Kunst Des 19. Jahrhunderts 2. Dezember 2020 Carl Gustav Carus
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Kunst des 19. Jahrhunderts 2. Dezember 2020 Carl Gustav Carus. Detail. Los 156 Max Pietschmann. Detail. Los 244 Thomas Fearnley. Detail. Los 142 Kunst des 19. Jahrhunderts Auktion Nr. 322 2. Dezember 2020, 15 Uhr 19th Century Art Auction No. 322 2 December 2020, 3 p.m. 6 Experten Specialists Vorbesichtigung Preview Ausgewählte Werke Zürich 9. und 10. November 2020 10 bis 18 Uhr Grisebach Bahnhofstrasse 14 8001 Zürich Düsseldorf 12. und 13. November 2020 10 bis 18 Uhr Grisebach Dr. Anna Ahrens Frida-Marie Grigull Bilker Straße 4–6 +49 30 885 915 48 +49 30 885 915 84 40213 Düsseldorf [email protected] [email protected] München 16. bis 18. November 2020 10 bis 18 Uhr Grisebach Türkenstraße 104 80799 München Sämtliche Werke Berlin 20. November bis 1. Dezember 2020 Grisebach Fasanenstraße 25, 27 und 73 10719 Berlin Luca Joel Meinert Montag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr +49 30 885 915 4494 Dienstag, 1. Dezember, 10 bis 15 Uhr [email protected] sowie nach individueller Vereinbarung Monday to Sunday 10 a.m. to 6 p.m. Tuesday, 1 December, 10 a.m. to 3 p.m. and by appointment Antworten auf aktuelle Fragen zu unserer Vorbesichtigung und Auk- tion finden Sie unter grisebach.com Zustandsberichte Information regarding upcoming Condition reports previews and auctions can be found [email protected] at grisebach.com Grisebach — Herbst 2020 Prof. Dr. Michael Thimann „Werdet wie die Kinder“ „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Him- melreich kommen.“ Dieser Satz könnte die Quintessenz aller Kunsttheorien der Romantik sein, doch handelt es sich um ein Christuswort aus dem Evangelium des Matthäus (18,3). In der Tat kreisten wesentliche Bestrebungen der Künstler des 19. Jahrhunderts um eine Rückkehr in die Kindheit der Kunst. Die Beschäftigung mit Lose 100–119 Lose den alten Meistern – vor allem mit Raffael und Dürer, deren Schatten das gesamte Jahrhundert überfängt – war der Versuch, durch produktives Vergessen an den Ursprung der Kunst zurückzukehren. Die großen Kupferstecher und Holzschneider der Dürerzeit, wie etwa Mar- tin Schongauer (100) und Lucas Cranach (109), wurden in ihrer graphischen Härte und schonungslosen Wiedergabe der Natur zu nachahmungswürdigen Vorbildern erklärt. Peter Cornelius (111) und Julius Schnorr von Carolsfeld (104a) schufen ihre religiösen Werke daher im Geist der alten Meister: Gotische Knickfalten und entkörperlichte Engelsfiguren galten auf einmal wieder als schön – ganz entgegen dem Geschmack des 18. Jahrhunderts, dessen Ideal die akademische Meister- schaft und Virtuosität in der Zeichnung war, wie sie Tischbeins muskulöser Jüngling (102) – noch ganz selbstverständlich vor Augen führt. Für die Romantiker war mit der alten Kunstgeschichte noch ein ganzer Planet neu zu entdecken. Hiervon zeugt Adolf Senffs meisterhafte Kopie einer Madonna des Francesco Francia (113), mit er sich ganz bewusst ein Werk der ‚vor- raffaelischen’ Kunst wählte: Nicht ganz so perfekt wie Raffael, aber dafür voll von Anmut, Geist und Seele. Die Arbeiten von Carl Ferdinand Sohn (110), Johann Jakob Jung (112) und Franz Ittenbach (115) zeigen, wie die Nachahmung der alten Italiener zum Standard wurde. Gerade auf dem Gebiet der sakralen Malerei gab es zu ihnen keine Alternative. Neben dem Glauben war die „Natur“ das zweite Credo der Romantiker. Und eine ursprüngliche Auseinandersetzung mit ihr fand man in der Kunst der Dürer- zeit. Die genaue Beobachtung und kunstlose Wiedergabe, gleichsam das Abtasten der Oberflächen mit dem Zeichenstift oder dem Pinsel, galt als ein Weg, um an den Ursprung der Kunst zurückzukehren: Falschzeichnen und das Vergessen aka- demischer Perfektion wurden gar zur Tugend erklärt. Selbst ein routinierter Stilleben- und Tiermaler wie Karl Franz Gruber (107) lässt uns in seinem Hasen- portrait noch den Zauberhauch der Dürerzeit spüren – eine ferne Erinnerung an die Dürer-Renaissance um 1600 mit Hans Hoffmann im Zentrum spricht aus diesem Gemälde, dessen Distelblätter so wunderbar stachelig gemalt sind, dass der Blick in dem weichen Hasenbalg Erholung suchen muss. „Werdet wie die Kinder“ – Christus selbst hatte den Marschbefehl erteilt, durch die Rückkehr an den Nullpunkt die verlorene Unschuld der Kunst wieder- zufinden. Unsere Werke zeigen auf ganz unterschiedliche Weise, mit wieviel Phantasie, Geschick und kindlichem Ernst dieses Projekt in das Werk gesetzt wurde. Alte und neueAlte Meister „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.“ Johann Wolfgang von Goethe 100 Martin Schongauer Colmar 1445 – 1491 Breisach am Rhein „St. John on Patmos“ / „Johannes auf Patmos“. Um 1480 Über Martin Schongauers Leben ist kaum etwas bekannt. Kupferstich auf Bütten (Wasserzeichen: Dreiberg mit Seine Wanderjahre führten ihn in die Niederlande und nach Kreuz). 16,2 × 11,5 cm (6 ⅜ × 4 ½ in.). Werkverzeichnis: Burgund, und die Kunst, die ihm dort begegnete, fand in sei- Hollstein Vol. XLIX, S. 142, no. 60 / Lehrs 60. Einer nem eigenen Schaffen ihren Niederschlag. Den neuen Blick von etwa 50 Abzügen, von denen die meisten in auf die Wirklichkeit, den etwa Jan van Eyck und Rogier van Museumsbesitz sind. Selten. [3269] der Weyden in ihren Gemälden zeigten, machte auch Schon- Provenienz gauer sich zu eigen, indem er die biblischen Historien in Privatsammlung, Deutschland (laut Einlieferer 1936 deskriptiver Weise von düsterer Glaubensschwere entlaste- Originalgröße erworben bei Hollstein & Puppel, Berlin) te. So auch sein Johannes auf Patmos, der die Mariener- scheinung in gewisser Gleichmut zu beobachten scheint, EUR 10.000–15.000 weder sonderlich erstaunt noch gar ergriffen. Auch wenn es USD 11,800–17,600 wohl theologische Kontroversen um die Person des Verfas- sers der Offenbarung gibt, ist der Johannes auf Patmos meis- tens, wie auch hier, durch den Adler als einer der vier Evange- listen gekennzeichnet. Verwandt in der Anlage von Figur und Umraum ist Hieronymus Boschs Gemälde desselben Themas, das in der Berliner Gemäldegalerie zu sehen ist. Schongauer hat in großem und berechtigtem künstle- rischen Selbstbewusstsein alle seine bekannten Kupfersti- che mit seinem Monogramm gekennzeichnet, um keinen Zweifel an seiner Urheberschaft aufkommen zu lassen. In puncto technischer Brillanz und kompositorischer Eleganz hat er den Weg für seinen ihn bewundernden Nachfolger Albrecht Dürer bereitet. MS Grisebach — Herbst 2020 Originalgröße 101 Friedrich Overbeck 102 Johann Heinrich Lübeck 1789 – 1869 Rom Wilhelm Tischbein, gen. Taschenkrebs / Krebsscheren (zwei Blätter). Bleistift auf Bütten bzw. Bleistift auf Papier. „Goethe-Tischbein“ 8,3 × 10,1 cm bzw. 8,7 × 11,2 cm (3 ¼ × 4 in. bzw. Haina 1751 – 1829 Eutin 3 ⅜ × 4 ⅜ in.). Bl. 1 minimal fleckig, Bl. 2 mit 1783 hielten sich Füger und Tischbein in Rom auf und lernten Knickfalte am oberen Rand. [3065] Gerahmt. Der Jüngling denkt über den Bau eines Bootes nach sich kennen, wie spätere Äußerungen Tischbeins erschlie- Provenienz (nach Salomon Gessners „Der erste Schiffer“). Nach ßen lassen. 1774 hatte Füger erste Illustrationen zu Salomon Ehemals Rolf Arnim Winkler (1904–1989) Heinrich Friedrich Füger. Nach 1796 Gessners „Der erste Schiffer“ ausgeführt, 1796 begann er Feder in Braun, weiß gehöht, auf hellbraunem Bütten. erneut mit der Serie und führte sieben Zeichnungen aus, zu EUR 1.800–2.400 24,7 × 36,5 cm (9 ¾ × 14 ⅜ in.). Rückseitig am linken der motivisch die vorliegende Arbeit zählt. Der Hamburger USD 2,120–2,820 Rand fest auf Karton montiert. [3269] Kunstschriftsteller Friedrich Johann Lorenz Meyer sammel- Provenienz te Zeichnungen von Füger und war ein Anlass, dass der Literatur und Abbildung Herzoglich Sachsen-Coburg-Gothaischer Besitz (lt. gleichfalls in Hamburg wohnende Friedrich Gottlieb Klop- Versteigerung XXXIV, Teil I: Graphik, Handzeich- Aufkleber auf dem Unterlagekarton) / Gemäldegalerie stock seine berühmte Dichtung „Der Messias“ von Füger nungen, Gemälde, Antiquitäten. Berlin, Gerd Rosen Dr. W. A. Luz, Berlin / Privatsammlung, Deutschland illustrieren ließ. Tischbein war nach seiner Niederlassung in Auktionen, 16.-20.5.1960, Kat.-Nr. 863 („Skizzen- (erworben 1936 bei Dr. Luz, seitdem in Familienbesitz) Hamburg (ab 1801) mit Klopstock und Meyer befreundet. blätter. 8 Bll. Bleistiftzeichnungen. 12mo-4to“) Hier könnte die biografische Schnittstelle sein, wie er die EUR 1.000–1.500 Füger-Komposition, die heute in der Albertina (Wien) ver- USD 1,180–1,760 wahrt wird, kennenlernen konnte. Traditionell gilt vorliegen- de Arbeit als Zeichnung von der Hand des J.H.W. Tischbein. Ausstellung Stilkritisch ist diese Zuweisung zu bejahen. Bislang unbe- „Neuland für Sammler“. Berlin, Gemäldegalerie Dr. kannt war jedoch, dass das Werk eine Kopie der Füger- W. A. Luz, 1936, Kat.-Nr. 207 (als Wilhelm Tischbein) Illustration darstellt. Prof. Dr. Hermann Mildenberger Grisebach — Herbst 2020 103 Johann Adam Klein Nürnberg 1792 – 1875 München Lesender Student. Bleistift auf Papier. 18,8 × 15,5 cm (7 ⅜ × 6 ⅛ in.). Auf dem Passepartoutkarton ein Aufkleber mit Angaben zu Künstler und Titel. Rückseitig: Figuren- tudien. Beigabe: Wilhelm von Kobell(?): Bruder Inno- cent. Bleistift auf Bütten, 34,6 x 21,5 cm. Unten links beschriftet: Bruder Inozint[!]. Auf dem Unterlage- arton mit Bleistift beschriftet: [...] Aus dem Nachlass Wilhelm von Kobell. [3269] Provenienz Privatsammlung, Deutschland (erworben 1936 in der Gemäldegalerie Dr. Luz, Berlin, die Beigabe ebenfalls 1936 im Graphischen Kabinett Günther Franke in München; seitdem in Familienbesitz) EUR 800–1.200 USD 941–1,410 104 Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, gen. „Goethe-Tischbein“