MAGAZIN 3 · JULI 2019 CHF 8.–

Matisse – Metamorphosen Seite 10 Picasso – Gorky – Warhol Seite 20 Die Lange Nacht der Museen Seite 31 William Kentridge The Head & the Load, 2018, film still EDITORIAL 3

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Beim Gang durch die Räume des Kunsthauses wird an den Beschriftungen der Kunstwerke deutlich, wie diese Sammlung entstanden ist. Neben dem Besitz der Kunstgesellschaft stehen die Leihgaben der Kunstfreunde sowie zahlreiche Donationen aus Privatbesitz und Kunststiftungen, die alle zusammen das internationale Renommee des Museums begründen. Seit Generationen haben Mäzene und Förderer unsere Sammlung bereichert, und auch das Kunsthaus selbst hat immer wieder durch langfristige Kontakte bedeutende Sammlungen und Konvolute an das Haus gebunden: die Sammlungen Ruzicka, Koetser und Knecht für die Alten Meister oder die Kooperation mit der Bechtler-Stiftung für die zeitgenössische Kunst, um nur einige zu nennen. Alle diese Kunstwerke und Sammlungen werden im Hinblick auf ihre Qualität ausgewählt und stehen im Kontext mit der Kunsthaus-Sammlung, als Ergänzung und Bereicherung – und selbstverständlich auch im Blickpunkt unserer Besucherinnen und Besucher. Wie Sie wissen, werden im Hinblick auf die Erweiterung des Museums künftig drei weitere her- vorragende Sammlungen ans Kunsthaus kommen, die Sammlung Emil Bührle, die Sammlung Merzbacher und die Sammlung Hubert Looser. Unsere Ausstellung «Picasso – Gorky – Warhol» versammelt Skulpturen und Werke auf Papier aus der Sammlung Looser als eine Preview auf den Einzug der Sammlung in die Kunsthaus-Erweiterung. Doch zunächst kommt Matisse: Seine Kunst, die alle Gattungen umfasst, war revolu- tionär und machte ihn zum berühmtesten Künstler Frankreichs im 20. Jahrhundert. In unserer Ausstellung erfahren Sie, wie Matisse Natur in Kunst verwandelte, wie er scheinbar zeitlos gültige Formen erfand und wie sein faszinierender Schaffensprozess auch heute noch ablesbar und verständlich wird. Wir freuen uns mit Ihnen nach dem Sommer auf die neue Saison – samt unserer frisch renovierten Eingangshalle, auf die wir zwei lange Jahre verzichten mussten. Ende August ist sie wieder offen. Und mittendrin und -drunter sehen Sie auch das verheis- sungsvolle erste Stück jener Passage, die Sie künftig trockenen Fusses in das neue Gebäude von David Chipperfield führen wird …

Mit herzlichem Gruss Ihr Christoph Becker

Cover: Henri Matisse, Jeannette IV, 1910 / 1911 Schenkung Madame Jean Matisse an den französischen Staat als Depositum im Musée Matisse, Nizza, 1978, Musée dʼOrsay,

Foto: Kunsthaus Zürich, Franca Candrian Zürich, Franca Kunsthaus Foto: Foto: François Fernandez, © Succession Henri Matisse / 2019 ProLitteris, Zurich 4 ANZEIGEN

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KULTURNEWS Schatten in der Kunst Die Fondation de l’Hermitage in Lausanne beschäftigt sich in der Ausstellung «Ombres de la Renaissance à nos jours» mit den Facetten des Schattens. Eine Auswahl von rund 140 Werken bietet einen Überblick über 500 Jahre Kunstge- schichte. Vertreten sind Künstler wie Rembrandt, Monet, Munch, Dalí, Picasso, Warhol u.v.a.m. Bis 27. Oktober. www.fondation-hermitage.ch Joaquín Sorolla y Bastida, L’ombre de la barque, 1903 Museo Sorolla, Madrid Wir verlosen 2×2 Eintrittstickets: Senden Sie bis zum 18. August eine E-Mail mit dem Betreff «Schatten» an [email protected]. GUT ZU WISSEN 7

Tiziano Vecellio, Abendlandschaft mit Figurenpaar, 1518 –1520 Öl auf Papier auf Leinwand, 34 × 58 cm, Kunsthaus Zürich, Geschenk der Dr. Joseph Scholz Stiftung, 2019

OBJEKT DER BEGIERDE Ein Tizian für das Kunsthaus MITGLIEDER Die Dr. Joseph Scholz Stiftung hat dem Kunsthaus ein grosses Ge- schenk gemacht: Ein wunderbares Landschaftsbild, das um Auf den Spuren 1520 entstand – und damit genau in der Epoche, in der Landschafts- von Marc Chagall malerei als eigenes Thema der Kunst entdeckt und lanciert Während eines Rundgangs lernen Sie wurde. Das Bild zeigt eine abendliche Szene mit einem Figurenpaar die faszinierende Kunst von Marc und einem Blick auf eine Ortschaft und das Meer. Das Werk ist Chagall kennen. Im Fraumünster wird Ihnen die Leuchtkraft der Farben in nicht signiert, doch vertritt u.a. der renommierte Tizian-Forscher seinen Glasfenstern nähergebracht. Auf Paul Joannides überzeugend die Ansicht, es stamme vom grössten dem anschliessenden Spaziergang Renaissance-Maler Venedigs, Tizian. erfahren Sie, wie der Künstler mit der Tizian rückt die Ortschaft und das kleinformatige Figurenpaar Stadt an der Limmat verbunden war. auf die Seite der Komposition und überlässt der Landschaft selber In der Sammlung des Kunsthauses er- leben Sie Chagalls ausdrucksstarke die Bildmitte. Wohl noch vor dem ersten, 1520 / 25 von Albrecht Bilder, die durch seine Kindheit in Altdorfer geschaffenen, ganz figurenlosen Landschaftsbild gemalt, Weissrussland, die jiddische Sprache gehört Tizians atmosphärische Komposition zu den bedeutenden sowie die Avantgarde in Paris geprägt frühen Zeugnissen der Landschaftsmalerei. wurden. Das Angebot beinhaltet eine Führung im Fraumünster, einen Stadtspaziergang sowie eine Führung durch die Chagall-Sammlung des Kunsthauses.

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MATISSE 30. August – 8. Dezember 2019 AUSSTELLUNG 11

1 METAMORPHOSEN

KURATORIN Sandra Gianfreda

1 Henri Matisse Rückenakt I – IV, 1908 –1930 Bronze, 190 ×116 ×15 cm / 190 ×118 ×19 cm / 190 ×114 ×16 cm / 190 ×114 ×16 cm Kunsthaus Zürich, 1960 12 AUSSTELLUNG

Henri Matisse (1869 – 1954) war bereits zu Lebzeiten haupt- Objekt herumzubewegen, um es besser kennenzulernen.» sächlich als revolutionärer Maler und Erfinder der Papiers Matisse griff demnach zur Plastik, um die Form ausdrücken découpés berühmt. Dass er aber auch in Ton und Gips model- und den Gegenstand besser erfassen zu können. Das mag lierte und Wert darauf legte, als Bildhauer öffentlich wahrge- zunächst banal klingen. Der physische Akt des Modellierens nommen zu werden, ist weit weniger bekannt. Dabei stellen in Ton beziehungsweise das Berühren des darzustellenden die vier Bronzereliefs «Rückenakt I–IV» nicht nur sein plasti- Gegenstandes mit den eigenen Händen war für Matisse jedoch sches Hauptwerk, sondern auch einen Meilenstein in der zentral in seinem Schaffensprozess. Er näherte sich dadurch Skulptur der Moderne dar. seinem Gegenstand nicht nur haptisch, sondern auch kognitiv. Die Plastik nahm für Matisse seit 1900 einen weit wichti- «UM DIE FORM ZUM AUSDRUCK ZU BRINGEN…» geren Stellenwert in seinem Selbstverständnis als Künstler Die Gründe für das Schattendasein von Matisse’ Plastiken sind ein, als er uns in seinen späten Äusserungen glauben machen vielfältig. Als erstes ist das relativ schmale plastische Œuvre wollte. Das hat auch die letzte grosse Ausstellung, die 2007 zu nennen, das sich auf etwas über 80 Werke beläuft, von dem skulpturalen Œuvre von Matisse in den USA gewidmet denen die meisten ein kleines Format aufweisen. Gegenüber war, herausgestrichen. Seit 1904 stellte er seine Skulpturen als seinen zweidimensionalen Arbeiten, aber auch im Vergleich Gipse, Terrakotten und Bronzen regelmässig aus. 1912 fokus- zum skulpturalen Werk seines Zeitgenossen und Kollegen sierte seine dritte Ausstellung in der von Alfred Stieglitz ge- Pablo Picasso, das rund 700 Skulpturen umfasst, ist Matisse’ führten Galerie 291 in New York gar auf sein bildhauerisches plastisches Schaffen in der Tat minimal. Der kleine Massstab Schaffen. 1931 zeigte die New Yorker Galerie Brummer aus- hat viele Kritiker ausserdem dazu verleitet, die Bronzen des schliesslich seine Bronzen. Auch stellte er seine Skulpturen Künstlers als «private Studien» einzustufen, die mit seiner mehrfach in seinen Gemälden dar, sodass diese selbst bei Haupttätigkeit als Maler einhergingen. Die dritte Ursache für Ausstellungen seiner Malerei indirekt präsent waren. Des die verbreitete Geringschätzung von Matisse’ Plastiken liegt Weiteren liess sich der Künstler bereits sehr früh beim Mo- in den Äusserungen des Künstlers selbst. Vor allem gegen dellieren oder beim Posieren neben seinen Skulpturen foto- Ende seines Lebens, als das Modellieren in Ton für ihn schon grafisch ablichten. Edward Steichens und Alvin Langdon Co- seit Längerem keine wichtige Rolle mehr spielte, stufte er burns Aufnahmen sind frühe Zeugnisse dafür. Matisse vermit- seine Plastiken als blosse «Ergänzung (s)einer Studien» ein telte ausserdem seiner Schülerschaft in seiner privaten und betonte, dass er die Bildhauerei «wie ein Maler» betrieben Académie von 1908 bis 1910 Kenntnisse in der Bildhauerei. habe. 1912 hingegen, als das plastische Arbeiten für ihn von Wenn Matisse seine Plastiken in seinen späten Äusserungen grosser Bedeutung war, bekannte er, dass er ebenso gern mo- als Arbeiten «für (s)ich selbst» und zur «Klärung (s)einer Ge- delliere wie male, er habe da keine Vorliebe. Noch 1929 be- danken» bezeichnete, so kann dies einerseits als eine gewisse zeugte Matisse gegenüber Florent Fels, der eine der ersten Koketterie interpretiert werden. Andererseits konnte er sich als Monografien über den Künstler verfasste: «Die Mittel haben Künstler, der in der Öffentlichkeit weitaus stärker als Maler nicht die enorme Bedeutung, die ihnen beigemessen wird, und denn als Bildhauer beurteilt wurde, vielleicht gerade auch des- ich fühle mich dem, was ich bislang getan habe, in keiner wegen mehr Freiheiten beim Modellieren in Ton erlauben. Weise verpflichtet. Auch wenn ich einräume, dass einige mei- ner Gemälde einen gewissen Reichtum enthalten, würde ich MATISSE’ METHODE DER FORMALEN PROGRESSION nicht zögern, die Malerei aufzugeben, wenn mein höchster Die Bronzen des französischen Künstlers lassen sich grob in Ausdruck sich auf andere Weise verwirklichen liesse. Um die zwei Kategorien einteilen. Manche Figuren sind singulär, wie Form zum Ausdruck zu bringen, beschäftige ich mich daher zum Beispiel «Der Leibeigene», «Zwei Frauen», «Die Schlan- manchmal mit Skulpturen, die es mir erlauben, nicht vor einer genförmige», «Dekorative Figur», «Grosser sitzender Akt» ebenen Fläche platziert zu bleiben, sondern mich um das oder «Tiare», wobei gewisse Charakteristiken die Skulpturen miteinander verbinden, wie die Vielansichtigkeit, die Vertika- lität oder der s-förmige Aufbau. Andere Figuren hingegen griff Matisse in verschiedenen Zeitabständen immer wieder auf, «ICH MODELLIERE variierte und verwandelte sie. Daraus entwickelte er sozusa- gen einen konzeptuellen Ansatz, den man als Methode der EBENSO GERNE formalen Progression bezeichnen kann. Gleichsam in einer Metamorphose wandeln sich seine Figuren jeweils ausgehend WIE ICH MALE – ICH von einer Naturform in eine eigengesetzliche Kunstform. Die formale Verwandlung in «Rückenakt I–IV», die von HABE DA KEINE einer naturalistisch anmutenden Gestaltung hin zu einer ra- dikalen Stilisierung führt, findet sich auch in «Madeleine I–II», VORLIEBE.» «Liegender Akt I–III», «Jeannette I–V» und «Henriette I–III». Einerseits führt uns der Künstler damit in verschiedenen MATISSE, 1912 Entwicklungsstufen seinen Schaffensprozess einer bestimm- AUSSTELLUNG 13

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2 Henri Matisse Stillleben mit Muschel auf schwarzem Marmor, 4. Dezember 1940 Öl auf Leinwand, 54 × 81 cm The Pushkin State Museum of Fine Arts,

3 Ausstellungsansicht «Henri Matisse, peintures, dessins, sculptures», Galerie Maeght, Paris, 1945, Foto von Marc Vaux Centre Pompidou / MNAM-CCI / Bibliothèque Kandinsky, Foto © Centre Pompidou, MNAM-CCI Bibliothèque Kandinsky, Dist. RMN-Grand Palais / Fonds Marc Vaux

ten Figur vor Augen, der sich im Falle von «Rückenakt I–IV» über mehr als zwei Jahrzehnte erstrecken konnte. Anderer- seits handelt es sich bei jeder Figur um ein autonomes Werk, das unabhängig von seinen Vorgängern und Nachfolgern seine Daseinsberechtigung beansprucht. Für Matisse stellten diese Werkreihen daher keine Serien im eigentlichen Sinne dar. Für die Erschaffung von «Rückenakt I–IV» liess sich Matisse stets einen neuen Gips von dem bisher geschaffenen Relief abformen. Es ist anzunehmen, dass er jeweils an dem neuen Abguss weiterarbeitete. Die Urfassung modellierte er jedoch in Ton; sie ist allerdings nur noch als Fotografie erhal- ten. Vermutlich entstand der erste Gips vor dem Umzug in das 3 neue Atelier in Issy-les-Moulineaux. Beim Herstellen des 14 AUSSTELLUNG

Gipsabgusses ging der Ton unweigerlich kaputt. Matisse ar- Beinen im Grund verankert da. Auffällig ist, dass sie von An- beitete in Issy direkt am Gipsrelief weiter, woraus «Rücken- fang an keine Füsse hat. Ihre Vertikalität wird durch den akt I» entstand. Als Matisse 1912 sein Gipsrelief in London Haarzopf, der den Körper in zwei Hälften zu spalten scheint, ausstellte, war es im Katalog als «Le dos (Plaster sketch)» betont. Im Prozess der Abstrahierung gehen auch die weibli- aufgeführt, also als Skizze oder Entwurf für eine neue, offen- chen Attribute verloren, sodass die Figur geschlechtslos oder bar im Entstehen begriffene Arbeit. Das legt die Vermutung sogar männlich wirkt. nahe, dass Matisse damals bereits an einem Gipsabguss davon Den Prozess der Verwandlung dokumentierte Matisse auch weiterarbeitete. Im Mai 1913 bearbeitete er bereits den dritten in seiner Malerei. Von zahlreichen Gemälden liess er vor allem Zustand, wie eine Fotografie von Coburn beweist. Zu einem ab Mitte der 1930er-Jahre Fotografien anfertigen, die verschie- vorläufigen Abschluss gebracht wurde das Relief 1916. Erst dene Zustände während der Entstehung dokumentieren. Da- nach mehr als zehn Jahren griff Matisse die Arbeit an dem Gips durch war es ihm möglich, die Veränderungen während des erneut auf und fertigte um 1930 den vierten Zustand an. Zu Lebzeiten des Künstlers waren nur der erste, dritte und vierte 4 Henri Matisse Zustand des «Rückenakts» bekannt. Erst nach dem Tod von Liegender Akt I (Aurora), 1907 Matisse fand seine Familie den zweiten Zustand in einem Bronze, 34,4 × 49,9 × 27,9 cm The Baltimore Museum of Art, The Cone Collection, formed by Lagerraum in Nizza und liess alle vier Reliefs ausserplanmäs- Dr. Claribel Cone and Miss Etta Cone of Baltimore, Maryland sig 1956 in der Retrospektive, die Matisse als Maler und Zeich- Foto: Mitro Hood ner würdigte, in Paris ausstellen. Nur wenige Monate zuvor 5 Matisse bei der Arbeit an «Die Schlangenförmige», 1909 waren sie in Hinblick auf den geplanten Ankauf in der Londo- Foto von Edward Steichen ner Tate öffentlich gezeigt worden. Im Kontext seines plasti- Archives Henri Matisse, Issy-les-Moulineaux © The Estate of Edward Steichen / 2019 ProLitteris, Zurich schen Werks kamen sie jedoch erst 1959 in der Ausstellung im Kunsthaus Zürich voll zur Geltung. 6 Henri Matisse Die Schlangenförmige, 1909 Die Metamorphose, die die weibliche Rückenfigur durch- Bronze, 56,2 × 28,8 × 19,5 cm Statens Museum for Kunst, Kopenhagen läuft, ist vielfach beschrieben worden. Hervorheben möchten Foto: SMK Photo / Jakob Skou-Hansen wir hier daher nur die zwei stärksten Veränderungen. Die 7 Henri Matisse Bewegung der geschwungenen S-Linie, die vom linken Arm Liegender Rückenakt, 1944 zum rechten Bein über den Rücken verläuft, erstarrt bis zum Kohle auf «Aquarelle Canson France» Büttenpapier, 38,2 × 56,6 cm Musée Matisse, Nizza, Legat Madame Henri Matisse, 1960 letzten Zustand vollständig. Die Figur steht nun mit beiden Foto: François Fernandez

4 AUSSTELLUNG 15

«UM DIE FORM ZUM AUSDRUCK ZU BRINGEN, BE- SCHÄFTIGE ICH MICH DAHER MANCHMAL MIT SKULPTUREN, DIE ES MIR ERLAUBEN, NICHT VOR EINER EBENEN FLÄCHE PLATZIERT ZU BLEIBEN,

5 SONDERN MICH UM DAS OBJEKT HERUM- ZUBEWEGEN, UM ES BESSER KENNEN- ZULERNEN.»

MATISSE, 1929

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6 16 AUSSTELLUNG

Schaffensprozesses zu verfolgen und, wenn nötig, auf eine PUBLIKATION vorhergehende Lösung zurückzukommen. Aufschlussreich Der Katalog zur Ausstellung (Scheidegger & für unseren Zusammenhang ist jedoch, dass Matisse eine Spiess, 232 S., ca. 200 Abb.) enthält Beiträge Auswahl solcher Fotografien zusammen mit seinen Gemälden von Sandra Gianfreda, Claudine Grammont, auch öffentlich präsentierte, so im Dezember 1945 in der Er- Gaku Kondo, Bärbel Küster und Ellen McBreen. öffnungsausstellung der Galerie Maeght in Paris. Die sechs Er erscheint in einer deutschen, englischen ausgestellten Gemälde wurden von ihren jeweils auf den Tag und französischen Ausgabe und ist ab Ausstel- lungsbeginn im Kunsthaus-Shop und im genau datierten Fotografien flankiert. Da sie einzeln gerahmt Buchhandel erhältlich. waren, verloren sie ihren dokumentarischen Charakter und wurden sozusagen als Abbild eines nicht mehr existenten Werks in den Status einer eigenständigen Arbeit erhoben. BEGLEITPROGRAMM Matisse bezeichnete den Charakter dieser Ausstellung selbst MATISSE – METAMORPHOSEN. als «didaktisch». Es war ihm offensichtlich ein grosses Anlie- Von der Idee zur Ausstellung. Ein Gespräch gen, zu zeigen, dass seine Gemälde, die mit einer gewissen zwischen Kuratorin Sandra Gianfreda Leichtigkeit daherkommen, über einen längeren Prozess hin und Christoph Stuehn. entstanden waren. Oft genug war er dem Vorwurf des schnel- So 1.9., 11 Uhr. Vortragssaal. Mit gültigem len und leichtfertigen Malens («l’apparente facilité») ausge- Ausstellungsticket und für Mitglieder gratis, setzt gewesen. sonst CHF 10.– / reduziert CHF 8.–. Ebenso finden sich Parallelen seines konzeptuellen Ansat- MATISSE GETANZT zes in seinem zeichnerischen Werk und seinen späten Papiers Tanzperformance von Karin Minger découpés, insbesondere in den «Themen und Variationen», Sa 7.9., 21.30 Uhr (während der Langen Nacht die Matisse 1941 bis 1942 geschaffen und 1943 publiziert hat. der Museen, Spezialticket), Mi 2.10., 18.30 Uhr, In den 17 Suiten, die sich aus 158 Zeichnungen zusammenset- Mi 30.10., 18.30 Uhr, Sa 16.11., 14 Uhr. In der zen, variierte Matisse verschiedene Sujets und hielt auf diese Ausstellung. Mit gültigem Ausstellungsticket Weise «Zustände» seines Schöpfungsprozesses fest, der sich und für Mitglieder gratis.

hier jedoch nicht progressiv entwickelt. Jede Zeichnung steht HENRI MATISSE À NICE : DE L’ATELIER zwar im Zusammenhang mit den anderen Arbeiten, aber wie- AU MUSÉE derum auch für sich selbst. Présentation par Claudine Grammont, directrice du Musée Matisse, Nice. DIE ANTIKE, DIE AKTFOTOGRAFIE UND Événement en collaboration avec l’Alliance AFRIKA ALS INSPIRATION française et l’Ambassade de France en Suisse. Do 26.9., 18.30 Uhr. Vortragssaal. Veranstaltung Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt in unserer Ausstellung in französischer Sprache. Mit gültigem Aus- und Publikation befasst sich mit Matisse’ Inspirationsquellen. stellungsticket und für Mitglieder der Zürcher Während seine Beschäftigung mit Rodin, Michelangelo und Kunstgesellschaft und der Alliance française mit der Kunst der Antike bereits in Ausstellungen thematisiert gratis, sonst CHF 10.– / reduziert CHF 8.–. wurde, ist sein intensives Studium fotografischer Vorlagen, die der Künstler aus Zeitschriften wie «Mes Modèles», «L’Étude académique» und «L’Humanité féminine» entnahm, sowie afrikanischer Vorbilder (hauptsächlich aus West- und Zentralafrika) in einer Matisse-Skulpturen-Ausstellung bisher nicht präsentiert worden. In Anbetracht all dieser Facetten soll Matisse’ plastisches Werk in dieser fokussierten Ausstel- lung daher in neuem Licht erscheinen.

Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Musée Matisse, Nizza. Co-Kuratorin: Claudine Grammont.

Alle Werke von Henri Matisse: © Succession Henri Matisse / 2019 ProLitteris, Zurich

Mit Unterstützung von: 8 Henri Matisse Blauer Akt IV, 1952 Gouache und ausgeschnittene Papiere auf Papier, auf Leinwand, 103 × 76 cm Schenkung Madame Jean Matisse an den französischen Staat als Depositum im Musée Matisse, Nizza, 1978, Musée d’Orsay, Paris Elisabeth Weber-Stiftung, Dr. Georg und Josi Guggenheim-Stiftung Foto: François Fernandez AUSSTELLUNG 17

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1 AUSSTELLUNG 21

2 PICASSO GORKY WARHOL

Skulpturen und Arbeiten auf Papier aus der Sammlung Hubert Looser

20. September 2019 – 5. Januar 2020 KURATOR Philippe Büttner 22 AUSSTELLUNG

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Das Kunsthaus Zürich und die Fondation Hubert Looser ha- ein Hauptwerk, ist wohl eine der bedeutendsten Zeichnungen ben Ende 2018 eine Vereinbarung abgeschlossen, mit der si- der 1930er-Jahre in Schweizer Besitz. Mit einer einzigartigen chergestellt ist, dass die bedeutende Sammlung der Fondation Darstellungsweise kombiniert Gorky hier figürliche und abs- mit ihren Beständen aus namentlich Surrealismus, Abstrak- trakt-biomorphe Elemente. Von Picassos Recherchen inspi- tem Expressionismus und Arte Povera ab Eröffnung des Er- riert, scheint er dabei zugleich auch schon Elemente einer weiterungsbaus langfristig im Kunsthaus präsent sein wird. Abstraktion vorwegzunehmen, wie sie in den USA erst viel Einen Vorgeschmack gibt die hier angekündigte Ausstel- später mit Jackson Pollock Fuss fassen wird. lung. Nach der grossen Präsentation der Sammlung 2013 im Ein weiterer essenzieller Künstler der Sammlung ist der in Bührlesaal, fokussiert sie auf das Thema der Zeichnungen und Europa wenig bekannte Bildhauer und Zeichner David Smith. immer wieder auf deren Zusammenspiel mit der Skulptur. Die Zu Recht sieht Florian Steininger in ihm einen der Väter der Ausstellung wurde, von Florian Steininger kuratiert, 2018 ein amerikanischen Kunst des 20. Jahrhunderts und einen Pionier erstes Mal in der Kunsthalle Krems in Österreich gezeigt. der eigenständigen amerikanischen Bildhauerei. In der Samm- lung Looser findet sich neben einer frühen Stahlskulptur SPITZENWERKE VON GORKY, PICASSO, Smiths u.a. die hier gezeigte Zeichnung von 1933, in der sich DE KOONING U.A. Elemente des Surrealistischen mit einer freien Art des Zu- Lassen wir einige Spitzenwerke Revue passieren: Eines der sammenfügens von Formen verbinden, wie sie für den ameri- frühesten und bedeutendsten Werke der Looser-Sammlung kanischen Blick auf die Möglichkeiten der Moderne kenn- ist eine grossformatige Zeichnung von Arshile Gorky. Im os- zeichnend ist. manischen Reich geboren, musste Gorky 1920 in die USA Eine mittlerweile berühmt gewordene Skulptur bringt uns auswandern und setzte sich in der Folge namentlich mit den zurück nach Europa: Es handelt sich um Pablo Picassos «Syl- Surrealisten auseinander. Das Blatt in der Looser-Sammlung, vette» von 1954. Sie besteht aus ausgeschnittenem Metall- AUSSTELLUNG 23

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blech, das mit Ölfarbe bemalt wurde. Dies ist wirklich eine zwischen seinen zwei- und dreidimensionalen Kompositionen (gemalte) Zeichnung im Raum. Mit dem spielerischen Um- unterschieden und stattdessen von Zeichnungen im Raum gang mit Form und Material, der darin sichtbar wird, über- gesprochen. Seine «Hanging Puddles» (hängende Pfützen) rascht das Werk bis heute. In der Ausstellung zeigt es aufs sind abstrakte Linien aus Stahlbändern, die sich allansichtig Glücklichste die direkte Kombination des Zeichnerischen mit im Raum ausbreiten. Demgegenüber übertrug Taylor für die dem Skulpturalen. Serie «The Peabody Group» Umrisse von Hundepfützen von Ein skulpturales Hauptwerk in der Ausstellung ist auch städtischen Gehsteigen mit Tinte und Farbe auf Papier und Willem de Koonings «Head» von 1973. In den Niederlanden transformierte sie damit zu Kunst. geboren, wurde de Kooning zu einem der wichtigsten Künstler Eine wichtige neuere Position vertritt die amerikanische der zweiten Welle der eigenständig amerikanischen Kunst Künstlerin Roni Horn. Florian Steininger bezeichnet ihre nach dem Zweiten Weltkrieg. Dabei entfernte er sich nie kom- Zeichnungen als subtile kartografische Aufnahmen des Selbst plett vom Thema der menschlichen Figur. Neben grossen oder auch der Elemente. Die mitunter grossen Blätter seien abstrakten Gemälden besitzt die Sammlung Looser zwei Patchwork-Arbeiten, die Horn mit Pigment und Stift zunächst Skulpturen. Besonders eindrucksvoll ist das hier gezeigte zeichnet, um sie dann zu zerschneiden und neu zusammen- Werk. Der Kopf des Menschen wird nicht abgebildet, sondern zusetzen. Von fern betrachtet wirkten sie eher wie abstrakte aus der Wucht der skulpturalen Arbeit heraus als haptisches Muster, aus der Nähe gewinne man manchmal den Eindruck Ereignis neu erfunden. von architektonischen Konstrukten. In ihrer zarten, fast zer- Neuartig und beeindruckend wirken die Arbeiten des 1948 brechlichen Schönheit seien diese Zeichnungen von einem geborenen US-amerikanischen Künstlers Al Taylor. Wie Flo- poetischen Minimalismus geprägt. rian Steininger ausgeführt hat, sind bei ihm das zeichnerische und bildhauerische Werk eng verbunden. Taylor habe nicht 24 AUSSTELLUNG

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1 Pablo Picasso Sylvette, 1954 Beidseitige Ölmalerei auf ausgeschnittenem Metallblech, 69,9 × 47 x 1 cm ESSENZIELLE ELEMENTE DER MODERNE Sammlung Hubert Looser, Hubert Loosers Sammlung fokussiert auf einzigartige, starke © Succession Picasso / 2019 ProLitteris, Zurich Werke, die sich optimal in die Auffächerung der grossen, 2 David Smith Untitled (Virgin Islands), 1933 wichtigen Stränge der europäischen und amerikanischen Tusche auf Papier, 46,4 × 61 cm ­Moderne einreihen lassen, wie sie im Kunsthaus angestrebt Sammlung Hubert Looser, © 2019 ProLitteris, Zurich wird. Seine Werke bereichern die Bestände des Kunsthauses 3 Arshile Gorky auf hochwillkommene Weise. Die Ausstellung macht Wesent- Untitled, 1931 – 1933 liches über die Zwiesprache von Zeichnung und Skulptur in Tusche auf Papier, 64,8 × 92,7 cm Sammlung Hubert Looser, der Moderne erfahrbar. © 2019 ProLitteris, Zurich

4 Willem de Kooning Head III, 1973 Bronze mit schwarzer Patina, 49,5 × 24,7 × 26,5 cm, AL / ed.: 4 / 12 Sammlung Hubert Looser, © The Willem de Kooning Foundation / 2019 ProLitteris, Zurich

5 Al Taylor The Peabody Group #8, 1992 KATALOG Bleistift, Tinte und Gouache auf Papier, 127 × 96,5 cm Sammlung Hubert Looser, Der Katalog zur Ausstellung ist für CHF 20.– © The Estate of Al Taylor am Kunsthaus-Shop erhältlich – mit einem 6 Roni Horn Beitrag von Florian Steininger, Künstlerischer Could IX, 1996 Pigmentpulver, Grafit, Kohle, Direktor der Kunsthalle Krems, und über Buntstift und Lack auf Papier, 136 × 177 cm 150 Abbildungen. Sammlung Hubert Looser, © Roni Horn ANZEIGEN 25

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Restaurierung und Erhalt einer bewitterten Aussenskulptur.

TEXT Kerstin Mürer RESTAURIERUNG 27

Die Figur des «Jean d’Aire» ist Teil von Auguste Rodins «Bür- ger von Calais». Das monumentale Werk wurde 1892 in Calais enthüllt. Die Stadt errichtete den sechs vornehmen, opfermu- tigen Bürgern, die sich 1347 dem englischen König Eduard III. im blossen Hemd und Strick auf Gnade und Ungnade auslie- fern mussten, damit ein Denkmal. Rodin bereitete die einzelnen Figuren in grossen Aktstu- dien vor. Mimik und Gestik, die eine verzweifelte Stimmung symbolisieren sowie die Betonung von vergrösserten Händen und Füssen verleihen dem Werk expressionistische Züge.

OBERFLÄCHE ZERSTÖRT Die Skulptur des Jean d’Aire war Jahrzehnte lang vor dem al- ten Seerosensaal im Aussenbereich des Kunsthauses aufge- stellt. Ihre gesamte Oberfläche wurde durch Witterungsein- flüsse in grossem Umfang zerstört. Diese Aussenbewitterung hat einerseits zu einem starken Materialabtrag und anderer- Vor der Retusche und Wachskonservierung seits zur Anlagerung einer harten Sinterschicht aus Gips und Kupferkorrosionsprodukten geführt. So ist die originale Pati- na nur noch an sehr wenigen, geschützten Stellen vorhanden. Es wird vermutet, dass ihr eigentliches Aussehen dunkel- bis olivbraun-glänzend war. Vor der Restaurierung präsentierte sich die Oberfläche jedoch matt und stumpf. Senkrechte Was- serläufe entstellten den Körper und erschwerten die Lesbar- keit der Modellierung zusätzlich. Auf waagrechten Flächen war die Patina zudem rostrot verfärbt.

EXPRESSIVE KRAFT WIEDER WAHRNEHMBAR Neben dem Konsolidieren und Konservieren der Oberfläche umfasste der Eingriff vor allem restauratorische Massnahmen: Nach der Restaurierung Hierbei standen neben dem Reinigen der Oberfläche und der Abnahme von An- oder Ablagerungen vor allem das Retuschie- ren der Wasserläufe und der Auftrag von Konservierungs- wachs im Vordergrund. Besonders durch die Konservierung mit Heisswachs wird eine gleichmässig glänzende, starke Verdunklung der Oberfläche erzielt, von der man aber im Fall von «Jean d‘Aire» absah, auch weil sie für den Innenbereich aus konservatorischer Sicht nicht notwendig ist. Die Kalt- wachskonservierung hingegen konnte die Spuren der Aussen- präsentation in einem Masse erhalten, die der Aussage und Geschichte des Werks Rechnung trägt. Das Werk ist weiterhin als stark bewitterte Aussenskulptur erfahrbar, die aber heute wieder ihre ganze expressive Kraft entfaltet.

Mit der Restaurierung des Werks «Jean d’Aire» finden die vor 15 Jahren gestarteten Erhaltungsmassnahmen an den gross- formatigen Skulpturen Auguste Rodins nun ein Ende. Diese Restaurierung wurde vom Bank of America Art Conservation Project grosszügig unterstützt. Einen Ehrenplatz erhält «Jean d’Aire» in der Ausstellung «Matisse – Metamorphosen», die vom 30. August bis zum 8. Dezember im Bührlesaal gezeigt wird.

Auguste Rodin, Jean dʼAire, 1887 Bronze, 205 × 68 × 67 cm, Kunsthaus Zürich, Dauerleihgabe des Kantons Zürich, 1949 28 DIGITAL

Kaum war der Startschuss zum Projekt gefallen, war eines klar: User first! Unsere Website soll nicht das Abbild interner Or- ganisationsstrukturen sein, sondern unse- ren Nutzerinnen und Nutzern dienen. Sie Endlich ist soll zeitgemäss, informativ, übersichtlich und visuell attraktiv sein und natürlich Spass machen. Dies bedeutete, dass wir den Grundauf- sie da! bau der Seite einmal komplett auf den Kopf stellen mussten, alte Muster analy- Am 20. Mai konnten wir unsere neue Website sieren, hinterfragen und die Seite ganz lancieren. Das Ergebnis: Nichts ist mehr so wie es neu denken. Denn die Ansprüche an digi- war! Zumindest fast. Ein paar alte Bekannte tale Auftritte haben sich in den letzten Jahren radikal verändert. Die Mehrheit durften bleiben. Diese aber in neuem Gewand. der User surft mittlerweile mit dem Smartphone oder Tablet i