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Herausgeber: LID Landwirtschaftlicher Informationsdienst, Bern Konzept und Text: Matthias Diener, Luzern Fotos: LID … Der schönste Beruf der Welt. Diese Broschüre ist erhältlich bei: LID Landwirtschaftlicher Informationsdienst Weststrasse 10, 3000 Bern 6 Tel. 031 359 59 77, Fax 031 359 59 79 E-Mail: [email protected], Internet: LID.CH November 05 – 20 000 dt

Informationsquellen www.landwirtschaft.ch Landwirtschaftsleckerbissen, Verzeichnis mit Lernangeboten für Schulen, erhältlich beim LID. Zehn Porträts Der schönste Beruf und Protokolle 4 Als Tandem unterwegs 20 Damit die Rechnung aufgeht Kirchberg BE: Annemarie und Bernhard Lüthi zei- Buus BL: Marisa und Andreas Leuenberger und Bauer und Bäuerin sind die schönsten Berufe gen Schulklassen, wie Hamburger, Pommes Frites Vater Karl erzählen, wie sie ihren Betrieb seit 30 der Welt! Die Porträts und Protokolle dieser und Milchshakes wachsen. Jahren fit für den Markt halten. Broschüre wollen es beweisen. Vom Basler Jura bis in die Bündner Berge, vom Bodensee 6 Liebe auf den ersten Blick 22 Ein Ort zum Heimkommen bis ins Bernbiet haben wir Bauern, Bäuerinnen, Rheineck SG: Melitta Bischof kann an ihrer Zuben TG: Anita und Beat Leuch geben auf Bauernfamilien besucht. Bauernbetriebe, wie es Lehrstelle als Gemüsegärtnerin den Pflanzen, die ihrem Biohof mit Kühen, Kleintieren und Obstbau viele gibt in der Schweiz – und doch ist jeder sie gesät hat, beim Wachsen zuschauen. Pflegekindern einen Familienrahmen. anders und einzigartig, jeder hat sein besonde- res Gesicht und seine eigene Geschichte. 8 Im Ferienland bauern Dalin-Präz GR: Die Familie Faust lebt am Mit dieser Broschüre wollen wir Sie anregen, Heinzenberg und stellt auf einem Stück Und weiter den schönsten Beruf der Welt direkt kennen zu Ferienlandschaft Bündner Spezialitäten her. lernen. Sie können 24 Bauer und Bäuerin werden mit benachbarten Bauern und Bäuerinnen 10 Zwei Berufe in einem Berufswahl: Die Wege zu Landwirt/-in und das Gespräch suchen Gelfingen LU: Peter Schuler pflegt und erntet Bäuerin sind spannend und anspruchsvoll. Produkte bei Bäuerinnen und Bauern kaufen beim Schloss Heidegg die Trauben von 16 Ausbildunggänge und Weiterbildungs- und ihre Angebote nutzen Rebsorten und keltert seine schönen Weine. möglichkeiten. auf einem Bauernhof Ferien verbringen oder eine Nacht im Stroh schlafen oder einmal 12 Auf Lasttiere umgesattelt 26 Bauern und Bäuerinnen begegnen selbst mitarbeiten Giswil OW: Rita und Fredy Abächerli bieten Wegweiser: Wer Bäuerinnen und Bauern begeg- als Lehrerin oder Lehrer mit ihrer Klasse eine Lamatrekkings an. Familien, Firmen und Vereine nen will, findet dazu attraktive Möglichkeiten. Lektion Schule auf dem Bauernhof abmachen erleben Abenteuer, Spiel und Spass. Lexikon der Fachausdrücke, Seite 27 und so SchuB in ihren Schulalltag bringen. 2 14 Mit den Schweinen per Du Aettiswil AG: Urban Isenegger versteht die Kunst, seine Mohren, Ferkel und Mastschweine intensiv Bildlegende … Bildlegende … und tiergerecht zu halten. Bildlegende …

16 Pflanzenreich am Stadtrand Bolligen BE: Ursula Reinhard verkauft nahe bei Bern Blumen, Kräuter, Kartoffeln, Gemüse und Getreide. Alles mit Liebe selbst gezogen.

18 Eigentlich ist man Bauer Seewen SZ: Barbara und Richard Laimbacher ernten das Futter für ihre 22 Kühe an steilen Hängen. Ohne Nebenerwerb geht es nicht.

2 3 Vor drei Jahren haben Annemarie und Bernhard einmal aufgelistet, wie sie ihre Land- wirtschaft weiter betreiben könnten. Einfacher sollte die Arbeit werden, und einträglicher! Saatmais oder Saatklee anbauen? Fohlen auf- Bernhard Lüthi liebt es, wenn der Wind das ziehen? Die Hälfte des Landes für Pferdepolo zur Gerstenfeld zum Wiegen und Wogen bringt und Verfügung stellen? Eine Besenbeiz einrichten? Stolz steigt ihm auf, wenn der Vollernter die Zum Schluss haben sie das Milchkontingent Als Tandem Kartoffeln aus der Erde hebt. «Es war immer klar, fast verdoppelt, geben seither2 die männlichen unterwegs dass ich Bauer werde», sagt er. «Die Arbeit mit Kälber mit 75 Kilo zur Mast, verkaufen die den Pflanzen und Kulturen gefällt mir. Auch die weiblichen Kälber einem Bauern im Emmental Chemie mache ich gern.» Aber Chemie ist doch und kaufen sie zwei Jahre später, als Kühe, kurz Bernhard und Annemarie Lüthi (44/45) Gift! – «Die Schülerinnen und Schülern verstehen sind die Pächter auf dem Kleehof in vor dem ersten Kalbern zurück. So wurde im Stall 2 jeweils sofort, dass ich die Kulturen spritzen Platz frei, Platz für Kaninchen, 130 Zippen Kirchberg BE. Auf diesem Hof hat Heinrich muss. Wenn Ihr so richtig Halsweh habt, sage 2 Pestalozzi 1767 das Bauern gelernt. und 12 Rammler. Die Zippen werfen 5 bis 13 ich ihnen, dann seid ihr froh um ein Medikament. Junge und2 säugen sie etwa einen Monat. Dann Schule auf dem Bauernhof Oder ich frage sie, ob sie Kirschen mit Würmern werden die Jungkaninchen, 500 bis 700 Gramm Auf dem Kleehof können Schulklassen essen würden.» schwer, an Mastbetriebe verkauft. lernen, wo das Essen herkommt. Annemarie Lüthi bereitet mit den Er sei Ackerbauer und könnte ohne Kühe Annemarie ist verantwortlich für die Lehrkräften die Lektionen vor. Eine leben, meint Bernhard, um wenig später zu schil- Hälfte der Kaninchen. Auf einem Bauernhof dern, wie gern er im Winter zu den Kühen gehe, in Affoltern im Emmental aufgewachsen, hat Klasse aus Kirchberg ist sechs Mal wie fest er an den Tieren hänge. «Die Wärme im sie die Kochlehre gemacht und später die gekommen um ein ganzes Bauernjahr Stall, du siehst die Milch, du hast die Aufgabe, für Bäuerinnenschule besucht. Schön an meiner zu erleben. 30 angehende Lehrerinnen die Tiere zu sorgen.» Bernhard 2 deckt die Kühe Arbeit ist die Vielfalt, sagt sie. Kein Tag ist wie mit dem Stier. 2Künstliche Besamung ist teuer. der andere. Da ist die Arbeit auf dem Hof, da ist und Lehrer von der Pädagogischen «Heute müssen wir Bauern die Kosten möglichst der Garten, der die Familie fürs ganze Jahr mit Hochschule Bern waren beeindruckt niedrig halten, denn die Produktepreise sinken. Gemüse versorgt, da ist der Haushalt, sind die nach einem Tag «Vom Acker auf den Für den Weizen bekommen wir noch halb so Kinder, die Lehrtochter, der Angestellte. Acht bis viel wie vor zehn Jahren.» Teller». Bildlegende… zehn Leute sitzen zum Essen am Tisch.

Bernhard und Annemarie nehmen es gelassen, dass vielleicht keines ihrer vier Kinder Bauer wird. Auch die unsichere Zukunft belastet sie nicht. «Als Pächter sind wir frei, wir wür- den die Tiere und2 das Inventar verkaufen – viele Maschinen haben wir ohnehin mit Berufskollegen gemeinsam angeschafft.» So stehen sie auf dem Boden, arbeiten damit und sind doch mit leichtem Gepäck unterwegs – wie man’s mit dem Velo oder Tandem gewohnt ist.

4 5 Im Sommer, von April bis September Die Lehre dauert drei Jahre. Was beginnen wir Lehrlinge um halb sieben Uhr mir gefällt an diesem Beruf? – Ich sehe das zu arbeiten. Heute Morgen habe ich zuerst Gemüse wachsen, das ich gesät und gepflanzt Peperonitriebe ausgebrochen und dann Gurken habe, ich arbeite in der Natur. Meine Familie sortiert, 40 Gitter zu 12 Stück. Nachher musste findet es schön, dass ich etwas in der Natur ich mit dem Chef Kopfsalat, Mischsalat und mache und nicht einfach im Büro sitze. Am 22. Kohlrabi schneiden. Vor dem Mittag habe ich August beginnt die Schule wieder, ein Blockkurs noch ein paar Gitter Ruccola im Gewächshaus von vier Wochen am Inforama Ins im Berner Liebe auf geschnitten. Es gibt aber nicht nur Handarbeit Seeland. Im Januar folgt ein weiterer Blockkurs im Gemüsebau. Ich arbeite auch mit Maschinen: von fünf Wochen. Unsere Fächer sind Botanik, den ersten Blick Pflügen, spaten, fräsen. Das mache ich gern, Chemie, Maschinenkunde, die verschiedenen wenn ich’s im Griff habe. Gemüsekulturen von der Saat bis zur Ernte, Melitta Bischof (17) lernt Gemüsegärtnerin Schädlinge, Mathematik. Das Betriebsheft schrei- bei der Familie Risch in Rheineck SG, sieht be ich daheim auf dem Computer. wachsen, was sie gesät hat und durfte auch schon auf dem Markt verkaufen. Familienbetrieb mit Im Winter, von Oktober bis März zwei Lehrstellen Ich wohne in Grub SG. Zur Arbeit fahre ich beginnen wir um sieben Uhr. Wir säen, setzen Die Familie Risch in Rheineck SG sät, «mit meinem Motorrad, im Winter bringt mich und ernten Nüsslisalat, schneiden Wirz und setzt, pflegt und erntet Frischgemüse der Vater mit dem Auto zum Betrieb, er arbei- Kabis, sortieren Rüebli und rüsten Sellerie. Ab tet als Primarlehrer in St. Gallen. Als ich beim Dezember säen wir den ersten Kopfsalat und und Kartoffeln und zieht – eine Berufsberater Fotos von verschiedenen Berufen Kohlrabi, später dann Tomaten, Blumenkohl, Besonderheit des Betriebes – alle anschaute, hat mir das von der Gemüsegärtnerin Broccoli, Fenchel usw. Im Februar haben wir Jungpflanzen selbst, 1 Million Pflanzen sofort am besten gefallen. Ich ging dann auf Tomaten veredelt: Man schneidet den oberen diesem Betrieb schnuppern und es gefiel mir gut. Teil einer Kulturtomatenpflanze ab und steckt ihn im Jahr. Auf den 10 2 Hektaren Dabei lernte ich auch meinen Freund kennen, er mit einem Zahnstocher und einem Gummiclip auf Anbaufläche, davon 0,4 Hektaren in machte hier gerade das letzte Lehrjahr. Ich habe dem unteren Teil einer Wildtomatenpflanze fest. Gewächshäusern, arbeiten im Sommer eine Bewerbung geschrieben und die Lehrstelle Das muss schnell gehen, bevor der Saft an den bekommen. Schnittstellen austrocknet. Die Wildform hat kräf- 7 Leute (davon 3 Saisonangestellte) tigere Wurzeln, daher wächst die Pflanze stärker und 2 Lehrlinge. und es gibt eine bessere Ernte. Bildlegende… Bildlegende…

Wir liefern das Gemüse an die Gemüse- zentrale Rebstein und verkaufen auch erntefrisch, im Gmüeslädeli der Familie Risch und auf dem Samstagmarkt in Rheineck. Im Mai durfte ich im Verkauf mithelfen das machte mir viel Spass. – Wir arbeiten bis 17.30 Uhr. Anfangs hatte ich abends Muskelkater und Rückenweh, jetzt nicht mehr, ich habe mich an die Arbeit gewöhnt. »

6 7 Solches hat Annemarie schon auf dem Bauer sein – der schönste Beruf der Hof ihres Vaters gemacht. Sie hat dann Floristin Welt? Annemarie würde das nicht einfach gelernt und wollte auf keinen Fall einen Bauern unterschreiben, auch wenn sie es nicht anders heiraten. Hansruedi musste 19-jährig voll in haben möchte; «die Kinder bringen viel Freude den Betrieb einsteigen, nachdem, 6. Dezember ins Leben», sagt sie. Und Hansruedi: «Ja, so wie 1983, sein Vater gestorben war. Nach den wir es uns aufgebaut haben». Gebaut haben sie zwei Lehrjahren und den zwei Wintern an der viel, seit sie 1996 geheiratet haben. Haus, Estrich, Landwirtschaftsschule in Landquart wäre er Heizung, Kuhstall, Hühnerstall. Aufgebaut Im Ferienland gerne noch eine Zeit fort gegangen von daheim. haben sie sich auch zusätzliche Erwerbsquellen: Im Winter 1989 reichte es für eine dreimonatige Annemarie verkauft auf dem Wochenmarkt in bauern Reise nach Australien und Neuseeland. eigene Würste, Alpkäse, Brot, Zöpfe, Nusstorten – die Kontakte mit den Kunden tun Hansruedi und Annemarie Faust (43/34) wirt- ihr gut. Hansruedi ist heute nebenbei – vorher schaften in Dalin-Präz am Heinzenberg GR, war er Skilehrer und Säger – Geschäftsführer des 1200 m. ü. M., hoch über dem . Maschinenrings Beverin, 92 Mitglieder, 300‘000 Sie möchten es nicht anders haben. Ein Gewinn – auch für die Feriengäste Franken Umsatz. Auf der Fahrt bergaufwärts versteckt sich die Der Maschinenring bringt‘s: Bauern Landschaft in einem wallenden Nebelmantel. können Berufskollegen mit Maschinen Mitte September kommen die Kühe Auf der Rückfahrt, drei Stunden später, bricht anheuern, um Mist zu führen, von der Alp zurück. «Ich freue mich, wenn sie die Sonne durch, malt Farben und Konturen wieder kommen», sagt Hansruedi, «Früher hat- in die weiten Wiesen zwischen den Hecken Heuballen zu pressen, Fahrsilos zu ten wir mehr Kontakt zu den Kühen, wir haben und Wäldern, sattgrün leuchten sie. Oben, wo füllen. Die einen brauchen keine noch lange von Hand gemolken, haben die Kühe Hansruedi Faust bald das Ökoheu schneiden Maschinen und gewinnen Zeit, die im Stall angebunden und losgebunden, haben wird, mischt sich zunehmend2 rot in die Wiesen. sie am Brunnen getränkt». Früher auch hat Hansruedi und Annemarie sind eben von ihren andern lasten ihre Maschinen gut aus Hansruedi im November und Dezember auf dem Ferien zurück, eine Woche mit den Kindern und verdienen einen Lohn. Solange Maiensäss Vaters Kühe gefüttert. Und hat dann Daria, Ursin und Loana auf dem Campingplatz die Bauern so wirtschaften, bleibt die dort im Stall geschlafen. von Tenero TI. Sie gönnen sich diese Woche im Die Landwirtschaft der Familie Faust: Süden, sobald das Heu der unteren Wiesen ein- 14 Braunkühe und ebenso viel Jungvieh. 22 Landschaft offen für uns Feriengäste. gebracht und die Kühe und Aufzuchtrinder Hektaren steile Wiesen und Weiden. 500 Bildlegende… Bildlegende… auf die Alp gefahren sind. «Wir2 haben die ganze Legehennen,2 Freilauf, Bio. Annemarie ist in Ferienwoche nie von der Landwirtschaft gere- einem Kurs für die Umstellung auf Bio zur Idee det», sagt Hansruedi. mit den Hühnern gekommen, hat herumtelefo- niert und in Rüti ZH einen Eierkäufer gefunden. Täglich sammelt sie die Eier aus den Legenestern und kontrolliert die automatische Fütterung und Tränke. Zusammen mit Hansruedi räumt Annemarie jeweils nach der Schneeschmelze auch das Laub von den Wiesen und Weiden und recht im Sommer von Hand das Heu die steilen Hänge herunter.

8 9 Als Winzer muss man gerne mit Pflanzen Letzte Woche habe ich das Schreiben in der Natur arbeiten. Es ist körperlich streng, auch an unsere 3500 Kunden aufgesetzt. Im August wenn man vieles mit Maschinen macht. Wetterfest und September haben wir unsere grossen muss man sein. Für die Weinbereitung braucht Verkaufstage. Dann, kaum haben wir den es Freude an der Technik. Die Kombination ist letzten Wein in der Flasche und einen Grossteil faszinierend: In der Natur geschieht vieles, mit des Weines verkauft, geht die Traubenernte los, der Technik nimmt man Einfluss. Ich bin über mein manchmal schon Mitte September. Im Rebberg Interesse an Chemie, Biochemie, Mikrobiologie ist es die Krönung der Arbeiten, im Keller legt Zwei Berufe zum Winzer gekommen. man den Grundstein für den Wein. Wir haben 16 in einem verschiedene Rebsorten. Abends lesen wir bis um fünf Uhr, dann beginnt das Pressen erst richtig, Peter Schuler (40) bewirtschaftet das Reb- Von Januar bis März schneiden wir die oft bis nach Mitternacht. Exklusive Weine gut Schloss Heidegg in Gelfingen LU, heute Reben, 25 000 Rebstöcke auf den 5 2 Hektaren. aus der Region auf eigene Rechnung. Vieles fasziniert ihn Gleichzeitig filtrieren wir im Keller die jungen Weine und bereiten sie für die Abfüllung vor. Wir beeren die Trauben maschinell Luzerner Wein verkauft sich regi- an seinem Beruf. « Das Abfüllen beginnt, bevor im April die Reben ab, pressen sie, klären den Most und setzen onal. Bei einem Preis von 14 bis 24 Früher war der Winzer der Rebbauer erwachen. So können wir bei Hudelwetter auch ihn im Tank mit Hefe an. Die Gärung beginnt. Franken muss man etwas Philosophie, und« der Küfer der Weinbereiter. Heute ist der einmal abfüllen, statt Reben zu schneiden. Ab Mai Aus dem Zucker entsteht Alkohol und es bildet gehen wir immer wieder durch den Rebberg, zum sich massgeblich das Aroma. Nach ein bis zwei Regionalität, Exklusivität mit verkau- Winzer beides. Das ist der grosse Reiz dieses Berufs, dass man von der Urproduktion über die Spritzen, Mulchen, Düngen, Erlesen, Wochen sinkt die Hefe ab und wir können den fen. Matthias Brunner und ich stecken 2 2 Veredelung bis zum Verkauf alles macht. Ich habe 2 Einschlaufen, Aufbinden. Die Rebe wuchert jungen Wein abziehen. In dieser Phase müssen viel Zeit in die Veredelung der Trau- die Winzerlehre in Stäfa und Hallau gemacht wie Unkraut. Ich muss immer wieder staunen. Im wir oft kontrollieren und degustieren, ob sich Winter ist sie eine Rute, die langsam austreibt, die Weine richtig entwickeln. Nach der Gärung ben, wir begleiten die Weine zu zweit. und nach zwei Jahren Weinküferpraktikum am Technikum in Wädens-wil Oenologie (Wein- dann explodiert sie plötzlich. Wenn wir hinten fer- heizen wir den Keller auf 20 Grad und fördern Unser breites Wissen brauchen wir, baukunde) studiert. tig sind, können wir vorne wieder beginnen. Über so das Wachstum der Milchsäurebakterien; sie um rasch zu reagieren, falls etwas zwanzig Mal gehen wir in einem Jahr durch den bauen die Apfelsäurebakterien ab. Ende Jahr Rebberg. Nach der Blüte, Ende Juni, dauert es wird der Wein filtriert. Das Endprodukt ist völlig schief läuft. » hundert Tage bis zur Traubenreife, auf das Wetter offen, und das fasziniert mich besonders an der www.weingut-heidegg.ch kommt es dabei wenig an. Dann aber braucht die Weinbereitung. Rebe Sonne für die Zuckereinlagerung. » Bildlegende… Bildlegende… Bildlegende…

10 11 Vor dem Lamagehege stehen zwanzig sonnigen Giswiler Talkessel Richtung Lauibach Leute auf Betriebsausflug. Fredy Abächerli zer- zieht. Über den Lamaführerinnen und –führern streut allfällige Bedenken über Unarten der süd- schweben die schmalen Köpfe der Tiere, sanft amerikanischen Exoten, stellt die Lamas und sei- die Gesichter, stolz fordernd die Augen, gebläht nen Bauernhof vor. Dann sammelt er die Taschen die Nüstern. Es folgen die Ausflügler, plaudernd, und Rucksäcke ein, wägt sie in den Händen und scherzend, lachend. «Was die Bauern heute nur schnallt sie – auf gleiches Gewicht links und alles machen», sagt ein älterer Herr, selbst Sohn rechts achtend – auf die Tragsättel der Lasttiere. eines Bauern. Auf Lastiere Etwa 25 Kilo kann ein Lama tragen. Auf dem erfahrenen Pedro dürfen Kinder sogar reiten. umgesattelt Rita und Fredy Abächerli, Bäuerin und Bauer, beide mit Meisterprüfung, hatten 1998 Fredy und Rita Abächerli (43/42) haben Mindestens zwei Stunden dauert ein den Hof von Fredys Vater übernommen, 15 Kühe, bis 2003 auf ihrem Hof in Giswil OW Lamatrekking, damit Menschen und Tiere sich 14 Hektaren Land auf 13 Parzellen, etwas Milchkühe gehalten. Dann haben sie ein aneinander gewöhnen. Und tatsächlich: Nach Jungvieh2 und Schafe. Fredy betrieb damals, 36 neues Unternehmen gestartet. einiger Zeit kommt sichtbar Ruhe in die kleine Spass und Spiele jährig, ein Transportgeschäft mit drei Lastwagen, Karawane, die zwischen den Wiesen durch den Zwei Stunden bis fünf Tage dauern die war von früh bis spät unterwegs und erledigte an Die Lamas heissen Pedro, Babo, Diego, Caramel, Wochenenden den Bürokram. Rita machte mit Lolita und Loris. In dieser Rangfolge sind sie Lamatrekkings. Spielen, feuern, abko- einem Angestellten den Grossteil der Arbeiten auf den Trekkings unterwegs. Voraus Pedro, chen gehören oft dazu. Wer will, kann auf dem Bauernhof und betreute Haushalt und 12-jährig, der Chef, zuhinterst Lolita im Stroh übernachten. Fredy und Rita Familie mit den drei Kindern. «Was wollen wir 5-jährig und Loris 6-jährig, beide in i n weiter unternehmen?», fragten sie sich nach eini- Giswil geboren. Ob Lamas spu- bieten auch eine Bauernolympiade an: gen Jahren. Ihre Antwort: «Wir wollen zusammen cken? – Nur wenn die Rangfolge Um die Wette melken, nageln, sägen, daheim ein Auskommen erwirtschaften». nicht eingehalten werde, und Bullriding, Dreihosenlaufen usw., und eigentlich nur auf ihresglei- chen. Und beissen? – Habe sie organisieren Rundumprogramme für Eines ergab dann das andere: Sie hatten er noch nie erlebt. Und Feste, Firmenanlässe, Hochzeiten. schon drei Lamas, weil die Tiere Fredy gefallen, ausschlagen? – Höchstens www.lamatrekking.ch seit er ihnen vor zwanzig Jahren erstmals begeg- um eine Bremse zu ver- nete. Im Radio hörte er damals eine Sendung scheuchen. über ein Projekt «Trekkingland Schweiz», in der Bildlegende… Bildlegende… Bildlegende… auch eine Trekkingleiter-Ausbildung vorgestellt wurde. Fredy begann einen dreijährigen Trekking- leiterkurs, lernte Fächer wie Routenplanung, erste Hilfe, Überlebenstechnik, Feuertechnik, Wetter- kunde, Erlebnis- und Abenteuerpädagogik. Ab 2002 verkauften Rita und Fredy schrittweise die Milchkühe und begannen, von andern Bauern junge Aufzuchtrinder zu übernehmen. Damit waren2 sie bereit, ins Lamatrekking einzusteigen und seither sind sie unterwegs, mit Ausflügler- gruppen, Schulklassen, Behinderten.

12 13 Um halb acht Uhr gehen wir zum Mor- Nutztiere mit Herz gehalten genessen, nachher füttern wir weiter und erle- digen die Arbeiten, die anstehen. Zwei bis drei «Es ist eine Freude, eine Sau mit Tage nach der Geburt spritze ich den Färli eine zwölf Färli dran zu sehen! Die einen Eisenlösung und kastriere die männlichen Tiere. Sauen kenne ich an der Kopf- oder Der Eingriff ist schmerzhaft, er dauert aber nur 3 bis 4 Sekunden und die Färli erholen sich schnell. Körperform, andere sind anhänglich Ich mache es nicht gern, aber es muss sein. und wollen immer wieder gekratzt Mit den werden. Wenn die in die Metzg’ müs- Der Hof gehört meinem Vater. Ich zahle Schweinen ihm einen Pachtzins und den verbleibenden Ohne Hilfe der Familie würde ich es sen, weil ihre Gesundheit nachlässt Ertrag teilen wir uns. Das Zuchtmanagement nicht schaffen. Mein Vater arbeitet voll und meine oder die Fruchtbarkeit zurückgeht, per Du mache ich nach einem genauen Turnus: Alle Mutter oft mit. Meine Freundin? – Wir werden spüre ich es schon. Ich bin den Tieren zwei Wochen, am Donnerstag gehen Ferkel weg, sehen, wie es kommt. Sie hat Pferdepflegerin Urban Isenegger (25) hält auf dem Hof alle zwei Wochen, von Donnerstag bis Samstag gelernt, jetzt arbeitet sie als Fitnesstrainerin. immer sehr dankbar.» seines Vaters in Aettenschwil AG 75 werden junge Säuli geboren, alle zwei Wochen, Nachmittags um vier Uhr gehen wir in den Stall, Muttersauen und Babyferkel. In den von Montag bis Mittwoch decken wir 6 bis 8 geben den Galtsauen nochmals Silage, füt- Ställen riecht es nach Stroh. Mohren. Zum Decken haben2 wir zwei Eber; tern im Abferkelstall2 und misten, wenn nötig. Um die Hälfte der Besamungen machen wir2 aber halb sechs erledige ich noch kleine Arbeiten, was Vor dem Morgenessen misten und füt- künstlich, vor allem um neue Muttertiere heranzu2- es so gibt. Um halb sieben bin ich fertig, wenn «tern wir im Abferkelstall. Dann geben wir ziehen. Drei Monate, drei Wochen und drei Tage nichts dazwischen kommt. Wasser in die2 Tröge und Stroh in die Buchten. nach dem Decken wird g’färlet. Wir sind bei jeder Die Muttersauen bekommen Grassilage, das Geburt dabei, auch in der Nacht. Da liegt Geld ist gut für ihre Verdauung. Den2 kleinen Ferkeln drin. Wenn das Färli herauskommt, trocknen wir geben wir etwas Mehl und Wühlerde – zum es ab. Wenn eines lebensschwach ist, schauen, Spielen und damit sie fressen können, wenn reiben, machen wir... und setzen es gleich an die sie von der Mutter weg kommen. Wir halten 75 Zitzen der Mutter. Die erste Milch ist wichtig, sie Zuchtmohren und verkaufen Babyferkel. Direkt ist reich an Abwehrstoffen gegen Bakterien. nach dem Absetzen, fünf Wochen alt und zehn Kilo schwer,2 kommen sie weg auf einen Mastbetrieb. Die Eltern haben mich in die landwirt- Bildlegende… schaftliche Lehre geschickt, ich wüsste jetzt noch Bildlegende… Bildlegende… nicht, was ich anderes hätte machen sollen. Im ersten Lehrjahr war ich bei einem der besten Schweinezüchter der Schweiz, im zweiten auf einem Betrieb mit Kühen und 40 Mohren. Nach der Landwirtschaftsschule habe ich drei Jahre in einer Lastwagengarage gearbeitet. Seit 2003 bin ich zu hundert Prozent hier auf dem Betrieb. Wir haben 2003 den früheren Mastschweinestall für Zuchtsauen umgebaut und mit der Produktion für COOP-Naturaplan angefangen. Jetzt bauen wir einen Maststall, im Oktober 2005 soll er bezugsbereit sein. Dann werden wir unsere Tiere selbst ausmästen. 14 15 «Früher war Reiten mein Hobby. Seit So lieb ihr die Arbeit mit den Pflanzen wir unser Ross nicht mehr haben – 32 Jahre alt ist: Im Herbst wird es Ursula Reinhard genug. ist es geworden –, sind es die Blumen. Eigentlich Ihre Tage beginnen morgens um halb sechs und ist meine ganze Arbeit mein Hobby». Ursula dauern – mit dem Haushalten und Kochen für Reinhard muss aufpassen, dass sie sich nicht die Familie und Angestellten – bis in den Abend. auffressen lässt von diesem «Hobby». Ende Ab Weihnachten ist Winterruhe. Endlich liegen Februar, sobald ihr der Geruch der Erde in die bleiben, lesen, einen Kurs besuchen, Zeit haben Nase steigt, packt es sie, dann muss sie säen, für Malerei, Musik, Reisen. Früher ist Ursula viel Pflanzenreich bald wird sie auch pflanzen. Von April an fährt sie gereist, sie hat auch eine Zeit in Australien und jeden Mittwoch Morgen z’Märit auf den Dorfplatz Neuseeland gelebt. Kunstgeschichte wäre ein am Stadtrand Bolligen, um zu verkaufen, was auf ihrem Boden Studienwunsch gewesen. Doch sie ist, nach der gewachsen ist: Lagergemüse und frühen Salat Bäuerinnenausbildung, nach all der praktischen Ursula Reinhard (53) sieht zuerst, bald Frühgemüse, dann erste Kartoffeln, Arbeit und vielen, vielen Kursen Landwirtin von ihrem Hof am Bantiger Blumen, Beeren, Obst. geworden. in Bolligen über die Stadt Blumen und Biogemüse Bern weit ins Land. Die rund um die Uhr Biolandwirtin gibt diesem Am Dienstag Vormittag schneiden, 1981 hat sie den Hof des Vaters Wer am Bantiger spaziert und Ort eine Seele. graben, pflücken, waschen, rüsten Ursula Reinhard übernommen, hat gleich auf Bio umgestellt, hat wandert, kann in Ursula Reinhards und ihre Mitarbeiterinnen für den Markt. Am die Kühe noch bis 1998 behalten, eigentlich Gladiolen, Kornblumen, Lilien, Nachmittag bindet Ursula 40 bis 50 Blumensträusse. wider Willen. Der Abschied von den Kühen war Verkaufshüsli beim Parkplatz und im Löwenmaul, Mohn, Salvia, Sonnen- Neun von zehn Kunden am Mittwoch Vormittag ein grosser Schritt auf dem Weg, im Leben der Keller beim Bauernhaus sich selbst blumen, Zinien wachsen bunt inein- sind Stamm-kunden. Am Nachmittag sind die eigenen Stimme zu folgen. «Ich werde den Hof bedienen mit Gemüse, Kartoffeln, ander, daneben Salate, Kohlrabi, Frauen schon wieder am Pflanzen ... und am Jäten. weiter führen, wohl bis ich 65 bin», sagt sie Radies, Rüebli, Bohnen, Petersilie, Jäten müssten sie jede Minute, sagt Ursula, im und: «Eigentlich habe ich nur eine Sorge, dass Blumen, Obst. Ursulas Vater hatte sich … Reich behangene Kirschbäume Biolandbau machen die Unkräuter den der Betrieb einmal in Hände übergeht, die mein gewehrt gegen den Parkplatz, den säumen die Auffahrt zum Haus. Kulturpflanzen heftig Konkurrenz. Am Donnerstag Gedankengut weiter pflegen, die Sorge tragen die Gemeinde auf seinem Land für die Roggen-, Dinkel-, Weizen- und Freitag wird wieder gesät, gepflanzt, gejätet, zum Boden, die diesen Ort so gern haben wie ich, felder sind gelb in die geerntet. die mit ganzem Herzen dabei sind». Spaziergänger anlegen liess. «Heute» grünen Matten gewo- sagt Ursula «ist er ein Segen». ben. Eine Hecke, alles einheimische Sträucher wuchert fröhlich in die Breite und Höhe. Daneben das Gewächshaus mit Peperoni, Tomaten, Basilikum, Stangenbohnen. Blumentrauben hän- gen am Bauernhaus und am Stöckli. Und mitten im Blumengarten vor dem Haus wirft ein riesiger Rittersporn seine Ranken in die Luft wie ein satt- blauer Springbrunnen.

16 17 Wir bauen jetzt eine Futterstation ein. und bleiben 5 bis 7 Wochen, bis 25 Kilo. – Um Dann ist die Fütterung computerisiert. Für uns ist neun Uhr haben wir dann das Bord herunter es eine Arbeitserleichterung und wir können das gerecht. Kraftfutter genau dosieren. Die Anlage sollte sich » in zehn Jahren bezahlt machen. Eine Alternative zur Milch sehe ich nicht. Wir haben Heu und Silo Barbara: Man sollte zwischen 2 und und haben vor zehn Jahren den Melkstand einge- 3 Uhr nicht an« der Sonne sein, und wir kleben richtet. Wir sind zu zweit, mein Bruder und ich, dann an diesen Hängen. Da sage ich: Besser wir Eigentlich ist jeden zweiten Sonntag hat einer von uns frei. machen es am Morgen. Wir rechen von den steilen Hängen das grüne Gras herunter und breiten es man Bauer auf anderen Blätzen aus, wo wir es dann mit den Ich arbeite jeden Tag von neun bis halb Maschinen zetten, schwarben und zusam- Richard und Barbara Laimbacher (36/32) sechs in der Zimmerei, ausser im Heuet oder mennehmen.2 Ich komme2 vom Muotathal. Meine bauern in Seewen SZ. Ihre untersten wenn etwas auf dem Betrieb los ist. In diesen Grosseltern waren Bauern, die Eltern nicht mehr. Ich Wiesen liegen auf 450, die obersten auf Stunden könnte ich daheim einiges machen. Mit habe Arztgehilfin gelernt, und mit zwanzig dann die Eine Welt für Kinder 1100 Meter ü.M. Richard arbeitet auch in einem Abferkelbetrieb wäre man zu 100 Prozent Bäuerinnenschule gemacht. Das Bauern ist beson- Die Buben gehen immer mit in einer Zimmerei. « daheim. Ich denke immer wieder: Man sollte es ders mit den Kindern schön, es gibt einen Rhythmus den Stall, der Kleinste sowieso. Beim machen, eigentlich ist man Bauer. Aber es ist ein in den Tag. Der Anfang hier? Ich musste mich einle- Richard: Wenn wir keine Haufen Geld, und das Risiko ist gross. Jetzt gera- ben, auch Fehler machen und daraus lernen. Bauern kann man den Kindern viel Ferkel im« Stall haben, gehe ich de diskutieren wir es nicht mehr, aber es lässt zeigen, zum Beispiel, wie im Frühling morgens um sechs Uhr mel- einen nicht los. die Bäume blühen und wie es aus ken. Ich treibe die Kühe in Ich mache das Büro, zahle die Rechnungen den Laufgang vor dem und tippe die Buchhaltungsdaten ein. Das Heuen den Blüten Kirschen gibt. Wenn wir Melkstand, führe den Bis die Kühe nach dem Melken auf der ist schön, aber manchmal zehren die Kinder, man ein Säuli metzgen, gibt es bei uns Schlauch in den Tank, Weide sind und alles im Stall fertig ist, wird es steht zuoberst an einem Bord und zuunterst nie Tränen. Das gehört zum Leben. netze den Melkstand acht Uhr. Dann gehen wir Zmorge essen. Am brüelet’s. Am Abend beginne ich im Stall, wenn an, lege den Filter in die Donnerstag mussten wir nachher Ferkel laden. Richard und Walter nicht hier sind: Den Es wird geboren, dann füttert man Anlage und dann kann man Wir machen Aufzucht für COOP-Naturaplan. 176 Barren putzen, Heu hinein geben, die Kühe 2hin- es und am Schluss gibt es Fleisch beginnen. Wir haben jetzt Plätze haben wir. Die Ferkel kommen mit 7 Kilo, durch treiben, so dass es einmal Feierabend gibt daraus. Barbara Laimbacher 22 Kühe und 140 000 Kilo- wenn sie von den Muttertieren abgesetzt sind und Richard noch für die Kinder da ist. » gramm Milchkontin- » gent. 2Dieses Jahr haben Bildlegende … Bildlegende … Bildlegende … wir mehr Pachtland bekommen und2 40 000 kg Kontingent zugekauft. Jetzt bewirtschaften wir 23 Hektaren, davon 8 ha eige-2 nes. Der Gade ist ein bisschen knapp geworden. Man könnte gut anbauen, vielleicht werden wir es auch machen, trotz des tiefen Milchpreises.

18 19 Andreas: In der Zwischenzeit haben wir Karl: Ein Stundenlohn von 20 bis 25 Erdbeeren, Buschbohnen, Lauch angepflanzt, Franken ist Basis unserer Preisberechnung. In der denn das Einrichten des Hofes kostete viel Geld. Landwirtschaft ist das ein schöner Lohn. Wir haben Land zugekauft und damit konnten wir das Milchkontingent. erweitern. Bis heute haben2 wir die Betriebsfläche auf gut 26 Marisa: Bei der Konfitüre schaut sicher Hektaren verdoppelt und das Milchkontingent2 nichts heraus. Es ist aber wichtig, dass wir ein von 55 000 auf 95 000 Kilogramm erhöht. Jetzt breites Angebot haben, nicht nur Brot und Wein. Damit die hören wir auf mit der Milchproduktion und begin- nen, Mutterkühe zu halten. Wenn wir weiter Rechnung Milch produzieren wollten, müssten wir viel in Andreas: Von unserer Arbeit machen Stallbauten investieren und Kühe haben, die mehr sich eigentlich nur die Kirschen, die Reben und aufgeht Milch geben ... und mehr Arbeit. die Randen bezahlt. Bei einem Preis von Fr. 5.50 für die Klasse Extra können wir mit den Andreas und Marisa Leuenberger (44/46) Seit zehn Jahren spezialisieren sich die Land- Kirschenimporten aus EU-Ländern konkurrieren; sowie Vater Karl (70) erzählen, wie sie wirtschaftsbetriebe zunehmend. Wir haben von Tafelkirschen kann man auch dort nur von Hand ihren Hof in Buus BL laufend verändern. den Kirschenbäumen, die wir Mitte der 70er- ernten. Anders bei Konserven- und Brennkirschen. Wertschöpfung steigern Und dass sie Zukunft haben. Jahre gepflanzt hatten, die unrentablen Sorten Die werden im Ausland in grossen, ebenen «Mit dem Herstellen und Ver- ausgerissen und mit kleinstämmigen Obstanlagen Anlagen maschinell geschüttelt und kommen kaufen von Konfitüre, Dörrfrüchten, ersetzt. Die Ernte gibt jetzt weniger Arbeit. spottbillig über die Grenze; zwei Personen ernten Karl: Ich habe den Hof 1961 vom Schwie- Die Rebanlagen haben wir erweitert und 1999 8000 Kilo im Tag. Da können wir nicht mithalten. Kürbiskonserven und mit dem gervater übernommen. Damals waren wir noch begonnen, einen eigenen Wein keltern zu lassen. Wein und Kirsch steigern wir die im Dorf, 13 Hektaren Land überall ver- In der früheren Werkstatt haben wir einen Laden Ich bin überzeugt, dass wir auch in Zukunft über Wertschöpfung unserer Produkte. streut, die Produktion2 vielseitig: Milch, Getreide, für den Wein und weitere Produkte eingerichtet. die Runden kommen. Als Landwirt kann ich immer Kartoffeln, Obst, Reben. 1974 sind wir aus dem etwas machen. Es stört mich, dass die Preise 100 Gramm Dörrbohnen verkaufe Dorf auf den Hof Leimen ausgesiedelt. Die Reben der Produkte die Produktionskosten nicht mehr ich für Fr. 7.50 (es braucht dafür haben wir behalten, haben neu Zwetschgen und Marisa: Ich backe Brot und Zöpfe, koche decken. Was fehlt, bezahlt der Staat mit Ökozah- 1 Kilo frische Bohnen für rund Kirschen gepflanzt, nach zehn Jahren gaben sie Konfitüren und Sirupe, konserviere Kürbis und lungen für unsere hohen umweltschützerischen den ersten Ertrag. Kürbismus, dörre Äpfel, Birnen, Zwetschgen und Vorschriften und für die Pflege der Landschaft. Die 4 Franken 2 Produzentenpreis).» Bohnen. Landschaft müssen wir pflegen, nur schon, damit Marisa Leuenberger

Bildlegende … beim Tourismus die Rechnung aufgeht. Bildlegende …

20 21 Stell dir vor: Du bist 14 Jahre alt, stehst auf Bevor sie Bäuerin wurde, hatte Anita der Strasse, allein gelassen – ganz gleich aus in einem Behindertenheim gearbeitet, dann alte welchen Gründen, fühlst dich nirgendwo will- Menschen zu Hause betreut. Zusammen mit Beat kommen, bewegst dich am Rand, keine Zukunft. hatte sie – selbst ohne Kinder – immer wieder Ein Vormund bestimmt, was mit dir geschieht. Ferienkinder auf dem Hof. Einmal wohnte eine Und es geschieht, dass du auf den Bauernhof von von ihrem Ehemann getrennt lebende Frau mit Anita und Beat Leuch kommst, Wiesen, Hecken, zwei Kindern bei ihnen. Später fragten Bekannte, Obstbäume, Kühe, Kälber, ein Hund, Katzen, die im Sozialbereich arbeiten, ob sie notfallmäs- Ein Ort zum Federvieh. Zuerst sticht dir die Landwirtschaft in sig Platz für einen Jugendlichen hätten, dann die Nase, mit der Zeit wird es ein Geruch von für einen Erwachsenen. Den ersten Leuten, die Heimkommen Daheimsein, etwa wenn du am Samstag Abend sie auf dem Hof betreuten, zahlten sie für die den Sonntagszopf aus dem Ofen ziehst. Handreichungen auf dem Hof einen kleinen Lohn. Beat und Anita Leuch (43/47) bewirt- Heute vergütet das Sozialamt ihnen 80 Franken schaften in Zuben TG nahe beim Bodensee pro Tag für die Arbeit mit einem Jugendlichen. Im einen kleinen Bauernhof. Und sie geben Anita und Beat Leuch betreuen auf Heim würde es 200 Franken kosten. drei Pflegekindern ein Zuhause. Der Seele Boden geben ihrem Bauernhof gegenwärtig drei Jugendliche Der Bauernhof – vielfältig belebt und zwischen 15 und 18 Jahren. Die jungen Menschen Beat hat dich melken gelehrt, du bist stolz brauchen Boden unter den Füssen, das heisst, darauf, das kann nicht jede. «Wirst du nicht nicht zu sehr mechanisiert – ist ein ein Bett und ein Zimmer, Essen, einen Ort zum einfach als billige Arbeitskraft missbraucht?», hat idealer Ort für Jugendliche in schwieri- Heimkommen, einen Familienrahmen, Struktur man dich letzthin gefragt. – Keineswegs. Zwar ger Lebenslage. Das Zusammenleben im Alltag: Aufstehen, in die Schule gehen, heim müsst ihr kleine Arbeiten übernehmen, wie den kommen, Hausaufgaben erledigen, freie Zeit Sonntagszopf backen, Voderabends die Enten und die Arbeit mit den Jugendlichen haben, Musik oder Sport machen, kleine Arbeiten hereintreiben und das Hühnerhaus schliessen, verlangt Toleranz, Konfliktbereitschaft, im Haus und in der Familie übernehmen. … Es gibt aber auch immer wieder Schönes zu Humor. Anita und Beat Leuch haben erleben, zum Beispiel wenn ein Kalb geboren Anfangs ist dir alles neu, manches spannend, wird oder wenn junge Entlein schlüpfen. Einmal ist sich beide während 2 1/2 Jahren für anderes fremd und unangenehm. Du musst Caramello, der Hund, einem Fuchs nachgerannt, ihre Betreuungsarbeit ausgebildet und dich einfügen in die Familie. Kevin* und Lea* direkt vor ein Auto. Nach der Operation musste gehen in eine Supervisionsgruppe. sind schon fünf und drei Jahre hier und haben er gepflegt werden. Das brauchte jeden und hat mehr Rechte. Es gibt Streit mit Ihnen, gibt euch einen starken Zusammenhalt geben. Streit mit Anita. Sie beharrt darauf, dass du die Kleider im Kasten versorgst, deine schmutzige Wäsche in den Korb legst, nicht alles Geld fürs Natel ausgibst, die Ämtli erledigst. Selbständig müssest du werden, Verantwortung übernehmen. Manchmals stinkt’s dir total.

22 23 Ausbildung 3 Jahre Voraussetzungen 1. und 2. Lehrjahr auf einem oder zwei anerkann- Bauer werden Bäuerin werden 2 Jahre bäuerlich-hauswirtschaftliche Praxis ten Lehrbetrieben mit Besuch der Berufsfachschule. Fähigkeitszeugnis einer beruflichen Erster Teil der Lehrabschlussprüfung. Als Landwirt oder Landwirtin arbeitest du Als Bäuerin bist du verantwortlich für den Grundausbildung oder Mittelschulabschluss in der Natur, mit Tieren und Pflanzen, mit bäuerlich-hauswirtschaftlichen Bereich und Kompetenznachweise aus den Basismodulen und auf dem Boden, für gesundes, genuss- – zusammen mit dem Betriebsleiter – für die Wäscheversorgung, Hausdienst, Verpflegung 3. Lehrjahr: Zwei Semester Landwirtschaftsschule, volles Essen und Trinken ... und du leistest landwirtschaftliche Betriebsführung. Die I, Selbstversorgung I, Gartenbau I ein Jahr zusammenhängend oder zwei Winterkurse. einen Beitrag, die Landschaft vielfältig zu Pflege des Gartens, die Selbstversorgung Zweiter Teil der Lehrabschlussprüfung mit eidge- gestalten. und eine gesunde Ernährung sind dir ein nössischem Fähigkeitsausweis. Bedürfnis. Ausbildung zur Bäuerin Du hast Freude an Pflanzen und Tieren, hast mit Fachausweis Interesse für den Boden und für Nahrungsmittel. Du liebst die Natur, die Tiere und auch die Pflichtmodule: Familie und Haushalt, Weiterbildung Du kannst zupacken und arbeitest gerne im Pflanzen. Du lebst und arbeitest gerne vielseitig Verpflegung II, Selbstversorgung II, Der Beruf Landwirt/-in öffnet dir die Tür zu inte- Freien, handwerkliche Arbeiten bereiten dir in der Familiengemeinschaft, hast Interesse an Gartenbau II, Betriebslehre, Buchhaltung, ressanten weiteren Ausbildungen: Freude und du hast technisches Verständnis hauswirtschaftlichen und betriebswirtschaft- Recht Betriebsleiterschule (berufsbegleitend), für die Arbeit mit Maschinen und Geräten. Du lichen Tätigkeiten, hast organisatorische und Drei Wahlmodule in den Bereichen mit Berufsprüfung und Meisterprüfung. arbeitest gerne vielseitig und magst auch ständig auch unternehmerische Fähigkeiten, vielleicht Neues hinzulernen. Verkaufstalent und Freude im Umgang mit Ernährung, Hauswirtschaft und Zweiter Berufsabschluss (in verkürzter Konsumenten. Landwirtschaft Ausbildungszeit) Technikerschule für Agrarwirtschaft (2 Jahre) Weiterbildung zur diplomierten Studium an der Fachhochschule für Bäuerin HFP (= Höhere Fachprüfung) Landwirtschaft oder an der Eidgenössischen Ein Pflichtmodul Bäuerlicher Haushalt / Technischen Hochschule, ETH (nach Haushalt und Gesellschaft. Berufsmatura oder eidgenössischer Matura) Ein Besuchtmodul Persönlichkeitsbildung und unternehmerisches Denken. Verwandte Berufe Vier Wahlmodule aus: Qualitätsmanagement Gemüsegärtner/-in, Obstbauer/Obstbäuerin, für Produkte und Dienstleistungen / Geflügelzüchter/in, Gärtner/-in, Forstwart/-in Volkswirtschaft und Agrarpolitik / Marketing / Agrarrecht und Unternehmensformen / Versicherungen, Steuern und Personalrecht / Weitere Infos Betriebskalkulation und Finanzierung www.go-nature.ch

Weitere Infos www.landfrauen.ch 24 25 Am 1. August-Brunch tafeln Schule halten auf dem Bauernhof Lexikon Jeden 1. August laden über 400 Bauernfamilien Lehrerinnen und Lehrer können gemeinsam mit die Schweizer Bevölkerung zu einem Brunch mit Landwirten Schulunterricht auf dem Bauernhof Abferkelstall. Hier werden die Ferkel geboren und bleiben mit den Muttertieren beisammen bis zum hauseigenen Köstlichkeiten und Spezialitäten. organisieren und ihre Klasse ausgewählte Absetzen. 2 Annmeldung ist nötig. Unterrichtsthemen live erleben lassen. Absetzen. In der 4. bis 5. Woche werden die Ferkel von www.brunch.ch www.schub.ch der Muttersau getrennt. Aren (a). 10 Meter x 10 Meter = 100 Quadratmeter Bauern und Bäuerinnen Fläche. Aufzuchtrinder. Weibliche Rinder, die zu Kühen aufge- Auf einem Bauernhof Ferien geniessen persönlich Junge Landwirte als Lehrer engagieren zogen werden. (Bild) Auf über 250 Bauernhöfen in allen Regionen der Junge Bäuerinnen und Bauern vermitteln Schul-- Barren. Futterkrippe. Schweiz gibt es Ferienwohnungen zu mieten. klassen der Sekundarstufe I und II, Berufsschulen Decken. 4 bis 7 Tage nach dem Ë Absetzen wird die begegnen Buchung über die Schweizer Reisekasse, REKA, und Fortbildungsklassen Wissen zu The-men der Muttersau befruchtungsfähig. Sie wird mit dem Eber oder künstlich besamt KB. 2 Neuengasse 15, 3001 Bern oder Landwirtschaft und Ernährung. 2 Gut 60 000 Bauernhöfe gibt es in der Eber. Männliches Schwein www.bauernhofferien.ch www.agro-image.ch Schweiz ... und viele attraktive Anlässe Erlesen. Überzählige grüne Triebe am Rebstock ausbre- chen (Bild) und Angebote, um Bauern und Bäuerinnen Einschlaufen. Triebe der Rebe zwischen den Drähten so kennen zu lernen. Einmal im Stroh schlafen Den Schlüssel zur Natur finden einschlaufen, dass sie senkrecht in die Höhe wachsen Auf 250 Bauernhöfen der Schweiz kann man in Grassilage. Gras, das durch Gärung haltbar gemacht Bauern und Bäuerinnen führen interessierte wurde. (Bild weisse Silageballen) der Scheune auf duftendem Stroh übernachten; Besucher auf einem Rundgang in die Natur und Galtsau. Tragende Muttersau, die (bis zur Geburt) keine Produkte auf dem Hof einkaufen Frühstück inbegriffen. Adressen unter lassen sie die Tier- und Pflanzenwelt auf ihrem Milch gibt Überall im Land laden Schilder zum Kauf von www.abenteuer-stroh.ch Hof entdecken. Verzeichnis der Anbieter bei Hektare (ha). 100 2 Aren. Gebräuchliches Flächen- Produkten auf dem Bauernhof ein, zum Teil „Schlüssel zur Natur“ bestellen. mass in der Landwirtschaft. auch zum selber Ernten. Auch im Internet fin- www.lid.ch KB = Künstliche Besamung. Von ausgewählten 2 det sich eine breite Palette der Produkte und Mit Power beim Bauer schaffen Ebern und Stieren wird Samen gewonnen, tiefgefroren Dienstleistungen von Bauernhöfen. Junge Leute zwischen 14 bis 25 Jahren können und später zur Besamung von Muttersauen und Kühen www.landwirtschaft.ch eingesetzt. So lässt sich die Leistung der Nachkommen auf einem Bauernhof anpacken und am Leben www.landwirtschaft.ch gezielt beeinflussen. der Bauernfamilie teilhaben. Anmeldung über Die Internet-Seite der Schweizer Landwirtschaft Melkstand. Separates Abteil zum Melken der Kühe. www.landdienst.ch präsentiert Produkte, erklärt Tierhaltung und Der Melker steht vertieft in einem Graben und kann die Pflanzenbau, bringt Aktualitäten undHinter- Melkmaschine kräftesparend an die Euter anhängen. Milchkontingent. Die Menge Milch, die ein Bauer in grundinformationen, kündigt Events an, enthält einem Milchjahr vom 1. Mai bis 30. April verkaufen darf. Adressen. www.landwirtschaft.ch Mulchen. Gras mähen und liegen lassen. Ökoheu. Heu von Wiesen, die der Bauer im Talgebiet erst nach Mitte Juni, im obersten Berggebiet erst nach Mitte Juli schneiden darf. Die Pflanzen samen vor dem Schnitt ab. Was ökologisch wertvoll ist, schmälert dem Bauern den Futterertrag. Der Staat bezahlt daher für Ökowiesen – nach entsprechenden Kontrollen ≠– eine Entschädigung in Form von Direktzahlungen. Pächter. Mieter eines landwirtschaftlichen Grundstücks. Produzentenpreis. Preis, den der Bauer beim Handel oder Verwerter für seine Produkte löst. Rammler. Männliches Kaninche Schwarben (auch schwadern). Gras oder Heu zu Schwaden (Reihe abgemähten Grases) zusammen rechen Zetten. Das Gras zum Trocknen ausbreiten. Zippe. Weibliches Kaninchen 26 27