MASARYKOVA UNIVERZITA

Filozofická fakulta

Ústav germanistiky, nordistiky a nederlandistiky

Učitelství německého jazyka a literatury pro střední školy

Bc. Petr Schich

"Der arme Heinrich" Hartmanns von Aue im Kontext der religiösen und höfischen Vorstellungen des Hochmittelalters. Die Denkprozesse und der Denkwandel im Innersten aller Hauptprotagonisten. Die Kommunikationscodes zwischen Heinrich und "dem Mädchen".

Magisterská diplomová práce

Vedoucí práce: doc. Mgr. Sylvie Stanovská, Dr.

2016

Erklärung:

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig ausgearbeitet und nur die angeführte Literatur verwendet habe.

Brno, 29. April 2016

...... Bc. Petr Schich

Danksagung:

An dieser Stelle bedanke ich mich bei Frau doc. Mgr. Sylvie Stanovská, Dr., für ihre geduldige Leitung, wertvollen Ratschläge und Bemerkungen. Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung ...... 5

2. (Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse) ...... 6

3. Ein kurzer Exkurs zum „Gregorius, dem guten Sünder" ...... 9

4. „Der arme Heinrich“ (Kurze Inhaltszusammenfassung) ...... 10

4.1. Zur Gattung des Werkes „Der arme Heinrich“ ...... 12

5. Zur Schicht Hartmanns...... 13

6. Heinrich als Kranker ...... 15

6.1. Erkrankung Heinrichs und biblische Parallele ...... 15

6.2. Die Krankheit als Metapher ...... 19

7. Das Mädchen und die Art ihrer Ausmalung...... 24

7.1. Die Beziehung zwischen Heinrich und dem Mädchen ...... 24

7.2. Die Entscheidung des Mädchens zur Selbstaufopferung ...... 27

7.3. Das Wunder Gottes als Auslöser des Geschehens ...... 32

7.4. Gottes Gnade als Mittel der menschlichen Erlösung ...... 34

7.5. Das Weltgeschehen als Gottes Plan ...... 37

7.6. Hartmanns Botschaft ...... 39

8. Schlussbetrachtung ...... 42

8.1. Resume ...... 44

9. Literaturverzeichnis ...... 46

9.1. Primärliteratur ...... 46

9.2. Sekundärliteratur ...... 46

9.3. Online Quellen ...... 47 1. Einleitung

Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem Werk „Der arme Heinrich“ Hartmanns von Aue, der für einen der bedeutendsten Epiker der mittelhochdeutschen Klassik gilt. In dieser Arbeit versuchen wir uns von der bloßen Handlung des Werkes Hartmanns, die schon mehrmals aus verschiedenen Vergleichs- und Sprachperspektiven bearbeitet wurde, zu befreien. Wir versenken uns in die Hintergründe dieser Geschichte. Um alle Zusammenhänge möglichst klar darstellen zu können, wird am Anfang dieser Arbeit der Autor, Hartmann von Aue, im Licht der zugänglichen Informationen vorgestellt. Im nächsten Kapitel widmen wir uns dem Inhalt des Werkes „Der arme Heinrich“, um eingehende Kenntnisse über den Verlauf der Geschichte zu haben, sowie die entscheidenden Momente des Geschehens im Gedächtnis aufzufrischen. Es wird auch die Problematik der Einordnung dieser Geschichte in eine Gattung kurz thematisiert. Dann versuchen wir, anhand der schriftlichen Quellen die gesellschaftliche Schicht Hartmanns zu bestimmen, um dadurch einen Einblick in die damalige Epoche zu gewinnen. Genauso wird der Leser mit der damaligen Situation der Kranken anhand der Lage Heinrichs vertraut gemacht, die sich von den heutigen Bedingungen sehr unterscheidet. In den nächsten Kapiteln kommen wir zu einer der tragenden Ideen dieser Arbeit, die aufgrund der Erkrankung Heinrichs entwickelt wurde und welche die Krankheit als vermutliche Metapher für Gottes Strafe vorstellt. Der andere Hauptgedanke dieser Arbeit kommt gleich danach, wenn uns das Mädchen, die Meierstochter, als zweite Hauptperson im Werk vorgestellt wird. Im Vordergrund steht die Beziehung zwischen Heinrich und dem Mädchen. An die angegebenen Ideen knüpft dann direkt eine Schilderung des Gedankenprozesses der Meierstochter an, die sich entschied, sich für Heinrich aufzuopfern. Wir werden uns vor allem mit den sich aus der Erzählung ergebenden Hypothesen der Denkweise des Mädchens beschäftigen, wobei der Nachdruck vor allem auf die theologischen Fragen und gleichzeitig auf einfaches soziales Mitfühlen gelegt wird. In den nächsten Kapiteln befassen wir uns mit den Mirakeln in der Geschichte Hartmanns sowie allgemein in der damaligen Zeitepoche, wobei vor allem die gesellschaftliche Botschaft der Mirakel und die Mirakel-Wahrnehmung der damaligen Menschen betont werden. Schließlich werden sowohl die Gnade Gottes thematisiert, die eigentlich zum Ziel des späteren Bemühens Heinrichs wurde, als auch Gottes Plan, der die ganze Erzählung umrahmt. Zum Schluss dieser Arbeit wird die mutmaßliche Botschaft Hartmanns geschildert, die sich aus dieser Geschichte ergibt. Diese Arbeit bringt das Werk „Der arme Heinrich“ in einer neuen Perspektive, die nicht nur in den geschichtlichen Kontext eingebunden ist, sondern auch „das Mirakel“ und „Gottes Plan“ in den Vordergrund stellt.

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2. Hartmann von Aue (Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse)

Hartmann von Aue ist als Person urkundlich nicht belegt. Hartmanns Lebenslauf wurde deshalb anhand der Erwähnungen und Selbstzeugnissen in verschiedenen literarischen Quellen verfasst. Die genaue Angabe der Geburt und des Todes sind unklar, Hartmann wurde vermutlich zwischen 1160 und 1165 geboren, 1210 wurde er von Gottfried von Straßburg im Werk „Tristan“ noch als lebender Mensch erwähnt, 1220 schreibt schon Heinrich von dem Türlin über Hartmann als über den toten Dichter.1 Über Hartmann erfahren wir mehr dank den Prologen in seinen Werken, wie z. B.: „Gregorius“ oder „“. Im Werk „Der Arme Heinrich“ schreibt er über sich selbst folgend:

„Ein ritter sô gelêret was, daz er an den buochen las, swaz er dar an geschriben vant. der was Hartman genant, dienstman was er zuo Ouwe.“2

Der Autor namens „Hartman“ war vermutlich ein gebildeter Ritter, ein Ministeriale3, der von Aue stammte. Dieser Ort wurde als Ouwe (im Werk „Gregorius“) oder zOuwe („Der arme Heinrich“) bezeichnet und Hartmann selbst als Ouwære („Iwein“) benannt.4 Die genaue Lage des Ortes ist nicht bekannt, wahrscheinlich handelte es sich um einen Ort in Schwaben. Die Forscher ziehen in Erwägung die Städte wie: Owen/Teck, Obernau bei Rottenburg am Neckar, Reichenau, Weißenau bei Ravensburg, Eglisau am Rhein oder Au bei Freiburg.5 Als Autor der „Kreuzlieder“ konnte Hartmann hypothetisch an dem Kreuzzug teilnehmen. Diese Hypothese wird oft in Frage gestellt und es fehlt immer noch eine eindeutige Antwort. Einerseits weisen Forscher darauf hin, dass Hartmann so begabt war, dass er auch ohne eigene Teilnahme an einem Kreuzzug darüber schreiben konnte, andererseits gibt es auch Behauptungen, dass Hartmann sogar an zwei Kreuzzügen teilnahm. Zum Beispiel L. Schmid erwähnt Willmanns Vermutung, die aufgrund der sprachlichen und historischen Analyse behauptet: „dass Hartmann auch den Kreuzzug von 1197 mitgemacht hat (...) gewichtige

1 WAGENAAR, Leonie S. Die Minne bei Hartmann von Aue: Zum Minnebegriff im Erec und im armen Heinrich. Diplomica Verlag, 2015. S. 15. Online verfügbar: https://books.google.cz/books?id=82O0CgAAQBAJ&printsec=frontcover&hl=cs#v=onepage&q&f=false [Letzter Zugriff: 2016-02-07]. 2 BUSCH, Nathanael; WOLF, Jürgen. Hartmann von Aue: Der arme Heinrich. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Stuttgart: Reclam, 2013, S. 9. 3 Siehe dazu S. 13. 4 CORMEAU, Christoph; STÖRMER, Wilhelm. Hartmann von Aue: Epoche, Werk, Wirkung. München: C.H. Beck, 1980, S. 17. 5 BUSCH, Nathanael; WOLF, Jürgen. Hartmann von Aue: Der arme Heinrich. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Stuttgart: Reclam, 2013, S. 166. 6

Gründe sprechen dafür, dass Hartmann auch die Kreuzfahrt von 1189 mitgemacht hat.“6. Diese Vermutung ist danach von L. Schmid widerlegt. Wenn man aber die „Kreuzlieder“ näher betrachtet, stößt man auf gewisse Aussagen, die die mögliche Teilnahme Hartmanns an einem Kreuzzug eher bekräftigen als ablehnen. Es tauchen verschiedene Begründungen auf, die aufgrund innerlicher Überzeugung Hartmanns auf die Teilnahme an einem Kreuzzug hindeuten. Unter anderem handelt es sich um die Passage, wo Hartmann Treupflicht eines Ritters erwähnt und einen Kreuzzug für ethische Verpflichtung hält, oder wenn er über das Heil der Seele aufgrund einer Teilnahme an einem Kreuzzug schreibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Hartmann „die Kreuzfahrer-Absicht real nahm“, scheint dann genug hoch zu sein.7

Am Anfang des Werkes „Der arme Heinrich“ schreibt Hartmann, dass er eine Geschichte, „die er schriftlich aufgezeichnet fand“,8 erzählen will. Es gibt aber keine andere, schriftliche Vorlage, die sich diesem Werk weder inhaltlich noch künstlerisch nähert und es gibt auch keine Indizien, dass sich Hartmann beim Schreiben von irgendeinem, vorher geschriebenem Werk stark inspirieren und beeinflussen ließ, oder sogar irgendwelche, allgemein bekannte Sage verfasste. Man kann stichhaltig vermuten, dass dieser Ausspruch über die Herkunft der Geschichte nur die Glaubhaftigkeit nachweisen und bestärken sollte. Hartmanns Urheberschaft ist heutzutage bei seinen Werken unbezweifelbar, dagegen bleibt die Chronologie der Werke umstritten. Der chronologischen Anordnung widmen sich umfangreich Cormeau und Störmer. Die Reihenfolge der Werke bleibt im Grunde gleich und zwar: „Klage“, „Minnelieder“, „Erec“, „Gregorius“, „Kreuzlieder“, „Arme Heinrich“ und „Iwein“. Was die Datierung betrifft, gibt es unter Autoren eine gewisse Differenz. Während z. B. Neumann die Entstehung von „Klage“ und „Erec“ um Jahr 1179/80 schätzt, Sparnaay neigt dem späteren Jahr 1190 zu.9 Aufgrund anderer Forschungen scheint es offenbar zu sein, dass auch Hartmann von einem Gönner gefördert wurde. In dieser Zeitepoche war es keine Seltsamkeit, dass ein Dichter bzw. ein Minnesänger an den Aufträgen arbeitete, die er von einem adligen Herrn bzw. von einem Dienstherrn bekam. Die Gönner wurden oft im Prolog solcher Werke genannt und ohne sie wäre es für die Dichter bzw. für alle von Mäzenen geförderten Künstler unmöglich,

6 SCHMID, Ludwig. Des Minnesängers Hartmann von Aue Stand, Heimat und Geschlecht. Salzwasser-Verlag GmbH, 2015. S.70 Online verfügbar: https://books.google.cz/books?id=44nXCgAAQBAJ&printsec=frontcover&hl=cs#v=onepage&q&f=false [Letzter Zugriff: 2016-02-08]. 7 Vgl. CORMEAU, Christoph; STÖRMER, Wilhelm. Hartmann von Aue: Epoche, Werk, Wirkung. München: C.H. Beck, 1980, S. 92. 8 BUSCH, Nathanael; WOLF, Jürgen. Hartmann von Aue: Der arme Heinrich. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Stuttgart: Reclam, 2013, S. 9. 9 CORMEAU, Christoph; STÖRMER, Wilhelm. Hartmann von Aue: Epoche, Werk, Wirkung. München: C.H. Beck, 1980, S. 32. 7 sich bei einem Hof durchzusetzen und wahrscheinlich auch sich allein von Kunst zu ernähren. Über die Gönner damaliger Zeiten wissen wir heutzutage ausschließlich dank den in den Werken erhaltenen Angaben10 und es ist nicht außergewöhnlich, dass eine urkundliche Bemerkung über Gönner völlig fehlt.11 So ist es leider auch im Fall des Werkes „Der arme Heinrich“, wo kein Gönner von Hartmann genannt wurde. Wenn wir den vermutlichen Herkunftsort Hartmanns betrachten, dann gehören unter die hypothetischen Mäzenen Hartmanns die wichtigsten Geschlechter seiner Zeit und zwar die Staufer, die Welfen und die Zähringer.12 Zu jedem Geschlecht gibt es mehrere Verbindungen, die an gewisse Zusammenarbeit mit Hartmann hindeuten, trotzdem bleiben alle rein hypothetisch. Die Zähringer von Au bei Freiburg gelten jedoch für die wahrscheinlichste Möglichkeit, denn sie gehörten auch zu der Gönnerkreis Chrétiens de Troyes und dadurch wäre es auch die Verbindung Hartmanns zu den französischen Vorlagen und zum französischen Adel bestätigt. Bis heute handelt es sich um zwar passende aber ständig nur mutmaßliche Theorie, die z. B. von K.F. Müller vertreten wurde.13

Außer allem Zweifel steht Hartmanns Ausbildung. Neben den theologischen, rhetorischen und philosophischen Kenntnissen beherrschte er als Dichter auch seine Sprache und bis zu einem gewissen Grade auch die französische Sprache. Heutzutage besteht kein Zweifel, dass die französischen Originale von Chrétien de Troyes zur Vorlage Hartmanns höfischen Epen „Erec“ und „Iwein“ wurden14 und gerade deshalb ist es zu vermuten, dass Hartmann gewisse Sprachkenntnisse besitzt, die er vielleicht gerade mit einer Hilfe von den Zähringern gewann, wie es schon erwähnt wurde. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Hartmann von Aue einer der bedeutendsten Epiker der klassischen mittelhochdeutschen Literatur war. In den Werken Hartmanns zeigt es sich außer der hervorragenden, künstlerischen Bearbeitung, die für die Sprache und Reimschema hoch geschätzt wird, auch der wichtige Erziehungsfaktor. Hartmann bemüht sich sehr, in seinen Werken einen tadellosen Menschen, bzw. einen Ritter, darzustellen, der durch seine Handlung und sein Auftreten zu einem idealen Muster für alle anderen Leute werden sollte.

10 Mit der Frage des Mäzenatentums in dieser Zeitepoche beschäftigte sich z. B. Joachim Bumke, im Buch „Mäzene im Mittelalter. Die Gönner und Auftraggeber der höfischen Literatur in Deutschland 1150–1300.“ 11 Vgl. CORMEAU, Christoph; STÖRMER, Wilhelm. Hartmann von Aue: Epoche, Werk, Wirkung. München: C.H. Beck, 1980, S. 40. 12 Ebda. S. 35. 13 MÜLLER, Karl Friedrich. Hartmann von Aue und die Herzöge von Zähringen. Schauenburg: 1974. 27.S. 14 SCHÖNBACH, Anton Emanuel. Über Hartmann von Aue. Georg Olms Verlag, 1971. S. 3. Online verfügbar: https://books.google.cz/books?id=vk4gf-t-9rUC&printsec=frontcover&hl=cs#v=onepage&q&f=false [Letzter Zugriff: 2016-02-09]. 8

3. Ein kurzer Exkurs zum „Gregorius, dem guten Sünder"

„Gregorius“ ist eine höfische Legende, bzw. „eine hagiographische Romanze“15, die dem Werk „Der arme Heinrich“ voranging.16 Die „Gregorius-Legende“ wurde im Unterschied zu „Dem armen Heinrich“ in mehreren Texten bearbeitet und heutzutage gilt die altfranzösische Verslegende „La Vie du Pape (Saint) Grégoire“ für die älteste bekannte Fassung.17 Die Ansichten der Forscher stimmen in diesem Fall darin überein, dass diese Legende thematisch zur Quelle Hartmanns in seiner Bearbeitung „Gregorius“ wurde. Da sollte man bemerken, dass diese Geschichte eigentlich wieder ein altes Thema der Inzestbeziehung bearbeitet, das seit der Antike zum Thema wurde, - es handelt sich um die klassische Ödipus-Sage. Diesem Vergleich widmet sich ausführlich z. B. das Buch „Gregorius: a medieval Oidipus “18. Im Werk „Gregorius“ behandelt Hartmann mehrere Motive - eine Blutschande der Zwillinge, klösterliches Leben des Gregorius, verschiedene Erlebnisse, als Gregorius zu einem Ritter wurde und wieder einen Inzest, diesmal zwischen ihm und seiner Mutter. Allen diesen Ereignissen folgt die Erzählung über Buße Gregorius, der dann letztendlich zum Papst wurde.19 Gregorius ist durch einen Inzest zur Welt gekommen, also unter den Umständen, die als Sünde und sogar als „missetat“ im Prolog bezeichnet wurden. Als junger Mann wuchs er in einem Kloster auf, aber im Laufe der Zeit entschied er sich, das Kloster zu verlassen und Ritter zu werden. Als Ritter gewann er nach einem Kampf eine Frau, die leider durch einen unglücklichen Umstand seine Mutter war. Darüber hatte Gregorius aber keine Ahnung und beging einen Inzest. Nachdem entschied er sich zu einer radikalen Buße: er wurde auf einer Insel zum Felsen gekettet und viele Jahre lang wurde er nur durch „den Trost von Christus“ am Leben gehalten. Im Vergleich zum Werk „Der arme Heinrich“ geht es um einen ähnlichen

15 HAUG, Walter. Vernacular Literary Theory in the : The German Tradition, 800-1300, in Its European Context. Cambridge: Cambridge University Press, 2006, S. 132. Online verfügbar: https://books.google.cz/books?id=fwwk89Uf3R0C&pg=PA132&lpg=PA132&dq=Gregorius+hartmann&source =bl&ots=kw1Le9e_84&sig=B74oHoBewmv0PN6dlNthRKEZHbE&hl=cs&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q= Gregorius%20hartmann&f=false. [Letzter Zugriff: 2016-04-010]. 16 Siehe Chronologie der Werke Hartmanns S. 7 17 CORMEAU, Christoph; STÖRMER, Wilhelm. Hartmann von Aue: Epoche, Werk, Wirkung. München: C.H. Beck, 1980, S. 123. 18 Vgl. ZEYDEL, Edwin H.; MORGAN, Quincy Bayard. Gregorius: a medieval Oidipus legend. Chapel Hill: 1955. 19 Zu diesen Themen gibt es natürlich mehrere literarische Vorlagen, nicht nur das genannte Öidipus-Sage, sondern auch volkstümliche Geschichten und kirchliche Erzählungen. Vgl. MURDOCH, Brian. Gregorius. Oxford: OUP Oxford, 2012, S. 10. Online verfügbar: https://books.google.cz/books?id=0LxmUnvs70QC&pg=PA11&lpg=PA11&dq=gregorius+oidipus&source=bl& ots=ZX9yiCKoex&sig=4r5AHmy2icRzXPla8tGuzoAF5G0&hl=cs&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q&f=false. [Letzter Zugriff: 2016-04-10]. 9

Hauptgedanken.20 Schon im Prolog zum „Gregorius“ schreibt Hartmann über Schuld und Gewichtigkeit der Buße. Er warnt auch vor dem Zweifel21 - gerade diese Geschichte sollte eigentlich „alle Sünder ermutigen, nicht zu verzweifeln.“22 Der Zweifel, über den im Werk nachgedacht wird, ist augenfällig Zweifel an Gott, bzw. an eigener Handlung, die sich nicht im Einklang mit christlicher Lehre befindet. Gregorius erkannte im Laufe der Zeit die Fehlerhaftigkeit seiner Handlung und danach begann er durch die Buße die Gnade Gottes zu suchen. An dieser Stelle könnte man berechtigterweise vermuten, dass „Gregorius“ als Vorlage für Hartmanns eigene, später geschriebene Geschichte „Der arme Heinrich“ stand. Wenn diese Vermutung die Wirklichkeit wahrheitsgemäß zurückwerfen würde, könnte man sagen, dass es sich im Fall des Werkes „Der arme Heinrich“ um ein gewisses Glaubensbekenntnis Hartmanns handelt, wobei die Gnade Gottes wieder den Leitgedanken bildet.

4. „Der arme Heinrich“ (Kurze Inhaltszusammenfassung)

Nach einer kurzen Vorstellung des Verfassers im Prolog beginnt die Geschichte über adligen Herrn Heinrich, der „in Schwaben ansässig war“23. Er wurde als ein Ritter mit allen Vorzügen, adliger Herkunft, gewisser Macht und Besitzt beschrieben, der aber vor allem auf das Ansehen und die Gesinnung achtete. Dabei wurde er als „Zierde der Jugend, ein Juwel an Zuverlässigkeit, eine wahre Krone der höfischen Ausbildung, Zuflucht für die Bedrängten, ein Schild für seine Verwandten und der Freigebigkeit eine ausgeglichene Waage“24 verherrlichte. Außer seiner Eigenschaften erfährt der Leser auch über seine Stellung in der Ratsversammlung und dass er „herrlich von der Liebe sang“. Also Heinrich war wahrscheinlich auch Minnesänger, genauso wie Hartmann. Das ist eigentlich weder die erste noch die letzte Parallele zwischen dem Verfasser Hartmann und seinem literarischen Helden Heinrich. Plötzlich erkrankte Heinrich an einem Aussatz und durch sein Äußeres „wurde er da [allen Menschen] unangenehm“.25 Er war sehr unglücklich und auch sein Prestige litt dadurch. Die Ärzte raten ihm nach Montpellier zu reisen, weil sie genauso wie er dachten, dass er „sehr wohl zu heilen

20 Unterschiede zwischen „Gregorius“ und „Dem armen Heinrich“ sind für diese Arbeit nicht relevant und wurden z. B. in folgenden vergleichenden Betrachtungen bearbeitet: STAUBER, Sabina. Vom Sündelfall bis zur göttlichen Erlösung: Hartmann von Aues "Gregorius" und "Der arme Heinrich" im Vergleich. 2004, Diplomarbeit. und HARANGOZÓOVÁ, Mária. Hartmann von Aue: Der arme Heinrich und Gregorius (Analyse und Vergleich den Werken). 2012, Diplomarbeit. 21 Ähnlich thematisiert den Begriff mhd. „zwîvel“ im Prolog zu Parzival 22 CORMEAU, Christoph; STÖRMER, Wilhelm. Hartmann von Aue: Epoche, Werk, Wirkung. München: C.H. Beck, 1980, S. 128. 23 BUSCH, Nathanael; WOLF, Jürgen. Hartmann von Aue: Der arme Heinrich. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Stuttgart: Reclam, 2013, S. 11. 24 Ebda. S. 11. 25 Ebda. S. 15. 10 wäre“.26 Da hoffte er vergeblich auf die Heilung dagegen kam nur die Enttäuschung. Er fuhr deshalb nach Salerno und da kam er mit einem Gelehrten ins Gespräch. Der Gelehrte sagte ihm, was er machen muss, um wieder gesund zu werden. „Ihr müsstet eine Jungfrau finden, die in hohem Ansehen stünde und auch willens wäre, dass sie für euch den Tod erlitte. ( … ) dagegen gibt es nichts anderes als das Blut der Jungfrau.“27 Heinrich verlor seine Hoffnung, ging heim und begann alles, was er hatte, zu verschenken und den Armen zu helfen, schließlich zog er zu einem Meier ein. Der Meier hatte auch eine Tochter im Alter von acht Jahren. Zwischen ihr und Heinrich begann ein sonderbares Verhältnis zu keimen. Das Mädchen wurde von Heinrich als Braut genannt und bekommt von ihm auch Geschenke, die vielleicht eine symbolische Rolle als Präsente für Geliebte darstellen könnten. Bei einem Gespräch vernahm die Tochter, dass Heinrichs Krankheit heilbar ist, aber dass er „eine Jungfrau finden müsste, die heiratsfähig ( … ) und auch willens wäre. Dass sie den Tod für [ihn] erlitte durch einen Schnitt ins Herz.28 Die Tochter überredet dann die Eltern um die Erlaubnis zu bekommen sich für Herr Heinrich zu opfern. Überdies möchte sie sich „von der Hölle und von den bösen Geistern erlösen“29 und ins Paradies von Gottesgnade gehen. Unter diesen Umständen fuhren Heinrich und Meiers Tochter nach Salerno. In Salerno sollte sich die Tochter einem Eingriff unterziehen, bei dem sie ums Leben kommt und dadurch Heinrich ausheilt. Während das Mädchen auf dem Tisch lag und der Meister ein Messer schleifte, fand Heinrich in der Nachbarkammer ein Loch, durch das er „sie sogleich nackt und festgebunden“30 sah. Er wurde sich der Furchtbarkeit der Szene bewusst, dass so schönes, junges Mädchen mit dem ganzen Leben vor sich für ihn, den alten Man, sterben soll. So verhinderte er die Opferung, natürlich zum großen Ärger des Mädchens. Bei dem Rückweg heim bewies Gott, „wie lieb ihm Ergebenheit und Erbarmen sind, und nahm ihnen beiden all ihr Leid und machte ihn [Heinrich] sofort makellos und ganz gesund.“31 Zu Hause ließ Heinrich unter anderem den Rat von Verwandten und Vasallen einberufen, der sich dann über Henrichs Trauung beriet. Schließlich wurde die Heirat genehmigt und die Priester, die dabei waren, „gaben sie ihm zur Frau. Nach einem angenehmen und langen Leben erlangten sie beide gleichermaßen das ewige Reich.“32 So endet „Der Arme Heinrich“ nach der

26 BUSCH, Nathanael; WOLF, Jürgen. Hartmann von Aue: Der arme Heinrich. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Stuttgart: Reclam, 2013, S. 19. 27 Ebda. S. 23. 28 Ebda. S. 37. 29 Ebda. S. 61. 30 Ebda. S. 105. 31 Ebda. S. 125. 32 Ebda. S. 145. 11

Handschrift, die 1870 verbrannte und nur über die frühen Abdrücke greifbar ist.33 34 In einer frühen Überarbeitung35 ist die Geschichte mit einem völlig anderen Schluss beendet. „Die Hoffnung, zu zwei Engeln zu werden, zeigte sich an beiden. ( … ) Er trat in ein Kloster ein ( … ) Dort verdienten sie beide gleichermaßen das herrliche Himmelreich.“36 W. Wackernagel deutet das Ende in seiner Ausgabe noch ein bisschen anders und schreibt: „er tet sie in ein kloster ( … ) Da bi in einen tum.“37 Also Heinrich schickte seine Frau ins Kloster und er ging in das Domstift.38 Was die Handlung betrifft, lässt sich sagen, dass „Der arme Heinrich“ nicht gerade handlungsreich ist. Zusammenfassend gibt es hier die Erkrankung, eine in vier Zeilen geschilderte Reise nach Montpellier, dann zwei Reisen nach Salerno, dazwischen Aufenthalt beim Meier und schließlich die Heilung. Das Wichtige ist vor allem das innere Geschehen, sowohl die ganze Entwicklung Heinrichs Denkens, wie auch Seelengänge der Meierstochter und das alles anhand der schicksalhaften Erkrankung des Hauptprotagonisten.

4.1. Zur Gattung des Werkes „Der arme Heinrich“ Es scheint ziemlich schwer zu sein, das Werk „Der arme Heinrich“ einer genauen Gattung zuzuweisen. Wenn man den ganzen Umfang und die Erzählführung der Geschichte betrachtet, dann bietet sich eine der einfachen Formen an und zwar „das Märe“.39 Es gibt wenige auserzählte Szenen und „Ausgangsituationen und erzähltes Ereignis bedingen eine pointenhafte Einsicht bei den Figuren, die dem Hörer als nachvollziehbare Lehre angeboten wird.“40 Zur Zeit Hartmanns war es jedoch keine schriftliterarisch eingeführte Form. Wenn man die Zeitepoche berücksichtigt, dann könnte es sich um eine Legende handeln. Das Problem besteht aber darin, dass ein Legendenmuster am Ende der Geschichte sozusagen einen neuen Heiligen bildet. Im Fall Heinrichs stimmt die Geschichte mit dem Legendenmuster nicht

33 BUSCH, Nathanael; WOLF, Jürgen. Hartmann von Aue: Der arme Heinrich. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Stuttgart: Reclam, 2013, S. 149. 34 Handschrift A: Straßburg, Stadtbibl., Cod. A 94; 1870 verbrannt. 35 Handschrift B: Cologny-Genf, Bibl. Bodmeriana, Cod. Bodm. 72. 36 BUSCH, Nathanael; WOLF, Jürgen. Hartmann von Aue: Der arme Heinrich. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Stuttgart: Reclam, 2013, S. 145. 37 WACKERNAGEL, Wilhelm. Der arme Heinrich Herrn Hartmanns von Aue und zwei jüngere Prosalegenden verwandten Inhaltes. Basel: Schweighauseische Verlagsbuchhandlung, 1855, S. 78. 38 tuom stm; md. tûm, dûm: bischöfl. kirche, stiftskirche, dom, cathedralis ecclesia LEXER, Matthias: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. 3 Bde. Leipzig: 1872-1878. Online verfügbar: http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=Lexer&lemid=LT02561 [Letzter Zugriff: 2016-02- 12]. 39 Belehrende Erzählung, merkwürdige Geschichte, Sage, Kunde. Märe. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Online verfügbar: http://dwds.de/?view=1&qu=M%C3%A4re [Letzter Zugriff: 2016-02-12]. 40 CORMEAU, Christoph; STÖRMER, Wilhelm. Hartmann von Aue: Epoche, Werk, Wirkung. München: C.H. Beck, 1980, S. 145. 12

überein, weil Heinrich zum keinen Heiligen wurde. Wegen der Wunder, die die Geschichte begleiten, könnte es sich auch um einen damals verbreiteten Typ der Mirakelerzählung handeln. Heutzutage lässt es sich auch sagen, dass die Erzählung Hartmanns sich der Novelle nähert, aber auch in diesem Fall stimmt es nicht völlig, weil das Werk „Der arme Heinrich“ in Form der Verserzählung geschrieben wurde und die Novelle wird außer anderem durch eine Prosaform charakterisiert. Ohne gewisse Einschränkung eine Deutungsperspektive ist es nicht möglich, die Form genau als eine Gattung zu spezifizieren,41 weil es sich um ein dichterisches Werk mit lyrischen und epischen Elementen handelt, das mehrere Merkmale von einzelnen Gattungen enthält. In dieser Arbeit werden deshalb einfache Benennungen für diese Werk benutzt und zwar eine Geschichte oder eine Erzählung.

5. Zur Schicht Hartmanns

Hartmann von Aue lebte in der Zeit der Herrschaft von Adelsgeschlecht Staufer (auch Hohenstaufen genannt), also in dem Zeitabschnitt der Kreuzzüge. Es handelte sich um Kriegszüge gegen die Muslime und muslimischen Staaten im Nahost. Außer den strategischen und wirtschaftlichen Motiven spielte eine Hauptrolle das Motiv der Religion. Diese Kreuzzüge wurden vom Papst angeordnet und sollten gegen das Verbreiten des Islams kämpfen und gleichzeitig die Stellung der christlichen Kultur, Tradition und die Position der christlichen Kirche selbst festigen. Im Werk „Der arme Heinrich“ bezeichnet Hartmann sich selbst als „dienstman“, also als Angehöriger der Schicht der Ministerialen. Ministerialen waren Leute, die für einen adeligen Herren im Bereich der Verwaltung, der Wirtschaft oder des Heerwesens dienten. Die gesellschaftliche Stellung dieser Leute war aber sehr unterschiedlich. Wenn wir über Hartmanns Ära sprechen, können wir aus „Bamberger Dienstrecht“ und aus späteren „Sachsenspiegel“ und „Schwabenspiegel“ ausgehen. Nach dem Dienstrecht waren gesellschaftliche Bedeutung, Position und Macht von Ministerialen auf dem ähnlichen Niveau des niederen Adels. Ein großer Unterschied zwischen Ministerialen und niederen Adel war die Freiheit. Ministerialen wurden als eine unfreie Schicht bezeichnet, also dem Herrn untergeordnet und aus dem Rechtsstandpunkt wurden sie als „familia“, Kreis eines Herrn, bezeichnet. Da muss man aber zwei Ebenen betrachten. De iure sind die Ministerialen seit Geburt unfrei und untergeordnet, aber de facto haben diese Leute gewisse Macht, angestammtes

41 CORMEAU, Christoph; STÖRMER, Wilhelm. Hartmann von Aue: Epoche, Werk, Wirkung. München: C.H. Beck, 1980, S. 145. 13

Recht auf das Lehen und andere Rechte, die nicht dem Begriff „unfrei“ entsprechen. So konnten die Ministerialen z. B. mit einem Dienstlehen wirtschaften, dies im Kreise der Dienstgenossen auch verkaufen oder vererben.42 Dass es sich um eine wichtige Schicht handelt, bekräftigt auch das Hofrecht von Bischof Burchard von Worms, der die „ministerialis“ neben „aduocatus“ (Advokat) und „uicedominus“ (Vitztum) zu den drei einflussreichsten Beamten der Hofgenossenschaft zählt.43 Außer dem Wort „dienstman“ stellt sich Hartmann auch als „ritter“ vor. Da muss man zur Kenntnis nehmen, dass der Begriff „ritter“ in diesem Zeitabschnitt, also an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert, noch nicht mit den Tugenden und mit der Erhabenheit zusammenhing. Es handelte sich eher um beruflich (dienstlich) orientierte Bezeichnung. Ein Ritter war also ein auf einem Pferd reitender Krieger, der fähig zum Kampf war und der Begriff selbst deutete auf die Unterordnung unter den Herrn hin.44 „Der Arme Heinrich“ wurde höchstwahrscheinlich nach „Kreuzlieder“ geschrieben und der Fakt, dass sich Hartmann selbst so vorstellte, unterstützt auch die Ideen über die Teilnahme Hartmanns an einem Kreuzzug. Die oben erwähnten Tatsachen beeinflussten natürlich auch Hartmann selbst und spiegeln sich deshalb stark in seinem Schaffen wider. Es lässt sich sagen, dass man in einer der zwei Hauptpersonen, in der Gestalt Heinrichs, gewisse Merkmale finden könnte, die ihm aufgrund der Persönlichkeit des Autors, von Hartmann selbst, geprägt werden könnten. Wenn man dann die Geschichte über „Den armen Heinrich“ liest, erfährt man teilweise nähere Informationen nicht nur über den Autor, sondern über die ganze Ära Hartmanns.

42 Frei nach: CORMEAU, Christoph; STÖRMER, Wilhelm. Hartmann von Aue: Epoche, Werk, Wirkung. München: C.H. Beck, 1980, S. 40-46. 43 GENGLER, Heinrich Gottfried Philipp; MITTERMAIER, Carl Joseph Anton. Das Hofrecht des Bischofs Burchard von Worms. Junge & Sohn, 1859. S. 7. 44 Frei nach: FLORI, Jean. Rytíři a rytířství ve středověku. Praha: Vyšehrad, 2008. S. 58 - 59. 14

6. Heinrich als Kranker

Die Erkrankung und Heilung Heinrichs sind Motive, die im Werk „Der arme Heinrich“ eine spezifische Funktion vertreten und den Raum für die Entwicklung der Ideen Hartmanns öffnen. In den nächsten Zeilen wird sowohl über die Erkrankung Heinrichs, als auch über die gesellschaftliche Stellung eines Kranken in der damaligen Epoche geschrieben. Aufgrund des Werkes Hartmanns wird auch über den Vergleich zur Bibel geschrieben und nachfolgend wird die Krankheit als Metapher für Strafe Gottes dargestellt, wobei die wichtigen Merkmale und Andeutungen, die zu dieser Bezeichnung führen, möglichst ausführlich geklärt werden.

6.1. Erkrankung Heinrichs und biblische Parallele Heutzutage ist es selbstverständlich, dass die Sprache sich ständig entwickelt und viele Begriffe den Bedeutungsveränderungen unterliegen. Deshalb muss man beachten, dass die Wörter, die man heute benutzt, im Mittelalter beziehungsweise im Mittelhochdeutschen, andere Konnotation haben könnten und erst durch Bedeutungswandel es schafften, sich ins Neuhochdeutsche in bestimmter Wortbedeutung einzugliedern. So versteht man in der Gegenwart unter dem Begriff „Krankheit“ körperliche, geistige oder seelische Störung, die an bestimmten Symptomen erkennbar ist, oder einfach die Zeit des Krankseins.45 Dieser Begriff wird sowohl für einen leichten Schnupfe