Strukturstudie Landwirtschaft Schwarzwald-Baar-Kreis IMPRESSUM

Esbach 6, D-88326 Aulendorf

Telefon: +49 7525 91044 Telefax: +49 7525 91045 [email protected]

Handelsregister: Amtsgericht Bad Waldsee Nummer: 542 BW UstId.Nr. DE7707901773

Titelbild: BSW Fotogruppe

Layout & Design agentur glückskind www.glueckskind.design [email protected]

Auflage: 300 Stück

Das Demografie-Netzwerk wird gefördert durch das Interreg V-Programm Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein mit Fördermitteln der Europäischen Union und der Schweiz. VORWORT

Der Schwarzwald-Baar-Kreis beschäftigt sich intensiv mit Fragestellungen rund um das Thema Demo- grafie. Im Jahr 2013 wurde die Demografiestrategie des Landkreises beschlossen, die eine Vielzahl von Maßnahmen in sich vereint. Von besonderer Relevanz für die Landwirtschaft sind dabei Themen und Maßnahmen, die auf die Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft abzielen oder durch die regionale Produkte sowie die Direktvermarktung in der Region Unterstützung erfahren können. Auch die Erar- beitung einer „Strukturstudie für die Land- und Forstwirtschaft“ im Schwarzwald-Baar-Kreis wurde als Maßnahme verankert. Eine weitere Schnittstelle ergab sich aus einem gemeinsamen Interreg-Projekt mit mehreren Partnern aus der Region und dem Kanton Schaffhausen. Neben Fragestellungen zum Tourismus bildete auch bei diesem grenzübergreifenden Vorhaben das Thema Land- und Forstwirtschaft einen Schwerpunkt. Mit der hier vorliegenden Strukturstudie werden mehrere Ziele verfolgt. Beispielsweise geht es darum, Antworten darauf zu finden, welche Veränderungen und Herausforderungen sich zukünftig für die Landwirtschaft im Schwarzwald-Baar-Kreis ergeben werden und welche Treiber hinter diesen Entwick- lungen stehen. Ein weiteres Ziel ist es, die bäuerliche Landwirtschaft im Landkreis unter Einbezug der lokalen Akteure – der landwirtschaftlichen Betriebe, der Vertretungen des Berufsstands, der Städte und Gemeinden und des Landkreises – zu stärken. Die Erstellung der Strukturstudie wurde von einer interdisziplinären Fachgruppe wie auch durch eine Arbeitsgruppe des Landratsamtes entlang der Arbeitsschritte „Analyse“, „Prognose“, „Strategie“ und „Maßnahmen“ begleitet und unterstützt. Neben der Auswertung statistischer Daten und von bereits für die Region vorliegenden Studien, wurden Interviews mit landwirtschaftlichen Betrieben geführt. Die Themen der Interviews bezogen sich nicht nur auf rein berufsfachliche Themen, sondern auch auf Fragestellungen zur Innensicht und Motivation der Betriebe. Basierend auf den durchgeführten Analysen wurde ein umfangreiches Maßnahmenpaket für eine kommunale Agrarstrukturförderung entwickelt. Die in 4 Handlungsfeldern zusammengefassten 25 Maß- nahmen stellen den dritten und letzten Teil der vorliegenden Ausarbeitung dar.

Seite 3 INHALT

1 Impressum 2 2 Vorwort 3 3 Inhaltsverzeichnis 4 1 Zusammenfassung 6 1.1 Globale Märkte und lokale Herausforderungen 6 1.2 Landwirtschaft im Wandel 7 1.3 Global Veränderungen und lokale Wirkungen 9 1.4 Interviews mit landwirtschaftlichen Betrieben – Innensicht und Selbstverständnis 11 1.5 Sozioökonomisches Umfeld 12 1.6 Entwicklungspfade der Land- und Forstwirtschaft – Strukturprognose Schwarzwald-Baar-Kreis 12 1.7 Handlungsstrategie und Maßnahmen 14 1.8 Zusammenfassung 14 2 Strukturanalyse 15 2.1 Funktionen, Schnittstellen und Bedeutung der Landwirtschaft 15 2.2 Volkswirtschaftliche Rolle der Landwirtschaft 17 2.3 Untersuchungscluster 18 2.4 Geografische Indikatoren und sozioökonomisches Umfeld 18 2.5 Zentrale Aspekte der Agrarstatistik des Schwarzwald-Baar-Kreis 21 2.6 Tierbesatz, landwirtschaftliche Produkte und Flächennutzung 25 2.7 Anbauflächen, Acker- bzw. Grünland und Feldfrüchte 30 2.8 Versorgungsbilanz Schwarzwald-Baar-Kreis 34 2.8.1 Getreide 34 2.8.2 Kartoffeln 35 2.8.3 Fleisch 36 2.8.4 Milch 37 2.9 Entwicklung der Landwirtschaftsflächen im Schwarzwald-Baar-Kreis 38 3 Interviews mit landwirtschaftlichen Betrieben 42 3.1 Ausgewählte Ergebnisse der Interviews 42 3.1.1 Art der Bewirtschaftung 42 3.1.2 Zufriedenheit Einkommenssituation 42 3.1.3 Einkommensentwicklung 43

Seite 4 3.1.4 Wettbewerbsfähigkeit 44 3.1.5 Zukunftssicherheit 45 3.1.6 Körperliche und psychische Belastung 46 3.1.7 Image 48 3.1.8 Akzeptanz 49 3.1.9 Imageverbessernde Maßnahmen 50 3.1.10 Konfliktfelder und Intensität der Konflikte 51 3.1.11 Weitere Aspekte in Schlaglichtern 52 3.2 Teil 3 – Weitere Ergebnisse, die auf beide Untersuchungsräume zutreffen 52 3.2.1 Unterstützung bei der Konfliktbewältigung 52 3.2.2 Weitere Einzelthemen im Kontext Konflikte und Konfliktbewältigung 52 3.2.3 Erwartungen an Gemeindeverwaltung 52 3.2.4 Erwartungen an das Landratsamt 53 3.3 Zusammenfassung Strukturanalyse 53 4 Künftige Herausforderungen – Strukturprognose 54 4.1 Grundlegende Herausforderungen der Landwirtschaft 54 4.2 Prognosen zur Entwicklung der Landwirtschaft in Deutschland 55 4.3 Impact-Themen für die Landwirtschaft 57 4.3.1 Markt- & Produktionsausrichtung 57 4.3.2 Digitalisierung der Landwirtschaft – Landwirtschaft 4.0 57 4.3.3 Zukunftsfähige Tierhaltung 59 4.3.4 Umwelt- und Naturschutz 60 4.3.5 Kommunikation, Transparenz und mediale Präsenz 60 4.4 Folgen des regionalen Strukturwandels im Schwarzwald-Baar-Kreis 61 4.5 Schnittstellen der Landwirtschaft 63 4.5.1 Dialog mit der Gesellschaft – Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache 64 4.5.2 Verbandsarbeit und Politik 64 4.5.3 Technologie, Innovation und Betriebsführung 64 4.5.4 Querschnittsthemen und -funktionen 64 5 Maßnahmen und Handlungsfelder einer kommunalen Agrarstrukturförderung 65 5.1 Handlungsfelder für eine kommunale Agrarstrukturförderung 65 6 Anlagen 72

Seite 5 1 ZUSAMMENFASSUNG

1.1 GLOBALE MÄRKTE UND LOKALE HERAUSFORDERUNGEN In dieser Zusammenfassung sind die wesentlichen Aspekte der Strukturstudie in kompakter Form zusammengefasst. Die einzelnen Themenstellungen werden in den darauffolgenden Kapiteln der Strukturstudie in einem höheren Detaillierungsgrad diskutiert. Auch wenn es auf den ersten Blick anders erscheinen mag, so ist die Landwirtschaft im Schwarzwald-Baar-Kreis näher an den globalisierten Märkten, als dies ein Außenstehender zunächst vermuten würde. Die hier produzierten Lebensmittel und anderen landwirtschaftlichen Produkte unterliegen den Trends des Weltmarkts – sowohl was Bezugs- wie auch Absatzpreise betrifft. Gleiches trifft auf den Rechtsrahmen zu. Hier spielen nicht mehr nur Landes- bzw. Bundesrecht und dessen Umsetzung eine wichtige Rolle, sondern auch Abkommen, Verordnungen und Gesetze, die auf europäischer bzw. globaler Ebene abgestimmt und beschlossen wurden. Entsprechend komplex sind die Fragestellungen, denen sich die Landwirtschaft – nicht nur im Schwarz- wald-Baar-Kreis – gegenübersieht. Die Innensicht zeigte sich in den Interviews mit Betriebsleiterin- nen und Betriebsleitern und den Familienangehörigen, die im Rahmen dieser Studie durchgeführt wurden. Die Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter begegnen Herausforderungen auf ganz unter- schiedlichen Ebenen. Von den typischen „handwerklichen“ Herausforderungen in der Landwirtschaft über das Management der Betriebsabläufe hin zur Nachweisführung und unterschiedlichsten Antrag- stellungen reicht dabei die Bandbreite der Aufgaben. Nicht weniger wichtig sind in den letzten Jahren Soft Skills geworden, allein schon deshalb, weil das stark landwirtschaftlich geprägte Bild der Dörfer und Weiler sich in den letzten Jahrzenten deutlich gewandelt hat und „neue Nachbarn“ aus dem urbanen Umfeld das Leben auf dem Land für sich entdeckt haben. Dass die Kommunikation klappt, zeigt die in vielen Fällen sehr positive Selbsteinschätzung für die Akzeptanz der Landwirtschaft in der eigenen Wohngemeinde – gleichzeitig aber untermauert mit dem Hinweis, dass diese Akzeptanz keine Selbstverständlichkeit ist, sondern erarbeitet und vor allem kontinuierlich gepflegt werden muss. Auch für die Verwaltungen – in den Städten und Gemeinden wie auch im Landratsamt – stellt das komplexe Zusammenspiel von Landwirtschaft, Naturschutz, Genehmigungsverfahren und Kommunalentwicklung eine nicht zu unterschätzende Aufgabe dar. Neben der reinen Verwaltungs- und Kontrollfunktion kommt dort auch eine Beratungsfunktion hinzu, die von den Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern im Schwarzwald-Baar-Kreis sehr geschätzt wird und die für diese einen hohen Stellenwert besitzt. Die Menschen in der Region haben den Strukturwandel in der Landwirtschaft nur bedingt bewusst „miterlebt“. Erkennbar wird der Strukturwandel durch die Bewirtschaftung größerer Flächen mit modernen Maschinen und im täglichen Erleben durch größere Ställe, die im Außenbereich angesiedelt sind. Im Rahmen dieser Studie wurden statistische Daten und Fakten herausgearbeitet und (Selbst-)Ein- schätzungen rund um die Landwirtschaft im Schwarzwald-Baar-Kreis erhoben. Dabei kamen vor allem diejenigen zu Wort, die mit der Landwirtschaft und den daraus erwachsenen Fragestellungen in der täglichen Praxis konfrontiert sind: Das Landwirtschaftsamt im Landratsamt, Vertreter von Verbänden, die Verwaltung und nicht zuletzt die landwirtschaftlichen Betriebe selbst. Aus den Interviews und geführten Gesprächen hat sich ein wesentlicher Input für diese Studie ergeben und die Bearbeiter möchten sich an dieser Stelle für die wertvollen Informationen und Zuarbeiten herzlich bedanken.

Seite 6 1.2 LANDWIRTSCHAFT IM WANDEL Welchen Stellenwert die Landwirtschaft für eine Region wie dem Schwarzwald besitzt, kann und darf nicht nur an Statistiken und Kennzahlen festgemacht werden. Die (Kultur-)Landschaft, die sich außerhalb von Städten und Dörfern befindet, wird durch die Forst- und Landwirtschaft gestaltet und erhalten. Ohne die Landschaftspflege und Bewirtschaftung von Feld, Flur und Wald gäbe es die Kul- turlandschaft, die zur Freizeitgestaltung, zur Erholung und als Rückzugsort für Wildtiere dient, in die- ser Form nicht. Häufig unterschätzt bzw. zu wenig wahrgenommen werden auch die Zusatzleistungen der Landwirtschaft (Greening-Leistungen) für Natur, Umwelt und ökologischen Mehrwert, die dadurch andere Dienstleistungsangebote z.B. im Tourismus unterstützt. Greening-Leistungen sind weit mehr als „Landschaftspflege“. Sie zielen beispielsweise auch auf Biodiversität und eine ganzjährige Boden- bedeckung ab, um für Wildtiere, Bienen und Wildpflanzen Raum zu schaffen. Der Erhalt von Dauer- grünland, die Bereitstellung von Ökologischen Vorrangflächen und die Fruchtartendiversifizierung sind weitere Aspekte des Greenings. Wenn also im Folgenden von „Greening-Leistungen“ gesprochen wird, dann müssen die oben benannten Aspekte in diesem Kontext assoziativ betrachtet werden.

Anteil Landwirtschaft in Prozent am BIP 56 , 0 60% %

46 , 46 , 45 , 45 , 8 4 % 8 % 3 % %

50%

40%

30%

20% 9 , 8 5 , % 4 %

4

, 7 2 2 10% % 2 2 1 1 , , 1 , , 0 , 1,7% 0 2 2 , 0 0 8

, , 4 , % % 1 % % 9 % 6 % % % %

Myanmar Österreich USA USA Dänemark Kamerun Kamerun Niederlande Norwegen Frankreich Polen Laos Laos Deutschland Großbritannien Italien Äthiopien Äthiopien Schweden 0% Rumänien Island Burundi Burundi

Abbildung 1 – Anteil der Landwirtschaft am BIP in Prozent. Ausgewählte Länder. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten „Welt in Zahlen“, 2017

Wird die volkswirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft beispielsweise als Anteil am Bruttoinland- sprodukt festgemacht, dann liegt Deutschland mit einem Anteil von weniger als 1% auf einem der hinteren Plätze in der Kategorie der Industriestaaten. In weniger stark industrialisierten Ländern ist der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt deutlich höher (Myanmar 56%, Laos 47%, Kamerun 45%). Gleichwohl ist der Beitrag zum BIP in Norwegen, Italien oder den Niederlanden mit ca. 2 % rund doppelt so hoch, wie dies in Deutschland der Fall ist.

Seite 7 Anteil der Wirtschaftssektoren an der Bruttowertschöpfung in Deutschland im Jahr 2016

Dienstleistungsbereiche 68,9%

Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe 25,7%

Baugewerbe 4,8%

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 0,6%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80%

Abbildung 2 – Eigene Abbildung neuland+ nach Daten Statista, 2017

Wird der Anteil der Wirtschaftssektoren in Deutschland an der Bruttowertschöpfung zum Vergleich herangezogen, wird die Diskrepanz noch deutlicher erkennbar: Dem Beitrag von 0,6% der Land- Forstwirtschaft und Fischerei steht einem rund 100-mal höherer Beitrag der Dienstleistungs- bereiche gegenüber. Zu beachten ist dabei, dass die Landwirtschaft selbst z.T. als Dienstleister einge- ordnet werden muss. Die heutige Situation ist das Ergebnis einer langen Entwicklung. In den 1950er Jahren waren in Deutschland noch knapp ein Viertel der Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft tätig. Als Folge des sich vollziehenden wirtschaftlichen Strukturwandels nahm dieser Anteil im zeitlichen Verlauf rasant ab: 1960 waren noch rund 14%, 1990 noch ca. 3,5% der Erwerbstätigen, die in der Land- und Forstwirtschaft eine Beschäftigung fanden. Die rückläufige Bedeutung des primären Sektors in der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung steht in einem deutlichen Kontrast zur öffentlichen Wahrnehmung, der politischen Bedeutung und den vielfältigen Funktionen der Land- und Forstwirtschaft, die diese auf regionaler Ebene einnimmt. Die Bundeszentrale für politische Bildung kommt in der Schriftenreihe „Grundfragen“ zu dem Ergebnis „Im Verlauf dieser Entwicklung hat sich die Landwirtschaft zu einer Art Industrie unter freiem Himmel entwickelt. Der Umbruch im bäuerlichen Leben, den dieser Produktivitätssprung impliziert, hätte kaum größer ausfallen können.“1 zur Einordnung wird angemerkt, dass die Produktivitätssteige- rung in der Landwirtschaft in vielen Fällen deutlich höher ist, als die in der Industrie. Dieser „Umbruch im bäuerlichen Leben“ findet unterschiedlichen Widerhall. Durch die zunächst zunehmende Mechanisierung (z.B. bei der Feldarbeit), der darauffolgenden Automatisierung (z.B. bei der Fütterung) und der zunehmenden und vor allem zukünftigen Digitalisierung2 (z.B. bei der gezielten Verknüpfung von GPS, Sensorik und Landmaschinen) hat sich eine Transformation des Berufsbilds und der erforderlichen Fähigkeiten ergeben, die deutlich von dem traditionellen und oftmals romantisier- ten Bild der Landwirtschaft abweicht.

1 http://www.bpb.de/politik/grundfragen/deutsche-verhaeltnisse-eine-sozialkunde/138634/wirtschaftliche-entwicklung?p=all 2 https://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/_Texte/Digitalisierung-Landwirtschaft.html

Seite 8 Eine weitere Wirkung des oben benannten Umbruchs ist die Verlagerung von körperlicher Belastung hin zu psychischer Belastung. Dies ist insbesondere deshalb erwähnenswert, weil bei landwirtschaft- lichen Betrieben in vielen Fällen nicht nur die Betriebsleitung, sondern auch die mitarbeitenden bzw. in sonstiger Form involvierten Familienmitglieder direkt oder indirekt von den Effekten dieser Belastung betroffen sind.

1.3 GLOBAL VERÄNDERUNGEN UND LOKALE WIRKUNGEN Die oben geschilderten Veränderungen bei Struktur, Stellenwert, Selbstverständnis und Funktion der Land- und Forstwirtschaft spiegeln sich auch im regionalen Zuschnitt des Schwarzwald-Baar-Kreises wieder.

Anzahl der Betriebe im Größenklassen der landwirtschaftlichen Schwarzwald-Baar-Kreis Betriebe im Schwarzwald-Baar-Kreis

1600 500 460 1396 450 1400 400 1200 343 334 1037 350 326 968 303 1000 300 252 252 250 228 226 800 215 216

200 183 600 150 400 100

200 50 33 16 14

0 0 1999 2010 2016 Mit unter 5 haFünf bis unter Zehn bis unter 20 bis unter 50 und mehr Landfläche 10 ha 20 ha 50 ha Hektar Landfläche Landfläche Landfläche Landfläche

1999 2010 2016

Abbildung 3 – Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe und deren Größenklassen im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Illustriert werden kann dies an zwei prägnanten Indikatoren. Im Jahr 1999 waren 1.400 Betriebe in der Statistik erfasst. Im Jahr 2016 knapp 1.000 – wobei an dieser Stelle auf die verschiedenen Abgrenzungen der Datenerfassung für die statistische Aufbereitung hinge- wiesen werden muss.3 Gleiches gilt für die Beschäftigten im Sektor: in den vergangenen 15 Jahren hat sich die Zahl der Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft im Landkreis auf heute rund 1000 halbiert. Gleichzeitig geht der Trend hin zu Betrieben, die größere Flächen bewirtschaften. Erkennbar wird der Wandel auch an den grundlegenden strukturellen Veränderungen, beispielswei- se am deutlich erkennbaren Rückgang landwirtschaftlich genutzter Flächen, dem technologischen Wandel in der Landwirtschaft, den regulatorischen Herausforderungen und nicht zuletzt am Image der Landwirtschaft in der Gesellschaft. 3 In der Statistik werden verschiedene Abgrenzungen eingeführt. Dazu zählt beispielsweise auch die Größe der bewirtschafteten Fläche. Viele kleine Betriebe fallen deshalb aus der Statistik heraus. Die tatsächliche Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe im Schwarzwald-Baar-Kreis ist deshalb höher.

Seite 9 Schwarzwald-Baar Kreis - Absolute Veränderung exemplarischer Flächenanteile (Angaben in ha, 1996)

1300 136 136 136 133 243 123 85 238 84 233 223 217 218 198 800 208 197 82 193 196 161 163 202 167 158 177 152 135 145 98 124 132 44 100 103 300 43 510 439 473 59 379 396 411 424 288 170

-200 -556

-986

-1.239 -1.280 -1.349 -700 -1.441 -1.488 -1.524 -1.558

-1200

-1700 2004 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Absolute Veränderung Wohnen (ha) Absolute Veränderung Gewerbe, Industrie (ha)

Absolute Veränderung Landwirtschaftsfläche (ha) Absolute Veränderung Waldfläche (ha)

Absolute Veränderung Verkehrsfläche (ha) Absolute Veränderung Erholungsfläche (ha)

Abbildung 4 – Eigene Berechnungen neuland+ nach Daten des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg 2017

„Fläche wird streng genommen nicht verbraucht, sondern dauerhaft einer anderen Nutzung zugeführt.“4 so lautet der erste Satz des Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2017, der gleichzeitig die Eröffnung des Artikels „Kehrseite des Flächenverbrauchs: Rückgang der Landwirtschaftsfläche“ ist. Bezogen auf den Schwarzwald-Baar-Kreis bedeutet dies einen Schwund von Landwirtschaftsfläche um knapp 1600 ha im Zeitraum von 1996-2014. Im gleichen Zeitraum wurden über 500 ha Wohnflächen, über 200 ha Gewerbe- und Industrieflächen und knapp 250 ha Verkehrsflächen geschaffen.

4 Kehrseite des Flächenverbrauchs: Rückgang der Landwirtschaftsfläche – statistisches Monatsheft Baden-Württemberg Ausgabe 2/2017. https://www.statistik-bw.de/Service/Veroeff/Monatshefte/PDF/Beitrag17_02_06.pdf

Seite 10 Die größten absoluten Flächenverluste haben sich im Betrachtungszeitraum 2004-2015 in Donau- eschingen (rund 110 ha), Villingen-Schwenningen (rund 90 ha), Schönwald im Schwarzwald (rund 60 ha), Bräunlingen und (jeweils 40 ha) ergeben. Gemessen an der jeweili- gen Gemarkungsfläche (relative Flächenverluste) sind im gleichen Betrachtungszeitraum die größten Flächenverluste in Schönwald im Schwarzwald, Triberg im Schwarzwald, , und zu verzeichnen gewesen (mit einer Bandbreite von mehr als einem bis über zwei Prozent der Gemarkungsfläche).

1.4 INTERVIEWS MIT LANDWIRTSCHAFTLICHEN BETRIEBEN – INNENSICHT UND SELBSTVERSTÄNDNIS Um mehr über die Selbsteinschätzung der landwirtschaftlichen Betriebe zu erfahren, wurden mit landwirtschaftlichen Betrieben umfangreiche Interviews geführt. Abgefragt wurden dabei zum einen Kenndaten zu den jeweiligen Betrieben, aber auch Einschätzungen zur Zufriedenheit mit dem Beruf, der Einkommenssituation, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und den Belastungen, die sich aus dem Beruf des Landwirts ergeben. In den Interviews wurden die relativ langen Arbeitszeiten und die – gemessen an der erbrachten Leistung – in einem schlechten Verhältnis stehende Entlohnung thematisiert. Optimistisch äußerten sich die Betriebe hinsichtlich der Einkommensentwicklung. Als Ursachen für die positive Einschät- zung werden die Einnahmen aus den diversifizierten Betriebsbereichen (z.B. Energieerzeugung, Direkt- vermarktung, touristische Angebote, etc.) genannt. Gerade bei Betrieben auf der Baar wurde die Ener- gieproduktion als ein stabilisierender Faktor kommuniziert. Die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe wird insgesamt als gut, in einigen Fällen auch als sehr gut eingeschätzt. Insbesondere im Untersuchungsbereich „Schwarzwald“ gab es aber auch kritische Meldungen die zur Einschätzung „neutral“ bzw. „eher schlecht“ bzw. „sehr schlecht“ reichten. Hinsichtlich der Zukunftssicherheit der Betriebe äußerten sich die Interviewpartner verhalten zuversichtlich. Die Mehrheit der Meldungen wurden in den Bereichen „sehr zukunftssicherer“ bzw. „bedingt zukunftssicherer“ getroffen. Befragt nach der empfundenen körperlichen Belastung, wurden überwiegend mittlere bzw. hohe Werte angegeben. Tendenziell empfanden die Betriebsleiter im Schwarzwald die körperliche Belastung höher, als dies bei ihren Berufskollegen auf der Baar der Fall war. Insgesamt habe aber die körperliche Belastung durch die zunehmende Mechanisierung deutlich abgenommen. Im Gegensatz dazu wird die psychische Belastung sowohl von der Betriebsleitung als auch den mitarbeitenden Familienmitgliedern bzw. Lebenspartnern überwiegend als „hoch“ bis „sehr hoch“ eingeschätzt. Ursächlich für die Belastung wurde der wirtschaftliche Druck, Kontrollen und Überwachung, die Wetterabhängigkeit bzw. Trockenheit der vergangenen Jahre, sowie der Verzicht auf Freizeit und Urlaub angeführt. Als Gründe für eine weniger intensiv empfundene psychische Belastung wurde beispielsweise die Diversifizierung des Betriebs und die damit verbundene breiter aufgestellte Einkommenssituation genannt.

Seite 11 Die interviewten Betriebsleiter schätzten das Image ihrer Betriebe überwiegend als positiv bzw. mit hoher Zufriedenheit ein. Auch wenn sich keiner der Interviewpartner ausgesprochen unzufrieden geäußert hat, zeigen die Meldungen in den Kategorien „eher unzufrieden“ bzw. „neutral“, dass hier aus Sicht der Interviewpartner Handlungsbedarfe bestehen. Gleiches gilt für die Akzeptanz der Landwirtschaft generell, d. h. nicht nur die des eigenen Betriebs in der eigenen Wohngemeinde. Auch hier wurden überwiegend positive Stellungnahmen abgegeben. Insgesamt war der Zufriedenheitsgrad bei dieser Frage im Untersuchungsraum „Schwarzwald“ höher als auf der Baar. Einigkeit besteht bei allen Interviewpartnern, dass ein hoher Bedarf an imageverbessernden Maßnahmen besteht. Für eine erneute Berufswahl zum „Landwirt“ sprechen sich die meisten interviewten aus. Das Arbeiten mit und in der Natur, mit den Tieren, die Selbstständigkeit und das Unternehmertum sind dabei typische Motivationslagen. Die intrinsische Motivation ist größer als die körperlichen und psychischen Belastungen und die damit verbundenen Unzufriedenheit. Angezeigt wurden auch Bedarf und Interesse an beruflichen Weiterbildungen, wobei nicht nur Fachthemen im Mittelpunkt des Interesses stehen.

1.5 SOZIOÖKONOMISCHES UMFELD Das sozioökonomische Umfeld im Schwarzwald-Baar-Kreis ist geprägt von mittelständischen Unternehmen, die in ihrer Nische oftmals unter den Marktführern zu finden sind. In der Untersu- chungsregion liegt die Arbeitslosenquote zuletzt bei 3,6 %, die überwiegende Zahl der Beschäftigten ist dem Sektor „Dienstleistung“ zuzuordnen, direkt gefolgt vom Sektor „Produzierendes Gewerbe“. Die Land- Forstwirtschaft und Fischerei stellt mit rund 1.000 Beschäftigten nur einen kleinen Teil der Arbeitsplätze in der Region. Die deutliche Entwicklung bei der Erschließung von Bauland, Gewerbe- und Industrieflächen zeigt, wie attraktiv die Region ist. Unter demographischen Gesichtspunkten liegt die Region geringfügig über dem Landesdurchschnitt. Der Anteil der Generation 65+ ist im Zeitraum von 1995-2015 von 16 % auf 22 % gestiegen (Landeswert: 15 % auf 20 %). Der Anteil der 40 bis 65-jährigen stieg von 32 % auf 35 % und der Anteil der 25 bis 40-jährigen von 13 % auf 18 % (Landeswerte: 31 % auf 36 % bzw. 20 % auf 19 %). Erfreulich ist, dass der Anteil der 18 bis 25-jährigen relativ konstant bei rund 8 % und der Anteil der 15 bis 18-jährigen bei rund 4 % liegt (Landeswerte: Anstieg von 8% auf 9 % bzw. konstant 3 %).

1.6 ENTWICKLUNGSPFADE DER LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT – STRUKTURPROGNOSE SCHWARZWALD-BAAR-KREIS Die zukünftige Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft im Schwarzwald-Baar-Kreis wird von verschiedenen Einflussfaktoren geprägt sein. Der Trend der letzten Jahre zeigt eindeutig, dass größere, dank Skaleneffekten wirtschaftlicher zu betreibende Betriebe die Zukunftsoption sind. Ob die Dynamik der vergangenen Jahre dabei anhält oder sich ggf. auf einem etwas niedrigeren Niveau weiter fortsetzt, wird von verschiedenen Faktoren abhängig sein. Möglich ist beispielsweise ein dämpfender Effekt, der sich aus dem „Seitwärtstrend“ der Nebenerwerbsbetriebe ergibt: Statt den Betrieb vollständig aufzulösen, wird er zunächst noch im Nebenerwerb weitergeführt. Die Zunahme der Nebenerwerbsbetriebe in der Vergangenheit kann dafür ein Indikator sein. Sicher ist auch, dass es kleinere Betriebe gibt, die dank einer vollzogenen Diversifizierung weiter auf wirtschaftlich stabilem Fundament stehen und damit einen deutlich geringeren Wachstumsdrang haben.

Seite 12 In jedem Fall endlich bzw. aus der Erfahrung der vergangenen Jahre heraus beständig abnehmend sind die landwirtschaftlichen Flächen insgesamt. In der Konsequenz wird sich eine Konkurrenzsituation um die freiwerdenden, gut zu bewirtschaftenden und gleichzeitig ertragreichen Flächen ergeben bzw. die bereits bestehenden Flächenkonkurrenzen werden zunehmen. Die Bewirtschaftung weniger gut geeigneter Flächen und kleinerer Schläge ist noch kein Problem, muss aber im Auge behalten werden. Mit der prosperierenden Wirtschaft und der steigenden Einwohnerzahl geht auch die Chance einher, potenziell auf viele Endkunden für regionale Produkte zu stoßen. Die bereits in der Region vorhandenen positiven Erfahrungen in der Direktvermarktung unterstützen diese Einschätzung. Diversifizierungsoptionen werden sich in Zukunft bei der Direktvermarktung, der Nutzung anderer Vermarktungskanäle und im Erschließen neuer Geschäftsfelder (zum Beispiel im Tourismus- segment) ergeben. Als – zumindest gegenwärtig – abgeschlossen muss die Diversifizierung in die Energieproduktion gesehen werden. Die Weiterentwicklung der forstwirtschaftlichen Nutzung wird davon abhängig sein, welche Verkaufserlöse für Holz erzielt werden können, inwieweit die Betrie- be bereit sind, neben eigener Arbeitskraft auch Unternehmer für die Waldpflege und mechanisierte Holzernte einzusetzen und wie bedeutend der forstwirtschaftliche Anteil am jeweiligen Gesamtbe- triebseinkommen ist. Im „Höfegebiet“ des Schwarzwalds kommt diesem Gesichtspunkt eine hohe Bedeutung zu. Die Fremdkapitalquoten werden, genauso wie die Kapitalkosten je Arbeitsplatz, weiter steigen. Das aktuell investitionsfreundliche Zinsklima begünstigt die Umsetzung von Investitionen in Gebäude, Anlagen und Technik. Abzuwarten bleibt, in wie weit frühzeitig / strategisch Anpassungsinvestitio- nen bei der Tierhaltung umgesetzt werden. Nicht-kurative Eingriffe an Tieren, Antibiotikaverwendung und Einschränkungen normalen Tierverhaltens werden zukünftig von den Verbrauchern noch differenzierter bewertet werden, als dies bisher schon der Fall ist. Insgesamt ist mit einem spürbar höheren Marktdruck durch die Öffnung der Märkte, Wegfall von Quoten und Importe aus der EU sowie globalen Märkten zu rechnen. Dies wird Auswirkungen auf die Ertragssituation der Landwirtschaftsbetriebe haben, die sich nicht oder nur langsam an die Marktmecha- nismen adaptieren können, oder für sich eine Nische gefunden haben, die sie resilient gegenüber den Entwicklungen macht. Zunehmend können sich vor dem Hintergrund eines gemeinsamen Interesses Chancen für die Bildung von Clustern mit nachgelagerten Bereichen ergeben. Ziel ist dabei, die Wertschöpfungsketten zu vernetzen und zu stabilisieren, um damit zumindest eine gewisse Unabhängigkeit von den Marktme- chanismen zu erreichen. Beispiele für bereits bestehende Ansatzpunkte in diesem Zusammenhang sind die bereits erfolgreich umgesetzten Bestrebungen im Segment der regionalen Produkte, die über den lokalen Handel hin zur Gastronomie entwickelt werden können. Grundsätzlich wird sich die Landwirtschaft an die übergeordneten Planungen und Mechanismen bestmöglich adaptieren müssen, um weiterhin bestehen zu können. Andererseits kann sie auf lokaler Ebene aktiv mitgestalten und sich einbringen. In der Abstimmung und in der Zusammenarbeit mit den Entscheidungsträgern auf der lokalen Ebene können wesentliche Umfeldfaktoren thematisiert und die Belange der Landwirtschaft eingebracht werden. Dies bezieht sich beispielsweise auf Planungsvorgänge in der Region, die Erschließung neuer Wohn- und Gewerbegebiete, sowie auf weitere raumplanerische Maßnahmen.

Seite 13 1.7 HANDLUNGSSTRATEGIE UND MAßNAHMEN Als Ergebnis der Analysen und Abschätzungen wurden Leitlinien definiert, die mit Handlungsfeldern, Zielen und Maßnahmen unterlegt sind. Die Handlungsstrategie orientiert sich an vier Handlungsfeldern, die einer kommunalen Agrarstruktur dienen. Im ersten Handlungsfeld liegt der Fokus auf der Unterstützung einzelbetrieblicher Entwicklung durch Verwaltungshandeln. Ein zentraler Baustein ist dabei die Etablierung einer Lotsen- und Mittlerfunktion beim Landwirtschaftsamt, die von der Kontrollverant- wortlichkeit getrennt zu sehen ist. Das zweite Handlungsfeld beschäftigt sich mit der Aus- und Weiter- bildung, sowie dem persönlichen Kompetenzaufbau. Dieses Handlungsfeld trägt der Tatsache Rech- nung, dass bei den Betrieben sowohl Interesse an einem Kompetenzerwerb im fachlichen Bereich, wie auch bei Soft-Skills besteht. Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation sind die Schwerpunkte des dritten Handlungsfeldes. Die Landwirtschaft hat ein positives Image und die regionalen Akteure erleben die Einbindung ihres Betriebs in das Umfeld als weitgehend positiv. Die darin vorgestellten Maßnahmen haben auch präventiven Charakter, denn sie tragen proaktiv dem erhöhten einzelbetrieblichen Kommunikations- bedarf Rechnung. Um die fachliche und kommunale Planung zu unterstützen, werden im vierten Handlungsfeld passend zu den Anforderungen die aktuell und zukünftig von landwirtschaftlichen Betrieben an fachliche und kommunale Planungen gestellt werden und die letztlich mit denen von Gewerbe- und Industriebetrieben vergleichbar sind, entsprechende Maßnahmen vorgeschlagen. Diese reichen von der Klärung betrieblicher und kommunaler Flächenbedarfe, über die Minderung des weiteren Flächen- verbrauchs bis hin zu einem effektiveren Management der benötigten Flächen.

1.8 ZUSAMMENFASSUNG Die Landwirtschaft im Schwarzwald-Baar-Kreis ist gut aufgestellt. Der Strukturwandel bringt spezi- fische Herausforderungen für die Betriebe mit sich. Der Schwarzwald-Baar-Kreis prosperiert – damit einher geht ein entsprechender Flächenverbrauch, der sich auf die landwirtschaftlichen Betriebe aus- wirkt. Der Wandel in der Landwirtschaft spiegelt sich auch im Wandel weg von körperlicher und hin zu psychischer Belastung wieder. Landwirte sind heute schon Manager und müssen zukünftig noch weitere administrative Aufgaben übernehmen (Landwirtschaft 4.0). Wesentliche Erfolgsfaktoren für die zukünftige Ausgestaltung der Landwirtschaft ergeben sich an den Schnittstellen zu anderen Bereichen. Im Zusammenspiel mit der Verwaltung, den Städten und Ge- meinden bieten sich die oben beschriebenen Maßnahmen zu einer koordinierten und ausgeglichenen Zusammenarbeit an. Die bereits bestehenden Kooperationen und Vernetzungen, beispielsweise mit dem Maschinenring, stehen auf einem guten Fundament. Damit die Landwirtschaft auch weiterhin als ein Teil der örtlichen Gemeinschaft gesehen wird, sind die von den Betrieben benannten Maßnahmen zur Öffentlichkeits- arbeit wichtig. Hier geht es um weit mehr als reine Image- oder Öffentlichkeitsarbeit, sondern darum, die Rolle der Landwirtschaft in der Gesellschaft für alle „Nachbarn“ erfahrbar und verständlich zu machen. Gleichzeitig kann über die Rolle einer modernen, zeitgemäßen Landwirtschaft und dem Spannungs- feld in dem sich diese befindet, informiert werden. Umfeldkonflikte können dadurch im Idealfall ver- mieden, oder zumindest reduziert werden.

Seite 14 2. STRUKTURANALYSE

Die Strukturanalyse gibt Auskunft darüber, wie sich die derzeitige Situation des Sektors Land- und Forstwirtschaft in den Teilräumen im Schwarzwald-Baar-Kreis darstellt. In die Strukturanalyse sind unterschiedlichste Daten und Fakten eingegangen. Neben sozioökonomischen Faktoren, die letztlich die gesamte Region beschreiben, sind es statistische Strukturdaten speziell für die Landwirtschaft, sowie die Ergebnisse von bereits durchgeführten Studien und Erhebungen, die als Basisdaten für die hier vorliegende Strukturanalyse dienen. Zur besseren Einordnung wird zunächst auf die Funktionen, Schnittstellen und Bedeutung der Landwirtschaft eingegangen.

2.1 FUNKTIONEN, SCHNITTSTELLEN UND BEDEUTUNG DER LANDWIRTSCHAFT Die Land- und Forstwirtschaft interagiert mit unterschiedlichsten Gruppen und entlang verschiedener Themenlinien. Entsprechend vielfältig sind die Schnittstellen, die sich durch diese Interaktionen herausbilden.

Schnittstellen der Landwirtschaft

Abbildung 5 – Schnittstellen der Land- und Forstwirtschaft. Eigene Darstellung neuland+ 2017

Neben den „externen“ Schnittstellen der Land- und Forstwirtschaft zu Politik, Behörden, Verwaltungen, Tourismus, zum direkten Umfeld, Konsumenten, Wirtschaft und Medien gibt es auch „interne“ Schnittstellen – beispielsweise zu anderen landwirtschaftlichen Betrieben oder berufs- ständigen Vereinigungen.

Seite 15 Entlang dieser Schnittstellen bildet sich das Selbstverständnis der Landwirtschaft, aber auch Vorgaben für und Erwartungen an diese heraus.

is n Teil der Er nd w ä Sichere a t ländl. Kultur r s t r Produktion Lebensmittel u e Keine n v Lebensmittel t g s Gentechnik e

b n l

e Bürger bzw.

S Landwirte Erhalt Öffnung der Kulturlandschaft Konsument

Betriebe Wirtschaften im Einklang mit Natur Pflege der Erhalt Kulturlandschaft Familienbetriebe Schnittstellen & Soz. Funktion Tierschutz inkl. Kulturlandschaft Konfliktfelder Erzeugung Umwelt- & Sicherung NaWaRo Tierschutz Lebensunterhalt Betriebswirtsch. Gesellsch. Anerkennung Funktionsfähigkeit landw. Arbeit

Befriedigung Energieprod. ausdifferenzierter Marktlage Erhalt ländl. Raum Agrar- politik

V orgaben

Abbildung 6 – Eigene Darstellung neuland+ nach Daten BMEL, BIOGUM Forschungsbericht FG Landwirtschaft, 2017

Die Landwirtschaft ordnet sich aus ihrem Selbstverständnis als • Teil der ländlichen Kultur ein, • ist bestrebt, Familienbetriebe zu erhalten, • den eigenen Lebensunterhalt zu sichern, • hochwertige Lebensmittel zu produzieren und • ihrer sozialen Funktion in den Gemeinschaften gerecht zu werden.

Bürger und Konsumenten äußern gegenüber der Landwirtschaft ihre Erwartungen, beispielsweise • sichere Lebensmittel zu produzieren, • auf Gentechnik zu verzichten und im Einklang mit der Natur zu wirtschaften, • Umwelt- und Tierschutz sowie das Tierwohl besonders hervorzuheben und • die Pflege der Kulturlandschaft zu organisieren.

Seite 16 Formeller ist der Blick, den die Agrarpolitik in Form von Vorgaben kommuniziert. Die Landwirtschaft soll • die betriebswirtschaftliche Funktionsfähigkeit erhalten, • ausdifferenzierte Marktlagen befriedigen, • den ländlichen Raum erhalten und Energie produzieren, um • dafür gesellschaftliche Anerkennung für ihre Arbeit zu erhalten.

An den Schnittstellen entstehen Interaktionen und der Bedarf für den Interessensausgleich. Die Grundlage für diesen Interessensausgleich ist das Wissen um die Situation des jeweils anderen Partners und dessen Handlungsmöglichkeiten. Aus den Aufgaben, Funktionen und Schnittstellen der Land- Forstwirtschaft ergeben sich verschiedene Herausforderungen. Diese haben ihren Ursprung sowohl in der strukturellen Situation, aber auch in sozialen Faktoren. In den folgenden Abschnitten wird zunächst die strukturelle Situation beleuchtet, im folgenden Kapitel (Interviews mit landwirtschaftlichen Betrieben) das Thema Selbsteinschätzung und Innensicht der Landwirtschaft aufgegriffen.

2.2 VOLKSWIRTSCHAFTLICHE ROLLE DER LANDWIRTSCHAFT Der Deutsche Bauernverband nimmt im Situationsbericht 2016 / 2017 Bezug auf die wirtschaftliche Bedeutung des Agrarsektors.5 Der Anteil der Land- und Forstwirtschaft an der Bruttowertschöpfung mache heute zwar nur 0,6 Prozent und an den Erwerbstätigen rund 1,5 Prozent aus, doch die volks- wirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft sei wesentlich größer. Die Land- und Forstwirtschaft erziele einen Produktionswert von 52 Milliarden Euro. Zum Vergleich wird der Produktionswert der pharmazeutischen Industrie mit 46 Milliarden Euro genannt. Jeder 9. Arbeitsplatz stehe mit dem Agribusiness in Verbindung, wobei das Agribusiness die gesamte Lebensmittelkette und damit alle Schritte von der Urproduktion bis zum Verbraucher umfasse. Weiter wird ausgeführt, dass das Agribusiness einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige sei. Dabei wird auf die 4,6 Millionen Beschäftigten in rund 750.000 Betrieben verwiesen bzw. auf die rund 11 Prozent aller Erwerbstätigen, die direkt oder indirekt damit beschäftigt seien, Menschen mit Essen und Trinken zu versorgen bzw. pflanzliche Rohstoffe für Nicht-Nahrungsmittelzwecke zu erzeugen. Ein Großteil dieser Arbeitsplätze (v.a. in der Landwirtschaft, Gastronomie, Handwerk und Einzelhandel) seien darüber hinaus im ländlichen Raum angesiedelt. Ebenso wird auf die hohe Arbeitsproduktivität der Landwirtschaft hingewiesen. Der Agrarsektor habe, gemessen an der Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen, seine Produktivität in den letzten 20 Jahren stark gesteigert (+72 Prozent). Im Durchschnitt sei die Produktivität in der deutschen Wirtschaft um 42 Prozent gestiegen. Weitere Aspekte werden im Freizeit und Tourismussegment gesehen. Der Landtourismus liege im Trend. Ohne Investitionen ist dies nicht möglich. Das DBV Konjunkturbarometer vom Juni 2017 zeigt einen deutlichen Anstieg und liegt derzeit bei 31,4 Punkten und ist damit nahe den Spitzenwerten aus den Jahren 2011 bis 2014 (Spitzenwert damals 37,2 Punkte).

5 vgl. http://www.bauernverband.de/11-wirtschaftliche-bedeutung-des-agrarsektors-683371

Seite 17 Rund ein Drittel der deutschen Landwirte wollen in den kommenden sechs Monaten investieren. Im Vergleichszeitraum des Jahres 2016 waren es nur 20%. Das für die nächsten sechs Monate geplante Investitionsvolumen liegt bei rd. 4,3 Milliarden Euro. Dies sind 1,3 Milliarden mehr, als im Vergleichs- zeitraum des Vorjahres. Schwerpunkte bei den Investitionen bilden Investitionen in Ställe und Stall- technik und in Maschinen . Dies bildet sich auch im Investgeschehen im Schwarzwald-Baar-Kreis ab. Die Betriebe im Landkreisen nehmen hier schon seit den letzten 10 Jahren in Südbaden eine Spitzenstellung ein.

2.3 UNTERSUCHUNGSCLUSTER Zur besseren Einordnung – auch der Ergebnisse der Interviews mit den landwirtschaftlichen Betrieben – wurden zwei Untersuchungscluster gebildet. „Schwarzwald“ bestehend aus dem Naturraum Schwarzwald und „Baar“ bestehend aus den beiden Naturräumen Neckar- und Tauberland Gäuplatten bzw. Schwäbische Alb.

2.4 GEOGRAFISCHE INDIKATOREN UND SOZIOÖKONOMISCHES UMFELD Der Schwarzwald-Baar-Kreis ist charakterisiert durch seine Lage, die den Mittleren Schwarzwald sowie die Baar umfasst. Im Landkreis entspringen sowohl die Donau als auch der Neckar. Naturräumlich kann der Landkreis dem Schwarzwald als auch den Neckar- und Tauberland Gäuplatten zugeordnet werden. Der Landkreis ist die Heimat vieler mittelständischer Unternehmen, die in ihren spezifischen Branchen zum Teil Marktführer sind. Die Landwirtschaft ist ein Wirtschaftszweig und steht damit in der (Nutzung-) Konkurrenz mit anderen Wirtschaftszweigen in der Region. Um den Stellenwert der Landwirtschaft besser einordnen zu können, wurden zentrale sozioökonomische Indikatoren des Schwarzwald-Baar-Kreises erhoben und aufbereitet. Die Bevölkerungsentwicklung im Schwarzwald-Baar-Kreis ist insgesamt positiv. Ende der 1980er Jahre ergab sich ein deutlicher Anstieg bei den Bevölkerungszahlen, der zuletzt Anfang der 2000er Jahre leicht nachließ, sich aber mittlerweile wieder stabilisiert.

Seite 18 Bevölkerungsentwicklung und -dichte Schwarzwald-Baar-Kreis

350 215.000

300 210.000 Kreis - 250 205.000 Baar -

200 200.000

150 195.000 Bevölkerungsdichte 100 190.000 Einwohner Schwarzwald 50 185.000

0 180.000 1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014

Bevölkerungsdichte Schwarzwald-Baar-Kreis Bevölkerungsdichte Land Baden-Württemberg

Einwohner Schwarzwald-Baar-Kreis

Abbildung 7 – Bevölkerungsentwicklung und -dichte im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Der Schwarzwald-Baar-Kreis ist dem ländlichen Raum zuzuordnen. Die Bevölkerungsdichte liegt rund ein Drittel unter dem Landesdurchschnitt (Schwarzwald-Baar-Kreis: 204 Einwohner je Quadratkilome- ter / Land Baden-Württemberg: 305 Einwohner je Quadratkilometer).

Prozentuale Aufteilung der Altersgruppen Bevölkerung SBK

100%

90% 16% 16% 17% 17% 17% 18% 18% 19% 19% 20% 20% 21% 21% 21% 22% 22% 22% 22% 22% 22% 22% 80%

70% 32% 32% 32% 33% 33% 33% 33% 33% 33% 33% 34% 60% 34% 34% 35% 35% 36% 36% 36% 36% 36% 35% 50%

40% 23% 23% 23% 22% 22% 21% 21% 20% 20% 19% 19% 18% 18% 17% 17% 17% 17% 18% 30% 17% 17% 17% 8% 8% 7% 8% 8% 8% 8% 8% 8% 8% 8% 20% 8% 8% 8% 8% 8% 8% 8% 8% 8% 8% 3% 3% 3% 3% 3% 3% 4% 4% 4% 4% 4% 4% 4% 4% 3% 3% 3% 3% 3% 3% 3% 10% 17% 17% 17% 17% 17% 17% 17% 16% 16% 16% 15% 15% 15% 15% 14% 14% 14% 14% 13% 13% 14% 0% 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

unter 15 15-18 18-25 25-40 40-65 65 u.mehr

Abbildung 8 – Prozentuale Aufteilung der Altersgruppen im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neu- land+ nach Daten des statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Seite 19 Der demographische Wandel zeigt sich auch im Schwarzwald Baar Kreis. Der Anteil der Generation 65+ ist im Zeitraum von 1995-2015 von 16 % auf 22 % gestiegen (Landeswert: 15 % auf 20 %). Der Anteil der 40 bis 65-jährigen stieg von 32 % auf 35 % und der Anteil der 25 bis 40-jährigen von 13 % auf 18 % (Landeswerte: 31 % auf 36 % bzw. 20 % auf 19 %). Erfreulich ist, dass der Anteil der 18 bis 25-jährigen relativ konstant bei rund 8 % und der Anteil der 15 bis 18-jährigen bei rund 4 % liegt (Landeswerte: Anstieg von 8% auf 9 % bzw. konstant 3 %). Die Zahl der Erwerbstätigen hat sich in den vergangenen 15 Jahren (Jahre 2000-2015) insgesamt positiv entwickelt. Waren im Jahr 2000 insgesamt 110.600 Erwerbstätige im Schwarzwald-Baar-Kreis gemeldet, so ist dieser Wert im Jahr 2015 auf 120.100 Erwerbstätige angestiegen.

Erwerbstätige nach Sektoren im Schwarzwald-Baar Kreis in 1.000 (Jahresdurchschnittswerte) 74,7 80 73,6 69,9 69,9 69,8 69,7 69,6 69,1 68,6 70 68,1 69 67,2 65,2 64,7

70 64

60 45,8 44,7 44,4 44,4 44,3 44,1 43,9 43,6 43,4 ,8 2 4 ,8 2 4 ,8 2 4 ,4 2 4 ,1 2 4 ,1 2 4 50 41,8

40

30

20

10 1,9 1,8 1,7 1,7 1,6 1,5 1,5 1,5 1,5 1,4 1,3 1,3 1,3 1,2 1,1 1

0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Land- und Forstwirtschaft; Fischerei Produzierendes Gewerbe Dienstleistungsbereiche

Abbildung 9 – Erwerbstätige nach Sektoren im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Speziell die Dienstleistungsbereiche haben neue Arbeitsplätze geschaffen. Relativ konstant haben sich die Arbeitsplatzzahlen im produzierenden Gewerbe entwickelt. Ganz anders ist die Entwicklung im Sektor Land- und Forstwirtschaft verlaufen: Die Zahl der Erwerbstätigen in diesem Sektor hat sich in den vergangenen 15 Jahren auf zuletzt 1000 Erwerbstätige faktisch halbiert. Erklärbar wird dies zum einen durch einen Rückgang in der Viehhaltung, sowie durch beständige Optimierungen bzw. Effizienzsteigerungen bei den landwirtschaftlichen Betrieben.

Seite 20 Arbeitslosenquote bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen in Prozent

8 7,1

7 6,2 5,7 6 5 4,7 5 3,9 3,9 3,7 3,7 3,6 3,6 3,6 4

3

2

1

0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Abbildung 10 – Arbeitslosenquote im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des statis- tischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Im Zeitraum von 2005-2016 ist die Arbeitslosenquote im Schwarzwald-Baar-Kreis deutlich gesunken. Diese lag im Jahr 2005 bei 7,1 %. Der letzte in der Statistik aufgeführte Wert (2016) liegt bei 3,6 % bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen. Die oben aufgeführten Aussagen beziehen sich jeweils auf den gesamten Schwarzwald-Baar-Kreis. Die beiden Untersuchungsregionen „Schwarzwald“ und „Baar“ unterscheiden sich jedoch in einigen Ausprägungen – insbesondere in solchen, die für die Landwirtschaft und die mit ihr verbundenen Sektoren relevant sind – deutlich voneinander. Auf diese Unterschiede wird in den jeweiligen Abschnitten eingegangen.

2.5 ZENTRALE ASPEKTE DER AGRARSTATISTIK DES SCHWARZWALD-BAAR-KREISES Einer der augenfälligsten Indikatoren für die Situation der Landwirtschaft ist die Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe im Schwarzwald-Baar-Kreis. Die Zahl der Betriebe ist deutlich zurückge- gangen: im Jahr 1999 waren noch knapp 1400 Betriebe aktiv, im Jahr 2016 waren es rund 970.6

6 Zu beachten ist, dass sich speziell bei den Betrieben, die Flächen von weniger als 5 ha bewirtschaften, Unschärfen ergeben können. Diese Betriebe werden in den Statistiken unterschiedlich erfasst. Die übrigen Größenklassen sind hiervon nicht betroffen. Die tatsächliche Zahl der Betriebe ist also höher, als der durch statistische Abgrenzungen entstehende in der Agrarstatistik benannte Wert. Seite 21 Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe im Schwarzwald-Baar-Kreis

1600 1396 1400

1200 1037 968 1000

800

600

400

200

0 1999 2010 2016

Abbildung 11 – Anzahl der von der Statistik erfassten landwirtschaftlichen Betriebe im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg – Abgrenzung in der Agrar- statistik zu den erfassten Betrieben ist zu beachten, 2017

Für die Aufteilung der Haupt- und Nebenerwerbsbetrieb können auf der Grundlage der aktuell verfügbaren statistischen Daten nur Aussagen für den Vergleich der Jahre 1999, 2010 und 2016 gemacht werden. Die Nebenerwerbsbetriebe sind hier leicht im Aufwind (3 % mehr Nebenerwerbs- betrieb im Vergleich 1999 zu 2016).

Größenklassen der landwirtschaftlichen Betriebe im Schwarzwald-Baar-Kreis

500 460 450

400 343 334 350 326 303 300 252 252 250 228 226 215 216

200 183

150

100

37,4 39,6 50 33 28,4 16 14 0 Mit unter 5 ha Fünf bis unter 10 ha Zehn bis unter 20 20 bis unter 50 ha 50 und mehr Durchschnittliche Landfläche Landfläche ha Landfläche Landfläche Hektar Landfläche Betriebsgröße

1999 2010 2016

Abbildung 12 – Größenklassen der landwirtschaftlichen Betriebe im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Seite 22 Der eingetretene Schrumpfungsprozess wirkt sich unterschiedlich auf die verschiedenen Betriebs- größenklassen aus. Ein deutlicher Rückgang hat sich speziell bei den Betrieben ergeben, die weniger als 50 ha bewirtschaften. Im direkten Vergleich der Jahre 1999 zu 2016 hat die Anzahl der Betriebe, die fünf bis unter 10 ha Landfläche bewirtschaftet haben, um 47 % abgenommen. Bei den Betrie- ben, die 10 bis unter 20 ha Landfläche bewirtschaftet haben, hat sich ein Rückgang von 35 % ein- gestellt und bei Betrieben die 20 bis unter 50 ha Landfläche bewirtschafteten, war ein Rückgang von 34 % zu verzeichnen. Dem steht ein Zuwachs von 12 % bei Betrieben, die 50 und mehr Hektar Landfläche in der Bewirtschaftung haben, gegenüber. Zu beobachten ist, dass die durchschnittlich bewirtschaftete Fläche je Betrieb deutlich zunimmt. Diese Entwicklung ist in den einzelnen Städten und Gemeinden unterschiedlich ausgeprägt.

Entwicklung der Betriebsgrößen '99 vs. '16

95 , Prozentuale Veränderung 2 %

100%

90%

80%

70% 52 , 1

60% %

39 , 35 , 35 , 50% 4 36,0% % 32 , 8 4

% % 8 %

40% 25 ,

8 %

30% 15 , 11 , 2 % 8

20% %

10% VVG Furtwangen VVG GVV Raumschaft Triberg St. Georgen St. Gesamter Untersuchungsraum Königsfeld Bad Dürrheim Bad VVG Villingen VVG 0% Vöhrenbach GVB GVB - Schwenningen

Abbildung 13 – Entwicklung der Betriebsgrößen der landwirtschaftlichen Betriebe im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Im Jahr 1999 bewirtschaftete ein landwirtschaftlicher Betrieb im Schwarzwald-Baar-Kreis durchschnitt- lich 28,4 ha. Im Jahr 2016 ist dieser Wert auf 40 ha angestiegen. Damit ergibt sich ein Zuwachs von rund 11 ha je Betrieb, bzw. von durchschnittlich 39,4 %.

Seite 23 Besonders auffallend sind die Entwicklungen in Blumberg und im GVV Donaueschingen. In Blumberg hat sich die durchschnittlich bewirtschaftete landwirtschaftliche nahezu verdoppelt. Im GVV Donaueschingen stieg die im Durchschnitt bewirtschaftete landwirtschaftliche je Betrieb um den Fak- tor 1,5. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Blumberg sank im gleichen Zeitraum von 146 auf 66 Stück. Die Zahl der Betriebe, die bis zu 10 ha Landfläche bewirtschaftet haben, ist um ca. 76 % zurückgegangen. Die Zahl der Betriebe, die zwischen 10 und 20 ha Landfläche bewirtschafteten, ging um rund 67 % zurück. Ein ähnliches Bild zeigt sich im GVV Donaueschingen (Donaueschingen, Bräunlingen, Hüfingen). Hier waren die Betriebe, die weniger als 5 ha Landfläche bewirtschaftet haben, besonders betroffen (Rück- gang von rund 86 %). 7 Insgesamt ist ein Rückgang der aktiven landwirtschaftlichen Betriebe zu verzeichnen. Bezogen auf den gesamten Landkreis wirtschafteten im Jahr 2016 rund ein Drittel weniger Betriebe, als im Jahr 1999.

Entwicklung Anzahl der Betriebe '99 vs. '16 Prozentuale Veränderung Gesamter Untersuchungsraum VVG Villingen VVG GVV Raumschaft Triberg GVB Donaueschingen GVB VVG Furtwangen VVG - Schwenningen Bad Dürrheim Bad Vöhrenbach St. Georgen St. Königsfeld Blumberg

0%

-10% -

-20% 16 , - 18 , 6 % 9 % -

- 25 , 26 ,

-30% - 28 , 4 - - 0 30 , % 30 , - % 32 , 6

- %

2 7 34 , % 0 %

-40% %

7

%

-50% - 54 , 8

-60% %

Abbildung 14 – Prozentuale Entwicklung der Betriebszahlen. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Die geringsten Auswirkungen zeigten sich in der GVV Triberg (-16,6 %) und der VVG Furtwangen (-18,9 %). In der direkten Zusammenschau (vgl. folgende Abbildung) wird der Zusammenhang der beiden zuvor geschilderten Trends besonders deutlich.

7 Auch an dieser Stelle ist auf die Abgrenzungen hinzuweisen, die sich aus der Agrarstatistik speziell für kleinere Betriebe (bis 5ha LF) ergeben können.

Seite 24 Prozentuale Veränderung der durchschnittlichen Betriebsgröße sowie der Anzahl der Betriebe nach Kommunen 1999 vs. 2016 95 , 2 %

100%

80% 52 , 1 % 35 35

60% 36,0% 32 , , 8 4 , 25 8 % % % ,

8

15

40% % 11

, 2 , 8 % %

20%

0%

-20% - 16 , - 18 , 6 - - 25 , 9 % 26 , - % - 28 , 30 , -

32 , 4 0 -

-40% 34 , % % 6 2 % 0 %

% 7

%

-60% - 54 , 8 % -80% VVG Furtwangen VVG GVV Raumschaft Triberg St. Georgen St. GVV Donaueschingen GVV Königsfeld Bad Dürrheim Bad VVG Villingen VVG Vöhrenbach Blumberg - Schwenningen

Prozentuale Veränderung Anzahl Betriebe Veränderung durchschn. Betriebsgröße

Abbildung 15 – Prozentuale Veränderung der durchschnittlichen Betriebsgrößen, sowie der Anzahl der Betriebe im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württem- berg, 2017

Klar erkennbar wird, welche Hebelwirkung sich aus dem Rückgang der Betriebe auf der einen Seite und damit auf die durchschnittliche Betriebsgröße auf der anderen Seite ergibt.

2.6 TIERBESATZ, LANDWIRTSCHAFTLICHE PRODUKTE UND FLÄCHENNUTZUNG Der Viehbestand hat sich im Zeitraum von 1999 bis 2016 im Schwarzwald-Baar-Kreis insgesamt verringert. Im Jahr 1999 waren noch 33.520 GV im Landkreis erfasst. Bis zum Jahr 2016 sank dieser Wert um 18 % auf 27.430 GV.

Seite 25 Anzahl Tiere nach Tierarten (GVE) Schwarzwald-Baar Kreis 1999 - 2016 (1) 66.217

70.000

60.000

50.000 38.880 33.522 34.110 32.488 32.193 31.785 40.000 30.391 28.173 27.431 22.148

30.000 19.287 14.060 12.770 12.455 20.000 6.972 3.185 3.492 3.319 1.634 1.600 1.145 10.000 1.095 989 541 533

0 Viehbestand Rinder Milchkühe Schweine Zuchtsauen Schafe Einhufer Ziegen Hühner insgesamt (in GVE)

Tierbestand 1999 Viehbestand 2010 Viehbestand 2016

Abbildung 16 – Anzahl der Tiere nach Tierarten in GV im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Hervorzuheben ist die Entwicklung bei den Schafen (-52,4 %), Hühnern (-51,4 %), Zuchtsauen (-49,8 %) und Schweinen (-36,5 %). Rinder (-18,25 %) und Milchkühe (-9,17 %) unterlagen ebenfalls einen Rückgang, dieser war jedoch weniger deutlich ausgeprägt.

Seite 26 Entwicklung Tierbesatz (GV) '99 vs. '16 Prozentuale Veränderung

5% 0 , 7 %

VVG Furtwangen VVG GVV Raumschaft Triberg St. Georgen St. Gesamter Untersuchungsraum Königsfeld Bad Dürrheim Bad VVG Villingen VVG Vöhrenbach

0% Blumberg GVB Donaueschingen GVB

-5% - Schwenningen

-10% -

-15% 14 , 1 - % 15 , - 16 ,

5 % 1 %

- 18 ,

-

-20% 2 19 , - - % 19 , 19 , 2

% 7 8 - % 21 , %

1 %

-25%

-30%

-35% - 35 , 8 %

-40%

Abbildung 17 – Prozentuale Entwicklung des Tierbesatzes im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neu- land+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Der stärkste Rückgang im Tierbesatz hat sich in Bad Dürrheim (-35,8 %) eingestellt. Die anderen Städte und Gemeinden liegen nahe bzw. knapp über dem Durchschnittswert des Landkreises (-18,2 %). Die einzige Ausnahme ist Königsfeld. Hier hat sich eine minimale Erhöhung des Tierbesatzes ergeben (0,75 %).

Seite 27 Prozentuale Veränderung Betriebe und Tiere (GV) Schwarzwald-Baar Kreis 1999 - 2016

Viehbestand insgesamt (in GVE) Rinder Milchkühe Schweine Zuchtsauen Schafe Einhufer Ziegen Hühner 0,2 10 , 72 %

0,1

0 - 1 , 48 %

-0,1 - 9 - , 17 % 10 , - 12 , 40 %

24 % - - 18 , 18 , -0,2

17 % 25 % - 23 ,

-0,3 71 %

- -0,4 36 , 54 % - 39 ,

57 % - 43 , 28 % -0,5 - 49 , - - 50 ,

51 , - 76 % 52 , - 52 , 38 % 53 % 40 %

98 %

-0,6

-0,7 - 73 ,

-0,8 64 % - 78 ,

83 %

-0,9

Veränderung Betriebe 1999/2016 Veränderung Viehbestand 1999/2016

Abbildung 18 – Prozentuale Veränderung Betriebe und Tiere im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neu- land+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Im Vergleich der Veränderungen bei den viehhaltenden Betrieben zu den Veränderungen im Tierbesatz fällt auf, dass der Rückgang der viehhaltenden Betriebe größer ist, als der Rückgang im Viehbesatz.

Seite 28 Durchschnittlicher Viehbesatz (GV) je Betrieb 1999 vs. 2016

VVG Villingen-Schwenningen 36,8%

VVG Furtwangen 0,0%

GVV Raumschaft Triberg 7,9%

GVB Donaueschingen 62,8%

Königsfeld 35,6%

Vöhrenbach 14,8%

St. Georgen 21,6%

Blumberg 110,8%

Bad Dürrheim 47,1%

Gesamter Untersuchungsraum 35,4%

0% 20% 40% 60% 80% 100% 120%

Abbildung 19 – Durchschnittlicher Viehbesatz (GV) je Betrieb im Vergleich. Es gibt keine statistischen Werte für die VVG Furthwangen. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

In der Konsequenz ist in allen Städten und Gemeinden des Untersuchungsgebiets der durchschnitt- liche Viehbesatz je Betrieb gestiegen. Besonders auffallend ist dabei die Entwicklung in Blumberg (+110,8 %), der GVV Donaueschingen (+62,8 %) und Bad Dürrheim (+47 %).

Seite 29 2.7 ANBAUFLÄCHEN, ACKER- BZW. GRÜNLAND UND FELDFRÜCHTE Die deutlichsten prozentualen Veränderungen bei der Anbaufläche im Schwarzwald-Baar-Kreis im Vergleich der Jahre 1999 zu 2016 haben sich in Dauchingen (-25 %) und (-17 %) ergeben. In den übrigen Städten und Gemeinden sind geringe Zuwächse (0,6 % bis 8,5 %) bzw. Rückgänge (-0,5 % bis 13,6 %) zu beobachten.

Prozentuale Veränderung der Anbaufläche im Schwarzwald-Baar Kreis 1999 zu 2016 Furtwangen i. Schwarzwald i. Furtwangen Schwarzwald Schwarzwald Schönwald i. Schwarzwald i. Schönwald Schonach i. Schwarzwald i. Schonach Schwarzwald Villingen Triberg i. Schwarzwald Baar Plus Donaueschingen - Schwenningen Niedereschach Bad Dürrheim Bad Unterkirnach - - Bräunlingen Vöhrenbach Dauchingen Möchweiler Georgen St. Gemeinden Gemeinden - Gütenbach Königsfeld Baar Kreis Blumberg Tuningen Hüfingen

15% 8 , 5 %

10% 3 , 5 % 1 1 ,

9 5% , 6 0 0 % % , , 7 6

% %

0% - 0 - - - 1 , 1 1 5 , , , 0 % 1 1 % % % -

3

-

, 3

-5% 1 , % 7 - % 5

, - 1

6 - % , 6 0 - , 7 % 5 -

, 7 % 2 ,

% 7

-10% %

- 10 , - 3 11 , % - 13 , 7

- % -15% 13 , 0

% 6 %

- 17 ,

-20% 3 %

-25% - 25 , 2 % -30%

Abbildung 20 – Prozentuale Veränderungen der Anbauflächen im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Seite 30 Wesentlich deutlicher sind im Vergleich dazu die prozentualen Veränderungen beim Ackerland in den einzelnen Städten und Gemeinden.

Prozentuale Veränderung Ackerland im Schwarzwald-Baar Kreis 1999 zu 2016 Furtwangen i. Schwarzwald i. Furtwangen Schwarzwald Schwarzwald Schönwald i. Schwarzwald i. Schönwald Schonach i. Schwarzwald i. Schonach Schwarzwald Villingen Triberg i. Schwarzwald Baar Plus Donaueschingen - Schwenningen Niedereschach Bad Dürrheim Bad Unterkirnach - - Bräunlingen Vöhrenbach Dauchingen Möchweiler Georgen St. Gemeinden Gemeinden - Gütenbach Königsfeld Baar Kreis Brigachtal Blumberg Tuningen Hüfingen 4 , 2 3 2 , %

10% , 6 2 % %

0% - 0 , 4 - % 3 , - - 5 5 - 5

6 % , , 4 , -10% 5 1 % %

- % - 9 10 ,

,

6 % - 1 13 , %

3

-20% %

- 21 , 6 % -

-30% 27 ,

- 28 , 1 % - 7 32 , %

4 -40% %

- 39 , 5 % - 45 ,

- -

-50% 47 , 47 , - 5 48 , % 4 8 % 7

% %

-60%

-70% - 76 ,

-80% - 78 , 2 % 3 %

- 84 ,

-90% 6 %

Abbildung 21 – Prozentuale Veränderungen beim Ackerland im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neu- land+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

In Furtwangen im Schwarzwald ist die ausgewiesene Fläche an Ackerland um 85 % zurück- gegangen. In Schönwald im Schwarzwald und Schonach im Schwarzwald belief sich die Änderung jeweils auf mehr als 76 %. Einen Zuwachs an ausgewiesenem Ackerland gibt es nur in wenigen Fällen. Zumeist überwiegt ein Rückgang um 15-50 %. Für den gesamten Schwarzwald-Baar-Kreis liegt der Durchschnitt bei -27 % (Vergleich 1999 zu 2016), in den Gemeinden, die dem Untersuchungscluster „Schwarzwald“ zuzuordnen sind bei knapp -49 % und bei jenen, die der Baar zugeordnet werden können bei -5,5 %.

Seite 31 Veränderung Dauergrünland Schwarzwald-Baar-Kreis 1999 zu 2016 Furtwangen i. Schwarzwald i. Furtwangen Schwarzwald Schwarzwald Schönwald i. Schwarzwald i. Schönwald Schonach i. Schwarzwald i. Schonach Schwarzwald Villingen Triberg i. Schwarzwald Baar Plus Donaueschingen - Schwenningen Niedereschach Bad Dürrheim Bad Unterkirnach - - Bräunlingen Vöhrenbach St. Georgen St. Möchweiler Dauchingen Gemeinden Gemeinden Gütenbach Königsfeld - Brigachtal Baar Kreis Blumberg Tuningen Hüfingen 12 , 12 , 15% 8 % 0

%

9 , 8 %

7

10% , 3 % 5

, 7 % 4 ,

4 % 3 ,

1 2 % 5% , 4 % 1

1,7% , 1 5

, % 0 %

0% - 0 , 8 - 1 - % - 2 , 2 6 , -

, 0 % 2 - 2 % 3 , % 7 ,

0 %

-5% %

- 6 , 7 %

-10% - 10 , - 2 11 , % -

4 12 , - - % 13 , 13 , 4

% 4 1 % -15% %

Abbildung 22 – Prozentuale Veränderungen beim Dauergrünland im Schwarzwald-Baar-Kreis 1999 - 2016. Wegen eines statistischen Sonderfalls (vgl. Text unten) keine Angaben für Dauchingen und Möchnweiler möglich. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Für Dauchingen und Mönchweiler ergibt sich eine Sondersituation. Da sich in einem der beiden Orte eine statistisch signifikante Veränderung beim Dauergrünland ergeben hat, wurde vom Statistischen Landesamt kein Wert für den aktuellen Flächenbestand benannt. Um Rückschlüsse auf die Verände- rung noch weiter zu erschweren, wurde auch in einem anderen Ort keine Angabe zu den aktuellen Flächen beim Dauergrünland benannt. Deshalb sind in dem obigen Diagramm keine Angaben zum Bestand Dauergrünland in diesen beiden Orten aufgeführt. Aus diesem Grund wird auf die letzten zur Verfügung stehenden Daten zurückgegriffen. In diesem Fall auf die Veränderung im Zeitraum 1999 zu 2010.

Seite 32 In den übrigen Städten und Gemeinden haben sich Veränderungen (maximal -13,4 % in Unterkir- nach bzw. +12,8 % in Brigachtal – jeweils bezogen auf die Veränderung 1999 zu 2016) ergeben. Im gesamten Schwarzwald-Baar-Kreis ist die für Dauergrünland ausgewiesene Fläche um rund 11 % zurückgegangen, in den Schwarzwaldgemeinden um knapp 13 % und auf der Baar um rund 9,5 %. Beim Anbau von Feldfrüchten haben sich, bis auf wenige Ausnahmen, häufig nur geringe prozentuale Veränderungen ergeben, was für eine Konstanz beim Anbau spricht.

Schwarzwald-Baar-Kreis Prozentuale Veränderungen beim Anbau ausgewählter Feldfrüchte auf Ackerland 1999 zu 2016 Winterweizen (inkl.Winterweizen Dinkel) Gartenbauerzeugnisse (3) Pflanzen zur Grünernte zur Pflanzen Weizen insgesamt Handelsgewächse Sommergerste Hülsenfrüchte Wintergerste Hackfrüchte Getreide (2) Winterraps Kartoffeln Brache (4) Ölfrüchte Tritikale Silomais Roggen Hafer Hafer 21,24% 25,00%

20,00% 12 , 83 %

15,00%

10,00% 3 , 95 % 1 1 1 0 , , , 80 % 0

61 % 34 % , 0 , 90 % 57 %

5,00% , 32 %

0,00% - - - - - 0 - - 0 - 0 0 0 0 - , 0 0 - 04 % 0 , - , - , , , 29 % 38 % 0 46 % , 1 , 04 % 1 - 11 % , 89 % 40 % 45 % 1 , , - , 96 % 03 % 2 08 % , 53 % ,

40 %

-

-5,00% 3

- - , -

4

4 79 % 5

,

, , 50 % 65 % 15 % - 6 , - 57 % -

7 - 7

8 , - -

, 74 % 95 % 8 8 -10,00% , 31 % , ,

84 % 52 % - 10 ,

73 %

-15,00%

- 14 , - 80 % 16 ,

-20,00% 52 %

Schwarzwald - Gemeinden Baar Plus - Gemeinden Abbildung 23 – Prozentuale Veränderungen beim Anbau ausgewählter Feldfrüchte auf Ackerland im Schwarz- wald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Sowohl im Schwarzwald als auch auf der Baar wird weniger Getreide angebaut. Ein deutlicher Unterschied ergibt sich beim Hafer. Der Anbau ist bei den Schwarzwaldgemeinden deutlich zurück- gegangen. Auf der Baar haben sich aber kaum Veränderungen ergeben. Speziell auf der Baar ist der Anbau von Handelsgewächsen, Ölfrüchten und Winterraps zurückgegangen. Gewonnen haben dort Pflanzen zur Grünernte und Silomais.

Seite 33 2.8 VERSORGUNGSBILANZ SCHWARZWALD-BAAR-KREIS Die Bevölkerungszahl im Schwarzwald-Baar-Kreis wächst, die landwirtschaftlichen Flächen werden kleiner und regionale Produkte liegen im Trend. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie es um den Selbstversorgungsgrad mit landwirtschaftlichen Gütern bestellt ist.

2.8.1 GETREIDE Im Jahr 2010 haben die Ackerbaubetriebe im Schwarzwald-Baar-Kreis einen Durchschnittsertrag von 70dt/ha erwirtschaftet. Die Mühlenbetriebe in der Region haben die Weiterverarbeitung übernommen und damit kurze Transportwege sichergestellt.

Selbstversorgungsgrad Getreide (2010) 148 % 160%

140%

120% 102%

100%

80% 63 %

60%

40%

20%

0% Bundesrepublik Baden-Württemberg Schwarzwald-Baar-Kreis

Abbildung 24 – Selbstversorgungsgrad Getreide im Jahr 2010. Grundlage: Datenbereitstellung Landwirtschaft- samt Schwarzwald-Baar-Kreis, eigene Darstellung neuland+ 2017

Der Selbstversorgungsgrad bei Getreide lag im Jahr 2010 im Schwarzwald-Baar-Kreis bei 148%, in Baden-Württemberg bei 63% und bundesweit bei 102%. Die Baar ist immer noch die Kornkammer Badens.

Seite 34 2.8.2 KARTOFFELN Die Anbaufläche für Kartoffeln nahm im Schwarzwald-Baar-Kreis im Zeitraum von 1999 bis 2010 um rd. 48% ab. Ursächlich dafür sind u.a. die saisonalen Preisschwankungen und die Aufwendungen für die Lagerhaltung.

Selbstversorgungsgrad Kartoffeln 112 % 120%

100%

80%

60% 34 %

40% 16 %

20%

0% Bundesrepublik (2012) Baden-Württemberg (2012) Schwarzwald-Baar-Kreis (2009)

Abbildung 25 – Selbstversorgungsgrad Kartoffeln (verschiedene Jahre). Grundlage: Datenbereitstellung Landwirt- schaftsamt Schwarzwald-Baar-Kreis, eigene Darstellung neuland+ 2017

Bundesweit lag der Selbstversorgungsanteil bei Kartoffeln im Jahr 2012 bei 112%, in Baden-Würt- temberg im gleichen Jahr bei 34% und im Schwarzwald-Baar-Kreis bei 16% (Jahr 2009).

Seite 35 2.8.3 FLEISCH Bundesweit ist die Versorgung mit Rind- und Schweinefleisch gesichert. Der Selbstversorgungsgrad liegt hier bei über 100%.

Selbstversorgungsgrad Fleisch

140% 119 % 118 % 107 %

120%

100%

80% 61 % 52 %

60%

40% 17 %

20%

0% Bundesrepublik (2013) Baden-Württemberg (2013) Schwarzwald-Baar-Kreis (2013)

Rind Schwein

Abbildung 26 – Selbstversorgungsgrad Fleisch. Grundlage: Datenbereitstellung Landwirtschaftsamt Schwarzwald- Baar-Kreis, eigene Darstellung neuland+ 2017

In Baden-Württemberg liegt die Selbstversorgungsquote deutlich niedriger (rd. 61% bei Rindfleisch bzw. 52% bei Schweinefleisch). Im Schwarzwald-Baar-Kreis spiegelt sich die vorherrschende Form der Tierhaltung auch in den Selbstversorgungsgraden wieder: Der SVG für Rindfleisch liegt bei knapp 120%, der für Schweinefleisch bei 17% (jeweils bezogen auf das Jahr 2013).

Seite 36 2.8.4 MILCH Der Selbstversorgungsgrad bei Frischmilcherzeugnissen ist über die Jahre beständig gewachsen. Bun- desweit lag der SVG im Jahr 2013 bei 123%.

Selbstversorgungsgrad Milch

450% 385 %

400%

350%

300%

250%

200% 123 %

150%

100% 60 %

50%

0% Bundesrepublik (2013) Baden-Württemberg (2009) Schwarzwald-Baar-Kreis (2011)

Abbildung 27 –Selbstversorgungsgrad Frischmilchprodukte (verschiedene Jahre). Grundlage: Datenbereitstellung Landwirtschaftsamt Schwarzwald-Baar-Kreis, eigene Darstellung neuland+ 2017

Im Jahr 2009 konnte landesweit ein Selbstversorgungsgrad von 60% erreicht werden. Dem gegen- über steht ein SVG von über 380% (Jahr 2011) im Schwarzwald-Baar-Kreis. Angegeben wurde, dass bei dem SVG für den Landkreis die Käseproduktion nicht berücksichtigt wurde und es sich deshalb um eine überschlägige Angabe handeln würde.

Seite 37 2.9 ENTWICKLUNG DER LANDWIRTSCHAFTSFLÄCHEN IM SCHWARZWALD-BAAR-KREIS Prosperierende Dienstleistungsunternehmen, produzierendes Gewerbe und Handel zeigen ihre Wirkung auch in den Kommunalstatistiken. Seit dem Jahr 2000 wurden Wohngebiete in einem Umfang von über 500 ha, Gewerbegebiete mit über 200 ha und Verkehrsflächen von knapp 250 ha neu geschaffen.

Schwarzwald-Baar Kreis - Absolute Veränderung exemplarischer Flächenanteile (Angaben in ha, 1996)

1300 136 136 136 133 243 123 85 238 84 233 223 217 218 198 800 208 197 82 193 196 161 163 202 167 158 177 152 135 145 98 124 132 44 100 103 300 43 510 439 473 59 379 396 411 424 288 170

-200 -556

-986

-1.239 -1.280 -1.349 -700 -1.441 -1.488 -1.524 -1.558

-1200

-1700 2004 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Absolute Veränderung Wohnen (ha) Absolute Veränderung Gewerbe, Industrie (ha)

Absolute Veränderung Landwirtschaftsfläche (ha) Absolute Veränderung Waldfläche (ha)

Absolute Veränderung Verkehrsfläche (ha) Absolute Veränderung Erholungsfläche (ha)

Abbildung 28 – Absolute Veränderung exemplarischer Flächenanteile im Schwarzwald-Baar-Kreis; Eigene Darstellung neuland+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Seite 38 Im gleichen Zeitraum war ein Verlust landwirtschaftlich genutzter Flächen in der Größenordnung von 1.600 ha zu beobachten. Die größten absoluten Flächenverluste ergaben sich in Donaueschingen und Villingen-Schwenningen sowie in Schönwald im Schwarzwald. Rund 200 ha Wald sind im gleichen Zeitraum neu entstanden.

Absolute Veränderung ausgewählter Flächenbestandteile nach Kommunen Sortiert nach absolutem Verlust der Landwirtschaftsfläche (Angaben in ha - Veränderung 2004 zu 2015)

100

50

5 0 -2 -2 -12 -11 -7 -19 -18 -27 -26 -24 -36 -34 -42 -42 -38 -38 -59

-89 -50 -109

Erholungsfläche Verkehrsfläche Waldfläche Landwirtschaftsfläche Gewerbe u. Industrie Wohnen -100 Schonach i. Schwarzwald i. Schonach Schönwald i. Schwarzwald i. Schönwald Furtwangen i. Schwarzwald i. Furtwangen Triberg i. Schwarzwald St. Georgen St. Möchweiler Unterkirnach Königsfeld Niedereschach Brigachtal Bad Dürrheim Bad Vöhrenbach Gütenbach Blumberg Bräunlingen Donaueschingen Hüfingen Tuningen Dauchingen Villingen - Schwenningen

Abbildung 29 - Absolute Veränderung ausgewählter Flächenbestandteile nach Kommunen auf Grundlage der Da- ten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg geordnet nach Verlusten bei der Landwirtschaftsfläche im Zeitraum 2004 zu 2015

In Relation zur jeweiligen Gemarkungsgröße gesetzt, zeigt sich ein anderes Bild. Die größten Verluste an landwirtschaftlicher Fläche sind bei dieser Betrachtung in Schönwald im Schwarzwald, Triberg im Schwarzwald, Tuningen und Niedereschach zu verzeichnen.

Seite 39 3% Relative Veränderung ausgewählter Fächenbestandteile nach Kommunen (Angaben in % bezogen auf jeweilige Gesamtfläche - Veränderung 2004 zu 2015)

2%

1% 0,52%

0% -0,11% -0,10% -0,22% -0,15% -0,43% -0,36% -0,60% -0,58% -0,54% -0,53% -0,71% -0,68% -0,63% -1,04% -1,15% -1,10% -1,26% -1,22% Erholungsfläche -1% -2,12% Verkehrsfläche

Waldfläche

Landwirtschaftsfläche -2% Gewerbe u. Industrie

Wohnen Furtwangen i. Schwarzwald i. Furtwangen Triberg i. Schwarzwald Schonach i. Schwarzwald i. Schonach Schönwald i. Schwarzwald i. Schönwald St. Georgen St. Möchweiler Hüfingen Unterkirnach Königsfeld Niedereschach Brigachtal Tuningen Dauchingen Villingen Bad Dürrheim Bad Vöhrenbach Gütenbach Blumberg Bräunlingen -3% Donaueschingen - Schwenningen

Abbildung 30 - Veränderung ausgewählter Flächenbestandteile nach Kommunen normiert auf die jeweilige Ge- meindefläche auf Grundlage der Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg geordnet nach Verlus- ten bei der Landwirtschaftsfläche im Zeitraum 2004 zu 2015. Eigene Berechnungen, neuland+ 2017.

Die beiden Spitzenreiter beim „absoluten Flächenverlust“ Donaueschingen und Villingen-Schwennin- gen rangieren bei dieser Betrachtungsweise auf den mittleren Rängen. Die geringsten Veränderun- gen stellen sich in Unterkirnach, Gütenbach und Vöhrenbach ein. In Möchweiler konnte sogar ein Zuwachs an Landwirtschaftsfläche – hier verbunden mit einem entsprechenden Verlust an Waldfläche – verzeichnet werden. Mit dieser Entwicklung ist nicht nur der Schwarzwald-Baar-Kreis konfrontiert. „Der größte Teil der Landwirtschaftsfläche, der in den ersten 15 Jahren dieses Jahrhunderts einer anderen Nutzung zugeführt wurde, ging zur Siedlungs- und Verkehrsfläche. Allein in den vier Naturräumen Obere Gäue, Neckarbecken, Kraichgau und nördliche Rheinebene wurden 13.615 ha Landwirtschaftsfläche umgewidmet, und zwar fast ausschließlich in Siedlung- und Verkehrsfläche (12.837 ha).“8

8 https://www.statistik-bw.de/Service/Veroeff/Monatshefte/PDF/Beitrag17_02_06.pdf

Seite 40 Kaufwerte für landwirtschaftliche Grundstücke (EUR / ha) im Schwarzwald-Baar-Kreis seit 2005 17.446 20.000 18.000 13.432 13.059 16.000 12.836 11.816 11.357 11.058 10.877 10.647

14.000 10.290 9.474 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000

0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Abbildung 31 – Kaufwerte für landwirtschaftliche Flächen im Schwarzwald-Baar-Kreis. Eigene Darstellung neu- land+ nach Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, 2017

Die Kaufwerte für landwirtschaftliche Grundstücke sind seit dem Jahr 2005 kontinuierlich gestiegen. Im Jahr 2014 konnte der bisherige Spitzenwert von rund 17.500 € je Hektar erzielt werden. Im Jahr 2015 ist der Kaufwert auf 13.050 € je Hektar – dies ist ungefähr das Niveau des Jahres 2013 – gefallen. Die Einschätzung geht dahin, dass die Kaufwerte für landwirtschaftliche Flächen in Zukunft tendenziell weiter steigen werden. Zur besseren Einordnung: unter allen Landkreisen in Baden-Württemberg führen die Landkreise Ludwigsburg, Böblingen, Biberach, Rhein-Neckar und Alb-Donau mit durchschnittlichen Bodenpreisen zwischen 12.100 € je Hektar bis 13.100 € je Hektar.9 Entscheidend für den Preis sind neben der Bodenqualität auch die jeweilige Parzellengröße und die Nutzungsart. Für Ackerland wird im Landesdurchschnitt ein merklich höherer Kaufpreis entrichtet als für Grünland. Die Agrarstrukturerhebung 2016 kommt zu dem Ergebnis, dass die Pachtquote in ganz Baden- Württemberg stagniert, die Pachtentgelte allerdings steigen. Insbesondere bei Neuverpachtungen werden deutlich höhere Pachtbeiträge vereinbart. Das Pachtentgelt beträgt im Jahr 2016 im Mittel aller Nutzungsarten 237 € je Hektar und liegt damit fast ein Zehntel (+9,7 %) über dem Niveau des Jahres 2013.10

9 vgl. http://www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2016200

10 vgl. http://www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2017140 Seite 41 3 INTERVIEWS MIT LANDWIRTSCHAFTLICHEN BETRIEBEN

Um zu einer besseren Einschätzung der zuvor genannten statistischen Daten zu gelangen, wurden Interviews mit landwirtschaftlichen Betrieben geführt. 24 Betriebe, davon 13 im Untersuchungsraum „Schwarzwald“ und 11 im Untersuchungsraum „Baar“, erklärten sich dazu bereit, an den Interviews teilzunehmen. Die Fragestellungen orientierten sich dabei zum einen an den betrieblichen Strukturen, zum anderen aber auch an qualitativen Indikatoren (Zufriedenheitssituation, Belastungen, etc.).

3.1 AUSGEWÄHLTE ERGEBNISSE DER INTERVIEWS Einleitend werden einige der zentralen Ergebnisse der Interviews als Schlaglichter herausgegriffen, um darzustellen an welchen Stellen sich Übereinstimmungen bzw. Abweichungen bei den beiden Untersuchungsräumen ergeben.11

3.1.1 Art der Bewirtschaftung Die Betriebe im Untersuchungsraum „Baar“ wirtschaften überwiegend konventionell, wohingegen die befragten Betriebe im „Schwarzwald“ eher ökologisch bewirtschaften.

3.1.2 Zufriedenheit Einkommenssituation Ein Betriebsleiter gab in den Interviews an, mit der Einkommenssituation sehr zufrieden zu sein. Eine weitere Gruppe zeigte sich mit der Einkommenssituation zufrieden (etwa gleiche Anteile in beiden Untersuchungsräumen).

Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe mit der eigenen Einkommenssituation normiert entsprechend der Anzahl der befragten Betriebe

Sehr zufrieden Zufrieden Eher unzufrieden Sehr unzufrieden

Schwarzwald Baar Abbildung 32 – Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe zur Zufriedenheit mit der eigenen Einkommenssitu- ation. Eigene Darstellung neuland+ 2017

11 Alle Aussagen beziehen sich auf die interviewten Betriebe und nicht auf die Gesamtheit aller Betriebe im Schwarzwald-Baar-Kreis. Befragt wurden 13 Betrie- be im Schwarzwald (darunter zwei Nebenerwerbsbetriebe) und 11 Betriebe auf der Baar (darunter ein Nebenerwerbsbetrieb).

Seite 42 Der überwiegende Teil der Interviewpartner ist mit der Einkommenssituation eher unzufrieden bzw. sehr unzufrieden. Thematisiert wurden die relativ langen Arbeitszeiten und die – gemessen an der erbrachten Leistung – in einem schlechten Verhältnis stehende Entlohnung. Ebenso benannt wurden Engpässe bei der Vermarktung der erzeugten Produkte. Auch die Abhängigkeit von Marktmechanis- men wurde an dieser Stelle angeführt.

3.1.3 Einkommensentwicklung Hinsichtlich der Einkommensentwicklung (gesamt, d.h. aus der Landwirtschaft und den diversifizierten Betriebszweigen) gehen die meisten Betriebe von einer neutralen Entwicklung aus.

Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe zur Einkommensentwicklung normiert entsprechend der Anzahl der befragten Betriebe

Steigend Neutral Fallend Keine Angabe

Baar Landwirtschaft Schwarzwald Landwirtschaft Schwarzwald Diversifiziert Baar Diversifiziert

Abbildung 33 – Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe zur Einkommensentwicklung sowohl aus der Land- wirtschaft, wie auch aus den diversifizierten Betriebszweigen. Eigene Darstellung neuland+ 2017

Der Anteil der Betriebe, die insgesamt von einer steigenden Entwicklung ausgehen ist höher als der jener Betriebe, die von einer insgesamt fallenden Entwicklung ausgehen. Als Ursache für die positive Einschätzung werden die Einnahmen aus den diversifizierten Betriebsbereichen genannt. Gerade auf der Baar wurde von den Betrieben, die sich im Energiebereich diversifiziert hatten, angegeben, dass die Einnahmen nach der EEG-Vergütung wesentlich zur Stabilisierung der Einnahmesituation beitragen würden.

Seite 43 3.1.4 Wettbewerbsfähigkeit Die Betriebsleiter schätzen die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Betriebe insgesamt gut (in einzelnen Fällen auch sehr gut) ein.

Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe der eigenen Wettbewerbsfähigkeit normiert entsprechend der Anzahl der befragten Betriebe

Sehr gut Gut Neutral Eher schlecht Sehr schlecht

Schwarzwald gesamt Baar gesamt

Abbildung 34 – Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe zur eigenen Wettbewerbsfähigkeit. Normiert auf An- zahl der befragten Betriebe (sowohl Haupt- als auch Nebenerwerbsbetriebe). Eigene Darstellung neuland+ 2017

Dem gegenüber stehen vor allem im Schwarzwald etwa gleichviele Meldungen in der Kategorie „neutral“ und einige der Kategorie „eher schlecht“ bzw. eine Meldung in der Kategorie „sehr schlecht“.

Seite 44 3.1.5 Zukunftssicherheit Auf die Frage nach der Zukunftssicherheit antworteten sowohl die Betriebe auf der Baar wie auch im Schwarzwald mit „sehr zukunftssicher“ bzw. „bedingt zukunftssicher“.

Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe zur Zukunftssicherheit normiert entsprechend der Anzahl der befragten Betriebe

Sehr zukunftssicher Bedingt zukunftssicher Eher weniger zukunftssicher Nicht zukunfssicher

Schwarzwald Baar

Abbildung 35 – Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe zur Zukunftsfähigkeit des eigenen Betriebs. Eigene Darstellung neuland+ 2017

Auch hier wurden Meldungen in den Kategorien „eher weniger zukunftssicher“ bzw. „nicht zukunfts- sicher“ gegeben. Damit ergibt sich ein ähnliches Bild wie bei der Wettbewerbsfähigkeit.

Seite 45 3.1.6 Körperliche und psychische Belastung Es wurde um eine Selbsteinschätzung zur körperlichen wie auch psychischen Arbeitsbelastung gebeten.

Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe zur körperlichen Belastung (Betriebsleitung und Lebenspartner)

Sehr hoch Hoch Mittel Gering Sehr gering

Lebenspartner körperliche Belastung (Schwarzwald) Betriebsleitung körperliche Belastung (Schwarzwald) Lebenspartner körperliche Belastung (Baar) Betriebsleitung körperliche Belastung (Baar)

Abbildung 36 - Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe der körperlichen Belastung. Eigene Darstellung neuland+ 2017

Die körperliche Arbeitsbelastung wird zumeist als „Hoch“ bzw. „Mittel“ eingestuft. Die Betriebsleiter gaben an, dass die körperliche Belastung durch die zunehmende Mechanisierung nachgelassen habe. Tendenziell empfanden die Betriebsleiter im Schwarzwald die körperliche Belastung höher als ihre Berufskollegen auf der Baar. Die Lebenspartner empfanden die körperliche Belastung tendenziell geringer als die Betriebsleiter, wobei die gegebenen Antworten den Kategorien „Mittel“, „Hoch“ und „Sehr hoch“ zugeordnet waren und nur in einem Fall als „Gering“ beschrieben wurden.

Seite 46 Gefragt wurde auch nach einer Selbsteinschätzung der psychischen Belastung. Die Antworten hierzu sind im Gegensatz zur körperlichen Belastung mit höheren Klassifizierungen unterlegt.

Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe zur psychischen Belastung (Betriebsleitung und Lebenspartner)

Sehr hoch Hoch Mittel Gering Sehr gering

Lebenspartner psychische Belastung (Schwarzwald) Betriebsleitung psychische Belastung (Schwarzwald) Lebenspartner psychische Belastung (Baar) Betriebsleitung psychische Belastung (Baar)

Abbildung 37 - Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe der psychischen Belastung. Eigene Darstellung neuland+ 2017

Sowohl die Betriebsleiter als auch die Lebenspartner empfinden die psychische Belastung als „hoch“ bis „sehr hoch“. Die Kategorien „mittel“ bzw. „gering“ wurden deutlich seltener gewählt. Die psychische Belastung wird auf unterschiedliche Ursachen zurückgeführt. Genannt wurde beispiels- weise die wirtschaftliche Situation, der Wettbewerbsdruck, Kontrollen und Überwachung, die Wetter- abhängigkeit / Trockenheit in den vergangenen Jahren und der Verzicht auf Urlaub und Freizeit. Als Gründe für eine mittlere bzw. geringere psychische Belastung wurden hingegen die Diversifizie- rung des Betriebes und die damit verbundene breiter aufgestellte Einkommenssituation genannt. Ursachen für die körperliche Belastung sind in der Bewirtschaftung von Hanglagen, der hohen Ar- beitsbelastung insbesondere in Spitzenzeiten und in den mitunter langen Arbeitstagen begründet. Insgesamt aber habe die körperliche Belastung, wie bereits oben ausgeführt, abgenommen.

Seite 47 3.1.7 Image Die Betriebsleiter schätzen das Image ihrer Betriebe überwiegend positiv / mit hoher Zufriedenheit ein.

Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe mit dem Image des eigenen Betriebs normiert entsprechend der Anzahl der befragten Betriebe

Sehr zufrieden Zufrieden Neutral Eher unzfrieden Sehr unzufrieden

Schwarzwald Baar

Abbildung 38 - Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe zur Zufriedenheit mit dem Image des eigenen Betriebs. Eigene Darstellung neuland+ 2017

Auch wenn keiner der Interviewpartner ausgesprochen unzufrieden war, zeigen die Meldungen in den Kategorien „eher unzufrieden“ bzw. „neutral“, dass hier aus Sicht der Interviewpartner Handlungsbe- darfe bestehen. Die Gründe für diese Einschätzungen sind sehr individuell und vom jeweiligen Betrieb abhängig.

Seite 48 3.1.8 Akzeptanz Befragt nach der Akzeptanz der Landwirtschaft generell (nicht nur des eigenen Betriebs) in der eigenen Wohngemeinde, zeigten sich die meisten Interviewpartner zufrieden bzw. sehr zufrieden.

Selbsteinschätzung der interviewten Betreibe zur Akzeptanz der Landwirtschaft in der eigenen Wohngemeinde normiert entsprechend der Anzahl der befragten Betriebe

Sehr zufrieden Zufrieden Neutral Eher unzufrieden Sehr unzufrieden

Schwarzwald Baar

Abbildung 39 - Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe zur Akzeptanz der Landwirtschaft in der eigenen Wohngemeinde. Eigene Darstellung neuland+ 2017

Insgesamt war der Zufriedenheitsgrad bei dieser Frage im Untersuchungsraum Schwarzwald höher als auf der Baar. Dort wurden durchaus auch negative Antwortmöglichkeiten zu der Fragestellung genutzt (eher unzufrieden bzw. sehr unzufrieden).

Seite 49 3.1.9 Imageverbessernde Maßnahmen Einigkeit besteht, dass der Bedarf an imageverbessernden Maßnahmen hoch bzw. sehr hoch ist.

Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe zum Bedarf an imageverbessernden Maßnahmen normiert entsprechend der Anzahl der befragten Betriebe

Sehr hoher Bedarf Hoher Bedarf Geringer Bedarf Kein Bedarf

Schwarzwald Baar

Abbildung 40 - Selbsteinschätzung der interviewten Betriebe zum Bedarf imageverbessernder Maßnahmen. Eige- ne Darstellung neuland+ 2017

Die Betriebe auf der der Baar sehen überwiegend einen sehr hohen Bedarf, wohingegen die Betriebe im Schwarzwald überwiegend einen hohen Bedarf sehen. Einigkeit besteht, bis auf zwei Ausnahmen, dass Maßnahmen zur Imageverbesserung in die Umsetzung gelangen sollten.

Seite 50 3.1.10 Konfliktfelder und Intensität der Konflikte Die Frage nach potenziellen Konflikten und deren Intensität nahm in den Interviews eine wichtige Rolle ein.

Einschätzung der Konfliktintensitäten gewichtet und normiert für die Untersuchungsräume "Schwarzwald" und "Baar" (normiert nach der Anzahl der befragten Betriebe) Bewilligungsbehörden Siedlungsentwicklung Landwirtschaftsamt Landwirtschaftliche Wasserwirtschaft EU Betriebe Veterinäramt Wohnumfeld Naturschutz - Kontrollen Tourismus Sonstiges Einschätzung Konfliktintensität

Gewichtete Einschätzung Schwarzwald Gewichtete Einschätzung Baar

Abbildung 41 – Gegenüberstellung der Konflikteinschätzung (normiert auf Anzahl der Betriebe, Intensität der Konflikte gewichtet wie unten dargestellt) in den Untersuchungsräumen „Schwarzwald“ und „Baar“. Eigene Darstellung neuland+ 2017

Um die Ergebnisse für beide Untersuchungsräume gegenüberstellen zu können, wurde zum einen eine Gewichtung der jeweiligen Meldungen vorgenommen (d.h. ein sehr stark ausgeprägt empfundener Konflikt wird viermal höher bewertet als ein nur schwach ausgeprägter Konflikt und auf die Anzahl der befragten Betriebe normiert. Es ergeben sich zwei unterschiedliche Profile für die Konfliktsituationen in den beiden Untersuchungsregionen. Im Schwarzwald bestehen die vorrangigen Konflikte im Tourismus, im Zusammenhang mit anderen landwirtschaftlichen Betrieben, mit Bewilligungs- bzw. Genehmigungs- behörden, sowie bei der Wasserwirtschaft. Das „Konfliktprofil“ auf der Baar sieht Konflikte im Zusammenhang mit anderen landwirtschaftli- chen Betrieben, des Naturschutzes und der Siedlungsentwicklung im Vordergrund stehen. Weite- re Konfliktfelder, die von den Interviewpartnern auf der Baar angesprochen wurden, bezogen sich beispielsweise auf die Windkraft, sich aus dem Ökokonto der Kommunen ergebende Konflikte und auf Generationenkonflikte in der Landwirtschaft. Hinsichtlich der zu entwickelnden Maßnahmen wird sich deshalb die Herausforderung ergeben, auf die jeweiligen Untersuchungsräume zugeschnittene Lösungen zu entwickeln.

Seite 51 3.1.11 Weitere Aspekte in Schlaglichtern Für eine erneute Berufswahl zum „Landwirt“ sprechen sich die meisten Interviewpartner aus. Als Gründe für eine erneute Berufswahl werden häufig die Gründe angegeben, die auch für die initi- ale Berufswahl genannt wurden. Das Arbeiten mit der Natur und Tieren, die Selbstständigkeit und das Unternehmertum sind typische Motivationslagen, die in den Interviews geäußert wurden. Diese intrinsische Motivation ist höher als die körperliche und psychische Belastung und die ggf. vorhandene Unzufriedenheit mit der Einkommenssituation. Als Gründe gegen die erneute Berufswahl wurden ökonomische Aspekte sowie die Unwägbarkeiten, die die Landwirtschaft mit sich bringt, genannt. Im Bereich der beruflichen Weiterbildung hat sich gezeigt, dass nicht nur Fachthemen im Mittelpunkt des Interesses stehen. Input zu administrativen Aufgabenstellungen, zur Büroorganisation und nicht zuletzt zu Soft-Skills und Marketing wurden ebenfalls als Weiterbildungsbedarfe benannt.

3.2 TEIL 3 – WEITERE ERGEBNISSE, DIE AUF BEIDE UNTERSUCHUNGSRÄUME ZUTREFFEN

3.2.1 Unterstützung bei der Konfliktbewältigung Die Zusammenarbeit oder „Schnittstelle“ zum Landwirtschaftsamt wird insgesamt als gut eingeschätzt. Die meisten Problemstellungen wurden aber in Eigenregie gelöst. Genannt wurden auch BLHV und die Gemeinden als mögliche Unterstützer bei einzelnen Themenstellungen.

3.2.2 Weitere Einzelthemen im Kontext Konflikte und Konfliktbewältigung In den Interviews wurden auch verschiedene Einzelthemen angesprochen, die hier in der Zusammen- fassung dargestellt sind: • Naturdenkmale: Gewünscht wird, ein realistischer Umgang damit, der auch der Landwirtschaft noch Möglichkeiten lässt. • Wasserversorgung: Aus dem Kreis der Interviewpartner im Schwarzwald wurde geäußert, dass nach deren Empfinden die Wasserversorgung im Außenbereich nicht einheitlich geregelt sei. Einheitliche Regelungen seien wünschenswert • Die Instandhaltung von landwirtschaftlichen Wegen sei nicht immer gewährleistet. • Den „Behörden“ müsse bewusst werden, dass der Schwarzwald anders sei, als die Baar.

3.2.3 Erwartungen an Gemeindeverwaltung Als Erwartungen an die Gemeindeverwaltung wurde unter anderem formuliert, dass lokale / private Initiativen besser vernetzt werden sollten. Auch sollten regionale Produkte Einzug in die Rathäuser halten. Der Wunsch ist, dass Genehmigungsverfahren schneller umgesetzt werden sollten. Angeregt wurde auch, die Wertschätzung und das Verständnis für die Landwirtschaft in die Verwaltung zu tragen. Gelder für den Feldwegebau sollten zweckgebunden eingesetzt werden und der Feldwegebau sollte besser abgestimmt sein.

Seite 52 3.2.4 Erwartungen an das Landratsamt Als Erwartungen an das Landratsamt wurde die stärkere Vernetzung der einzelnen Behörden bzw. Ämter genannt. Eine bessere Koordination, beispielsweise von Genehmigungsverfahren, würde sicherlich zu einer schnelleren Bearbeitung führen. Hierzu wurden auch Abstimmungsgespräche gemeinsam mit allen beteiligten Ämtern vorgeschlagen. Die Abstimmung zum Naturschutzgroß- projekt sollte verbessert werden. Nach den Kontrollen durch das Amt auch eine Beratung durch das Amt erfolgt. Thematische Arbeitskreise, z.B. für Mutterkuhhaltung, sollten gegründet bzw. durch das Amt initiiert werden.

3.3 ZUSAMMENFASSUNG STRUKTURANALYSE In die Strukturanalyse sind unterschiedlichste Informationen eingegangen. Als zentrale Ergebnisse haben sich die folgenden Punkte herausgestellt, die relevant für die Strukturprognose wie auch für die abzuleitenden Ziele und Maßnahmen sind. Landwirtschaft als Wirtschaftszweig: Die Anzahl der Beschäftigten im primären Sektor hat sich seit dem Jahr 2000 halbiert. Heute sind noch rd. 1.000 Erwerbstätige im primären Sektor beschäftigt. Eine niedrige Arbeitslosenquote und prosperierende Unternehmen in der Region begünstigen bzw. bieten Beschäftigungsalternativen vor Ort. Potenziell wird dies die Gewinnung von Arbeitskräften für die Landwirtschaft erschweren und ist sicherlich auch ein Thema bei der Frage der Betriebsnach- folge. Gleichwohl ist mit den Beschäftigungsalternativen auch eine stabilisierende Wirkung auf die Nebenerwerbsbetriebe verbunden. Konzentration auf größere landwirtschaftliche Einheiten mit größerem Tierbesatz: Die Land- wirtschaft im Schwarzwald-Baar-Kreis folgt dem allgemeinen Trend hin zu größeren Einheiten. Zwar kann ein grundsätzlicher Rückgang des Tierbesatzes beobachtet werden, die Tiere verteilen sich auf weniger Betriebe (überproportionaler Rückgang der Betriebszahlen gemessen an dem Rückgang des Tierbesatzes), denen weniger Landwirtschaftsfläche zur Bewirtschaftung zur Verfügung steht. Bei der Anbaufläche generell, beim Ackerland und auch beim Grünland haben sich z.T. sehr deutliche Veränderungen ergeben. „Hauptabnehmer“ der landwirtschaftlichen Flächen ergeben sich aus der Umwidmung in Wohngebiete, Gewerbe- und Verkehrsflächen. Die Kaufwerte für landwirtschaftliche Flächen steigen permanent. Sie sind von unterschiedlichen Faktoren wie Parzellengröße, Bodenwer- ten und Bewirtschaftbarkeit, abhängig. Entsprechend den vorliegenden statistischen Informationen konsolidiert sich der Pachtmarkt. Selbsteinschätzung, Selbstbild und soziale Funktion der Landwirtschaft: In den Interviews hat sich häufig eine intrinsische Motivation für die Berufswahl gezeigt. In beiden Untersuchungsclustern zeigen sich viele Gemeinsamkeiten, bei den Konfliktfeldern durchaus auch unterschiedliche Muster. Das positive Selbstbild und die positiven Selbsteinschätzungen zum Image des eigenen Betriebs kol- lidieren an der Feststellung, dass für die „Landwirtschaft insgesamt“ imagefördernde Maßnahmen erforderlich sind. Die sozialen Funktionen der Landwirtschaft12 werden beispielsweise beim Erhalt des Landschaftsbilds – auch als kulturelles Erbe – in der Wissens- und Informationsvermittlung gesehen. Auch auf ganz praktischer Ebene, bei der Mitarbeit in den Vereinen und Verbänden der Dörfer und Gemeinden, zeigt sich die soziale Funktion der Landwirtschaft.

12 vgl. https://www.uni-hamburg.de/onTEAM/grafik/1107511876/biogum_fb_2004_09.pdf

Seite 53 4 KÜNFTIGE HERAUSFORDERUNGEN – STRUKTURPROGNOSE

Die Landwirtschaft war schon immer einem gewissen Strukturwandel unterworfen. Reagiert hat sie auf die sich verändernden Rahmenbedingungen mit Anpassungen und Optimierungen, die zum aktuellen Status quo geführt haben. Das Erreichen des gegenwärtigen Standes ist geprägt durch vollzogene Adaptionsprozesse auf wirtschaftlicher, gesellschaftlich / politischer und institutioneller Ebene. In diesem Abschnitt wird der Frage nachgegangen wie es weitergeht – Wie wird sich die Landwirt- schaft insgesamt und wie im Schwarzwald-Baar-Kreis entwickeln? Welche Strukturen werden zukünftig vorherrschend sein, wird die „bäuerliche Landwirtschaft“ von einer „industrialisierten Landwirtschaft“ abgelöst? Werden die Rechtsformen der Betriebe vielfältiger und welche Rolle wird die Landwirtschaft im sozialen Gefüge spielen?

4.1 GRUNDLEGENDE HERAUSFORDERUNGEN DER LANDWIRTSCHAFT Die Herausforderungen mit denen die Landwirtschaft umgehen muss, lassen sich in vier funktionale

Bereiche zusammenfassen.

Sel bst te ver flik stä

on nd

lk n e is Zi • e G rn es te e

x ll

E sc h • a e f t tl ik ic fl h

n e

o A lk n e i e Z r k e e n n r n

e u t

n Zielkonflikte Identität n I g

g

n

u

g r

e d r

g ö l F o b Märkte Förderung e l a l l e e i

r r

e H t a a n m d

e im

l

• & . re g g re io

n •

a ik l t e li M po

är ar

k r

te Ag

ik

d

ho t rme Förde

Abbildung 42 – Grundlegende Herausforderungen der Landwirtschaft. Eigene Darstellung neuland+, 2017

Seite 54 Zielkonfikte: In der Landwirtschaft bestehen sowohl „interne“ wie auch „externe“ Zielkonflikte. Ein Beispiel für interne Zielkonflikte kann in der Konkurrenzsituation landwirtschaftlicher Betriebe untereinander gesehen werden, wenn es um den Erwerb, die Pacht bzw. die Bewirtschaftung von Flächen geht. Ein anderes Beispiel ist das Spannungsfeld von optimierter, ökonomischer Landwirt- schaft, Biodiversität, Umwelt- und Naturschutz. Externe Zielkonflikte zeichnen sich beim Flächenverbrauch bzw. der Umnutzung von landwirtschaft- lichen Flächen ab, genauso aber an der gesellschaftlichen Akzeptanz der Landwirtschaft, sowie bei potentiellen Nutzungskonkurrenzen – etwa im Zusammenspiel mit dem Tourismus. Identität: Das Selbstverständnis und der ethische Kompass für das eigene Handeln sind bei Landwir- tinnen und Landwirten stark ausgeprägt. Es deckt sich aber nicht in jedem Fall mit dem kollektiven Wissen der Gesellschaft und dem darin verankerten, teils sehr stark romantisierten Bild der Landwirt- schaft. So wird die gesellschaftliche Anerkennung für die Leistungen der Landwirtschaft von den betei- ligten Gruppen ganz unterschiedlich wahrgenommen. Greifen die Medien ein Skandal auf, sind häufig pauschale Vorverurteilungen der gesamten Landwirtschaft die Folge. Die Divergenz aus romantisier- tem Bild der Landwirtschaft, den daraus erwachsenden Verbrauchererwartungen und den Realitäten einer zeitgemäßen Landwirtschaft ist entsprechend groß. Förderung: Agrarpolitik von Land, Bund und Europäischer Union bedingen Prämien und Subventionen, die auf der einen Seite die Landwirtschaft unterstützen, aber auch sehr viele komplexe Fragestellun- gen und Managementaufgaben mit sich bringen. Eine Förderung der Landwirtschaft erfolgt auch auf regionaler und häufig immaterieller Ebene. Die Beratungsleistungen des Landwirtschaftsamtes sind ein Beispiel dafür. Märkte: Die Zeit von geschützten Märkten, umfangreichen Quotenregelungen und anderen marktregulierenden Maßnahmen ist vorüber. Die Landwirtschaft muss deshalb Konzepte entwickeln, wie sie beispielsweise mit Importen von Bio-Milch zurechtkommt und auf die immer wahrscheinlicher werdenden Erweiterungen von internationalen Handelsabkommen reagiert. Chancen bieten sich an dieser Stelle durch den eindeutigen Kundenwunsch nach regionalen, hochwertigen und verlässlichen Produkten. Die oben beschriebenen Herausforderungen können einerseits als Treiber, andererseits als Folge des Strukturwandels verstanden werden.

4.2 PROGNOSEN ZUR ENTWICKLUNG DER LANDWIRTSCHAFT IN DEUTSCHLAND Einschätzungen und Prognosen zu den generellen Entwicklungstendenzen und Herausforderungen in der Landwirtschaft sind breit gefächert und hängen häufig von dem Fokus der jeweiligen Diszip- lin, aus der die Einschätzung stammt, ab. Letztlich stehen die Prognosen unter dem Vorbehalt, dass bestimmte Rahmenbedingungen eingehalten werden können oder überhaupt eintreten. Wegen der politischen und regulatorischen Dynamik können sich diese Randbedingungen kurzfristig verändern. Grundsätzlich unbestritten ist die Funktion der Landwirtschaft.“Die planmäßige Bewirtschaftung des Bodens sowie die die Viehhaltung mit dem Ziel der Gewinnung pflanzlicher und tierischer Produkte zur Bedarfsdeckung der Menschheit.13

13 vgl. Lexikon der Geographie / Spektrum.de, 2017 (http://www.spektrum.de/lexikon/geographie/landwirtschaft/4609)

Seite 55 Grundlegende und über die verschiedenen Fachdisziplinen hinweg konsensfähige Aussagen sind möglich, haben aber qualitativen Charakter. So wird die Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe auch weiterhin abnehmen. Es gibt nach wie vor einen Pool kleiner Betriebe mit geringen Einkommensmög- lichkeiten und genauso Betriebe mit ungesicherter oder ungeklärter Hofnachfolge. Die von diesen Betrieben häufig an der Wirtschaftlichkeitsgrenze bewirtschafteten Kapazitäten werden mit großer Wahrscheinlichkeit kurz- bis mittelfristig von größeren Betrieben absorbiert werden. Ein weiterer Treiber ist die Arbeitsmarktsituation. Die außerlandwirtschaftliche Beschäftigungsla- ge wird durch die wirtschaftliche Konjunktur begünstigt. Ausstiegsmöglichkeiten aus der Landwirt- schaft sind, regional unterschiedlich verteilt, generell vorhanden. Die Aufgabe des Betriebs kann auch schrittweise vollzogen werden, etwa indem der Betrieb im Nebenerwerb weitergeführt wird. Das konjunkturelle Hoch hat darüber hinaus zur Folge, dass die Beschaffung von Arbeitskräften für die Landwirtschaft häufig nicht mehr lokal gesichert werden kann. Die Flächenknappheit trägt dazu bei, Böden gegebenenfalls zu verpachten, statt sie selbst zu bearbeiten. In einzelnen Fällen kann auch die Überführung in andere Nutzungsarten (zum Beispiel Wohngebiete) ein starker Anreiz sein, Flächen aufzugeben und zu monetarisieren. Komplexere Verwaltungsvorgänge, steigende formale Anforderungen und eine gewandelte Fördermethodik haben zur Folge, dass einige Betriebsleiter vor der Zeit Betriebe übergeben oder aufgeben. Ebenso ungebrochen ist der Trend, den eigenen Betrieb zu vergrößern. Limitierend ist dabei grund- sätzlich das endliche Flächenangebot, die Nutzungskonkurrenzen mit anderen Sektoren (Gewerbe, Industrie, wohnwirtschaftlicher Bereich). Nebenerwerbsbetriebe unterliegen einem geringeren Wachstumsdruck als dies bei Haupterwerbs- betrieben der Fall ist. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass auch in Zukunft ein hoher Anteil an Nebenerwerbsbetrieben existieren wird. Limitierend kann sich an dieser Stelle die bereits oben angesprochenen Anforderungen bei fachlicher Weiterbildung, Dokumentation und Kontrollen herausstellen. Veränderungen sind bei den Rechtsformen, in denen die Betriebe geführt werden, zu erwarten. Diese werden zukünftig deutlich vielfältiger sein, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Neben den „klassischen“ Einzelunternehmen gewinnen andere Rechtsformen mehr und mehr an Bedeutung. Vorantreiben werden diese Entwicklung Betriebe, die in kooperative Formen einsteigen bzw. vor allem, die stark diversifiziert sind und aus betrieblichen Erwägungen heraus die einzelnen Standbeine klar voneinander abgrenzen. Der Kapitaleinsatz je Arbeitskraft liegt in der Landwirtschaft bereits auf einem hohen Niveau und wird weiter steigen. Treiber dafür sind die fortschreitende Mechanisierung, Automatisierung und Digitalisierung. Um möglichst optimal wirtschaften zu können, werden zukünftig weitere Investitionen erforderlich sein. Der Trend zu höheren Bestandsgrößen bei tierhaltenden Betrieben wird sich weiter fortsetzen. Die Intensität wird dabei in den unterschiedlichen Sparten (zum Beispiel Milchviehhaltung, Schweinemast, Geflügel) deutlich variieren. Eine zunehmend größere Rolle werden die Tierhaltung und das Tierwohl spielen – Aspekte, an denen sich auch die Verbrauchererwartungen reflektieren und die mit Anpassungskosten verbunden sind. Ein limitierender Faktor, der speziell in Veredelungs- gebieten eine Rolle spielen wird, sind die maximal zulässigen Bestandsgrößen, die sich aus erteilten Genehmigungen und weiteren Verordnungen ergeben. Ein Trend ist auch die Umstellung hin zum Bio-Betrieb. In diesem Kontext gibt es formulierte Entwick- lungsziele auf Bundesebene (Zielvorgabe: 20% Anteil ökologische Bewirtschaftung). Dies kann für die Betriebe, die eine höhere Wertschöpfung mit der Umstellung erreichen können, eine Alternative zur

Seite 56 konventionellen Bewirtschaftung sein. Produktlinien wie Frischmilch oder Fleisch profitieren, neben der Regionalität, insbesondere auch von anerkannten Bio-Labels. Auf der Ebene der Nachhaltigkeits-Governance kann die Betrachtung kommunaler Ernährungssysteme ein Schlüsselmoment hin zu einem integrativen Ansatz sein. Betrachtet werden dabei die vielfältigen ernährungsbezogenen Aktivitäten und Beziehung zwischen allen relevanten Akteursgruppen. Derzeit wird im Rahmen des Verbundprojekts „KERNiG“ das kommunale Ernährungssystem der Städte Leut- kirch im Allgäu und Waldkirch im Breisgau untersucht.14

4.3 IMPACT-THEMEN FÜR DIE LANDWIRTSCHAFT Einige Themenbereiche werden sich besonders intensiv auf die zukünftige Gestaltung der Landwirtschaft auswirken. Landwirtschaft 4.0, Trends in der Tierhaltung, Herausforderungen im Betriebsmanagement und Kommunikationsstrategien sind Beispiele dafür.

4.3.1 Markt- und Produktionsausrichtung Das Nebeneinander von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft wird weiterbestehen. Die Anteile des Ökolandbaus werden sich bei anhaltender Nachfrage weiter erhöhen (nationales Ziel: 20 %). Wichtig wird dabei sein, inwieweit regionale Wertschöpfungsketten aufgebaut bzw. vorhandene – vor allem in Bereich der Verarbeitung – weiterentwickelt werden können. Ein Beitrag zur Innovationsförderung kann auch durch die Kooperationen mit Hochschulen oder Entwicklungsver- bünden (EIP = Europäische Innovationspartnerschaft) entstehen. Anreize werden sich potenziell auch aus verschiedenen Marktfleischprogrammen ergeben. Fleisch mit Qualitätskriterien (z.B. g.g.A. – geschützte geografische Angabe) steigt zunehmend in der Verbrauchergunst. Marktfleischprogramme unterstützen dies, da sie den Verbrauchern Transparenz bieten und Vertrauen in ein hochwertiges Lebensmittel schaffen. In der Vermarktung werden sich durch den Wandel vom stationären Handel zum Online-Handel neue Geschäftsmodelle ergeben bzw. werden neue Anforderungen an die Wertschöpfungsketten gestellt.

4.3.2 Digitalisierung der Landwirtschaft – Landwirtschaft 4.0 Die enormen Steigerungsraten bei der Arbeitseffizienz in der Landwirtschaft wären ohne eine fortwährende Optimierung, Automatisierung und letztlich Digitalisierung nicht erreichbar gewesen. Die Digitalisierung ist einer wenn nicht der große Zukunftstrend in der Landwirtschaft. Landwirt- schaft 4.0 setzt jedoch voraus, dass die erforderliche Infrastruktur speziell in ländlichen Räumen zur Verfügung steht. Gerade im Anwendungsfall der Landwirtschaft kommen hier unterschiedlichste Bedarfslagen zusammen. Daten müssen dezentral und mobil erfasst werden können, dafür braucht es entsprechend gut ausgebaute und verlässliche mobile Dateninfrastruktur (4G). Darüber hinaus müssen große Datenmengen auch dezentral verfügbar gemacht werden können. Dies setzt ebenfalls eine gute und verlässliche Internetanbindung voraus. Schnelles Internet ist zukünftig kein Thema, das exklusiv für den urbanen Raum gedacht werden muss. Derzeit stehen vor allem einzelne, komplexe Prozes- sabläufe und deren Überwachung bzw. Erfassung in Echtzeit im Fokus. Zukünftig werden nicht mehr nur die einzelne Anwendung, sondern ganze Prozessabschnitte und in der Konsequenz ganze Wert- schöpfungsketten als ein Super-System (System von Systemen) zu überwachen und zu managen sein.

14 vgl. KERNiG – Kommunale Ernährungssysteme als Schlüssel zu einer umfassend-integrativen Nachhaltigkeits-Governance. (https://www.envgov.uni-freiburg.de/de/prof-envgov/forschung/kernigprojekt)

Seite 57 5 4 System von Systemen

Produkt- Agrarmanagementsystem 3 system Bewässerungssystem

Intelligentes Pflanzmaschinen Saatgutoptimierungssystem 2 vernetztes Mähdrescher Produkt Pflüge Wetterdatensystem Intelligentes Landmaschinen- 1 Produkt Landmaschinensystem system

Produkt  Sensoren für Feuchtigkeit, Temperatur etc.  Wetterkarten  Wettervorhersagen  Wetter-Applikationen  Leistungsdatenbank für Agrarbetrieb  Saatdatenbanken  Saatoptimierungs- anwendungen  Bodensensoren  Bewässerungsknoten  Bewässerungs- anwendungen

Abbildung 43 - Digitalisierung der Landwirtschaft. Eigene Darstellung neuland+ in Anlehnung an Harvard Business Manager 12/2014

„Big Data“ ist kein Schlagwort mehr, das nur für die Industrie gebraucht werden kann. Für die landwirtschaftliche Produktion liegt der Vorteil vor allem in der Verknüpfung von Flächendaten mit produktionstechnischen Informationen. Dies lässt beispielsweise Rückschlüsse auf die op- timale Menge an Dünge- und Pflanzenschutzmitteln zu und trägt zur Optimierung des Gesamtsystems bei. Auch für eine der Kernanforderungen der Landwirtschaft, für die Logistik, wird die Vernetzung unterschiedlicher Systeme nicht erst mittelfristig von gro- ßer Priorität sein. Langfristig werden Erntemaschinen und die Flächenbearbeitung von autonomen Einheiten erledigt und der Mensch so von monotonen Arbeiten entlastet. Insgesamt wird die Digitalisierung dazu beitragen, dass die Landwirtschaft noch effizienter, noch ressourcen- schonender und letztlich noch transparenter wird. Eine weitere große Chance besteht in der einfacheren Analyse ganzer Produktionszweige. Das Fahren von Auswertungen wird durch den einheitlichen und allumfassenden Datenbestand stark vereinfacht. Basierend darauf können Entscheidungen über Ausbau, Outsourcing von Leistungen oder die Einstellung einzelner Produktions- zweige als informierte Entscheidung getroffen werden.

Seite 58 Die Digitalisierung kann auch den Effekt haben, dass die Kooperation einzelner Betriebe nachhaltig unterstützt wird, da Betriebsabläufe kooperativ geplant und nachverfolgt werden können. Gleichwohl werden mit der Digitalisierung der Landwirtschaft auch neue Herausforderungen auf die Betriebe zu kommen. Der Landwirt muss neben seiner Rolle als Manager, dann auch in die Rolle des IT-Spezialisten schlüpfen. Darüber hinaus muss sich jeder landwirtschaftliche Betrieb intensiv mit Fragen des Daten- schutzes und der Datensicherheit beschäftigen. Vor diesem Hintergrund werden sich neue Qualifikati- on- und Beratungsbedarfe in der Landwirtschaft ergeben.

4.3.3 Zukunftsfähige Tierhaltung Der gesellschaftliche und wissenschaftliche Diskurs über die aktuellen und zukünftig als angemessen empfundenen Formen der Tierhaltung wird sich fortsetzen. Es ist davon auszugehen, dass nicht mehr die „Massentierhaltung“ als generell empfundener Missstand kritisiert wird, sondern eine deutlich differenzierte Betrachtung hinsichtlich Tierbeständen, Haltungsformen und mit ihnen verbundenen Rahmenbedingungen der Fütterung, Belüftung oder Bewegungsfreiheit der Tiere erfolgt. In diesem Zusammenhang werden Haltungsformen, die Attribute wie Tiergerechtigkeit und Tierwohl präferieren, in den Vordergrund treten. Um dies zu erreichen, müssen verschiedene Aufgaben in Angriff genommen werden: Aus betrieblicher Sicht ist die Umstellung auf neue Haltungssysteme mit Anpassungskosten verbunden. Die Bereitschaft zur Umstellung wird also vor allem dann steigen, wenn die Implementierung solche Haltungssysteme auch monetär honoriert wird. Unklar ist, ob die Endverbraucher bereit sind, den erforderlichen „Mehrwert“ aus dem eigenen Geldbeutel beizusteu- ern. Die Entwicklungen der kommenden Jahre werden zeigen, inwieweit das Spannungsfeld aus Tier- und Umweltschutz, Tiergerechtigkeit bzw. Tierwohl und ökonomischen Markterfordernissen aufgelöst bzw. überwunden werden kann. Die Umstellung setzt darüber hinaus den Kompetenzerwerb bei den landwirtschaftlichen Betrieben voraus, der organisiert werden muss. Die Genehmigungsbehörden sind in diesem Kontext gefordert, die Umsetzung solcher Haltungssysteme zu unterstützen. Speziell dort wo Flächennut- zungskonkurrenzen aufeinandertreffen, werden auch die Emissionen aus der Tierhaltung wesentlich deutlicher als bisher zum Thema werden. Emissionsvermeidung wird dadurch zu einer weiteren Managementaufgabe. Der Standard für 2030 werden nicht mehr haltungsformenbezogene (Platzkennziffern), sondern tierbezogene Indikatoren (Gesundheit, Unversehrtheit, Langlebigkeit etc.) sein. Es wird ein „intaktes, unversehrtes gesundes Tier in bedarfs- und verhaltensgerechten Haltungen mit getrennten Funktions- und Klimabereichen in sozialverträglichen Gruppen“ gewünscht (Borell 2017). Die Nutztierhaltung ist zukunftsfähig, wenn sie eine gesellschaftliche Akzeptanz durch Anpassung der gesellschaftlichen Erwartungen mit der Realität der Tierhaltung und durch eine offensive Verbraucheraufklärung erfährt – und dies auch bei angespannten wirtschaftlichen Verhältnissen.

Seite 59 4.3.4 Umwelt- und Naturschutz Hier weisen die bereits vorliegenden politischen Nachhaltigkeitsziele den Weg. Die Vereinten Nationen streben eine nachhaltige Landwirtschaft an, welche die Welternährung sichert, aber Umwelt und Biodiversität nicht überlastet. Die EU-Biodiversitätsstrategie und die Nationale Strategie für die biologische Vielfalt wollen eine Trendumkehrung und den Stopp weiterer Artenverluste. Die nationalen Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung beinhalten Zielgrößen wie 100 % des Indikators „Artenvielfalt und Landschafsqualität“, 70kg/ha Stickstoffüberschuss auf Landwirtschafts- flächen bis 2028; 20% ökologischer Landbau, minus 80-95 % Treibhausgas-Emissionen bis 2050 gegenüber 1990. Bereits rechtlich verbindliche Umweltziele sind zu erreichen: Luft – bis 2030 gegenüber 2005: Stichoxide minus 65 %, Ammoniak minus 29%, Feinstaub minus 43% (EU-NERC Richtlinie 216/2284); Grundwasser: max. 50 mg/l Nitrat und max. 0,5 µg/l Pestizide im Grundwasser (EU-Grundwasser- Richtlinie 2006/118); Oberflächengewässer mit gutem ökologischen und chemischen Zustand, max. 50 mg (nat. OberflächengewässerV), Atmosphäre: minus 14 % Treibhausgas-Emission bis 2020 gegenüber 2005 (Rat der EU 406/2009). „Vielfalt“ wird deshalb zukünftig eine wesentlich größere Rolle spielen – sowohl was die ange- bauten Kulturarten, als auch die angewendeten ackerbaulichen Verfahren betrifft. So wird die Rol- le des mechanischen Pflanzenschutzes und präventiver ackerbaulicher Maßnahmen zukünftig an Bedeutung gewinnen. In Verbindung mit einer stärkeren Digitalisierung der Landwirtschaft kann durch den Einsatz geeigneter Sensorik eine wesentlich genauere Dosierung von Pflanzenschutzmitteln und Dünger erfolgen, als dies bisher der Fall ist. Nicht nur durch die Bewirtschaftung der Flächen und ackerbauliche Methoden, sondern durch gezielte Maßnahmen zur Erhöhung des ökologischen Inventars wird die Biodiversität gesteigert, Rückzugs- möglichkeiten für Tiere und Vögel geschaffen. Die Gestaltung, Pflege und das Management dieser Flächen wird eine weitere Aufgabe für die Landwirtschaft werden. Insgesamt wird ein kontinuierlicher Know-How-Zuwachs im Bereich umweltgerechter Produktion und ökologischer Landschaftsgestaltung durch Weiterbildung sowie umweltbezogene Beratung gefordert sein. Auch die Kommunikation mit dem ehrenamtlichen wie mit dem hauptamtlichen Naturschutz wird sich intensiveren.

4.3.5 Kommunikation, Transparenz und mediale Präsenz Kommunikation, Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und mediale Präsenz sind im Zeitalter sozialer Medien keine Aufgabe mehr, die ausschließlich und exklusiv durch die berufsständischen Verbände und Vereinigungen betrieben und organisiert wird. Betriebliche Realität und romantisiertes Bild der Landwirtschaft sind in vielen Bereichen divergent. Die Gesellschaft nimmt die Landwirtschaft nur parti- ell war, da die Landwirtschaft schon lange nicht mehr „im Ort“ ist, sondern durch Aussiedlungen nur noch aus der Ferne wahrnehmbar ist. Wenn die Landwirtschaft hingegen wahrgenommen wird, dann ist dies häufig mit negativen Attribu- ten belegt. So wird Landwirtschaft in der gesellschaftlichen Wahrnehmung schnell zur Agrarindustrie, die ausschließlich den Fokus auf Optimierung der Erträge hat und bei der das Tierwohl und Natur eine nachrangige Rolle spielen. Die Landwirtschaft reagiert in der Regel auf diese Situation defensiv – sowohl was die Akzeptanz der Verbraucherwünsche angeht, die Nachjustierung der gesellschaftlichen Erwartungen und die Gestaltung der Meinungslandschaft.

Seite 60 Um zu informieren und im Idealfall zu diskutieren, müssen zunächst Informationen vermittelt werden. Wie oben ausgeführt kann dies durch berufsständische Verbände geschehen, wünschenswerter ist aber die direkte Kommunikation und mediale „Öffnung“ der Betriebe. Das Image der Landwirtschaft ist insgesamt gut. Zukünftig wird jeder einzelne landwirtschaftliche Betrieb dazu aufgerufen sein, an diesem positiven Image mit zu arbeiten. Jeder Beitrag zur Wissensvermittlung über die Landwirtschaft – egal auf welchem Weg – trägt dazu bei, Vorurteile abzubauen und den existierenden Wissensdefi- ziten zu begegnen. Weitere Bausteine in diesem Kontext sind Tage des offenen Hofes, Lernort Bauernhof und das gezielte Angebot an Schulen, Vereine und Verbände sich direkt vor Ort über die Landwirtschaft zu informieren.

4.4 FOLGEN DES REGIONALEN STRUKTURWANDELS IM SCHWARZWALD-BAAR-KREIS Die oben für das Bundesgebiet skizzierten Auswirkungen des Strukturwandels werden ihren Niederschlag auch im Schwarzwald-Baar-Kreis finden. Der Trend der letzten Jahre zeigt eindeutig, dass größere, dank Skaleneffekten wirtschaftlich zu betreibende Betriebe die Zukunftsoption sind. Ob die Dynamik der vergangenen Jahre dabei anhält oder sich ggf. auf einem etwas niedrigeren Niveau weiter fortsetzt, wird von verschiedenen Faktoren abhängig sein. Möglich ist beispielsweise ein dämpfender Effekt, der sich aus dem „Seitwärtstrend“ der Nebenerwerbsbetriebe ergibt: Gut aufgestellte Nebenerwerbsbetriebe sind in der Region vorhanden. Ihre Zahl hat leicht zugenommen und von Ihnen geht eine „Pufferwirkung“ aus. Sicher ist auch, dass es kleinere Betriebe (Haupt- wie auch Nebenerwerb) gibt, die dank einer vollzogenen Diversifizierung (z.B. über die Schaffung weiterer Standbeine für den Betrieb angefangen bei Direktvermarktungsangeboten, Urlaubs- und Freizeitangeboten bis hin zur Energiegewinnung) weiter auf wirtschaftlich stabilem Fundament stehen und damit einen deutlich geringeren Wachstumsdrang haben. In jedem Fall endlich bzw. aus der Erfahrung der vergangenen Jahre heraus beständig abnehmend, sind die landwirtschaftlichen Flächen insgesamt. In der Konsequenz wird sich eine Konkurrenzsituation um die freiwerdenden, gut zu bewirtschaf- tenden und gleichzeitig ertragreichen Flächen ergeben. Die Bewirtschaftung weniger gut geeigneter Flächen und kleinerer Schläge ist noch kein Problem, muss aber im Auge behalten werden. Konkurrenzsituationen werden sich regional unterschiedlich stark ausgeprägt vor allem dort ergeben, wo landwirtschaftliche Flächen verstärkt anderen Nutzungsformen zugeführt werden und damit der Wertschöpfung der Landwirtschaft nachhaltig entzogen werden. Es ist in jedem Fall davon auszuge- hen, dass auch zukünftig in dem wirtschaftlich prosperierenden Schwarzwald-Baar-Kreis Flächen für Wohnen, Gewerbe und Industrie geschaffen werden. Wie dynamisch dies geschieht, ist vor allem von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abhängig. In diesem Kontext wird sich, trotz beständig rückläufiger Zahlen der Beschäftigten in der Landwirtschaft, die Frage stellen, wann eine kritische Grenze bei der Beschaffung von geeignetem Personal auf lokaler Ebene erreicht ist. Mit der Option, eine vergleichsweise attraktive Stelle im Gewerbe oder im Dienstleistungssektor zu finden, könnte sich negativ auf die Entscheidung für eine Beschäftigung in der Landwirtschaft auswirken. An dieser Stelle kann eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit für das Berufsbild des Landwirts erforderlich werden. Mit der prosperierenden Wirtschaft und der steigenden Einwohnerzahl geht auch die Chance einher, potenziell auf viele Endkunden für regionale Produkte zu stoßen. Die bereits in der Region vorhande- nen positiven Erfahrungen in der Direktvermarktung unterstützen diese Einschätzung.

Seite 61 Diversifizierungsoptionen werden sich in Zukunft bei der Direktvermarktung, der Nutzung anderer Vermarktungskanäle und im Erschließen neuer Geschäftsfelder (zum Beispiel im Tourismussegment) ergeben. Regionale Produkte sind im Trend und stehen hoch in der Verbrauchergunst. Gerade hier ergibt sich eine Schnittstelle zu den oben bereits benannten Marktfleischprogrammen. Benachbarte Sektoren wie der Tourismus können, in unterschiedlichsten Ausprägungen, interessante Diversifizie- rungsoptionen bieten. Als – zumindest gegenwärtig – abgeschlossen muss die Diversifizierung in die Energieproduktion gesehen werden. Für den Bau neuer, großer Biogasanlagen, sind die Randbedin- gungen unattraktiv. Fotovoltaik kommt dort in Frage, wo ein hoher Eigenverbrauch realisiert werden kann, damit ein auskömmlicher Anlagenbetrieb möglich wird. Die Windkraft wird tendenziell in ein- zelnen Fällen eine Rolle bei der Diversifizierung von Betrieben spielen. An dieser Stelle können sich möglicherweise Konflikte durch die Umwidmung landwirtschaftlicher Flächen ergeben (Schaffung von Ausgleichsflächen für Waldflächen auf landwirtschaftlichen Flächen). Der ökologische Landbau wird sich weiter entwickeln. Im Schwarzwald-Baar-Kreis stehen dafür beispielsweise die Themen Milch und Molkereiprodukte. Lt. einer Untersuchung der Universität Göttingen achten mehr als 50% der Verbraucher auf Qualitätsmerkmale wie „Weidehaltung“ bzw. „Gentechnikfreie Fütterung“ oder auf entsprechende Biosiegel bzw. Zertifikate (z.B. demeter, Bioland oder Naturland). Die Fremdkapitalquoten werden, genauso wie die Kapitalkosten je Arbeitsplatz, weiter steigen. Das extrem investitionsfreundliche Zinsklima begünstigt die Umsetzung von Investitionen in Gebäude, Anlagen und Technik. Abzuwarten bleibt, in wie weit frühzeitig / strategisch Anpassungsinvestitio- nen bei der Tierhaltung umgesetzt werden. Vor dem Hintergrund beständig steigender Bestände und Belegdichten je Betrieb stellt sich die Frage nach erforderlichen Optimierungen eher früher denn später. Nicht-kurative Eingriffe an Tieren, Antibiotikaverwendung und Einschränkungen normalem Tierverhalten werden zukünftig von den Verbrauchern erheblich kritischer bewertet werden, als dies bisher schon der Fall war. Ebenfalls abzuwarten bleibt, wie schnell die Landwirtschaft im Schwarzwald-Baar-Kreis die ersten Innovationshürden nimmt und sich gezielt den oben beschriebenen Impact-Trends annimmt. Große Betriebe werden sich eher dazu gedrängt fühlen, bei kleineren und mittleren Betrieben dürfte an einigen Stellen mit Innovationsängsten zu rechnen sein. Darüber hinaus wird sich die Frage stellen, in wie weit die kleineren und mittleren Betriebe z.B. von der Digitalisierung profitieren und ob sie dazu in der Lage sind, diese zu wirtschaftlichen Bedingungen umzusetzen. Insgesamt ist mit einem spürbar höheren Marktdruck durch die Öffnung der Märkte, Wegfall von Quoten und Importe aus der EU sowie globalen Märkten zu rechnen. Dies wird Auswirkungen auf die Ertrags- situation der landwirtschaftlichen Betriebe haben, die sich nicht oder nur langsam an die Marktmecha- nismen adaptieren können, oder für sich eine Nische gefunden haben, die sie resilient gegenüber den Entwicklungen macht. Zunehmend können sich vor dem Hintergrund eines gemeinsamen Interesses Chancen für die Bildung von Clustern mit nachgelagerten Bereichen ergeben. Ziel ist dabei, die Wertschöpfungsketten zu vernetzen und zu stabilisieren, um damit zumindest eine gewisse Unabhängigkeit von den Marktmechanismen zu erreichen. Grundsätzlich wird sich die Landwirtschaft an die übergeordneten Planungen und Mechanismen bestmöglich adaptieren müssen, um weiterhin bestehen zu können. Andererseits kann sie auf loka- ler Ebene aktiv mitgestalten und sich einbringen. Der Strukturwandel begünstigt und bedingt den Aufbau größter Einheiten (Wachsen oder Weichen), bietet aber auch die Chance spezifische Nischen zu besetzen.

Seite 62 4.5 SCHNITTSTELLEN DER LANDWIRTSCHAFT Im Vorgriff auf die im nächsten Kapitel vorgestellten Leitlinien und Handlungsfelder, sollen an dieser Stelle die grundlegenden Schnittstellen, die letztlich für die gelungene Adaption an den Strukturwan- del entscheidend sind, aufgegriffen werden. Um Zielkonflikte aufzulösen, dem eigenen Selbstverständnis gerecht zu werden, die Erwartungen der Bürgerschaft und Konsumenten zu erfüllen und dabei die Vorgaben der Agrarpolitik mit allen damit verbundenen regulatorischen Anforderungen zu erfüllen, ergeben sich für die Landwirtschaft drei thematische Schnittstellen.

on novati , Betrie , In bsf gie üh lo ru no ng ch Te Cluster Innovation Weiterbildung Know-How-Transfer Wertschöpfung Digitalisierung Optimierung Betriebsabläufe Betriebsleistungen Externer Tierwohl Verordnungen & Zukünftsfähige Tierhaltung Vorschriften Artenrückgang Biodiversität Umwelt & Naturschutz Image & Internationaler Kommunikation Handel

Soziale Funktion

V

e der Landwirtschaft Greening-Leistungen

t r f b Agrarpolitik a a h n Transparenz c d s l s l a e r s b EU-Landwirtschaftspolitik e e Regionale Lebensmittel & G it Verbrauchererwartungen u g n lo d a i Po D li tik

Abbildung 44 – Schnittstellen und Selbstverständnis der Landwirtschaft. Eigene Darstellung neuland+ 2017

In den Bereich „Gesellschaftlicher Dialog“ fallen alle Aufgaben, die unter der Interaktion mit und Befriedigung von Bürger- und Konsumentenerwartungen subsumiert werden können. Der Aufga- benbereich „Technologie, Innovation und Betriebsführung“ richtet sich an den Maßnahmen aus, die für eine funktionierende, optimierte und wertschöpfende Landwirtschaft unabdingbar sind. Dazu zählen beispielsweise Know-How-Erwerb aber auch der Transfer von Know-How innerhalb der Landwirtschaft, wie auch die bewusste Auseinandersetzung mit zukünftigen Megatrends z.B. der Digitalisierung. Über die „Verbandsarbeit“ müssen die Einflussmöglichkeiten und Teilhabe am Politikgeschehen sowie bei der Gestaltung von Erlassen, Verordnungen und Gesetzen wahrgenommen werden. Agrarpolitik ist in diesem Kontext durchaus auch auf lokaler und regionaler Ebene zu verstehen.

Seite 63 4.5.1 Dialog mit der Gesellschaft – Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache Allzu häufig wird die Land- und Forstwirtschaft generalisierten Vorwürfen ausgesetzt. Sei dies beim Pflanzenschutz, bei der Tierhaltung oder beim Pflanzenbau. Diese Einschätzung spiegelt sich auch in den Ergebnissen der Betriebsbefragungen wieder. Handlungsbedarfe ergeben sich deshalb bei Frage- stellungen wie dem Erhalt der Biodiversität, dem Umgang mit dem Artenrückgang und des Tierwohls. Diese Themen müssen in einem Dialog gelöst werden, um pauschalen Vorverurteilungen zuvorzukom- men. Genauso wichtig, aber in der öffentlichen Wahrnehmung unterrepräsentiert, sind die durch die Landwirtschaft erbrachten Greening-Leistungen bzw. Leistungen in der Landschaftspflege. Auch die soziale Funktion der Landwirtschaft im ländlichen Raum wird häufig zu wenig wahrgenommen. An diesen Stellen ist zukünftig eine intensivere Kommunikation, des Berufsstandes insgesamt wie auch der einzelnen Betriebe, erforderlich.

4.5.2 Verbandsarbeit und Politik Landwirtschaftspolitik findet auf lokaler / regionaler, Landes-, Bundes-, europäischer und internationaler Ebene statt. An dieser Stelle sind die Verbände und politisch Aktiven gefordert, die bestehenden Handlungsspielräume bestmöglich zu nutzen. Gleiches gilt für die regulatorischen Prozesse. Verordnungen und Vorschriften ändern sich häufig, wobei die Landwirtschaft vor der Herausforderung steht mit den Änderungen Schritt zu halten.

4.5.3 Technologie, Innovation und Betriebsführung Die Landwirtschaft ist der Ursprung vieler Innovationen. Dies wird auch in Zukunft so bleiben. Eines der Hauptthemen wird die Digitalisierung / Landwirtschaft 4.0 sein. Neben rein technologischen Weiterentwicklungen, sind ständige Optimierungen bei der Betriebsführung, das Annehmen neuer Managementaufgaben in unterschiedlichen Bereichen (betriebsintern z.B. bei der Optimierung von Betriebsabläufen, im Zusammenspiel mit anderen Akteuren z.B. das Monitoring von Biodiversität) und der Aufbau von wertschöpfenden Strukturen weitere wichtige Themen. Eine potenzielle Aufgabe in diesem Zusammenhang kann auch in der Kooperation der Betriebe un- tereinander (vgl. auch Digitalisierung in der Landwirtschaft) gesehen werden. Auch ganz „klassische“ Kooperationsansätze sind dabei denkbar, um entsprechende Synergieeffekte für die beteiligten Betrie- be zu erschließen.

4.5.4 Querschnittsthemen und -funktionen In den Überlagerungsbereichen ergeben sich Querschnittsthemen und -funktionen für die Landwirt- schaft. Prägend ist die soziale Funktion der Landwirtschaft, das Wirken in die Gesellschaft und in den Dörfern, Gemeinden und Städten. An der Schnittstelle zur Gesellschaft erscheinen Themen wie Tier- wohl und Tierhaltung. Gegenüber der (lokalen wie auch übergeordneten) Agrarpolitik sind zukünftige Planungen und Konzepte von entscheidender Bedeutung.

Seite 64 5 MAßNAHMEN UND HANDLUNGSFELDER EINER KOMMUNALEN AGRARSTRUKTURFÖRDERUNG Als Ableitung aus den Ergebnissen der Strukturanalyse und -prognose, den durchgeführten Abstimmungen und Expertengesprächen werden mit Maßnahmen unterlegte Handlungsfelder für die Unterstützung der regionalen Landwirtschaft vorgeschlagen. Diese folgen vor allem den Grundsatz, dass in den Handlungsfeldern die Themen und Problematiken aufgegriffen werden, für die auf regio- naler Ebene konsensfähige Lösungen geschaffen werden können. Die Maßnahmen sind wiederum so angelegt, dass sie lokal umsetzbar sind und dazu beitragen, den sich vollziehenden Strukturwandel der Landwirtschaft im Schwarzwald-Baar-Kreis konstruktiv zu begleiten.

5.1 HANDLUNGSFELDER FÜR EINE KOMMUNALE AGRARSTRUKTURFÖRDERUNG Ausgehend von den oben benannten Herausforderungen wurden vier Handlungsfelder identifiziert, welche eine kommunale Agrarstrukturförderung unterstützen.

Unterstützung einzelbetrieblicher Entwicklung durch Verwaltungshandeln

Aus- & Weiterbildung in bestehenden wie zukünftig relevanten Themenbereichen Kommunale Agrarstrukturförderung Befähigung & Unterstützung bei Öffentlichkeitsarbeit und Informationsvermittlung

Mitwirkung bei Planungen und Einbezug in Konzeptentwicklungen

Abbildung 45 – Handlungsfelder einer kommunalen Agrarstrukturförderung. Eigene Darstellung neuland+ 2017

Seite 65 In der folgenden Tabelle sind die vier Handlungsfelder, deren inhaltliche Schwerpunkte und die damit verbundenen Maßnahmen zusammengefasst. Für die Erfolgsmessung kann ein Monitoring der Maß- nahmeninitiierung und -umsetzung eingerichtet werden, das die erreichten Erfolge dokumentiert und Nachsteuerungen ermöglicht.

Handlungsfeld I: Unterstützung einzelbetrieblicher Entwicklung durch Verwaltungshandeln

Handlungsfeldziel I.I: Schnellere und koordinierte Genehmigungs- und Bewilligungsverfahren Maßnahme 1 Lotsenfunktion des Landwirtschaftsamtes (oder der unteren Baubehörde) bei allen Baumaßnahmen der Landwirtschaft, mit dem Ziel der Abstimmung zwischen den Ämtern im Landratsamt und auch unter Einbindung von Ab- teilungen / Ämtern / Behörden außerhalb des Landratsamtes (z.B. Stadt- und Gemeindeverwaltungen). Verbunden damit ist die Kommunikation des (Bera- tungs-)Angebots für einen ersten Austausch schon in der Phase der Projek- teentwicklung, um bereits in einem frühen Projektstadium erste Abstimmungs- prozesse zu initiieren.

Handlungsfeldziel I.II: Konsensorientierte Klärungsverfahren beim Umgang mit kritischen Themen (Wasserwirtschaft, Naturschutz, …) Maßnahme 2 Moderierende Mittlerfunktion des Landwirtschaftsamtes durch den unter 1.1. genannten Lotsen oder eines Moderations- bzw. Mediationspools (Personal / Honorar). Damit wird durch ein proaktives Vorgehen eine Konsensorientierung geschaffen. Die Umsetzung kann durch den Landschaftserhaltungsverband, externe Personen oder durch mehrere ausgebildete Mitarbeiter/innen im Land- ratsamt erfolgten. Hier empfiehlt sich eine Fortbildung mit einer CECRA-Zerti- fizierung. Damit ist ein Qualifizierungssystem mit Baukastenmodulen verbunden, das qualitativ sehr hochwertig ist. Neben den Grundlagenfortbildungen gibt es Module wie „Kollegiales Coaching“ oder „Einführung in die Mediation“ sowie „Gruppen und Teams beraten und begleiten“.15 Um das konsensorientierte Vorgehen zu unterstützen, ist die Reflexion der Kommunikation mit- und un- tereinander erforderlich, damit die in einigen Fällen benannte „Änderung der Tonspur“ im Dialog miteinander erreicht werden kann.

15 vgl. https://www.landwirtschaft-bw.info/pb/MLR.LEL-SG,Lru/Startseite/Unsere+Themen/CECRA

Seite 66 Handlungsfeldziel I.III: Erhöhung der Qualitätsmanagementskompetenzen in den Betrieben zur Identifizierung und Beseitigung von Schwachstellen bzw. Risikobereichen Maßnahme 3 Flächendeckender Betriebscheck: Ausbau des bestehenden Beratungsangebots im Landwirtschaftsamt unter Einbezug weiterer Instrumente / Landwirtschaftliche Beratungsmodule des Landes sowie in Zusammenarbeit mit dem landwirt- schaftlichen Beratungsdienst. Zum o.g. Ziel passt auch das Instrument des Landes Baden-Württemberg mit dem kostenlosen „Betriebscheck für Landwirtschaft, Gartenbau und Wein- bau“.16 Maßnahme 4 Checkliste zur Vermeidung von Anlastungen bei Kontrollen: Wenn landwirt- schaftliche Betriebe sicherstellen möchten bei Kontrollen keine Anlastungen zu bekommen, können sie Mitglied bei GQS-BW werden und ihren Betrieb an Hand von Checklisten selber überprüfen. Zu prüfen ist, in wie weit dieses fachlich als exzellent eingestufte, aber aufwändige Verfahren von kleinen und mittleren (Nebenerwerbs-)Betrieben angenommen wird17 bzw. umgesetzt werden kann. Maßnahme 5 Beratungsansprechpartner: Die beratende Funktion des Landwirtschaftsamtes bei der Definition des Beratungsbedarfs bzw. der Eignung der vom Land zerti- fizierten Beratungsmodule ist zu kommunizieren.

Handlungsfeldziel I.IV: Gezielte Unterstützung beim Aufbau und der Umsetzung von Kooperationen und Clustern Maßnahme 6 Regelmäßige Round-Table Gespräche „Kooperation“. Durch die Landwirt- schaftsverwaltung und die berufsständigen Vereinigungen wer- den regelmäßige Round-Table Gespräche organisiert, die das Ziel haben die Kooperation und Zusammenarbeit zwischen den land- wirtschaftlichen Betrieben zu fördern und auszubauen. Dabei sollen gezielt Synergieeffekte, die sich aus der Kooperation ergeben, in den Mittelpunkt gestellt und regelmäßig präsentiert werden. Best-practise-Beispiele aus anderen Regionen dienen in der Anfangsphase zur Inspiration. Langfristi- ges Ziel ist Aufbau eines „Marktplatzes Kooperationen“. Maßnahme 7 Initiierung Cluster „Regionale Produkte“ – als Ergänzung zu dem weiter unten vorgeschlagenen Themenkomplex „Öffentlichkeitsarbeit für regionale Produkte in sozialen Medien“ wird beispielhaft ein Cluster implementiert, der das Ziel verfolgt, regionale Produkte entlang einer Wertschöpfungspartnerschaft in der gesamten Region verfügbar zu machen. Teilnehmer sind dabei die landwirtschaftlichen Betriebe, Verarbeiter (zum Beispiel Metzgereien), Logistiker, der Lebensmitteleinzelhandel und Beispiel- projekte wie die Marktscheune. Der Cluster hat zum Ziel, insgesamt die Wert- schöpfung aller Beteiligten zu steigern, für regionale Produkte zu werben und die erforderlichen Vertriebskanäle zu schaffen.

16 ca. 15 Beratungsstunden inkl. Aufarbeitung der Ergebnisse / vgl. http://www.beratungbw.de/,Lde/Startseite/Der+Betriebs_Check 17 vgl. http://www.lel-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Unsere+Themen/GQS

Seite 67 Handlungsfeld II: Aus- und Weiterbildung – persönlicher Kompetenzaufbau Das Interesse an sozialer und fachlicher Fortbildung und damit persönlicher Kompetenzerwerb besteht bei den landwirtschaftlichen Betrieben. Zukünftig wird der Erwerb von Wissen in weiteren Kompe- tenzfeldern (Landwirtschaft 4.0 – Digitalisierung in der Landwirtschaft) erforderlich sein. Um dies zu unterstützen bedarf es der Koordination bzw. Bündelung in der Bedarfsplanung bzw. bei der grundlegenden Entwicklung von Angeboten. Zu Fachthemen werden viele Weiterbildungen be- reits schon heute angeboten, bei „Soft-Skill“- Themen fehlen diese oder werden als nicht vorhanden wahrgenommen. Um den formulierten Anforderungen zu entsprechen, werden folgende strategische Maßnahmen vor- geschlagen: Vorhaltung eines regionalen Qualifizierungsangebots sowie von beratenden Kompeten- zen der Betriebe bei der Erschließung von Know-how. Darüber hinaus Koordination und Abstimmung zum Know-how Transfer der Betriebe untereinander.

Handlungsfeldziel II.I: Ausbau von persönlichen Kompetenzprofilen der aktuellen Betriebs- leiter(-paare), der (potenziellen) Betriebsnachfolger bzw. der sich in Ausbildung befindlichen Personen Maßnahme 8 Jährliches Planungstreffen der Bildungsanbieter im landwirtschaftlichen Umfeld: Identifizierung von Fortbildungsbedarfen, Koordinierung der Inhalte und Termine. Einberufung des Treffens im März/April durch das Landwirtschaftsamt. Maßnahme 9 Aufbau von Anreizsystemen zur Entwicklung von betrieblichen Kommunikati- onsmaßnamen: Fachschule – Ausbau sowie Präsentation eines Kommunikations- und Marketingkonzeptes für den eigenen Betrieb in Form einer Haus- bzw. Prüfungsarbeit oder einer Präsentation oder einer Auslobung eines Preises für gute Öffentlichkeitsarbeit für die Landwirtschaft bzw. für betriebliche Kommu- nikation mit dem Umfeld. Denkbar ist eine Abstimmung bzw. Kooperation mit dem Verein Landwirtschaftlicher Fachbildung Schwarzwald-Baar (VLF).

Handlungsfeldziel II.II: Sicherung regionaler Bildungs- und Beratungsstrukturen Maßnahme 10 Weiterer Ausbau des Fachschulstandorts für die Landwirtschaft, ergänzt durch berufsbegleitende Aus- und Weiterbildungsangebote, die sich speziell an Nebenerwerbslandwirte richten. Maßnahme 11 Stärkung und Ausbau von Beratung in Koordination durch das Landwirtschaft- samt – in Form eines Beratungsansprechpartners. Koordination des regionalen Fortbildungsangebotes für die Landwirtschaft. Maßnahme 12 Aufbau und Begleitung von thematischen Arbeitsgruppen zum Know-how Transfer (zum Beispiel Mutterkuhhaltung). Maßnahme 13 Regelmäßiges Screening potenziell interessanter und neuer Bildungsinhalte. Aktive Suche nach Themen, die für die regionale Landwirtschaft von Bedeutung sind und Organisation von Informationsveranstaltungen zu diesen Themen.

Seite 68 Handlungsfeld III: Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation Die Landwirtschaft hat ein positives Image und die regionalen Landwirte erleben die Einbindung ihres Betriebes in das Umfeld weitgehend positiv (am stärksten im Schwarzwald). Die Landwirtschaft hat also kein generelles Imageproblem in der Region. Allerdings führt der sich vollziehende und weithin sichtbare Strukturwandel zu einem erhöhten einzelbetrieblichen Kommunikationsbedarf (vor allem auf der Baar). Zur Befähigung und Erhöhung der Handlungsfähigkeit bei der internen wie externen Kommunikation wird der persönliche Kompetenzaufbau bei den Betriebsleiter/innen gezielt unterstützt. Ergänzend werden Maßnahmen forciert, die positive Erlebnisse mit der Landwirtschaft schaffen bzw. die regiona- len Besonderheiten den Verbrauchern erklären.

Handlungsfeldziel III.I: Zielgruppenspezifische Ansätze der überbetrieblichen Kommunikation mit regionalem Zuschnitt umsetzen Maßnahme 14 Projekt „ÖA-Konzept für die Regionale Landwirtschaft“, das Zielgruppen, Formen und Medien, zentrale Botschaften, regional zu differenzierende Inhalte sowie regionale Arbeitsteilung klärt und neben den Verbrau- chern vor allem auch auf die Kommunalpolitik und die Verwaltung ausgerichtet ist. Damit dieser Anspruch leistbar ist, ist die Festlegung von „Jahresthemen“ und „Schwerpunktzielgruppen“ zu prüfen. Zu klären ist die verantwortliche Struktur. Denkbar ist die AG Junge Bauern / Landjugend im Verbund mit einem Journalisten, der die entsprechenden Beiträge aufbereitet und veröffentlichungsreif macht. Maßnahme 15 Greening-Leistungen über Öffentlichkeitsarbeit, Events- und Bildungsangebote erfahrbar machen bzw. in vorhandene Öffentlichkeitsarbeitsformen (Gläserne Produktion, Lernort Bauernhof etc.).

Handlungsfeldziel III.II: Promotion regionaler Lebensmittel bzw. regional wirksamer Greening-Leistungen – Schaffung von positiven Erlebnissen mit der Landwirtschaft Maßnahme 16 Konsequente Weiterentwicklung des Einkaufsführers (Direktvermarkter und Vertriebsstellen) durch geeignete Öffentlichkeitsarbeit und verbesserte Integration der bestehenden Publikation in Onlineangebote. Denkbar ist auch die Umsetzung als App für mobile Endgeräte. Maßnahme 17 Fortführung der wertschätzenden Kommunikation der landwirtschaftlichen Angebote und Leistungen für die Region in regionalen touristischen Medien (z.B. Rad- und WanderParadies-Broschüre 2016, Magazin „Auf Touren“ 2017). Maßnahme 18 Im Zusammenwirken mit bereits bestehenden, wie auch den oben genannten erst noch zu schaffenden Ausbildungsprojekten, kann die Aufgabenstellung „Regionale Produkte durch soziale Netzwerke bekannt machen“ zum einen den Kompetenzerwerb fördern, zum anderen aber auch die Vertriebsstellen gezielt bewerben. Entsprechende Aktivitäten können auch durch die berufsständi- schen Jugendverbände initiiert und begleitet werden.

Seite 69 Maßnahme 19 In einem ähnlichen Tenor können regional wirksame Leistungen der Landwirt- schaft, z.B. Greening-Leistungen, über soziale Medien gegenüber einem gro- ßen Publikum bekannt gemacht werden. Dabei wird nicht nur über die Maß- nahme, sondern auch über die tiefer greifenden Zusammenhänge informiert.

Handlungsfeld IV: Fachliche und kommunale Planungen Die aktuell in der Region wirtschaftenden Landwirtschaftsbetriebe müssen ähnlich wie Gewerbe- und Industriebetriebe in ihrer zukünftigen Entwicklung unterstützt werden. Dies findet beispielsweise Niederschlag in einer aktiven Wirtschaftsförderung der Landwirtschaft, die den Betrieben bauliche wie flächenbezogene Entwicklungsoptionen bzw. -korridore schafft. Die strategische Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen kommunaler Planungen bzw. bei der Anwendung kommunaler Planungsinstrumente muss ausgebaut werden. Optionen für die einzelbetriebliche Entwicklung müssen dabei genauso berücksichtigt werden (z.B. perspektivische Erweiterungen des Betriebs) wie die Identifikation potentieller Konflikte und eine vorausschauende Planung für Vorrangflächen. Dies betrifft auch die aktive planerische Begleitung in Dorf- und Stadtentwicklungskonzepten, da in diesen aufgrund fehlender Steuerungsinstrumente bei raumplanerischen Konzepten der Faktor „Landwirtschaft“ vernachlässigt wird.

Handlungsfeldziel I: Klärung betrieblicher und kommunaler Flächenbedarfe sowie Abgleich mit betrieblichen Entwicklungsoptionen bzw. -notwendigkeiten Maßnahme 20 Erarbeitung eines Leitfadens (mit ergänzenden Basisinformationen und Checklis- ten) mit Vorschlägen für Verwaltungen und Planer, wie die Belange der Landwirt- schaft Berücksichtigung finden können und damit die Erstellung von integrier- ten Stadt- bzw. Dorfentwicklungskonzepten unterstützen. Ergänzend werden Datendienstleistungsangebote (Bodenwerte, Emissionswert, etc.) zur Verfügung gestellt. Maßnahme 21 Seminare für Planer/innen zu Anforderungen der Landwirtschaft bzw. zu Inhalten des Handlungsleitfaden, die auch die Betriebsentwicklung von landwirtschaftlichen Betrieben im Außenbereich berücksichtigen. In den bestehenden Fortbildungsangeboten der Architektenkammer bzw. der Akademie Ländlicher Raum des Ministeriums für Ländlichen Raum findet eine Thematisierung planerischer Aspekte unter den Stichworten „Umnutzung von landwirtschaftlichen Gebäuden“ und „Baukultur“ vor. Bei den Fachverbän- den für Flächenplanung und -steuerung im Außenbereich finden sich keine Informations- bzw. Weiterbildungsmaßnahmen zu diesem Themenkom- plex. Wenig ausgeprägt sind auch die Angaben zur Betriebsentwicklung der bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe. Maßnahme 22 Förderung von „Agrarstrukturellen Planungen“ auf Gemeindeebene bei hohem Konfliktpotenzial – als ein Baustein einer Empfehlung des Landkreises zur Agrarstrukturellen Entwicklung.

Seite 70 Maßnahme 23a Implementierung eines offiziellen Tourismusbeauftragten der Landwirtschaft, der bei allen touristischen Planungen und bei Wegeausweisungen bzw. Nutzungskonflikten in der Fläche einbezogen ist bzw. initiativ tätig werden kann (beispielsweise zur Absicherung aller beteiligten landwirtschaftlichen Betriebe, Konfliktbewältigung durch Moderation und Mediation). Maßnahme 23b Für den Fall, dass die Implementierung des Tourismusbeauftragten nicht umgesetzt werden kann bzw. zur Ergänzung von dessen Tätigkeit, wird ein regelmäßiger Austausch durch geeignete Veranstaltungsformate – beispiels- weise auch durch einen Beitrag bei den Versammlungen des BLHV – umgesetzt. Maßnahme 23c Erstellen einer Handlungsempfehlung für die frühzeitige Beteiligung aller Ak- teure, Grundeigentümer und Bewirtschafter bei touristischen Vorhaben. Die positiven Erfahrungen aus dem Vorhaben „Ferienland“ können dabei genutzt werden.

Handlungsfeldziel II: Minderung des Flächenverbrauchs und effektives Management von benötigten (Ausgleichs-)Flächen Maßnahme 24 Entwicklung von Ausgleichsmaßnahmen, die explizit für die Landwirtschaft verwendbar sind, um produktive Flächen zu schonen. (Weiter-)Entwicklung von Maßnahmen unter dem Aspekt bereits bestehender Erfahrungen im Schwarz- wald-Baar-Kreis (z.B. Kiebitz und Ackerbau). Ein möglicher Lösungsansatz sind dabei Ökokonten auf kommunaler Ebene, die für langfristige Planungen genutzt und Flexibilität bei der Ausgestaltung der Ausgleichsmaßnahmen eröffnen.

Maßnahme 25 Implementierung eines Flächenmanagements unter Einbezug eines Flächen- managers. Koordiniert werden dabei die Ansätze bzw. Aufgaben aus den ELR und MELAP Programmen. Ziel ist es, ein Flächenmanagement zu etab- lierten, in dessen Rahmen eine Bündelung der o.g. Ansätze (ELR = Entwick- lungsprogramm Ländlicher Raum, MELAP mit dem Fokus auf sparsamen und schonenden Umgang mit vorhanden Ressourcen – Nutzung bestehender Bausubstanz und Verringerung des Flächenverbrauchs) erfolgt und das die ent- sprechenden Planungen begleitet.

Seite 71 6 ANLAGEN AUF CD

Interviews Betriebe Literatur Weblinks Aufbereitete Strukturdaten und statistische Kennzahlen

Seite 72