; Lager an der Siedlerstraße: 1.800 Arbeitsmaiden; Lager der Ordensburgen an der Sudetendeutschen Straße: 3.000; Lager an der Marktäckerstraße: 800; Lager der Wehrmacht zwischen Gaismannshof und Rothenburger Straße: 18.000 mit rund 900 Pferden und dazugehörigem Fahrzeugpark. Insgesamt: 353.900 Menschen. 175 Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O., S. 158 f. Diese mobile Großküche, eingerichtet von der Reichspropagandaleitung zur Massenverpflegung bei Parteitagen und Großkundgebungen mit Standort München, vermochte bis zu 675.000 pro Tag auszugeben. Der Fuhrpark umfasste 160 Fahrzeuge, darunter Spezialfahrzeuge mit Kochapparaturen, Werkstattwagen, Aggregat-, Pump- und Tankfahrzeuge für eigene Strom- und Wasserversorgung, Rundfunkwagen und Sanitätszug. Angaben nach Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (Hg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus, a.a.O., S. 511. StadtAN C 7/934: Unterkünfte I, Fränkische Tageszeitung vom 22.8.1936: Die Stadt auf Rädern „Hilfszug Bayern“ ist angerollt – 1 200 000 Verpflegungen. 176 BA NS 1/23, Reichsschatzmeister der NSDAP, Verwaltung der Reichsparteitage. Die Akte behandelt die Jahre 1936-1940. StadtAN C 7/885: RPT 1933 Gewerbe, Verkehr. „Die Organisationsleitung sorgt im Benehmen mit dem Reichsnährstand für ausreichende Sonderzuweisung an Kartoffeln, Eiern, Butter und Öl.“ Der Reichsnährstand, gegründet am 13.9.1933, war die ständische Organisation der NS-Agrarpolitik. In ihm wurden sämtliche an der Erzeugung und dem Absatz landwirtschaftlicher Produkte beteiligten Personen per Zwangsmitgliedschaft gleichgeschaltet. Angaben nach Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (Hg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus, a.a.O., S. 686. 177 StadtAN C 7/914: RPT 1934 Unterbringung, Verpflegung. 178 Die Eigentümer der Süddeutschen Lebensmittelwerke AG in Fürth, August und Agnes Bauerfreund waren 1933 unmittelbar nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten in die USA emigriert. Gegen sie wurde am 10. Dezember 1933 ein Verfahren nach den „Vorschriften der Behandlung staatsfeindlicher Vermögen“ eingeleitet und die Firma enteignet. Der Aktienwert wurde auf 300.000 Reichsmark (RM) beziffert und das Unternehmen vom Bayerischen Staat 1934 für 226.000 RM an den späteren Fürther NSDAP-Stadtrat und Vorsitzenden des Industrie- und Handelsgremiums Stefan Winter und den Nürnberger Wolfgang Brügel verkauft: Staatsarchiv Nürnberg (StArchivN) BLVW Nr. 1586 Arisierung der Süddeutschen Lebensmittelwerke. Siegfried Imholz: Der Raub des Eigentums der jüdischen Bürger Fürths von 1933 - 1945. Eine Skizze. In: Entrechtet. Entwürdigt. Beraubt. Die Arisierung in Nürnberg und Fürth. Herausgegeben für die Museen der Stadt Nürnberg von Matthias Henkel und Eckart Dietzfelbinger. Petersberg 2012, S. 58. 61

Rum u.a. für 125.614,05 RM. (1937, 1938 ähnlich). Die Firma Forster berechnete für 1937 und 1938 je 8.325 RM und die Firma Lösch & Sohn stellte 1936 für Butter eine Rechnung von 114.163,20 RM. Es geht aus dieser Akte eindeutig hervor, dass die Partei die Lebensmittel- Großhandlungen zu Niedrigstpreisen drängte und so die Konkurrenzsituation erhöhte.179 Die Kosten für den „Hilfszug Bayern“ übernahm die NSDAP. Hinsichtlich der Quantität der verzehrten Lebensmittel während des RPT 1934 bilanzierte das städtische Amtsblatt: „Demnach lieferte das Metzgergewerbe 600 Zentner Frischfleisch und 2000 Zentner Wurst. Das Bäcker- und Fleischergewerbe ist (…) besonders stark am Umsatz während der Reichsparteitage beteiligt gewesen. Die Bäckerinnung Nürnberg hatte 400 000 kg Brot zu liefern (Fürth 150 000 kg) (…) Unter den verbrauchten Getränken steht das Bier oben an. Hier errechnet sich ein Mehrumsatz von 2 Millionen Liter, der auf das Konto des Reichsparteitags zu setzen ist.” Dagegen war der Mehrverbrauch an Milch mit 5000 Litern relativ bescheiden. An Butter seien 12 Zentner, an Käse 4 bis 5 Zentner mehr als sonst verbraucht worden.180

Über die Qualität zu verkaufender Lebensmittel (Fleisch, Gebäck, Süßwaren, Getränke) im Straßenhandel erließen die städtischen Behörden genaue Vorschriften.181 Im Hausierhandel waren

179 BA NS 1/23. Reichsschatzmeister der NSDAP, Verwaltung der Reichsparteitage. Die Akte behandelt die Jahre 1936-1940. Der Großhändler Hermann Greiner beschwerte sich wegen Preiserhöhung eines Konkurrenten: „Ich arbeite mit dem Hilfszug Bayern seit 1934 (…) Schokolade, Marmelade, Süßwaren, Konserven (…) die Preise habe ich niedrigst gestellt. (…). Ungefähr Mitte August 1937 erhielt ich einen Anruf des Herrn Borchert, ihm ein Angebot über 860 Zentner (4.300 kg) Mittelerbsen zu machen, welche zum Reichsparteitag 1937 in Nürnberg-Langwasser dem Hilfszug Bayern zur Verfügung sein müssten. Dieses Angebot machte ich zu 41.75 RM per 100 kg. Die Lieferantin Rheinische Schälmühle hatte ein Scheinangebot zu RM 40.- machen lassen, um die Konkurrenz zu verdrängen, um sich dann nach Ausschaltung der Konkurrenz RM 43.- bezahlen zu lassen (…) Nach dem Vierjahresplan dürfen Preiserhöhungen seit 1936 nicht stattfinden. Die Rheinische Schälmühle hatte dagegen verstossen und hatte minderwertigere Ware teuerer verkauft als reguläre Ware. (…).“ Beschwerde der Lebensmittelfirma Hermann Greiner (Import und Großhandlung von Lebensmitteln) über Herrn Borchert, Leiter des Hilfszug Bayern, an Reichsschatzmeister Franz Xaver Schwarz vom 31.8.1940. 180 StadtAN C 7/913: RPT 1934 Allgemeines. Städtisches Amtsblatt vom 22. Oktober 1934: „Die Wirtschaftsbilanz des Reichsparteitags“. 181 StadtAN C 7/915: Gewerbe, Verkehr 1934. Vermerk vom 26.7.1934, Dr. Sandner und SA Gruppenarzt Dr. Kappelmaier: „A) Fleischwaren. Zugelassen werden sämtliche Fleisch- und Wurstwaren, sofern dieselben mindestens 48 Stunden geräuchert und nicht mit Knoblauch versetzt sind. (…) Aufgeschnittene Fleisch- oder Wurstwaren müssen mittels Tüchern, Cellophan oder sonstigen geeigneten Mitteln (…) geschützt werden. Der Verkauf von Sardinen- oder Sardellenbroten ist verboten. B) Backwaren. Zugelassen sind sämtliche handelsüblichen Hefebackwaren (…). Lebkuchen, Makronen und ähnliche Erzeugnisse sind nur zugelassen, wenn solche in handelsüblicher Verpackung (…) zum Verkauf gelangen. C) Obst. Der Verkauf von Frischobst ist aus sanitären Gründen unbedingt verboten. Dörrobst kann dagegen verkauft werden. Weiterhin kann der Verkauf von Obstfruchtsäften oder -mosten aus sanitären Gründen nicht stattfinden. D) Getränke 1. Milch. Der Verkauf von frischer Rohmilch ist verboten. 2. Kakao muss sterilisiert sein. Tee oder Kaffee ist erlaubt. 3. Mineralwasser. Nur natürliche Mineralwasser. E) Zuckerwaren. Schokoladen, Pralinen usw. werden nur zugelassen, soweit es sich um ordnungsgemäß 62 ausschließlich alkoholfreie Getränke erlaubt. In den Akten findet sich ein Hinweis, dass 1933 mehrere hundert schadhafter Büchsen Konservenfleisch bei der Firma Schafft & Co beschlagnahmt wurden: „Durch das Eingreifen der Lebensmittelpolizei ist … in letzter Minute Schlimmeres verhindert worden“ 182 Zur Tätigkeit der Lebensmittelaufsicht liegen Berichte von 1936 und 1937 vor. Die Behörden führten umfassende Betriebskontrollen bei Produkten wie Mineralwasser, der Limonadenherstellung, Trink-Schokolade, Bier, Obst, Bratwürsten und Lebkuchen durch. Bezüglich der Getränke wurden keinerlei Klagen bekannt. Stichproben bei Dosenwürstchen, die zum überwiegenden Teil von auswärtigen Herstellerfirmen stammten, ergaben Beanstandungen wegen Mindergewichts bzw. zu hohem Fremdwassergehalt. Der Bericht stellt fest: „Trotz der gewaltigen Mengen, in denen diese Würstchen abgesetzt wurden, konnte in keinem einzigen Fall verdorbene Ware festgestellt werden, sodass im allgemeinen gesagt werden kann, dass der Verkauf dieses Lebensmittels sich gut bewährt hat.“ 183

6.2. Gastronomie Betreffend des Konsums und der Verpflegung des Parteitagspublikums spielte die Gastronomie eine entscheidende Rolle. Für diese Branche war die Situation betreffend des Besucheransturms während der Propagandaspektakel aber nur zum Teil einschätzbar. Der Standort in der Nähe eines Umzugs oder Hauptverbindungsweges zum Dutzendteich konnte entscheidend sein. Emil Kramer berichtete über den Besucherandrang in der Gaststätte seiner Eltern 1934: „Ich half…im Geschäft.(…) das Geschäft ging sehr gut. Diesesmal hatten wir in unserem Bezirk sehr viel SA von Thüringen gegen voriges Jahr, da haben wir Berliner gehabt. Die Wirtschaft war überfüllt; Schub auf Schub mussten wieder gehen, da sie keinen Platz (es war in fast allen Wirtschaften so) mehr fanden. Obwohl wir eine schwere Sau im Voraus geschlachtet haben, langten uns die Hausmacherwürste nicht mehr aus. Vater und Mutter waren so vom Geschäft in Anspruch genommen, dass sie, trotzdem Hitler öfters in unserer, oder in der benachbarten Strasse vorbeifuhr, ihn nicht gesehen haben. (…) Im Gedränge wurde auch viel gemogelt. Hauptsächlich am Montag, da war das Hauptgeschäft. Da kamen alle SA vom Langwasserlager in die Stadt; auch die Nürnberger SA. Hatte Urlaub. Da verpackte Markenartikel handelt. (…) Der Verkauf von Drops, auch in Packungen, sowie Bonbons hat aus sanitären Gründen unbedingt zu unterbleiben. Speise-Eis irgendwecher Art ist im Strassenhandel unter allen Umständen verboten.“ 182 StadtAN C 7/914: Unterbringung, Verpflegung. Vermerk vom 24.8.1934. 183 StadtAN C 7/933: RPT 1936 Geschäftsstelle der Organisationsleitung, Erfahrungsberichte. 2. Lebensmittelaufsicht – Preisüberwachung. StadtAN C 7/947: RPT 1937 Geschäftsstelle der Organisationsleitung, Erfahrungsberichte. Tätigkeitsbericht der Lebensmittelpolizei und Preisüberwachung während des RPT 1937, 19.10.1937. 63 tranken halt alle eins über den Durst und…s.w. Die Amtswalter hatten das meiste Geld sitzen lassen. (…) Neben der Familie wurde extra für die RPT eine Kellnerin eingestellt. Am Montag nun glaubten wir, es käme niemand mehr von den Amtswaltern, da brauchen wir keine Bedienung. Mutter schickte sie also weg. Und wie 5 Minuten vergangen waren, strömten die Leute nur so in die Wirtschaft…“ 184 Dagegen konnte ein ungünstig gelegener Standort einer Gaststätte das erhoffte Parteitagsgeschäft verhageln. Z.B. schrieb der Gastwirt Josef Fischer (Herrnstraße 5, Stadtteil Wöhrd) an die Stadtverwaltung: „Es war nicht nötig, Tische und Stühle aufzustellen (…). Die Fremden gingen sämtlich in die Stadt und in meiner Nähe waren keine Einquartierungen.” Als Folge beklagte er einen großen Schaden durch vergammelte Lebensmittel.185 Viele Nürnberger Wirte wollten ihre Verkaufsflächen erweitern, um mehr Besucher bedienen zu können und so den Umsatz zu erhöhen. Dies belegen zahlreiche Anträge, die bei der Stadtverwaltung eingingen, Tische und Stühle auf den Gehsteigen vor dem jeweiligen Gasthaus ausstellen zu dürfen. Erforderlich dafür war die Bezahlung einer Gebühr, in den meisten Fällen von 5,10 RM, und der Erhalt einer gemeindlichen und verkehrspolizeilichen Genehmigung. Für den Reichsparteitag 1933 wurden 18 Anträge genehmigt.186 Allerdings erfolgte in einigen Fällen aufgrund des umständlichen Verfahrens die Zustellung des positiven Bescheids zum Teil (z.T.) erst nach Ablauf des Reichsparteitages. Einige Wirte fanden sich mit einem fehlenden oder ablehnenden Bescheid nicht ab und stellten trotzdem Tische auf. Dieses Vorgehen hatte offenbar keine Konsequenzen, die Betroffenen mussten lediglich die Gebühr nachbezahlen. Oftmals entsprachen die Gewinne nicht den hochgesteckten Erwartungen. So baten davon

184 StadtAN, E 1 /2214 Nr. 2: Persönlicher Bericht über den RPT 1934 von Emil Kramer, Nürnberg. 185 StadtAN C 7/885: RPT 1933 Gewerbe, Verkehr. Schreiben vom 7.9.1933 an die Stadtverwaltung. 186 StadtAN C 7/885: RPT 1933 Gewerbe, Verkehr. Die Gebühren richteten sich nach der Anzahl der zusätzlich aufgestellten Tische und Stühle. Antragsteller 1933: Gaststätte „Dritte deutsche Flotte“ (Joh. Nüchterlein), Jakobsplatz 4; „Bratwurst-Glöcklein“ (Josef Bauer); „Zum Burgwächter“ (Hans Dornauer“, Oelberg 7; „Tiergarten - Gaststätte“ (Ludwig Ottmann); „Bratwurstherzle“ (Hans Beckstein), Herzgasse; Babette Engelhard, Bogenstraße 26; „Cafe Bahnhofkeller“ (Jakob Thumm); „Restaurant Stadion“ (Hans Gsänger); „Rathauskeller“ (Martin Fischer) (will Hitler im Rathauskeller begrüßen); „Sermfelder Haus“, Konrad Seitz, Fürtherstraße; Marie Rosa, Obere Krämergasse; „Zum Patrizier“ (Richard Distler), Königstraße 52; „Zum Jagdstüberl“ (Christian Stamminger), Stephanstraße 31; „Hotel Pfälzer Hof“ (Gügel und Haberkern), Am Gräslein 10; „Burgkaffee“ (Josef Ertl), Wetzendorfstraße 1; „Gaststätte Heyder“ Moritzstraße 1; „Gaststätte Georg Strobel“, Lichtenhofstraße 11; Gaststätte Fritz Wieninger“, Douglas Höhe 1; „Mondschein“ (Eugen Kleeflügel); Spanische Weingroßhandlung und Restaurant „Stadt Barcelona“, Antonio Jorba; „Gaststätte Heinrich Seubert“, Dötschmannplatz 15. Namen der folgenden Gaststätten nicht genannt: „Gaststätte Dorothea Stengel“, Peter-Vischer-Straße 1; „Gaststätte Joh. Löschel“, Burgerstraße 42; „Gaststätte L. Düll“, Tucherstraße 37; „Gaststätte Josef Fischer“, Herrnstraße 5; „Gaststätte Hans Lowig“ Augustenstraße 5; „Gaststätte Hans Bauer“, Körnerstraße 100; „Gaststätte Luise Gleisener“, Oberer Bergauerplatz 3; „Gaststätte Hans Maurer“, Speyerstraße 2; „Gaststätte Ludwig Zeuner“, Äussere Sulzbacher Straße 1; „Gaststätte Jakob Förtsch“, Äusserer Laufer Platz 30. 64 betroffene Wirte nach dem Reichsparteitag 1933 um einen Nachlass der Gebühren.187 Auch für die folgenden Reichsparteitage beantragten zahlreiche Wirte die Aufstellung von Tischen.188 Aufgrund der chaotischen Erfahrungen von 1933 durften die Gaststätten von 1934 bis 1938 von 12 Uhr nachts bis 6 Uhr früh keine alkoholischen Getränke mehr ausschenken. Unter der Überschrift „Ruhe und Ordnung“ informierte die „Fränkische Tageszeitung am 1. September 1934 wenige Tage vor dem RPT: „Die Ansammlung großer Menschenmassen in den Städten Nürnberg und Fürth hat eine schärfere Ueberwachung der Abgabe von geistigen Getränken notwendig gemacht. (…) Die Inhaber von Gaststätten haben bei Uebertretung des Verbots mit sofortiger Schließung ihrer Lokale und gegebenenfalls mit Entzug ihrer Konzession zu rechnen.“ 189 Die Polizeistunde wurde von 1934 an auf 3 Uhr festgesetzt, für die SA galt sie ab 1 Uhr. 1934

187 StadtAN C 7/885: RPT 1933 Gewerbe, Verkehr. Z.B. erhielt 1933 Josef Bauer vom „Bratwurstglöcklein” die nachträgliche gemeindliche und verkehrspolizeiliche Genehmigung und zahlte dafür die üblichen 5,10 RM. Christian Stamminger, Stephanstraße 31 bat ebenfalls um Gebührenerlass, da wegen schlechtem Wetter keine Gäste kamen. Sein Antrag wurde abgelehnt: „Die Gastwirtschaften im Süden und Westen der Stadt machten anlässlich des Reichsparteitags durchgängig ein sehr gutes Geschäft. Den Anträgen auf Nachlaß der Genehmigungsgebühren von je 4.80 RM (…) kann daher nicht entsprochen werden.” Ebenso klagte der Besitzer des Burgkaffees, Wetzendorferstraße, dass es gar nicht erforderlich gewesen sei, Tische und Stühle aufzustellen. Die Zentralstelle überprüfte die Anträge auf ihre Richtigkeit und reagierte entsprechend. Im Fall des Gastwirtes Josef Fischer beschied sie: „Mit Rücksicht auf die vom Gesuchsteller vorgebrachten Gründe, die von der zuständigen Polizeiwache bestätigt werden, wird die Abschreibung der Gebühren (5, 10 RM) befürwortet.” StadtAN C 7/925: RPT 1935 Gewerbe und Verkehr. Der Gastwirt Fritz Goller, Wunderburggasse 13, erhielt auf Antrag die Hälfte der Gebühren mit folgender Antwort des Oberbürgermeisters erlassen: „Die vom Gesuchsteller Goller im Gesuch vom 24. September gemachten Angaben sind glaubhaft. Die Lage der Gaststätte ist äußerst versteckt und der Umsatz in anderen ähnlich gelegenen Wirtschaftsgärten während der RPT war gleich gering. Das mit Verfügung vom 6. September 1935 auf 10 RM festgesetzte Platzgeld wird daher auf 5 RM ermäßigt. Der OB“. 188 StadtAN C7/913: RPT 1934 Allgemeines. Weinstube Wunder, Ottostraße 23 (hat keine Tische aufgestellt, weil Genehmigung zu spät kam). Restauration Bundestreue, Fürther Straße (2.6.1934); Gaststätte „Zur Krenfleischküche“, Hans Ruder, Fleischbrücke 4 (15.6.1934); Gaststätte Döppel, Unschlittplatz 4 (25.6.1934); Gaststätte Johann Kauppen; Gaststätte „Reichspanier“, August Fitzeck, Tetzelgasse 41 (3.8.1934), zieht Antrag zurück; Gaststätte Karl Kellner, Fürther Straße 152 (3.8.1934); Gaststätte „Eichhorn“, Förtsch, Äusserer Laufer Platz 30 (11.8.1934); Gaststätte Lorenz Zirngibl (10.8.1934); Gaststätte „Dörrerklause“, Karl Szalay (11.8.1934); Gaststätte Leonhard Bauerreiß (13.8.1934); Hotel „Nürnberger Hof“, Königstraße 71 (14.8.1934); Cafe Schneider, Ludwigstraße 73 (14.8.1934 will Eis verkaufen - nicht genehmigt); Bäckerei Hans Popp; Konditorei Fritz Pflaum, Stephanstraße 28 (16.8.1934); Restauration „Leistlein“, Konrad Sperber, Karlstraße 14 (16.8.1934); Bäckerei Georg Schabdach, Ludwigstraße 31 (18.8.1934); Gaststätte Karl Aichemüller, Schmiedgasse 33 (19.8.1934); Cafe Noris, Steiner (20.8.1934); Cafe Billhöfer, Königstraße; Gaststätte „Coburger Hof“, Leonhard Wachtler, Hallplatz 7 (20.8.1934); Gaststätte Hans Weiß (möchte Stadtgraben bewirtschaften, abgelehnt); Gaststätte Willy Kaufmann, Hainstraße 16; Gaststätte „Hindenburger Fass“, Tucherstraße; Gaststätte Antonio Jorba, über Rechtsanwalt; Gaststätte Konrad Welsch, Spitalhof 5; Gaststätte am Unschlittplatz (22.8.1934); Weinstube Marie Schramm, Färberstraße; Gaststätte „Zur Alpenrose“, Luise Gleisner (25.8.1934); Gaststätte am Ölberg; Gaststätte „Douglashöhe“, Georg Silberhorn (23.8.1934); Gaststätte Böhm, Schmausengasse; Feinbäckerei Fest, Grassergasse; Konditorei Richard Weissinger; Gaststätte Stengel, verzichtet später wegen der hohen Kosten. 189 StadtAN C 7/ 918: RPT 1934. „Fränkische Tageszeitung“ vom 1.9.1934. 65 sind Gaststätten genannt, deren Besuch für SA-Angehörige verboten war: Weinstube Fidelio, Kaffee Habsburg, Gasthaus zum Grünen Markt.190

Bezüglich der Preisüberwachung von in den Wirtschaften angebotenen Lebensmitteln richtete die städtische Verwaltung ein ständiges Überwachungsbüro im Rathaus ein. Den zuständigen Mitarbeitern dienten Speisen- und Getränke-Karten, die einige Wochen vor dem RPT mit Unterstützung der Gewerbehilfspolizei gesammelt wurden, als Vergleichsunterlagen zur Feststellung von irregulären Preiserhöhungen. 1934 kamen folgende Gaststätten wegen überhöhter Preise zur Anzeige: König Otto, Alte Reichspost, Rackl, Weißer Löwe, Cafe Wanner. 1936 mussten aus demselben Grund 18 Gaststätten beanstandet werden; die Preise wurden umgehend herabgesetzt. Lediglich bei einer Wirtschaft, deren Inhaber den überzogenen Preis zwar herabsetzte dafür aber andere Preise erhöhte, erfolgte die Anordnung der sofortigen Schließung von nachmittags 2 Uhr bis abends 8 Uhr. In einem Fall erfolgte eine Betrugsanzeige. Der Erfahrungsbericht schließt mit dem Satz: „Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass im Vergleich zu den gewaltigen Umsätzen während der Zeit des RPTs nur verhältnismäßig wenige und geringfügige Beanstandungen sich ergaben.“ Die im November 1936 ergangene reichsweite Preisstoppverordnung im Rahmen der Durchführung des Vierjahresplanes ermöglichte den Behörden eine erweiterte Handhabe. Während des RPT 1937 ließen sie mit Unterstützung der Gewerbehilfspolizei rund 200 Speisen- und Getränke-Karten einziehen. Sie erhoben 231 Beanstandungen wegen unberechtigter Erhöhung der Preise und zogen die Verantwortlichen im Ordnungsstrafverfahren zur Rechenschaft. 191

6.3. Bier An der Spitze des Konsums von Getränken während der Reichsparteitage stand Bier. 1933 verfügte die Brauhaus Nürnberg AG im Stadion über 19 Verkaufsstände.192 Für deren Vergabe war die Organisationsleitung zuständig, die Gebühr in Höhe von 15 bzw. 20 RM pro Stand erhielt die Stadt.193

190 StadtAN C 7/915: RPT 1934 Gewerbe, Verkehr. SA , Standortbefehl Nr. 20, 3.9.1934. Gründe dafür sind nicht angegeben. 191 Siehe Fn. 20. 192 StadtAN C 7/885: RPT 1933 Gewerbe, Verkehr. Die Gebühr von 20 RM je Stand (zusammen 380 RM) wurde am 22. September 1933 angemahnt. 193 StadtAN C 7/883: RPT 1933 Allgemeines. Dienstag-Ausgabe, 22.8.1933: „Die Organisationsleitung teilt mit: Zu dem am 2. September auf dem gesamten Stadiongelände (…) stattfindenden Volksfest mit Riesenfeuerwerk wird die Stadtverwaltung Nürnberg in beschränkter Anzahl Verkaufsstände von 4 Meter und 7 Meter Länge zur Abgabe von Genußmitteln zur Aufstellung bringen. Die Zuteilung dieser Verkaufsstände erfolgt durch die Organisationsleitung (Frauentorgraben 30, Zi. 18). Die Handelserlaubnisgebühr, welche an die Stadtverwaltung Nürnberg (Städt. Hochbauamt) abzuführen ist, 66

Die Vereinigung von Brauereien in Nürnberg, Fürth und Umgebung, Geschäftsstelle Keßlerstraße 1, die in rund 80 Massenquartieren während des Reichsparteitages Bier ausschenken sollte, fragte im August beim Stadtrat in Nürnberg betreffend der dafür erforderlichen Konzessionsvergabe für entsprechende Kantinen an. Sie schlug vor, dafür pro Hektoliter 20 Pfennig Gebühr zu berechnen. Der Stadtrat antwortet mit einem Angebot einheitlicher Konzessionsgebühren in den Massenquartieren, das die Brauerei-Vereinigung akzeptierte: Bis 500 Mann 11,40 RM Bis 1000 Mann 21,60 RM Bis 2000 Mann 33 RM Über 2000 Mann 42 RM

Ein Verzeichnis von 16 Wirten der Lederer Bräu AG, die sich zur Bierversorgung der Massenquartiere verpflichteten hatten, liegt vor. Die Brauereien Tucher (9), Grüner ( 8), Lederer (16), Brauhaus (28), Zeltner (3), Geismann (5) Zirndorf (1), Winkler-Bräu (3), Humbser (4), Mailaender (2) belieferten in der Innenstadt 79 Massenquartiere.194 SA und SS pochten wiederholt auf Erlassung der Biersteuer, die als Teil der Getränkesteuer dem

beträgt 15 bzw. 20 Mark. Da eine rege Nachfrage nach den Ständen besteht, empfiehlt es sich, dass in Frage kommende Interessenten sich möglichst umgehend bei der oben bezeichneten Stelle bewerben.(…).” 194 StadtAN C 7/885: RPT 1933 Gewerbe, Verkehr. Alle Angaben daraus. Verzeichnis von Wirten der Lederer-Bräu AG: Adresse Belegstärke Name des Bewerbers Rollnerstraße 17 Schulhaus 640 Weidt Hindenburgplatz 7 Schulhaus 900 Förtsch Paniersplatz 37 Schulhaus 770 Bauer Laufertormauer 8 Nister`sche Fabrik 1.380 Ringler Katzwangerstraße. 25 Schulhaus 500 Weidt Dianastraße 49/51 Faber`sche Fabrik 1.145 Steinmetz Herschelplatz 1 Schulhaus 2.505 Miehling Ambergerstraße 25 Schulhaus 1.490 Dirschedl Schanzäckerstraße Faber`sche Fabrik 2.500 Wolfschmidt Preisslerstraße 6 Schulhaus 1.520 Puchta Sielstraße 17 Schulhaus 819 Braun Muggenhoferstraße 122 Hoffmann`sche Fabr. 500 Bissem Kleestraße 15 Reichspost 3.000 Wagner u. Erb Regensburgerstraße 215 Fabrik Bing 1.150 Rühl Peterstr. 32 Riessner Fabrik 510 Heinkelein 67 städtischen Gewerbeamt zustand. Der Nürnberger Stadtrat lehnte diese Forderung aus rechtlichen Gründen ab, zeigte sich aber kompromissbereit. Er bot beiden Parteiformationen je einen Ausgleich von 10.000 RM an.195 Für die Biwakplätze Langwasser, Hainberg, Fürth Gaswerk, Polizeisportverein Ziegelstein übernahm die SA den Ausschank des Bieres selbst. Sie trat als Käufer für die bereitgestellten Biermengen zu einem Sonderpreis auf (...) Der Verkauf des Bieres zum Sonderpreis von 0,40 RM pro Liter erfolgte grundsätzlich nur gegen Biermarken. Die Gründe für dieses Entgegenkommen sind nicht bekannt. Die genaue Höhe des Bierkonsums bei den einzelnen Reichsparteitagen ist nicht rekonstruierbar, da die Brauereien den Bierverbrauch in Nürnberg nur monatlich anzeigten. Für 1934 (5. - 10. September) gab das städtische Amtsblatt einen Mehrumsatz von 2 Millionen Liter Bier an.196 Deshalb ersuchte der Geschäftsführer der Organisationsleitung, Werner Kropp,197 am 11. Januar 1936 um Mitteilung des Bierabsatzes im Stadtbezirk Nürnberg in den Monaten August und September 1934 und 1935. Außerdem wollte er den Bierkonsum im Lager Langwasser während des RPT 1935 wissen. Die Bezirkskasse Nürnberg antwortete am 21. Januar 1936: „Der Bierverbrauch während des Reichsparteitags 1935 im Lager Langwasser betrug 4.252 hl. (…) Für 1934 wurde eine Biersteuer nicht erhoben und können deshalb keinerlei Angaben gemacht werden.” Das städtische Steueramt nannte für 1934 und 1935 folgende Verbrauchsziffern für Bier in Nürnberg: August 1934: 53.350,22 hl, September 1934: 78.862,38 hl; August 1935: 61.068,97 hl, September 1935 76.778,31 hl. Die Reichsparteitage (10.-16.9.1935; 8.-14.9.1936) ließen den Bierkonsum deutlich steigen.198

Eine Branche, die direkt davon partizipierte, waren Hersteller von Maßkrügen. Am 6. September 1934 beschwerte sich der Nürnberg-Fürther Einzelhandelsverband bei der Gewerbepolizei wegen des Handels mit Maßkrügen in den Massenquartieren: „Es gehen uns Beschwerden darüber zu, dass die Massenquartiere durch Kommissionlager bei sonst gewerblich nicht tätigen Personen (Schulverwalter usw.) versorgt werden. Dadurch wird der ortsansässige Handel, der das ganze Jahr über, auch in der stillen Zeit sein Personal halten, der ordnungsgemäß seine Steuern abführen muss, der sich außerdem noch freiwillig bereit erklärt hat,

195 StadtAN C 7/884: RPT 1933. 196 StadtAN C 7/913: RPT 1934 Allgemeines. Städtisches Amtsblatt vom 22.10.1934. 197 Werner Kropp, geb. 17.5.1899, gest. 21.3.1946. Buchhändler. Handelsvertreter. 21.6.1917 - 15.2.1919 Kriegsdienst. 1.4.1925 Eintritt in die NSDAP, Mitgliedsnr. 1211, Ortsgruppe Braunes Haus München. 1925/26 HJ-Führer von Leipzig. 1926 Eintritt in SA. Parteitätigkeit für die NSDAP in zahlreichen Funktionen. Oktober 1933 - September 1934 stellvertretender Kreisleiter und Kreisorganisationsleiter. Bis November 1934 Gauinspektor Gau Sachsen. Seit Dezember 1934 Mitglied des Reichs-tags; Organisationsleitung der Reichsparteitage. Seit 30.1.1936 Reichsamtsleiter: BA BDC 0319231516. StadtAN C7/932: Mitteilung vom 14.1.1936 der NSDAP-Reichsleitung. 198 StadtAN C 7/925: RPT 1935 Gewerbe und Verkehr. Vermerk der Bezirkskasse Nürnberg vom 21.1.1936. 68 von den Umsätzen während des Parteitags 3 % an die Reichsleitung abzuführen, auf das Empfindlichste geschädigt. Wir ersuchen um Nachprüfung und Bescheid.” Da in den Schulhäusern, die als Massenquartiere dienten, der illegale Handel mit Maßkrügen florierte, ist anzunehmen, dass dort ebenfalls Bier konsumiert wurde.199 Im Umlauf waren Bierkrüge mit der Aufschrift: „Nürnberg, die Stadt der Reichsparteitage”. Oberbürgermeister Liebel beschied auch einen Antrag der Porzellan- & Glashandlung Leonhard Sack mit Sitz am Hauptmarkt, auf Krügen antisemitischer Hetze anzubringen, positiv: „Auf Ihr Schreiben (…) wegen Herstellung und Vertrieb eines Masskrugs beehre ich mich zu erwidern, dass ich keine Erinnerung gegen die Verwendung des Bildes nach Massgabe der eingereichten Skizze habe. Als Inschrift kann verwendet werden „Trau keinem Fuchs auf grüner Heid und keinem Jud bei seinem Eid”. Dem Verkauf des Kruges in Ladengeschäften steht gewerbepolizeilich nichts im Wege. Ob der Krug während des Reichsparteitages 1935 im Hausierweg oder in Buden vertrieben werden kann, hängt von der Zustimmung der Organisationsleitung ab (…).200 Ab 1936 wurde Bier auch in Pappbechern ausgeschenkt.201

6.4. Tabak Massenveranstaltungen wie die Reichsparteitage versprachen für die Tabakbranche ein interessantes Geschäft, die Nachfrage war enorm. Der Reichsverband des deutschen Einzelhandels mit Tabakwaren stellte am 20. Juli 1933 den Antrag, die Tabakgeschäfte auch am Sonntag, den 3. September 1933, dem letzten Tag des RPT 1933, geöffnet zu halten.202 Die Stadt erteilte dazu die Genehmigung. Doch die hochgesteckten Erwartungen auf einen guten Umsatz erfüllten sich nur ansatzweise. Schon am ersten Tag des Propagandafestes, am 31. August 1933, traf eine Klage des Verbandes der Zigarrenhändler bei den städtischen Behörden ein, dass in der Innenstadt Waren von Hausierern feilgeboten werden würden, die den entsprechenden

199 StadtAN C 7/915: RPT 1934 Gewerbe, Verkehr. Nürnberg-Fürther Einzelhandelsverband, Beschwerde vom 6.9.1934 an Gewerbepolizeiamt. Betr: Handel mit Masskrügen in Massenquartieren. 200 StadtAN C 7/925: RPT 1935 Gewerbe und Verkehr. Anfrage vom 9.2.1935; Antwort Liebels vom 23.4.1935. StadtAN C 7/921: RPT 1935. Die offizielle antisemitische Einstellung spiegelt eine Zeitungsnotiz vom 16.8.1935. Im „Nürnberger Beobachter“ heisst es dazu unter der Überschrift „Zur schönen Aussicht” judenfrei: „Wir haben am Mittwoch von der judenfreundlichen Einstellung des Besitzers des Kaffeegartens “Zur schönen Aussicht”, Joseph Ertl, berichtet. Joseph Ertl hat sich daraufhin gestern in unserer Schriftleitung eingefunden und uns seinen Entschluss mitgeteilt, künftig keinen Juden mehr in seinem Kaffeegarten zu dulden. (…)”:. 201 StadtAN C 7/933: RPT 1936. „Geschäftsstelle der Organisationsleitung, Erfahrungsberichte“. „In hygienischer Beziehung hat sich die Abgabe von Bier in Pappbechern gut bewährt, wenngleich sie auch von Bierkennern abgelehnt wird.“ 202 StadtAN C 7/885 Reichsparteitag 1933 Gewerbe, Verkehr: 20.7.1933. 69

Erlaubnisschein nicht hätten und der Branche so das Geschäft wegnähmen.203 Ein Inhaber eines Zigarrengeschäftes (Rothenburgerstraße 10) beantragte im Jahr darauf einen Verkaufstisch auf der Straße, weil er in seinem Geschäft beim RPT 1933 kaum etwa verkauft hatte.204 Ein anderer Rauchwarenhändler ergatterte sich einen Standplatz im Hof eines als Massenquartier genutzten Schulhauses.205 Mit Blick auf den bevorstehenden RPT 1934 fasste die Ortsgruppe Nürnberg des Reichsverbandes des deutschen Einzelhandels ihre Beschwerden betreffend den Verkauf von Tabakwaren aufgrund der Erfahrungen des Vorjahres in einem Brief an die Stadt vom 18. Juni so zusammen: „Da gegenwärtig die Vorbereitungen zum RPT für das Jahr 1934 getroffen werden, sehen wir uns veranlasst von dieser Seite aus auf die katastrophalen Misstände, die soweit es unsere Fachgruppe anbelangt, beim vergangenen RPT sich herausgestellt haben. Damals waren eine große Reihe ortsansässiger Nürnberger Händler zum Straßenverkauf für das Stadion zugelassen. Es hat sich jedoch ergeben, dass im Stadion (...) von keinem Geschäft irgendwelcher Art gesprochen werden konnte, desgleichen nicht in den Aufmarschstraßen. Während der Aufmärsche, wo diese fliegenden Händler Geschäfte tätigen wollten, war das Rauchen im Zuge verboten. Selbst draußen im Stadion ist das Rauchen während der Rede der betreffenden Führer nicht erwünscht und allen Händlern war es nicht möglich Tabakwaren umzusetzen. Die Händler suchten nunmehr Zuflucht im Zentrum der Stadt insbesondere drängten sie sich in die Hauptverkehrsstraßen, stellten sich dort an allen verkehrsreichen Punkten und vor den Ladengeschäften auf. Die Käufe wurden nicht in den Ladengeschäften, sondern bei den Straßenhändlern getätigt. Nach dem RPT haben alle Spezialhändler sehr stark darüber geklagt, dass von diesen Straßenhändlern, (...) ihnen alle Kunden vor dem Geschäftslokal weggenommen wurden und damals schon wurde das Ersuchen an die dieseitige Stelle gestellt, für kommende PT oder sonstige grössere Veranstaltungen mit diesem Unfug des Hausierhandels für unser Gewerbe aufzuhören (...) Wir stellen an den Stadtrat Nürnberg das höfliche Ersuchen für diesen RPT den Strassenhandel mit Tabakwaren für jedermann zu verbieten und bitten um gesch. Antwort.“

203 Ebenda: 31.8.1933. 204 StadtAN C 7/916: RPT 1934. Michael Rex, Zigarrenhaus im Volksbad, Schreiben vom 15.8.1934, Betr. Laden Rothenburgerstr. 10: „Das im vorigen Jahr gelegentlich des RPTs getätigte Geschäft hat sehr zu wünschen übrig gelassen. Zwei Umstände dürften für den mässigen Erfolg maßgebend gewesen sein. Zum einen das Zurückliegen des Ladens und das Pech, dass die Rothenburgerstrasse nicht als Aufmarschplatz verwendet wurde und ferner dass kein grösseres Quartier in der Nähe war (…)“ 205 Ebenda. E. Jauß, Kühnhoferstr. 13, Schreiben vom 28.6.1934: „Da mein Geschäft schlecht geht und auch während des vergangenen RPTs nur unbedeutend besser ging, beabsichtige ich während des heurigen RPTs einen Verkaufsstand mit Rauch- und Süßwaren aufzustellen. Zu diesem Zweck bitte ich den title. Stadtrat um Zuweisung eines geeigneten Platzes auf öffentlicher Straße in der Nähe des Bartholomäusschulhauses oder im Hofraum (…)“ Antwort: „Gegen die Aufstellung innerhalb des Schulhofes besteht verkehrspolizeilich keine Erinnerung.“ 70

(Unterstreichungen im Original - S.G.) 206 Die Beschwerden beeindruckten die städtischen Behörden bei ihrer Konzessionspraxis am Reichsparteitag 1934 offenbar nicht. Die am Parteitagsgeschäft beteiligten Fachkreise Kleinhandel-, Grosshandel und Handelsvertreter der Tabakbranche empörten sich besonders darüber, dass an den verhältnismäßig großen Lieferungen von Rauchwaren nur fünf Firmen beteiligt waren, während sich die große Menge des Einzelhandels mehr oder weniger übergangen fühlte. Um Ungerechtigkeiten und Unzufriedenheiten für die Zukunft möglichst zu vermeiden, machten sie den Vorschlag, wegen der Bestellung für den RPT 1935 – den Verbrauchsbedarf dafür bezifferte eine Pressemeldung auf 2,4 Millionen Zigaretten – eine Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus je zwei Vertretern der genannten Gruppen die zugleich Parteigenossen sein müssen, zu bilden. Sie sollte der Führung des Gaubetriebswalters der D.A.F unterstellt werden und unmittelbar alle Arbeiten mit der Einkaufsstelle der Aufmarschleitung koordinieren, um so die Gewähr für kaufmännisch und fachlich einwandfreie Lieferungen der Rauchwaren zu gewährleisten. Weiteren Ärger lösten Parteiorder aus, die das „Rauchen im Zuge“, also der aktiv Marschierenden bei den Paraden als auch Tabakkonsum während irgendwelcher Reden für das Parteitagspublikum strikt verboten und somit die Konsummöglichkeit für Raucher erheblich einschränkten. Die Streitigkeiten führten zu Prozessen und Verhandlungen und erreichten höchste Parteistellen bis hin zu Rudolf Heß, dem „Stellvertreter des Führers“. 207

6.5. Fliegende Händler;208 Vergabepraxis für den Straßenhandel Betreffend des bei Massenveranstaltungen einsetzenden Straßenhandels und seiner Regelung lagen bei den städtischen Behörden kaum Erfahrungen vor. Für den Aufbau eines regulären Organisationsapparates blieb für sie nach der ad-hoc-Entscheidung von Bayreuth vom Juli 1933 wenig Zeit. Die Folge war eine Verlagerung eines Teils des Gewerbehandels während des Reichsparteitages auf die Straße, die bis 1938 anhielt. Unzählige Hausierer strömten während der Propagandaspektakel nach Nürnberg und boten den ortsansässigen Einzelhändlern eine veritable Konkurrenz. Zudem vermochten Firmen und Großhändler ihre Waren auf der Straße unter Ausschaltung des Einzelhandels zu veräußern. Jenseits der von Zentralstelle und Organisationsleitung vorgesehenen koordinierten Handhabung des Parteitagsgeschäftes entstand eine voluminöse Parteitagsvermarktung in Form von Souvenirs

206 StadtAN C 7/915: Gewerbe, Verkehr 1934. Reichsverband des deutschen Einzelhandels Ortsgruppe Nürnberg, Schreiben vom 18.6.1934. 207 StadtAN C 7/923: Presseartikel 17.8.1935. StadtAN C 7/925: RPT 1935 Gewerbe und Verkehr. Fachgruppe Handelsvertreter u. Handelsmakler. Fachuntergruppe Tabakerzeugnisse. Schreiben vom 1.6.1935 an den ZRN. 208 Vgl. dazu Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O., S. 175 ff. 71 und Erinnerungsplaketten, Zinnsachen, Aschenbechern, Stiften mit Nürnberger Ansichten, Tischfahnen mit Hakenkreuz, Hoheitszeichen, Schmuckkästchen, Anstecker, Postkarten, Leporellos in verschiedensten Varianten, Bildbändchen, Sonderbriefmarken, Kunstdrucken, Porzellanfiguren und vielerlei anderem Nippes.209 Die Angebote reichten weiter von Holzklappstühlen über Stadtpläne bis zu Fackeln und Feuerwerkskörpern. Sitzhilfen für die Zuschauer und Touristen der Reichsparteitage wurden für 1 Reichsmark verkauft.210

Zum RPT 1933 (31.8. - 3.9.1933) stellte das städtische Gewerbeamt 2.200, zu den zeitlich erweiterten Propagandafesten (5. - 10.9.1934) im folgenden Jahr 3.262 Hausierscheine aus. Sie mussten sichtbar getragen werden. Die Behörden veranlassten die Einführung eines neuen Systems von farblich abgesetzten Erlaubnisscheinen, die wesentlich teurer waren als 1933 und deren Einhaltung von der SA überwacht wurde: Grundsätzlich wurden auswärtige Hausierer nur noch zugelassen, wenn sie tatsächlich im Besitz eines Wandergewerbescheins waren.211 Für das SA-Lager Langwasser waren am 31. August 1934 folgende Verkaufsstände angemeldet: Dauerwurst und Brot 9 Mineralwasser 8 Lebkuchen 5 Zuckerwaren 3 Sonst. Backwaren 2 Dörrobst 1 Filme 1 Postkarten 1 Nürnberger Andenken 1

209 Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, Ausstellung „Faszination und Gewalt“, 1001 (Vitrine) Vermarktung der NS-Reichsparteitage. Bayerisches Wirtschaftsarchiv München F 113/62: Besonders begehrt waren Hoheitszeichen. „Dieser Artikel hat eine kolossale Ausdehnung erfahren. (…) so müssten 1935 3000 bis 4000 kleine und 100 bis 200 große auf Lager genommen werden.” Je 1500 Stück Plakate wurden verkauft mit der Aufschrift: „Herzlich Willkommen”, „Heil ‘Hitler” und Hakenkreuz. 210 StadtAN C 7/925: RPT 1935. 211 StadtAN C 7/915: RPT 1934 Gewerbe, Verkehr. „Gewerbepolizeiliche Anordnungen für den Warenverkauf anlässlich des RPT 5. - 11. September 1934“. Für den Hausierhandel im Stadtbezirk wurde ein roter Erlaubnisschein ausgestellt, der sichtbar zu tragen war. Erhältlich war dieser beim Gewerbeamt gegen eine Gebühr von 5 RM. Er galt für nur eine Warengattung und war nicht übertragbar. Der Standverkäufer im Stadtbezirk brauchte einen weißen Erlaubnisschein. Für den Sperrbezirk benötigte man zusätzliche Erlaubnisscheine: Zum Hausieren im Gelände des Stadions, der Luitpoldarena, den Massenquartieren, sowie den Biwaks und Zeltlagerplätzen der SA, SS, DAF und HJ war ein Erlaubnisschein der Farbe grün mit roten Querstreifen nötig. Dieser wurde nur in Verbindung mit dem roten Erlaubnisschein ausgestellt und kostete 6 RM Außerdem existierte ein weißer Schein mit roten Querstreifen für den Standverkäufer im Sperrbezirk. 72

Reiseandenken 1 212

Für die Einhaltung der Vorschriften in der Praxis wurden SA-Streifen (SA-Gewerbepolizei) abgestellt. Ihr unterlagen vor allem die Kontrolle der Hausierer, der Verkaufsbuden und des Bedienungspersonals. Die Kontrolleure bekamen Merkblätter an die Hand: „I. Welche Waren dürfen im Hausierhandel verkauft werden? II. Welche Waren sind verboten?“ „Wer ohne gültigen Erlaubnisschein gefasst wird, ist festzunehmen und auf die zuständige Polizeiwache zu bringen. Er wird bis 24 Uhr festgesetzt, die Waren beschlagnahmt und Anzeige erstattet.” 213 Diese harte Vorgehensweise wurde vor den RPT auch öffentlich bekannt gegeben, um mögliche Schwarzhausierer abzuschrecken. Um die Kontrolle über den Hausierhandel zu behalten, erließen die Behörden eine Flut von Verordnungen. Beim RPT 1934 gab es insgesamt 150 polizeiliche Vorschriften. Bei Nicht- beachtung drohten empfindliche Strafen. Im Jahr zuvor hatten sich die Hausierer über die Bestimmungen noch hinweggesetzt.214

Um beim Straßenhandel konkurrenzfähig zu bleiben, sahen sich die Nürnberger Einzelhändler genötigt, in den folgenden Jahren ebenfalls auf die Straße auszuweichen. Sie hatten 1933 verständlicherweise große Hoffnungen in das bevorstehende Großereignis gesetzt. Dementsprechend richteten sie eine Flut an Anfragen und Anträgen an die Zentralstelle. Die Industrie- und Handelskammer Nürnberg monierte in einem Brief vom 7. Juli 1934 an die Behörden den Straßenhandel mit Lebkuchen: „Zuverlässigem Vernehmen nach sollen in der Nähe Nürnbergs befindliche Lebkuchenfabriken beabsichtigen, während des Reichsparteitags 1-Pfund- Pakete (…) durch fliegende Händler (…) verkaufen zu lassen. (…) Auf jeden Fall ist es nicht im Interesse des Einzelhandels (…) wenn in den verschiedensten Stadtteilen die Besucher des

212 StadtAN C 7/915: RPT 1934 Gewerbe, Verkehr. Verzeichnis der für das SA-Lager Langwasser gemeldeten Verkaufsstände, 31.8.1934. Angegeben dabei sind auch die Namen der Inhaber und Größe der Stände. Siehe auch StadtAN C 7/916: RPT 1934. Gesuche um vorübergehende Gewerbeerlaubniserteilungen. Z. B. beantragte eine Ladenbesitzerin, Gibitzenhofstr. 77, einen Tisch vor ihrem Laden zum Verkauf von Schokoladen- und Zuckerwaren, der auch genehmigt wurde. Eine Leihbücherei in der Waizenstraße. 5 b wollte einen Verkaufsstand für Maßkrüge mit der Aufschrift „Nürnberg - die Stadt der Reichsparteitage”. Zwei Feinkostgeschäfte beantragten je einen Stand zum Würstchenverkauf, genau wie eine Metzgerei. Ein Nürnberger Juwelier, Rathausgasse 9, wollte einen Verkaufstisch mit Nürnberger Andenken aufstellen. 213 StadtAN C 7/915: RPT 1934 Gewerbe, Verkehr. Gewerbeamt 5.9.1934; Merkblatt der SA-Streifen: „SCHWARHAUSIERER - ACHTUNG! (…) wer ohne gültigen Erlaubnisschein den Hausierhandel ausübt, macht sich strafbar. (…) Es werden SA-Streifen eingesetzt. (…) Die Streifen werden rücksichtslos jeden unberechtigten Hausierhandel und Verkauf unterbinden (…)“ StadtAN C 7/922: RPT 1935 - Allgemeines. Erfahrungsberichte. 1935 bestand die SA-Gewerbepolizei aus 128 SA-Männern und 3 SA-Führern. 214 StadtAN C 7/915: RPT 1934 Gewerbe, Verkehr. An Zeitschrift „Das Wandergewerbe“ Nürnberg 14.8.1934. „Betr. RPT 1934. Während des vorjährigen Reichsparteitags hat sich gezeigt, dass eine ganze Reihe auswärtiger Händler zum Warenverkauf nach Nürnberg reisten, ohne im Besitze der durch die Reichsgewerbeverordnung vorgeschriebenen Ausweispapiere zu sein.(…)“ 73

Reichsparteitages von fliegenden Händlern Lebkuchen angeboten erhalten, während die bodenständigen Einzelhandelsgeschäfte (…) dann keine Gelegenheit mehr finden, im normalen Ladengeschäft (…) Lebkuchen zu verkaufen (…)” 215 1935 betrug die Zahl der ausgestellten Erlaubnisscheine zum Warenverkauf 5.383.216 Einen Antrag der Industrie- und Handelskammer, in der Altstadt keine Hausierer zuzulassen, lehnte das Gewerbeamt 1935 ab.217 Gerangel und Streit um die attraktivsten Plätze auf der Straße blieben bis zum RPT 1938 an der Tagesordnung. Im Bericht der Gewerbepolizei von 1935 ist zu lesen: „Das Verbot des Aufstellens von Verkaufstischen und Ständen in der Innenstadt war an sich zweckmässig, doch hat es bei den beteiligten Gewerbetreibenden großen Unwillen erregt, dass skrupellose Unternehmer trotzdem Verkaufstische errichteten, die erst durch die SA-Gewerbepolizei entfernt werden mussten. Dem ambulanten Gewerbe war für seine kriegsbeschädigten Mitglieder eine Reihe von Postkartenständen in der Innenstadt zugebilligt worden. Es musste dabei die Wahrnehmung gemacht werden, dass nicht, wie vorgesehen, diese Stände von Kriegsbeschädigten übernommen wurden, sondern von Mitgliedern des Verbandes der ambulanten Gewerbetreibenden, die nicht Kriegsbeschädigte waren. Ob künftig diese Ausnahmestellung weiterhin zugebilligt werden will, dürfte im nächsten Jahr reiflich zu überlegen sein.“ Großen Unwillen erregte aufgrund von Absperrungsmaßnahmen die Entfernung der von dem Verband in der Bayernstraße errichteten Verkaufsstände. Bei der behördlichen Überwachung der Vorschriften gab es Pannen. Im selben Bericht heisst es: „Sehr unliebsam empfunden wurde, dass ein reibungsloses Zusammenarbeiten zwischen Polizei, Organisationsleitung und Gewerbepolizeiamt nicht immer erfolgte. Insbesondere wurde die Wahrnehmung gemacht, dass die Feldjäger in Unkenntnis der bayerischen Hausiersteuerbestimmungen Hausierer, die ohne ausgedehnte Wandergewerbescheine hausierten und deswegen von der SA-Gewerbepolizei festgenommen wurden, von den Feldjägern wieder

215 StadtAN C 7/915: Gewerbe, Verkehr 1934. Industrie- und Handelskammer Nürnberg, Betreff: Verkauf von Feingebäck während der Reichsparteitage, gez. 7.7.1934. 216 StadtAN C 7/922: RPT 1935 - Allgemeines. Erfahrungsberichte. 2544 Scheine für Postkarten, Fähnchen etc. 1348 Zucker- und Backwaren 535 Tabakwaren 518 Mineralwasser und sonst. Getränke 243 Dauerwurstwaren und Brot 87 Filme 68 Sehapparate 34 sonstige Waren 6 Stiefelzieher 217 StadtAN C 7/925: Vermerk Gewerbeamt 9.8.1935. 74 freigelassen wurden, weil ihrer Meinung nach und den preußischen Gesetzen entsprechend die Festnahme zu Unrecht erfolgt war.218

Die Organisationsleitung beanspruchte das alleinige Vertretungsrecht für die Interessen der NSDAP auch beim Parteitagsgeschäft: „Der Verkauf von Gegenständen, die in irgendeiner Form auf die NSDAP bzw. auf den RPT Bezug haben, bedarf der Genehmigung der Organisationsleitung für den RPT, Schulhaus Marientorgraben 12.“ Einem Büttnereigeschäft (Nonnengasse 18), das Stiefelzieher mit dem Aufdruck „Reichsparteitag 1935” gefertigt hatte, untersagte sie den Verkauf und beschlagnahmte alle 50 Stück.219 Für die Propagandaspektakel dieses Jahres liegt die endgültige Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben des städtischen Gewerbepolizeiamtes aus den Gebühren von 5.362 Erlaubnisscheinen für den Warenverkauf vor. Die Gesamteinnahmen beliefen sich auf 58.933,20 RM. Der Stadtanteil davon betrug 6.438 RM, der Parteianteil: 52.495,20 RM. Die Zahlen belegen, dass sich das Parteitagsgeschäfts auf der Straße für die Stadt kaum rechnete.220

218 StadtAN C 7/922: RPT 1935 - Allgemeines. Erfahrungsberichte D. Gewerbepolizei. Im Tätigkeitsbericht über die SA-Gewerbepolizei am RPT 1935 steht: „128 SA-Männer , 3 SA-Führer Der SA-Gewerbepolizei unterlag v.a. die Kontrolle der Hausierer, der Verkaufsbuden und des Bedienungspersonals. Hausierer und Händler, die ohne die vorschriftsmäßige Gewerbekarte Waren verkauften, wurden ohne besondere Verwarnung der Polizei übergeben. Dort wurde in den meisten Fällen (...) die Waren beschlagnahmt und die (...) Personen angezeigt. Besonders zahlreich waren auch die Berufsphotographen, die ohne gültigen Ausweis, sich den Passanten anboten, sie gegen Bezahlung zu photographieren.(...) Bei einer umfangreichen Kontrolle der Mineralwasserverkäufer am Mittwoch 11.9. stellte sich heraus, dass das Verkaufspersonal lediglich im Besitze eines Ausweises für „technisches Personal“ war. Von unseren Leuten wurden Verkäufer und Unternehmer darauf aufmerksam gemacht, dass ein Arbeiten ohne vorschriftsmässigen Ausweis verboten und für beide Teile strafbar ist. Es wurde ihnen zur Bedingung gemacht, sich den erforderlichen Beschäftigungsausweis oder eine graue Gewerbekarte bis zum nächsten Tage zu beschaffen (...) Unser Eingreifen hatten den Erfolg, dass bis zum nächsten Tage die vorschriftsmäßigen Ausweise (meist graue Gewerbekarten) beschafft waren. In einigen Fällen mussten wir jedoch auch hier Widerspenstige der Polizei übergeben. Insgesamt wurden von der SA-Gewerbepolizei am RPT 1935 ca. 125 Personen den Polizeiorganen (....) übergeben. (...) gez. Willy Seemann“. 219 StadtAN C 7/922: RPT 1935 – Allgemeines. Gewerbepolizeiliche Anordnungen für den Warenverkauf anlässlich des RPT: „Der Verkauf von Gegenständen, die in irgendeiner Form auf die NSDAP bzw. auf den RPT Bezug haben, bedarf der Genehmigung der Organisationsleitung für den RPT, Schulhaus Marientorgraben 12.“ Diese lag offenbar nicht vor und die Geschäftsinhaberin wurde von einem Parteigenossen angeschwärzt. 220 StadtAN C 7/922: RPT 1935. Allgemeines. Gewerbepolizeiamt, endgültige Abrechnung vom 18.10.1935 über ausgegebene Erlaubnisscheine für den Warenverkauf: a) Erlaubnisscheine für den Hausierhandel Zahl Gesamtgebühr auf Stadt auf NSDAP 4078 RM 38.681,20 RM 4.893,60 RM 33.787,60 b) Erlaubnisscheine für Verkaufsstände auf öffentlichem und auf Privatgrund 405 RM 6.859,60 RM 489,60 RM 6.370 c) Erlaubnisscheine für Verkaufsstände in den Zeltlagern, Massenquartieren usw. 75

Aufgrund der zahlreichen Beschwerden verständigten sich die zuständigen Stellen (Organisationsleitung, Gewerbeamt, Polizei, Berufsfachverbände u.a.) 1936 auf die Reduzierung der Zahl der Hausierscheine von 5.383 auf 3.000 und der Verkaufsstände im Lager Langwasser von 400 auf 96. Die positive Entwicklung in diesem Bereich spiegelten die Erfahrungsberichte zu den RPT von diesem und dem folgenden Jahr: „ (…) Die Hausierer machten selbst ein besseres Geschäft und der Umsatz der Ladengeschäfte hauptsächlich in der inneren Stadt hat sich erhöht (…)“. (gez. OB Liebel). „Es konnten auch in diesem Jahre (…) Verbesserungen der Bestimmungen vorgenommen werden, die einerseits dem Geschäftsmann und Händler, andererseits dem Konsumenten Vorteile bringen.“ 221

Die Preise für den Warenverkauf bei den Reichsparteitagen setzte die Bezirksregierung Mittelfranken in Ansbach als Preisüberwachungsstelle fest, die Kontrolle übernahm die Gewerbehilfspolizei. (Eine Ausnahme bildete die KdF-Stadt,222 die in die ortspolizeiliche Vorschrift vom 26. Juni 1937 nicht einbezogen wurde.) Einen Antrag von Oberbürgermeister Willy Liebel vor dem RPT 1937, die Festsetzung von Preisen während der RPT auf ihn persönlich zu übertragen, lehnte sie ab.223 Unter den Lebensmittellieferanten gab es Fälle von überhöhten Preisen. Der Reichsverband deutscher Mineralwasser-Fabrikanten und Händler e.V. beschwerte sich nach dem RPT 1934 bei der OL über Fälle von Preiswucher, die auf der Zeppelinwiese stattgefunden hätten: Ein Arbeitsdienstmann aus Coburg habe 30 Pfennig für eine Flasche Mineralwasser bezahlen müssen (ohne Pfand). Zum Vergleich: Eine Flasche Bier kostete 40 Pf. Außerdem als zu teuer beanstandet wurden 80 Pf. für einen Steinmaßkrug und 25 Pf. für eine Postkarte (normal 10 Pf.).224

879 RM 13.392,40 RM 1.054,80 RM 12.337,60 221 StadtAN C 7/931: RPT 1936. Erfahrungsbericht vom 16.9.1936, Betreff: Vorschriften für den Warenverkauf anlässlich des RPTs. StadtAN C 7/948: Erfahrungsbericht RPT 1937, Referat XI, gez Dürr, 25. Oktober 1937. 222 Am nördlichen Rand des Reichsparteitagsgeländes zwischen der Regensburger Straße und der Valznerweiherstraße (heutiges Gelände des 1. FCN) errichteten die Nationalsozialisten 1937 für die NS- Organisation „Kraft durch Freude“ (KDF) eine Reihe von grossen Holzbauten als Volksfesthallen: die so genannte „KDF-Stadt“. Dort fanden zur Unterhaltung der Parteitagsbesucher Folklore-, Variete- und andere Veranstaltungen statt. Die „KdF-Stadt“ brannte 1942 nach einem Bombenangriff ab. Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O., S. 205 f. 223 StadtAN C 7/947: RPT 1937. Antwortschreiben aus Ansbach vom 24.7.1937: „Der Antrag, die Festsetzung von Preisen, Preisspannen und Zuschlägen auf den Oberbürgermeister zu übertragen, muss schon deshalb abgelehnt werden, weil die Preisbildung sich nicht auf einen so engen Bezirk abgrenzen lässt. Ausserdem besteht keine Veranlassung, für den Reichsparteitag eine abweichende Preisbildung vorzunehmen. Eine Erhöhung der Preise muss grundsätzlich ausser Betracht bleiben; eine Senkung der Preise kann so rechtzeitig bei dem dortigen Ministerium als Preisbildungsstelle beantragt werden, dass sie von dort aus ausgesprochen wird. Die Regierung in Ansbach als Preisüberwachungsstelle ist räumlich so nah, dass die umgehende Verhängung von Strafen in schwerwiegenden Fällen leicht möglich ist (…)“. 224 SAN C 7/915: RPT 1934 Gewerbe, Verkehr. Reichsverband deutscher Mineralwasser-Fabrikanten und Händler e.V., 10.9.1934 an OL des RPT. 76

Auch für den RPT 1937 liegt eine detaillierte Auflistung der Einnahmen und Ausgaben des städtischen Gewerbepolizeiamtes aus dem Warenverkauf vor.225 Die Gesamteinnahmen für 3.589 Erlaubnisscheine dazu beliefen sich auf 81.638, 90 RM. Der Stadtanteil betrug 6.822,38 RM, der Parteianteil: 63.415,70 RM. Die Zahlen indizieren eine ähnliche Differenz wie 1935. Der fehlende Restbetrag von 11.400,82 RM wird durch sogenannte „Durchlaufende Posten“ wie Maler- und Schreinerarbeiten usw. erklärt: es sind die Ausgaben. Die dafür vergebenen Verkaufslizensen beinhalteten folgende Waren: Über 1.000 Stück für „Druckschriften und Postkarten“; weniger als die Hälfte für „Mineralwasser und sonstige Getränke“. Der Anteil „Nürnberger Andenken“ hatte ungefähr dasselbe Volumen wie „Back- und Zuckerwaren“ und „Dauerwurstwaren und Brot“, gefolgt von „Tabakwaren“. Weniger gefragt waren Gegenstände wie „Sehapparate“ und „Wimpel und Banner“.

Bei der Vergabepraxis der Lizenzen und der Arbeitsaufträge für Organisation und Ablauf des Reichsparteitages fanden die zuständigen Ämter und Behörden zu keiner abgestimmten Vorgehensweise. Im Erfahrungsbericht des städtischen Parteitagsreferat von 1935 heißt es dazu: „(....) ergaben sich immer wieder Schwierigkeiten daraus, dass die Auftragserteilung meist nicht einheitlich erfolgte. Neben den städtischen Stellen, die im Auftrag des Zweckverbands arbeiteten, trat die Organisationsleitung auf, dann kamen womöglich noch Untergliederungen der Partei. (...) Es wäre bei einer engeren Fühlungnahme beispielsweise auch sicher vermieden worden, dass von der OL Wachen für Objekte aufgestellt wurden, für die seitens des Zweckverbandes längst Wachen besorgt waren; dann wurde entgegen Vereinbarungen der Vorjahre Wachgelder für SA- Mannschaften erhöht usw. Durch Hinweise der Mannschaften und Arbeiter auf die bessere

225 StadtAN C 7/947: RPT 1937. „Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben des städtischen Gewerbepolizeiamtes“. Von der Gesamtzahl 3.589 Erlaubnisscheine waren 3.067 mit „Einhebung eines Parteianteils“ und 522 ohne „Einhebung eines Parteianteils“. Die weitaus größte Zahl der Scheine betraf mit 2.755 den Hausierhandel (Gesamtgebühr 38.541 RM). Die nächsthöhere, wenn auch in wesentlich geringerer Anzahl, waren die Erlaubnisscheine für Verkaufsstände in den Massenquartieren und die dortige Ausübung gewerblicher Tätigkeiten wie Friseure, Stiefelputzer usw. (Gesamtgebühr 2.523,40 RM). Nachfolgend durch 144 Plätze im Zeltlager der SA in Langwasser (Gesamtgebühr 16.560 RM). Daran anschließend sind 138 Verkaufsstände auf öffentlichem und privatem Grund zu nennen (4.141,80 RM). Dann die 128 Verkaufsstände in den Zeltlagern der NSKK, HJ, PL und Werkscharen. Hier fällt auf, dass diese Erlaubnisscheine offensichtlich teurer waren ( 8.797,10 RM). Die nächstgrößere Anzahl an Erlaubnisscheinen wurde mit 63 ausgegeben für die Ausübung handwerklicher Tätigkeiten in den Zeltlagern (Friseure, Schneider, Schuhputzer, Fotografen, Postkartenhausierer 1.040,50 RM). Für die Überlassung von Verkaufsständen in der KdF-Stadt wurden 49 Scheine ausgegeben (Gesamt 2.518,80 RM). Diese waren ca. fünfmal so teuer wie Erlaubnisscheine in den Massenquartieren. 18 Plätze gab es im Stadion für den Vertrieb von Mineralwasser (831,60 RM). Sehr teuer war die Gebühr der 14 Buden im Stadion und der Aufmarschwiese (3.080 RM) Als letztes werden die 3 Erlaubnisscheine für Sonderzelte der Firma Donath im HJ-Lager genannt (603,60 RM). Zusätzlich werden zwei Verträge angeführt: Die Erlaubnis von Hans Schütz zum Ausschank von Getränken auf der Tribüne des Adolf Hitler-Platzes für 200 RM und die Gebühr eine städtischen Bude an Foto Hoffmann für 59,30 RM Außerdem war es für Verkaufshilfen anscheinend verpflichtend, eine Blechplakette für 1 RM zu erwerben, denn es wird bei einer Anzahl von 2.735 eine Gesamtgebühr von 2.735 RM aufgeführt. 77

Bezahlung bei der OL wurden dann die beteiligten städtischen Stellen (...) in keine angenehme Lage gebracht. (...) (...) musste festgestellt werden, dass die heuer erstmals vorgeschriebene schriftliche Auftragserteilung durch die OL trotz rechtzeitiger Auftragsstellung öfters sehr lange auf sich warten ließ. Überstürzte Ausführung der Aufträge unter Heranziehung teurer Nacht-und Sonntagsarbeit waren in der Regel die Folge. (...) 226

Bei der Konzessionsvergabe von Verkaufsständen bevorzugten die städtischen Behörden „Parteigenossen“, d.h. NSDAP-Mitglieder und Parteiprominenz. In einem Akt mit der Bezeichnung „Ladenöffnung und Hausierhandel anlässlich der RPT“ von 1933 steht: „Zugelassen zum Verkauf im Sperrgebiet und in den Massenquartieren werden v.a. Mitglieder der NSDAP aus Nürnberg, Fürth, und engerer Umgebung.“ Im städtischen Amtsblatt vom 15. August 1935 heißt es: „Zum Verkauf und zum Hausierhandel werden in erster Linie zugelassen Mitglieder der NSDAP, aus Nürnberg, Fürth und engerer Umgebung, Mitglieder der Wirtschaftsgruppe Ambulantes Gewerbe, Gau Franken-Bayerische Ostmark, und Angehörige der Unterorganisationen der NSDAP, sowie auswärtige Parteigenossen, soweit sie im Besitze eines ...Wandergewerbescheins sind. (…) In den Zeltlagern darf der Verkauf grundsätzlich nur durch Mannspersonen erfolgen.” 227 Ein Nürnberger Drechsler (Halbwachsengasse 2), der Fahnenkugeln anbot, bekam keinen Zuschlag, weil er vorher aus der Partei ausgetreten war.228 Karl Holz, stellvertretender Gauleiter von Franken und Inhaber der „Großdeutschen Buchhandlung“ („einzig anerkannte nationalsozialistische Buchhandlung des Gaus Franken”, Hallplatz 5),229 verfügte seit 1933 an der Zuschauertribüne des Hauptmarktes über einen eigenen Verkaufsstand in bester Lage. Er stellte einen Antrag für die Zulassung von 5 Zeitungsverkäufern an wichtigen Plätzen im Stadtzentrum (Königstraße, Tugendbrunnen, Lorenzkirche, Königstor, Marientor) der am 23. August 1933 genehmigt wurde. Und ebenso mehrere Verkaufstische in der Innenstadt. Als Gebühr bezahlte er je Tisch pro laufenden Meter 3 RM plus Gebühr. Für den Kiosk in der Tribüne fielen 50 RM an. Ein von ihm gewünschter Postkartenverkaufsstand am

226 StadtAN C 7/922: RPT 1935. „Besondere Erfahrungen des Referates für den RPT“ 227 StadtAN C 7/925: RPT 1935. Städtisches Amtsblatt Nürnberg, 15.8.1935. 228 StadtAN C 7/885: RPT 1933. Vermerk von Liebel am 15.8.1933: „Da Wild sen. am 1.2.1933 aus der Partei ausgetreten und sein Sohn ausgeschlossen wurde, besteht zunächst keine Veranlassung dieselben bei eventuellen Aufträgen bevorzugt zu behandeln (…)“ 229 Karl Holz, geb. 27.12.1895, gest. 20.4.1945. 1915-1918 Kriegsdienst. 1922 Eintritt in die NSDAP und SA. 1924 Stadtrat in Nürnberg. 1925 Wiedereintritt in die neugegründete NSDAP. 1927 Schriftleiter beim „Stürmer“. Bedingungsloser Anhänger Julius Streichers und ihm völlig ergeben. 1933 Kreisleiter von Nürnberg-Stadt; MdR für den Wahlkreis Franken. 1934 - 1942 stellvertretender Gauleiter von Franken. 1939 Kriegsdienst. 1940 kurzfristig seiner Ämter enthoben. 3.4.1942 kommissarischer Gauleiter von Franken; Reichsverteidigungskommissar. 20.11.1944 Gauleiter von Franken. Angaben nach: BA PK F0016; SA 50 A. 78

Bahnhof wurde nur deshalb nicht genehmigt „da dort der Vorbeimarsch der P.O. vor dem Führer stattfindet (…).” 230 Der „Reichsphotograph“ Heinrich Hoffmann erhielt durch die persönliche Begünstigung Hitlers 1933 einen Verkaufsstand für seine Erzeugnisse ebenfalls am Hauptmarkt, plaziert vor dem Schaufenster eines Geschäftes für Damen und Herrenbekleidung. Hoffmann beanspruchte diesen auch für die folgenden Jahre. Der Inhaber Josef Heinrichs protestierte dagegen letztlich vergeblich.231 1936 akzeptierten die städtischen Behörden am Verkehrsknotenpunkt Plärrer nur Stände vom

230 StadtAN C 7/885: RPT 1933 Gewerbe, Verkehr. Notiz: „hat bereits persönlich verhandelt - überw. genehmigt!“ StadtAN C 7/921: RPT 1935. 8.7.-12.1935. Die Miete für die zwei Stände betrug nach Referat IX/Ptg. 100 RM. Holz wünschte außerdem „die Tribüne nicht vor Mittwoch, den 18.0.1935 abends abzubrechen, da sich gerade in den beiden letzten Tagen das Hauptgeschäft abwickelt.” Dieses Begehren wurde abgelehnt. Er monierte daraufhin den Preis - ohne Erfolg. Er erhielt den Hinweis, dass manche Stände in Langwasser und im Stadion zwischen 20 RM und 280 RM kosteten. Zur Verdeutlichung des seiner Ansicht nach zu hohen Preises gab Holz seine Bilanzen vom letzten Parteitag preis. Abzüglich Stand-Gebühr, Dekoration und Mitarbeiter seien ihm nur 47,81 RM Verdienst geblieben. „ (…) sodass von einem Verdienst überhaupt nicht mehr die Rede sein kann.(…): Brutto Umsatz 1174,27 RM; Netto Einkauf 753,21 RM; Brutto Verdienst 421,06 RM; Stand-Gebühr 100 RM; Dekoration, Ausstattung 73,25 RM; 5 Mann Bedienung a 40 RM 200 RM = Gesamt 373,25 RM; incl. Überstunden 8 Tage Verdienst 47,81 RM.“ 231 StadtAN C 7/925: RPT 1935. Vermerk Gewerbepolizeiamt 31.7.1935: „Er beansprucht (…) auch heuer wieder den gleichen Platz. Diesem Ansuchen wird um so mehr Rechnung zu tragen sein, als der Führer und Reichskanzler ausdrücklich Weisung gegeben hat, dem Reichsphotographen Hoffmann in jeder Hinsicht entgegenzukommen. … Um der Firma Heinrichs entgegenzukommen, wird es zweckmäßig sein, bei der Aufstellung der Verkaufsbuden Hoffmann und Stürmer-Verlag darauf zu dringen, dass diese etwas zurückversetzt werden (…).” Heinrich Hoffmann, geb. 12.9.1885, gest. 16.12.1957. Fotograf. Im Ersten Weltkrieg Bildberichterstatter der bayerischen Armee. Fotograf der Revolution in München. Verkaufte Portraitaufnahmen des Eisner- Attentäters Anton Graf von Arco-Valley. Einer der frühen ideologischen Wegbereiter Hitlers. Lernte ihn 1919 in München kennen. 1920 Eintritt in die NSDAP. 1932 begann er mit der Vermarktung einer vorgeblich authentischen Privatsphäre Hitlers mit dem Bildband „Hitler, wie ihn keiner kennt“. Zahlreiche der Aufnahmen waren auf dem Obersalzberg oder in seiner Umgebung entstanden, der wie kein anderer Ort die Voraussetzung bot, Hitler vor allem volksnah zu präsentieren. In mehreren Auflagen erreichte der Band eine Verbreitung von 400.000 Stück. Weitere Bildbände wie „Hitler abseits vom Alltag. 100 Bilddokumente aus der Umgebung des Führers“ folgten. Hoffmann erstellte rund eineinhalb Millionen Aufnahmen und erwirtschaftete ein Millionenvermögen. 1938 ernannte ihn Hitler zum Professor. 1940 Reichstagssitz für den Wahlkreis Düsseldorf-Ost. Da Hoffmann den Geschmack Hitlers teilte, übertrug dieser ihm die Aufgabe, die für die jährlichen Ausstellungen im Münchner Haus der Deutschen Kunst eingereichten Bilder zu sichten und auszuwählen. Begleitete Hitler auf fast allen diplomatischen Reisen und nach 1939 bei allen Frontbesuchen und gehörte bis 1945 zu dessen engsten Vertrauten.. Nach 1945 von einer Münchener Spruchkammer zunächst als Hauptschuldiger, dann als Nutznießer des NS-Regimes eingestuft. Verurteilt zu zehnjähriger Arbeits- haft im ehemaligen KZ Dachau; auf fünf Jahre reduziert. Weitere Spruchkammerverfahren zogen sich bis zu seinem Tod hin. Angaben nach: BA RK I0243; Eckart Dietzfelbinger: Kompass im alpinen Gelände: Die Dokumentation auf dem Obersalzberg. In: Stiftung Topographie des Terrors (Hg.): GedenkstättenRundbrief Nr. 169 3/2013, S. 17, Fn. 4. 79 parteigenen Franz Eher-Verlag und Heinrich Hoffmann.232 Dagegen waren Arbeitslose, auch wenn sie Parteimitglieder waren, bei der Genehmigung für Zeitungsstände chancenlos.233

6.6. Postkarten; Druckaufträge Zwischen 1933 und 1938 ergoss sich eine Flut von etwa 250 Motiven von Szenen der NS- Reichsparteitage 234 verschiedenster Produzenten millionenfach über das Reich, so dass die Postkarte in ihrer schieren Masse zum erfolgreichsten visuellen Propagandaprodukt des RPT wurde.“ 235 Vom Reichsparteitag 1934 wurden etwa 3,5 Millionen Ansichtskarten verschickt, 1935 waren es 6 Millionen. Der Postkartenhandel war für Verleger, Druckerbetriebe und Verkäufer ein außerordentlich lukrativer Geschäftszweig.236 Auch er fand hauptsächlich auf der Straße statt.237 Die diesbezüglich während des RPT 1933 von den Nürnberger Papier- und Schreibwarenhändlern gesammelten negativen Erfahrungen veranlassten die Industrie- und Handelskammer Nürnberg im Sommer 1934 zu folgendem Brief an die Behörden: „Der Papier-und Schreibwarenhandel (...) führt bei unserer Kammer lebhafte Klage über einen andauernd ungünstigen Geschäftsgang (...) Dabei macht man darauf aufmerksam, dass im vorigen Jahre dem hiesigen Gross-und Kleinhandel mit Ansichtskarten ein nicht unerheblicher Schaden daraus erwachsen ist, dass Buchdruckereibetriebe, die sich vorher niemals mit der Herstellung von Postkarten befasst hatten, gelegentlich des ersten RPTs nicht nur zum Druck von Karten

232 StadtAN C 7/ VIII KR 2434: Aktennotiz 10.81936, Gewerbepolizeiamt gez. Meyer. 233 StadtAN C 7/916: RPT 1934. 15.8.1934. „Bin schon lange Zeit arbeitslos und habe mich als Zeitungshändler (Völkischer Beobachter ) eine zeitlang durchgeschlagen. Mitgliedsnr. der NSDAP 134.167 und bin im Gesamtverband deutscher Arbeitsloser Nr. 142, der der Arbeitsfront angeschlossen ist.“ Das Gesuch wurde abgelehnt. 234 StadtAN A 5 – Postkarten, 1416: Postkarte zum RPT 1933 „Einig das Volk, stark das Reich“, (Händedruck), Verlag Franz Eher, Nachf. München; Sinhart u. Co München. StadtAN A 28 – Plakate, 1934 – 0001: Postkarte zum RPT 1934 (Schwert), Herm Sonntag & Co München. StadtAN A 4/V – Karten aus bayerischer Zeit 559, Postkarte zum RPT 1936, Aufmarschplan der Festzüge, Verlag Franz Eher Nachf. München-Berlin. StadtAN A 4/V – Karten aus bayerischer Zeit 77, Postkarte zum RPT 1937, Plan, Zentralverlag der NSDAP Franz Eher, München-Berlin. StadtAN A 5 – Postkarten, 2125, zum RPT 1939, Verlag Eher. 235 Alexander Schmidt (Hg.): Geländebegehung. Das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Geschichte Für Alle e.V. – Institut für Regionalgeschichte, a.a.O., S. 147 ff. 236 Markus Urban: Die Konsensfabrik: Funktion und Wahrnehmung der NS-Reichsparteitage, 1933-1941, Nürnberg 2007, S. 269. StadtAN C 7/921: RPT 1935. Städtisches Presseamt 20.9.1935. 237 Bayerisches Wirtschaftsarchiv: Akte F 113 / 62. C. Müller S 18 GmbH Nürnberg Schreibwarenhandlung C. Müller Hauptmarkt; Filiale: Königstr. 29. Geschäftserfahrungen während der RPT 1933 - 1938. Im Geschäftsbericht für 1934 steht: „Das Postkartengeschäft, wie überhaupt das kleine Andenken-Geschäft litt unter dem Uebelstand, dass ein Heer von Hausieren und Bauchladen-Verkäufern die Strassen Nürnbergs bevölkerte und einen grossen Teil des Bedarfes wegnahmen. Hiergegen möglichst bald anzukämpfen, ist eine unabweisbare Notwendigkeit. Dadurch sind die Vorräte von Nürnberger Trichterchen nicht ausverkauft worden.” 80

übergegangen sind, sondern auch den Vertrieb derselben unter Ausschaltung jeglichen Zwischenhandels durch Absatz im Strassenhandel bewerkstelligten. Die Papier- und Schreibwarenhändler behaupten, dass infolge dieses Umstandes ihr Umsatz in Ansichtskarten während der RPTs 1933 sich im Höchstfalle auf 70 000 - 80 000 Mark belaufen habe. Der Durchschnitts-Umsatz jeder der in Frage kommenden 200 Verkaufsstellen des Fachhandels während dieser wichtigen Tage habe deshalb höchstens 350.- bis 400 .- betragen. (....) Als besonders schmerzlich wird dabei noch der Umstand bezeichnet, dass die Karten nicht völlig ausverkauft werden und dass insbesondere die nicht abgesetzten Festpostkarten und Photos vom 1. RPT nachher unverkäuflich wurden. Die Industrie-und Handelskammer Nürnberg ist dringend gebeten worden, bei den zuständigen Stellen dafür einzutreten, dass während des RPTs in 1. Linie (...) der Fachhandel herangezogen wird.“ (Unterstreichungen im Original - S.G.) 238

Der Vorsitzende des „Reichsbund deutscher Bürobedarfs- und Papierwarenhändler e.V. Ortsgruppe Nürnberg“, Georg Haas beschwerte sich bei der Organisationsleitung. Er sah den mit ihr abgeschlossenen Vertrag verletzt. Er spielte darin auch auf die beschriebenen Begünstigungen der prominenten Parteigenossen Karl Holz, Heinrich Hoffmann und des parteieigenen Eher- Verlages bei der Konzessionsvergabe von Verkaufsständen für Postkarten an. Seine Angaben bestätigen die Situation eines hart umkämpften Postkartenmarktes beim Parteitagsgeschäft: „ (…) Der Sinn des mit Ihnen geschlossenen Vertrages ist dem (...) Gewerbe die Möglichkeit zu geben, das Kartengeschäft während des RPTs zu kontrollieren. Eine Ausnahme zu Gunsten auch nur einer Karte stellt eine Durchlöcherung des Vertrages dar. (....) Es kann sich nicht darum handeln, dass wir der Firma FRANZ EHER, noch der Firma HOLZ, noch der Firma HOFFMANN oder anderen Firmen, das Recht auf den Straßenverkauf streitig machen wollen. Es ist lediglich zu berücksichtigen, dass diese Firmen ohne Unterschied ihre Straßenhändler bei uns anzumelden haben, damit wir die, uns nach dem Vertrag zustehende Kontrolle ausüben können und selbstverständlich auch die entsprechende Gebühr vereinnahmen. Durch den Vertrag haben wir pauschal bezahlt, was sonst der Einzelne abzugeben hätte. Der Vertrag soll weiterhin bezwecken, dass jüdische Erzeugnisse nicht auf den Markt kommen (...) Was die Zahl der Strassenhändler anbelangt, so ist die Zahl mit 1.000 Mann zu hoch (...) Wenn ein Strassenhändler existieren will, dann muss er mindestens 3.000 Karten verkaufen können, er verdient dann in einer Woche ca. 120 RM (...) Wenn ich den Absatz auf der Strasse mit 1 Million einsetze, dann

238 StadtAN C 7/915: RPT 1934 Gewerbe, Verkehr. Brief der Industrie- und Handelskammer Nürnberg vom 5.7.1934. Angesichts der negativen Erfahrungen beschlossen einige Nürnberger Einzelhändler zum RPT 1934 selbst Tische/Stände vor ihren Läden zu errichten. Für diese Maßnahmen berechnete das Gewerbeamt je 6 RM. 81 wird die Grenze der zuzulassenden Händler im höchsten Fall 400 Mann sein dürfen, dazu kommen noch ca. 160 Mann, die wir in den Zeltlagern beschäftigen und die voraussichtlich nur aus SA u. SS- Leuten bestehen dürfen. In den Schulhäusern sind mindestens 200 Mann tätig, sodass eine Gesamtmenge von 760 (...) Verkäufern zusammenkommt. Der Nürnberger Schreibwarenhandel stellt fest, dass während des Reichsparteitages eine Menge Läden, die selbst Karten nicht vertreiben, ebenso auch Gastwirtschaften (...) Karten führen. Schätzungsweise wird von rund 1.000 Läden irregulärer Kartenhandel betrieben. (...) stellt der Fachhandel fest, dass die Zahl der Karten-Verkaufsstellen sich beängstigend steigert. (...) Die Firma FRANZ EHER hat uns (...) ihre Produktion genannt. (...) Die Firma HOFFMANN stellt sich zu Verhandlungen nicht. Wenn es dieser Firma etwa einfallen sollte, wozu sie infolge ihrer Kapitalkraft ohne Weiteres in der Lage ist, eine Unmenge von (...) Karten auf den Markt zu bringen, dann wird den hiesigen kleinen Geschäftsleuten das Lebenslicht ausgeblasen werden. (...)“ Karl Holz fühlte sich durch diesen Brief angegriffen und schrieb der Stadt barsch zurück.239 Die Stadt bemühte sich in diesem Konflikt um einen Kompromiss. 1935 lehnte sie ein Gesuch von Holz ab, in 49 Schulhäusern Verkaufstische für Postkarten, offizielle Führer und Nürnbergs Ansichtskarten aufstellen zu dürfen. Der Oberbürgermeister ließ ihm antworten: „ (…) dass Ihrem Ersuchen leider nicht Rechnung getragen werden kann, da die Aufstellung von Verkaufsständen der Organisation der Papier- und Schreibwarenhändler bereits gestattet ist.“ Für den Straßenverkauf erhielt Holz die gleiche Zahl von Verkaufstischen zugesprochen wie der Eher-Verlag.240 Das Verlagshaus nutzte seine Privilegien und traf 1935 mit der OL eine Vereinbarung, wonach niemand eine Postkarte verkaufen durfte, auf der ein Hinweis auf den RPT angebracht war. Damit war vielen Händlern und Verkäufern von Postkarten das Geschäft verdorben. Der Postkartenverleger Eugen Wirthmann, der acht verschiedene Karten mit je 20.000 Stück mit einem solchen Hinweis bereits fertiggestellt hatte, protestierte bei der OL und versuchte mit seiner frühen Parteimitgliedschaft zu punkten: „Ich bin seit langen Jahren Postkartenverleger, in dieser Branche das einzige, alte Parteimitglied und überhaupt in Nordbayern (…)

239 StadtAN C 7 /914: RPT 1934 Unterbringung, Verpflegung. Darin beide Briefe. Karl Holz schrieb: „1. Herr Haas hat nicht das Recht des Alleinvertriebs von Postkarten für den Reichsparteitag. 2. Herr Haas hat nicht das Recht zu bestimmen, wer zum Postkartenverkauf am Reichsparteitag zugelassen werden soll oder nicht. 3. Derartige Anmaßungen verstoßen gegen die gesetzlichen Bestimmungen der Gewerbefreiheit. 4. Die Gewerbepolizei stellt (…) die Gewerbescheine aus. Private Abmachungen zwischen Herrn Haas und der Organisation des Reichsparteitags haben hierauf keinen Einfluss. 5. Warnung (…) einstweilige Verfügung!“ 240 StadtAN C7/925: RPT 1935 Gewerbe und Verkehr. 7.8., 12.8.1935. 82

Ich habe mich aus diesem Grunde rechtzeitig und zwar schon im Mai dieses Jahres mit meiner Fach-Organisation, deren Mitglied jeder Postkartenverleger nach Reichsgesetz sein muss, in Verbindung gesetzt und überall die von mir in Aussicht genommene Karte zur Begutachtung und Genehmigung vorgelegt ohne, dass irgend eine Beanstandung erfolgte (...).“ 241 Ob Wirthmann damit Erfolg hatte oder nicht, war nicht rekonstruierbar. In den Akten finden sich vereinzelt Hinweise darauf, dass sich kleinere und mittlere Papierwaren- und Schreibwarenhändler beim Postkartenverkauf auch bei den folgenden RPT bis 1938 benachteiligt fühlten.242

Im Gegensatz zu dem Postkartenverkauf handhabten die Behörden das Fotogewerbe bei den RPT restriktiv. Vermutlich sollte das Bildmonopol für die NS-Propaganda, von dem an erster Stelle Heinrich Hoffmann profitierte, sollte soweit als möglich unangetastet bleiben. 1933 ist die Zulassung von lediglich fünf ortsansässigen Fotografen durch den „Reichsverband Deutscher Bildberichterstatter“ (Berlin) nachweisbar.243 Im Erfahrungsbericht der Gewerbepolizei von 1935 ist zu lesen: „Sehr misslich wurde das massenhafte Auftreten von Wanderpotographen empfunden, die ohne jeden Ausweis ihr Gewerbe auszuüben versuchten, obwohl das Photographieren während des RPT‘s durch Berufsphotographen verboten war. (…).“ Viele von ihnen sprachen auch Passanten an, um sie gegen Bezahlung abzulichten. Eine Anfrage des Fotografen Franz Krölling aus Kassel betreffend der Herstellung von Fotos während des RPT liess Oberbürgermeister Liebel so beantworten: „ (…) teile ich mit, dass in Nürnberg das Aufstellen auf öffentlichen Straßen und Plätzen zum Zwecke des gewerbsmäßigen Photographierens, sowie das Ansprechen von Passanten zur Erlangung eines Auftrages nicht gestattet ist.“ 244

241 Ebenda: Schreiben vom 9.8.1935. 242 StadtAN C 7/923: RPT 1935. Schreiben von Fritz Trautner, Reichsbund Deutschen Bürobedarfs und Papierwarenhändler e.V Ortsgruppe Nürnberg, 23.7.1935, an Gewerbepolizei Nürnberg: „ ... gestatte ich mir die höfliche Bitte zu richten der Ortsgruppe des Reichsbundes deutschen Bürobedarfshändler und Papierwarenhändler auch für dieses Jahr wieder den Verkauf von Ansichtskarten und Andenken in den festen Quartieren, wie Schulhäusern und Fabriken zu genehmigen. Ich weise ganz besonders darauf hin, dass speziell der Schreibwarenhandel sehr um seine Existenz zu kämpfen hat, ich kann Ihnen Geschäfte nennen, für die eine Tageseinnahme von M 4.- ein Rekord ist. Sie können sich denken, dass diese Leute mit Sehnsucht darauf warten, durch den Verkauf in den Quartieren etwas mehr verdienen zu können, da in den Läden selbst, erfahrungsgemäss, während des Parteitages gar nichts mehr zu machen ist, da sich ja alles auf den Strassen abspielt und dem Hausierhandel damit Tor und Tür geöffnet sind. (...) Heil Hitler“. gez. Fritz Trautner. StadtAN C 7/961: RPT 1938. Geschäftsstelle der OL, Erfahrungsberichte. Preiskontrollen: „Laut ortspolizeilicher Vorschrift waren die Postkarten mit Sonderstempel und Führermarke zum Verkauf zugelassen. Darüber hinaus setzte auch ein schwunghafter Handel mit Ansichtskarten …..ein, die mit dem RPT überhaupt nichts zu tun hatten. Dabei wurden Preise gefordert, die mit dem Wert der Karten (…) in gar keinem Einklang standen (…) Die Verkäufer sollen in der Hauptsache Ostmärker gewesen sein…“ 243 StadtAN C7 /885: RPT 1933 Gewerbe, Verkehr. Fotografen: Otto Kaul, Wörthstraße 7/4, Georg Schmitt, Erlenstegenstraße 71/0, Albert Freitag, Rosenaustraße 6, Alfons Klahr, Waizenstraße 10, Karl Schweiberer, Vordere Kartäusergasse 8. 244 StadtAN C 7/922: RPT 1935 - Allgemeines. Erfahrungsberichte. D. Gewerbepolizei; Tätigkeitsbericht über die SA-Gewerbepolizei am RPT 1935. 83

Die RPT boten auch für Druckereien Einnahmequellen. 1933 erhielt die Buchdruckerei Lotter einen Auftrag für 60 Plakate. Den Druck von Festkarten übernahm im gleichen Jahr die Lithographische Kunstanstalt Wolfrum & .245 1933 wurde der Reichsparteitagsführer (Verlag Eher) von der Firma M. Müller & Sohn in München gedruckt.246 Willy Liebel, selbst Druckereibesitzer, beschwerte sich angesichts der Benachteiligung Nürnberger Druckereien, mit Erfolg.247 Den Reichsparteitagsführer 1934 (Verlag: Franz Eher, Anzeigen: Georg Kienle, München) produzierte seine Druckerei Monninger gleich selber. Den Auftrag hätte der geschäftstüchtige Oberbürgermeister auch anderen Nürnberger Druckereien überlassen können, denn er war durch den Druck des antisemitischen Hetzblattes „Der Stürmer“ gut im Geschäft. Den Nürnberger Stadtplan, als Beilage im Festführer, druckte 1933 und 1934 Leonhard Amersdorffer. Die „Heftchen für den Dienstgebrauch zum Reichsparteitag” druckte 1934 die Firma Zeder-Druck, Nürnberg.248

6.7. Dekorationsartikel Die Herstellung und der Verkauf von Dekorationsartikeln für die Reichsparteitage stellte aufgrund der Vielfältigkeit einen weiteren lukrativen Geschäftszweig dar. Die Betriebsleitung der Schreibwarenhandlung C. Müller, die ihren Hauptsitz am Hauptmarkt und eine Filiale in der Königstraße 29 hatte und neben anderen Produkten mit der Herstellung von NS-Hoheitszeichen aus Pappe beauftragt war, schrieb 1934: „ (…) Doch das eigentliche Reichsparteitagsgeschäft war hervorragend: Die Umsätze waren im Hauptgeschäft (…) um etwa 20 %, in der Filiale (Königstraße 29) um 40 % höher wie im vergangenen Jahr. (…) An dem Haupttag waren in beiden Geschäften je über 2.000 Kunden abzufertigen (...) “ Zum RPT 1935 vermerkte sie: „Das Geschäft hat sich über alle Erwartungen gut angelassen und lag 35,2 % im Mittel über den Ergebnissen des vergangenen Jahres. Die Gründe dafür dürfen gesucht werden in einer wesentlich grösseren Kauffreudigkeit der Parteitagbesucher, die in diesem Jahre, im Gegensatz zum

StadtAN C 7/925: RPT 1935 Gewerbe und Verkehr. Anfrage Franz Krölling, Photograph, Kassel, 30.7.1935. Antwort Oberbürgermeister in Vertretung, 7.8.1935. 245 StadtAN C 7/885: RPT 1933 Gewerbe, Verkehr. Buchdruckerei Hans Lotter, Untere Kreuzgasse 10, Nürnberg: 40 Stück zu 17 RM, 20 Stück zu 16,50 RM; Wolfrum & Hauptmann, Lithographische Kunstanstalt, Fichtestr. 26/28, Nürnberg. 246 StadtAN C 7/917. 247 Ebd. 23.3.1934. Bereits einen Tag später kam die positive Antwort von der Parteizentrale in München: „Wir haben die Absicht, Ihrem Wunsch entsprechend den Führer zum Reichsparteitag diesmal von Nürnberger Firmen herstellen zu lassen. (…). Liebel bezog den Plural der Aussage offenbar einzig auf seine eigene Firma Monninger. Vgl. Anhang 248 StadtAN C 7/917: RPT 1934. 21.4.1934. Auf diesen Stadtplänen war eine Werbung für Mercedes Benz aufgedruckt. Dies missfiel einigen Stadträten; eine Überprüfung ergab, dass der Auftrag dafür von der Aufmarschleitung erteilt worden sei. Ebd.: 11.9.1934. 84 vergangenen, wieder wesentlich grössere Freiheiten im Besuche der Stadt hatten. (…).“ Die steigende erfolgreiche Geschäftsbilanz wurde bei den folgenden RPT bis 1938 bestätigt In Bericht diese Jahres ist vermerkt: „Die Umsätze in der Zeit vom 5. mit 12. September haben um 20 %.... gegenüber dem vergangenen Jahr zugenommen.“ 249 Zu den Produkten für Dekorationen gehörten insbesondere Fahnen, Fahnenstoffe, masten, - stangen, -tuch, -knöpfe und -ringe, Fahnenmasthalter und -bekrönung (sehr teuer), Kränze, künstliche wie natürliche Blumen, Girlanden, Stoffbahnen, „Fensterteppiche“ und Papierprodukte; ferner die Materialien (Bühnenvorhang, Vorhangstoff für Führerloge etc.) zur Schmückung des 1935 auf Anordnung Hitlers „zu einer festlichen Stätte deutscher Bühnenkunst“ umgebauten Opernhauses in Nürnberg. Dort fanden musikalische Darbietungen und die „Kulturtagungen“ während des Reichsparteitages statt. Im Laufe der Jahre entwickelten die Veranstalter ein ausgeklügeltes System, das lückenlos durchdacht war. Nichts wurde dem Zufall überlassen, es gab exakte Pläne, die Art und Größen der Fahnen war zentimetergenau vorschrieben. Es handelte sich um Hakenkreuzfahnen unterschiedlichsten Ausmaßes oder Fahnen mit Stadtwappen, je nach Art des öffentlichen Gebäudes. Der Form nach unterschieden sie sich ebenfalls: Schräg-, Zipfel-, Schlaufen-, und Wimpelfahnen und Schwingfähnchen. Die hier beschriebenen Dekorationsmuster beinhalten mindestens 463 Einzelfahnen.250

249 Bayerisches Wirtschaftsarchiv, Akte F 113/62: Schreibwarenhandlung C. Müller GmbH Nürnberg, Hauptmarkt; Filiale: Königstraße 29. Geschäftserfahrungen während der RPT 1933 - 1938. StadtAN C 7/885, RPT 1933 Gewerbe, Verkehr: Auftrag. Schreibwarenhandlung C. Müller, Hoheitszeichen in Pappe. 250 StadtAN C 32 Z RPT 1933-1955/1102: RPT 1936 Stadtschmückung. „Altes Rathaus: 34 Fahnen im ersten Stock wie im Vorjahr. Oben am Mittelbau 6 Hakenkreuzfahnen 11 x 1,60 m. An den Seitentürmen und an der Nordseite je 3 Fahnen mit dem grossen Stadtwappen. An der West- und Nordseite in den oberen 2 Geschoßen an den Fenstern doppelte Goldgirlanden mit rotem Band (Probefenster). Nordseite Goldkränze. Rathaus am Fünferplatz: Schrägfahnen wie im Vorjahr, gegen den Fünferplatz eine grosse Hakenkreuzfahne und eine Stadtwappenfahne. Essenweinbau: An der Galerie 7 Hakenkreuzfahnen 7 m lang. Theresienstraße 16: zwei Schrägfahnen neu, 2 x 2. Alte Schau: Balkongitter rot hinterlegen, auf der Brüstung Grüngirlande mit Goldband. Stadtbibliothek: 4 Schrägfahnen wie im Vorjahr. 3 x 3 m Fembohaus: Im 1. und 2. Stock an den Fenstern Goldgirlanden mit rotem Band, darunter 6 Goldkränze, an der Strassenseite zwei 9-Meter- Fahnen mit Stadtwappen. Albrecht-Dürerplatz: Nordseite 40 Fähnchen. Im 2. Stock Goldgirlanden, im dritten Stock Goldkränze. Dürer-Denkmal: Grüngirlanden mit rot-weissen Schleifen.Tiergärtnertor: Am Turm 4 Zipfelfahnen mit kleinem Stadtwappen (1,60 x 1,60). Tiergärtnertorbrücke: 12 Wimpelfahnen (wie an der Fleischbrücke) an jedem dritten Geländerpfosten befestigt. Dürer-Haus: Unter den Fenstern im 2. u. 3. Stock Grüngirlande mit Gold, 6 Goldkränze, am Giebel eine schmale rot-weiss-Fahne 9 x 1,60. Turm am Henkersteg: Gegen die Pegnitz eine grosse Hakenkreufahne (8 m). Leihhaus: An den Giebeln je 1 grosse Hakenkreuzfahne 9 x 1,60, an der Westseite 1 grosse Schrägfahne 3 x 3 m und 9 kleine Schrägfahnen 2 x 2 m Ostseite drei kleine Schrägfahnen. Weisser Turm: 8 Hakenkreuzzipfelfahnen und 14 Schwingfähnchen unten am Tor. (60 x 1.20). Spittlertor: Gegen den Plärrer 2 Hakenkreuzzipfelfahnen 1,60 x 1,60, x 5, im Waffenhof 22 Hakenkreuzfähnchen 60 x 1,20 m und 17 rot-weisse Fähnchen, 60 x 120 cm Peter-Henlein-Brunnen: Fähnchen wie im Vorjahr. Schulhaus am Färbertor: An der Strassenseite sechs 9-Meter-Hakenkreuzfahnen, an den Schmalseiten je eine 9-Meter-Fahne. Wehrgang zwischen Färbertor und Kartäusertor: 4 Hakenkreuzzipfelfahnen, an den Türmen 18 Hakenkreuzfähnchen und 14 rot-weisse Fähnchen 0,60 x 1,20 m unter den Schießscharten 85

Grüngirlanden. Germanisches Museum: An der Galerie 14 Hakenkreuzfahnen (1,80 x1,80 x 7,00). Nassauer Haus:7 Hakenkreuzzipfelfahnen, 6 Zipfelfahnen mit kleinem Stadtwappen, an den Fenstern Goldgirlanden mit rotem Band, zwischen den Fenstern im 1. Stock ein Stadtwappen mit Gold-und Grüngirlande. (H 1,80 x 1,80 x 7,00; W 1,60 x 7,50). Ammon & Caspart: 4 Schlaufenfahnen mit Goldband 12 m x 1,60.…mannsches Haus: An den beiden Giebeln je 2 Hakenkreuzfahnen 9 m, an den 4 Erkern je 1 Hakenkreuzfahne 9 m Mauthalle:28 Schrägfahnen wie im Vorjahre. An den Giebeln je 1 grosse Schlaufenfahne mit Goldband, in den Bogenfenstern Grüngirlanden , an den Dachaufbau gegen den Hallplatz 26 rot-weisse Fähnchen, 60 x 1,20.Polizeiwache in der Pfannenschmiedgasse: An den beiden Türmen je 1 kleinere Zipfelfahne mit Stadtwappen am Eingang und an den Fenstern des Erdgeschosses Goldgirlanden. Wehrgang am Königstor: 9 Hakenkreuz und 8 rot-weisse Fähnchen 60 x 1,20.Frauentor: 5 Hakenkreuz und 4 rot-weisse Fähnchen. Im Torbogen Grüngirlande. Waffenhof am Frauentor: 3 Zipfelfahnen mit kleinem Stadtwappen, 23 Hakenkreuzfähnchen 0,60 x 1,20.Städtische Galerie: 20 Hakenkreuzfähnchen 60 x 1,20 am Eingangstor und an den unteren Fenstern Grüngirlande mit Gold. Bauhof 2: Unter den Fenstern des 1. Stockes und an den Eingangstüren Grüngirlanden mit Gold. Lorenzerstraße 30: 4 grosse Hakenkreuzfahnen an der Strassenseite (9 m x 1,60 ). Schulhaus am Marientorgraben: An der Strassenseite 5, an den Schmalseiten je 2 und an der Rückseite 3 Hakenkreuzfahnen 9 m Norishalle: An den Eingängen und an den Eckbauten Grüngirlanden mit Gold. Katharinenkloster: An der Südseite 1 grosse Wappenfahne (11 m x 1,60), am Eingang Grüngirlanden und 2 Kränze mit Gold.Schuldturm: 4 Hakenkreuzzipfelfahnen 3 x 3 x 8.Pellerhaus: 3 Zipfelfahnen (1,60x 1,60 x 5) mit kleinen Stadtwappen an den Giebelfenstern, an der Balkonbrüstung weisser Teppich mit goldenem Hakenkreuz und Grüngirlanden, an den Fenstern des ersten Stockes Grüngirlanden mit Gold. Egidienberg 25: 4 grosse Hakenkreuzfahnen, am Balkon weisse Bespannung mit roten Streifen und Grüngirlande. Laufer Schlagturm: 8 Zipfelfahnen mit Stadtwappen (3 x 3x 8) Toblerhaus: 5 Schrägfahnen rot-weiss-rot- weiss 2x 2 m, im Erdgeschoß Grüngirlanden mit Gold. Kaiserstallung: 4 Schrägfahnen wie im Vorjahr 3 x 3 m .Luginsland: 8 Hakenkreuzzipfelfahnen 1,60 x 1,60 x 5. Fünfeckiger Turm: Schwingfähnchen wie im Vorjahr. Ludwigtor und Maxtor-Bastei: Hakenkreuzzipfelfahnen wie im Vorjahr. Stadtschmückung zum RPT 1936: Ergebnis der Rundfahrt vom 19.8.1936 Gauhaus: 16 Masten mit Fahnen Gauleiterhaus: 2 Fahnen an vorh. Masten mit Gründekoration Gästehaus: 4 Fahnen in den Dachluken und Gründekoration Einfahrtstore: 14 Stück 14-m-Masten mit Hißflaggen 6 x 6 m. Flughafen: Masten in den vorgesehenen Schächten alle 10 bzw. 8 m. Flughafenstraße: einseitig bis zur Bayreutherstraße Alle 20 m. Je 1 11 m-Mast Unterführung zur Bayreuterstraße: an der Nordseite beiderseits je 3 11m-Masten Bayreutherstraße: Haus Nr. 115 bis zum Postgebäude beiderseits alle 10 m je einen 11-m-Mast, Lindestadion bis Virchowstraße alle 15 Meter je einen 11-m-Mast. Vor Löbleinsgarten sechs 11-m-Masten und Haltestelle Maxfeld 11-m-Masten. Hindenburgplatz: Von Lebensversicherungsgebäude bis Cramer-Klettstraße an der östlichen Strassenseite alle 15 Meter je einen 11-m-Mast. Innere Cramer-Klettstraße; vor der Polizeiwache beiderseits der Strasse je fünf 11-m-Masten. Marientorgraben: von Cramer-Klettstr bis Steubenbrücke soweit möglich. An der östlichen Strassenseite alle 15 Meter einen 11 m-Mast. Steubenbrücke: wie im Vorjahre. Von der Steubenbrücke bis Bhf: Masten in den vorgesehenen Schächten. Bahnhofsplatz: Vor dem Mittelbau vier 16 m-Masten mit Hissflaggen 6 x 6 m oder Waagbalkenfahnen 11 x 1,60 m. Tafeln seitlich des Mittelbaues beschriften und grün dekorieren. Vor den Seitenbauten je sechs 11-m-Masten. Bahnhofdreieck Masten in den vorgesehenen Schächten. Frauentorbrücke: Fähnchen wie im Vorjahre. Frauentor und Wehrgang: Wimpel an jedem Fenster 2 Stück. Ringstraße vom Bahnhof bis Plärrer. Wie im Vorjahr. Opernhaus: zehn 16-m-Masten in Schächten, sonst wie im Vorjahre. Rothenburgerstraße Vor Haus Nr. 119 vier 11-m-Masten auf dem Gehsteige. Egidienberg: beiderseits an der Pflasterkante alle 8 Meter ein 11 m-Mast. Spitalplatz: an der nördlichen und südlichen Platzwand 1 m. Vom Randsteg alle sechs Meter je einen 8 -m- Mast mit rot-weiss-rot-weiss Hißflagge. Denkmal mit Grün und Gold dekoriert. 86

Die Höhe der Fahnenmasten durfte ebenfalls nicht willkürlich sein, auch der Abstand der Masten voneinander war vorgegeben. Ab 1936 blieben die Fahnen als Propaganda- und Werbeeffekt noch tagelang hängen.251 Darüber hinaus setzten die Dekorateure sogenannte Fensterteppiche ein, die am Fenstersims befestigt war. Größter Auftraggeber für Dekorationsartikel war die Stadt Nürnberg unter Federführung des Hochbauamtes. Sie legte der Branche die Verwendung von bestimmten Material, Größenordnungen und Farben für die Schmückung der Versammlungsareale auf. Bereits 1934 mussten Fahnen ersetzt werden, weil sie zerschlissen oder gestohlen waren, z.B. aus dem Zeltlager der HJ auf der Russenwiese, wo insgesamt sechzig große 5,50 m lange Fahnen verschwunden waren.252 Ebenso bestimmte die Stadt die Produkte zur Wand und Bühnenbespannung. Von ihr bevorzugte Dekorateure insbesondere bei der Schmückung des Hauptmarktes waren die ortsansässigen Firmen Georg Eggendorfer und Ludwig Lauterbach.253 1933 und 1934 war die Verwendung von frischem Grün, künstlichen Girlanden, Kränzen usw. erlaubt. Dies änderte sich 1935. Wenige Wochen vor dem Reichsparteitag untersagte die Stadt per Erlass die künftige Verwendung von künstlichem Schmuck (z.B. Strohranken, Kränze), ausgenommen präpariertes Eichenlaub.254 Diese Entscheidung verursachte einen Sturm der Entrüstung. Die Geschäftsinhaber, die Lieferanten und die Hersteller versuchten in seitenlangen Briefen die Verantwortlichen dazu zu bewegen, die neue Verordnung wieder auszusetzen bzw. erst für 1936 in Kraft treten zu lassen,

Neue Bayernstraße: Zwischen Wilhelm-Späthstraße und Luitpoldarena einerseits bis zur Trafostation andererseits bis zu den Bäumen alle 10 Meter einen 11-m-Mast. Regensburgerstraße: Vor der Trafostation und Unterführung zum Stadion.“ 251 StadtAN C7/931: RPT 1936. Brief von Martin Bormann an Willy Liebel vom 2.9.1936: „Der Führer hat angeordnet, die Fahnen und sonstigen Dekorationen in Nürnberg sollten nicht sofort nach Beendigung des RPTS abgenommen werden, sondern 3 bis 4 Tage über den RPT hinaus hängen bleiben.“ /Im Übrigen mussten sämtliche Fahnen am Tage vor Beginn des Reichsparteitags wegen eines heftigen Sturms wieder eingezogen werden. (ebd.) 252 StadtAN C/914: RPT 1934 Unterbringung, Verpflegung. Am 4.9.1933 meldete das Stadtgartenamt den Verlust der Fahnen: „Sie wurden, wie die HJ-Wache mitteilte, von den begeisterten HJ-Leuten (angeblich besonders von den Berlinern) abgeschnitten und als Erinnerung mitgenommen. Dies geschah trotz der etwa 200 Mann starken HJ-Wache, die gegenüber der Begeisterung der übrigen 60.000 wahrscheinlich machtlos war. (…)“ 253 StadtAN C 7/92: RPT 1935. Dekoration der Luitpoldhalle 1935: „ … heuer roter Samt und Plüsch!“ Zeitungsnotiz vom 19.8.1935: „Nach den Entwürfen von Reichsarchitekt Speer führt Meister Lauterbach, der Dekorateur der RPT, die Wand und Bühnenbespannung durch. Roter Samt und himmelblauer Nesselstoff, Goldschnüre (…) tausende von Metern werden verarbeitet (…) , (…) 52.000 m Stoff. (…)“ StadtAN, C 14,2 Vergabewesen. Darin sind die einzelnen Rechnungsbeträge beider Unternehmen von den RPT 1933 - 1938 aufgelistet, die von der Stadt Nürnberg beglichen wurden. 254 StadtAN C 7/931: RPT 1936. 25.6.1936: „Die Eichenlaub und Goldranken der Firma Beck ( Hohfederstraße 40, Nbg.) sind erlaubt.“ (Da Natureichenblätter). StadtAN C 7/926: RPT 1935. Niederschrift über eine Besprechung des Referat IX/Ptg über die Ausschmückung der Stadt am 9.8.1935: „Baurat Andersen wird im Benehmen mit der Polizeidirektion Nürnberg-Fürth eine ortspolizeiliche Vorschrift vorbereiten, die die Verwendung von künstlichen Girlanden in der Altstadt … verhindern soll.“ 87 ansonsten drohe ihre Existenzgefährdung. So richtete der Geschäftsinhaber A. Barthelmess aus Nürnberg am 23. August 1935 einen mehrere Seiten langen Beschwerdebrief an die Polizeidirektion: „Durch den Erlass ist (…) eine große Wirtschaftsgruppe wie die Papierindustrie vollständig ausgeschaltet. (…) Bemerken möchte ich, dass ich als Spezialgeschäft für Dekorationsartikel (…) allein auf den Verkauf der nunmehr verbotenen Artikel angewiesen bin. (…). Die Durchführung (…) würde meinen wirtschaftlichen Ruin bedeuten. Die erst jetzt erfolgte Veröffentlichung bedeutet für mich einen großen Verlust, denn ich musste vor Monaten einkaufen. (..) “ Der Lieferant Benno Kreiner aus Hannover schrieb am 24. August an die gleiche Adresse: „ … Als Lieferant der Tannengrün-Dauergirlande aus Papier sind mir durch diese Verordnung große Schäden insofern entstanden, als die (…) Kunden, die bereits Aufträge in grösserem Umfange überschrieben hatten, solche auf Grund dieser Verordnung wieder zurückgehen lassen mussten. (…) Um nun keine unbillige Härte eintreten zu lassen, bitte ich Sie, die gegebene Verordnung … wieder aufzuheben. …“ Die IHK Nürnberg wendete sich sogar zweimal kurz hintereinander (26.8. und 29.8.1935) an den Polizeipräsidenten: „ … täglich, ja fast stündlich werden bei uns von Einzelhandels- und Grosshandelsbetrieben darüber Klagen erhoben, dass sie infolge der so außerordentlich spät erfolgten Ankündigung des Verbotes der Verwendung von künstlichen Bastgirlanden und Bastkränzen nicht in der Lage gewesen seien, rechtzeitig … Dispositionen zu treffen. …” Aus Berlin schrieb der Verband der Fabrikanten der Bindereibedarfsartikel an Oberbürgermeister Liebel. Auch der preußische und der sächsische Wirtschaftsminister intervenierten gegen den Erlass, doch vergebens. Die beiden letztgenannten erhielten einen handschriftlichen Brief von Baureferent Walter Brugmann, der lapidar mitteilte, dass die Bastgirlanden „eine ungünstige Wirkung in Material und Farbe hätten und somit eine Unzierde für die historische Altstadt seien.“ Im Übrigen hätten die Geschäfte seit Monaten von dem Verbot gewusst.255 Aus Kostengründen bevorzugte die Stadt beim Kauf Großhersteller solcher Produkte in Deutschland. Die verschiedenen Anbieter mussten sich dem fügen; sie konkurrierten erbittert

255 StadtAN C 7/926: RPT 1935. Alle Zitate ebenda. Ähnlich äußerte sich der Hersteller K.W. Heerklotz aus Dohna in Sachsen in einem Brief an den ZRN: „Meine Nürnberger Kundschaft will mir die gelieferten Strohranken und Kränze zurücksenden, der Grund sei Ihr Verbot vom Donnerstag, den 22.8.1935. Ich bitte Sie höflichst dieses Verbot für meine Strohdekoration rückgängig zu machen, denn der Schaden ist ein ganz gewaltiger und die Folgen sind nicht abzusehen (…) Man hätte das mindestens zwei Monate vor dem Verbot wissen müssen und nicht erst 14 Tage vor dem Reichsparteitag. Den dadurch betroffenen Firmen ist wirtschaftlich ein großer Schaden entstanden, denn z.B. meine Artikel werden monatelang vorher auf Lager gearbeitet und waren beim Verbot bereits ausgeliefert und es ist mir unmöglich die gelieferten Waren zurückzunehmen. Ich bin ein prompter Steuerzahler und würde bestimmt kaputt gehen, wenn ich in Nürnberg Geld einbüßen musste. (…)” 88 gegeneinander.256 Die Stadt regelte auch die Zahlungsmodalitäten. Kleinere Betriebe waren betreffend der Zahlungsmoral existentiell davon abhängig. Heinrich Schenk, Geschäftsinhaber eines Tapezier- und Dekorationsgeschäftes, musste bis Ende März 1935 auf die Überweisung der Kosten von 573,70 RM warten, die für die erbrachten Leistungen zur Dekoration des Podiums des städtischen Stadions (Belag mit Cocus-Teppich, Bespannung der Stirnseiten mit „Rupfen“ (Grobleinen), Behängung mit roten Stoff, Teppich-Belag) am Reichsparteitag 1934 angefallen waren.257

Auch die NSDAP erteilte Aufträge. 1936 beauftragte sie mit der Herstellung der insgesamt 1,5 Millionen Parteitagsabzeichen Münzprägeanstalten in Saarlautern, München, Schrobenhausen, Pforzheim, Frankfurt, , Lüdenscheidt, Mühlhausen in Thüringen und Markneukirchen in Sachsen. Den größten Anteil von 400.000 Stück erhielten je zur Hälfte die beiden Nürnberger Firmen C. Balmberger u. L. Ch. Lauer.258 Selbst Hitlers Chefdekorateur und Architekt Albert Speer versuchte sich einzumischen. Während des RPT 1936 sollte auf dem Hauptmarkt eine schattenspendende Fahnenwand für den Partei- und Staatschef aufgestellt werden, was dieser jedoch ablehnte. Nichtsdestoweniger hatte Speer das Material dafür bereits angekauft. Deshalb gab es Ärger wegen der Erstattung von ca. 3.700 RM auf Rechnung der Stadt Nürnberg.259

256 StadtAN C 14 Vergabewesen. Darin finden sich Namen und Rechnungsbeträge der Hersteller, z.B. die mechanische Weberei C. F. Ploucquet in Heidenheim/Brenz und die Weberei Ott in Forchheim. 257 StadtAN C 7/919: RPT 1934. Heinrich Schenk, Tapezier- und Dekorationsgeschäft, Hummelsteinerweg 72, Nürnberg. 12.9.1934 Rechnung für: OL des Reichsparteitages 1934; 11.3.1935 Mahnung: „Bei meinem letzten Vorsprechen am Städtischen Hochbauamt im Dezember 1934, wo ich wegen der offen stehenden Rechnung reklamierte, wurde mir mitgeteilt, dass im Laufe des nächsten Monats, also Januar 1935, die Anweisung zur Ausbezahlung des Betrages bestimmt erfolgen müsste. Es ist inzwischen März geworden und hat sich bis heute weder Zahlung noch Nachricht über den Verbleib eingefunden. Abgesehen davon, dass seit Rechnungsausstellung bereits ein halbes Jahr verflossen ist, habe ich gelieferte Ware und Arbeitslohn schon längst bezahlen müssen. (…)” Er erhielt sein Geld schließlich am 26. März 1935. 258 StadtAN C 7/931: RPT 1936. Städtisches Presseamt Nürnberg, 21.8.1936: „Kleinigkeiten“ vom Reichsparteitag. 1,5 Millionen Abzeichen und 3000 Fahnen“. Siehe Anhang: Werbung von Balmberger und Lauer. 259 StadtAN C 7/931: RPT 1936. Es handelte sich um eine Bestellung von 8 Fahnenstangen bei der Firma Mannesmannröhren-Lager am 7.8.1936 (Preis pro Stück 402 RM), sowie 2 Hoheitszeichen bei Jeremias Ritter, Nürnberg (Gesamtpreis 540 RM): „Auf Veranlassung von Herrn Architekt Speer sollte während des RPT 1936 auf dem Adolf-Hitler-Platz eine schattenspendende Fahnenwand für den Führer aufgestellt werden. Die hierzu benötigten 8 Stahlrohrmasten mussten (...) am 7.8.1936 bestellt werden. Nachdem durch die Entscheidung des Führers die Aufstellung der Fahnenwand nicht erfolgte, wurden die Masten nach der Anlieferung (...) eingelagert. (…) Die Verhandlungen zogen sich monatelang hin, so dass erst am 22.1.1937 der Betrag von 3.216 RM über die Deutsche Bank und Disconto Gesellschaft beglichen werden konnte. Die Firma Mannesmannröhren-Lager berechnete 60 RM Verzugszinsen. Nach einem Gutachten des Herrn Ref. II/IIa ist die Forderung berechtigt. (…) Ferner wurden für zwei der Fahnenmasten bei dem Kunstgewerbler Jeremias Ritter, Nürnberg, Heroldstraße 6, in Kupfer getriebene Hoheitszeichen (D 1 m) in Auftrag gegeben. Die Rechnung über 540 RM ist noch unbeglichen. Die Bestellung erfolgte seinerzeit auf Veranlassung des Architekten Professor Speer (...) Die Mittel der Stadtschmückung sind jedoch nahezu aufgebraucht. 23. März 1937.“ 89

Ein Kostenvoranschlag für die Schmückung des Hauptmarktes („Adolf Hitler-Platz“) bezifferte die Ausgaben auf 15.000 RM.260 Die Gesamtausgaben für Dekorationen beim RPT 1934 beliefen sich auf 54.558,32 RM.261 1937 und 1938 betrugen die entsprechenden Summen 45.000 RM.262

6.8. Lautsprecher Während der RPT hatte der Einsatz neuer Medien (Presse, Rundfunk, Film) zur Verbreitung der NS-Propaganda eine zentrale Bedeutung.263 Betreffend Handel und Gewerbe war vor allem der Verkauf neuester Technik, insbesondere Lautsprecher zur Beschallung der Massenspektakel interessant.264 Marktbeherrschende Stellungen hatten Firmen wie die „Süddeutsche Telefon, - Apparate, -Kabel- und Drahtwerke A.G. Nürnberg“ (Te-Ka-De),265 Telefunken (Berlin),266

260 StadtAN C 7/931: RPT 1936. Vermerk 18.8.1936, Städtisches Hochbauamt. Abt. IV. Gez. Wallraff Kostenvoranschlag über die Dekorationsarbeiten zum RPT 1936. Dekoration am Adolf Hitlerplatz 2 800 bzw. 2500 einzelner Häuser 1 500 Empfangstore 3 000 Goldgirlanden 1 800 Schlosserarbeiten (Fahnenhalter usw.) 1 200 Fuhrleistungen 1 000 Fotoaufnahmen 200 Unvorhergesehenes 500/ bzw. 800 Neuanschaffungen 3 000 ------15 000 RM 261 StadtAN C 7/926: RPT 1935. 8.8.1935 Gesamtausgaben für Dekorationen 1934. Darin enthalten waren die Ausgaben für Dekorationsarbeiten, Hoheitszeichen, Adler (...), Fahnen, Fahnenmasten, Schnüre, Kugeln, Blumen, Deko für Kampfspiele, Anleuchtung. 262 StadtAN C 7/963: RPT 1938 Presse, Verkehrsregelung, Stadtschmückung. Vermerk Brugmann u.a. vom 19.5.1938: „Für die Durchführung der Stadtschmückung im gleichen Ausmass wie im Vorjahr wird von H II ein Betrag von 45.000 RM benötigt.“ 263 https://www.lmz-bw.de/fileadmin/user_upload/Medienbildung_MCO/fileadmin/bibliothek/ dietzfelbinger_nationalsozialismus/dietzelfelbinger_nationalsozialismus.pdf: Eckart Dietzfelbinger: Der Beitrag der Medien zur Faszination des Nationalsozialismus. 264 Max Ackermann: Skript Bayerischer Rundfunk Studio Franken: Ohne Lautsprecher wäre nichts gewesen. Die Aufmärsche der Nationalsozialisten. Nürnberg 1995. 265 StadtAN E 9/376, Nr. 1: Chronik der Te-Ka-De, 1964. / Werk und Wirken: 50 Jahre Te-Ka-De. Festschrift Arno Wilhelm Wittig: Telekommunikation aus Nürnberg – ein Blick in die Geschichte unseres Unternehmens, in: Hg. Philips: Innovation, Technische Mitteilungen Telekommunikation (Nachdruck) 1/1991. Die Firma „Süddeutsche Telefon, -Apparate, -Kabel- und Drahtwerke A.G. Nürnberg“ geht in ihren ältesten Fertigungszweigen, dem Kabelwerk und dem Telefon-Apparatebau, auf zwei alteingesessene Nürnberger Handwerksbetriebe zurück: Obermaier und Heller. Beide gehörten auf ihren Arbeitsgebieten zu den führenden Unternehmen. Als Obermaier ohne mündige Erben 1894 starb, beschäftigte das Unternehmen bereits 80 Arbeiter und 6 kaufmännische Angestellte. Der Kabelhersteller wurde an Theodor und Max Guilleaume/Köln verkauft. Die apparatebauende Fabrik Heller wurde 1904 von denselben erworben. Bis 1912 hatten sowohl das Kabelwerk als auch der Apparatebau von Jahr zu Jahr an Ausdehnung gewonnen. Das Stammhaus in Köln wandelte die Nürnberger Niederlassung in eine eigene Aktiengesellschaft mit selbständiger Verwaltung um. Am 2. August 1912 wurde die neue 90

Körting oder Dietz & Ritter. Sie stellten ebenso Mikrophone, Verstärker, Radios sowie Telefon- und Funktechnik her. Die Te-Ka-De rüstete viele Großveranstaltungen elektroakustisch aus, z.B. die Deutschen Turnerfeste in Stuttgart 1933 und Coburg 1935, sowie Veranstaltungen in München, Berlin und auf dem Hesselberg. Lautsprecher, mittels denen eine künstliche Nähe zwischen Sprecher und Zuhörer erzeugt werden konnte, waren bei den Nationalsozialisten ständig präsent, ob bei Heldengedenktagen, Turner- oder Sängerfesten, bei Mai-, Sonnwend-, oder Totenfeiern und erst recht bei den größten Feiern - den Reichsparteitagen. Vorsorglich wurde die jeweilige Anlage von Technikern in einzelne Lautsprechergruppen aufgeteilt. Zusätzliche gab es Verstärker, auf die in kürzester Zeit umgestellt werden konnte. Es war Hochtechnologie, deren Bedienung bei nicht geschultem Personal ein Problem darstellte.267 Den Veranstaltern der RPT war die große Bedeutung dieser Technik bewusst. Es war un-strittig, dass die besten Systeme eingesetzt werden mussten. Strittig war einzig, wer bezahlen sollte. Es stellte sich aus Kostengründen als sinnvoll heraus, die Anlagen entgegen ersten Überlegungen dauerhaft zu erstellen. Nach den 1933 getroffenen Vereinbarungen zwischen der Stadt und der Partei hätte in diesem Fall Nürnberg dafür aufkommen müssen. Angesichts knapper Kassen versuchte die Stadtverwaltung vergeblich die Reichsrundfunkgesellschaft und das

Aktiengesellschaft im Gesellschaftsregister des königlich bayerischen Amtsgerichts Nürnberg eingetragen. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 unterbrach die friedlichen Zwecken dienende Arbeit. Auf dem Kabelgebiet trat nun die Herstellung von Feldkabel in den Vordergrund. Im Apparatebau wurden Granatzünder gefertigt. Aufgrund des großen Bedarfs stiegen die Belegschaftszahlen beträchtlich an: von 451 Personen 1914 auf 1707 im Jahr 1917. 1918 wurde das Werkgelände durch ein im Norden an der Nornen- und Walkürenstraße angrenzendes Gebiet erweitert. Somit war eine 30.080 qm große Gewerbefläche entstanden. In den 1920er Jahren gab es Patentstreitigkeiten mit Telefunken, die zugunsten der Telefunken ausgingen /S. 104: „Das Abflauen der Vorjahreskonjunktur als erste Vorboten der nahenden schweren Weltwirtschaftskrise traf 1928/ 29 nur die Apparatesparte. In der Kabelfabrik und im Röhrenbetrieb wurden gute Ergebnisse verzeichnet, obwohl man gerade bei letzterem durch einen ungewöhnlich harten Konkurrenzkampf beeinträchtigt war. Für die ganze deutsche Volkswirtschaft brachen mit der Weltwirtschaftskrise ab 1929 katastrophale Zeiten an. (…) In dieser schwierigen Zeit wurde selbst das krisenfestere Kabelgeschäft anfällig. 1929/30 waren die Betriebseinrichtungen nicht mehr voll auszunutzen und 1930/31 trafen die Auswirkungen daraus, dass die Hauptabnehmer Post, Bahn und die öffentlichen Körperschaften selbst von dringend notwendigen Anschaffungen Abstand nahmen, die Te-Ka-De so schwer, dass ein Gesamtrückgang von rund 25 % hingenommen werden mußte.“ / StadtAN E 9/376, Nr. 11. Nach dem Geschäftsbericht der Aktiengesellschaft Te-Ka-De Nürnberg hatte die Firma im Zeitraum 1. Juli 1934 bis 30. Juni 1935 einen Reingewinn von 250.280,46 RM Max Ackermann: Ohne Lautsprecher wäre nichts gewesen, S. 2: In den Kriegsjahren entwickelte die Te- Ka-De kriegstaugliche „Wehrmachtsröhren“ und Verstärkeranlagen für die Marine. Außerdem baute sie einen Peilsender für ferngelenkte Geschosse (Ortungssender der V1). Nicht umsonst galt die Firma den Alliierten als „kriegswichtiger Betrieb.“ 266 StadtAN C 7/888: RPT 1933. Die Firma Telefunken gab sich bereits 1933 selbstbewusst und warb in der Fränkischen Tageszeitung vom 1. September. 267 Max Ackermann: Ohne Lautsprecher wäre nichts gewesen, a.a.O., S. 7. C 7/947: RPT 1937. „Geschäftsstelle der Organisationsleitung, Erfahrungsberichte“. Darin steht: „Bei der Bedienung der Lautsprech- und Fernsprechanlagen haben sich die von anderen städtischen Ämtern abgestellten Kräfte zum erheblichen Teil nicht bewährt. Es müssen entweder geeignete Kräfte eingesetzt werden oder die Schulung muss sich über einen grösseren Zeitraum erstrecken.“ 91

Propagandaministerium als Kostenträger zu gewinnen. Trotz dieses Scheiterns schaffte es der Stadtrat nach zähen Verhandlungen, die Hauptlast der Kosten auf die NSDAP abzuwälzen. Die Stadt gewährleistete nur noch Energieversorgung.268 1933 zahlte die NSDAP nach den Angaben des Reichsorganisationsleiters Rudolf Schmeer für die gesamten Lautsprecheranlagen eine Mietgebühr in Höhe von 27.600 RM. Das Angebot von Telefunken für den RPT 1934 in Höhe von 247.000 RM erschiene ihm „außerordentlich hoch“. Die Firma sei ihm als besonders teuer bekannt, so dass er mit einer Auftragserteilung an diese sich nicht ohne weiteres einverstanden erklären könne.269

Für den RPT 1933 stellte die Te-Ka-De sämtliche Lautsprecheranlagen. Die Nürnberger Firma konnte in ihrer Leistung mit den Berlinern durchaus konkurrieren, denn die OL bedankte sich nach dem Ende des RPT bei der Firma, die Aufgabe, die Luitpoldhalle mit Lautsprechern auszustatten sei mit Bravour gelöst worden. Nun gäbe es keine akustischen Probleme mehr. Dabei hob man lobend hervor, dass besonders kleine Lautsprecher verwendet wurden und man diese geschickt hinter Stoff und Fahnen versteckt hatte.270 1934 erhielt die Firma Telefunken fast alle Aufträge; Dietz & Ritter bekam den Auftrag für die Beschallung der Zeppelinwiese. Allein die als dauerhaft installierten Lautsprecheranlagen im Stadion kosteten 116.000 RM; für die geplanten Großlautsprecher- und Rundfunkanlagen findet sich eine Kostenzusammenstellung von 320.873 RM. Der Te-Ka-De blieben lediglich die Ausführungen der Lautsprecheranlagen im Alten Stadion und der Luitpoldhalle. Zwar versicherte die NSDAP der Stadt, dass sie bei der Vergabe der Aufträge für die Lautsprecheranlagen nach Möglichkeit Nürnberger Firmen berücksichtigen würde. Aber Te-Ka-De beschwerte sich mehrmals auf das Heftigste bei der Stadtverwaltung darüber, zugunsten der Telefunken übergangen worden zu sein. Ihr Firmenvertreter Fritz Weisch versuchte den Auftrag zu retten und wandte sich an die Stadt: „Die Firma TEKADE hat in allen Fällen bewiesen, dass bisher sämtliche Lautsprecher Veranstaltungen (…) erledigt wurden. Ebenso in Bezug auf Gelingen einer Veranstaltung bedacht, hat die Firma jederzeit Kosten auf ein Mindestgeld beschränkt und bei vielen Veranstaltungen die Verstärker und Lautsprecher kostenlos zur Verfügung gestellt. Eigentümlich

268 SAN C 7/919: RPT 1934, Rechnungswesen. 2.1.1934, Vermerk Hochbauamt, Abteilung I A: „Für Rundfunk, Lautsprecher- und Scheinwerferanlagen, sowie Filmaufnahmen wurden keine Mittel eingesetzt, da diese Arbeiten bereits beim letzten PT von der Parteileitung bestellt und bezahlt wurden.“ Im Frühjahr 1934 fanden betreffend der Kostenfrage im Amtsgebäude der Städtischen Werke, Blumenstraße 16, mehrere Besprechungen über die Rundfunk- und Lautsprecheranlagen statt. StadtAN C 7/947: RPT 1937. Anschaffungen der Stadtverwaltung 1.4.1937 bis 15.3.1938. Die Stadtverwaltung Nürnberg hatte in diesem Zeitraum für 53,285 kWh Strom aufzukommen. Die Straßenbeleuchtung brannte während der RPT ab 1937 die ganze Nacht. 269 StadtAN C 7/920: RPT 1934. Lautsprecheranlagen. Vermerk 12.4.1934, gez. Direktor Bayer. Darin Protokolle von Besprechungen am 23., 28.3., 12., 16., 17.4., 18.5., 16.6.1934. 270 Max Ackermann: Ohne Lautsprecher wäre nichts gewesen, a.a.O., S.6. 92 mutet hier schon der Kauf einer Telefunken-Anlage durch die Stadt Nürnberg an, da die TEKADE eine ortsansässige Industrie ist. Zum Reichsparteitag 1933 wurde die Kongresshalle von der TEKADE mit 74 Lautsprechern kostenlos ausgerüstet (…) Die im Reichsparteitagsgelände noch mit Anlage zu versehenden Plätze wie Luitpoldhain, Zeppelinwiese und Stadion erhielt die ehemals jüdische, jetzt gleichgeschaltete Grossfirma Telefunken. Trotzdem ich 3 Wochen lang bei der Reichsleitung der NSDAP mich um Aufträge bemühte und die Firma TEKADE bedeutend niedriger im Preis war, wurde Telefunken mit sämtlichen weiteren Anlagen betraut. (…)“. (Unterstreichungen im Original - S.G.) 271 Erst 1937 konnte die Te-Ka-De ihr Leistungsvermögen wieder voll und ganz unter Beweis stellen. Sie erhielt den Auftrag zur Beschallung der neu errichteten KdF-Stadt. In einer eigenen Broschüre (mit Fotos von H. Hoffmann) wird die Anlage genaustens beschrieben. Die zu versorgenden Fläche betrug demnach 200.000 qm. Eingesetzt wurden 145 mittelgroße und große Lautsprecher sowie 28 Mikrophone. Die Gesamtverstärkerleistung hatte mehr als 800 Watt. Für die Leitungswege waren etwa 16.000 m Te-Ka-De-Spezialkabel und -leitungen nötig. Für die Frankenhalle wurden viele kleine Lautsprecher nach dem Prinzip der Schallaufteilung eingesetzt, die als Schießscheiben verkleidet optisch in die Dekoration eingefügt wurden.272

271 StadtAN C7/913: RPT 1934 Allgemeines. 5.4.1934. StadtAN C 7/920: RPT 1934. Lautsprecheranlagen. Besprechung 28.3.1934: „An den Lautsprecheranlagen im Stadion ( 116.000 RM) hat auch die Stadt Interesse. Deshalb könnte hier eine Kostenbeteiligung (...) in Frage kommen, während bei den übrigen Lautsprechern und bei den Rundfunkanlagen von der Stadt keinerlei Kosten aufgebracht werden können.“ Kostenzusammenstellung für die in Nürnberg geplanten Großlautsprecher- und Rundfunkanlagen 320.873 RM. 272 StadtAN E 9/ 376, Nr. 83: TEKADE: Kraft durch Freude Stadt“, S.1 ff. Werbeheft der Te-Ka-De mit dem Titel: „Unser Freund - der Lautsprecher“. Darin heisst es auf Seite 1: „Unser Freund – der Lautsprecher. Dieser Ausspruch wurde in der KdF-Stadt 1937 geprägt; wohl nichts kennzeichnet die Beliebtheit dieses neuzeitlichen Hilfsmittels besser. Hier wurden all die Möglichkeiten, die eine moderne Lautsprecheranlage bieten kann, den Besuchern besonders nahe gebracht. Wo immer sie auch waren, der Lautsprecher verband sie mit dem Freudenquell und es darf gesagt werden, dass nicht zuletzt dadurch diese wundervolle Stimmung und das Gefühl der Zusammengehörigkeit aufkommen konnten.“ 93

6.9. RPT-Tourismus Der Fremdenverkehr in Nürnberg und der Region erfuhr durch die RPT eine deutliche Belebung. Nach offiziellen Angaben stieg die Zahl der Übernachtungsgäste zwischen 1933 und 1938 von 200.000 auf rund 530.000. Die Zahl der RPT-Besucher belief sich im Jahre 1937 auf 453.179 mit 2.079.054 Übernachtungen gegenüber 455.189 Besuchern mit 2.461. 729 Übernachtungen 1936 (…). 273 Betreffend der Möglichkeiten dafür bestand allerdings ein extremes Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Denn 1933/1934 gab es in Nürnberg nur 3.216 Hotelbetten. Der Verkehrsverein Nürnberg e.V. hob in einem Schriftstück hervor: „Der Verkehrsverein hat an seinen Schaltern beim RPT 1933 und 1934 im Zusammenhang mit der Quartiervermittlung Verhältnisse und Vorfälle erlebt, die alles andere als werbend für Nürnberg sind. Er hat es für seine Pflicht gehalten, auf die festgestellten Mängel hinzuweisen. (...). 274 So waren die meisten Reichsparteitags-Touristen auf Privatunterkünfte angewiesen. Sowohl die OL als auch Gauleiter Julius Streicher appellierten jährlich durch Anschläge und Zeitungen an die Nürnberger Bevölkerung, Schlafstätten zur Verfügung zu stellen. Z.B. war in der „Nürnberger Zeitung“ vom 12. Juni 1936 zu lesen: „Aufruf an die Bevölkerung Nürnbergs! Der Führer hat bestimmt, dass die Teilnehmerzahl am diesjährigen Reichsparteitag eine noch größere ist als in den vergangenen Jahren. Die bisher gemeldeten Quartiere reichen jedoch bei weitem nicht aus, die Teilnehmer unterzubringen, die aus allen Gauen nach Nürnberg kommen. (…) Werbeaktion: Es wird erwartet, dass die Bevölkerung (…) jedes verfügbare Quartier zur Verfügung stellt. Die Gauleitung Streicher“.275 Städtischen Angestellten wurde 1936 Anwesenheitspflicht und die Bereitstellung von Quartieren von Oberbürgermeister Liebel dringend nahegelegt.276 Für eine Übernachtung empfahl die OL höchstens 1 RM zu nehmen, tatsächlich verlangten einige Vermieter jedoch zwischen 2,50 RM und 3,50 RM. 277

273 Georg Seiderer. Nürnberg - die „Stadt der Reichsparteitage“, Selbstinszenierung einer Großstadt im „Dritten Reich“ (1933 - 1939). In Fritz Mayrhofer, Ferdinand Oppl (Hg.): Stadt und Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte der Städte Mitteleuropas, Band 21, Linz 2008. S. 311-340, S. 332. 274 StadtAN C 7/923: RPT 1935 - Unterkünfte. Schreiben des Verkehrsvereins Nürnberg e.V, Betr.: Quartiervermittlung, 27.7.1935. 275 StadtAN C 7/934: RPT 1936. „Nürnberger Zeitung, 12.6.1936“. 276 StadtAN C 18/PA Allg., Nr. 672, Beurlaubungen zu den RPT 1933 - 1938, Dir.-Verfügung 11.6.1936, „Betr. Erholungsurlaub während der RPT“: „Es ist (..) unerwünscht, dass Angehörige der städtischen Gefolgschaft (…) während der RPT Erholungsurlaub nehmen und diesen ausserhalb Nürnbergs zu verbringen. (...) Es wird der peinliche Eindruck erweckt, als ob sich die Beteiligten absichtlich um die Bereitstellung von Quartieren für auswärtige Gäste drücken wollen. Das aber darf in der Stadt der RPT nicht sein. Ich ordne deshalb an, dass Erholungsurlaub (…) nur in ganz besonderen Ausnahmefällen (…) genommen werden.(…) Gez. Liebel 277 Ausführlich dazu Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O., Unterkunft S. 150 ff. 94

1934 wurden in der Stadt 43.000 Betten angeboten, bis zum RPT 1938 blieb die Zahl relativ konstant.278 In mehreren Fällen machten die Vermieter auch negative Erfahrungen mit Parteitagsgästen.279 Eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit für die Bewohner der Innenstadt war die Vermietung von Fensterplätzen zu happigen Preisen, vor allem, wenn sie zum Hauptmarkt ausgerichtet waren. Der Stadtrat appellierte jedoch an die Bevölkerung, „diese der OL unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, damit von dort aus vor allem Schwerkriegsbeschädigten die Möglichkeit geboten werden kann, den Vorbeimärschen anzuwohnen.“ 280

Die Einnahmen aus dem wichtigsten öffentlichen Verkehrsmittel für Teilnehmer und Zu-schauer während der RPT, der Straßenbahn, vermochten die Ausgaben für eine Erweiterung des Systems bei weitem nicht zu decken. Zwar stiegen die Beförderungsziffern von 3.397.000 Personen beim RPT 1935 auf 6.281.387 beim RPT 1938, der Wagenpark umfasste in diesem Jahr 239 Triebwagen, 341 Beiwagen und 142 Autobusse und Anhänger, und das eingesetzte Personal wurde um mehr als 1000 Schaffner aus anderen Großstädten verstärkt. Beim RPT 1933 betrugen die Einnahmen 160.000 RM, ab 1934 galt ein Einheitstarif von 20 Pfennig. Demgegenüber standen Investitionen für den Ausbau des Straßenbahnsystems in Millionenhöhe gegenüber: 1933 Gleiserneuerungsarbeiten für 156.000 RM, 1934 die Ausgaben für neue Anhängerwagen von 190.000 RM, 1936 Ausgaben von 3.265.000 RM für den Ausbau des Straßenbahnsystems zum Reichsparteitagsgelände. Die aufwendige Dienstleistung rechnete sich nicht und stieß wegen des Massenansturmes von Menschen mit teils chaotischen Szenen auch technisch an ihre Grenzen. 1938 lautete das Fazit der Städtischen Werke: „ […] Der Reichsparteitag 1938 hat einwandfrei gezeigt, dass nach der Ausschöpfung sämtlicher irgendwie gangbarer und wirkungsvoller

StadtAN C 7/913: RPT 1934 Allgemeines. Bayerische Volkszeitung, 20.10.1934. C 7/947: RPT 1937. „Geschäftsstelle der Organisationsleitung, Erfahrungsberichte“. Tätigkeitsbericht der Lebensmittelpolizei und Preisüberwachung während des RPT 1937, 30.9.1937: „ (…) Zimmerpreise: Eine Vermieterin verlangte in einem Drei-Bett-Zimmer pro Person RM 5.- für Übernachten mit Frühstück. Die Mieter waren Ausländer (Belgier) und forderten Nachprüfung des Preises. Während der Nachprüfung einigten sich die Parteien auf ein Übernachtungsgeld von RM 2.50 mit Frühstück je Bett.“ 278 StadtAN C 7/913: RPT 1934. „Bayerische Volkszeitung 20.10.1934: „Die Wirtschaftsbilanz des Reichsparteitags“. Vgl. Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O., S 148. 279 StadtAN E 1 /2214 , Nr. 2 : Persönlicher Bericht über den RPT 1934 von Emil Kramer, Nürnberg. Er schreibt über Privatquartiere: „Ein dicker Rheinländer (hat) bei einem Bekannten Einquartierung erhalten. Der Mann, der extra sein Bett seinem Gast zur Verfügung gestellt hat, und sich selbst aufs Sofa gebettet hat ist sehr mit Undank belohnt worden. (…) als der (…) Amtswalter (nach acht Tagen) ade sagte, teilte er dem guten Mann mit, dass er kein Geld mehr habe und die Zeche nachschicken werde. Bis jetzt ist aber noch nichts gekommen.(…).“ 280 StadtAN C 7/917: RPT 1934. Vermerk vom 20.8.1934 „Überlassung von Fensterplätzen anläßlich des Reichsparteitages 1934“. Es ging hierbei um die Wohnungen: Adolf Hitler Platz 3, 5, 6, 7, 9, 11, 13, 15, 17, 19, 21, 23, 24, 25. An die entsprechenden Bewohner wurden vorgedruckte Formulare verteilt. Wer nicht entsprechend der Aufforderung handeln wollte, hatte einen Grund anzugeben. Einzelne taten dies nicht. 95

Maßnahmen die Straßenbahn mit ihren technischen Anlagen am Ende ist.“ 281

Seit 1935 boten die Veranstalter der RPT auch Führungen über das Reichsparteitagsgelände an. Sie waren eine Besucherattraktion. Das Amtliche Bayerische Reisebüro (München) erkannte als Marktführer das Potenzial für die Branche, das in der „Stadt der Reichsparteitage“ mit der Großbaustelle Reichsparteitagsgelände lag. Anfang November 1935 stellte es den Antrag für eine Vereinigung mit der Verkehrs AG und den Nürnberger Droschkenkutschern und begründete es so: „ (…) dass im Hinblick auf die außerordentliche Entwicklung des Nürnberger Fremdenverkehrs und die künftige Einbeziehung des Reichsparteitaggeländes in die Fremdenrundfahrt auch ohne Zweifel ein Bedürfnis vorliegt.“ Ihm wurde stattgegeben. Darauf regte der Verkehrsverein Nürnberg für auswärtige Besucher die Durchführung von Rundfahrten über das Parteitagsgelände in der wärmeren Jahreszeit an. Auch der ZRN stellte Anfang Januar 1936 erste Überlegungen an, ob er selbst als Reiseunternehmer auftreten sollte. Er einigte sich mit dem Reisebüro auf eine Zusammenarbeit in Form der Beteiligung der Stadt Nürnberg als Gesellschafter am Geschäft. Es folgte die Einrichtung eines gemeinsamen Stadtreisebüros in Nürnberg (Bayerisches Reisebüro, Stadt, Verkehrsverein Nürnberg). Ziel der Gesellschaft war die Regelung von Gewinn und Verlust der Fahrten und Führungen über das Parteitagsareal sowie die Vermeidung von Konkurrenz. Der Fahrpreis inklusive Führung betrug 2 RM pro Person.282 Der ZRN, der pro Führung einen Gebühr von 30 Pfennig einnahm und die

281 Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O., S. 136-141. StadtAN C 7/ 947: RPT 1937 Erfahrungsbericht 1937 Städtische Werke. StadtAN C 7/948: RPT 1937. Erfahrungsbericht 1937: „Die Vergrößerung der Schleife am Dutzendteich … hat sich bewährt … , zumal gerade die Dutzendteichschleife in diesem Jahr eine besondere Verkehrssteigerung aufzuweisen hatte. Der Zu- und Abstrom von der KdF-Stadt konnte von den eingesetzten Autobussen nicht allein bewältigt werden, sodass ein wesentlicher Teil der KdF-Besucher mit der Strassenbahn befördert wurde. Zu Zeiten der Spitzenbelastung wurde bei der Dutzendteichschleife die Grenze der Leistungsfähigkeit erreicht. Die Zuggeschwindigkeit verlangsamte sich dann in den Strassen der Innenstadt sehr stark, sodass die Wagen nicht rasch genug zur Endhaltestelle zurückkamen. Das hatte zur Folge, dass nach dem Feuerwerk am Dutzendteich eine ungeheuere Menge von wartenden Fahrgästen stand, die den aus starken Balken gebauten Abschlusszaun fast eingedrückt hätte. Einige Bewußtlose mussten vom Platz getragen werden. Am Plärrer traten zu Zeiten der Spitzenbelastung ganz ähnliche Erscheinungen auf. (…)“ „Wagenpark: Auf manchen Strecken, insbesondere auf der Linie 18 zum Stadion und der Dutzendteichlinie, wäre ein höherer Einsatz von Wagen dringend notwendig gewesen. Bis zum nächsten Rpt müssen weitere Strassenbahn-Beiwagen, Autobusse und Anhänger beschafft werden (inzwischen in die Wege geleitet!). Desgleichen ist eine Bestellung von Triebwagen für den Rpt 1939 notwendig (inzwischen veranlasst!).“ „Lautsprecher – Transparente: Bei der Bedienung der Lautsprech- und Fernsprechanlagen haben sich die von anderen städtischen Ämtern abgestellten Kräfte zum erheblichen Teil nicht bewährt. Es müssen entweder geeignete Kräfte eingesetzt werden oder die Schulung muss sich über einen grösseren Zeitraum erstrecken. Die Anbringung der Transparentbänder hat sich sehr gut bewährt. SS-Sicherungsdienst für Straba: Die Abstellung von 500 Mann hat sich … als viel zu gering erwiesen. (…)“ StadtAN C 7/961: RPT 1938. Geschäftsstelle der OL, Erfahrungsberichte 1938. 282 StadtAN C 7/963: RPT 1938. Presse, Verkehrsregelung, Stadtschmückung. Antrag des Amtlichen Bayerischen Reisebüros München vom 6.11.1935. Genehmigung der Stadt vom 19.1.1936. 96

Touren autorisierte, warb mithilfe des Städtischen Amtsblattes dafür (Wochentags wurden drei einstündige Führungen pro Tag angeboten, samstags vier und sonntags sogar fünf).283 In einem Interview des „Stadtspiegel” im November 1936 bejahte der amtierende

StadtAN C 32 Z RPT 1935-1955/ 337: Führungen im Reichsparteitaggelände 1935-1943. Schreiben des Verkehrsverein Nürnberg an Oberbürgermeister Liebel vom 13.11.1935. Vorschlag für folgendes Angebot zur Besichtigung des Reichsparteitagsgeländes: Fahrtprogramm: Abfahrt Mauthalle oder Klarakirche; Königsstraße, Königstor, Bahnhofstrasse, Marientunnel, Regensburgerstrasse, Hainstrasse, Wodanplatz, durch den Luitpoldhain (Sondergenehmigung für die Omnibusse notwendig) zur Festhalle. Aussteigen lassen. Zu Fuss auf die Ehrentribüne der Luitpoldarena (Sondergenehmigung! Schlüssel!) Auf der Strasse des Führers zum Ehrenmal; an der Nordwestseite der Luitpoldarena entlang zur Bayernstrasse, wo der Wagen wieder bestiegen wird. Bayernstrasse, Herzogstrasse zur Ehrentribüne der Zeppelinwiese. Zu Fuss bis zur gegenüberliegenden linken Eckseite der Zeppelinwiese und zum Stadion (Schlüssel für Tribüne!, Sache des Ref.VIII), Auf der Tribünenseite bis zur Marathontor-Seite, Blick in die Schwimmbadanlagen. Besteigen des Wagens. Fahrt entlang dem Schwimmstadion (Möglichkeit zur Fahrtbeendigung am Schwimmstadion-Café) zur Äusseren Allersbergerstrasse; Allersbergerstrasse (Weg des Führers!). Bahnhof, Klarakirche. Anmerkung: Ehrenhalle LH wird heuer (also 1935) umgestaltet, weshalb Besichtigung nicht möglich. 1. Fahrtdauer: 1,5 St. 2. Fahrtzeiten: Frühjahr bis 15. Juni und 15. Sept. … von 15 -16 Uhr; von 15.6. bis 15. 9. Auch 9.30 bis 11 Uhr. 3. Fahrpreis inkl. Führung: 2 RM pro Pers. 4. Unterlagen zur Erläuterung 283 StadtAN C 32 Z RPT 1935-1955 /338: Städtisches Amtsblatt, Nr. 65, 13.8.1936. „Führungen durch das Reichsparteitaggelände. Der Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg veranstaltet ab 14. August regelmäßig Führungen durch das RPG. Montag mit Freitag 1. Führung 10.30 Uhr 2. Führung 15.00 3. Führung 16.00 Samstag 1. Führung 10.30 Uhr 2. Führung 15.00 3. Führung 16.00 4. Führung 17.00 Sonntag 1. Führung 10.00 Uhr 2. Führung 11.00 3. Führung 14.30 4. Führung 15.30 5. Führung 16.30 Die Teilnahme an einer solchen Führung ist nur gegen Lösung einer Teilnehmerkarte gestattet. Preise. Einzelperson (Teilnehmerkarte A) 50 Rpf. Personenvereinigungen (min. 25 Personen) ,je Person (Teilnehmerkarte B) 30 Rpf. Schülergruppen, Angehörige von HJ, BdM, Arbeitsdienst, SA,SS, Angehörige der Wehrmacht, Teilnehmer an KdF-Fahrten in Gruppen, je Person (Teilnehmerkarte D) 20 Rpf. Die Teilnehmerkarten sind auf Verlangen vorzuzeigen. Sie gelten nur am Tag der Lösung und berechtigen nur zur Besichtigung des RPG unter Führung einer vom Zweckverband … bestellten Führungsperson. … Folge leisten, keine Haftung etc. Die Abgabe der Teilnehmerkarten erfolgt an der Verwaltungsstelle für Führungen im RPG, die zunächst in dem Holzgebäude der Bayernstraße zwischen Luitpoldhalle und Tiergarten nahe der Straßenbahnhaltestelle Tiergarten untergebracht ist. Dort werden auch Auskünfte über die Führungen erteilt. Auf fernmündlichen Anruf unter Nr. 2824/360 gibt auch jederzeit das Städtische Vollzugsamt im Rathaus bereitwillig Auskunft.” 97

Verkehrsdirektor Jochem die Frage, ob sich der Nürnberger Fremdenverkehr seit Sommer 1935 verstärkt entwickelt habe. Er stellte Nürnberg in diesem Zusammenhang sogar auf dieselbe Stufe mit Berlin und München. Die Rekordbesucherzahl im Jahresdurchschnitt läge in den Sommermonaten Juli bis August, aber auch vor und nach dem RPT (Der Verkehrsdirektor sah dieses Phänomen in direktem Zusammenhang mit der Verlängerung des Stadtschmucks um 8 Tage nach dem Reichsparteitag). Im August 1936 hätten 3.283 Fremde, im Oktober 1.763 Fremde das Gelände besucht. Außerdem würden Ausländer eher eine Übernachtung in Anspruch nehmen als deutsche Besucher.284 Ein Schlaglicht über die Zusammensetzung des Besucherpublikums bei den Führungen über das Parteitagsareal vermittelt der Bericht eines offiziellen „RPT-Führers, der ab Mai 1936 aktiv war und nach eigenen Angaben über 6.000 Personen geführt hatte: „ (…) Die Gesamtzahl (lediglich meiner Führungen) der Besucher betrug 6004 Personen. Es waren Gäste der Regierung in Berlin oder auch Besucher, die sich an Gauleiter, OB und Referat XI um Führung wandten.(…) Stark war der Besuch durch das Ausland, insbesondere durch ausländische Schüler und Studiengesellschaften. (…) Der Eindruck nach Besichtigung des R.P.G.- Geländes durch Ausländer war sehr oft überwältigend, sodass fast nie eine Führung ohne politischen Einschlag stattfand. Damit wurde den Ausländern Zweck und Ziel der Bauten und damit auch das Wesen der NSDAP erläutert. Hier war die praktische Gelegenheit, die Ausländer über das neue Deutschland aufzuklären. (…)“ Wer nahm teil? Mai: Polnische Studenten, Professor vom Roten Kreuz Genf, Chinesische Gesandtschaft, Berlin, Regierungsvertreter aus Berlin, Installateure aus Reichenbach, Schwedische Studenten, Schwedische Eisenbahnbeamte. Juni: Reichsführerschule Lobeda, Polizeioffiziere, Industrie und Marinevertreter, Nürnberger Strassenbahner, „Alte Garde“ Straubing, Schwedische Studentinnen, Nürnberger Pressevertreter, Italienische Ingenieure, Danziger Nationalsozialistische Kriegsopferversorgung (NSKOV), Deutsche Reichsbahnbeamte, Schwedische Studenten, DAF: „Eisen und Metall“, Weltbild Nürnberg, Ungarische Lehrer, Industrielle aus Düsseldorf, R.B.G. Bau und Arbeitsamt Nürnberg, Danziger NSKOV, Eisenbahnbeamte. Juli; Bankier aus Holland und 2 Personen aus Java, Dänischer Redakteur, Direktion Linde München, Reichsführerschule Lobeda, dänische Studenten, Technische Lehranstalt München, Amerikanische Studentinnen, Danziger HJ, Deutsches Nachrichtenbüro, Pionierschüler, NSKOV aus Ostpreußen, HJ aus Istanbul, R.B. G. „Bau“ Oberbayern, Deutscher Reichsbund Technik, Dänische Journalisten, Polnische Studenten, Ungarische Schüler, Amerikanische Studenten,

284 StadtAN C 7/963: RPT 1938. Stadtspiegel 23.11.1936. 98

Griechische Journalisten. August: Gebietsführer der HJ; Ägypter, Amerikaner, Franzosen, Rumänen, Österreicher; Konsulatsdamen aus Chikago (sic.); Bulgaren, Dänen, Franzosen vom Kongress „Freizeit und Erholung“, Kongressteilnehmer aus Hamburg; Straßenbahn AG aus Würzburg, R.B.G. Holzwerker, Deutsche aus Rumänien (Siebenbürger) sic., Konferenz der Eisenbahnbeamten; NSKOV aus Danzig, Verwaltungsstelle RPT, Auslandsdeutsche aus Jugoslawien, 55 Griechinnen, BDM-Führerinnen aus Österreich, Ausländische Ärzte der Olympiade, DAF Gauwalter; Schriftleiter des Berliner Lokalanzeigers; NSKOV Danzig; Bund der Elsaß- Lothringer; Beamte Gau Hessen-Nassau; Kreisbauernschaft Nürnberg; September: NSKOV Danzig, Industrielle aus ; Architekt aus Düsseldorf, NSKOV Danzig (immer je 110 Personen); ADF, Jungschar vom Bau; Oktober: Regiment 57 Hammelburg; „Zentralblatt der Bauverwaltung“ Berlin; Danziger Theologen; NSKOV Danzig; Schillerschule Frankfurt/M; Tag der Technik; „Bau“ Rothenburg; Holländer (Gäste von Minister Göring) November: Prager Musikstudenten; Generäle vom Reichskriegsministerium; Reichsführerschule Lobeda, Polnische Eisenbahnbeamte; Reichsbahn Oberräte; Dezember: Polizeipräsident aus Nonnenhorn; Architekt aus Leipzig.“ 285 Für die Besichtigungen des Parteitagsareales wurden Infobroschüren, ab 1937 Kurzführer mit Skizzen gedruckt, die auch in Fremdsprachen erhältlich waren und auf Anfrage kostenlos verschickt wurden.286 1937 sah sich Nürnberg wegen des Reichsparteitagsgeländes als Tourismus-Metropole. „Besichtigung des Parteitaggeländes erleichtert. Nürnberg als Fremdenverkehrsstadt“ lautete die Überschrift in den “Münchner Neueste Nachrichten”. Im Januar 1938 erschien ein „Neuer Führer durch das RPG“.287 In diesem Jahr nahmen an den

285 Ebd. Bericht: O. Haberthür, 6.1.1937. 286 Ebenda. Ab 16. 7. 1937. Preis 20 Rpf; herausgegeben vom ZRN/ Graph. Gestaltung: Max Körner/Druck: Karl Ulrich & Co. Nbg./ Bestellung von Kurzführern durch das Rhein-Hotel Koblenz am 27. Juli 1937 - Kostenlose Zusendung am 5. 8.1937 „Die Bauten auf dem RPG in der Stadt der RPT Nbg.“ deutsch, englisch und französisch. 287 Ebenda. “Münchner Neueste Nachrichten”, 25.11.1937: „Besichtigung des Parteitaggeländes erleichtert. Nürnberg als Fremdenverkehrsstadt“. Fränkische Tageszeitung vom 13. Januar 1938: „Die Stadt der RPT hat einen neuen Führer durch das RPG herausgegeben. Der Faltprospekt zeigt in guter, graphischer Darstellung neben der Gesamtplanung die Bauten und verzeichnet in knappen Sätzen alles Wissenswerte. Außerdem wird auch durch geeignete Hinweise Mitteilung vom Stand der Bauarbeiten gemacht. Die graphische Gestaltung hat Professor Max Körner, Nürnberg, besorgt.“ In der Einleitung erhielt der Gast folgende Informationen: „Der Führer und Kanzler des Deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, hat die einstige Reichsstadt Nürnberg zur Stadt der RPT erhoben, Nürnberg ist sich der ihm dadurch zuteil gewordenen hohen Auszeichnung und Ehre voll bewußt und bemüht sich, durch Pflege und Wiederherstellung seines unvergleichlich schönen alten Stadtbildes, durch Errichtung neuer Bauten, Erweiterung von Straßen und sonstigen Maßnahmen seiner neuen Zweckbestimmung einen würdigen Rahmen zu geben. Auf seinen Wanderungen durch die Straßen Nürnbergs wird der fremde Gast mancherlei bereits vollendete oder noch im Gange befindliche Arbeiten wahrnehmen. Am sinnfälligsten 99

Führungen über das Reichsparteitagsgelände über 134.000 Menschen teil.288 Auch in der Presse wurde für die Baustellenführungen mit Aussichtskraftwagen geworben. Bei Bedarf oder nach Vereinbarung konnten Sonderfahrten vereinbart werden. (…) 289

Willy Liebel und Hitlers Chefarchitekt Albert Speer betrachteten die Führung von auswärtigen prominenten Gästen über das Parteitagsareal auch als eine Prestigeangelegenheit von höchstem Rang. Der Oberbürgermeister schrieb an ihn im Mai 1939: „Sehr geehrter Herr Generalbauinspektor! Lieber Parteigenosse Speer! Mit Ihrem Schreiben vom 10.5.1939 haben Sie mir mitgeteilt, dass Sie mir dankbar wären, wenn Ihnen jeweils rechtzeitig Mitteilung über geplante Besuche in- und ausländischer prominenter Gäste auf dem RPG zugehen würde, da in einzelnen Fällen die Möglichkeit bestünde, dass Sie selbst eine Führung dieser Gäste übernehmen würden. (…) Zunächst darf ich der Ordnung halber feststellen, dass Sie bereits bisher jeweils rechtzeitig davon verständigt wurden, wenn besonders prominente Gäste das RPG zu besichtigen wünschten. Im

und großartigsten aber wird dem Beschauer im Reichsparteitaggelände ein Bild vermittelt von der Größe des Geschehens, das sich alljährlich in den glanzvollen Tagen des Reichsparteitages dort abspielt. Die gigantische Größe und einzigartige Formgebung der Bauten und Anlagen, die als Künder nationalsozialistischen Gestaltungswillens schon vollendet oder noch im Entstehen sind , legen beredtes(sic) Zeugnis ab von dem Wollen und Handeln der nationalsozialistischen Bewegung und sind großartige Zeugen des Baustiles des Dritten Reiches. Die gesamte künstlerische Plangestaltung für dieses riesenhafte Werk hat der Führer und Reichskanzler dem Generalbauinspektor Alber S p e e r übertragen, (ab hier handschriftlich zu gefügt) der Entwurf und Bauleitung in Gemeinschaft mit der Stadt der Reichsparteitage (Stadtbaurat Professor Brugmann) durchführt.“ Auf der auf der nächsten Seite befindlichen Gesamtansicht sind die wichtigsten Punkte markierte: 1. Luitpoldhalle 2. Luitpoldarena 3. Turm der Ehrentribüne in der Luitpoldarena 4. Gefallenendenkmal 5. Kongreßbau 6. Schau-Teilmodell des Kongreßbaues 7. Bau für die Kulturtagungen 8. Ausstellungsbau 9. Zeppelinfeld 10. Tribünenbau des Zeppelinfeldes 11. Stadion 12. Sportarena 13. Märzfeld. /S.12: Abschluß: „Die im Reichparteitaggelände bis jetzt errichteten Bauten und Aufmarschplätze bilden nur einen Teil der entstehenden mächtigen Gesamtanlage; der größte Teil des RPG wird erst noch ausgebaut werden (…)“. 288 Josef Henke: Die Reichsparteitage der NSDAP in Nürnberg 1933-1938. Planung, Organisation, Propaganda. In: Heinz Boberach, Hans Booms (Hg.): Aus der Arbeit des Bundesarchivs, Sonderdruck 1977; Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O., S. 115 ff. 289 „Nordbayerische Zeitung“ vom 13.7.1938: „Der Zweckverband veranstaltet regelmäßig Führungen durch das RPG zu Fuß und mit Aussichtskraftwagen. Besucht werden Luitpoldarena, Luitpoldhalle, Kongreßbaustelle, Zeppelinfeld, Große Straße, Märzfeld usw. ferner werden besichtigt das große Modell des Gesamtgeländes sowie der bereits vollendeten und geplanten Monumentalbauten des RPGs, die auf der Deutschen Architekturausstellung in München gezeigt wurden. (…) Führungen zu Fuß sind werktags: 9.30, 10.30, 15.00, 16.00, 17.00 Uhr; Sonntags 9.30, 11.00, 14.30, 15,30, 16.30 Uhr. Bei Bedarf werden Sonderführungen eingelegt. (…) Führungen mit Aussichtskraftwagen sind täglich 9.30, 11.00, 15.00, 16.00 Uhr (bei genügender Beteiligung). Zu den Führungen mit Aussichtskraftwagen können Plätze auch im voraus unter Ruf Nr. 4 02 53 bestellt werden. Bei Bedarf oder nach Vereinbarung finden Sonderfahrten statt. (…) Die Aussichtskraftwagen waren Busse, die im oberen Teil fast vollkommen aus Glas bestanden, um für die Besucher des Geländes den Block nach allen Seiten offen zu halten. Sie waren mit NS-Hoheitszeichen versehen. Oberbürgermeister Willy Liebel bewilligte 1937 den Kauf drei derartige Fahrzeuge für 100.000 RM: StadtAN C 32 Z/RPT 1935-1955/17. „Niederschrift über die 7. Sitzung des Verwaltungsrates des Zweckverbandes Reichsparteitag Nürnberg, 6.12.1937, S. 37. 100

übrigen war ich allerdings bisher der Meinung, dass hierfür der Oberbürgermeister der Stadt der RPT Nürnberg, der ja schließlich neben seiner sonstigen Tätigkeit ehrenamtlich die Geschäfte des Zweckverbandes RPT Nürnberg führt, zuständig wäre. (…) Ihr Oberbürgermeister “ 290

Doch auch der expandierende RPT-Tourismus vermochte die außerordentliche finanzielle Belastung der Stadt nicht zu mildern. Eine Frage von Regierungsrat Höll an Liebel, „angesichts der großen Vorteile, die sie von den Reichsparteitagen hat, insbesondere ihrer Einnahme aus dem gesteigerten Fremdenverkehr“ auf die Bezahlung der Lieferungen der Städtischen Werke an den Zweckverband (Kosten für Strom, Gas, Wasser) 291 zu verzichten, beschied der Oberbürgermeister in der 7. Sitzung des ZRN-Verwaltungsrates am 6. Dezember 1937 negativ. Die Stadt Nürnberg müsse mit Rücksicht auf den Parteitag ihre Versorgungs- und Verkehrsanlagen in einem unwirtschaftlichen Maße ausbauen; es entstehe hieraus eine Belastung, die die Stadt für ihre eigenen Bedürfnisse niemals hätte auf sich nehmen brauchen. Was den Fremdenverkehr anbetrifft, so bringe dieser für die Stadtverwaltung zunächst höhere

290 StadtAN C 7/963: RPT 1938. Brief von Willy Liebel an Albert Speer vom 16.5.1939. Wortlaut: „Sehr geehrter Herr Generalbauinspektor! Lieber Parteigenosse Speer! Mit Ihrem Schreiben vom 10.5.1939 haben Sie mir mitgeteilt, dass Sie mir dankbar wären, wenn Ihnen jeweils rechtzeitig Mitteilung über geplante Besuche in- und ausländischer prominenter Gäste auf dem RPG zugehen würde, da in einzelnen Fällen die Möglichkeit bestünde, dass Sie selbst eine Führung dieser Gäste übernehmen würden. So sehr ich auch eine Entlastung durch den Wegfall der Führung prominenter Gäste durch das RPG, die mich und meine führenden Mitarbeiter außerordentlich belasten, begrüßen würde, so erscheint mir die Erfüllung Ihres Wunsches doch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden zu sein. Zunächst darf ich der Ordnung halber feststellen, dass Sie bereits bisher jeweils rechtzeitig davon verständigt wurden, wenn besonders prominente Gäste das RPG zu besichtigen wünschten. Im übrigen war ich allerdings bisher der Meinung, dass hierfür der Oberbürgermeister der Stadt der RPT Nürnberg, der ja schließlich neben seiner sonstigen Tätigkeit ehrenamtlich die Geschäfte des Zweckverbandes RPT Nürnberg führt, zuständig wäre. Jedenfalls habe ich mich dieser Aufgabe bisher gerne unterzogen, betone aber nochmals, dass ich eine Entlastung nach dieser Richtung nur begrüßen würde. Das RPG wird in jeder Woche mehrmals von prominenten Gästen des In- und Auslandes besucht. Sehr oft werden diese Besuche ganz kurzfristig angemeldet. Es handelt sich zumeist um in- und ausländische Pressevertreter, Reisebürodirektoren, Angehörige fremder Regierungen, die uns jeweils vom auswärtigen Amt bezw. Der Dienststelle Ribbentrop zugeteilt werden oder auf Wunsch führender Reichs- und Parteidienststellen betreut werden. Ich bitte um Mitteilung, ob Sie in all diesen Fällen eine Verständigung wünschen bezw. Ob diese schriftlich geschehen soll oder eine telefonische Mitteilung an Ihr Büro genügt. (…) Für die nächste Zeit ist anscheinend im Rahmen eines Staatsbesuches eine Besichtigung des RPG durch eine führende jugoslawische (sic.) Persönlichkeit angekündigt und zwar für anfangs (sic) Juni. Über diesen Besuch finden zur Zeit in Berlin Besprechungen mit der Präsidialkanzlei des Führers und dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda statt. Ihren Mitteilungen in dieser Angelegenheit sehe ich mit besonderem Interesse entgegen und begrüße Sie mit Heil Hitler! Ihr Oberbürgermeister.” 291 StadtAN C 32 Z/RPT 1935-1955/22. Nach einer Überschlagbilanz vom 1.4.1935 für den RPT 1933 erhielt die Stadt Nürnberg 65.000 RM an Gebühren für Gas, Strom und Wasser. 101

Mehrausgaben als Mehreinnahmen.292

6.9.1. Taxis In Nürnberg/Fürth gab es zwei Arten von Kraftfahrzeugen, die betreffend der individuellen Personenbeförderung behördlich zugelassen und überwacht wurden - die Droschken (Taxis) und die sogenannten Mietfahrzeuge. Nur die Taxis (130 in Nürnberg, 10 in Fürth) hatten das Recht, sich auf öffentlichen Straßen aufzustellen und Fahrgäste auf der Straße anzuwerben. Die Mietfahrzeuge (ca. 130) hatten dieses Recht nicht. Sie durften Fahrten nur auf Bestellung ausführen. Während des RPT 1933 waren Taxis erlaubt und aufgrund ihrer begrenzten Zahl ständig ausgelastet. Denn den Kraftfahrzeugverkehr schränkten die städtischen Behörden drastisch ein. Auf den Ringstraßen, in der Innenstadt und am Parteitagsareal bestand auch für Fahrradfahrer ein uneingeschränktes Fahrverbot.293 Mietwagen durften 1933 ebenfalls nicht fahren. Der „Landesverband Bayern des Reichsverbands des gewerblichen Kraftverkehrs und der Fuhrbetriebe Deutschlands e.V.“ beschwerte sich im Sommer 1934 mit Blick auf den bevorstehenden RPT in einem Brief an die städtischen Behörden: „Der vorjährige Parteitag bewies durch die einschneidenden Maßnahmen der Verkehrspolizei, dass sämtliche Mietautobesitzer durch das (…) Fahrverbot drei Tage lang keinerlei Verdienstmöglichkeit besassen (…) Ein derartiger Verdienstausfall wie im vergangenen Jahr kann heuer keinesfalls ertragen werden (…).“ Die Vereinigung der Nürnberger Kraftdroschkenbesitzer e.V. stellte beim Stadtrat und der Polizeidirektion je einen Antrag, während des RPT 1934 Tag und Nacht fahren zu dürfen. Es handelte sich dabei insgesamt um 260 Fahrzeuge. Polizei und Stadtrat bewilligten den Antrag: „ (…) weil die Berücksichtigung aus Gründen des Verkehrs notwendig erscheint. Im Vorjahre waren dem Kraftdroschkengewerbe so erhebliche Schranken auferlegt, dass sich während der ganzen Dauer des RPTs ein starker Mangel an öffentlichen Fahrzeugen unangenehm fühlbar machte. Gerade, wenn während des RPT 1934 die Privatkraftfahrzeuge noch stärkeren Beschränkungen unterliegen sollen wie im Vorjahr, wird das Bedürfnis nach Miet-kratfahrzeugen auftreten. (...) Auch die Ärzte, Hebammen und ähnliche Berufe konnten schon im Vorjahre

292 Ebenda, C 32 Z/RPT 1935-1955/17. „Niederschrift über die 7. Sitzung des Verwaltungsrates des Zweckverbandes Reichsparteitag Nürnberg im Prunksaale des alten Rathauses zu Nürnberg am Montag, den 6. Dezember 1937“. Tagesordnung 1: Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben für das Rechnungsjahr 1936. Auszug aus dem Sitzungs-Protokoll, S. 13. 293 StadtAN C 7/885: Reichsparteitag 1933 Gewerbe, Verkehr. Verfügung, 29.8.1933: „Entsprechend dem Antrag der Autovereinigung Nürnberg e.V. wird gestattet, dass während des Reichsparteitags von Mittwoch, den 30.8., 6 Uhr bis einschliesslich Montag, den 4.9., 18 Uhr sämtliche Kraftdroschken in Betrieb bleiben dürfen. (...)“ Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O., S. 136. 102

Mietkraftfahrzeuge nicht immer und rechtzeitig erhalten, woraus sehr unangenehme Folgen entstanden sind. Der Bedarf an Ärzten wird heuer (...) ungleich stärker sein wie im Vorjahre. (…)“ 294

6.10. Werbungsmonopol für Daimler-Benz Schon zum RPT 1933 existierte ein Werbemonopol. Der Autohersteller Daimler-Benz mit Sitz in Stuttgart-Untertürkheim erhielt die alleinige Erlaubnis für öffentliche Werbung an Zufahrtstraßen, Unterführungen, Parkplätzen, Gebäuden und besuchten Plätzen. Dieses von Gauleiter Julius Streicher zugesicherte Exklusivrecht war jedoch nicht umsonst: „Am 2. September dieses Jahres findet die grösste Veranstaltung der N.S.D.A.P., der Reichsparteitag in Nürnberg statt. Gauleiter STREICHER will uns als alleinige Firma zur beliebigen Straßenre-klame zulassen, verlangt jedoch als Entschädigung dafür kostenlose Ueberlassung eines 1,7 Liter Cabriolets. Herr Direktor KISSEL hat zugestimmt. Einzelheiten sollen durch die Werbezentrale festgelegt werden.“ 295 Daimler-Benz erhielt einen Ausweis, der dieses Privileg offiziell bestätigte.296 Am 21. August stellte die BERU-AG einen Antrag auf Genehmigung eines Reklame-Ballons; der die Aufschriften tragen sollte: „BERU - Zündkerzen, BERU-Glühkerzen“. Dieses Gesuch wurde mit dem Hinweis „keine Reklame“ abgelehnt.297 Protest gegen das Werbemonopol der Firma Daimler-Benz beim Reichsparteitag blieb nicht aus. Am 28. August schrieb die Deutsche Reichs-Postreklame an Stadtrat Johann Dürr: „Wir hatten kürzlich einen Besuch der Vertreter der Firma Daimler-Benz, Stuttgart, die uns einen Ausweis von Herrn Gauleiter Julius Streicher vorwiesen, in dem ihr das alleinige Recht für Reklame (…) zugestanden wird. Gleichzeitig wurde die Freigabe eines Teils des Postneubaus am Bahnhof beantragt und von uns kostenlos genehmigt.

294 StadtAN C 7/915: RPT 1934. Schreiben vom 11.8.1934: „Die Polizeidirektion hält wie die Vertreter des Kraftdroschken- und Mietkraftwagengewerbes eine ähnlich starke Einschränkung des Mietkraftwagenbetriebes wie beim Parteitag 1933 nicht für zweckmäßig. Vielmehr ist die Polizeidirektion der Ansicht, dass das öffentliche Fuhrwerk gegenüber dem Privatfahrzeug bevorzugt werden sollte. (...)“ Weitere Briefe ebenda vom 18., 21.8.1934. Vgl. Anhang 295 Bericht Jakob Werlins vom 18.7.1933 an den Vorstand und den Aufsichtsratsvorsitzenden der Daimler- Benz AG über seine Verkaufsaktivitäten in Berlin vom 12. bis 15. Juli 1933. In Karl Heinz Roth/Michael Schmid: Die Daimler Benz AG 1916-1948. Schlüsseldokumente zur Konzerngeschichte, Nördlingen 1987, S. 122. Schriften der Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts, Band 5. 296 StadtAN C 7 /883: RPT 1933 Allgemeines. 8.8.1933. Ausweistext: „Die Gauleitung Franken hat mit der Firma Daimler-Benz A.G. Stuttgart-Untertürkheim ein Abkommen getroffen, nach welchem dieser Firma während der Woche des Reichsparteitags das alleinige Recht öffentlich Propaganda auf Straßen und Plätzen und an Gebäuden zu machen eingeräumt wird (…)” gez. Die Gauleitung Streicher.“ 297 StadtAN C 7/885: RPT 1933 Gewerbe, Verkehr. 21.8.1933. 103

Ein dringender Antrag des UFA-Palastes für Propagierung des (…) Parteifilms „Hitlerjunge Quex,” ebenfalls am Postneubau wurde uns trotz baupolizeilicher Genehmigung (…) mit Hinweis auf obengenannten Erlass - nur Daimler Benz dürfte am Parteitag Reklame machen - von Ihnen abgeschlagen.(…) (...) umso überraschter sind wir jedoch erfahren zu müssen, dass diesem allgemeinen Propagandaverbot keineswegs ausnahmslos Rechnung getragen wird. Wir hören, dass die Lumophon-Gesellschaft Reklame machen kann und andere hiesige und auswärtige Firmen durch Abwurf von großen Massen Flugblättern aus Flugzeugen werben dürfen (die Leipziger Firma Ziensser und Co. propagiert ihren Blut-Reinigungs-und Abführtee!!). Sie werden zugeben, dass wir nicht verstehen können, wenn derartige Ausnahmen gemacht und Reklamen betrieben werden können, die in ästhetischer und hygienischer Hinsicht keineswegs den Vergleich aushalten mit einer vornehmen und dezent gehaltenen Leuchtreklame an unserem Postneubau. Deutsche Reichs-Postreklame GmbH Abteilung Bayern, Bezirksdirektion Nürnberg“. 298

Gedruckte Werbung im Reichsparteitagsführer war erlaubt,299 in den Zeitungen ebenfalls.300 1934 erweiterte die Firma Daimler-Benz ihre Werbung während des RPT. In einem Gespräch mit zwei Stadträten im Juli 1934 trug sie entsprechende Wünsche zur Anbringung ihrer Firmenreklame an verkehrsreichen Plätzen wie dem Plärrer vor. Ebenso die Aufstellung von drei Schaukiosken (12- eckig, ca. 2,20 m hoch, 3 m Durchmesser) an drei Hauptplätzen der Stadt, angefertigt aus Holz und in zeppelinsilber und rot gestrichen, mit großen Glastransparenten an den zwölf Seiten, davon zehn „mit Riesenphotos, darstellend den Führer mit seinem Mercedes-Benz bei verschiedenen Anlässen“.301

298 Ebd., 28.8.1933. 299 StadtAN C 7/886: RPT 1933: regionale und überregional Werbung, z.B. Te-Ka-De, Telefunken, Häberlein-Metzger, Bahlsen, Siemens, Zündapp, Singer, Mercedes, Kaisers Kaffee (teilweise sehr deutsch- national im Ton) z.B. „Tengelmann - seit jeher ein „rein deutsches Familienunternehmen“, „Faber Castell – „das deutsche Edelerzeugnis“, „Münch Möbel - im deutschen Heim, nur deutsche Möbel“ usw.) sowie Nürnberger Gaststätten, Cafes, Brauereien. 300 StadtAN C 7/888: RPT 1933. Werbung in der Fränkischen Tageszeitung, 1.9 1933: Fahnenfabrik Josef Bauer Nürnberg, Kaiserstraße 10, Tel. 21746; ebd. 30.9.1933: Telefunken „Lautsprecher machen jedes Wort verständlich.“ 301 StadtAN C 7/913: RPT 1934 Allgemeines. 25.7.1934. Bericht über eine Besprechung zwischen Stadtrat Schmeer, Stadtrat Gradl und Herrn Seher von der Daimler-Benz-A.G. am 24.7. in Nürnberg. „Betr. Reklame am RPT“ 1.) Eisenbahnunterführung- genehmigt 2.) Plärrer - 2 Straßenbänder 3.) Luitpoldhain - größeres Schild 4.) 8 - 10 Parkplätze 5.) 3 Schaukioske SKIZZE (…) 104

Die OL vermochte dem von Streicher verordneten Werbemonopol nichts entgegenzusetzen.302 Andere Reklamebegehren behandelte sie äußerst restriktiv: „Der polizeiliche Einsatzstab des RPTs teilt mit: Es ist verboten, Reklametransparente über Straßen oder an Häusern ohne Genehmigung anzubringen. Gesuche sind zu richten an Gauinspekteur Kropp, Kanzlei der OL des RPT, Frauentorgraben.“ 303 Die gewünschten Kioske wurden aufgestellt. Dagegen legte der Rechtsanwalt Gustav Schmitt beim Stadtrat am 31. August 1934 Beschwerde ein: „Namens des Weingroßhändlers Antonio Jorba, Jakobstraße 2, erhebe ich folgende Vorstellung: Vor dem Eingang der Restauration wird zur Zeit ein Reklameholzbau der Firma Mercedes Benz errichtet. Dieser Bau ist so erstellt, dass es keinem Fuhrwerk, welcher Art immer, möglich ist, anzufahren. Es bedarf keiner Ausführungen dass dies für den Geschäftsbetrieb des Herrn Jorba ausserordentlich schädigend wirken muss. Ich stelle das Gesuch, die Firma Mercedes-Benz anzuweisen, den Reklamebau vor dem Anwesen, Jakobstraße 2 zu entfernen.” Der Kiosk wurde daraufhin um fünf Meter verrückt. Die Sonderbehandlung stieß bei der Polizei auf keine Bedenken: „An sich ist die Verwendung von Parkplätzen zur Aufstellung von Werbekiosken gerade während der Reichsparteitage unerwünscht. Die Verkehrspolizei kann nur dann ihre Zustimmung geben, wenn ganz besonders triftige Gründe dafür sprechen, die Daimler Benz AG besonders zu bevorzugen. In diesem Fall wird gegen die vorgeschlagenen Plätze keine Erinnerung erhoben.(…)” 304

302 StadtAN C 7/919. 9.8.1934. Niederschrift über eine Besprechung schwebender Angelegenheiten mit den Vertretern der Organisationsleitung“. Vorsitz: Oberbürgermeister Liebel, Referent Stadtrat Dürr, anwesend: Gradl, Pape, Fink, Brugmann, Bayer, Seyschab, Gegener, Hensel, Mark. „ (…) Das Gesuch der Firma Daimler-Benz soll in der Weise weiterbehandelt werden, dass ihr die gewünschte Aufstellung der 3 Kioske an 3 Hauptparkplätzen gestattet wird. Die Kioske müssen aber auf jeden Fall so gestaltet sein, dass sie nicht aufdringlich wirken. Verhandlungen werden bei Ref. X mit den Beauftragten der Firma geführt.“ 303 StadtAN C 7/915: RPT 1934 Gewerbe, Verkehr. „Fränkischer Kurier“, 4.9.1934: „Keine Reklameauswüchse am Reichsparteitag“. 304 StadtAN C 7/913: RPT 1934 Allgemeines.18., 31.8.1934. 105

6.11. Schäden; Kosten für Massenquartiere; Wasserverschmutzung 6.11.1. Versammlungsareale und Innenstadt; Klagen von Geschäftsleuten Bei Massenveranstaltungen mit zehntausenden und mehr Menschen sind Begleiterscheinungen wie Vermüllung der Versammlungsareale und Zufahrtstraßen, Zertreten von Pflanzungen, erhebliche Beschädigungen der Massenquartiere, Vandalismus etc. die Regel. Einige Fotos nach dem RPT 1934 zeugen davon. In einem Bericht steht über den Zustand des Bahnhofsbereiches: „Pyramidenpappeln bis zu 5 m Höhe kahl abgerissen, Flieder und Flacheiseneinfriedungen zum Teil vollständig zerstört.“ Und das Gelände am Dutzendteich betreffend: „Vollständig verschlammte Rasenflächen in der Nähe der grossen Bierzelte.“ 305 1934 betrugen die Kosten der Wiederherstellungsarbeiten 23.616,40 RM. Die Organisationsleitung schickte die Rechnung vom 25. März 1935 am 6. Mai 1935 an die NSDAP (Braunes Haus) nach München mit der Bitte um „Ersatz von Kosten für die Wiederinstandsetzung von Grünanlagen sowie für Reinigungsarbeiten im Parteitagsgelände.“ Die Parteizentrale lehnte die Bezahlung ab, da die Verschmutzungen nicht bewiesenermaßen vom Reichsparteitag stammen müssten. Ob die Schulden beglichen wurden, ist nicht ersichtlich.306 In den folgenden Jahren türmte sich der Abfall nach dem Ende der Propagandaspektakel zu Müllbergen, von Parteitag zu Parteitag mit steigender Tendenz. Ab 1936 sollten Getränke hauptsächlich in Papierbechern ausgegeben werden. Als Folge waren die Plätze vor den Verkaufsständen „mit Papierbechern übersät.“ 307 Aber auch hier gab es Profiteure. Nach dem Massenspektakel 1937 sammelte der Nürnberger Müllverwerter Franz Wirth 13.000 kg Konservendosen, 11.000 kg Altpapier und 120 kg Knochen.308

Für die Straßenreinigung während der RPT war das Tiefbaureferat zuständig, das sich 1937 völlig überfordert sah: „Es ist ein Unding, mit rund 200 Straßenreinigern die ganze Stadt (10 Mill. qm) während dieser Zeit sauber halten zu wollen. (…)“ „Um den starken Personenausfall einigermaßen auszugleichen, sind mehr Maschinen nötig. Es sind nötig zwei Lieferwägen, die in der Zeit von 8 - 12 und 14 - 20 Uhr die Straßen schnell durchfahren und den anfallenden Unrat beseitigen. Ferner muss eine grössere Zahl von Handkehrmaschinen angeschafft werden. Weiterhin sind noch zwei Sprengwägen nötig (…).“ Die Arbeitszeit der Straßenkehrer begann um 2 Uhr 30. „ (…) Die Belästigung der städtischen

305 StadtAN C 7/919: RPT 1934. 306 StadtAN C 7/919: RPT 1934 Rechnungswesen. Brief der NSDAP-Reichsleitung 6.5.1935 an Oberbürgermeister Liebel. 307 StadtAN C 7/961: RPT 1938. Erfahrungsbericht. Bereits 1933 hatte eine Fürther Firma Angebote für Papp-Geschirr gemacht: StadtAN C 7/885. Firma Karl Rissmann. Ob diese Firma schließlich lieferte ist unklar. 308 StadtAN C 7/947: RPT 1937. Aktennotiz vom 6.10.1937. 106

Arbeiter durch angeheitert durch die Strassen ziehende Personen (besonders PL) war gross. Es wäre geboten, durch Streifendienst während der Nacht, zwischen 3 und 6 Uhr für schnelle Heimsendung solcher Dauerzecher zu sorgen“. Neben der Reinigung der Straßen war die Staubbekämpfung ein Problem: „Eine schwierige Angelegenheit war wie alljährlich die Staubbindung … auf den grossen Strassenflächen an den heissen Tagen des RPT durch Streuen von Chlorcalcium, Sprengen mit Staubbindemitteln (Antistaubit) und mit Wasser. Trotz Verbrauches enormer Mengen von Staubbindemitteln und Verwendung aller verfügbaren Wassersprengfahrzeuge konnte bei dem riesigen Verkehr die Staubbildung zwar vermindert, aber nicht ganz beseitigt werden. (…) Beispiel Führer-Tribüne, Zeppelinwiese: Montag, 13.9. Wehrmachtsvorführung, Regen, (Reinigung!) dann Sonne. Die Strasse trocknete sehr schnell ab und als die Wehrmacht vor dem Führer in Parade vorbeimarschierte, wirbelte sie Staubwolken auf, die sich auf das Unangenehmste für den Führer sowie die Tribünenbesucher bemerkbar machte. (…)“ Dagegen war die Staubplage in der Stadt gering. Die Errichtung eines zentral gelegenen Antistaubitbehälters … mitten im Parteitagsgelände wäre anzuraten.“ 309

Über zusätzliche Kosten und Schäden vermerkte das Stadtgartenamt 1937: „ (…) durch Änderungen von Jahr zu Jahr in der Anordnung der Scheinwerfer müssen immer wieder Bäume entfernt werden…“ Außerdem hätten Besucher und Teilnehmer an Mauern, Tribünen und in Unterführungen uriniert.310 Dies stellte ein massives hygienisches Problem dar. Zum RPT 1937 wurden erstmals fahrbare Bedürfnisanstalten an verschiedenen Stellen der Stadt aufgestellt. Das Tiefbaureferat schrieb in seinem Erfahrungsbericht: „ … und zwar je vier Stück Abortwagen und Pisswagen. Die ersten waren nur für Frauen, die letzten für Männer bestimmt. (…) Die Aufstellung dieser Bedürfnisanstalten entsprach einem dringenden Bedürfnis. Die 10 Türen der Abortwagen sind mit einer Zählvorrichtung versehen, es konnte deshalb die Benützungszahl festgestellt werden: Zusammen: 17.000 (…) “ Die Bedürfnisanstalten reichten jedoch nicht aus. Weil sie mit Kosten verbunden waren, steht im Bericht: „Es wäre zu überlegen, ob für die Benützung der Aborte nicht in Zukunft Gebühren erhoben werden sollten. (…).“ Laut Angaben aus dem Protokoll der 7. ZRN-Verwaltungssitzung am 6. Dezember 1937 betrugen die Ausgaben des ZRN für 28 fahrbare Bedürfnisanstalten 290.000 RM.311

309 StadtAN C 7/947: RPT 1937. Erfahrungsbericht Tiefbaureferat, 29.9.1937. 310 StadtAN C 7/947: RPT 1937. Erfahrungsbericht Stadtgartenamt RPT 1937. 311 StadtAN C 7/947: RPT 1937. Erfahrungsbericht Tiefbaureferat, 29.9.1937. StadtAN C 32 Z/RPT 1935 - 1955/17: 7. Sitzung des ZRN vom 6.12.1937. Tagesordnung 1, „Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben für das Rechnungsjahr 1936“, S. 35. 107

Ähnlich dachte das Grundstücksamt. Die Rasenflächen wurden durch das Aufstellen von Verkaufsbuden und Proben für Massenaufmärsche z.B. des Reichsarbeitsdienstes schwer in Mitleidenschaft gezogen. Nach dem RPT 1938 erwog die Behörde, künftig eine Reinigungsgebühr zum Platzgeld hinzuzuschlagen. Es monierte das Zurücklassung von „Verpackungsmaterial, Wurstdosen und dergleichen“ an den Verkaufsplätzen.312

45 Handwerker reklamierten nach dem RPT 1937 wegen Nichtbezahlens ihrer Rechnungen, u.a. Maler, Schreiner, Glaser, Lackierer, Korbflechter, Tapezierer. Es handelte sich in der Regel um Beträge zwischen 2 und 1000 RM. Exemplarisch sei der Fall des Korbmachers Lorenz Senft (Katharinenkloster 6 a) zitiert: „ (…) Nach dem RPT der Ehre 1936 … bestellte bei mir das Städtische Hochbauamt, Abt. III, im Auftrag der OL für die RPT Papierkörbe für mehrere Schulen im Betrage von 87.30 RM. Obwohl ich in den letzten Monaten wiederholt bei der OL und bei der Bayerischen Versicherungsbank (…) um Begleichung meiner Rechnungen nachsuchte und mir immer wieder erklärt wurde, der Rückstand werde in Kürze beglichen, habe ich bis heute den Betrag nicht erhalten. Da ich ein kleiner Geschäftsmann bin und 87 RM für mich ein erheblicher Betrag sind, den ich zur Rohmaterialbeschaffung unbedingt brauche, bitte ich die Stadtverwaltung sich für mich verwenden zu wollen. (….).“ Rückseitig: „Von der Bayerischen Versicherungsbank AG München sind heute als erste Zahlung 2.500 RM eingegangen, Senft wurde fernmündlich verständigt, dass er den wiederholt angemahnten Betrag in Empfang nehmen kann, worauf er sofort bei RA vorsprach und den Betrag ausbezahlt erhielt. Nürnberg, 25. März 1937, Ref XI.“ 313

312 StadtAN C 7/961: RPT 1938. Städtisches Grundstücksamt, Vermerk 28. 9.1938. 313 StadtAN C 7 /935: RPT 1936 Unterkünfte. Die Firmen sind namentlich aufgeführt. 108

6.11.2. Kosten für Massenquartiere Einen erheblichen Kostenfaktor stellte die Instandsetzung der Massenquartiere, deren Reinigung danach und die Behebung der angerichteten Schäden dar. Ihre Einrichtung war zur Unterbringung der Teilnehmer der NS-Gliederungen, die bei den RPT anzutreten hatten – etwa 350.000 bis 450.000 Menschen – zwingend erforderlich.314 Dafür dienten vor allem städtische Schulen, 1933/1934 auch der Schlachthof und leerstehende Fabrikgebäude wie z.B. 1934 die Beldam- Werke (Maschinen- und Apparate-Fabrik AG Nürnberg). Die Fußböden der Räumlichkeiten erhielten für die Nacht eine einfache Strohbedeckung.315 Die Verwendung von Fabriken als Massenunterkunft wurde angesichts der wiederanspringenden Konjunktur ab 1935 schwieriger.316 Mit dem Aus- und Einräumen der Klassenzimmer der städtischen Schulen waren vorwiegend der freiwillige Arbeitsdienst und städtische Arbeiter beschäftigt. Da sie aber bereits 1934 nicht mehr ausreichten, vereinbarten die Stadt und die OL, Pflichtarbeiter einzusetzen.317 Ab 1937 half auch der Reichsarbeitsdienst. Hausbesitzer, die der OL Fläche für die Einrichtung eines Massenquartiers zur Verfügung stellten, blieben z.T. auf Unkosten z.B. für notwendige sanitäre Maßnahmen sitzen. Georg Frisch, Maxplatz 46 a, stellte für den RPT 1933 Räume im Anwesen Spenglerstr. 5 für die Einrichtung eines Massenquartiers zur Verfügung. Er beauftragte eine Bauflaschnerei, dafür 10 Zapfstellen für Wasser zu installieren. Die Erstattung der Kosten von 250 RM lehnte die Reichsleitung der NSDAP ab.318 Bereits zum RPT 1933 kam es bei Reinigungsdiensten zu Konkurrenzsituationen. Die Bitte um

314 Siegfried Zelnhefer: Die Reichsparteitage der NSDAP, a.a.O., S. 130. 315 StadtAN C 7/913: RPT 1934 Allgemeines. Massenquartiere im Schlachthof: „ (...) es muss unter allen Umständen dafür Sorge getragen werden, dass bedeutend mehr Stroh als im Vorjahre zur Verfügung gestellt wird, damit nicht wieder Klagen, die als berechtigt angesprochen werden mussten, einlaufen. (...)“. Aus diesen Gründen wurde 1934 mehr Material geordert: Bestellung von 32.500 Zentner Stroh bei der Baywa Nürnberg (Bayrische Warenvermittlung). StadtAN C 7/923: RPT 1935 Unterkünfte. Antrag der Schlacht- und Viehhofdirektion 23.1.1935, wegen der Sicherstellung der Fleischversorgung von einer Belegung als Massenquartier während des RPT abzusehen. Dem wurde stattgegeben. Schreiben von OB Liebel an die OL vom 3.6.1935: „ (…) Bei dieser Sachlage und der u.U. noch größeren Teilnehmerzahl des Reichsparteitags 1935 kann ich den Antrag der Direktion des städtischen Schlacht- und Viehhofs, von einer Einquartierung im Jahre 1935 abzusehen, nur unterstützen. Ich bin der Meinung, dass auch die Organisationsleitung weniger Wert darauf legen wird, einige Tausend Leute mehr oder weniger im Schlachthof unterzubringen, als die Fleischversorgung auch nur in geringstem Masse zu gefährden. (…)” 316 StadtAN C 7/948: RPT 1937 Unterkünfte. „Bei der Besserung der allgemeinen Geschäftslage in Handel und Industrie ist es ferner nicht möglich alle bisher benützte oder weitere geeignete private Geschäftsgebäude für Massenquartiere zu erhalten. So wird es z.B. kaum mehr möglich sein, die Bingwerke, Stefanstraße 49, 1936 noch mit 4500 Mann (1935 noch mit 12500) Mann belegt, weiterhin mit der gleichen Personenzahl zu belegen.“ (ohne Datum) 317 StadtAN C7/914: RPT 1934 Unterbringung, Verpflegung. Errichtung der Massenquartiere durch bis zu 300 Wohlfahrunterstützungsempfänger (Pflichtarbeiter). Sie erhielten 1 RM pro Tag, zuzüglich Verpflegung (16.7.- 20.9.1934). 318 Ebenda, 11.4.1934. Vermerk über seine Klage am 11. April 1934. Die Bauflaschnerei Ferdinand und Oskar Huch, Nbg. hatte 10 Zapfstellen für Wasser eingerichtet. Die Bezahlung der Rechnung über 250 RM wurde von Reichsleitung der NSDAP abgelehnt! 109 einen Reinigungsauftrag für die Festhalle im August (Luitpoldhalle) durch das Reinigungsinstitut „Noris“ (Inhaber Georg Feigt, Peter-Heinleinstr. 84) wurde abgelehnt mit der Begründung, der Auftrag sei bereits anderweitig vergeben, nämlich an die Firma Fürst.319

Nach den Erfahrungen, die bei der Einrichtung von Massenquartieren bei den RPT von 1933 bis 1936 gemacht worden waren, befanden sich die Behörden im Zugzwang. In einem internen Bericht von 1937 ist dazu vermerkt: „Die Stadt ist schon deshalb an einer genaue Regelung interessiert, als sie als Gaststadt allein für diese Tünch- und Bauunterhaltsarbeiten aufkommt. 1936 lagen in Stadtquartieren rund 160.000 Personen, es könnten 1937 etwa 180.000 werden. Wenn es nicht gelingt, alljährlich etwa ein Fünftel der belegten Schulgebäude einer Generalüberholung zu unterziehen, dann entsprechen diese Gebäude in absehbarer Zeit nicht mehr den für Schulen … baulichen und hygienischen Anforderungen. (…).“ Ende Juli begannen 832 Pflichtarbeiter – „404 Männer und 428 Frauen – sowie 51 Arbeitsfreiwillige (… 30 Männer und 21 Frauen) des Arbeitsamtes mit dem Ausräumen der eigentlichen Quartiergebäude. „Es waren … 100.197 Männer und 4.972 Frauen in 110 Schulen, sowie 23.736 Männer und 2.155 Frauen in 78 Wirtschaftssälen in Nürnberg untergebracht; Strohbetten (1936 noch für 800 Männer in Schulen und 8500 in Geschäftsgebäuden) fielen weg. Unterkünfte standen in Fürth in 31 Schulhäusern und Sälen, in Stein in 9 Schulen und Sälen, in Erlangen 1 Schulgebäude für Auslandsdeutsche bereit. Das Amt hatte ferner den Grossreinigungsdienst in diesen 185 Unterkünften, in den 42 Notaborten und Pissoiren, sowie in den hiesigen Zeltlagern zu übernehmen. (…) Die Arbeiter waren in 43 Arbeitstrupps zu je 20 Mann eingeteilt; die Aufsicht darüber wurde von 8 Aufsichtsbeamten ausgeübt. Das Ausräumen war am 4. August beendet … Der landwirtschaftliche Betrieb Altenfurth nahm ab 9. August ... die im Lagerbahnhof Langwasser einrollenden 58.826 Zentner Stromengen ab und besorgte ihre Verteilung in die … Zeltstädte im Auftrag der OL … mit rund 88 Pflichtarbeitern. Für den Grossreinigungsdienst … kamen 858 Pflichtarbeiter – 469 Männer und 389 Frauen … zum Einsatz.“ Das Durchschnittsalter lag bei den Männern zwischen 50 bis 65 Jahren, bei den Frauen zwischen 40 bis 60 Jahren. Für das Aus- bzw. Einräumen der Gebäude erhielten sie eine Prämie von täglich 1.30 RM; für den Grossreinigungsdienst 2 RM. „…der größte Teil der Pflichtarbeiter war mit Schluss aller Abwicklungsarbeiten körperlich erschöpft.“ 1937 legten sie wegen des Prämiensturzes (von 2 RM für den Grossreinigungsdienst während des RPTs auf 1,30 für die Abwicklungsarbeiten) grösstenteils die Arbeit nieder. Die Zuweisung von Pflichtarbeitern zu den Massenquartierarbeiten wurde infolge der Aufnahme durch den Arbeitsmarkt immer schwieriger.

319 StadtAN C 7/885: RPT 1933, Gewerbe, Verkehr. 110

Für die Stadt und die OL betrugen die Gesamtkosten zur Herrichtung der Massenquartiere („Massenquartierarbeiten“) für den RPT 278.592 RM.320

Bei deren Nutzung entstanden ganz erhebliche Schäden. Der bauliche Zustand der Schulhäuser, in denen sie eingerichtet waren, wurde in Mitleidenschaft gezogen. Im städtischen Erfahrungsbericht 1936 ist dazu festgehalten: „ (…) Die meisten Schäden, die durch die Belegung als Massenquartier entstehen sind meist folgender Natur: Verstopfen von Klosettleitungen durch das Hineinwerfen von Gegenständen aller Art. So wurden ganze Wäschestücke, wie Unterhosen und dergleichen aus den Leitungen herausgeholt, Zigarettenschachteln und was dergleichen Dinge mehr sind. Eine ganze Anzahl von Lampenglocken, Fensterscheiben, Bilderscheiben, Schrankscheiben, Papierkörben wurden zerbrochen und beschädigt. Die Vorhangschnüre wurden vielfach abgeschnitten und zum Verpacken verwandt, die Vorhänge selbst teilweise als Handtuch benützt. Verschiedene Klosette wurden, scheinbar durch Hinaufstellen auf dieselben, zerbrochen…, verschiedene Spüler wurden unbrauchbar gemacht. (…)“ 321

320 StadtAN C 7/947: RPT 1937 Geschäftsstelle der Organisationsleitung, Erfahrungsberichte. Erfahrungsberichte Wohlfahrts-, Jugend, Sport- und Pressereferat, 2.10. 1937. Massenquartiere. „Bereitstellen der Stadtunterkünfte für 131.060 RPT-TeilnehmerInnen im Stadtkreis Nürnberg. Putzmittel: Abfalltonnen 18 (150) Creosollösung (21) kg Dunggabeln 18 Eimer 820 Holzrechen 21 Kernseife 75 kg Kokosbesen 312 Reisigbesen 418 Reisstrohbesen (30) Rosshaarbesen 21 Schaufeln 41 Strassenbesen 10 Scheuertücher 880 Schmierseife 275 kg Wurzelbürsten 730 Schrubber 830 5 Zentner zugeschnittenes Altpapier für Notaborte. Es fielen für das Aus- und Wiedereinräumen 11741 und für den Grossreinigungsdienst 11.214 Pflichtarbeiter an. An Unfällen hatten sich 17 zugetragen.“ 321 StadtAN C 7/933: RPT 1936 Geschäftsstelle der Organisationsleitung, Erfahrungsberichte. Beobachtungen in den Schulhäusern“. Ähnlich ein weiterer Bericht: „Auf die z.T. frisch gestrichenen und lackierten Möbel, Fensterbretter, Tischplatten und dergleichen wurde wenig Rücksicht genommen und dieselben vielfach durch genagelte Stiefel, Bierkrüge, heiße Geschirre usw. stark beschädigt. Die Linoleumböden leiden stark durch die genagelten Stiefel. Besonders die Turnhallenböden, die sonst mit Schuhen überhaupt nicht betreten werden dürfen, leiden stark. Über die Behandlung der Klosette sind immer noch starke Klagen zu führen. So wurden immer noch Fischbüchsen, Zigarettenschachteln, Brotreste, Papierbecher, Speisenreste und sonstige Dinge in die Klosette geworfen, wodurch kostspielige Kanalverstopfungen verursacht wurden. (…) 111

In einem Bericht über die Revision der von den Politischen Leitern während des Reichsparteitages 1936 bewohnten Unterkünfte heißt es: „Koblenz-Trier: Dieser Gau in der Flurstraße bot in Bezug auf Sauberkeit einen verheerenden Anblick, dass die Bezeichnung „Schweinestall“ noch zu gelinde ist. Nicht nur, dass die Politischen Leiter, die diese Räume bewohnt haben, alle möglichen Papier- und Pappkartons zurückgelassen haben, sondern in allen Ecken und Nischen lagen Speise-, Wurst- und Käsereste, Zigarren- und Zigarettenstummel sowie sonstiger Unrat herum, die einen derartigen Gestank verbreiteten, dass einem beim Betreten der Räume schlecht wurde.“ 322

Aus einem Brief des Reichsschatzmeisters an Oberbürgermeister Liebel vom 7. April 1937 ging hervor, dass in dem in Nürnberg befindlichen Büro der Bayerischen Versicherungsbank fortlaufend Handwerksmeister erschienen, die diesbezügliche Reparaturkostenrechnungen in Vorlage brachten und die Bezahlung einforderten. Das Nürnberger Büro erwies sich jedoch mangels eines Gesamtüberblickes als nicht imstande, diese Rechnungen auf ihre Berechtigung im einzelnen nachzuprüfen. Es schickte die Rechnungen an die Direktion in München. Sie konnte aber ebenfalls nicht zu der einzelnen Rechnung Stellung nehmen, weil sie nicht wusste, welche Meister von der Stadtverwaltung mit der Vornahme der Reparaturen beauftragt worden seien und in welchem Umfang Reparaturaufträge im einzelnen erteilt worden seien.323 Seitens der städtischen Schulhausverwaltung gingen beim Hochbauamt 1935 Schadensersatzansprüche in Höhe von rund 20.500 RM, 1936 von rund 11.400 RM ein.324 Die Stadt meldete den Schaden der zuständigen Versicherungsgesellschaft. Sie hatte größte Mühe, unter vielen zeitraubenden Auseinandersetzungen den Schadensbetrag zugewiesen zu erhalten. Aus Sicht der städtischen Behörden war für den Ärger und die damit verbundenen Schwierigkeiten und Arbeitsmehrungen die Einschaltung der Schadenversicherung durch die OL verantwortlich. Sie erwog deshalb, „für die Zukunft von der Einschaltung eines privaten Versicherungsunternehmens unbedingt abzusehen.“ 325

322 Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Ausstellung „Faszination und Gewalt“, Ausstellungstafel 1104 „Wunschbild und Wirklichkeit“ Zitate. 323 StadtAN C 7 /935: RPT 1936 Unterkünfte. Schreiben „Reichsschatzmeister der NSDAP“: An den OB der Stadt der RPT Parteigenosse Liebel“, München, Braunes Haus 7.4.1937. „Gegenstand: Reichsparteitag der Ehre 1936. Schäden in den Massenquartieren“. Schreiben des Hochbauamtes, Abteilung H III an Ref XI, 31.5.1937. 324 StadtAN C 7/948: RPT 1937. 325 StadtAN C 7 /935: RPT 1936 Unterkünfte. Städt. Hochbauamt, Abt. H III 31.5.1937. An Ref. XI/Ptg: „ (...) Obige Vorgänge zeigen wiederum, welche Schwierigkeiten und Arbeitsmehrungen und Belastungen die bisherige Einschaltung der Schadenversicherung durch die Organisationsleitung dem Hochbauamte bereiten und wie notwendig und dringend es ist,für die Zukunft von der Einschaltung eines privaten Versicherungsunternehmens unbedingt abzusehen. Auch materiell ist diese Notwendigkeit in vollem Umfange am Platze. So soll dem Vernehmen nach das Versicherungsunternehmen etwa RM 40.000 jährliche Prämien von der Organisationsleitung erhalten, während die Stadt Nürnberg bzw. das 112

6.11.3. Wasserverschmutzung Umweltschutz spielte in den 1930er Jahren in Deutschland noch keine Rolle. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass während der Reichsparteitage kein Augenmerk darauf gelegt wurde. Aktenkundig ist eine Umweltzerstörung vom RPT 1937. Abwässer (Seife, Fette, Öle, Essensreste) des „Hilfszug Bayern“ und des „Deutschlands-Hilfszug“, die für die Verpflegung der Zeltlager zuständig waren, wurden in den Neuselsbrunn-Graben geleitet. Über diesen flossen die Küchen- und Maschinenabwässer in die beiden Dutzendteiche, die Flachweiher und die Nummernweiher im Tiergartengelände.326 Die Folge war ein Fischsterben im Flachweiher. Der Pächter Michael Krug gab einen Schaden von ca. 420 RM an. Als die Verunreinigung auf die Nummernweiher übergriff, entschloss sich die Tiergartenverwaltung, die Teiche abzulassen und abzufischen, um die Vernichtung des Fischbestandes zu vermeiden. Den wertvollen Tierbestand (Seelöwen, Eisbären, Wasservögel) überführte sie in andere Gehege. Mit Rücksicht auf den Tierbestand mussten die Teiche wieder gefüllt werden, die Kosten dafür beliefen sich auf 2.000 RM. Die Reinigung des Neuselsbrunngraben, dessen Ränder voll Fett und Ablagerungen waren, auf eine Länge von 3 km erforderten einen Kostenaufwand von 500 RM. Für die Reinigung der Flachweiher betrugen die Kosten 1.500 RM, so dass Gesamtkosten von 4.420 RM anfielen.327

Hochbauamt größte Mühe hat, unter vielen zeitraubenden Auseinandersetzungen die von der Stadt gemeldeten Schäden von ungefähr RM 11.400 von dem Versicherungsunternehmen zugewiesen zu erhalten.“ 326 Der Dutzendteich mit seinen Nebenweihern entstand vermutlich im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts durch die künstliche Anstauung des Langwassergrabens und anderer Gewässer durch einen Damm im Bereich des heutigen Nordufers: Stadtarchiv und Stadtplanungsamt Nürnberg (Hg.), Rund um den Dutzendteich. Eine Nürnberger Stadtlandschaft im Wandel der Zeit. Ausstellung. Dokumentation. o. J., S. 12. 327 StadtAN C 7/885: RPT 1933. Aktenvermerk vom 14.9. und 23.9.1937; 2.10.1937, Wohlfahrts-, Jugend, Sport- und Pressereferat. 113

6.12. Berichte zur wirtschaftlichen Bedeutung der Reichsparteitage

für die Stadt Nürnberg In den Akten finden sich einige Presseartikeln mit Angaben zu ökonomischen Effekten der Reichsparteitage für die Stadt Nürnberg. 1934 erkannte die „Bayerische Volkszeitung vom 20. Oktober unter der Überschrift „Die Wirtschaftsbilanz des Reichsparteitags“ eine „erhebliche Belebung der Nürnberger Geschäftswelt“. Wirtschaftliche Vorteile hätten das Textilgewerbe (Fahnen), das Gärtnergewerbe (Kränze, Girlanden), das Malergewerbe (Transparente), das Buchhändlergewerbe (Postkarten) etc., daneben Gaststätten und Hotels erzielen können.328 1935 ging nach dem Erfahrungsbericht des städtischen Parteitagsreferats der Umsatz der Nürnberger Geschäftswelt gegenüber dem Vorjahr um etwa 40 % zurück. Eine ähnliche Tendenz vermerkte die Schreibwarenhandlung C. Müller (Hauptmarkt, Filiale Königstraße 29). Eine der Ursachen dafür lag aus Sicht beider Reports in dem Zurückhalten der SA-Mannschaften von einem Stadtbesuch. Sie stellten nach den „Politischen Leitern“ (117.000 Mann) mit 90.000 Mann die zweitstärkste Gruppe der teilnehmenden NS-Gliederungen dar. Das Referat merkte dazu an: „Im Interesse der Wirtschaftsbelebung wäre es sicher erwünscht, wenn der Besuch der Stadt durch die SA-Männer ermöglicht werden könnte.“ 329 Demgegenüber konnte nach einem Bericht der „Nürnberger Zeitung“ die Geschäftswelt der Nachbarstadt Fürth deutliche 1935 Vorteile verbuchen: „Eine erfreuliche Statistik. Der diesjährige RPT hat sich für Fürth auch in wirtschaftlicher Hinsicht erfreulich ausgewirkt. Die während des RPTs in unserer Stadt untergebrachten Gäste haben nicht weniger als 750.000 RM in Umlauf gebracht. Selbstverständlich fiel dem Baugewerbe, dem Zimmerhandwerk usw. angesichts der zu errichtenden Bauten und Einrichtungen ein wesentlicher Anteil hiervon zu. Auch das Nahrungsmittelgewerbe, das Metzger- und Bäckerhandwerk sowie das örtliche Handelsgewerbe hatten dank des Mehrkonsums der Gäste eine beachtliche Belebung erfahren. Die Stadtführung ist bestrebt, für den RPT 1936 eine noch größere Anzahl von Gästen nach Fürth zu bringen.“ 330

Für die RPT 1936 bis 1938 vermerken die Berichte der Schreibwarenhandlung Müller C. Müller zum Teil deutliche Umsatzsteigerungen.

RPT 1936:

328 StadtAN C 7/913: RPT 1934 Allgemeines. 329 StadtAN C 7/922: RPT 1935 Allgemeines. „Besondere Erfahrungen des Referates für den RPT“: „Der Umsatz der Nürnberger Geschäftswelt ist in diesem Jahre gegenüber dem Vorjahre um etwa 40 % zurückgegangen. Auch die Straßenbahn hat erheblich weniger eingenommen. …“ Bayerisches Wirtschaftsarchiv F 113/62. C. Müller S 18 GmbH Nürnberg: „Die Umsätze waren insgesamt für die Zeit vom 7. - 17. September 1935 in beiden Ladengeschäften, zusammengenommen 20,7 % geringer, wie im Vorjahr.“ 330 StadtAN C 7/922: RPT 1935 Allgemeines. Erfahrungsberichte. „Nürnberger Zeitung“ 31.10.1935: „Fürther Tagesnotizen“. 114

„Das Geschäft hat sich über alle Erwartungen gut angelassen und lag 35,2 % im Mittel über den Ergebnissen des vergangenen Jahres. Die Gründe dafür dürfen gesucht werden in einer wesentlich grösseren Kauffreudigkeit der Parteitagbesucher, die in diesem Jahre, im Gegensatz zum vergangenen, wieder wesentlich grössere Freiheiten im Besuche der Stadt hatten. So war der SS Gelegenheit gegeben tagelang die Innenstadt zu besuchen, die als nicht zu unterschätzende Käuferschicht bereits vom Montag 7. September an die Innenstadt bevölkerten und das Andenkengeschäft vom ersten Tage an sehr vorteilhaft belebten. Die politischen Leiter hatten gleichfalls grössere Freiheit, vor allem aber war der SA und dem NSKK am Montag und Dienstag, den 14. und 15. September Gelegenheit gegeben in die Stadt zu kommen, wo namentlich das NSKK nicht unwesentlich belebend wirkte. Die Zahl der Strassenverkäufer war in zähen Verhandlungen mit der Organisationsleitung ganz bedeutend verringert worden. ... Tatsächlich hat der Strassenverkauf nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt und damit einen Grossteil der Besucher in die Läden geführt. Die übermässige Sucht des Andenkenverkaufes durch den fachfremden Nürnberger Einzelhandel war gleichfalls durch Verbote ausserordentlich eingedämmt, sodass der ... Fachhandel seine Waren gut verkaufen konnte. Mein Sortiment..hat sich als richtig erwiesen ...vor allem Lederwaren und kleine Geschenkartikel. (…) Das Postkartengeschäft spielte wiederum eine sehr bedeutende Rolle, insbesondere in der Filiale, die durch eine Tafel mit den neuen Karten es verstanden hat, sehr grosse Massen von Käufern in ihren Laden zu locken. Die Hauptrolle spielten in diesem Jahre die Fotokarten ... Der Umsatz erfuhr im Hauptgeschäft eine Mehrung von etwa 25 %, in der Filiale von etwa 50 % gegenüber dem vergangenen Jahr. Auch nach Beendigung des Parteitags war noch eine Reihe von lebhaften Tagen zu verzeichnen. (…)“

RPT 1937: „Die Umsätze des Parteitagsgeschäftes lagen etwa 3 % über denjenigen des Vorjahres. Im Postkartengeschäft wurden Nürnberger Ansichten, wie die offiziellen Festpostkarten gut und reichlich verkauft, wobei die Bromsilberkarte die Hauptrolle spielte. Auch in den Kleinfotos war der Absatz befriedigend. Eine gewisse Einschränkung erhielt das Geschäft durch die von der Reichspost herausgegebenen Festpostkarten mit der Führermarke, die insbesondere den Verkauf der offiziellen Festpostkarten ungünstig beeinflusst haben. (…) Die Umsätze in aktuellen Fotokarten betrugen für die Filiale 7153 Stück, für das Hauptgeschäft 6540 Stück. (…)“

RPT 1938:

115

„ (…) Dekorationsartikel - Die Umsätze haben sich gegenüber dem vergangenen Jahr nicht unerheblich gebessert. Vor allem Goldgirlanden. Die Umsätze in der Zeit vom 5. mit 12. September haben um 20 % ... gegenüber dem vergangenen Jahr zugenommen.“ 331

Die Wirtschaftsbilanz für den RPT 1936 fiel nach einem Pressebericht der „Bayerischen Zeitung München“ vom 18. September ebenfalls sehr positiv aus. Bei einem Treffen mit den Ratsherren dankte der Oberbürgermeister in seinem Schlusswort auch für die Unterstützung der Vorbereitungsarbeiten durch die Gauleitung und die Kreisleitung der NSDAP: „Der Reichsparteitag ist zu Ende. Seine Vorbereitung und Durchführung gab Hunderttausenden Brot und Arbeit und die Arbeitslosigkeit ist dadurch in Nürnberg weiter herabgedrückt worden. Dies alles verdanken wir dem Führer...“ 332

Ganz anders dagegen hörte sich Liebels Erwiderung auf einen Brief des bayerischen Mini- sterpräsident Ludwig Siebert an ZRN-Leiter Hanns Kerrl vom 28. Juni 1937 an. Dieser beklagte darin fehlende ökonomische Vorteile von den Propagandaspektakeln für das Land Bayern, im Gegensatz zu der Stadt Nürnberg: „ … dass bei der politischen Entwicklung, ins-besondere in steuergesetzlicher Hinsicht, die wirtschaftlichen Vorteile der Stadt der Reichsparteitage und dem Reich in erster Linie zugute kommen, dass die Stadt Nürnberg ungeheuere Vorteile auch materieller Art hat.“ Für Bayern hingegen „ist der wirtschaftliche Nutzen des Landes aus den Reichsparteitagen gegenüber jenem der Stadt und des Reichs nicht ins Gewicht fallend (…).“ Der Oberbürgermeister stellte in seinem Schreiben vom 7. Juli 1937 an Kerrls Referent von Werndorff klar: „ … Wenn Herr Ministerpräsident Siebert von „ungeheueren Vorteilen auch materieller Art“ spricht, die der Stadt Nürnberg aus den Reichsparteitagen zufließen sollen, so bedauere ich, dass ich, jedenfalls bisher, solche Vorteile nicht feststellen konnte. Dagegen weisen die Haushaltspläne der Stadt ganz erhebliche Belastungen für die Durchführung der Reichsparteitage auf, die auch in Zukunft bestimmt nicht geringer werden.“ 333

331 Bayerisches Wirtschaftsarchiv F 113/62. C. Müller S 18 GmbH Nürnberg. 332 StadtAN C 7/931: RPT 1936. „Bayerische Zeitung München“, 18.9.1936, „Die Stadt der RPT gibt sich Rechenschaft“. 333 StadtAN C 32 Z/RPT 1935-1955/ 38. Schreiben des Oberbürgermeisters der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg; Schriftverkehr mit Mitgliedern des Verwaltungsrates des ZRN, u.a. mit Bormann. Brief Siebert an Kerrl vom 28.6.1937; Brief Liebel an den persönlichen Referenten des Reichsminister Kerrl, Herr von Werndorff vom 7.7.1937.

116

7. Vergabepraxis für die Großbaustelle Reichsparteitagsgelände

Anfang April 1935 überschlug sich die regionale Presse mit Positivmeldungen bezüglich der Gründung des „Zweckverband Reichsparteitaggelände“. Haupttenor war die propagandistische Botschaft, dass damit ein entscheidender Schritt für eine solide Finanzierung der Baumaßnahmen in der Zukunft und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit getan sei: „ (…) Nach dreifachem Sieg-Heil auf den Führer vollzog Stadtgartendirektor Hensel die er- sten Spatenstiche und nun traten in frohem Werkschaffen die Arbeiter in Tätigkeit, nachdem der Betriebszellenobmann vollsten Arbeitseinsatz in alter Treue versprach und das Horst- Wessel-Lied verklungen war. Dieser sofortige Einsatz der Arbeitskräfte zeigt, dass nunmehr die Frage der Finanzierung in geregelte Bahnen geleitet ist und wieder einmal, dank der Tatkraft von Oberbürgermeister Liebel, ein neuer Angriff auf die Arbeitslosigkeit, die unter seiner Leitung der Stadt ständig gesunken ist, erfolgen kann. Es werden (…) Hunderte von Arbeitern hier eingesetzt werden und man kann daraus ermessen, wieviel Arbeitskräfte das kommende Gesamtprojekt aufnehmen wird. Hunderten von Familien ist damit die bange Sorge genommen, ob nicht der Arbeitsvorrat wieder abflauen werde (…).“ … „Großes Arbeitsprogramm (…) Bauherr für die gesamten Großanlagen des Reichsparteitaggeländes wird von nun an der Zweckverband sein, in dessen Eigentum auch die (…) Grundstücke übergehen werden. Die städtischen Grundstücke werden dazu als Sacheinlagen eingebracht, im übrigen wird aber die Stadt von der Tragung weiterer Baukosten entlastet (…). Die erste Sitzung des Zweckverbandes Reichsparteitag hat wiederum gezeigt, dass da wo ein (…) Wille auftritt (…) die größten Schwierigkeiten überwunden und auch außergewöhnliche Arbeiten als etwas Selbstverständliches geleistet werden können. Jeder Nürnberger kann stolz und glücklich sein, dass durch die Errichtung des Zweckverbands nach dem Willen des Führers das wirtschaftliche und organisatorische Instrument geschaffen wurde, mit dem die für Nürnberg als Stadt der Reichsparteitage gesetzten Großaufgaben in hervorragender und unübertrefflicher Weise geleistet werden können.“ 334

334 StadtAN C 32 Z/RPT 1935-1955/22: „Nürnberger Zeitung“, 9.4.1935; „Fränkischer Kurier“, 9.4.1935. 117

7.1. Vergabepraxis der Stadt Nürnberg Die Erteilung von städtischen Aufträgen für die Erhaltung und den Ausbau der Infrastruktur wie Straßenbau, Kläranlagen, Kanalarbeiten usw., zu denen ab dem Sommer 1933 auch die Arbeiten zur Durchführung der Reichsparteitage gehörten, lag bei dem Vergebungsausschuss des Stadtrates. Sie sind in dem bisher von der zeithistorischen Forschung nicht erschlossenen Bestand C 14 zum Vergabewesen aufgelistet. Er gibt Auskunft darüber, welche Firmen und Unternehmen zu welchen Preisen im Auftrag der Stadt Nürnberg an den Bauprojekten auf dem Reichsparteitagsgelände einschließlich seiner infrastrukturelle Erschließung, den großen Zeltstädten und Baracken in der Lagerzone, zu den vom ZRN angelegten zusätzlichen Unterkünften und Gästehäusern für Ehrengäste aus Partei und Staat, aber auch zum Umbau des Opernhauses als Spielstätte für „deutsche Bühnenkunst“ und Kulturtagungen, der Anlage des Tiergartens am Schmausenbuck oder den Baumaßnahmen in der Altstadt tätig waren.335 Der Vergebungsausschuss kam wöchentlich bzw. alle zwei Wochen zusammen. Ende Mai führte er Richtpreise für die verschiedenen Branchen ein. Sie bereiteten den Nürnberger Handwerkern in der Folgezeit erhebliche Probleme.336 Die Stadt Nürnberg wollte die Aufträge, die sie vom ZRN erhalten hatte, termingerecht abliefern und leitete sie oft an Firmen weiter, die ihr bekannt waren und für Qualitätsarbeit garantierten. Willy Liebel bezeichnete das Gremium als denjenigen Ausschuss, „mit dem sich die Öffentlichkeit am meisten beschäftige, und wies auf die Notwendigkeit der unbedingten Verschwiegenheit über alle hier zur Erörterung kommenden Gegenstände hin.“ Die Berücksichtigung ortsansässiger Unternehmen bei der Vergebung war nach seiner Auffassung ein „ausgesprochenes Geschenk.“ 337 Betrug das Kostenvolumen der vom Vergebungsausschuss 1934 erteilten 438 Aufträge 3.072.060 RM, sank es 1935 mit 348 Aufträgen auf 2.383.426 RM und 1936 mit 250 Aufträgen auf 1.980.044 RM. Diese Zahlenangaben umfassen, wie bereits erwähnt, auch die

335 StadtAN, Av Per 18: Rechenschaftsbericht 1933/1934, S. 23 f.: „Die Hausbesitzer in der Nürnberger Altstadt wurden angehalten, Gebäudeinstandsetzungen vornehmen zu lassen, da die historische Innenstadt eine wichtige Kulisse für die Reichsparteitage sein sollte. Dadurch wurden „Handwerk und Gewerbe mit neuen Aufträgen versehen.“ Weiter heißt es: „Die Stadtgemeinde hat selbst zahlreiche städtische Gebäude instandsetzen lassen. Die Ringmauern wurden ausgebessert (…) Rathaus, Fleischbrücke, Fembohaus wurden überarbeitet, so dass das schwer darniederliegende Steinmetzgewerbe eine Wirtschaftsbelebung erfuhr.“ StadtAN C 14: Vergabewesen 30.11.1933. Aufträge für Steinbildhauerarbeiten an Bücken für 17.600 RM. 336 Ebenda, 24.5.1935: „Der Vorsitzende berichtet, dass der Baumeister Franz Pflaum bei ihm erschienen sei und dabei die Behauptung aufgestellt habe, im Gewerbe sei grosse Unzufriedenheit über die Richtpreise der letzten Zeit vorhanden, wie diese kaum die Selbstkosten decken würden; deshalb habe auch der Sachverständige der Handwerkskammer die Richtpreise der letzten Zeit abgelehnt (…).“ (Sitzungsprotokoll). 337 StadtAN C 14/2, 16.5., 12.7.1933. 118 für das Reichsparteitagsgelände ausgegebenen Gelder. Aus dem Zuwachs bzw. Rückgang von 1934 bis 1936 lässt sich die Entlastung der Stadt durch die Gründung des ZRN herauslesen. Ab 1935 sind die städtischen Auftragsvergaben für ihn mit aufgeführt.338 1937 erhöhte sich das Kostenvolumen der vergebenen städtischen Aufträge wegen dem starken wirtschaftlichen Aufschwung und des am 4. Oktober erlassenen „Gesetzes zur Neugestaltung deutscher Städte“ mit 256 Aufträgen auf 2.510.355 RM.339 Die Höhe einzelner Auftragssummen bewegte sich in Beträgen von unter 100 RM bis zu mehreren 100.000 RM.340 Aufträge in Volumen unter 10.000 RM gingen an sehr viele kleinere Betriebe. An den Sitzungen des Vergebungsausschusses nahmen neben dem Oberbürgermeister oder seinem Stellvertreter Stadträte, sowie die Ortsgruppe der NSDAP und die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) teil. Diese größte und in der Öffentlichkeit bekannteste NS-Massenorganisation, die für die Wohlfahrtspflege zuständig war, besaß bei der Vergabe ein erhebliches Mitspracherecht. Sie versuchte über das Amt für Volkswohlfahrt im Gau Franken Einfluss darauf zu nehmen, städtische Aufträge nur an Unternehmer zu vergeben, die Mitglied der NSV waren.341 Willy Liebel lehnte dieses Begehren aus machtpolitischem Kalkül und wegen der mit anderen NS-Organisationen vorprogrammierten Konflikte, die nicht über ein solches Privileg verfügten, ab.342 Eine Entscheidung ohne sein Plazet war nicht möglich, sein Votum konnte von ausschlaggebender Bedeutung sein.343 Jeder der Anwesenden im Vergebungsausschuss hatte die Möglichkeit, Vorschläge einzubringen. Sie konnten sich beispielsweise für befreundete Firmeninhaber einsetzen.344 Linientreues bzw. opportunes Verhalten gegenüber dem Nationalsozialismus war eine Voraussetzung für die Erteilung des Zuschlags. Zum Beispiel erhielt ihn das Baugeschäft Peter Huber für Maurerarbeiten im Mai 1935, „weil es sich um einen alten Kämpfer handelt,

338 StadtAN C 14/ 77, 78 Vergebungen Zweckverband. 339 StadtAN C 14, 67, 68. 340 Ebenda, 28.11.1938: 75 RM für die Firma Lamminger-Regner AG, Frankfurt; 8.4.1936 390.000 für die Firma Karl Stöhr, München zur Verbreiterung der Hallertorbrücke. 341 Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (Hg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus, München 2001, S. 619: „Aufgrund ihrer scheinbaren Ideologieferne war die Arbeit der NSV populär und die Mitgliedschaft erschien auch für diejenigen, die dem Regime eher zögernd oder kritisch ge- genüberstanden, aber aus Opportunitätsgründen in eine Parteiorganisation eintreten wollten, akzeptabel. Tatsächlich war die Arbeit der NSV von rasse- und erbbiologischen Selektionskriterien bestimmt, indem v.a. „rassisch wertvolle“, nur zeitweilig in eine Notlage geratene Bedürftige gefördert werden sollten, während „Minderwertige“, „Asoziale“, Alte und Kranke der (Minimal-) Unterstützung der öffentlichen Fürsorge überlassen wurden.“ 342 StadtAN C 14: 23.10.1935. 343 Ebenda, 23.10.1935: „Die nachverzeichneten, von Herrn OB bereits vollzogenen Vergebungen dienen ohne Erinnerung zur Kenntnis“ (Sitzungsprotokoll). 344 Ebenda 30.9.1936: „Der Vorschlag des Referenten, die Maurerarbeiten (….) wie folgt zu vergeben: Los I an Karl Schick und Los II an Andreas Wittmann (…) findet den Widerspruch des Ratsherrn Lobenhofer, der eine Berücksichtigung des in bedrängten Verhältnissen stehenden Hans Schätzler wünscht. Der Vorsitzende entscheidet sich für die Vergebung des Loses II an Hans Schätzler um 30.057 RM (…)“ (Sitzungsprotokoll). Weitere Beispiele ließen sich anführen. 119 der zur Zeit ohne nennenswerte Aufträge ist.“ Dagegen wurde der Pflastermeister Johann Sippel von städtischen Arbeiten ausgeschlossen, weil er sich weigerte, Mitglied der NSV zu werden und sich nicht an Sammlungen für das Winterhilfswerk beteiligte. Dem Flaschner- und Installateurmeister Jean Schmidt aus Nürnberg versagte der Vergebungsausschuss Arbeiten für die Stadt und den ZRN, weil er am 29. März 1936 nicht an der Volksabstimmung über die Rheinlandbesetzung am 7. März zur Akklamation der Regierungspolitik (98,8 % Ja- Stimmen) teilnahm und dazu erklärte, er lasse sich hier gar keine Vorschriften machen. Willy Liebel segnete diese Entscheidung als Vorsitzender ab. Der Malermeister Hans Hierer, der Autoreparaturen von einem jüdischen Betrieb ausführen ließ, erhielt eine Vorladung und die Kündigung von Arbeitsaufträgen von seiten der Stadt. Gleiches geschah dem Baugeschäft Völkel & Heidingsfelder, weil es Backsteine für einen Kasernenneubau in Erlangen bei einem jüdischen Händler einkaufte. Unternehmen, die ein Mindestmaß an Qualitätsstandards für ihre Leistungen nicht erfüllten, konnten ebenfalls städtische Aufträge entzogen bzw. dieses angedroht werden.345 Nach Gründung des ZRN im März 1935 änderte sich die städtische Vergabepraxis, allerdings nicht abrupt. Waren bis zu diesem Zeitpunkt noch viele Arbeitsaufträge an ortsansässige Firmen gegangen, erhielten nun zunehmend leistungsstarke größere auswärtige Unternehmen den entsprechenden Zuschlag. Ein Beispiel dafür ist der Transportdienst von Sand und Humus mit An- und Abfuhr. Verrichtete diese Arbeiten zu Beginn der Baustellen am Dutzendteich Nürnberger Fuhrbetriebe, erhielten dafür ab 1936 nach und nach Großfirmen wie das Unternehmen Fritz Schönmann aus München die Aufträge. Die Firma übernahm auch Abholzungs-, Düngungs-, Wässerungs-, Straßen-, Wegebruch- und Rangierarbeiten an den Großbaustellen Zeppelinwiese, Große Straße, Märzfeld, in der Lagerzone (HJ-, SA-, SS- Lager), Deutsches Stadion in einem Auftragsvolumen von mehr als einer halben Million RM.346 Aber auch mehrere Nürnberger Firmen erhielten bis Ende 1938 große Aufträge und profitierten von der städtischen Vergabepraxis enorm. Zum Beispiel die Firmen Gebrüder Schorr (151.523 RM für Maurer, Betonarbeiten, Stützmauern an der Baustelle Märzfeld, 2.5.38), die Fränkischen Natursteinwerke Nürnberg, die Lorenz Adler Fuhrwerke (Sandlieferung Deutsches Stadion, 544.000 RM, 3.8.1938, ) Hummel und Baumann (148.634 RM Maurer und Eisenbetonarbeiten Märzfeld 20.10.1938) oder Georg Bieber. Aufträge in Volumen unter 10.000 RM gingen an sehr viele kleinere Betriebe.

345 StadtAN C 14/2: 24.5.1935; 6.11.1935; 27.5.1936; 30.11.1938; 9.12.1936. 346 Ebenda: 19.8. (5.000 RM), 21.8. (5.036,75 und 2.507 RM) 1936, 3.3. (28.202,93 RM), 9.3. (4.480 RM), 13.5. (25.168 RM), 25.5. (19.697,50 RM), 24.7. (11.335 RM), 30.7. (13.500 RM), 23.8. (36.800 RM), 8.9 (1.820 RM), 1.10. (21.797,50 RM), 11.11.1937: (39.237 RM), 3.2. (5.040 RM), 26.2. (33.555 RM), 18.3. (87.000 RM), 14.4. (24.010,50 RM), 25.6. (80.000 RM), 3.8.(19.800 RM), 25.8. (62.690 RM), 3.11. (28.400 RM), 22.12.1938 (77.741 RM). 120

Als stellvertretende Beispiele für die Vergabe von Aufträgen auf dem Reichsparteitagsgelände sind im folgenden die Betriebe aufgeführt, die für die Errichtung der „Luitpoldarena“, die Umgestaltung der Maschinenhalle zur „Luitpoldhalle und für das Zeppelinfeld und der Haupttribüne Zuschläge durch den Vergebungsausschuss erhielten.

„Luitpoldarena“ Maurerarbeiten an den Tribünen: Firma Hochtief (München) (112.016 RM), Michael Held, (100.605 RM), Arbeitsgemeinschaft hiesiger Kleinfirmen (81.272,70 RM), Paul Weiß (155.666 RM/ 53.250 RM), J. Baiser (9.358,40 RM), Dyckerhoff & Widmann (8.525,80 RM), E. Herbert GmbH (3.649 RM). Zimmermannsarbeiten: Arbeitsgemeinschaft Reulein, Klein, Roder, Pickel, Pflaum (zusammen 9.822 RM), Arbeitsgemeinschaft Hoggenmüller, K. Schmidt, Georg Schmidt (zusammen 6.670 RM), Dykerhoff & Widmann (650 RM), Johann Kaiser (1.220 RM). Wege-Verlegung: Paul Weiß (6.397,50 RM), Konrad Kamm (51.435 RM). Lieferung von Bänken: (Name unleserlich, 50.924 RM) Anstriche: H. (Name unleserlich)-berger (3.920 RM), Joh. Gruber (1.094,40 RM) und Joh. Jordan (896,20 RM). Granitplattenbelag: Gebrüder Frank, Name unleserlich, Grasyma Wunsiedel, (gesamt 1.916.708,67 RM). Granitplattenbelag am Kriegerdenkmal: Arbeitsgemeinschaft der Steinmetze (6.735 RM). Zwei Hoheitsadler, 6 m hoch (Entwurf Professor Schmidt-Ehmen, München): Gießerei Brandstetter, München (160.000 RM). Aufgezogen wurden die Schwergewichte am 11. Juli 1935 durch die MAN (5.400 RM). Installationsarbeiten: Hans Brochier (5.615,20 RM), Konrad Hartung (3.897,80 RM), Johann Graf (1.537,75 RM), Stefan Anderst (1.537,75 RM) Georg Schmidt (5.451,25 RM), Fa. Burkhard (2.863,45 RM) und Firma Schmoll, alle Nürnberg. (3.384,80 RM). Zehn Torfit -Anlagen für Toiletten: Hoffmann & Hanemann, Regensburg (9.792 RM). Toiletteneinrichtung: Jakob Vogt (4.484 RM) und Hoffmann und Hannemann Regensburg (1.491,56 RM /1.301,11 RM). Sand: Mittelfränkische Bauhütte (140 RM). Kanalarbeiten: Franz Schuh (4.130,70 RM). Kleinere Steinmetzarbeiten an den Ehrentribünen: Kr. Linkel (4.113,80 RM). Erdarbeiten etc. für Autoparkplatz hinter der Festhalle: Firma Speckfarth (unleserlich 20.082,70 RM).

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Muschelkalkplatten: Kirchheimer Steinwerke Würzburg (22.826 RM); Zeidler & Wimmel, Berlin (21.480 RM). Pflanz- und Wegebauarbeiten: Gärtnereibetriebe Heinrich Merkel (24.043,40 RM), Möhl und Schnitzlein (16.586 RM), G. Bins (4.309 RM). Errichtung dreier Fußgängerunterführungen: Baugeschäfte Christian Tauber (60.504,10 RM) und Hans Rödl (62.692,50 RM und 32.701 RM). Verputzarbeiten u.a. an den Anbauten des Kriegerdenkmals: Martin Seufert (1.925 RM), Otto Arnold (3.074 RM), Georg Schobernsalter (2.500 RM). Schreinerarbeiten am Umspannwerk: Karl Gölkert (1.291 RM), Georg Seitz (3.575 RM), Willy Wenzel (3.850 RM), Arbeitsgemeinschaft der Schreinerinnung (2.827,50 / 1.160 RM/ 2.175 RM). Betonarbeiten: Hans Weinmann München (135.800 RM). Pfahlgründung für den Brüstungsbau u.a.: Dyckerhoff & Widmann (14.921,80 RM/1.849 RM) Eisenbauarbeiten: J. Hubert (1.108 RM). Verputzarbeiten: Arbeitsgemeinschaft Niebuhr (3.788,90 RM). Ausbesserung der Wege samt Ansäung der Rasenflächen: Teeras Regensburg (15.593 RM), Konrad Kamm (22.450 RM/10.690 RM) Fa. Kiendl (5.045 RM). Reinigung der Arena vor dem RPT 1937: Moritz Fürst (1.013,55 RM).

Luitpoldhalle (Alte Kongreßhalle) Albert Speer forderte nach dem Reichsparteitag 1934, eine neue, leistungsstärkere Lüftungsanlage. Der ZRN bestellte bei der Firma Wiessener in Görlitz neue Luftkühlungsmaschinen. Maurerarbeiten: Karl Weißer (24.976,30 RM), Peter Macher (25.295 RM), Michael Held (68.582 RM/ 1.150 RM), Andreas Munkert (1.300 RM). Gerüstbau: Arbeitsgemeinschaft Geißlein, Nagel, Zimmer (1.981,60 RM). Natursteinfassade: Arbeitsgemeinschaft Bildstein, Stimm, Schneider (19.740 RM), Granitsockel blau-grau: Grasyma Wunsiedel (18.600 RM) Glaserarbeiten: Kr. Grübel, Hinkel (1.468 RM), Konrad Lehhröder (1.846 RM), Hans Friedrich (1.846 RM), Arthur Wolf (1.207 RM), Andreas Lindner (1.207 RM) Kanal: G. Hubert (3.235 RM). Diverse Arbeiten: Firma Zirngibl (469 RM), Paul Weiß (15.725 RM), Joh. Kriel (6.730 RM), Otto Schier (6.600 RM), Max Hartl (4.830 RM), Hans Schobrau…ter (6.592 RM); Anstricharbeiten: Philipp Maurer (1.292 RM), Otto Lippold (536,40 RM).

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Schreinerarbeiten: A. Hallfelder (1.600 RM), N. Käferlein, Langenzenn (1.815 RM); 10.7.1936 Ludwig Unützer (760 RM), AG Nürnberger Schreiner (725 RM), Georg Petzold (476 RM) Türenlieferung: Arbeitsgemeinschaft der Schreinerinnung (2.496 RM), Max Hoch (2.760 RM); J.A. Hiller (695 RM). Schlosserarbeiten: G. Faster (900 RM), Jean Bräunlein (1.100 RM), Anton Drebinger (2.280 RM / 3.244 RM), Wolfgang Biller (764,80 RM), Konrad Zink (580,50 RM), Hans Pollack (1.213,90 RM), Georg Raab (1.030,20 RM), Franz Faber (727,40 RM), Schlossergenossenschaft Nbg. (10.352 RM). Zimmermannsarbeiten: Peter Moser (3.530 RM), Georg Walther (1.682,50 RM), Georg Fleischmann (1.305,74 RM), Baugenossenschaft Nbg. (1.610,60 RM). Flaschnerarbeiten: Arbeitsgemeinschaft Nürnberger Flaschner (7.504 RM); Anschlagen von vier Flügeltüren: Fritz Alfa (845 RM); Eindeckung der Festhalle „mit Ulmer Kiesbestreuung nach Mustereindeckung“: Karl u. Fr. Zirngibl (6.188 RM), Georg Dressel (5.960 RM); weitere Dacharbeiten: Peter Macher (2.920 RM), Georg Fleischmann (3.500 RM). Fliesenleger: Ferdinand Traudt (3.126 RM), K. Schmidt (4.572,50 RM), Wilh. Gieshold (3.585 RM); Karl & E. Wagner (4.589 RM), Bayr. Bauwaren GmbH (2.994 RM) Verputzarbeiten: Albin Hald (1.642 RM). Die Frankfurter Firma Rheinstahl fertigte feste „Fahnenmaststangenrohre“ (1.095,60 RM). Bau der „größten Orgel Europas“: Firma E.F. Walcker & Co., (116.200 RM). Die für den Einbau der Orgel nötigen Holzarbeiten erledigte Jakob Trapp (1.260,50 RM). Aufgrund dieser Anschaffung folgte scharfer Widerspruch aus Bayern.347

Zeppelintribüne und Zeppelinfeld Die folgende Detailbetrachtung über die Errichtung des Zeppelinfeldes und der Zeppelintribüne kann als Wegweiser für die Erstellung der Baugeschichte dienen, die bis heute noch nicht vorliegt. Sie wurde als einziger Kolossalbau der Herrschaftsarchitektur auf dem Reichsparteitagsgelände fertiggestellt; die über dem Hauptgesims liegenden Aufbauten und die Dachungen wurden bis 1937 vollendet. Die Bauarbeiten, wie Maurer-, Einrüstungs-, Installations-, Schlosser- und

347 StadtAN C 32 Z/RPT 1935-1955/10: Niederschrift über die 4. Sitzung des Verwaltungsrates des Zweckverbandes, 22.2.1936. Ministerpräsident Siebert stellte die Anfrage, warum die für die Festhalle bestimmte Orgel an eine Firma in Ludwigsburg vergeben worden sei, obwohl dieser Auftrag auch in Bayern (Firma Steinmeyer in Öttingen) hätte ausgeführt werden können. Aufgrund des Protestes wurde 1938 ein kleinerer Auftrag an die bayrische Firma vergeben. Es handelte es sich um ein bekanntes Orgelbau-Unternehmen, das von 1848 bis in die 1990er Jahre des 20. Jahrhunderts international tätig war, bis es der Konkurrenz nicht mehr gewachsen war. Z.B. wurde die Orgel der Lorenzkirche in Nürnberg von Steinmeyer gebaut. StadtAN C 32 Z/RPT/990: Prospekt der Orgel; Zeitschrift „Das Orgelwerk”; verschiedene Zeitungsausschnitte. Vgl. StadtAN C 14,2: Übungsorgel für Konservatorium für 6.000 RM. 123

Zimmermannsarbeiten wurden von ortsansässigen Firmen durchgeführt. Die Steinmetzarbeiten und die Verkleidung der Rohbauten dagegen leisteten auswärtige Betriebe.

1935: Im Frühjahr 1935 wurden die Erdwälle für die Zuschauertribünen aufgeschüttet. Am 11. Mai begannen Erdtransporte, das bewegte Erdmaterial allein für die nordöstliche Tribüne hatte ein Volumen von 13.500 qm.348 Zum gleichen Zeitpunkt begannen umfangreichere Steinbauarbeiten auf dem Zeppelinfeld. Das benötigte Steinmaterial wurde angeliefert und sofort bearbeitet.349 Die beschäftigten Steinmetze kamen in der Regel aus den Steinbruchgebieten.350 Quasi zeitgleich fanden die er- sten Maurerarbeiten statt.351 Diese schnelle Verarbeitung war allerdings der Standfestigkeit des Mauerwerks nicht zuträglich. Dass bereits 1941 Nachbesserungen erforderlich waren, ist in einem Akt bezüglich Tourismus belegt.352

348 Ebd. Fa. Karger-Nußberger (Nürnberg) (7.340 RM für Erdtransport) sowie (22.680 RM für Schüttung der nordöstlichen Tribüne). Es handelte sich um 13.500 qm Erdmaterial (1,68 RM a qm). (korrekter Wert - kein Rabatt) / Die Erdarbeiten am westlichen Teil der Zeppelinwiese übernahm die Arbeitsgemeinschaft Siegmund, Winkler, Hannweg zu einem Preis von 146.000 RM. Die Erdarbeiten am östlichen Teil übernahmen die Gebrüder Lauer, Nürnberg zu 35.500 RM. / Zusätzliche Erdarbeiten am westlichen Teil der Zeppelinwiese wurden am 25.6.1935 von der AG Siegmund, Winkler, Hannweg durchgeführt: 76.438,50 RM./ 3.7.1935: Erdarbeiten südlich der Zeppelintribüne und Nachtragsarbeiten: Gebrüder Lauer: 10.500 RM. 349 Ebd. 30.4.1935, Jurastein aus Pappenheim (Arbeitsgemeinschaft, Vorsitz Friedrich Ehmann), Umfang: 193 qm, (a 130 RM pro qm), Gesamtkosten: 18.070 RM (offenbar gab es Mengenrabatt, denn der Gesamtpreis müsste eigentlich 25.090 RM betragen) / zum gleichen Datum ist eine Lieferung naturweißer Travertin vermerkt, Firma Max Balz, Pappenheim, Umfang 66 qm(a 156 RM pro qm) zu einem Gesamtpreis von 10.296 RM. (kein Rabatt) / Ebenfalls am 30.4. 1935 wurde Volonitmaterial geliefert (Naturstein, C. Winterfelder), es wurden 30 qm geliefert (a 145 RM pro qm), Gesamtpreis: 4.350 RM (kein Rabatt) / Gleichzeitig wurde „Irinstein“ aus Kiefersfelden geliefert (Marmor- Industrie Kiefer A.G.), 179 qm (a 342 pro qm), gesamt: 41.745,60 RM (der korrekte errechnete Preis läge weit höher: 62,218) / Am 19.6.1935 lieferte die AG Dieroll, Winterfeld und Keller 280 qm Stein zu 160.720 RM. 350 Ebd. 7.5.1935, genannt werden folgende Arbeitsgemeinschaften: Trauflinger Marmorwerke AG, Kiefer AG, Kiefersfelden, Juramarmorwerk Möhnau, Gundelsheim, Steinindustrie Wunsiedel, Steinwerk Burkunststatt, Steinwerk Miltenberg a. Main, Viktor Preller, Ebelsbach a. Main, aus Nürnberg: Johann Finck, Hans Goller, Arbeitsgemeinschaft Nürnberger Steinmetzmeister. Gesamtpreis: 144.697,90 RM./ 16.5.1935: „Arbeitsgemeinschaft von Bildhauern und Steinmetzmeistern“: 17.980,70 RM. 351 SAN C 14,77 Vergebungen Zweckverband. 15.4.1935, Karl und Firma Zirngibl, Nürnberg (5.172, 40 RM)/25.4.1935 Andreas Munkert, Nürnberg (128.946 RM)/9.4.1935, Georg Lieber, Nürnberg (123.187 RM), Friedrich Schlau, Nürnberg (114.277 RM). 352 SAN C 32 Z/RPT 1935-1955/337. 27.10.1941, ZRN, 78: „Bei den Führungen im RPG sind neuerdings Bedenken bei Besuch des Zeppelinfeldes aufgetreten. Dort werden seit einiger Zeit Bauarbeiten vorgenommen. Zahlreiche Werksteine der Sitzstufen und der Säulenhallen der Haupttribüne müssen ausgewechselt werden da sie seinerzeit wegen Zeitmangels bruchfeucht verwendet werden mußten. Dies führt erstens dazu, dass ein Betreten der Stufen zu Unfällen führen kann und unterbleiben muß, so dass auch der Zugang zu den Innenräumen erschwert ist, und zweitens ein ungünstiger Eindruck entsteht. Die deutlich sichtbaren Schäden an den Steinen werden als 124

Nach den Installationsarbeiten353 wurde die Zeppelinwiese angesät.354 Am 1. Juli 1935 führte die Nürnberger Firma Munkert weitere gärtnerische Arbeiten durch.355 Im Frühsommer begannen Straßenbauarbeiten in und um das Gelände. Beispielsweise die Unterführung Dutzendteich356, die Straße vor der Tribüne an der Zeppelinwiese, sowie die Verbindungsstraße zur Regensburger- und Allersbergerstraße entlang dem künftigen Bahnhof, die beiden letztgenannten Bauten wurden von Münchener Firmen bewerkstelligt.357 Die Firma Dykerhoff & Widmann schuf zwei Treppenanlagen in Kunststein, sowie „Zementdielen und Pfosten“ für die Zeppelinwiese.358 Am 18.7.1935 waren mehrere hiesige Zimmereibetriebe beschäftigt, Holztribünen aufzurichten.359 Wenige Tage später (22.7.) fertigte die Nürnberger Firma Forster das Eisengerüst für das Hoheitszeichen an der Haupttribüne für 9.800 RM.360 Tags darauf wurden Entwässerungskanäle unter den Treppenanlagen der beiden Seitentribünen gelegt,361 bevor die „Standtribüne“ und die Treppen an der Zeppelintribüne fertiggestellt 362 und die Haupttribüne gestrichen wurde.363 Ende Juli sind übrige Erdmassen von der Zeppelinwiese abtransportiert worden.364 Es folgten Zimmerarbeiten für die Standtribüne am Südwall.365 Holzübergänge verbanden den

Verfallserscheinungen angesehen und es sind auch bereits abfällige Bemerkungen gemacht worden, insbesondere auch im Hinblick auf die vorhergehende Besichtigung des Kongreßbaues, bei der auf die ungewöhnliche Dauerhaftigkeit der Bauweise der Reichsparteitagsbauten aufmerksam gemacht wird.“ 353 Ebd. 4.5.35 (1.900 RM) Jakob Vogt, Nbg / K. Hartung, Nürnberg (1.981 RM). 354 Ebd. Grassamenlieferung für Zeppelinwiese und Luitpoldarena: Georg Andran, Nürnberg (5.612 RM). 355 K. Munkert: 44.350 RM. 356 Ebd. „Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Pflasterindustrie“: 7.425 RM. 357 Ebd. 25.6.1935 Bayer und Wörner, München, Zweigniederlassung Nürnberg: 165.520 RM und Leonhard Moll, München: 149.310 RM / 1.7.1935 Die Firma Leonhard Jacobi, Nürnberg arbeitete ebenfalls an der Allersberger/Regensburgerstr., Kosten:17.336 RM. Am 18.4.1935 begann die Instandsetzung der Straßen in Langwasser (SA-Lager):zuständig waren Nürnberger Firmen: R. und Ulr. Röthlingshöfer: 14.400 RM, Konrad Kamm: 44.640 RM, unleserlich 12.028 RM, Heidingsfelder: 14.941 RM; 5.8.1935: Straßenübergänge im SA-Lager: L. Moll, München: 1.863 RM und unleserlich: 2.609 RM; 10.8.1935 Herstellung der Fahrstraße an der Tribüne Zeppelinwiese: Straßenbau Gmbh, München: 22.529 RM; 8.7.1935: Tiergartenstraße: Firma Sippel: 10.450 RM (der genannte Straßenbau erhielt finanzielle Mittel aus dem Reichsstraßenbaufonds in Höhe von 93.858 RM). 358 5.7. und 12.7.1935/ (437 RM; 7.237,50 RM), bei den Zementdielen wirkten zwei Nürnberger Firmen mit: Fa. Brandt (5.400 RM), Georg Radlmaier (4.162,60 RM)/Th. Schliermann erhielt am 4.7.1935 1.155 RM für das Abbrechen und Wiederaufstellen von Notaborten auf der Zeppelinwiese. 359 Eine vier Betriebe umfassende Arbeitsgemeinschaft erhielt 25.607,25 RM; an der östlichen und westlichen Seitentribüne der Zeppelinwiese arbeiteten folgende Firmen: Fritz Birkmann (4.543 RM), Jacob Trapp (4.712,70 RM), Joh. Maul (4.831,50 RM), Georg und K. Schmidt (4.965,50 RM), Chr. Bauer (1.080 RM). 360 Süddeutsche Eisenbaugesellschaft, Forster, Nürnberg. 361 Name unleserlich (2.953 RM), Georg Schuh (3.000 RM). 362 27.7.1935, E. Hähnlein (17.942,50 RM). 363 Konrad H. (1.762 RM), Julius Eschenbach (835 RM), J. Sattelberger (788 RM). 364 Arbeitsgemeinschaft unleserlich (1.470 RM). 365 10.8.1935 Georg und Kr. Schmitz (8.702,30 RM). 125

West- und Ostwall der Zeppelinwiese.366 An den folgenden Tagen wurde eine Mauer367 und Betontreppen gebaut.368 Am 16. August wurden das Hoheitszeichen und Fahnenmasten präpariert.369 Die letzten Arbeiten vor dem Reichsparteitag 1935 waren die Anbringung von Türen,370 das Einsetzen von Eisengeländern,371 das Anstreichen der Bänke,372 gärtnerische Arbeiten,373 sowie die Schaffung von Fußwegen.374 Noch vor dem RPT 1935 traf eine weitere Steinlieferung für den zweiten Bauabschnitt der Zeppelintribüne ein.375

1936: Um die Großbaustelle weiterführen zu können, waren um den Jahreswechsel umfangreiche Entwässerungsarbeiten vonnöten.376 Im Januar 1936 wurde ein Holzmodell errichtet. Diese Aufgabe übernahm das Holzwerk Nürnberg für 28.463,60 RM. Die Wegebauarbeiten führte Ulrich Röthlingshöfer für 6.324,50 durch. Für die Befestigung der Zeppelinwiese sorgte die Arbeitsgemeinschaft Siegmund/Winkler/Hannweg für 24.764,50 RM. Das sogenannte 2. Bauprogramm stand bevor.377 Ende Februar traf eine weitere Rohsteinlieferung am RPG ein. Hier zeigten sich die eigentlichen Kosten. Es handelt sich um eine knappe Million RM, die auf fünf Lieferanten verteilt war.378

366 21.8.1935, Joh. Münzendörfer (1.426 RM), Georg und K. Schmitz (1.426 RM). 367 14.8.1935 Georg Bieber: (2.326,90 RM), 15.8.1935 Adam Gerhard (300 RM). 368 23.8.1935, Edmund Hähnlein (1.030 RM). 369 Spezialanstrich Friedrich Johrug (850 RM), eine Eisenkonstruktion für die Fahnenhalter schuf Adolf Fister (?) für 3.814 RM. 370 „Anschlagen von Aborttüren und Tribünentür“, Joh. S…(336 RM). 371 24.8.1935, Franz Faber (1.400 RM). 372 27.8.1935, Michael Schaufler (1.434,50 RM). 37323.8.1935, “Rasenherstellung, Rasenschnitt, Planierungen“, Arbeitsgemeinschaft Landschaftsgarten, Munkert und a. (11.560 RM). 374 28.8.1935 AG Siegmund, G. Schorr (15.810,56 RM). 375 23.8.1935, Jura, „dunkel und hell, geblümt und rahmweiß“, Firmen: Gebr. Möhren, Treuchtlingen; Nägelein und Herth, Dietfurt; Jura Marmor Gundersheim, Travertin: Fritz Ehmann, Pappenheim; Ch. Gloßner und Söhne, Treuchtlingen; Max Balz, Pappenheim; Anton Fäßl Kainten; Herbert und Frinker, Weißenburg, Gesamtpreis: 328.000 RM. 376 SAN C 14,77. Johann Jordan Nürnberg(9.740 RM), Andreas und Georg Werner Nürnberg (15.021 RM). Ende Februar 1936 wurde eine weitere Drainage nötig, die von der o.g. Arbeitsgemeinschaft Siegmund/Winkler/Hannweg für 11.122,20 RM durchgeführt wurde. 377 Ebd. 17.2.1936. Die Erd-, Maurer, und Betonarbeiten der Haupttribüne verrichteten Georg Bieber für 284.043 RM, die Arbeitsgemeinschaft H. Ulrich/H. Weidinger für 265.114 RM, und Michael Held für 282,576 RM. Weiterhin im Februar: Sandlieferung (Lorenz Adler, 12.000 RM); Grassamenlieferung (Georg Andran, 10.484 RM). 378 Ebd. 28.2.1936 Marmorwerke Tiergarten GmbH (59.211,60 RM), Fa. Fössl, Peinten (12.760 RM),Arbeitsgemeinschaft Juraverein (777.096,65 RM), H. Teich, Kehlheim (111.084,50 RM), Kirch. Kalk (8.318 RM). 126

Die Sockel der 34 Türme konstruierte die Frankfurter Firma Philipp Holzmann.379 Ebenfalls Ph. Holzmann verlagerte Sand vom kleinen Dutzendteich zur Zeppelinwiese.380 Der Grundaushub für die zu schaffenden Bauten verschlang 91.000 RM.381 Anschließend wurden Zementpfosten für die Standtribünen gefertigt.382 Es wurde ein sogenannter „Bruckriegelweg“- eine Art Plattenweg- gelegt,383 der Wall erhöht384 und Sand geliefert.385 Umfangreiche Steinbearbeitungen verschiedener auswärtiger Unternehmen kosteten den ZRN 3.100.000 RM. Weitere Steinmetzarbeiten wurden mit über 187.974 RM veranschlagt.386 Ein „Grünabtrag“ sollte Platz für einen Autoparkplatz bieten.387 Anschließend (Anfang Mai) folgte ein „Humusauftrag“ für 52.450 RM.388 Es wurden Kabelschächte gelegt,389 die mit 56 gusseisernen Schachtabdeckungen verschlossen werden konnten.390 Die Installationsarbeiten übernahmen wiederum bewährte Nürnberger Firmen.391 Ende Mai begannen Planierungsarbeiten392 sowie die Montage von Hochspannungsschaltanlagen für das Umspannwerk Zeppelinwiese.393 Gleichzeitig erfolgte eine volumenreiche Sandanfuhr 394 für die Verbreiterung der „Vorbeimarschstraßen“.395 Ebenfalls Ende Mai war eine weitere Rohsteinlieferung eingetroffen,396 die sofort bearbeitet wurde.397 Anfang Juni wurden nicht näher definierte „Abdeckgitter und Ablaufrinnen“ gefertigt,398 die

379 Ebd. 16.000 RM / Die Installationsarbeiten in den Türmen übernahmen Nürnberger Firmen: 23.3.1936, Hans Stärker (4.834,20 RM), Konrad Hartung (7.647,35 RM), Johann Graf (7.988,35 RM), Andreas Wüst (4.937,80 RM). 380 SAN C14,77: 77.000 RM. 381 Ebd. Siegmund/Winkler. 382 Ebd. Beton-und Kunst Steinwerk (19.276 RM),Hans Murr, Bamberg (8.637,50 RM). 383 Ebd. Andreas Munkert (17.850 RM). 384 Ebd. Johann Weidinger (1.977 RM). 385 Ebd. Lorenz Adler (4.600 RM). 386 Ebd. Arbeitsgemeinschaft Nürnberger Steinmetze (61.924,65 RM), Arbeitsgemeinschaft Steininnung (63.025,70 RM), Arbeitsgemeinschaft Niebuhr (63.025,70 RM)/ Es folgte einige Tage später noch eine Steinlieferung aus der Oberpfalz (26.430 RM). 387 Ebd. Arbeitsgemeinschaft Siegmund/Winkler/Hannweg (3.587,30 RM). 388 Ebd. AG Siegmund/Winkler/Hannweg. 389 Ebd. 5.5.1936: AG Siegmund/Winkler/Hannweg (14.877,30 RM). 390 Ebd. Hallberger Hütte, Brebach/Saar (2.576 RM). 391 Ebd. Hans Brochier (7.036,95 RM), Gustav Wacker (13.852,30 RM), Georg Schmidt (13.860,70 RM). 392 Ebd. 25.5.1936: Arbeitsgemeinschaft Siegmund (4.860 RM). 393 Ebd. AEG, Berlin (3.842,15 RM). 394 Ebd. Philipp Holzmann (20.131,21 RM). 395 Ebd. Riepl Teerbau, München (26.400 RM); Teeras Straßenbau GmbH, München (22.888,50 RM). 396 Ebd. Arbeitsgemeinschaft Juravereinigung Pappenheim: (50.170,22 RM; 22.122,10 RM; 39.703,30 RM). Dierolsche Marmorsteinwerke (32.015,20 RM). Marmorwerke Tiergarten GmbH (8.226,40 RM). Solithwerke Schnaitheim GmbH (7.988 RM). 397 SAN C 14,77: Karl Teich, Kehlheim (17.600 RM). 398 Ebd. Staffel/Lahn (2.161,60 RM). 127 vermutlich im Zusammenhang mit den zur selben Zeit an der Zeppelinwiese entstandenen Torfit-Anlagen stehen.399 In die Haupt- und Seitentribünen wurden von derselben Firma Torfitanlagen eingebaut.400 Weiter ist von Isolierungsarbeiten die Rede,401 sowie von Planierungsarbeiten für den Autoparkplatz Zeppelinwiese 402 und eine weitere Baustelleneinrichtung.403 Der nächste Eintrag berichtet vom Einbau von Hauptsicherungen, sowie Zu- und Anschlussleitungen,404 Transformatoren405 und Leuchtschaltern bzw. -schaltungen.406 Während ein Nürnberger Unternehmen noch mit der Errichtung der Seitentribünen beschäftigt war,407 führte eine Bamberger Gärtnerei bereits Aussäarbeiten auf der Zeppelinwiese durch.408 Am 15. Juni 1936 fanden Natursteinbearbeitungen für die Tribünenbauten statt 409 sowie der Humusauftrag für den Autoparkplatz Zeppelinwiese.410 Wenige Tage später (18.6.1936) wurde auf der Zeppelinwiese Rasen aufgebracht („Rollierung Zeppelinwiese“).411 Auf der Südtribüne wurden Muschelkalkplatten verlegt412 während an der Nordtribüne noch Maurerarbeiten stattfanden.413 Gleichzeitig wurden die Treppenanlagen am Südwall und die Brüstungsmauern am Süd- und Westwall geschaffen.414 Es folgte eine weitere Lieferung von Muschelkalkplatten.415 Die Maurer- und Eisenbetonarbeiten an den Türmen des Zeppelinfeldes (25.6.1936) wurden ausnahmslos von Nürnberger Firmen verrichtet.416 Gleiches gilt für den Einbau der Stehtribünen.417 Unter dem gleichen Datum ist eine sogenannte „Mehrleistung bei Steinversetzarbeiten“ an den Türmen zugunsten den auswärtigen „Arbeitsgemeinschaft Werkstein“ für 17.000 RM notiert. Am 29.6.1936 fanden Installationsarbeiten an den Seitenflügeln der Haupttribüne

399 Ebd. Hoffmann und Hannemann, Regensburg (13.600 RM). 400 Ebd. Hoffmann und Hannemann, Regensburg (11.000 RM). 401 Ebd. K.und E. Zirngibl, Nürnberg (8.240 RM). 402 Ebd. Paul Weiß, Nürnberg (2.340 RM). 403 Ebd. Ulrich und Hans Weidinger (860 RM, 416 RM). 404 Ebd. K. Haußner, Nürnberg (1.386 RM). 405 Ebd. Rathgeber & Co., Nürnberg (1.080 RM). 406Ebd. Voigt & Haeffner, Frankfurt (3.682 RM). 407 Ebd. Michael Held (1.328,76 RM). 408 Ebd. Hans Krug, Bamberg (14.510 RM). 409 Ebd. Arbeitsgemeinschaft für Werksteine, Nürnberg (10.410 RM; 11.924 RM). 410 Ebd. Arbeitsgemeinschaft Siegmund/Winkler/Hannweg (27.356,15 RM). 411 Ebd. Michael Roth, Nürnberg (11.459 RM). 412 Ebd. Klee & Gruber, Nürnberg (2.200,50 RM). 413 Ebd. Hans Rödl, Nürnberg (3.183,50 RM). 414 SAN C 14,77: Fa. Herbert GmbH, Nürnberg (2.700 RM). 415 Ebd. Arbeitsgemeinschaft für Werksteinlieferung Zeppelinwiese (149.060 RM). 416 Ebd. Bauproduktivgesellschaft (7.149,70 RM), Andreas Munkert (4.928,49 RM), Hans Weidinger (1.421,36 RM), Heinrich Ulrich (1.421,36 RM). 417 Ebd. Konrad Weih (14.575,25 RM), Bauproduktivgesellschaft (14.647,50 RM). 128 statt.418 Die Planierung des Wallrückens der Zeppelinwiese wurde am 1.7.1936 durch die häufig genannte Nürnberger Arbeitsgemeinschaft Siegmund/Winkler/Hannweg durchgeführt.419 Drei Tage später wurde der Autoparkplatz Zeppelinwiese angesät.420 Anfang Juli wurden von verschiedenen ortsansässigen Firmen Schreinerarbeiten in den Türmen 1 bis 4 verrichtet, die vor dem RPT zu Toilettenanlagen ausgebaut wurden.421 Große Mengen Erdmaterial wurden von der Allersberger- zur Zeppelinstraße transportiert.422 Die folgende Verlegung der Zeppelinstraße kostete 53.259,50 RM.423

1937: Im Frühjahr wurde eine Lautsprecheranlage der Nürnberger Elektrofirma Tekade eingerichtet.424 Die Bauarbeiten, die 1937 auf der Zeppelinwiese durchgeführt wurden sind überschaubar. Sie waren weitgehend abgeschlossen.425 Die künstlerische Ausstattung lief auf Hochtouren: Für den 8. Juni 1936 ist eine Lieferung von Fahnenhaltern für die Zeppelintribüne notiert.426 Für den Reichsparteitag 1936 wurden für die Zeppelinwiese neue Fahnen erworben.427 Die teure Fahnenmastbekrönung für das Zeppelinfeld 1936 wurde in München bestellt.428

418 Ebd. Die Installation des rechten Seitenflügels übernahm die hiesige Firma Georg Grau (6.649,80 RM), die des rechten Seitenflügels die ebenfalls ortsansässige Firmen Müller und Roesch (6.242,70 RM). 419 Ebd. (12.113 RM). 420 Ebd. Georg Krug, Bamberg (3.965 RM). 421 Ebd.8.7.1936: Bau- und Möbelschreinerei, Name unleserlich (2.800 RM), Georg Birkmann (3.091 RM), Firma Käferstein (9.366 RM), sowie eine nicht weiter beschriebene Arbeitsgeminschaft Nürnberger Schreiner (3.130 RM). 422 Ebd. 9.7.1936: Lorenz Adler (3.848,80 RM). 423 Konrad Kamm, Nürnberg(13.7.1936). 424 SAN C 14,77: 1.3.1937: (3.000 RM). 425 23.6.1937: Arbeiten am Südwall (3.372 RM) Arbeitsgemeinschaft Niebuhr/7.7.1937: Torfitanlage Türme (3.448 RM) Hofmann und Hanneman, Regensburg/ 14.7.1937: Maurerarbeiten (1.938,38) Röthlingshöfer , Langenzenn/ 6.8. 1937: Einbau v. Wänden in die Mitteltribüne (2.560 RM)/ 14.8. 1937: Wegeverlegung Zeppelinfeld (18.537 RM) R. Munkert und (2.101 RM) Kurz und Müller/ 16. 8. 1937: Schreinerarbeiten (2.304) Holzwerk Nürnberg/ 16.8. 1937: Natursteinverkleidung Seitentrib. (2.068,50 RM) Arbeitesgemeinschaft Niebuhr / 23.8.1937: Parkplatz Zeppelinwiese (7.200 RM) Kurz und Müller/ 25.8.1937: Gashochdruckleitung Zeppelinwiese: C. Meinnicke, Installation (4.890 RM), A. & J. Hilpert (4.115 RM)/ 26.8.1937: Schreinerarbeiten im Sanitätsraum: M. Ludner ( 802 RM) und an den Treppen im Zeppelinfeld G. und K. Schmid (1.117 RM)/ 1.9.1937: Bänke für Zeppelinwiese, G. und K. Schmidt (3.080 RM). 426 Ebd. Bayerisches Berg-und Hüttenwerk, Amberg (1.302 RM). 427 SAN C 14,2 Sitzungsprotokolle des Vergebungsausschusses: Für die Beflaggung der Zeppelinwiese: 215 Hissflaggen: Fritz Frey, Fürth (13.932 RM); 100 Stück: Georg Winller, Fürth (2.900 RM), 100 Stück: Stickerinnung Nürnberg (3.000 RM). Außerdem Stadtwappenfahnen: Gencke & Träger, Pirna (6.500)/ Aufstellen der Fahnenmasten: Jakob Gabler, Hans Meusel, Georg Fleischmann, Adam Reif, Hans Schneider (4.100 RM)/Hanfseillieferung: Friedrich Scholler (3.850 RM)/ Eine weitere Bestellung von Fahnenstoff bei der Weberei Plouquet Heidenheim (6.916 RM) ist nicht eindeutig der Zeppelinwiese zuzuordnen./SAN C 14,77: Sicherheitshalber wurden „Reservefahnen“ für die Türme der Zeppelinwiese bereitgestellt. Wert: 3.000 RM. 428 Ebd. Kunstmetallwerkstätte Ehrenböck, München (24.480 RM). 129

Fahnenmaste aus Stahl für die Türme (30.6.1936) Mannesmannröhrenwerke München. 2.7.1937: Entwurf Kranz mit Hakenkreuz für Haupttribüne der Zeppelintribüne Professor Schmidt-Ehnen, München (20.000 RM). 2.7.1937: Mosaikarbeiten Säulenhallen Zeppelinfeld August Wagner (Mosaik- und Glasmalerei ) Berlin-Treptow: 106.400 RM. 24.8.1937: Eisenkränze. Gießerei Stauch (1.093 RM). 26.8.1937: Vergoldung der Schriftzeichen Zeppelintribüne L. Schultheiß, Nbg. (3.900 RM). 31.8.1937: Gipsmodell für Feuerschalen Zeppelintribüne (830 RM). 31.8.1937: Entwurf für Kranz und Feuerschalen (1.400 RM). 19.11.1937: Goldmosaikstreifen Model, Tribüne Märzfeld (3.390 RM) 12.11.1937: Aufbau eines Modells für den Eichenlaubkranz (mit Hakenkreuz) an der Haupttribüne der Zeppelintribüne: Max Grabmayer (Gießerei) München (8.400 RM). (8.1.1938: Mosaikarbeiten Säulengänge Zeppelintribüne (740 RM). 8.1.1938: Mosaik Ehrenhalle Zepp: H. Kerger, München (10.000 RM). 2.5.1938: Kranz auf der Mitteltribüne: Adalbert Brandstätter, Gießerei München (80.000 RM) und Mosaikentwürfe Zeppelintribüne: Prof. H. Kasper, München (8.000 RM). Außerdem wird in den Akten der Kauf von nicht weiter erklärten „Leuchten“, eventuell Fassadenstrahler, vermerkt.429 28.8.1937: Reinigung Zeppelinwiese (1.139 RM) Moritz Fürst. Es fanden vor und nach dem RPT 1937 immense landschaftsgärtnerische Eingriffe statt:430

429 Ebd. Zeiß Ikon, Berlin (83.568,99 RM), am 14.8.1937: sind Fassadenstrahler von Zeiß Ikon vermerkt (13.500 RM). 430 31.5.1937: Erdarbarbeiten (4.492,80 RM) Carl Kiendl, Gartenbau/ 21.6. 1937: Wurzpflanzarbeiten(14.435,55 RM) Kurz und Müller (Bamberg)/22.6.1937: Neuanpflanzung (2.607,36 RM) „/22.6. 1937: Neuanpflanzung (3.404,80 RM) „/25.6. 1937: Ansäarbeiten Wälle (3.847 RM)“/3.7. 1937: Umpflanzen von Ballen (3.525 RM) „/6.7.1937: Erdarbeiten (2.538,41 RM) Carl Braun, München/ 6.7. 1937: Gärtnerarbeiten (1.850 RM) Emil Müller/6.7.1937: Gärtnerarbeiten (6.170, 2.182, 1,750 RM) Emil Müller/9.7.1937: Rollierung (20.700 RM) Teeras Regensburg/14.7.1937: Ansäarbeiten (5.907 RM) Emil Müller/19.7.1937: Ansäarbeiten (4.531,50 RM) Emil Müller/6.8.1937: Humusauftrag und Ansaat (749 RM) Emil Müller/6.8.1937: Ansäarbeiten (8.395 RM, 3.982 RM) Kurz und Müller Ulm-Bamberg/13.8.1937:Gärtnerische Arbeiten (5.396,50 RM) Hans Krug Bamberg/18.8.1937: Rasenplatten (3.600 RM) Heinrich Merkel/ 23.8.1937: Rollierung (5.610 RM) Teeras Regensburg/4.9. 1937: Rasenplatten legen im Zeppfeld (1.350 RM) „/8.9.1937: Düngung (1.820 RM) Fritz Schönmann, München /8.9.1937: Düngung (2.185 RM) Kurz und Müller/8.9.1937:Düngung (1.575 RM) Kurz und Müller/8.9.1937: Düngung (6.525 RM)/23.10.1937: Gärtnerische Arbeiten (1.298 RM)“ /21.10. 1937: Erdarbeiten (2.513 RM) Kurz und Müller/19.11.1937: Laubholz (5.438 RM), Gehölz (9.407 RM), Eichen (6.228 RM) L. Späth, Baumschule Berlin/22.11.1937: Pflanzarbeiten (7.201 RM + 9.828 RM)/29.11.1937: Legen v. Rasenplatten Autoparkplatz (2.112 RM + 2.786 RM) Kurz und Müller/30.11. 1937: Erdarbeiten Zeppelinfeld (6.037 RM) Kurz und Müller. 11.5.1937: Grassamenlieferung Georg Andrean (12.323,50 RM) /24.5.1937: (4.400 RM)/1.7.1937: (3.630 RM)/ 21.9.1937: (3.575 RM) /25.1.1938 (3.352 RM). 130

7.2. Vergabepraxis des ZRN Die Planungen für die Erweiterung des Reichsparteitagsgeländes bedeuteten Arbeitsaufträge für hunderte Firmen und Handwerksbetriebe. Der ZRN sah sich gezwungen, wegen einer möglichst kostensparenden Preispolitik die großen Aufträge an leistungsstarke größere Unternehmen zu vergeben. Darunter litten die Interessen des Mittelstandes und des Handwerks in Nürnberg und der Region. So erhielten die drei Großbaufirmen Siemens- Bauunion (Berlin), Philipp Holzmann (München) und Hochtief AG (München), die die „Arbeitsgemeinschaft Kongreßhalle“ bildeten, den Zuschlag für die Rohbauarbeiten an der Baustelle. Ihr Preisangebot lag bei 42 Millionen Reichsmark. Zur Sicherstellung des riesigen Bedarfes an Hartbrandziegeln, Mauer- und Wasserbauklinkern, der ebenso das geplante Deutsche Stadion betraf, nahm die Bauleitung Verbindung zu 830 Firmen auf; 135 Ziegeleien erhielten schließlich den Zuschlag. Bis 1939 lieferten sie nach Angaben der Baustoffbeschaffungsstelle des ZRN 27,2 Millionen Hartbrandsteine, 12,4 Millionen Mauerklinker und 2,4 Millionen Wasserbauklinker.431 Der für die Kongreßhalle bestellte Granit für die Außenfassade stammte aus mehr als 80 Steinbrüchen fast aller deutscher Granitgebiete. Es handelte sich um hochwertigen Naturstein, den das Atelier Ruff zum Teil in Anwesenheit von Hitler anhand der eingeholten Steinlisten nach Farbe und Körnung bestimmte. Dabei stand es vor dem Problem, aus Termingründen den einzelnen Steinbruchbesitzern hinsichtlich der abzunehmenden Mengen Zusagen machen zu müssen, bevor die Bauleitung einen seriösen Preisvergleich unternehmen konnte. Diese Situation nutzten die Steinbruchbetriebe zu ihrem Vorteil aus. Ihre Preise lagen erheblich über den Kalkulationen des städtischen Hochbauamtes. Eine Granitkommission, der neben Vertretern des Reichskommissars für Preisbildung und Steinbruchbesitzern Hochbaureferent Walter Brugmann und sein Stellvertreter Heinrich Wallraff angehörten, bemühte sich, dem Preiswucher Einhalt zu gebieten. Allerdings erwiesen sich die Verhältnisse in den einzelnen Brüchen als außerordentlich verschieden, Einheitspreise für ganze Gebiete ließen sich kaum ermitteln. Nach den Berichten der zuständigen Preisüberwachungsstellen schwankten die Angaben der Granitbetriebe über die prozentualen Zuschläge für Werks- und allgemeine Unkosten zwischen 45 und 155 Prozent, während für Risiko und Gewinn zwischen 18 und 100 Prozent eingesetzt wurden. Von einer realistischen Finanzierungsgrundlage konnte auch

431 StadtAN C 32 Z/RPT 1935-1955/15: 6. Sitzung des Verwaltungsrates des ZRN, Protokoll S.15 f., Arbeitsvergebung Kongreßhalle. StadtAN C 32 Z/RPT 1935-1955/564: Bericht über die Vorarbeiten zur Vergebung der Fundament-, Maurer-, Beton- und Eisenbetonarbeiten. Eckart Dietzfelbinger, Gerhard Liedtke: Ort der Massen, a.a.O., S. 52/53. 131 aus diesen Gründen keine Rede sein.432

Vor noch größere technische und finanzielle Probleme stellte den ZRN die Baustelle des Deutschen Stadions. Sie war sechsmal größer als die der Kongreßhalle und das größte Bauprojekt im Deutschen Reich. Mit den Vorarbeiten wurde im November 1937, mit den Bauarbeiten zur Aushebung der Fundamente und der Infrastruktur im Laufe des Jahres 1938 begonnen: Installierung einer Ringdrainage an der Außenseite der Baustelle und einer großen Grundwasserpumpanlage, Baustraßen, 20 Kilometer Bahngleise, Lagerhallen für angelieferte Werksteine, verschiedene Modellbauten, Großkantinen; Baubüros; Wachhäuser; Anlage von Steinlagerplätzen für die Lose Nord und Süd zwischen März 1939 und Januar 1942 etc. Im Frühjahr 1939 arbeiteten auf der Großbaustelle 1.700 Menschen.433 Die Vergabe der Roharbeiten verloste der ZRN aus Kostengründen an zwei Arbeitsgemeinschaften mit fünf bzw. vier Großfirmen: In der „Arbeitsgemeinschaft Nord“ („Arge Nord“) hatten sich die Firmen Heilmann & Littmann Bau AG, Dyckerhoff & Widmann KG, Grün & Bilfinger AG, Karl Stöhr (Hoch-und Tiefbau), Boswau & Knauer AG zusammengeschlossen und in der „Arbeitsgemeinschaft Süd“ („Arge Süd“) die Firmen Hochtief AG, Philipp Holzmann AG, Siemens-Bauunion, Deutsche Bau AG. Die beteiligten Firmen waren der Schweigepflicht unterworfen und durften über die Vergabemodalitäten weder gegenüber nichtbeteiligten Firmen noch gegenüber sonstigen, außerhalb des ZRN stehenden Personen Auskunft geben.434 Für das aufgehende Mauerwerk des gesamtem tragenden Rohbaus war ein Verbrauch von 2.160.000 Kubikmetern Hartbranntsteinen und Klinker berechnet (Kongreßhalle: 277.000 Kubikmeter), für die Verkleidung der Außenfronten und der Brüstungsmauern 700.000 Kubikmeter Natursteine (Kongreßhalle: 46.000 Kubikmeter) und 900.000 Quadratmeter Fugen kalkuliert worden. Für den Belag der Hallen des Stadiongebäudes wären Granitplatten mit einer Gesamtfläche von 408.000 Quadratmetern, für die Fassade 350.000 Kubikmeter Granit benötigt worden.435 Weil die bekannten Ressourcen für dieses Volumen nicht ausreichten, überlegte der ZRN, im Meißener Granitgebiet und im Odenwald eine Reihe von Steinbrüchen für die Suche nach

432 StadtAN, C 32 Z/RPT /277: Allgemeine Verhandlungen über die Lieferung von Granit- Werksteinen 1937:-1942. Darin neben zahlreichen anderen Dokumenten: Bericht vom 11.1.1938 über die Werksteinbeschaffung zur Fassade der Kongreßhalle. Abschrift einer Fahrerlaubnis mit PKW vom 23.2.1938 auf Forstwegen in Preußen für Beauftragte der Bauleitung Kongreßhalle des ZRN, ausgestellt vom Regierungsforstamt Magdeburg. Protokoll einer Sitzung der Granitkommission vom 3.3.1938. Vermerk des Hochbauamtes 28.4.1938: „Preisprüfung für die Granitlieferung zur Kongreßhalle“. Eckart Dietzfelbinger, Gerhard Liedtke: Ort der Massen, a.a.O., S. 53/54. 433 Ebenda, S. 58/59. 434 StadtAN, C 32 Z/RPT /20: 8. Sitzung des Verwaltungsrates des ZRN, 5. Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S. 304 ff. 435 Eckart Dietzfelbinger, Gerhard Liedtke: Ort der Massen, a.a.O., S. 59/60. 132 rotem Granit mit Millionenbeträgen neu zu erschließen. Zu diesem Zweck wurde ein Verbund aus den größten Firmen in der Dresdener Granitunion und den bereits in Meißen aktiven Steinbrüchen gebildet, der innerhalb von vier Jahren 140 000 Kubikmeter für das Deutsche Stadion liefern sollte.436 Die Bauleitung ließ zwischen März 1939 und Januar 1942 dafür entsprechende Steinlagerplätze auf dem Reichsparteitagsgelände anlegen; bis 1940 waren aber gerade einmal 3.408 Kubikmeter Granit eingetroffen.437

Stellvertretend für größere auswärtige Firmen, die Aufträge für das Reichsparteitagsgelände erhielten, seien hier genannt: Sager & Woerner, Jarrus AG, Mannesmann, Leopold Moll, Hans Weinmann, Carl Braun, A. Kunz u. Co., Gebrüder. Röchling, F.S. Kustermann, G. Steindl, Traunstein und Roggel, J.A. Weitmann & Co, Ohrenstein und Köppel , Paul Meinit, J.J. Nohn.thal, genannt Johann Mion (alle München), die Firma Riepl-Teerbau Regensburg, Teeras Regensburg, Hoffmann & Hanemann Regensburg, Merkens Metallbau Berlin, Zeiß Ikon Berlin, August Wagner Berlin, P. Krügel Berlin, Thyssen-Rheinstahl Frankfurt, Voigt & Häffner Frankfurt, J. Keller GmbH Frankfurt, Topp & Co. Frankfurt, Thormann & Stiefl Augsburg, Klaus Ackermann Saarbrücken, R. Matter Saarbrücken, Richard Vester Saarbrücken, R. Walter Saarbrücken, Lamminger-Regner AG Frankfurt, Wayss & Freitag Frankfurt, Pfleiderer Heilbronn, Julius Wolff & Co. Heilbronn, Concordia Stuttgart, Fritz Driescher Rheydt, J. Rathjens Hamburg, Koch & Sterzel Dresden, Oskar A. Richter Dresden, Westfälische Lokomotivfabrik Hattingen, Humboldt-Deutzmotoren Köln, Klöckner Köln, Stahlwerksverband Köln, Stahlwerksverband Düsseldorf, Frankipfahl Düsseldorf, A.A. Braun Köln, Maschinenfabrik , J. Vögele AG Mannheim, Körting & Mathiesen AG Leipzig, Schirmer & Richter Leipzig, Züblin & Co AG Kehl am Rhein, Gebrüder Diesen Ingolstadt, Gebrüder Diehm Ingolstadt, Polte Magdeburg.

436 Yasmin Doosry: „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen…“, a.a.O., S. 312; Stadt- AN, C 32 Z/RPT 1935-1955/20. 8. Sitzung des Verwaltungsrates des ZRN, S. 6 ff. 437 BA, R120/3941d, S. 13 f. 133

7.3. Vergabepraxis der „Arbeitsgemeinschaft Naturstein“ Für das NS-Bauprogramm und die Parteitagsbauten spielte Werk- und Naturstein eine große Rolle. Granit, Muschelkalk, Travertin oder Marmor sollten den künstlerischen und ästhetischen Wert der Bauten erhöhen und deren Dauerhaftigkeit (für ein tausendjähriges Reich) unterstreichen.438 Dies führte auch zu einer stark ideologisierten Aufwertung des Steinmetzhandwerks. In einem 1937 von der DAF publizierten „Berufsbild des Steinmetzen und Steinbildhauers“ ließ sie verlauten, der Steinmetz habe die Aufgabe, „den Geist des neuerstandenen Deutschlands mit schöpferischer Gestaltungskraft im Naturstein zu verewigen. Es gehört ein ganzer Kerl dazu, diesem Gestein, das oft sehr hart, zäh und widerstandsfähig ist, eine lebendige Ausdrucksform abzuringen. Deutsche Art und deutsches Wesen vermag nur der im Naturstein zu versinnbildlichen, der blutsmäßig im Deutschtum verwurzelt ist.“ 439 Diese Propaganda transportierte die Idealisierung traditionell- handwerklicher Fertigungsmethoden, die in der NS-Ideologie einen wichtigen Platz einnahm.

Auftraggeber für die Natursteinlieferungen zu den Baustellen des Reichsparteitagsgelände war die „Arbeitsgemeinschaft Naturstein“ (frühere Bezeichnung „Arbeitsgemeinschaft Natursteinelieferungen Reichsparteitagsgelände Nürnberg und sonstiger öffentlicher Bauten G.m.b.H.“). Sie war 1937 aus Anlass des NS-Bauprogramms gegründet worden (Büros in Nürnberg: Frauentorgraben 73, II. und III. Stock; Wiesentalstraße 32, zwei Zeichensäle). Fast die gesamte Natursteinindustrie arbeitete für den ZRN und das NS-Bauprogramm. 1940 gehörten ihr laut Geschäftsbericht 310 Gesellschafter an; davon waren 282 Einzelfirmen und 28 Vereinigungen in Form von Arbeitsgemeinschaften, Genossenschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Fast die gesamte Natursteinindustrie arbeitete für den ZRN und das NS- Bauprogramm.440 Die Steinbestellungen erfolgten über Albert Speers Büro in Berlin. Dabei hatte er, stets Hitlers Einverständnis vorausgesetzt, freie Hand und bildete für diese Aufgabe einen eigenen Arbeitsstab mit Fachleuten und Experten, zu denen Hochbaureferent Walter Brugmann gehörte. Besonders favorisiert wurde die Verwendung von Natursteinquadern mit mehreren Kubikmetern Größe, die für die monumentalistische Staats- und Parteiarchitektur in Nürnberg und Berlin gewissermaßen „reserviert“ war. Weil die gewünschten Abmessungen dieser

438 Christian Fuhrmeister: Beton, Klinker, Granit - Die Politische Bedeutung des Materials von Denkmälern in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. Dissertation, Universität Hamburg, 1998. 439 DAF 1937:, S. 7, zitiert nach Christian Fuhrmeister: Beton, Klinker, Granit - … a.a.O., S. 312. 440 BA R 120/3941 d: Geschäftsbericht über das Jahr 1940 der AG Natursteinlieferungen Reichsparteitagsbauten Nürnberg, G.m.b.H., Nürnberg W, Frauentorgraben 73. Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Nürnberg. Dauerausstellung „Faszination und Gewalt“ Bauorganisation Dokumente: „Arbeitsgemeinschaft Naturstein“. 134 riesigen Blöcke mit deutschen Natursteinvorkommen kaum zu realisieren waren, bestellte das „Büro Speer“ in Berlin ab Ende der 1930er Jahre vermehrt Steine in besetzten oder befreundeten Ländern, so in Finnland, Schweden und Norwegen. Aufgrund der von Speer für das NS-Bauprogramm geplanten gigantischen Volumen an Naturstein – Mitte Oktober 1941 taxierte die Nürnberger „Arbeitsgemeinschaft Naturstein“ den „Bedarf an Naturwerksteinen auf Grund der augenblicklich festliegenden Bauten“ im Zeitraum von zehn Jahren auf fast fünf Millionen Kubikmeter (3.270.000 Kubikmeter Hartgestein, 1.190000 Kubikmeter Weichgestein, 316.000 Kubikmeter Marmor) – setzten die beauftragten Steinbrüche und beteiligten Firmen auf eine lukrativen Geschäftsgang und hohen Verdienst.441

7.4. Interview mit Paul Brochier Die NS-Machthaber instrumentalisierten die Beschäftigung von mehreren tausend Arbeitern auf den Baustellen des Reichsparteitagsgeländes mit ihrer Propaganda von der „Arbeitsschlacht der Reichsregierung“ gegen die Arbeitslosigkeit als Erfolg für sich. Lokale und regionale Betriebe und Unternehmen gehörten neben den genannten Branchen in Handel und Gewerbe zu den Nutznießern von Aufträgen, die wegen der Reichsparteitage vergeben wurden. Deshalb wird im folgenden ein Interview mit Paul Brochier betreffend der Situation auf den Baustellen wiedergegeben.

Aufgrund des damaligen Stands der Technik war Bauen eine sehr personalintensive Angelegenheit. Auf dem Reichsparteitagsgelände waren mehrere tausend Arbeiter beschäftigt. Weil es zu wenig Unterkünfte am Gelände gab, wurden viele von ihnen aus ihren Quartieren in der näheren und weiteren Umgebung (Fürth, Nürnberger Umland) mit Omnibussen zu den Baustellen gebracht. Für ihre Verpflegung richteten die Bauleitungen Kantinen ein, deren Bewirtschaftung ein eigens dazu vom ZRN gegründeter Verein, die „Gemeinnützige Nürnberger Bauküche e.V.“, übernahm. Es wurde in Doppelschichten gearbeitet, wobei die Arbeitszeit auf den Großbaustellen meist zehn Stunden betrug, auch sonntags. Außerdem mussten Überstunden geleistet werden. Bei Zusatzschichten und Überstunden winkten Prämien. Die Arbeiter waren deshalb hochmotiviert. Wegen der Kostenexplosion erhielten auswärtige große Firmen oftmals die lukrativen

441 Christian Fuhrmeister: Beton, Klinker, Granit … a.a.O., S. 309. 135

Aufträge.442 Der Nürnberger Unternehmer Hans Brochier, der Tiefbauarbeiten ausführte, konnte sich mit seinem Unternehmen dennoch behaupten. Es bekam neben anderen Aufträgen den Zuschlag für die Wasserversorgung der Baustelle Kongreßhalle und verlegte dafür eine Ringwasserleitung (Länge 670 m) mit 2 Anschlüssen an das städtische Leitungsnetz.443 Paul Brochier, der als Praktikant Installationsarbeiten für die gleichnamige Firma seines Vaters, schilderte in einem Interview die Situation der Arbeiter auf den Baustellen.444 Sie waren von der Möglichkeit, arbeiten zu können und von der Überzeugung eines längerfristig sicheren Arbeitsplatzes bei einem Stundenlohn um die 60 Pfennig begeistert.445 „Die politische Seite war für die Bauleute uninteressant. Es zählte der Verdienst; normale Arbeitsbedingungen. Die Sentimentalität der Bauleute ist relativ gelassen, auch heute noch.“ „ (…) Selbstverständlich interessierte sich unsere Baufirma für das Unternehmen

442 StadtAN C 14. Baustelle Langwasser, Mai 1936: Auftrag der Verlegung einer Wasserleitung an die Frankfurter Firma Philipp Holzmann für 36.100 RM. Die Firma Hans Brochier erhielt einen ähnlichen Auftrag für 10.075 RM. Eckart Dietzfelbinger, Gerhard Liedtke: Ort der Massen, a.a.O., S. 61/62: „Die Be- und Entwässerungsfragen spielten bei allen Baustellen eine gravierende Rolle. Das Gelände war relativ tief gelegen und hatte daher einen extrem hohen Grundwasserspiegel. Von den Baustellen wie von den sanitären Einrichtungen mußten jedoch Millionen Kubikmeter Wasser abgepumpt werden. Da es keine Vorflut gab, das heißt keinen Bach mit natürlichem Gefälle, in die das Wasser geleitet werden konnte, behalfen sich die Baustellenleitungen mit Pumpstationen und legten in Zusammenarbeit mit dem städtischen Wasser- und Brückenbauamt kilometerlange Kanäle oder Bäche an, die in die Pegnitz flossen.“ 443 StadtAN C 32 Z/RPT 1935-1955/652: Tätigkeitsberichte über geleistete Arbeiten. 444 Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Nürnberg. Unveröffentlichtes Interview mit Paul Brochier, Jahrgang 1918, geboren in Nürnberg. Neben technischen Spezialkenntnissen und Erläuterungen spricht er kurz die inneren Beweggründe der Bauträger an Die Befragungen fanden auf freiwilliger Basis, nach einem Aufruf in der regionalen Zeitung statt. Die Interviews führte und filmte Rainer Holzemer. Ich bereitete die Befragungen vor und war in die Interviewsituation eingebunden. S.G. 445 In den dreißiger Jahren wurden die Stundenlöhne der meisten Arbeiter nicht in Mark, sondern in Pfennigen ausbezahlt. 1936 gaben 62 % der Deutschen ein Jahreseinkommen von weniger als 1.500 RM an. Das entsprach einem Wochenlohn von knapp über 30 Mark und einem Stundenlohn von rund 60 Pfennigen. Weitere 21% gaben Jahreseinkommen von zwischen 1.500 und 2.400 RM an, was einem Wochenlohn von 30 bis 50 Mark entsprach. Nur 17 % aller Steuerzahler verzeichneten Einkommen von über 2400 RM jährlich oder 50 Mark wöchentlich. Anschaulicher werden die Löhne, wenn man sie mit den Preisen der Grundnahrungsmittel vergleicht: Ein Kilo Brot kostete in den dreißiger Jahren 31 Pfennige, was für Niedriglohnarbeiter der Gegenwert einer halben Arbeitsstunde war. Kartoffeln waren für 50 Pfennige pro 5 Kilo relativ günstig. Für 1 Kilo Speck im Wert von 2,14 RM musste ein Arbeiter dagegen einen halben Tag arbeiten. Auch Butter war sehr teuer, ein Kilo kostete 1936 3,10 RM. 1 Liter Milch kostete 23 Pfennige, 1 Dutzend Eier 1,44 und 1 Liter Bier 88 Pfennige. Alles in allem beliefen sich die Ausgaben für Lebensmittel, Getränke und Tabak in einem Arbeiterhaushalt auf 43 bis 50 % des durchschnittlichen Haushaltsbudgets. Die Miete summierte sich weiter auf 12 %. Angaben nach: AdamTooze: Ökonomie der Zerstörung. Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Band 663), Bonn 2007, S. 174 ff.

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Reichsparteitagsgelände und die Bauvorhaben im Zusammenhang mit den Reichsparteitagen. Be-, Entwässerung, teilweise auch Gasversorgung zu bauen (…) Der politische Zweck der Baumaßnahmen beeindruckte nicht. Das hat niemanden in seiner Meinung verändert … Ein Bauunternehmer war immer an Aufträgen interessiert. In der Regel kümmerte er sich nicht um politische Dinge und Hintergründe. Das da draußen war für uns noch gar nicht erkennbar, was daraus werden würde, in der Anfangsphase (…)“ „Die Interessenlage war eindeutig ausgerichtet, Arbeit zu haben und Geld zu verdienen.“ (…) „Viele Bauarbeiter kamen aus der Oberpfalz. Sie waren im Sommer bei uns und wollten im Winter nach Hause; sie hatten etwas Wald.“ „ (…) Da waren Hunderttausende auf den Baustellen. Es war ein Riesenerfolg, als die Leute plötzlich von der Straße weg waren. (…)“ „Probleme waren die Baustoffe und Laster. Allein der Fahrzeugpark; er mußte ja transportiert werden. Aus heutiger Sicht sind das keine Probleme, damals waren es welche. Die Kräne, die heute gang und gebe sind, sind ja eigentlich erst nach dem Ersten Weltkrieg entstanden. Den Turmdrehkran gab es nicht.“ (…) „Es gab eine eigene Bauleitung des ZRN. Ein Bauleitungsbüro des Auftraggebers und ein Bauleitungsbüro der Firma: das gleiche System überall auf der Welt. Der Auftraggeber sammelt in der Regel am Abend die leitenden Leute der Firmen zur Koordination. Das waren reine Bauleute, keine Parteileute, um Gottes Willen, in beiden Stäben. An die Bauleute haben die sich gar nicht hingetraut. Sie sind jedenfalls nicht sichtbar in Erscheinung getreten. Wir hatten eine Abteilung sanitäre Haustechnik.“ (…) „Die Dinge standen alle immer sehr unter Zeitdruck. Es wurde doch mehr oder weniger freihändig vergeben, was da draußen zu tun war. Die Stadt Nürnberg wollte die Aufträge, die sie vom ZRN erhalten hatte, termingerecht abliefern. So hat sie die Firmen genommen, die schon immer für die Stadt ähnliche Leistungen erbracht hatten. Man kannte sich, wußte um die Kapazitäten.“

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8. Zusammenfassung

Der primäre Anspruch der vorliegenden Arbeit ist die Erfassung der wirtschaftlichen Bedeutung der Reichsparteitage der NSDAP von 1933 bis 1938 für die Stadt Nürnberg. Von Beginn an stellten führende Nationalsozialisten wie Hitler und Oberbürgermeister Willy Liebel diesbezügliche Vorteile sowohl für die städtische Kommune als auch deren Bürgerschaft in Aussicht. Die dafür zuständigen Dienststellenleiter der NS-Stadtverwaltung, z. B. Walter Eickemeyer oder Walter Brugmann sahen die Möglichkeit, mit dem Austragsort Nürnberg für die Reichsparteitage Werbung für Stadt und Region zu machen und Nürnberg auf eine herausragende Position im Dritten Reich zu befördern. Ebenso hatten sie ihre politischen Karrieren im Blick. Doch die hochgesteckten Erwartungen der Stadtverwaltung von entsprechenden positiven Effekten wurden herb enttäuscht. Von Beginn an war die Finanzierung der Reichsparteitage ein Dauerproblem. Sie bildete für die Stadt Nürnberg, die bis 1934 für Organisation und Durchführung der Bauarbeiten für die Reichsparteitage gleichsam als Bauherr verantwortlich zeichnete, eine millionenschwere Hypothek und rechneten sich für sie überhaupt nicht. Die mit dem als Monumentalbau angelegten Kongreßhallenprojekt einsetzende Kostenentgrenzung betrachtete Oberbürgermeister Willy Liebel vor allem als Angelegenheit von Partei und Staat. Mit Albert Speers Entwürfen monumentaler Staats- und Parteitagsarchitektur geriet sie vollends außer Kontrolle. Gleichwohl wollte er Möglichkeiten, die das NS-Bauprogramm in Aussicht stellte („Gesetz zur Neugestaltung deutscher Städte“) für die Stadt nutzen und stellte dazu entsprechende Anträge. Ebenso hofften die Vertreter der Nürnberger Wirtschaft, des Gewerbes, Handels, Handwerks und der Baubranche, aus den Reichsparteitagen ökonomische Vorteile erzielen zu können. Sie sahen darin eine willkommene Gelegenheit, ihre jährliche Geschäftsbilanz spürbar aufzubessern. In den meisten Fällen erfüllten sich diese Erwartungen, wenn auch in unterschiedlichen Ausmaß. Bei einigen aber ging die Rechnung nicht auf. Zweifelsfrei bewirkten die Reichsparteitage ökonomische Effekte. Als Konjunkturmotor für Stadt und Region per se aber können sie wegen ihrer Dauer von vier bis acht Tagen nicht betrachtet werden; die Zeitspanne war dafür zu kurz. Die Faktoren, die für den enormen wirtschaftlichen Aufschwung im Deutschen Reich in den 1930er Jahren ausschlaggebend waren, hatten andere Ursachen.

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Die gestellten Leitfragen lassen sich beantworten.

A) Die Finanzierung der Reichsparteitage war ein permanenter Konfliktherd zwischen der Stadt Nürnberg und der NSDAP, die eine Kostenbeteiligung an den zu schaffenden Dauereinrichtungen für die künftigen Jubelschauen erst einmal ablehnte. 1933 lagen die städtischen Ausgaben für den Parteitag bei 1.536.000 RM. Wegen der fast einseitig verteilten Kostenträgerschaft intervenierte die Stadt 1934 offensiv bei der Parteizentrale in München, doch nur mit bedingtem Erfolg. Forderungen nach einer Beteiligung an den Verkaufserlösen der Parteitagsveranstaltungen wies die NSDAP ebenso zurück wie Ideen der Stadt für eine zusätzliche Einnahmequelle. Für den Reichsparteitag 1934 konzedierte sie widerwillig eine finanzielle Beteiligung an der infrastrukturellen Erschließung des Geländes am Dutzendteich. Trotzdem kletterten die Ausgaben für den Stadt Nürnberg wegen der zeitlichen Streckung auf sechs Tage und der Erweiterung der Parteitagsareale auf 5.758.356 RM. Die Finanzierung für der Reichsparteitage 1933 und 1934 war der Stadt nur mittels der Einbindung in die staatlichen Arbeitsbeschaffungsprogramme möglich. Die Bauarbeiten und Maßnahmen zur Gestaltung der Versammlungsareale waren darin mit einbezogen. Die 5 Millionen RM Mehrkosten für den Reichsparteitag 1934 vermochte sie nur mit der Aufstellung eines außerordentlichen Haushaltes mit einem Darlehensanteil in dieser Größenordnung aufzubringen. Die Abwicklung der Abrechnungen gestaltete sich aufgrund von Streitigkeiten zwischen der Stadt Nürnberg und der NSDAP über Zahlungsmodalitäten kompliziert und langwierig.

B) Als sich mit dem Kongreßhallenprojekt 1934 die finanzielle Entgrenzung der Baumaßnahmen auf dem Areal am Dutzendteich abzuzeichnen begann, erwies sich die Stadt Nürnberg mit Oberbürgermeister Willy Liebel in der Schlüsselposition als Verwaltungschef fähig, die Reißleine für die Kommune zu ziehen und die Gründung des „Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg“ als Körperschaft des öffentlichen Rechts in Berlin durchzusetzen. Fortan war der ZRN der Lastenträger für das Projekt Reichsparteitag und das Reichsparteitagsgelände mit der anvisierten megalomanen Herrschaftarchitektur. Dieser Schritt bewahrte die Stadt ab 1935 vor dem finanziellen Kollaps. Liebel war sich seiner starken Stellung bewusst, die ganz wesentlich darauf beruhte, dass unter seiner Leitung des städtischen Verwaltungsapparates die Massenspektakel im vorgegebenen Zeitplan erfolgreich stattfanden. So gelang es der Stadt, ihren Handlungsspielraum zu bewahren. Dabei entbehrt es nicht der Paradoxie, dass sie selbst die Kostenlawine mit dem Monumentalbau-Projekt erst zum Auslösen gebracht hatte. Wegen der in den ersten beiden Jahren gemachten negativen Erfahrungen ließ sie sich nicht mehr in eine Übernahme von Kosten für die Parteitagsanlagen

139 einbinden. Aber auch die Reichsparteitage 1936 bis 1938 und die Zeit bis zum Kriegsende sollten sich als ein deutlich spürbares Verlustgeschäft für die Stadt Nürnberg erweisen. Das bis 1945 von ihr aufgewendete Finanzvolumen von mehr als 15 Millionen RM spricht für sich selbst.

C) Die Stadt Nürnberg konnte durch die Reichsparteitage für sich selbst keine wirtschaftlichen Vorteile erzielen. Deutlich wird das am Beispiel der Einnahmen des städtischen Gewerbepolizeiamtes aus den Gebühren von Erlaubnisscheinen für den Warenverkauf im Straßenhandel. 1935 und 1937 betrugen sie 58.933,20 RM bzw. 81.638, 90 RM. Der Stadtanteil davon betrug 6.438 RM, der Parteianteil 52.495,20 RM bzw. 63.415,70 RM und 6.822,38 RM. Das Parteitagsgeschäft auf der Straße rechnete sich für die Stadt kaum. Auch nicht die von ihr für die Jubelveranstaltungen getätigten Investitionen für die Infrastruktur (Straßenbahnnetz). Offiziell redete Oberbürgermeister Willy Liebel dieses Dilemma schön, wenn er 1936 davon sprach, dass die Vorbereitung und Durchführung des Reichsparteitags Hunderttausenden Brot und Arbeit gesichert habe und die Arbeitslosigkeit dadurch in Nürnberg weiter gesenkt worden sei. Oder wenn er 1938 zur Wirtschaftsentwicklung verkündete, dass von 1933 bis 1936 an die Wirtschaft ein Auftragsvolumen für etwa 150 Millionen RM erteilt worden sei. Intern aber wies er 1937 darauf hin, dass die Haushaltspläne der Stadt ganz erhebliche Belastungen für die Durchführung der Reichsparteitage auch für die Zukunft aufweisen würden, und der Fremdenverkehr bisher mit höheren Mehrausgaben als Mehreinnahmen zu Buche geschlagen habe. Die Konsolidierung der städtischen Etats von 1933 und 1934 und die Fortsetzung bis 1939 lassen sich insbesondere auf den Trend des wirtschaftlichen Aufschwungs im Deutschen Reich und die rigorose Ausrichtung der Wirtschaft auf Autarkie und Aufrüstung zurückführen. Das NS-Regime und die Stadt Nürnberg instrumentalisierten diese Entwicklung für ihre Propaganda („Arbeitsschlacht der Reichsregierung“), wozu das psychologische Moment der Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit in der Bevölkerung ganz erheblich beitrug. Die städtischen Haushalte von 1935 bis 1937 waren annähernd ausgeglichen, der Haushalt 1938 verzeichnete Mehreinnahmen von mehr als 3 Millionen RM. Zusätzlich dienten Kürzungsmaßnahmen im Sozialbereich aufgrund der völkischen Prämissen des NS-Regimes der Stabilisierung der jährlichen Etats.

D) Die Erteilung von städtischen Aufträgen für die Erhaltung und den Ausbau der Infrastruktur wie Straßenbau, Kanalarbeiten usw., zu denen ab dem Sommer 1933 auch die Arbeiten zur Durchführung der Reichsparteitage gehörten, nahm der gleichgeschaltete Vergebungsausschuss des Stadtrates vor. In ihm saßen neben dem Oberbürgermeister oder

140 seinem Stellvertreter Stadträte, sowie die Ortsgruppe der NSDAP und die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV). Jeder konnte Vorschläge für die Vergabe von Aufträgen einbringen, worüber absolute Schweigepflicht verordnet war. Letztlich ausschlaggebend in strittigen Fällen war das Votum des Oberbürgermeisters. Das Gremium bevorzugte nach Möglichkeit ortsansässige Unternehmen, die für die entsprechende Leistung und Qualität bekannt waren. Ihre Berücksichtigung betrachtete Liebel als ein „ausgesprochenes Geschenk.“ Die Voraussetzung, einen Zuschlag zu erhalten, bestand in unbedingter Loyalität gegenüber dem NS-Regime. Nach der ZRN-Gründung konnte der Vergebungsausschuss nur noch bedingt an diese Vergabepraxis anknüpfen, weil er aufgrund des enormen Kostendrucks zunehmend lukrative Aufträge an auswärtige leistungsstarke Großfirmen auf den Großbaustellen am Zeppelinfeld und der Kongreßhalle erteilen musste. Das Finanzvolumen, über das der Vergebungsausschuss bestimmen konnte, war im Vergleich mit den Haushalten des ZRN überschaubar und bewegte sich in Größenordnungen zwischen zwei und drei Millionen RM.

E) Für Handel, Gewerbe, (z.B. Hotels, Gastronomie, Tourismus, Lebensmittelgeschäfte, Textilbranche betreffend Fahnen und Stoffen, Schreibwarenhandel betreffend Postkarten, Gärtnereien betreffend Girlanden und Kränzen), und Handwerk (Maler betreffend Transparenten) wiesen sich die Reichsparteitage in der Regel als gute, für einige Bauunternehmungen als lukrative Einnahmequelle. Gleiches galt für die tausende von Arbeitern auf den Baustellen, die im Winter oft ohne Beschäftigung waren. Allerdings gab es Unwägbarkeiten: aufgrund des Straßenhandels, den die Behörden nur mit erheblicher Mühe erst ab 1936 unter Kontrolle brachten; Kompetenzstreitigkeiten zwischen der städtischen Zentralstelle und der Organisationsleitung der NSDAP, die wegen Unfähigkeit für Kompromisse auch Blockaden praktikabler Lösungen zur Folge hatten; wegen Standortnachteilen, die sich aus kurzfristig entschiedenen Änderungen wegen Organisation und von Marschrouten ergeben konnten; wegen des Zurückhaltens der Teilnehmer von NS- Gliederungen wie SA und SS aus dem Zentrum der Stadt; oder wegen Bestimmungen, dies sich branchenspezifisch negativ auswirkten wie das Rauchverbot bei Reden und für die marschierenden NS-Gliederungen. Das Geschäft mit Tabakwaren erwies sich für die ortsansässigen Händler als Enttäuschung. Die Entscheidung der Stadt Nürnberg, künstlichen Schmuck zur Dekoration des Reichsparteitages 1935 zu verbieten, löste einen Sturm der Entrüstung bei den Händlern und Herstellern aus. Das Fotografiegeschäft erwies sich wegen des fast vollständigen Verbots als Schlag ins Wasser. Auch das Wetter konnte Kalkulationen von Geschäftsleuten einen Strich durch die Rechnung bereiten. Bei der Konzessionsvergabe von Verkaufsständen bevorzugten die städtischen Behörden und

141 die Organisationsleitung in mehreren Fällen NSDAP-Mitglieder und Parteiprominenz wie Willy Liebel, Karl Holz, Heinrich Hoffmann, den Eher-Verlag u.a. Das von Julius Streicher eingefädelte Werbungsmonopol für die Firma Daimler-Benz sorgte bei verschiedenen Unternehmen für Unmut.

F) Die während der Reichsparteitage aufgetretene Vermüllung von Straßen, Sachbeschädigungen und Zerstörungen von Grünanlagen und vor allem die Instandsetzung der Massenquartiere und die Beseitigung der hinterlassenen Verwüstungen verursachten jeweils Kosten von hunderttausenden Reichsmark. Betreffend Straßenreinigung, Staubbekämpfung oder fehlenden öffentlichen Bedürfnisanstalten stießen die zuständigen städtischen Behörden an ihre Grenzen. Zusätzlich gab es Personalprobleme bei der Einstellung von meist älteren Pflichtarbeitern, die 1937 wegen des Prämiensturzes von 2 RM für den Großreinigungsdienst auf 1,30 RM größtenteils die Arbeit verweigerten. Der ausgelastete Arbeitsmarkt wirkte sich erschwerend bei der Lösung dieser Anforderungen aus.

Was bleibt, ist ein bedrückendes Bild. Dem Nationalsozialismus ging es um die Konstruktion einer rassistischen Gesellschaft. Ihre Attraktivität beruhte auf dem völkischen Gleichheitsversprechen unter Ausschluss und Vernichtung der „Volksschädlinge“: Juden, Sinti und Roma, „Asoziale“, Homosexuelle, Politischer Gegner und anderer. Die Nationalsozialisten codierten die soziale Zugehörigkeit für die nichtjüdische Bevölkerung zur „Volksgemeinschaft“ in sehr kurzer Zeit erfolgreich um. Die Mehrheit der Menschen empfand die NS-Politik als ein Angebot, das Arbeit und eine sichere soziale Perspektive in Aussicht stellte. Und sie sah in Hitler nicht den gnadenlosen Rassist und antisemitischen Volksverhetzer, sondern den großen Integrator. Davon zeugen die Briefe und Schreiben, Händel und Initiativen der Volksgenossen betreffend einer wirtschaftlichen Teilhabe an den Reichsparteitagen, die sich nicht für die Stadt Nürnberg, aber für sie mehrheitlich rechneten. Die dahinter sich entfaltende Staatskriminalität, die in einem bis dahin nie dagewesenen Eroberungs- und Vernichtungskrieg mit Millionen Toten eskalierte, wollten sie nicht zur Kenntnis nehmen.

So schließt die Studie mit zwei Stimmen aus der jüngeren NS-Forschung, die für das Beispiel der Reichsparteitage und der damit verbundenen geweckten wirtschaftlichen Interessen zutreffen: „Das Bedürfnis nach kollektivem Aufgehobensein und nach Verantwortungslosigkeit enthält das größte Potenzial zur Unmenschlichkeit; aus ihm resultiert die gefühlte Attraktivität einer klaren Aufteilung der Welt in Gut und Böse, Freund und Feind, zugehörig und nicht- zugehörig. (…)

142

Ganz offensichtlich haben die zwei-, dreihundert Jahre der aufklärerischen Erziehung des (westlichen) Menschengeschlechts ziemlich wenig an jener psychischen Eigenschaft hervorgebracht, die an die Stelle der fraglosen Einfügung in Gruppen treten sollte: Autonomie. Die Fähigkeit dazu setzt die Erfahrung von Bindung und Glück voraus. Leider verfügen wir bislang über kein gesellschaftliches Konzept, Menschen jenes lebenspraktische Glück erfahren zu lassen, das sie davor schützt, zu Vollstreckern des Unglücks der anderen zu werden.“ 446

„Die Frage, ob irgendein Plan, eine propagandistisch erklärte Absicht des NS-Regimes einer späteren Wirklichkeit entsprochen hätte, kann nicht einmal akademisches Interesse beanspruchen. Sie führt analytisch in die Irre. Das außergewöhnliche Tempo, die jugendhafte, ins Kollektiv-Fiebrige übersteigerte Bedenkenlosigkeit machen die zwölf kurzen NS-Jahre heute so schwer begreiflich. Die deutsche Gesellschaft gewann ihre extremen Energien aus der von der Führung gehaltenen Einheit des Gegensätzlichen: von rationalen und emotionalen politischen Bedürfnissen, von alten und neuen Eliten, von Volk, Partei und Bürokratie. Hitler kombinierte die nationale Wiedergeburt mit dem Risiko des Untergangs, die gemeinschaftselige Klassenharmonie mit arbeitsteiliger Vernichtungsgewalt.“ 447

446 Harald Welzer, Täter - Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden, Frankfurt/M., 2005, S. 268 447 Götz Aly, Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus, Frankfurt/M., 2005, S. 16

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Stadtarchiv Nürnberg:

-Statistiken der Stadtverwaltung: Av Per 18 und 207

-Haushaltsplan der Stadt Nürnberg für die Rechnungsjahre 1933 bis 1938: Av Per 20.4

-Statistische Jahrbücher 1933 bis 1938: Av Per 22.8

-Rechenschaftsberichte der Stadt Nürnberg 1933 bis 1938: Bz L 5 bzw. Av Per 18

-Einwohnerbücher: 1933 bis 1938: Bz K 25

StadtAN C 7/I (Generalregistratur) Nr. 883, 884, 885, 886, 887, 888, 913, 914, 915, 916, 917, 918, 919, 920, 921, 922, 923, 924, 925, 926, 928, 930, 931, 933, 934, 935, 943, 946, 947, 948, 961, 963, 976, 1292, 1297.

StadtAN C 7/ VIII (Kommunalregistratur) Nr. 7335, 2434,

StadtAN C 7/ IX (Stadtratsprotokolle) Nr. 564,

StadtAN C 18/ I (Personalamt) Nr. 672

StadtAN C 32/ I (Zweckverband Reichsparteitag Nürnberg) Nr. 22, 38, 336, 337, 338, 340, 979, 1092, 1093, 1094, 1102, 1103, 1227.

StadtAN C 36/ I (Allgemeine Akten) Av, Nr. 104

StadtAN C 14 (Vergabewesen), Nr. 2, 62, 66, 67, 68, 77, 96.

StadtAN C 23 / Kh

155

Privatarchive: E 1/ 2214, Nr. 2, E 9/ 17, Nr. 44, E 9/ 124, Nr. 1, E 9 / 188, Nr. 1, E 9/ 376, Nr. 1, 11, 83, 103, E 10/ 79, Nr. 147 und 215, E 10/104, Nr. 10.

Postkarten und Plakate: A 4/ V, 77, 559, 1416, A 5, 1416, 2125, A 28, 1934 - 0001.

Zeitungen: 8-Uhr-Blatt Bayerische Volkszeitung Bayerische Zeitung München Das Wandergewerbe Der Stürmer Fränkischer Kurier Fränkische Tageszeitung Fürther Tagesnotizen Münchner Neuste Nachrichten Nordbayerische Zeitung Nürnberger Beobachter Nürnberger Zeitung Stadtspiegel Städtisches Amtsblatt Völkischer Beobachter Wirtschaftliche Rundschau für Industrie, Handel und Handwerk Nordbayerns

156

Bundesarchiv Berlin Lichterfelde (BA):

NS 1 /426/1, 1/426/2, 18, 23, 8, 38, 2550

R 2-11901

R 43 II/1176 a: Städtebauliche Maßnahmen auf Grund des Gesetzes über die deutscher Städte vom 4. Oktober 1937 (RGBl.I S.1054). Davon Nürnberg betroffen. 31XX07328

Bayerisches Wirtschaftsarchiv München:

F113/62. Privatakte des Papierwarengeschäftes C. Müller, Nürnberg.

Bayerisches Hauptstaatsarchiv München (BayHStAM)

RStH (Reichsstatthalter), Nr. 1402, 6963, 8039.

MInn (Bayerisches Innenministerium), Nr. 96563.

BStK (Bayerische Staatskanzlei), Nr. 6677, 6678.

157

Anhang

158

Protokoll vom 21./22. Juli 1933 in Bayreuth

159

aus Avraham Barkai: Indikatoren der deutschen Wirtschaftsentwicklung 1932 – 1936, S. 232.

160

Vergleichende Gegenüberstellung der relativen Wahlergebnisse des Deutschen Reiches (DtR), Bayerns (Bay) und des Regierungsbezirkes Mittelfranken (Mfr)

Wahl zur verfassungebenden DtR Bay Mfr Nationalversammlung 19.1.1919 DNVP 3,0 % 10,3 % 3,6 % BVP/Zentrum 9,1 % 19,7 % 34,6 % DDP 28,7 % 18,5 % 13,5 % SPD 51,7 % 37,9 % 33,6 % USP 7,5 % 7,6 % 3,7 %

Reichstagswahl 6.6.1920 DNVP 11,2 % 15,1 % 7,0 % DVP 4,8 % 13,9 % 7,3 % BVP/Zentrum 9,1 % 4,2 %; 13,6 % 38,9 % DDP 16,8 % 8,3 % 8,1 % SPD 28,8 % 21,7 % 16,4 % USP 25,9 % 17,9 % 13,0 % KPD 2,2 % 2,1 % 2,0 %

Reichstagswahl 4.5.1924 Völkischer Block 26,0 % 6,5 % 16,0 % 24,7 % DNVP 7,3 % 19,5 % 9,5 % 20,5 % DVP 0,4 % 9,2 % 2,8 % 0,5 % Mittelstands- partei 6,5 % 2,4 % 6,7 % 3,9 % BVP/Zentrum 7,3 % 3,2 %; 13,4 % 32,7 % 11,2 % DDP 3,8 % 5,7 % 3,0 % 3,5 % SPD 34,3 % 20,5 % 17,7 % 26,5 % USP 0,6 % 0,8 % 0,5 % 0,4 % KPD 13,4 % 12,6 % 8,0 % 8,4 %

161

Reichstagswahl 7.12.1924 Völkischer Block 10,6 % 3,0 % 5,1 % 9,1 % DNVP 16,1 % 20,5 % 14,3 % 31,7 % DVP 1,2 % 10,1 % 4,3 % 1,3 % Mittelstands- partei 8,1 % 3,3 % 10,4 % 6,1 % BVP 7,5 % 3,8 %; 13,6 % 33,1 % 11,5 % DDP 6,6 % 6,3 % 3,8 % 5,0 % SPD 40,7 % 26,0 % 21,1 % 29,2 % USP 0,4 % 0,3 % 0,4 % 0,4 % KPD 7,3 % 9,0 % 5,1 % 4,5 % Reichstagswahl 20.5.1928 NSDAP 10,6 % 2,6 % 6,4 % 9,1 % DNVP 11,6 % 14,2 % 10,0 % 25,8 % DVP 2,8 % 8,7 % 3,8 % 2,1 % Mittelstands- partei 6,3 % 4,5 % 3,2 % 5,3 % BVP 8,6 % 3,1 %; 12,1 % 27,9 % 11,7 % DDP 5,7 % 4,9 % 3,1 % 4,5 % SPD 42,7 % 29,8 % 24,4 % 31,9 % KPD 6,7 % 10,6 % 3,8 % 3,8 %

Reichstagswahl 14.9.1930 DtR Bay Mfr NSDAP 24,0 % 18,3 % 17,9 % 23,7 % DNVP 2,4 % 7,0 % 2,0 % 2,6 DVP 1,6 % 4,5 % 1,9 % 1,3 % Mittelstands- partei 7,0 % 3,9 % 2,8 % 5,1 % BVP/Zentrum 8,3 % 3,0 %; 11,8 % 28,0 % 11,2 % DDP 2,8 % 3,8 % 1,8 % 2,3 % SPD 38,5 % 24,5 % 20,9 % 29,4 % KPD 8,1 % 13,1 % 5,9 % 5,2 %

Reichstagswahl 31.7.1932 DtR Bay Mfr NSDAP 37,8 % 37,3 % 32,9 % 47,7 % DNVP 2,9 % 5,9 % 3,0 % 5,2 % DVP 0,5 % 1,2 % 0,9 % 0,5 % Mittelstands- partei 1,3 % 0,4 % 0,4 % 0,8 % BVP/Zentrum 8,4 % 3,2 %; 12,4 % 29,2 % 11,0 % DDP 0,7 % 1,0 % 0,5 % 0,6 % SPD 33,5 % 21,6 % 17,1 % 24,2 % KPD 12,6 % 14,3 % 8,3 % 7,9 %

162

Reichstagswahl 6.11.1932 NSDAP 32,8 % 33,1 % 30,5 % 42,3 % DNVP 6,4 % 8,3 % 4,5 % 9,0 % DVP 1,2 % 1,9 % 1,0 % 0,8 % Mittelstands- partei 1,5 % 0,3 % 0,3 % 0,8 % BVP/Zentrum 8,3 % 3,1 %; 11,9 % 28,3 % 10,8 % DDP 0,8 % 1,0 % 0,4 % 0,7 % SPD 31,0 % 20,4 % 16,4 % 23,3 % KPD 15,2 % 16,9 % 10,3 % 9,5 %

Reichstagswahl 5.3.1933 NSDAP 41,7 % 43,9 % 43,1 % 51,6 % DNVP 5,1 % 8,0 % 4,1 % 7,1 % DVP 0,4 % 1,1 % 0,5 % 0,3 % BVP/Zentrum 7,8 % 2,7 %; 11,2 % 24,2 % 9,8 % DDP 1,5 % 0,9 % 0,4 % 1,0 % SPD 32,7 % 18,3 % 15,5 % 23,2 % KPD 8,9 % 12,3 % 6,3 % 5,5 %

Angaben aus Bayerisches Statistisches Landesamt (Hg.): Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Bayern, München 1919, S. 578 ff. Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Bayern, München 1921, S. 518 ff. Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Bayern, München 1924, S. 443 ff. Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Bayern, München 1926, S. 589 ff. Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Bayern, München 1928, S. 587 ff. Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Bayern, München 1930, S. 563 ff. Präsident Friedrich Zahn (Hg.): Zeitschrift des Bayerischen Statistischen Landesamtes, München 1932, S. 462 ff. Präsident Friedrich Zahn (Hg.): Zeitschrift des Bayerischen Statistischen Landesamtes, München 1933, S. 65 ff. Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Bayern, München 1934, S. 506 ff.

163

aus Gabriele Bußmann-Strelow, S. 32

164

165

Werbung im RPT-Führer 1933

166

Stadtarchiv Nürnberg E9/376_103_54

167

168

Stadtarchiv Nürnberg A39-252-A

169

Werbung aus RPT – Führer 1934

170

RPT – Führer 1935

171

RPT – Führer 1936

172

DZ-Ph S17.1 RPT 1933

173

Stadtarchiv Nürnberg C7/919 RPT 1934

Stadtarchiv Nürnberg C7/919 RPT 1934

174

Stadtarchiv Nürnberg C7/919 RPT 1934

175

Stadtarchiv Nürnberg C7/919 RPT 1934

176