©Staatl. Mus. f. Naturkde Karlsruhe & Naturwiss. Ver. Karlsruhe e.V.; download unter www.zobodat.at Wissenschaftliche Mitteilungen 145

nNuncMOA * i n i m — a o tvvuLr A l r \ l r- ist einjährig und stenochron-sommerreif mit einer Fort pflanzungsperiode im Frühsommer. Nach den spärlich vorhandenen Fundortangaben bewohnt sie die Kraut­ Die Sackspinne zone offener und trockener Lebensräume wie Sandflu­ pennyi als Wirt der Schlupfwespe ren, Heiden, Kiefernwaldschonungen sowie sandig­ trockener Ruderalflächen und Brachen. Sie ist verbrei­ Zaglyptus varipes. tet in Mittel-, West- und Südosteuropa, Armenien, Kau­ kasus, Sibirien und China. In der Bundesrepublik liegen Nachweise aus dem Rhein-Main-Gebiet vor (B raun Während unser Wissen über die Beutetiere und Beute­ 1969). In Baden-Württemberg wurde diese Art bislang spektren der Spinnen in jüngster Zeit dank zahlreicher nur einmal von L eist (1978) im NSG „Rußheimer Alt­ Untersuchungen zunimmt, ist über ihre Feinde nach wie rhein“ (Kreis Karlsruhe) gefunden. Neue Fundorte wer­ vor wenig bekannt. Spinnenfeinde findet man unter den den von mir an anderer Stelle beschrieben (W olf Spinnen selbst, aber auch bei den Hymenopteren 1988). Die bisherigen Daten lassen die Vermutung zu, (Schlupf-, Weg- und Grabwespen), Dipteren, Amphi­ daß diese Spinne bei uns nur klimatisch begünstigte bien und Vögeln (Bristowe 1941, Foelix 1979). Gebiete besiedelt. Bristowe vermutet, daß den räuberischen und parasi- Bei Freilanduntersuchungen an einer Population in der toiden Flymenopteren neben den Araneen die größte Nähe von Hockenheim (Rhein-Neckar-Kreis) entdeckte Bedeutung zukommt. Fitton et al. veröffentlichten 1987 ich am 23. 6. 1986 ein Gespinst, in dem sich neben ei­ einen Bestimmungsschlüssel der Hymenopterengat- nem toten Spinnenweibchen noch fünf Insektenlarven tungen Europas, die als Spinnenparasitoide und -prä- befanden. Ich entfernte das Gespinst und bewahrte es datoren bekannt sind, mit Angaben zu deren Wirts­ in einem korkverschlossenen Glas auf. Nach knapp spektren. zwei Wochen schlüpften die Imagines: drei Weibchen Bei der Spinnengattung Cheiracanthium wurden bisher und zwei Männchen von Zaglyptus varipes (G raven ­ folgende Feinde und Wirtsarten benannt (Sp, Sp/E, E: horst , 1829) (: Pimplinae, Pimplini). Prädator oder Parasitoid an Spinne und/oder Eigelege): Der Fundort läßt sich wie folgt beschreiben: eine ca. 40 Cheiracanthium erraticum: ar große Brachfläche mit stellenweise offener und ins­ Polysphincta tuberosa (Ichneumonidae) - Sp - KRYGER 1910, gesamt heterogener Vegetationsdecke auf sandigem NIELSEN 1923 Untergrund. Neben Pfianzenarten annueller, ruderaler Schizopyga podaghca (Ichneumonidae) - Sp - NIELSEN 1935. Sandtrockenrasen traten Arten der Unkrautgesellschaf­ Zaglyptus varipes (Ichneumonidae) - Sp/E - KRYGER 1910, ten, des Wirtschaftsgrünlandes und der Trittrasen auf. NIELSEN 1923, 1935, MANEVAL 1936. Eine Strauch- oder Baumschicht war nicht vorhanden. (Pompilidae) - Sp - NIELSEN 1932, Obwohl sich die Ch. pennyi - Population zur Reifezeit MANEVAL 1936.

Cheiracanthium inclusum: Sceliphron caementarium (Sphecldae) - Sp - PECK & WHIT- COMB 1970. Hippodamia convergens (Cocclnellldae) - Sp/E - PECK & WHIT- COMB 1970.

Cheiracanthium japonicum: Homonotus iwatai (Pompilidae) - Sp - ORl 1976.

Cheiracanthium punctorium: Priocnemis variabilis (Pompilidae) - Sp - RABAUD 1909, von Berland (1925) als Cryptocheilus versicolor gedeutet. Cheiracanthium sp. ?: Trychosis legator (Ichneumonidae) - E - FITTON et al. 1987.

Nachfolgend wird über ein bislang unbekanntes Para- sit-Wirt-Verhältnls berichtet. Die nachtaktive Spinne Cheiracanthium pennyi O. P.- Cambridge , 1862 (Araneae: Clubionidae) verbirgt sich am Tage in einem Gespinstsack, der in der Vegetation, meist in Grasrispen, Blättern oder Blüten- und Frucht­ ständen einer oder mehrerer Pflanzen, befestigt ist. Auch die Paarung, Eiablage, Embryonal- und Larvalent­ Abbildung 1. Cheiracanthium pennyi (Weibchen) an einem ge­ wicklung sowie die Überwinterung finden in eigens da­ öffneten, in einer Grasrispe verankerten Ruhegespinst. für angefertigten Gespinsten statt (Abb. 1). Die Spinne Foto: A. WOLF ©Staatl. Mus. f. Naturkde Karlsruhe & Naturwiss. Ver. Karlsruhe e.V.; download unter www.zobodat.at 146 carolinea, 46 (1988)

aus 290 Individuen zusammensetzte und bereits vor, diurn ¿.wiachen dei I Pai asitoidci'i unter den ! lyinenopte- als auch nach diesem Zeitpunkt regelmäßige Gespinst­ ren, die ausschließlich an Eiern und denjenigen, die nur kontrollen stattfanden, konnte kein weiteres parasitier- an adulten Tieren fressen (vgl. N ielsen 1935, A ustin tes Exemplar entdeckt werden. 1985, F itton et al. 1987). In Europa sind drei Zaglyptus- Arten bekannt (Fitton et Ich danke Herrn Prof. Dr. K. SCHMIDT (Zool. Inst, der Univ. Karls­ al. 1987). Z. varipes ist offenbar holarktisch verbreitet ruhe) recht herzlich für seine freundliche Unterstützung bei der (Kanada, USA, Halbinsel Kamtschatka bis Frankreich Determination der Schlupfwespe, für wertvolle Hinweise und für die kritische Durchsicht des Manuskriptes. und Großbritannien) und in Deutschland nicht selten. So wurde sie z. B. im Bereich des Mainzer Sandes und in einem Schrebergartengelände im Stadtgebiet von Literatur Karlsruhe gefangen (Schmidt, mdl. Mitt.). Nach Aubert (1969) waren bisher folgende Wirte bekannt: A raniella Aubert , J. F. (1969): Les Ichneumonides ouest-paléarctiques et leurs hôtes. -1 . Pimplinae, Xoridinae, Acaenitinae.; Paris. cucurbitina (Clerck, 1757), Sitticus floricola (C. L. AUSTIN, A. D. (1985): The function of eggs in relation to Koch , 1837), Cheiracanthium erraticum (Walck, 1802) parasitoids and predators, with special reference to the Aus­ und Clubiona sp.. F itton et al. (1987) fügen noch Clu- tralian fauna. - J. Nat. Hist., 19: 359-376; London. biona reclusaO. P.-C., 1863 hinzu. Mit Cheiracanthium Berland , L. (1925): Hyménoptères vespiformes I. - Faune de p e nn yiO . P.-C., 1862 liegt ein weiterer Wirt aus der Fa­ France, 10: 365 S.; Paris. milie der Clubionidae vor. BRAUN, R. (1969): Zur Autökologie und Phänologie der Spinnen Es ist bislang nicht geklärt, welche Faktoren die Wirts­ (Araneida) des Naturschutzgebietes „Mainzer Sand“ - Mz. spektren der parasitoiden Hymenopteren bestimmen. Naturw. Arch., 8: 193-288; Mainz. Sowohl Habitatpräferenzen als auch Spezialisierungen BRISTOWE, W. S. (1941): The Comity of . - Vol. II; Lon­ don (Ray Society). auf bestimmte Lebensformtypen könnten die Wirtswahl Fitton, M. G., Shaw , M. R. & A ustin , A. D. (i987):TheHymen- varipes beeinflussen. So befällt Z vor allem Spinnen, optera associated with spiders in Europe.-Z ool. J. Linn. Soc., die ihre Eikokons im Inneren von Gespinsten bewachen 90: 65-93; London. (z. B. Clubionidae und Salticidae). Eine Habitatpräfe­ FOELIX, R. F. (1979): Biologie der Spinnen. - 1. Aufl., 258 S., renz läßt sich bei Z. varipes aus den bislang vorhande­ 177 Abb.; Stuttgart (Thieme). nen Fundortbeschreibungen nicht ableiten. Der vorlie­ KRYGER, J. P. (1910): Snyltere i Edderkoppeæg. - Entom. gende Nachweis sowie die Funde von S chmidt stam­ Medd., 2: 257-285; Kopenhagen. men aus Trockenhabitaten niederschlagsarmer Ge­ LEIST, N. (1978): Die Spinnen des Rußheimer Altrheins. - In: „Der Rußheimer Altrhein, eine nordbadische Auenland- biete, wohingegen Nielsen (1935) die Art im Röhricht schaft“ , Natur- und Landschaftsschutzgebiete Bad.-Württ., (Phragmites communis) nahe eines Grabens aufspürte. 10: 1-622; Karlsruhe. Angaben zur Biologie dieser Schlupfwespe findet man Maneval , H. (1936): Nouvelles notes sur divers Hyménoptères bei Nielsen (1923, 1935) und Maneval (1936). Dem­ et leurs larves. - Rev. franc. Ent., 3: 18-32; Paris. nach befällt Z. varipes nur Gespinste mit weiblichen Nielsen , E. (1923): Contributions to the life history of the Pim­ Spinnen. In allen beschriebenen Fällen waren die Spin­ pline spider parasites (Polysphincta, Zaglyptus, Tromatobia). nenweibchen tot. Auf ihrem Hinterleib konnten stets - Ent. Medd., 14: 137-205; Kopenhagen. Verwundungen in Form kleiner Klümpchen getrockne­ NIELSEN, E. (1932): The Biology of Spiders. With especial refe­ rence to the Danish fauna. - Vol. I.; Kopenhagen (Levin & ter Hämolymphe beobachtet werden. Nielsen (1935) Munksgaard). geht davon aus, daß diese Verwundungen von Stichen NIELSEN, E. (1935): A third supplementary note upon the life hi­ der Schlupfwespenweibchen stammen, wohingegen stories of the Polysphinctas (Hym. Ichneum.) - Ent. Medd., 19 Maneval (1936) vermutet, daß die Schlupfwespenlar­ (4/5): 191-215; Kopenhagen. ven den Spinnenweibchen die Verwundung zufügen. Or i, M. (1976): Studies on the poisonous spider, Chiracanthium Die Eier von Z. varipes werden entweder an der Gespin­ ja p o n icu m Bösenberg et STRAND, 1906, as a pest of medi­ stinnenwand (Maneval 1936), dem Eikokon oder der cal importance. 2. Ecological studies on the spider, C hiracan­ thium japonicum, Bösenberg et Strand , 1906.-J a p . J. Sa- Spinne selbst angebracht (Nielsen 1935). Die Anzahl nit. Zool., 27 (2): 181-188; Tokio. der in einem Gespinst abgelegten Eier kann zwischen PECK, W. B. & WHITCOMB, W. H. (1970): Studies on the biology eins und acht schwanken, liegt jedoch meist bei zwei bis of a spider, Chiracanthium inclusum (HENTZ). - Bui. agric. vier. Die Schlupfwespenlarven verpuppen sich bereits exp. Station, Univ. Arkansas, 753: 1-76; Fayetteville. vier Tage nach dem Schlüpfen. Zuvor fressen sie an Rabaud , E. (1909): Notes critiques sur les moeurs des Pompi- den Spinnenweibchen oder an deren Eier. Sie können les. - Bull. sei. France Belg., 43: 171-182; Lille, Paris. sich mit Hilfe der mit kleinen Häkchen besetzten War­ Wolf, A. (1988): Zur Verbreitung, Biotopbindung und Gefähr­ zen auf ihrer Dorsalseite frei im Gespinst bewegen. Die dung von Dornfingerspinnen (Gen. Cheiracanthium C. L. Verpuppung findet in einem kleinen, weißen Gespinst KOCH, 1839) der nordbadischen Rheinebene. - Veröff. Natur­ schutz Landschaftspflege Bad.-Württ. 64 (in Vorher.); Karls­ statt, das an der Innenseite des Spinnengespinstes an­ ruhe. gebracht wird. Nach weiteren zehn Tagen schlüpfen die Imagines (alle Angaben aus Maneval 1936). Autor Da Z. varipes fakultativ Spinnen oder deren Eier parasi- Andreas Wo lf, Zoologisches Institut der Universität Heidel­ tiert, repräsentiert sie eindrucksvoll ein Übergangssta- berg, Im Neuenheimer Feld 230, D-6900 Heidelberg.